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Document 32020R2034

Delegierte Verordnung (EU) 2020/2034 der Kommission vom 6. Oktober 2020 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 376/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das gemeinsame europäische Risikoklassifizierungssystem (Text von Bedeutung für den EWR)

C/2020/6763

OJ L 416, 11.12.2020, p. 1–10 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/reg_del/2020/2034/oj

11.12.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 416/1


DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2020/2034 DER KOMMISSION

vom 6. Oktober 2020

zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 376/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das gemeinsame europäische Risikoklassifizierungssystem

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 376/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Meldung, Analyse und Weiterverfolgung von Ereignissen in der Zivilluftfahrt, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnungen (EG) Nr. 1321/2007 und (EG) Nr. 1330/2007 der Kommission (1), insbesondere auf Artikel 7 Absatz 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Kommission hat in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und der Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (im Folgenden die „Agentur“) über das Netz von Luftfahrt-Sicherheitsanalysten eine Methode für die Klassifizierung von Ereignissen nach ihrem Sicherheitsrisiko entwickelt‚ wobei dem Erfordernis der Vereinbarkeit mit bestehenden Risikoklassifizierungssystemen Rechnung getragen wurde. Das gemeinsame europäische Risikoklassifizierungssystem („ERCS“) wurde entsprechend der in Artikel 7 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 376/2014 gesetzten Frist bis zum 15. Mai 2017 entwickelt. Das ERCS sollte nun in der vorliegenden Verordnung festgelegt werden.

(2)

Es soll die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und die Agentur bei der Bewertung von Ereignissen unterstützen und sein Hauptzweck sollte darin bestehen, das von einem Ereignis ausgehende Risiko für die Flugsicherheit auf harmonisierte Weise festzustellen und zu klassifizieren. Sein Zweck sollte nicht darin bestehen, die Folgen des Ereignisses zu ermitteln.

(3)

Das ERCS sollte auch die Bestimmung von Sofortmaßnahmen ermöglichen, die als Reaktion auf Sicherheitsereignisse mit hohem Risiko(grad) benötigt werden. Es sollte ferner bei der Betrachtung aggregierter Informationen die Möglichkeit bieten, die Hauptrisikobereiche zu ermitteln und deren jeweilige Risikoniveaus zu bestimmen und miteinander zu vergleichen.

(4)

Das ERCS sollte ein integriertes und einheitliches Vorgehen beim Risikomanagement in der gesamten europäischen Luftfahrt erleichtern und es damit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und der Agentur ermöglichen, sich im Rahmen des in Artikel 6 der Verordnung (EU) 2018/1139 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) genannten Europäischen Plans für Flugsicherheit auf harmonisierte Anstrengungen zur Verbesserung der Sicherheit zu konzentrieren.

(5)

In der Durchführungsverordnung (EU) 2019/317 der Kommission zur Festlegung eines Leistungssystems und einer Gebührenregelung für den einheitlichen europäischen Luftraum (3) sind die Raten des Eindringens von Objekten in den Bereich der Start- und Landebahn sowie der Nichteinhaltung der Mindeststaffelung auf Unionsebene mit einer Auswirkung auf die Sicherheit als die Indikatoren festgelegt, die während des dritten Bezugszeitraums (RP3), der sich auf die Kalenderjahre 2020 bis einschließlich 2024 erstreckt, jährlich zu überwachen sind. Die vorliegende Verordnung sollte ab dem 1. Januar 2021 angewendet werden, um die Anwendung des ERCS und den Beginn des zweiten jährlichen Überwachungszeitraums des RP3 aufeinander abzustimmen und die harmonisierte Bewertung von Ereignissen zu gewährleisten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

In dieser Verordnung wird das gemeinsame europäische Risikoklassifizierungssystem (ERCS) zur Bestimmung des Sicherheitsrisikos eines Ereignisses festgelegt.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.

„europäisches Risikoklassifizierungssystem“ oder „ERCS“: die Methode zur Bewertung des von einem Ereignis ausgehenden Risikos für die Zivilluftfahrt in Form eines Sicherheitsrisikowertes;

2.

