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Document 52000PC0030

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission

/* KOM/2000/0030 endg. - COD 2000/0032 */

OJ C 177E, 27.6.2000, p. 70–73 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52000PC0030

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission /* KOM/2000/0030 endg. - COD 2000/0032 */

Amtsblatt Nr. C 177 E vom 27/06/2000 S. 0070 - 0073


Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission

(von der Kommission vorgelegt)

BEGRÜNDUNG

1. Vorbemerkung

Aufgrund des durch den Vertrag von Amsterdam in den EG-Vertrag aufgenommenen Artikels 255 hat jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat das Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. Zu den allgemeinen Grundsätzen der Europäischen Union gehört auch, daß Entscheidungen möglichst offen und bürgernah getroffen werden.

Nach Maßgabe von Artikel 255 ist es Aufgabe der Kommission, einen Gesetzgebungs vorschlag mit den allgemeinen Grundsätzen und Einschränkungen für die Ausübung dieses Rechts auf Zugang zu Dokumenten der drei Organe zu erarbeiten. Dieser Vorschlag ist binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam, d.h. vor dem 1. Mai 2001, als gemeinsamer Rechtsakt des Europäischen Parlaments und des Rates zu verabschieden. Jedes Organ legt in seiner Geschäftsordnung Sonderbestimmungen hinsichtlich des Zugangs zu seinen Dokumenten fest.

Rat und Kommission wenden seit über fünf Jahren einen gemeinsamen Verhaltenskodex bezüglich des öffentlichen Zugangs zu ihren Dokumenten an. Das Europäische Parlament hat im Juli 1997 ein vergleichbares Verfahren verabschiedet. [1]

[1] Der Verhaltenskodex über den öffentlichen Zugang zu Dokumenten des Rates und der Kommission wurde vom Rat am 20. Dezember 1993 angenommen, ABl. L 340 vom 31.12.1993, S. 43; von der Kommission am 8. Februar 1994, ABl. L 46 vom 18.2.1994, S. 58. Das Europäische Parlament hat am 10. Juli 1997 einen Beschluß über den Zugang der Öffentlichkeit zu seinen Dokumenten verabschiedet, ABl. L 263 vom 25.9.1997, S. 27.

2. Erarbeitung des Vorschlags für eine Verordnung

Bei der Erarbeitung dieses Vorschlags für eine Verordnung hat die Kommission insbesondere folgende Punkte berücksichtigt:

- die Gesetze über den Zugang zu Dokumenten in den Mitgliedstaaten, insbesondere die bewährten Verfahren der Nordischen Länder, die auf eine lange Tradition des öffentlichen Zugangs zu ihren Dokumenten zurückblicken können;

- den Bericht des Institutionellen Ausschusses des Europäischen Parlaments über die Trans parenz in der Europäischen Union, vom Europäischen Parlament in der Plenarsitzung vom 12. Januar 1999 angenommen (Berichterstatterin: Frau Lööw);

- das im Juni 1998 unterzeichnete EG/UN-Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten;

- den Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten im Nachgang zu seiner Initiativ untersuchung über die Bestimmungen für den öffentlichen Zugang zu Dokumenten der Institutionen und Gemeinschaftsorgane; [2]

[2] ABl. C 44 vom 10.2.1998, S. 9-13.

- das Grünbuch über die Informationen des öffentlichen Sektors in der Informationsge sellschaft; [3]

[3] KOM(1998) 585.

- die in den vergangenen fünf Jahren aus der Anwendung des von Rat, Kommission und Europäischem Parlament freiwillig eingeführten Verfahrens gewonnene positive Erfah rung, die besonders deutlich aus den Berichten des Rates und der Kommission über die Anwendung ihres Verhaltenskodex hervorgeht.

3. Zugangsberechtigte (Artikel 1)

Gemäß Artikel 255 EGV hat jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat das Recht auf Zugang zu den Dokumenten. Wie bereits im bestehenden System braucht der Antragsteller keine besonderen Gründe anzuführen.

4. Anwendungsbereich der Verordnung (Artikel 2 und 3)

Organe, für die die Verordnung gilt

Gemäß Artikel 255 EGV betrifft die Verordnung ausschließlich Dokumente des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. Diese Organe und ihre Untergliederungen sind in Artikel 3 festgelegt.

Bereiche, für die die Verordnung gilt

Die Artikel 28 Absatz 1 und 41 Absatz 1 EUV sehen ausdrücklich vor, daß das Zugangsrecht auch für Dokumente aus den Bereichen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie der polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit hinsichtlich des Strafrechts gilt.

