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Document 32022D2349

Beschluss (EU) 2022/2349 des Rates vom 21. November 2022 über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen im Namen der Europäischen Unionüber ein Übereinkommen des Europarats über künstliche Intelligenz, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

ST/14173/2022/INIT

OJ L 311, 2.12.2022, p. 138–141 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2022/2349/oj

2.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 311/138


BESCHLUSS (EU) 2022/2349 DES RATES

vom 21. November 2022

über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen im Namen der Europäischen Unionüber ein Übereinkommen des Europarats über künstliche Intelligenz, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114 in Verbindung mit Artikel 218 Absätze 3 und 4,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Im Jahr 2021 hat das Ministerkomitee des Europarates einen Ausschuss für künstliche Intelligenz (Committee on Artificial Intelligence, CAI) für den Zeitraum 2022-2024 eingerichtet, dessen Aufgabe es ist, einen internationalen Verhandlungsprozess zur Aufstellung eines Rechtsrahmens für die Konzeption, Entwicklung und Anwendung künstlicher Intelligenz (KI) einzuleiten, der auf den Normen des Europarats für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit beruht und Innovationen fördert.

(2)

Am 30. Juni 2022 hat das Ministerkomitee des Europarates das CAI damit beauftragt, auf der Grundlage der Normen des Europarats für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gemäß seinem Mandat rasch ein rechtsverbindliches Instrument bereichsübergreifender Art, entweder ein Übereinkommen oder ein Rahmenübereinkommen“ über KI auszuarbeiten, dessen Schwerpunkt auf allgemeinen gemeinsamen Grundsätzen liegt, das der Innovation förderlich ist und der Beteiligung von Drittstaaten offensteht, wobei andere einschlägige internationale Rechtsrahmen, die bereits bestehen oder gerade entwickelt werden, zu berücksichtigen sind.

(3)

Anschließend hat der Vorsitz des CAI einen Vorentwurf für ein Übereinkommen oder ein Rahmenübereinkommen des Europarats über künstliche Intelligenz, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit (im Folgenden „Übereinkommen“) vorgeschlagen. Dieser Vorentwurf enthält Bestimmungen über Zweck und Gegenstand, Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen, wesentliche Grundsätze sowie Verfahrensgarantien und Rechte, die für alle KI-Systeme unabhängig von ihrem Risikoniveau gelten, zusätzliche Maßnahmen für KI-Systeme im öffentlichen Sektor und für KI-Systeme, die ein „unannehmbares“ bzw. „erhebliches“ Risiko bergen, und einen Follow-up- und Kooperationsmechanismus; Schlussbestimmungen, einschließlich der Möglichkeit, dass die Union einem solchen Übereinkommen beitreten kann, und eine in Ausarbeitung befindliche Anlage über eine Methodik für die Risiko- und Folgenabschätzung in Bezug auf KI-Systeme.

(4)

Die Union hat gemeinsame Regeln angenommen, auf die sich die für das Übereinkommen erwogenen Elemente auswirken werden. Zu diesen Elementen gehören insbesondere ein umfassendes Regelwerk im Bereich des Binnenmarkts für Produkte (1) und Dienstleistungen (2),für die KI-Systeme verwendet werden können, sowie Sekundärrecht der Union (3) zur Umsetzung der Charta der Grundrechte der EU (4), denn es ist wahrscheinlich, dass diese Rechte unter bestimmten Umständen durch die Entwicklung und Verwendung bestimmter KI-Systeme beeinträchtigt werden.

(5)

Überdies hat die Kommission am 21. April 2021 einen Legislativvorschlag für eine Verordnung zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für KI vorgelegt, über den derzeit im Europäischen Parlament und im Rat verhandelt wird. Das Übereinkommen überschneidet sich in seinem Anwendungsbereich weitgehend mit dem Legislativvorschlag, denn mit beiden Instrumenten sollen Vorschriften für die Konzeption, Entwicklung und Anwendung von KI-Systemen festgelegt werden, die von öffentlichen oder privaten Einrichtungen angeboten und verwendet werden.

(6)

Daher kann der Abschluss des Übereinkommens im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bestehende und vorhersehbare künftige gemeinsame Regeln der Union beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern.

(7)

Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss des Übereinkommens im Hinblick auf Angelegenheiten, die unter die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen, sollten aufgenommen werden, um die Integrität des Unionsrechts zu schützen und den Fortbestand der Kohärenz zwischen den Regeln des Völkerrechts und denen des Unionsrechts sicherzustellen.

(8)

Es ist möglich, dass mit dem Übereinkommen hohe internationale Standards für die Regulierung von KI festgelegt werden, die sich auf die Menschenrechte, das Funktionieren der Demokratie und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit auswirken, insbesondere vor dem Hintergrund der bereits vom Europarat in diesem Bereich geleisteten Arbeit.