„ERCS-Matrix“: ein aus den in Artikel 3 Absatz 3 beschriebenen Variablen bestehendes Raster, das der Veranschaulichung des Sicherheitsrisikowertes dient;

3.

„Sicherheitsrisikowert“: das Ergebnis der Risikoklassifizierung eines Ereignisses aus der Kombination der Werte der in Artikel 3 Absatz 3 beschriebenen Variablen;

4.

„Hochrisikogebiet“: ein Gebiet, in dem der Absturz eines Luftfahrzeugs aufgrund der Art der Tätigkeiten in diesem Gebiet, z. B. kerntechnische oder chemische Anlagen, zahlreiche Verletzungen verursachen oder Todesopfer fordern würde oder beides;

5.

„besiedeltes Gebiet“: ein ständig von Menschen bewohntes Gebiet mit konzentrierter oder verstreuter Bebauung, z. B. Stadt, Siedlung, Gemeinde oder Dorf;

6.

„lebensverändernde Verletzung“: eine Verletzung, die die Lebensqualität einer Person durch eingeschränkte Mobilität oder eingeschränkte kognitive oder körperliche Fähigkeiten im Alltag beeinträchtigt.

Artikel 3

Gemeinsames europäisches Risikoklassifizierungssystem

(1)   Das ERCS ist im Anhang dieser Verordnung festgelegt.

(2)   Das ERCS behandelt das Sicherheitsrisiko eines Ereignisses und nicht dessen tatsächliche Folgen. Bei der Bewertung jedes Ereignisses wird die ungünstigste der wahrscheinlichen Unfallfolgen, zu der das Ereignis hätte führen können, und die Wahrscheinlichkeit des Eintretens dieser Unfallfolge bestimmt.

(3)   Das ERCS basiert auf der ERCS-Matrix, die aus den beiden folgenden Variablen besteht:

a)

Schwere: Ermittlung der ungünstigsten Unfallfolge, die eingetreten wäre, wenn das zu bewertende Ereignis zu einem Unfall geführt hätte;

b)

Wahrscheinlichkeit: Ermittlung der Wahrscheinlichkeit, dass durch das zu bewertende Ereignis die in Buchstabe a genannte ungünstigste Unfallfolge eintritt.

Artikel 4

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. Januar 2021.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 6. Oktober 2020

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)  ABl. L 122 vom 24.4.2014, S. 18.

(2)  Verordnung (EU) 2018/1139 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2018 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit sowie zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2111/2005, (EG) Nr. 1008/2008, (EU) Nr. 996/2010, (EU) Nr. 376/2014 und Richtlinien 2014/30/EU und 2014/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 552/2004 und (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 des Rates (ABl. L 212 vom 22.8.2018, S. 1).

(3)  Durchführungsverordnung (EU) 2019/317 der Kommission vom 11. Februar 2019 zur Festlegung eines Leistungssystems und einer Gebührenregelung für den einheitlichen europäischen Luftraum und zur Aufhebung der Durchführungsverordnungen (EU) Nr. 390/2013 und (EU) Nr. 391/2013 (ABl. L 56 vom 25.2.2019, S. 1).


ANHANG

Das gemeinsame europäische Risikoklassifizierungssystem (ERCS)

Das ERCS umfasst folgende zwei Stufen:

 

STUFE 1: Ermittlung der Werte der zwei Variablen „Schwere“ und „Wahrscheinlichkeit“.

 

STUFE 2: Bewertung des Sicherheitsrisikos in der ERCS-Matrix anhand der Werte, die für die zwei Variablen ermittelt wurden.

STUFE 1: ERMITTLUNG DER WERTE DER VARIABLEN:

1.   Schwere der potenziellen Unfallfolge

1.1.   Ermittlung

Die Ermittlung der Schwere der potenziellen Unfallfolge erfolgt in folgenden zwei Schritten:

a)

Bestimmung der wahrscheinlichsten Unfallart, in die das zu bewertende Ereignis eskalieren könnte (sogenannter Hauptrisikobereich);

b)

Bestimmung der Größenordnung der potenziellen Opferzahl aufgrund der Größe des Luftfahrzeugs und der Nähe zu bewohnten Gebieten oder Hochrisikogebieten.