Im übrigen ergibt sich aus der Rechtssprechung des Gerichtshofs, daß die vorliegende Verordnung auch für Dokumente im Zusammenhang mit Tätigkeiten, die sich aus dem EGKS- und dem Euratom-Vertrag ergeben, gilt. [4]

[4] Urteil vom 15.12.1987, Deutsche Babcock, 328/85, Slg. 1987, S. 5119.

Dokumente, für die die Verordnung gilt

Die Verordnung gilt für alle Dokumente, die sich im Besitz der drei Organe befinden, unabhängig davon, ob diese Dokumente von den Organen erstellt wurden oder von Dritten stammen. Diese Erweiterung ist im Vergleich zu dem derzeitigen System, das ausschließlich die Dokumente umfaßt, die von den Organen selbst erstellt wurden, ein großer Fortschritt.

Sie wird sowohl vom Europäischen Parlament als auch vom Bürgerbeauftragten stark befürwortet und ermöglicht darüber hinaus, sich der bestehenden Rechtslage in der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten anzupassen. Darüber hinaus begünstigt der Wortlaut von Erklärung Nr. 35 für eine weite Auslegung des Artikel 255. Allerdings wird der Zugang zu einem Dokument Dritter nicht gewährt, sofern das Dokument unter eine der in Artikel 4 genanten Ausnahmen fällt. Ferner wird das Organe in Zweifelsfällen zunächst den Urheber außerhalb der Organe konsultieren und sich beim Ausbleiben einer Antwort die abschließende Entscheidung über den Zugang zu dem betreffenden Dokument vorbehalten. Um eine wirksame Information der europäischen Bürger über diesen erweiterten Anwendungsbereich sicherzustellen, wird das Recht auf Zugang zu den Dokumenten Dritter auf Dokumente beschränkt, die den Organen nach Inkrafttreten dieser Verordnung übermittelt wurden.

Definition des Begriffs "Dokument"

Als "Dokument" werden Inhalte, egal auf welchem Datenträger, bezeichnet. Unter die Verordnung fallen jedoch allein Verwaltungsdokumente, d.h. alle Dokumente, die einen Sachverhalt aus dem Zuständigkeitsbereich des Organs betreffen, mit Ausnahme von Dokumenten zum internen Gebrauch, die eine persönliche Meinung ausdrücken oder die einen Gedankenaustausch bzw. eine Stellungnahme wiedegeben, die frei und zwanglos im Rahmen einer Konsultation oder einer internen Beratung geäußert wurde, sowie informelle Mitteilungen, insbesondere solcher, die per elektronischer Post versandt werden und mit Telefongesprächen vergleichbar sind. Wie der Ausschuß unabhängiger Experten in seinem zweiten Bericht unterstreicht, [5] "braucht die Kommission wie alle politischen Institutionen "Raum zum Überlegen", um Politik zu formulieren, bevor sie öffentlich wird, weil Politik, die unmittelbar vor Augen der Öffentlichkeit gemacht wird, häufig schlechte Politik ist".

[5] Zweiter Bericht des unabhängigen Sachverständigenausschusses, Kapitel 7, Abschnitt 7.6.6.

Kompatibilität zwischen dem allgemeinen Grundsatz des Zugangs zu Dokumenten und bestehenden Sonderbestimmungen

Im Rahmen bestimmter Verfahren gibt es Sondervorschriften für den Zugang zu Dokumenten bzw. Akten. Deshalb muß ausdrücklich festgestellt werden, daß die künftige Regelung des allgemeinen Rechts auf Zugang zu den Dokumenten nicht gilt, sofern es Sondervorschriften gibt, insbesondere solche zum Schutz bestimmter Personen mit einem spezifischen Interesse oder zur Wahrung der Vertraulichkeit bestimmter Dokumente. Es ist in jedem Fall wünschenswert, demnächst diese Vorschriften unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Transparenz zu überprüfen.

5. Ausnahmen vom Recht auf Zugang (Artikel 4)

Der Vorschlag enthält mehrere Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu den Dokumenten. Wie bereits beim bestehenden System basieren diese Ausnahmen auf einem "harm test". Dies bedeutet, daß der Zugang zu den verlangten Dokumenten nur gewährt wird, wenn sicherge stellt ist, daß durch diese Verbreitung keine wesentliche Beeinträchtigung der in diesem Artikel ausdrücklich erwähnten und anhand konkreter Beispiele erläuterten spezifischen Interessen herbeigeführt wird. Im Vergleich zu der im gegenwärtigen Verhaltenskodex von Rat und Kommission vorgesehenen Ausnahmeregelung sind die Ausnahmen nunmehr besser erläutert.

