Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 32024Q02022

Beschluss des europäischen Datenschutzbeauftragten vom 18. Juli 2024 zur Änderung der Geschäftsordnung des EDSB vom 15. Mai 2020 [2024/2022]

ABl. L, 2024/2022, 29.7.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/proc_rules/2024/2022/oj (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/proc_rules/2024/2022/oj

European flag

Amtsblatt
der Europäischen Union

DE

Reihe L


2024/2022

29.7.2024

BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN DATENSCHUTZBEAUFTRAGTEN

vom 18. Juli 2024

zur Änderung der Geschäftsordnung des EDSB vom 15. Mai 2020 [2024/2022]

DER EUROPÄISCHE DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE —

gestützt auf die Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (1) (die „Verordnung“), insbesondere auf Artikel 54 Absatz 4 und Artikel 57 Absatz 1 Buchstabe q,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Geschäftsordnung des EDSB vom 15. Mai 2020 (2), die sich der EDSB gemäß Artikel 57 Absatz 1 Buchstabe q der Verordnung gegeben hat, sieht in Artikel 18 ein Verfahren für die auf neu vorgebrachte Tatsachen oder rechtliche Ausführungen beschränkte Überprüfung von Beschwerdeentscheidungen vor.

(2)

Die Anwendung des Überprüfungsverfahrens hat jedoch Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union wie auch Beschwerdeführern praktische und rechtliche Schwierigkeiten bereitet. Das Überprüfungsverfahren sollte deshalb abgeschafft werden.

(3)

Gemäß Artikel 58 Absatz 5 der Verordnung sollten die dem Europäischen Datenschutzbeauftragten mit dem genannten Artikel übertragenen Befugnisse vorbehaltlich geeigneter Garantien nach Unionsrecht, einschließlich wirksamer gerichtlicher Rechtsbehelfe und ordnungsgemäßer Verfahren, ausgeübt werden. In diesem Sinne ist in Artikel 66 Absätze 5 und 6 der Verordnung bestimmt, dass der EDSB, bevor er Entscheidungen trifft, mit denen Geldbußen verhängt werden, dem Organ oder der Einrichtung der Union, gegen das beziehungsweise die sich das von ihm geführte Verfahren richtet, Gelegenheit geben muss, sich zu den von ihm erhobenen Einwänden zu äußern. Um das Recht auf eine gute Verwaltung und die Verteidigungsrechte, so wie diese in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union („Charta“) verankert sind, einschließlich des Rechts jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird, wirksam zu wahren, ist es deshalb wichtig, in der Geschäftsordnung des EDSB klare Regeln über die Ausübung dieser Rechte vorzusehen.

(4)

Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter sollten Gelegenheit haben, ihre Ansichten zu äußern, bevor der EDSB eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme trifft. Deshalb sollte in der Geschäftsordnung des EDSB vorgesehen sein, dass der EDSB eine vorläufige Bewertung verfasst und diese dem Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter, gegen den sich das vom EDSB durchgeführte Verfahren richtet, mitteilt, bevor der EDSB einen Beschluss fasst, der die Feststellung eines Verstoßes gegen die Verordnung oder jeglichen sonstigen Unionsrechtsakt über den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Organe oder Einrichtungen der Union enthält, oder aber in der Verordnung vorgesehene Abhilfebefugnisse ausübt oder eine Geldbuße verhängt oder Befugnisse gegenüber der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol), der Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) oder der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) ausübt.

(5)

Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter sollten Gelegenheit haben, ihre Ansichten zu äußern, bevor der EDSB eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme trifft. In der Geschäftsordnung des EDSB sollten deshalb die Situationen angegeben sein, in denen der EDSB eine vorläufige Bewertung verfassen und diese dem Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter, gegen den sich das vom EDSB durchgeführte Verfahren richtet, mitteilen sollte.

(6)

In gleicher Weise sollten Beschwerdeführer Gelegenheit haben, ihre Ansichten zu äußern, bevor der EDSB eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme trifft. In der Geschäftsordnung des EDSB sollten deshalb die Situationen angegeben sein, in denen der EDSB eine vorläufige Bewertung verfassen und diese dem Beschwerdeführer mitteilen sollte.

(7)

Die vorläufige Bewertung stellt eine wesentliche Verfahrensgarantie dar, die sicherstellt, dass das Recht, gehört zu werden, gewahrt wird. Die in eine solche vorläufige Bewertung aufzunehmenden Elemente sollten deshalb in der Geschäftsordnung des EDSB niedergelegt werden. Da die Elemente in Fällen, in denen der EDSB eine Geldbuße zu verhängen beabsichtigt, andere sind, sollten in der Geschäftsordnung des EDSB auch die Elemente niedergelegt sein, die in solchen Fällen in die vorläufige Bewertung aufzunehmen sind.

