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Document 52008AE0768

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles KOM(2007) 424 endg.

OJ C 211, 19.8.2008, p. 54–60 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

19.8.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 211/54


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles“

KOM(2007) 424 endg.

(2008/C 211/16)

Die Europäische Kommission beschloss am 18. Juli 2007 gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles“.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 2. April 2008 an. Berichterstatterin war Frau KÖSSLER.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 444. Plenartagung am 22./23. April 2008 (Sitzung vom 22. April) mit 128 Ja-Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der EWSA begrüßt den politischen Willen der Kommission, sich weiterhin um die Bekämpfung der ungleichen Entlohnung von Frauen und Männern zu bemühen. Ebenso wie die Kommission nimmt er die Tatsache, dass nichts auf einen spürbaren Abbau des Lohngefälles hindeutet, sehr ernst. Das Gefälle besteht trotz der eingeleiteten Maßnahmen und der ehemals zu seiner Bekämpfung eingesetzten Mittel fort. Deshalb ist es wichtig, dass sich alle Akteure an den Bemühungen beteiligen und den Willen zeigen, echte Veränderungen herbeizuführen. Die in der Lissabon-Strategie verankerte EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung ist ein wichtiges Instrument zur Förderung der Gleichheit auf dem Arbeitsmarkt und zur Reduzierung des zwischen Frauen und Männern bestehenden Lohngefälles. Lohngleichheit ist eine Voraussetzung für die Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie, die Sicherung des Wohlstands der Bürger und die Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit Europas. Sie ist sowohl für die Zukunft der Frauen als auch der Männer von Bedeutung.

1.2

Der EWSA stellt im Hinblick auf den Kampf um gleiche Löhne und Gehälter folgende Empfehlungen heraus und richtet sich dabei an die Institutionen der EU, die einzelstaatlichen Regierungen, die nationalen Gleichbehandlungsstellen und die Sozialpartner.

1.2.1

Nach Auffassung des EWSA sollte jeder Mitgliedstaat sicherstellen, dass der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit, wie er in der Richtlinie 75/117/EWG zum Ausdruck gebracht ist, in der innerstaatlichen Gesetzgebung und in den Tarifverhandlungen Anwendung findet.

1.2.2

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen auf die Bekämpfung der Ursachen des Lohngefälles konzentrieren müssen. Diese hängen damit zusammen, dass die von Männern und Frauen geleistete Arbeit unterschiedlich bewertet wird, dass es auf dem Arbeitsmarkt eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung gibt und dass Männer und Frauen in einem unterschiedlichen Verhältnis zum Berufsleben stehen und sich auch ihre Macht- und Statusposition voneinander unterscheidet.

1.2.3

In Bezug auf die geltenden Vorschriften ist es erforderlich, dass

sie beim Kampf gegen die Lohndiskriminierung wirklich angewandt werden;

die rechtlichen Möglichkeiten zum Ergreifen positiver Maßnahmen gemäß Artikel 141 Absatz 4 des EG-Vertrages beibehalten und wirkungsvoll angewandt werden, um die Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts zu erleichtern;

Arbeitgeber jährliche Überprüfungen der Löhne und der Lohnentwicklung vornehmen, um Probleme der geschlechtsspezifischen Diskriminierung in den Systemen der beruflichen Einstufung aufzudecken und angemessene Lösungen umzusetzen, indem ein Gleichstellungsplan mit transparenten Entgeltregelungen erarbeitet wird;

die Mitgliedstaaten einen leichten Zugang zu Rechtsmitteln gegen Diskriminierungsfälle und zur Anzeige von Diskriminierungsfällen ermöglichen; im Einklang mit der Richtlinie 97/80/EG des Rates über die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (1) muss dem Beklagten vor Gericht oder einer anderen zuständigen Behörde der Beweis obliegen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat.

1.2.4

In Bezug auf die Übereinkommen der Sozialpartner muss sichergestellt sein, dass

der soziale Dialog und die Tarifverhandlungen auf allen Ebenen gestärkt werden, denn sie zählen zu den wichtigsten Mitteln zur Beseitigung des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern;

eine sorgfältige Studie über die gegenwärtigen Kriterien der beruflichen Einstufung durchgeführt wird: ihre expliziten und impliziten Faktoren, die zeitliche Progression der Arbeit, die Verfügbarkeit und die häuslichen Verpflichtungen;

in Bestimmungen über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter in Fragen der Entlohnung und Lohnentwicklung von Frauen und Männern innerhalb eines Unternehmens bzw. einer Organisation Transparenz gegeben ist;

Maßnahmen zur Bekämpfung geschlechtsabhängiger Entlohnung ergriffen werden;

Möglichkeiten flexibler Arbeitszeiten vorgesehen werden.