6. Behandlung von Erst- und Zweitanträgen, Beschwerdeweg, Formen der Ausübung des Zugangsrechts und Vorschriften für die Verviel fältigung zu kommerziellen Zwecken oder sonstige wirtschaftliche Nutzung (Artikel 5-8)

Es wird vorgeschlagen, mit einigen Änderungen ähnliche Bestimmungen vorzusehen wie beim bestehenden System, da dieses gut funktioniert.

So wurde die Möglichkeit eingeführt, die Beantwortungsfrist um einen weiteren Monat zu verlängern, sofern der Antragsteller vorab informiert wird und eine ausführliche Begründung erhält. Ferner wurde die Verpflichtung eingeführt, Zugang zu bestimmten Teilen eines Dokuments zu gewähren, bei dem andere Teile unkenntlich gemacht wurden, weil für sie gemäß dem Urteil des Gerichts erster Instanz vom 19. Juli 1999 in der Rs. T-14/98 (Hautala gegen Rat) eine Ausnahme vom Recht auf Zugang gilt.

Darüber hinaus wurde der Grundsatz eingeführt, daß das Ausbleiben einer Antwort auf einen Zweitantrags als Gewährung des Zugangs gilt. Dies stellt eine Stärkung der Rechte des Bürgers dar.

7. Schlussbestimmungen (Artikel 9-11)

Die verschiedenen Schlußbestimmungen sollen insbesondere:

- die Organe, für die die Verordnung gilt, verpflichten, die notwendigen Maßnahmen zur Information der Bürger über ihre Rechte zu ergreifen, insbesondere durch Einrichtung von öffentlichen Dokumentenregistern;

- darauf aufmerksam machen, daß die Organe in ihrer Geschäftsordnung Sonderbestimmungen hinsichtlich der Anwendung der in dieser Verordnung vorgesehenen allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen festlegen.

Es ist ferner höchst wünschenswert, daß die drei Organe sich verpflichten, zusätzliche Maß nahmen zu verabschieden, um ein kohärentes Vorgehen bei der Anwendung dieser neuen Vorschriften für das öffentliche Zugangsrecht zu ihren Dokumenten zu gewährleisten. Zu diesen Maßnahmen gehören insbesondere die Durchführung von Ausbildungs- und Informationsmaßnahmen für ihr Personal sowie eine Überprüfung der bestehenden Systeme zur Registrierung, Ablage, Archivierung und Klassifikation der Dokumente.

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 255 Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission, [6]

[6] ABl. C

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag [7],

[7] ABl. C

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Im Vertrag über die Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Amsterdam ist der Begriff der Transparenz in Artikel 1 Absatz 2 verankert: "Dieser Vertrag stellt eine neue Stufe bei der Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas dar, in der die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah getroffen werden."

(2) Die Transparenz gewährleistet eine bessere Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozeß sowie eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System.

(3) In den Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Birmingham, Edinburgh und Kopenhagen wurde die Notwendigkeit betont, die Organe der Europäischen Union transparenter zu machen. Aufgrund dieser Schlußfolgerungen haben die Organe eine Reihe von Initiativen ergriffen, um die Transparenz des Entscheidungsprozesses durch zielgerichtetere Maßnahmen in der Öffentlichkeitsarbeit und durch die Verabschie dung von Vorschriften für den öffentlichen Zugang zu Dokumenten zu verbessern.

(4) Diese Verordnung soll den Zugang zu den Dokumenten unter größtmöglicher Wahrung des Grundsatzes der Offenheit optimieren. Sie soll das Recht auf Zugang zu den Dokumenten umsetzen und gemäß Artikel 255 Absatz 2 EG-Vertrag die allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen dafür festlegen.

(5) Da der Zugang zu den Dokumenten im EGKS-Vertrag und im Euratom-Vertrag bisher nicht geregelt war, gilt diese Verordnung auch für Dokumente im Zusammenhang mit Tätigkeiten, die sich aus diesen beiden Verträgen ergeben. Dies wurde durch die Erklärung Nr. 41 im Anhang zur Schlußakte des Vertrages von Amsterdam bestätigt.