(8)

Zum Schutz im Unions- oder mitgliedstaatlichen Recht genannter Interessen kann es erforderlich sein, die in die vorläufige Bewertung aufzunehmenden Informationen in Grenzen zu halten. Zu diesen Interessen zählen die nationale Sicherheit, die öffentliche Sicherheit oder die Landesverteidigung der Mitgliedstaaten; die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung und Verfolgung von Straftaten oder die Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit; sonstige wichtige Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaats, insbesondere die Ziele der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union oder ein wichtiges wirtschaftliches oder finanzielles Interesse der Union oder eines Mitgliedstaats, etwa im Währungs-, Haushalts- und Steuerbereich sowie im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der sozialen Sicherheit; die innere Sicherheit der Organe und Einrichtungen der Union einschließlich ihrer elektronischen Kommunikationsnetze; der Schutz der Unabhängigkeit der Justiz und der Schutz von Gerichtsverfahren; die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung und Verfolgung von Verstößen gegen die berufsständischen Regeln reglementierter Berufe; Kontroll-, Überwachungs-, und Ordnungsfunktionen, die dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind; der Schutz der betroffenen Person oder der Rechte und Freiheiten anderer Personen; die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche; die Vermeidung der Behinderung behördlicher oder gerichtlicher Ermittlungen, Untersuchungen oder Verfahren; die Vermeidung der Beeinträchtigung der Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung oder Verfolgung von Straftaten oder die Strafvollstreckung. Sonstige Interessen sind berechtigte Interessen der Vertraulichkeit und des Berufs- sowie des Geschäftsgeheimnisses. Die Geschäftsordnung des EDSB sollte deshalb spezifische Bezugnahmen auf diese Interessen sowie Vorgaben für die Informationen enthalten, die dem Beschwerdeführer mitzuteilen sind.

(9)

Im Anschluss an die Mitteilung der vorläufigen Bewertung sollte dem Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter bzw. dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme gegen werden. Der EDSB sollte sich deshalb Regeln dazu geben, wann dem Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter bzw. dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben wird, gehört zu werden, und innerhalb welcher Frist von dieser Gelegenheit Gebrauch gemacht werden kann.

(10)

Das Recht auf Akteneinsicht ist Teil der Verteidigungsrechte und des Rechts auf eine gute Verwaltung, so wie diese in der Charta verankert sind. Unter Umständen mag jedoch zum Schutz im Unions- oder mitgliedstaatlichen Recht genannter Interessen eine Beschränkung des Zugangs zur Akte des EDSB erforderlich sein, und dem sollte in der Geschäftsordnung des EDSB Rechnung getragen werden.

(11)

Zur Aufrechterhaltung einer fairen Entscheidungsfindung sollte in der Geschäftsordnung des EDSB klargestellt werden, dass Beschlüsse des EDSB ausschließlich auf Feststellungen und Maßnahmen gestützt sein sollten, zu denen dem Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter bzw. dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt wurde, ausgenommen in Fällen, die zum Schutz in Unions- oder mitgliedstaatlichem Recht genannter Interessen einer Begrenzung unterliegen.

(12)

Um einheitlich sicherzustellen, dass in jeder rechtsverbindlichen Maßnahme des EDSB auf das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf hingewiesen wird, sollte in der Geschäftsordnung des EDSB vorgesehen sein, dass der EDSB den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter bzw. den Beschwerdeführer im Entscheidungstext auf dessen Recht hinweisen muss, gemäß Artikel 263 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage gegen den Beschluss zu erheben —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Artikel 18 der Geschäftsordnung des EDSB vom 15. Mai 2020 erhält folgende Fassung:

„Artikel 18

Vorläufige Bewertung und Recht auf Anhörung

1.   Vor Erlass eines Beschlusses,

a)

mit dem eine Verletzung der Verordnung oder sonstiger Rechtsakte der Union zum Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch ein Organ oder eine Einrichtung der Union festgestellt wird; oder

b)

mit dem Abhilfebefugnisse im Sinne von Artikel 58 Absatz 2 der Verordnung ausgeübt werden; oder

c)

mit dem eine Geldbuße gemäß den Artikeln 58 Absatz 2 Buchstabe i und 66 der Verordnung oder gemäß Artikel 43 Absatz 3 Buchstabe l der Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates (*1) verhängt wird;

d)

mit dem Befugnisse gemäß Artikel 43 Absatz 3 Buchstaben b, c, d, e, f, g, j und k der Verordnung (EU) 2016/794 gegen die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) ausgeübt werden; oder

e)

mit dem Befugnisse gemäß Artikel 85 Absatz 3 Buchstaben b, d und e der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates (*2) gegen die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) ausgeübt werden; oder

f)

mit dem Befugnisse gemäß Artikel 40 Absatz 3 Buchstaben b, d und e der Verordnung (EU) 2018/1727 des Europäischen Parlaments und des Rates (*3) gegen die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) ausgeübt werden;

verfasst der EDSB eine vorläufige Bewertung und teilt diese dem Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter (‚Verantwortlicher oder Auftragsverarbeiter‘) mit, gegen den sich das vom EDSB durchgeführte Verfahren richtet.