1.2.5

Da die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt der Schlüssel zur Beseitigung der Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen ist, ist es wichtig, dass

Maßnahmen gefördert werden, mit denen der gleichberechtigte Zugang und die Beteiligung beider Geschlechter am gesamten Arbeitsmarkt gesteigert werden, wozu auch Strukturfondsmittel einzusetzen sind;

Kindern und Jugendlichen beider Geschlechter gute Vorbilder gegeben werden, die eine „untraditionelle“ Berufswahl fördern;

die Gleichstellung zum Tragen kommt, wenn es um die Beteiligung und den Einfluss im Berufsleben geht;

gemeinsame, eng mit einander verbundene und kohärente Maßnahmen getroffen werden, um ein Gleichgewicht zwischen Privat- und Berufsleben sicherzustellen, so dass familiäre Pflichten und Erwerbstätigkeit miteinander in Einklang zu bringen sind;

in Ländern, in denen es derzeit keinen bezahlten Elternurlaub gibt, ein solcher eingeführt wird (z.B. durch die Übernahme der in den EU-Institutionen geltenden Bestimmungen) und Möglichkeiten eines längeren Elternurlaubs mit finanziellem Ausgleich geschaffen werden. Die Mitgliedstaaten müssen wirksame Maßnahmen treffen, damit sich Männer und Frauen den Elternurlaub leichter teilen können (2);

umfassende und finanziell geförderte Kinderbetreuungseinrichtungen angeboten werden, die es Eltern ermöglichen, erwerbstätig zu bleiben und die Dauer von Laufbahnunterbrechungen zu verkürzen, sowie das Angebot erschwinglicher Hilfsdienste hoher Qualität für bedürftige Menschen und ihre Familie ausgeweitet wird (3);

deckende und öffentlich geförderte Dienstleistungen für alte Menschen und Pflegebedürftige angeboten werden.

1.2.6

Die Mitgliedstaaten müssen darüber hinaus dafür sorgen, dass

allen Betroffenen die Ursachen für das geschlechtsspezifische Lohngefälle und die geschlechtsbedingte Diskriminierung vermittelt werden;

ein Austausch bewährter Verfahren und ein intensiverer Dialog zwischen den Ländern stattfindet;

sowohl Bürger im Allgemeinen als auch Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern und Angehörige von Rechtsberufen über die Rechte informiert werden, die jemand hat, der sich diskriminiert fühlt.

1.2.7

Der Ausschuss fordert das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen auf, das geschlechtsspezifische Lohngefälle in seiner Arbeit vorrangig zu behandeln.

1.2.8

Der Ausschuss zeigt sich sehr besorgt über die Ergebnisse des Kommissionsberichts „Gleichstellung von Frauen und Männern — 2008“ (4). Aus dem Bericht geht hervor, dass Frauen in Bereichen, die für die wirtschaftliche Entwicklung wichtig sind und in denen üblicherweise hohe Löhne gezahlt werden, unterrepräsentiert sind. Eine große Herausforderung besteht demnach darin, den qualitativen Aspekt der Gleichstellung zu fördern.

1.2.9

Der Ausschuss unterstützt ferner die „Europäische Plattform für Wissenschaftlerinnen“ (5) und appelliert an alle betroffenen Kreise auf europäischer und nationaler Ebene, Frauen in Wissenschaft und Forschung besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Lediglich 29 % der Wissenschaftler und Ingenieure in der EU sind Frauen.

1.3

Der Ausschuss hofft, dass die staatlichen Einrichtungen in den Mitgliedstaaten sowie die führenden Politiker im Hinblick auf die Umsetzung der in dieser Stellungnahme aufgeführten Grundsätze ein vorbildliches Verhalten an den Tag legen werden.

1.4

Der EWSA empfiehlt, dass dem Einfluss der Massenmedien bei der Beseitigung stereotyper Bilder von Frauen und Männern sowie bei der Förderung einer Repräsentation beider Geschlechter, die ihren Beitrag in allen gesellschaftlichen Bereichen genauer widerspiegelt, besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird.

2.   Einleitung

2.1

Aus der Kommissionsmitteilung geht hervor, dass Frauen in der EU im Durchschnitt immer noch 15 % weniger verdienen als Männer. Die Beseitigung der ungleichen Entlohnung ist eines der Hauptanliegen des „Fahrplans für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2006-2010)“ (6). Die Frage des geschlechtsspezifischen Lohngefälles reicht weit über die Problematik „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ hinaus. Eine der Hauptursachen hängt mit der Art und Weise zusammen, wie die Kompetenz von Frauen im Vergleich zu denen von Männern bewertet wird. Arbeitsaufgaben, für die vergleichbare Qualifikationen oder Erfahrungen erforderlich sind, werden im Allgemeinen schlechter bezahlt, wenn sie als typische Frauendomäne gelten.