(9)

Dieser Beschluss sollte die Teilnahme der Mitgliedstaaten an den Verhandlungen über das Übereinkommen und jede spätere Entscheidung der Mitgliedstaaten über den Abschluss, die Unterzeichnung oder die Ratifizierung des Übereinkommens oder die Teilnahme der Mitgliedstaaten an Verhandlungen über den Beitritt der Union zu dem Übereinkommen unberührt lassen.

(10)

Die nationale Sicherheit fällt weiterhin gemäß Artikel 4 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) in die alleinige Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten. Bei der Umsetzung des Übereinkommens ist es Sache der Mitgliedstaaten, gemäß Artikel 216 Absatz 2 AEUV ihre wesentlichen Sicherheitsinteressen festzulegen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ihre innere und äußere Sicherheit zu gewährleisten, ohne das Unionsrecht unanwendbar zu machen oder sie von ihrer Verpflichtung zur Einhaltung des Unionsrechts zu befreien.

(11)

Alle Mitgliedstaaten sind auch Mitglieder des Europarats. Angesichts dieser besonderen Situation sollten die bei den Verhandlungen über das Übereinkommen anwesenden Mitgliedstaaten nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gemäß Artikel 4 Absatz 3 EUV und unter uneingeschränkter gegenseitiger Achtung den Verhandlungsführer der Union bei der Erfüllung der Aufgaben unterstützen, die sich aus den Verträgen ergeben.

(12)

Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) angehört und hat am 13. Oktober 2022 eine Stellungnahme abgegeben (6) —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Die Kommission wird ermächtigt, im Namen der Union im Hinblick auf Angelegenheiten, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen, Verhandlungen über ein Übereinkommen des Europarats über künstliche Intelligenz, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit aufzunehmen.

(2)   Die Verhandlungen werden auf der Grundlage der im Addendum zu diesem Beschlusses festgelegten Verhandlungsrichtlinien des Rates geführt, die je nach Verlauf der Verhandlungen wie jeweils angemessen überarbeitet und weiterentwickelt werden können.

Artikel 2

Die in Artikel 1 genannten Verhandlungen werden im Benehmen mit der Gruppe „Telekommunikation und Informationsgesellschaft“ geführt, die als Sonderausschuss im Sinne des Artikels 218 Absatz 4 AEUV bestellt wird.

Die Kommission erstattet dem in Absatz 1 genannten Sonderausschuss regelmäßig über die gemäß diesem Beschluss unternommenen Schritte Bericht und konsultiert ihn regelmäßig.

Auf Ersuchen des Rates erstattet die Kommission dem Rat — auch schriftlich — Bericht über den Verlauf und die Ergebnisse der Verhandlungen.

Soweit der Gegenstand der Verhandlungen teilweise in die Zuständigkeit der Union und teilweise in die Zuständigkeit ihrer Mitgliedstaaten fällt, arbeiten die Kommission und die Mitgliedstaaten während der Verhandlungen eng zusammen, damit die Union und ihre Mitgliedstaaten nach außen geschlossen auftreten.

Artikel 3

Dieser Beschluss ist an die Kommission gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 21. November 2022.

Im Namen des Rates

Der Präsident

Z. NEKULA


(1)  Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ABl. L 210 vom 7.8.1985, S. 29); Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit (ABl. L 11 vom 15.1.2002, S. 4), Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (ABl. L 157 vom 9.6.2006, S. 24); Richtlinie 2009/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Sicherheit von Spielzeug (ABl. L 170 vom 30.6.2009, S. 1); Richtlinie 2014/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/5/EG (ABl. L 153 vom 22.5.2014, S. 62); Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1); Verordnung (EU) 2019/2144 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge im Hinblick auf ihre allgemeine Sicherheit und den Schutz der Fahrzeuginsassen und von ungeschützten Verkehrsteilnehmern, zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 78/2009, (EG) Nr. 79/2009 und (EG) Nr. 661/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnungen (EG) Nr. 631/2009, (EU) Nr. 406/2010, (EU) Nr. 672/2010, (EU) Nr. 1003/2010, (EU) Nr. 1005/2010, (EU) Nr. 1008/2010, (EU) Nr. 1009/2010, (EU) Nr. 19/2011, (EU) Nr. 109/2011, (EU) Nr. 458/2011, (EU) Nr. 65/2012, (EU) Nr. 130/2012, (EU) Nr. 347/2012, (EU) Nr. 351/2012, (EU) Nr. 1230/2012 und (EU) 2015/166 der Kommission (ABl. L 325 vom 16.12.2019, S. 1).

(2)  Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1); Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36);Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66).

(3)  Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22); Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16); Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37); Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1); Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89);

(4)  Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 326 vom 26.10.2012, S. 391).

(5)  Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).

(6)  Stellungnahme 20/2022 des Europäische Datenschutzbeauftragten zur Empfehlung für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen im Namen der Europäischen Union über ein Übereinkommen des Europarats über künstliche Intelligenz, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).


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