(6) Gemäß den Artikeln 28 Absatz 1 und 41 Absatz 1 des Vertrages über die Europäische Union gilt das Zugangsrecht auch für Dokumente aus den Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie der polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen.

(7) Um die Arbeit der Organe transparenter zu gestalten und um sich an die in den meisten Mitgliedstaaten geltenden nationalen Rechtsvorschriften anzupassen, wird das Zugangsrecht auf alle Dokumente ausgedehnt, die sich im Besitz des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission befinden.

(8) Die in dieser Verordnung festgelegten Grundsätze dürfen die Sondervorschriften für den Zugang zu Dokumenten nicht berühren. Dies gilt insbesondere für die Vorschriften, die Personen mit einem spezifischen Interesse unmittelbar betreffen.

(9) Der Schutz des öffentlichen Interesses und bestimmter Interessen der Einzelnen muß durch eine Ausnahmeregelung gewährleistet werden. Für jedes dieser Interessen sollten Beispiele angegeben werden, um diese Regelung so transparent wie möglich zu gestalten. Ferner sollte es den Organen ermöglicht werden, ihre Dokumente für den internen Gebrauch zu schützen, die eine persönliche Meinung ausdrücken oder die einen Gedankenaustausch bzw. eine Stellungnahme wiedergeben, die frei und zwang los im Rahmen einer Konsultation oder einer internen Beratung geäußert wurde.

(10) Um die uneingeschränkte Wahrung des Rechts auf Zugang zu gewährleisten, sollte das gegenwärtige Verwaltungsverfahren in zwei Phasen beibehalten werden, mit der Möglichkeit, den Rechtsweg zu beschreiten oder Beschwerde beim Bürgerbeauf tragten einzulegen. Ferner wird der Grundsatz eingeführt, daß auf der Stufe des Zweitantrags das Ausbleiben einer Antwort als Gewährung des Zugangs gilt.

(11) Jedes Organ hat die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Öffentlichkeit über die neuen geltenden Rechtsvorschriften zu informieren. Darüber hinaus hat jedes Organ insbesondere ein Dokumentenregister zugänglich zu machen, damit der Bürger die ihm durch diese Verordnung gewährten Rechte problemlos wahrnehmen kann.

(12) Die vorliegende Verordnung zielt weder darauf ab, noch bewirkt sie, das geltende Recht der Mitgliedstaaten über den Zugang zu Dokumenten zu ändern. Es versteht sich von selbst, daß aufgrund des Loyalitätsprinzips, das für die Beziehungen zwischen den Gemeinschaftsorganen und den Mitgliedstaaten gilt, die Mitgliedstaaten dafür sorgen, daß sie die ordnungsgemäße Anwendung der vorliegenden Verordnung nicht beeinträchtigen.

(13) Gemäß Artikel 255 Absatz 3 EG-Vertrag legt jedes Organ in seiner Geschäftsordnung Sonderbestimmungen hinsichtlich des Zugangs zu seinen Dokumenten fest. Diese Umsetzung der vorliegenden Verordnung ist eine notwendige Bedingung für ihre Anwendbarkeit. Diese Verordnung und ihre Umsetzungsbestimmungen ersetzen den Beschluß 93/731/EG des Rates vom 20. Dezember 1993 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Ratsdokumenten [8], den Beschluß 94/90/EGKS, EG, Euratom der Kommission vom 8. Februar 1994 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten [9] und den Beschluß 97/632/EG, EGKS, Euratom des Europäischen Parlaments vom 10. Juli 1997 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments [10] -

[8] ABl. L 340 vom 31.12.1993, S. 43; geändert durch den Beschluß 96/705/EG, EGKS, Euratom (ABl. L 325 vom 14.12.1996, S. 19).

[9] ABl. L 46 vom 18.2.1994, S. 58; geändert durch den Beschluß 96/567/EG, EGKS, Euratom (ABl. L 247 vom 28.9.1996, S. 45).

[10] ABl. L 263 vom 25.9.1997, S. 27.

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1: Allgemeiner Grundsatz und Zugangsberechtigte

Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat hat das Recht auf möglichst umfassenden Zugang zu den Dokumenten der Organe im Sinne dieser Verordnung, ohne ein besonderes Interesse anführen zu müssen. Ausgenommen hiervon sind die in Artikel 4 aufgeführten Ausnahmen.

Artikel 2: Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für alle Dokumente, die sich im Besitz der Organe befinden, unabhängig davon, ob diese Dokumente von den Organen erstellt wurden oder von Dritten stammen.