2.1.1

Das Lohngefälle ist auch Ausdruck von Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt, von denen in erster Linie Frauen betroffen sind — insbesondere von Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben. Frauen nehmen bei der Arbeit in stärkerem Maße Teilzeitvereinbarungen in Anspruch und nehmen häufiger eine Auszeit vom Berufsleben, was die Möglichkeiten des lebenslangen Lernens einschränkt und ihre berufliche Entwicklung behindert. Bei der Besetzung von Führungspositionen sind sie weiterhin im Rückstand, und beim Erklimmen der Karriereleiter treffen sie häufiger auf Hindernisse und Widerstände. Demzufolge weist die Karriere von Frauen häufiger Unterbrechungen auf, verläuft langsamer und ist kürzer als bei den Männern, so dass Frauen ein geringeres Einkommen erzielen. Aus Statistiken geht hervor, dass das Lohngefälle mit zunehmendem Alter, besserer Ausbildung und längerer Betriebszugehörigkeit zunimmt: Der Lohnunterschied beträgt über 30 % in der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen und 7 % bei jungen Menschen unter dreißig. Er liegt bei über 30 % bei Hochschulabsolventen und bei 13 % bei Menschen mit Grundschulbildung.

2.1.2

In der Mitteilung werden vier Handlungsfelder umrissen:

Die bestehenden Rechtsvorschriften sinnvoller anwenden (prüfen, wie die derzeitigen Gesetze angepasst und besser umgesetzt werden können, und ein größeres Problembewusstsein bei den Menschen schaffen);

die Bekämpfung des Lohngefälles als festen Bestandteil in die beschäftigungspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten übernehmen (unter Einsatz von EU-Mitteln, insbesondere des Europäischen Sozialfonds) (7);

den Gedanken der Lohngleichheit bei den Unternehmern fördern, insbesondere über deren soziale Verantwortung;

den Austausch bewährter Verfahren in der gesamten EU unterstützen und die Sozialpartner einbeziehen.

2.1.3

In der Mitteilung werden die Ursachen des Lohngefälles untersucht und ein mögliches Vorgehen auf EU-Ebene geprüft. Der Hauptgedanke ist, dass man nur dann wirksam etwas gegen das Lohngefälle unternehmen kann, wenn man auf allen Ebenen vorgeht, alle Betroffenen einbezieht und alle Ursachen im Blick behält.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Der EWSA stimmt zu, dass alle Seiten an den Bemühungen um eine Reduzierung der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern beteiligt werden müssen.

3.1.1

Die Fortschritte, die Frauen in Bildung, Forschung und Unternehmertum gemacht haben, spiegeln sich nicht in ihrer Position auf dem Arbeitsmarkt wider. Die Erwerbsquote der Frauen ist niedriger als bei Männern (55,7 % im Vergleich zu 70 %); viel niedriger ist sie bei Frauen im Alter zwischen 55 und 64 (31,7 %). Die Arbeitslosigkeit ist außerdem bei Frauen höher als bei Männern (9,7 % gegenüber 7,8 %).

3.1.2

Der EWSA ist der Auffassung, dass die einzelstaatlichen Regierungen und die nationalen Gleichbehandlungsstellen und insbesondere die Sozialpartner die Pflicht haben, dafür zu sorgen, dass die strukturellen Unterschiede, die sich in Form einer Segregation in verschiedenen Branchen, Berufssparten und Beschäftigungsmodi zeigen, beseitigt und Arbeitsentgeltsysteme geschaffen werden, die das bestehende Lohngefälle zwischen Frauen und Männern verringern.

3.1.3

Die Fortschritte, die Frauen nicht zuletzt in solch wichtigen Bereichen wie Bildung und Forschung gemacht haben, spiegeln sich nicht in ihrer Vergütung und in ihren Einkommensverhältnissen wider. Ein Hauptgrund dafür, dass Frauen ein niedrigeres Einkommen haben als Männer, liegt darin, dass Frauen ihre berufliche Laufbahn unterbrechen, um sich den Kindern und der Familie zu widmen. Frauen sind es, die Kinder bekommen und unverhältnismäßig mehr Zeit als Männer damit verbringen, für die Kinder zu sorgen. Mutterschaftsurlaub bedeutet auch kürzere Erwerbszeiten, weniger Berufserfahrung und schlechtere Fortbildungsmöglichkeiten. Je länger die Auszeit dauert, desto größer sind die Einbußen in der Lohnentwicklung. Frauen tragen zudem überwiegend die Verantwortung für die Betreuung alter Menschen und Pflegebedürftiger.

3.1.4

Die ungünstige Stellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt sowie die daraus resultierenden Einkommensunterschiede haben auch Auswirkungen auf ihre Rentenansprüche. Deshalb müssen die Rentensysteme angepasst werden, damit Frauen, die aufgrund eines Schwangerschafts- bzw. Erziehungsurlaubs ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen, nicht benachteiligt werden und so die Gleichstellung der Geschlechter mit dem langfristigen Ziel der Individualisierung der Renten gewährleistet werden kann (8). Männer und Frauen müssen sich die Verantwortung für die Familie teilen, und die elterliche Verantwortung darf nicht mit schlechteren Rentenbedingungen einhergehen.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1

Im Vertrag von Rom wurde bereits 1957 in Artikel 119 der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit festgeschrieben. Gemäß diesem Artikel, der zu Artikel 141 EG-Vertrag wurde, stellt jeder Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.