Die Hauptrisikobereiche sind:

a.

Zusammenstoß in der Luft: ein Zusammenstoß zwischen zwei Luftfahrzeugen oder zwischen Luftfahrzeugen und anderen Objekten in der Luft (ausgenommen Vögel und Wildtiere);

b.

gestörter Flugzustand des Luftfahrzeugs: ein unerwünschter Zustand des Luftfahrzeugs, der durch unbeabsichtigte Abweichungen von den normalerweise während des Flugbetriebs auftretenden Parametern gekennzeichnet ist, was letztlich zu einer unkontrollierten Bodenberührung führen könnte;

c.

Zusammenstoß auf der Piste: ein Zusammenstoß zwischen einem Luftfahrzeug und einem anderen Objekt (anderes Luftfahrzeug, Fahrzeuge usw.) oder einer Person, der sich auf der Piste eines Flugplatzes oder in einem anderen vorab ausgewiesenen Landebereich ereignet. Ausgenommen sind Zusammenstöße mit Vögeln oder Wildtieren;

d.

Abkommen von der Piste: ein Ereignis, bei dem ein Luftfahrzeug die Piste oder die Bewegungsfläche eines Flugplatzes oder die Landefläche eines anderen vorab ausgewiesenen Landebereichs verlässt, ohne vom Boden abzuheben. Dazu zählen auch vertikale Landungen von Drehflüglern oder VTOL-Luftfahrzeugen, Ballonen oder Luftschiffen mit schwerem Aufprall;

e.

Brand-/Rauchentwicklung, Druckbelüftung: ein Ereignis, bei dem Brand-, Rauch-, Gas- oder Druckverhältnisse auftreten, die zu einer Gefahr für das menschliche Leben werden können. Dazu zählen Brand-, Rauch- oder Gasereignisse, die einen Teil des Luftfahrzeugs während des Fluges oder am Boden betreffen und nicht auf mechanische Einwirkung oder böswillige Handlungen zurückzuführen sind;

f.

Beschädigung am Boden: Schäden an Luftfahrzeugen, die durch den Betrieb eines Luftfahrzeugs am Boden außerhalb der Piste oder eines vorab ausgewiesenen Landebereichs entstehen, sowie Schäden während der Instandhaltung;

g.

Zusammenstoß mit Hindernissen während des Flugs: Zusammenstoß eines fliegenden Luftfahrzeugs mit vom Boden aufragenden Hindernissen. Hindernisse sind u. a. hohe Gebäude, Bäume, Stromleitungen, Telefonkabel und Antennen sowie befestigte Objekte;

h.

Bodenberührung: ein Ereignis, bei dem ein fliegendes Luftfahrzeug den Boden berührt ohne Hinweise darauf, dass die Flugbesatzung nicht in der Lage war, das Luftfahrzeug zu kontrollieren. Dazu zählen auch Fälle, in denen die Flugbesatzung durch optische Täuschungen oder schlechte Sicht beeinträchtigt wird;

i.

sonstige Verletzungen: ein Ereignis, bei dem tödliche oder nicht tödliche Verletzungen verursacht wurden und das keinem anderen der Hauptrisikobereiche zugeordnet werden kann;

j.

Sicherheit: unrechtmäßige Eingriffe in die Zivilluftfahrt. Dazu zählen alle Störungen und Verstöße im Zusammenhang mit der Überwachung und dem Schutz, der Zugangskontrolle, der Durchleuchtung und der Durchführung von Sicherheitskontrollen sowie alle sonstigen Handlungen, durch die Luftfahrzeuge und Vermögenswerte auf böswillige oder mutwillige Weise zerstört werden sollen und die eine Gefährdung der Zivilluftfahrt und ihrer Einrichtungen oder einen unrechtmäßigen Eingriff in diese darstellen. Dies umfasst sowohl für die physische Sicherheit als auch die Cybersicherheit relevante Vorfälle.