Das Recht auf Zugang zu den Dokumenten Dritter ist auf Dokumente beschränkt, die den Organen nach Inkrafttreten dieser Verordnung übermittelt wurden.

(2) Diese Verordnung gilt nicht für Dokumente, die bereits veröffentlicht wurden oder auf sonstige Weise der Öffentlichkeit zugänglich sind.

Sie gilt nicht, sofern es Sondervorschriften hinsichtlich des Zugangs zu Dokumenten gibt.

Artikel 3: Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung versteht man unter:

a) "Dokument": Inhalte unabhängig von der Form des Datenträgers (auf Papier oder in elektronischer Form, Ton-, Bild- oder audiovisuelles Material); die Verordnung gilt allein für Verwaltungsdokumente, d.h. die Dokumente, die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem Zuständigkeitsbereich des Organs betreffen, mit Ausnahme der Dokumente zum internen Gebrauch, bei denen es sich um Arbeits- und Diskussionsdokumente sowie um Stellungnahmen der Dienststellen handelt sowie der informellen Mitteilungen.

b) "Organe": Europäisches Parlament, Rat und Kommission;

c) "Europäisches Parlament": seine Organe (insbesondere das Präsidium und die Konferenz der Präsidenten), die parlamentarischen Ausschüsse, die Fraktionen und Dienststellen;

d) "Rat": seine verschiedenen Zusammensetzungen und Organe (insbesondere den Ausschuß der Ständigen Vertreter und die Arbeitsgruppen), die Dienststellen und die Ausschüsse, die durch den Vertrag oder den Gesetzgeber zur Unterstützung des Rates eingesetzt wurden;

e) "Kommission": das Kollegium, seine Mitglieder und ihre Kabinette, die Generaldirektionen und Dienststellen, die Vertretungen und Delegationen sowie die von ihr eingesetzten Ausschüsse und die Ausschüsse, die ihr zur Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse zur Seite gestellt wurden;

f) "Dritte": alle natürlichen und juristischen Personen und Einrichtungen außerhalb des Organs, einschließlich der Mitgliedsstaaten, der anderen Gemeinschafts- und Nicht-Gemeinschaftsorgane und -Einrichtungen und die Drittländer.

Das Verzeichnis der in Absatz 1 Buchstaben d) und e) genannten Ausschüsse wird im Rahmen der in Artikel 10 vorgesehenen Durchführung dieser Verordnung erstellt.

Artikel 4: Ausnahmeregelung

Die Organe verweigern den Zugang zu Dokumenten, durch deren Verbreitung folgendes erheblich beeinträchtigt werden könnte:

a) der Schutz des öffentlichen Interesses, insbesondere in Hinblick auf:

_ die öffentliche Sicherheit,

_ die Verteidigung und die internationalen Beziehungen,

_ die Beziehungen zwischen bzw. mit den Mitgliedstaaten oder den Gemeinschaftsorganen und -einrichtungen bzw. Nicht-Gemeinschaftsorganen und -Einrichtungen,

_ die finanziellen oder wirtschaftlichen Interessen,

_ die Währungsstabilität,

_ die Stabilität der Rechtsordnung der Gemeinschaft,

_ die Rechtspflege,

_ die Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten,

_ den Ablauf der Vertragsverletzungsverfahren, einschließlich der vorbereiten den Arbeiten,

_ die ordnungsgemäße Arbeitsweise der Organe;

b) der Schutz des einzelnen und der Privatsphäre, insbesondere in Hinblick auf:

_ die Personalakten,

_ die Auskünfte, Stellungnahmen und Gutachten, die im Hinblick auf eine Einstellung oder Berufung vertraulich erteilt worden sind,

_ die persönlichen Informationen über eine Person oder ein Dokument, deren Verbreitung eine Verletzung der Privatsphäre darstellen oder erleichtern könnte, z.B. Daten, die unter die ärztliche Schweigepflicht fallen;

c) der Schutz des Geschäfts- und Industriegeheimnisses und der wirtschaftlichen Interessen einer bestimmten natürlichen oder juristischen Person, insbesondere im Hinblick auf:

_ die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse,

_ das geistige und gewerbliche Eigentum,

_ die Betriebs-, Finanz-, Bank- und Geschäftsinformationen, einschließlich Informationen über Geschäftsbeziehungen und Aufträge,

_ die Informationen über Kostenelemente und Angebote im Rahmen von Ausschreibungen;

d) die Wahrung der Vertraulichkeit, wenn diese von dem Dritten, der das Dokument oder die Information zur Verfügung gestellt hat, beantragt wurde, oder aufgrund der Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates erforderlich ist.