4.1.1

Daher können gemäß Absatz 4 dieses Artikels die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts positive Maßnahmen beibehalten oder beschließen.

4.1.2

Die rechtlichen Möglichkeiten zur Ergreifung solcher positiven Maßnahmen sollten beibehalten und gegebenenfalls verstärkt werden, da es in Führungspositionen nach wie vor große Unterschiede zwischen Frauen und Männern gibt. 2000 waren lediglich 31 % der höheren Posten von Frauen besetzt; bis zum Jahr 2006 stieg dieser Anteil um nur einen Prozentpunkt auf 32 % (9).

4.1.3

Die vom Rat 1975 angenommene Richtlinie 75/117/EWG sieht vor, dass das Prinzip des gleichen Entgelts für Männer und Frauen so zu verstehen ist, dass für eine gleiche oder gleichwertige Arbeit alle Formen der geschlechtsbezogenen Diskriminierung bei allen Aspekten und Bedingungen des Arbeitsentgelts beseitigt werden. Die meisten einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Grundsatz des gleichen Entgelts ebenso wie Tarifverträge gehen auf diese Bestimmungen des gemeinschaftlichen Besitzstandes zurück, der somit zur Stärkung der Stellung der Frau auf dem Arbeitsmarkt beigetragen hat.

4.1.4

Unter „Entgelt“ im Sinne von Artikel 141 des EG-Vertrages sind „die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt“.

4.1.5

Die Vorschriften der Mitgliedstaaten hinsichtlich gleicher Einstellungs- und Einkommensbedingungen müssen kohärenter gestaltet werden, um die direkte und indirekte Diskriminierung von Frauen zu vermeiden.

4.1.6

Die geltende Gesetzgebung wurde offensichtlich nicht ausreichend umgesetzt, um den Grundsatz des gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit durchzusetzen. Diese Art von Diskriminierung lässt sich nur schwer aufdecken. Die Betroffenen sind sich der Diskriminierung nicht immer bewusst und/oder können dies nur schwer beweisen. Nach Auffassung des Ausschusses müssen Arbeitnehmer bzw. deren Vertreter Zugang zu wirksamen Mitteln haben, um zu prüfen, ob sie für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit gleich entlohnt werden.

4.1.7

Ein wirksamer Weg zur Überwachung und Gewährleistung einer gerechten Entlohnung besteht darin, dass Arbeitgeber in großen und mittleren Unternehmen jährliche Überprüfungen der Löhne und der Lohnentwicklung vornehmen, um Diskriminierungsprobleme in Systemen der beruflichen Einstufung aufzudecken und angemessene Lösungen umzusetzen, indem ein Gleichstellungsplan mit transparenten Entgeltregelungen erarbeitet wird, damit sichergestellt ist, dass die Fähigkeiten, die Erfahrungen und das Potenzial aller Mitarbeiter fair vergütet werden. Pläne zur gleichen Entlohnung sollten mit konkreten Zielvorgaben erarbeiten werden, beispielsweise Reduzierung der Lohnunterschiede um 1 % pro Jahr. In allen Mitgliedstaaten sollten Arbeitgeber den Arbeitnehmern und ihren Vertretern jährlich nach Geschlecht aufgeschlüsselte Lohnstatistiken vorlegen.

4.1.8

Ein Hindernis bei der vollen Anwendung von Rechtsvorschriften ist der Mangel an Informationen und die Unkenntnis über die gültigen Bestimmungen bei den Betroffenen. Nur jeder dritte Befragte gibt an, über seine Rechte im Fall einer Diskriminierung Bescheid zu wissen (10). Nach Auffassung des Ausschusses ist es wichtig, sowohl Bürger im Allgemeinen als auch die Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern und Angehörige von Rechtsberufen weiter über die Rechtslage zu informieren.

4.1.9

Die Mitgliedstaaten müssen einen leichten Zugang zu Rechtsmitteln gegen Diskriminierungsfälle und zur Anzeige von Diskriminierungsfällen ermöglichen; es muss dem Beklagten obliegen, vor Gericht oder einer anderen zuständigen Behörde zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat (im Einklang mit der Richtlinie 97/80/EG).

4.1.10

Trotz Rechtsvorschriften und Tarifverträgen konnte das zwischen Frauen und Männern bestehende Lohngefälle nicht ausgeglichen werden. Daran wird deutlich, dass den Lohnunterschieden andere Faktoren (psychologischer, sozialer und kultureller Art) zugrunde liegen, beispielsweise die Schwierigkeit, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren. Es ist wichtig, ein Gleichgewicht zwischen Privat- und Berufsleben zu schaffen. Deshalb ist der Ausschuss der Auffassung, dass der Kampf um gleiche Löhne und Gehälter auf vielen verschiedenen Gebieten weitergeführt werden muss.