2.   Vor Erlass eines Beschlusses in Fällen, in denen der EDSB eine Beschwerde teilweise oder ganz abzulehnen beabsichtigt, die eingelegt wurde gemäß

a)

den Artikeln 63 und 68 der Verordnung oder

b)

Artikel 47 der Verordnung (EU) 2016/794 oder

c)

Artikel 88 der Verordnung (EU) 2017/1939 oder

d)

Artikel 43 der Verordnung (EU) 2018/1727

verfasst der EDSB eine vorläufige Bewertung und teilt diese dem Beschwerdeführer mit.

3.   Die vorläufige Bewertung enthält:

a)

die relevanten Tatsachenfeststellungen und Bezugnahmen auf Beweismittel, auf die der EDSB seinen Beschluss zu stützen beabsichtigt;

b)

die erste rechtliche Bewertung des Sachverhalts durch den EDSB sowie alle Vorwürfe bezüglich der Verletzung einschlägiger Datenschutzvorschriften; sowie

c)

jegliche vom EDSB unter Berücksichtigung erschwerender oder mildernder Umstände in Betracht gezogenen Abhilfebefugnisse.

4.   Abweichend von Absatz 3 enthält die vorläufige Bewertung in Fällen der Anwendung von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c lediglich die relevanten Elemente, auf die der EDSB die Entscheidung über die Verhängung einer Geldbuße sowie die Entscheidung über den Betrag der Geldbuße zu stützen beabsichtigt, wobei die in Artikel 66 Absatz 1 der Verordnung aufgeführten Umstände berücksichtigt werden.

5.   Der EDSB kann die Informationen, die dem Beschwerdeführer in der vorläufigen Bewertung gemäß den Absätzen 2 und 3 mitgeteilt werden, beschränken, um Interessen zu schützen, die in

a)

Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung oder

b)

Artikel 79 Absatz 3, Artikel 81 Absatz 1 oder Artikel 84 Absatz 2 der Verordnung oder

c)

Artikel 58 Absatz 3, Artikel 60 Absatz 1 und Artikel 61 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2017/1939 aufgeführt sind, oder

d)

um jegliche sonstigen Interessen der Vertraulichkeit und des Berufs- sowie des Geschäftsgeheimnisses zu schützen.

In solchen Fällen informiert der EDSB den Beschwerdeführer zumindest über den oder die Teile der Beschwerde, die er abzulehnen beabsichtigt, sowie über die Rechtfertigung für die Anwendung der im ersten Unterabsatz genannten Beschränkungen. In Fällen der Informationsbeschränkung wegen in Unterabsatz 1 Buchstaben b und c genannter Interessen kann der EDSB von Angaben dazu, weshalb die Vornahme der Beschränkungen gerechtfertigt ist, absehen, wenn deren Mitteilung diese Interessen untergraben würde. In derartigen Fällen informiert der EDSB den Beschwerdeführer gemäß Artikel 84 Absatz 3 der Verordnung und Artikel 62 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2017/1939.

6.   Der EDSB gibt dem Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter bzw. dem Beschwerdeführer Gelegenheit, zur Feststellung eines Verstoßes gegen die Verordnung oder einen sonstigen Rechtsakt der Union zum Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch ein Organ oder eine Einrichtung der Union und/oder zur Ausübung von Abhilfebefugnissen oder zur Verhängung einer Geldbuße bzw. zur Absicht des EDSB, die Beschwerde teilweise oder ganz abzulehnen, Stellung zu nehmen. Der EDSB setzt unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit der Sache eine Frist, innerhalb derer der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter bzw. der Beschwerdeführer schriftlich Stellung nehmen können.

7.   Der EDSB kann die Akteneinsicht beschränken, soweit dies zum Schutz oben in Absatz 5 genannter Interessen erforderlich ist.

8.   Beschlüsse des EDSB sind ausschließlich auf Feststellungen und Maßnahmen zu stützen, zu denen der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter bzw. der Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, es sei denn, es handelt sich um Fälle, in denen die Absätze 5 und 7 Anwendung finden.

9.   Der EDSB teilt dem Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter bzw. dem Beschwerdeführer im Text seiner Entscheidung mit, dass sie gemäß Artikel 263 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union das Recht haben, gegen den Beschluss beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage zu erheben.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 18. Juli 2024.

Für den EDSB

Wojciech Rafał WIEWIÓROWSKI

Europäischer Datenschutzbeauftragter


(1)   ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39.

(2)  Entscheidung des Europäischen Datenschutzbeauftragten vom 15. Mai 2020 zur Annahme der Geschäftsordnung des EDSB (ABl. L 204, 26.6.2020, S. 49).


ELI: http://data.europa.eu/eli/proc_rules/2024/2022/oj

ISSN 1977-0642 (electronic edition)


Top