Artikel 5: Behandlung von Erstanträgen

(1) Jeder Antrag auf Zugang zu einem Dokument hat in schriftlicher Form zu erfolgen und muß so präzise formuliert sein, daß das betreffende Dokument ermittelt werden kann. Das Organ kann den Antragsteller auffordern, seinen Antrag zu präzisieren.

Bei Mehrfachanträgen bzw. Anträgen, die umfangreiche Dokumente betreffen, bemüht sich das Organ gemeinsam mit dem Antragsteller um eine angemessene Lösung.

(2) Das Organ informiert den Antragsteller in Form einer schriftlichen und ordnungsgemäß begründeten Antwort innerhalb eines Monats nach Eingang seines Antrags darüber, wie sein Antrag beschieden wurde.

(3) Hat das Organs den Antrag abgelehnt, unterrichtet es den Antragsteller über die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Eingang des Antwortschreibens einen Zweitantrag an die Institution zu richten und um eine Überprüfung der Absicht der Verweigerung zu ersuchen. Anderenfalls gilt der Erstantrag als zurückgenommen.

(4) In Ausnahmefällen kann die in Absatz 2 vorgesehene Frist von einem Monat um einen weiteren Monat verlängert werden, sofern der Antragsteller vorab informiert wird und eine ausführliche Begründung erhält.

Geht innerhalb der vorgeschriebenen Frist keine Antwort ein, gilt dies als Ablehnung.

Artikel 6: Behandlung von Zweitanträgen und Rechtsbehelfe

(1) Wird ein Zweitantrag gestellt, hat das Organ binnen einem Monat nach Eingang dieses Antrags dem Antragsteller schriftlich zu antworten. Hält es seine Entscheidung aufrecht, den Zugang zu dem angeforderten Dokument zu verweigern, hat das Organ dies ordnungsgemäß zu begründen und den Antragsteller über mögliche Rechtsbehelfe zu informieren, d.h. Klageerhebung bzw. Beschwerde beim Bürgerbeauftragten gemäß Artikel 230 und 195 EG-Vertrag.

(2) In Ausnahmefällen kann die in Absatz 1 vorgesehene Frist um einen Monat verlängert werden, sofern der Antragsteller vorab informiert wird und eine ausführliche Begründung erhält.

Geht innerhalb der vorgeschriebenen Frist keine Antwort ein, gilt dies als Gewährung des Zugangs.

Artikel 7: Formen der Ausübung des Zugangsrechts

(1) Der Zugang zu den Dokumenten erfolgt entweder durch Einsichtnahme vor Ort oder durch Bereitstellung einer Kopie.

Die Kosten hierfür können dem Antragsteller in Rechnung gestellt werden.

(2) Die Dokumente werden in einer bestehenden Sprachfassung zur Verfügung gestellt, wobei die vom Antragsteller geäußerten Wünsche berücksichtigt werden.

Eine bearbeitete Fassung des angeforderten Dokuments wird bereitgestellt, wenn ein Teil dieses Dokuments unter die in Artikel 4 aufgeführten Ausnahmen fällt.

Artikel 8: Vervielfältigung zu kommerziellen Zwecken oder sonstige wirtschaftliche Nutzung

Antragsteller, die ein Dokument erhalten haben, dürfen dieses ohne vorherige Genehmigung des Rechtsinhabers weder zu kommerziellen Zwecken vervielfältigen noch auf andere Art und Weise wirtschaftlich nutzen.

Artikel 9: Information und Register

Jedes Organ ergreift die notwendigen Maßnahmen, um die Öffentlichkeit über die Rechte zu informieren, die sich aus dieser Verordnung ergeben. Darüber hinaus macht jedes Organ ein Dokumentenregister zugänglich, damit diese Rechte problemlos wahrgenommen werden können.

Artikel 10: Durchführung

Jedes Organ legt in seiner Geschäftsordnung die für die Durchführung dieser Verordnung notwendigen Vorschriften fest. Diese Vorschriften werden am ... [drei Monate nach dem Erlaß dieser Verordnung] wirksam.

Artikel 11: Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft. Sie gilt ab dem ... [drei Monate nach dem Erlaß dieser Verordnung].

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates

Die Präsidentin Der Präsident

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