4.1.11

Die gesetzlichen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Sozialklauseln bei der öffentlichen Auftragsvergabe sollten genutzt werden, denn so können Wirtschaftsbeteiligte gefördert werden, die auf Gleichstellung und gerechte Entlohnung von Männern und Frauen setzen.

4.1.12

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung in den Mitgliedstaaten allen anderen Arbeitgebern ein Vorbild geben müssen, und zwar nicht nur im Hinblick auf Fragen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit gleicher Entlohnung bzw. gleichen Karrieremöglichkeiten stehen, sondern auch in Bezug auf die Schaffung organisatorischer Lösungen (z.B. im Bereich der flexiblen Arbeitszeit), die eine Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben ermöglichen, sowie der Schaffung von Lösungen im Bereich der Bildungspolitik zur Förderung der beruflichen Chancengleichheit von Männern und Frauen.

4.1.13

In der Öffentlichkeit stehende Personen, beispielsweise Politiker, können einen großen Einfluss auf die Bewusstseinsbildung der Gesellschaft haben. Wenn sie sowohl im beruflichen als auch im privaten Leben mit gutem Beispiel vorangehen, kann dies eine bessere Wirkung haben als zahlreiche kostenaufwendige Förderprogramme.

4.2   Beseitigung des Lohngefälles als Teil der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten

4.2.1

Die in der Lissabon-Strategie verankerte EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung ist ein wichtiges Instrument zur Förderung der Gleichheit auf dem Arbeitsmarkt und zur Reduzierung des zwischen Frauen und Männern bestehenden Lohngefälles. Der Ausschuss hält Maßnahmen für wichtig, mit denen der Zugang und die Beteiligung aller am Arbeitsmarkt gesteigert werden können, wozu nach Möglichkeit auch Strukturfondsmittel eingesetzt werden sollten

4.2.2

Der Ausschuss schlägt folgende Maßnahmen vor:

Transparenz in Systemen der beruflichen Einstufung mit Kriterien sicherstellen, die ohne geschlechtsspezifische Diskriminierung erarbeitet und umgesetzt werden.

Für verschiedene Bewertungskriterien sorgen, die mit der Natur der Arbeit verknüpft und nicht personengebunden sind und keine potenziellen Formen der Diskriminierung enthalten.

Die „untraditionelle“ Berufswahl fördern, um das Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt zu beeinflussen und zu mindern; Ziel muss es sein, dass sich Frauen für Berufe in wissenschaftlichtechnischen Bereichen entscheiden, während Männer solche Berufe suchen und wählen, die in der Regel von Frauen ausgeübt werden.

Die Arbeitgeber dazu ermutigen, Gleichstellungspläne, die eine Lohnübersicht beinhalten, zu entwickeln, anzuwenden und weiterzuverfolgen.

Die Arbeitgeber und Arbeitnehmer dazu ermutigen, sich für die Weiterbildung einzusetzen.

Arbeitgeber und Gewerkschaften zur Einführung von Mechanismen zur Überwachung der Entlohnung ermutigen. Dabei sollten die Arbeitsnomenklatur, Rechtsfälle, Rechtspraxis und eine Systematik der Berufe angewandt werden.

Die Entwicklung, dass Frauen höhere Posten und Leitungs- und Führungspositionen in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Technologie und Innovation anstreben und annehmen können, ankurbeln und fördern.

Einen höheren Anteil an Frauen auf allen beruflichen Ebenen in Wachstumsbranchen wie Tourismus, Umweltschutz und Recycling, Telekommunikation und Biotechnologie fördern.

Gleichstellungsfördernde Managementmethoden unterstützen.

Zur Verfolgung der Lohngleichheitsbestrebungen auf Unionsebene sollte im Rahmen der Beschäftigungsstrategie ein für diesen Zweck zu schaffender Follow-up-Indikator vorgesehen werden.

4.3   Der Ausschuss schlägt folgende Maßnahmen zur Förderung der Gleichheit in der allgemeinen und beruflichen Bildung vor:

Die Teilnahme von Frauen an Berufs- und Arbeitsmarktbildungsmaßnahmen im Technologie- und Informatikbereich fördern und den Frauenanteil erhöhen (insbesondere auf den höheren Ebenen im IT-Bereich).

Die Entwicklung im Wege von Ausbildung, Praxis und anderen Arbeitsmarktmaßnahmen ankurbeln und fördern, damit mehr Männer einen Beruf im Dienstleistungssektor und Gesundheits- und Pflegewesen ergreifen.

Das Angebot an Aus- und Weiterbildung flexibler gestalten, damit auch Frauen in ländlichen und dünn besiedelten Gebieten erreicht werden.

Die Möglichkeiten für Frauen, ihre beruflichen Qualifikationen durch Fortbildung im Elternurlaub und unmittelbar bei Rückkehr an den Arbeitsplatz zu verbessern, sollten gefördert werden.

4.4   Der Ausschuss schlägt folgende Maßnahmen zur Schaffung und Verbesserung der Möglichkeiten zur Unternehmensgründung durch Frauen vor:

Die Strukturfonds zur Förderung der Unternehmensgründung durch Frauen einsetzen (11).

Leitendes Personal, Führungskräfte und Berater für Unternehmensgründungen für die Gleichbehandlung sensibilisieren und zur Beachtung von Gleichstellungsfragen anregen.

Neue Ausrichtung und Gestaltung der (finanziellen und technischen) Unterstützungsdienste für KMU, um den Bedürfnissen von Frauen, die ein eigenes Unternehmen gründen und aufbauen wollen, besser gerecht zu werden.

Finanzielle Unterstützung/Darlehen für Unternehmensgründerinnen bereitstellen.

Förderung von Netzwerken und Organisationen für Unternehmerinnen und von Mentoring für Frauen durch Frauen.

Besondere Unterstützung für Frauen, die in Telekommunikations- und High-Tech-Branchen ein Unternehmen gründen und ausbauen wollen.

Unterstützung für Frauen, die im sozialwirtschaftlichen Bereich Initiativen fördern und ergreifen.

4.5   Das Recht von Frauen auf Erwerbstätigkeit und Versorgung muss gestärkt werden. Sowohl Frauen als auch Männer sollten mit dem eigenen Lohn oder Gehalt ihr Auskommen finden. Der Ausschuss schlägt folgende Maßnahmen für die Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor:

Staatlich geförderte Kinderbetreuungseinrichtungen ermöglichen es Eltern, erwerbstätig zu bleiben, und können die Dauer von Laufbahnunterbrechungen verkürzen.

Förderung der Berufsausbildung von Kinderbetreuungs- und Pflegepersonal.

In Ländern, in denen es derzeit keinen bezahlten Elternurlaub gibt, sollte ein solcher eingeführt werden (z.B. durch die Übernahme der in den EU-Institutionen geltenden Bestimmungen). Ferner sollte die Möglichkeit eines längeren Elternurlaubs mit finanziellem Ausgleich geschaffen werden. Es muss möglich sein, dass sich die Eltern den Elternurlaub teilen. Bei den Bemühungen um eine größere Verantwortung der Väter in der Familie ist die Tatsache, dass ein Teil des Elternurlaubs den Vätern vorbehalten ist, ein großer Fortschritt. Finanzielle Anreize als Ausgleich für den Wegfall des Einkommens würden dazu beitragen, dass mehr Männer Vaterschaftsurlaub nehmen (dieses Thema steht auf der Tagesordnung der europäischen Sozialpartner, die in der zweiten Runde der Anhörung der europäischen Sozialpartner zur Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben unterbreitet wurde) (12).

Mithilfe von Fernarbeit bzw. Telearbeit mehr Möglichkeiten für jene schaffen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht pendeln können, um an Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen und eine Arbeit anzunehmen.

Möglichkeiten für Schulungen für den beruflichen Wiedereinstieg schaffen, u.a. durch steuerliche Maßnahmen. Diese Bildungsmaßnahmen sollten an Frauen gerichtet sein, die aufgrund eines Eltern- bzw. Erziehungsurlaubs eine längere Auszeit genommen haben.

Öffentlich geförderte Dienstleistungen für alte Menschen und Pflegebedürftige erleichtern insbesondere die Beteiligung der Frauen am Arbeitsleben.

4.6   Der Ausschuss schlägt folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Beteiligung und des Einflusses von Frauen vor:

Für ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern in Ausschüssen und beschlussfassenden Organen sorgen.

Repräsentative Gleichstellungs- und Frauenorganisationen an Aufsichtsorganen, Partnerschaften und anderen Foren beteiligen.

Möglichkeiten zur Beförderung von Frauen auf Leitungs- und Beschlussfassungsposten in Organen verbessern, die Führungs- und Implementierungsaufgaben haben.

Frauen müssen einen bleibenden, dauerhaften gleichberechtigten Platz im Arbeitsleben haben, so dass sie nicht nur in Zeiten der Hochkonjunktur auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind und von einem Wirtschaftsabschwung als erste und am härtesten betroffen sind.

Regelmäßiger Gedankenaustausch mit Gleichstellungsorganisationen.

4.7   Beachtung der Lohngleichheit und der gesellschaftlichen Verantwortung durch die Arbeitgeber

4.7.1

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit wird in Europa zunehmend anerkannt, auch wenn dieser Grundsatz nicht in allen 27 EU-Mitgliedstaaten eine Selbstverständlichkeit ist. Obwohl das über 50 Jahre alte (1951 angenommene) IAO-Übereinkommen Nr. 100, in dem es in Artikel 2 heißt, dass „jedes Mitglied […] mit den Mitteln, die den bestehenden Verfahren zur Festsetzung der Entgeltsätze entsprechen, die Anwendung des Grundsatzes der Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit auf alle Arbeitnehmer zu fördern und, soweit es mit diesen Verfahren vereinbar ist, sicherzustellen [hat]“, von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurde, herrscht immer noch die stillschweigende Annahme, dass sich die Frau auf das Einkommen des Mannes stützen kann — eine Annahme, die an der heutigen Wirklichkeit vorbeigeht. Auch ist es nicht selbstverständlich und allgemein akzeptiert, dass gleichwertige Arbeit gleich entlohnt wird. Es ist überaus schwierig, Arbeiten und Berufe daraufhin zu bewerten, ob sie gleichwertig sind. Einige Rechtsfälle können in diesem Bereich als Richtschnur dienen.

4.7.2

Arbeitgeber können aus Sicht des Ausschusses mit folgenden Maßnahmen zur Reduzierung des Lohngefälles beitragen:

Flexible Arbeitszeiten kommen der Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt entgegen. Eltern kann eine freiwillige Teilzeitbeschäftigung Möglichkeiten bieten, das Berufs- mit dem Familienleben zu vereinbaren; allerdings ist es auch wichtig, ihnen die Möglichkeit zu geben, wieder einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Denen, die unfreiwillig Teilzeit arbeiten, sollte eine Vollzeitbeschäftigung angeboten werden, damit sie sich selbst versorgen können, was insbesondere für jene wichtig ist, die jemanden zu versorgen haben.

Die Arbeitszeiteinteilung sollte mit dem Familienleben vereinbar sein. Die geschlechtsspezifische Aufteilung der Haus- und Betreuungsarbeit muss dahingehend geändert werden, dass Männer und Frauen sich diese Aufgaben gleichberechtigt teilen. Männer müssen eine größere Rolle als Betreuende in Familie und Haushalt übernehmen.

Mit Modellen zum Vergleich von Berufen und Arbeitsfeldern lässt sich eine Grundlage für die Durchführung von Lohnbewertungen und somit ein Instrument zur Förderung des Grundsatzes des gleichen Entgelts schaffen. Es müssten darüber hinaus Arbeitsbewertungssysteme geschaffen werden, mit deren Hilfe personalgruppenübergreifend bestimmt werden kann, welche Arbeiten gleichwertig sind. So kann sichergestellt werden, dass ungeachtet des Geschlechts für gleichwertige Arbeit das gleiche Entgelt gezahlt wird.

Wenn der Elternurlaub als etwas Verdienstvolles aufgefasst und diese Erfahrung bei der Beförderung und Entlohnung entsprechend honoriert wird, kann dies zur Reduzierung des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern beitragen. Dies darf allerdings Kinderlose nicht in eine Position der Ungleichheit in Bezug auf Entgelt und Karrieremöglichkeiten bringen.

Durch die Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen können Gesellschaft und Arbeitgeber dazu beitragen, dass Frauen mehr Chancen auf einen Arbeitsplatz und einen beruflichen Aufstieg haben.

Indem der Arbeitgeber eine Freistellung in den Schulferien bzw. bei Krankheit der Kinder gewährt, kann er zur leichteren und besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen.

In Mitgliedstaaten, in denen das Recht auf Vaterschafts- bzw. Adoptionsurlaub nicht gesetzlich verankert ist, kann der Arbeitgeber Wege aufzeigen und als Vorbild wirken, indem er soziale Verantwortung übernimmt und solche Möglichkeiten anbietet (13).

Bei Krankheit naher Familienangehöriger sollten Arbeitgeber Pflegeurlaub genehmigen.

Die Teilnahme von Frauen an Weiterbildungsmaßnahmen und Karriereprogrammen sollte gefördert werden.

Männer und die Frauen selber müssen lernen, die Kompetenzen von Frauen wahrzunehmen, zu verstehen, einzuordnen und zu nutzen.

4.8   Verstärkter Austausch bewährter Verfahren in der EU und Einbeziehung der Sozialpartner

4.8.1

Nach Auffassung des Ausschusses besteht ein konkreter Weg zum Erfolg im Austausch und der Förderung bewährter Verfahren und in einem intensiveren Dialog zwischen den Mitgliedstaaten. Eine echte Gleichstellung und eine gerechte Entlohnung lassen sich nur dann erreichen, wenn alle Mitgliedstaaten konstruktive Maßnahmen ergreifen und sich für die Beseitigung des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern stark machen. Den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen sowie dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen kommt bei der Verwirklichung dieser Zielsetzung eine wichtige Rolle zu.

4.8.2

Die Sozialpartner müssen sich in den Tarifverhandlungen gezielt für den Abbau von Einkommensunterschieden einsetzen. Ein konkretes Beispiel einer solchen erfolgreichen Initiative ist der von europäischen Sozialpartnern 2005 angenommene Aktionsrahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern, in dem das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu den vier Prioritäten zählt (14).

4.8.3

In den Entgeltstatistiken müssen diverse Änderungen vorgenommen werden, damit die Informationen über das Lohngefälle eine bessere Entscheidungsgrundlage liefern. Die Gründe für Lohngefälle bedürfen einer genaueren Prüfung; die gemeinsame Nutzung der resultierenden Erkenntnisse kann dazu dienen, Diskriminierung aufzuzeigen, zu beheben und zu verhindern.

4.8.4

Zu diesem Zweck sollten die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen mit Sitz in Dublin und das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen vergleichbare Statistiken aus den Mitgliedstaaten über den Frauenanteil in Leitungs- und Führungspositionen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor sowie Statistiken über die Fortschritte der einzelnen Mitgliedstaaten im Bereich des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit vorlegen.

Brüssel, den 22. April 2008

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  Artikel 4: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:1998:014:0006:0008:DE:PDF

(2)  Dieses Thema steht auf der Tagesordnung der europäischen Sozialpartner, die in der zweiten Runde der Anhörung der europäischen Sozialpartner zur Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben unterbreitet wurde.

(3)  Diesbezüglich verweist der EWSA auf seine zahlreichen Empfehlungen, die er bereits in früheren Stellungnahmen ausgesprochen hat, zuletzt in der Stellungnahme zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (gemäß Artikel 128 EG-Vertrag)“ (SOC/303), Berichterstatter: Herr Greif, CESE 282/2008 (SOC/303), insbesondere Ziffer 2.3.

(4)  KOM(2008) 10 endg. vom 23.1.2008.

(5)  Siehe www.epws.org.

(6)  EWSA-Stellungnahme zum Thema „Gleichstellung von Frauen und Männern: Fahrplan 2006-2010“, Berichterstatterin: Grace Attard, ABl. C 318 vom 23.12.2006. Folgende weitere Stellungnahmen sind in diesem Zusammenhang zu nennen: EWSA-Stellungnahme vom 28.9.2005 zur „Schaffung eines Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen“, Berichterstatterin: Frau Štechová (ABl. C 24 vom 31.1.2006), EWSA-Stellungnahme vom 29.9.2005 zum Thema „Armut unter Frauen in Europa“, Berichterstatterin: Frau King (ABl. C 24 vom 31.1.2006). Zu erwähnen sind an dieser Stelle auch die EGB-Charta zum Gender Mainstreaming in Gewerkschaften, verabschiedet am 23. Mai 2007 auf dem Kongress des Europäischen Gewerkschaftsbunds in Sevilla, und das Handbuch der Europäischen Kommission zum Gender Mainstreaming in der Beschäftigungspolitik, Juli 2007.

(7)  Siehe Fußnote 3.

(8)  EWSA-Stellungnahme vom 29. November 2001 zum Thema „Wirtschaftswachstum, Besteuerung und Nachhaltigkeit der Rentensysteme in der EU“ (ABl. C 48 vom 21.2.2002); Berichterstatter: Herr Byme, Mitberichterstatter: Herr van Dijk.

(9)  Eurostat, Erhebung der Gemeinschaft über Arbeitskräfte, Führungskräfte in der EU — Verteilung nach Geschlechtern 2000 und 2006.

(10)  Eurobarometer.

(11)  Siehe EWSA-Stellungnahme zum Thema „Unternehmergeist und Lissabon-Agenda“ vom 25. Oktober 2007, Berichterstatterin: Frau Sharma, Mitberichterstatter: Herr Olsson, ABl. C 44 vom 16.2.2008.

(12)  In Dänemark sind alle Unternehmen seit dem 1. Oktober 2006 gesetzlich verpflichtet, in einen nationalen Ausgleichsfonds für Elternurlaub einzuzahlen. Auf diese Weise wird kein Unternehmen aufgrund von Entgeltzahlungen im Zusammenhang mit dem Elternurlaub benachteiligt, und Eltern im Elternurlaub laufen nicht Gefahr, zu einer finanziellen Belastung für den einzelnen Arbeitgeber zu werden. Ein entsprechendes System gibt es in Island, wo alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer in eine staatliche Elternurlaubskasse einzahlen. Ferner wurde dort ein dreigeteiltes Modell eingeführt, wonach die Mutter und der Vater jeweils ein Drittel des neunmonatigen Elternurlaubs nehmen, während sie sich das letzte Drittel teilen können. Seit Inkrafttreten dieser Regelung nehmen fast 90 % der Väter in Island Elternurlaub.

(13)  Am 1. Juli 2006 wurde in Schweden ein neues Elternurlaubsgesetz erlassen, dem zufolge der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht aus Gründen, die mit dem Elternurlaub zusammenhängen, benachteiligen darf. Gemäß dem neuen Gesetz darf nun zwischen Arbeitnehmern im Elternurlaub und jenen, die nicht im Elternurlaub sind, kein Unterschied gemacht werden. Laut dem Gleichstellungsbeauftragten sind Arbeitnehmer im Elternurlaub so zu behandeln, als ob sie aktiv arbeiten würden. Frauen nehmen im Durchschnitt einen deutlich längeren Elternurlaub in Anspruch als Männer, so dass sie öfter als Männer auf Prämien und Zulagen verzichten müssen.

(14)  Framework of Actions on Gender Equality:

http://ec.europa.eu/employment_social/news/2005/mar/gender_equality_en.pdf


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