Die potenzielle Opferzahl wird wie folgt eingestuft:

a)

mehr als 100 potenzielle Todesopfer, wenn das zu bewertende Ereignis mindestens eines von Folgendem betrifft:

ein zertifiziertes großes Luftfahrzeug mit möglicherweise mehr als 100 Passagieren an Bord;

ein Frachtluftfahrzeug gleichwertiger Größe;

ein Luftfahrzeug gleich welchen Typs in einem dicht besiedelten Gebiet, einem Hochrisikogebiet oder beidem;

jede Situation unter Beteiligung eines Luftfahrzeugs gleich welchen Typs, bei der mehr als 100 Personen tödlich verletzt werden könnten;

b)

zwischen 20 und 100 potenzielle Todesopfer, wenn das zu bewertende Ereignis mindestens eines von Folgendem betrifft:

ein zertifiziertes mittleres Luftfahrzeug mit möglicherweise 20 bis 100 Passagieren an Bord oder ein Frachtluftfahrzeug gleichwertiger Größe;

jede Situation, bei der 20 bis 100 Personen tödlich verletzt werden könnten;

c)

zwischen 2 und 19 potenzielle Todesopfer, wenn das zu bewertende Ereignis mindestens eines von Folgendem betrifft:

ein zertifiziertes kleines Luftfahrzeug mit möglicherweise bis zu 19 Passagieren an Bord;

ein Frachtluftfahrzeug gleichwertiger Größe;

jede Situation, bei der 2 bis 19 Personen tödlich verletzt werden könnten;

d)

1 potenzielles Todesopfer, wenn das zu bewertende Ereignis mindestens eines von Folgendem betrifft:

ein nicht zertifiziertes Luftfahrzeug, d. h. ein Luftfahrzeug, das nicht den Zertifizierungsanforderungen der Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit unterliegt;

jede Situation, bei der eine Person tödlich verletzt werden könnte;

e)

0 potenzielle Todesopfer, wenn bei dem zu bewertenden Ereignis Personen verletzt, aber nicht getötet werden, unabhängig von der Anzahl leichter und schwerer Verletzungen.

1.2   Bestimmung

Die Schwere des Unfalls wird durch einen der folgenden Schweregrade ausgedrückt:

„A“: ein Unfall ist unwahrscheinlich;

„E“: ein Unfall mit leichten und schweren (nicht lebensverändernden) Verletzungen oder geringfügigen Schäden am Luftfahrzeug;

„I“: ein Unfall mit einem Todesopfer, einer lebensverändernden Verletzung oder erheblichen Schäden am Luftfahrzeug;

„M“: ein schwerer Unfall mit einer begrenzten Anzahl von Todesopfern, lebensverändernden Verletzungen oder der Zerstörung des Luftfahrzeugs;

„S“: ein signifikanter Unfall, bei dem Personen getötet oder verletzt werden können;

X“: ein extremer katastrophaler Unfall, bei dem eine große Anzahl von Personen zu Tode kommen kann.

Der Schweregrad ergibt sich aus der Kombination des Hautrisikobereichs und der potenziellen Opferzahl gemäß folgender Tabelle:

HAUPTRISIKOBEREICH

KATEGORIE

SCHWEREGRAD

Zusammenstoß in der Luft

Mehr als 100 potenzielle Todesopfer

X

Zwischen 20 und 100 potenzielle Todesopfer

S

Zwischen 2 und 19 potenzielle Todesopfer

M

1 potenzielles Todesopfer

I

Gestörter Flugzustand des Luftfahrzeugs

Mehr als 100 potenzielle Todesopfer

X

Zwischen 20 und 100 potenzielle Todesopfer

S

Zwischen 2 und 19 potenzielle Todesopfer

M

1 potenzielles Todesopfer

I

Zusammenstoß auf der Piste

Mehr als 100 potenzielle Todesopfer

X

Zwischen 20 und 100 potenzielle Todesopfer

S

Zwischen 2 und 19 potenzielle Todesopfer

M

1 potenzielles Todesopfer

I

0 potenzielle Todesopfer

E

Abkommen von der Piste

Zwischen 20 und 100 potenzielle Todesopfer

S

Zwischen 2 und 19 potenzielle Todesopfer

M

1 potenzielles Todesopfer

I

0 potenzielle Todesopfer

E

Brand-/Rauchentwicklung, Druckbelüftung

Mehr als 100 potenzielle Todesopfer

X

Zwischen 20 und 100 potenzielle Todesopfer

S

Zwischen 2 und 19 potenzielle Todesopfer

M

1 potenzielles Todesopfer

I

Beschädigung am Boden

Zwischen 2 und 19 potenzielle Todesopfer

M

1 potenzielles Todesopfer

I

0 potenzielle Todesopfer

E

Zusammenstoß mit Hindernissen während des Flugs

Mehr als 100 potenzielle Todesopfer

X

Zwischen 20 und 100 potenzielle Todesopfer

S

Zwischen 2 und 19 potenzielle Todesopfer

M

1 potenzielles Todesopfer

I

Bodenberührung

Mehr als 100 potenzielle Todesopfer

X

Zwischen 20 und 100 potenzielle Todesopfer

S

Zwischen 2 und 19 potenzielle Todesopfer

M

1 potenzielles Todesopfer

I

Sonstige Verletzungen

Zwischen 20 und 100 potenzielle Todesopfer

S

Zwischen 2 und 19 potenzielle Todesopfer

M

1 potenzielles Todesopfer

I

0 potenzielle Todesopfer

E

Sicherheit

Mehr als 100 potenzielle Todesopfer

X

Zwischen 20 und 100 potenzielle Todesopfer

S

Zwischen 2 und 19 potenzielle Todesopfer

M

1 potenzielles Todesopfer

I

0 potenzielle Todesopfer

E

2.   Wahrscheinlichkeit der potenziellen Unfallfolge

Die Wahrscheinlichkeit des Eintretens der ungünstigsten Unfallfolge wird anhand des in Abschnitt 2.1 definierten Modells sogenannter Sicherheitsbarrieren („ERCS-Barrierenmodell“) ermittelt.

2.1.   ERCS-Barrierenmodell

Das ERCS-Barrierenmodell dient der Bewertung der Wirksamkeit (d. h. Anzahl und Stärke) der in der Tabelle in Abschnitt 2.1.1 festgelegten Barrieren im Sicherheitssystem, die nach dem tatsächlichen Ereignis noch verblieben sind und das Eintreten der ungünstigsten Unfallfolge abgewendet haben. Letztendlich soll mit dem ERCS-Barrierenmodell bestimmt werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit das zu bewertende Ereignis zu dem Unfall geführt hätte.

2.1.1   Barrieren

Das ERCS-Barrierenmodell umfasst 8 Barrieren, die in logischer Reihenfolge angeordnet sind und entsprechend der folgenden Tabelle gewichtet werden:

Nummer der Barriere

Barriere

Gewichtung der Barriere

1

„Konstruktion des Luftfahrzeugs, der Ausrüstung und der Infrastruktur“ (Aircraft, equipment and infrastructure design) umfasst Instandhaltung und Korrektur, Betriebsunterstützung und Vermeidung von Problemen im Zusammenhang mit technischen Faktoren, die zu einem Unfall führen könnten.

5

2

„Taktische Planung“ (Tactical planning) umfasst die organisatorische und individuelle Planung vor dem Flug oder andere betriebliche Tätigkeiten zur Unterstützung der Reduzierung von Unfallursachen und -faktoren.

2

3

„Vorschriften, Verfahren, Prozesse“ (Regulations, procedures, processes) umfasst wirksame, verständliche und verfügbare Vorschriften, Verfahren und Prozesse, die befolgt werden (ausgenommen die Anwendung von Verfahren für das Zurückführen in einen sicheren Flugzustand (Recovery Barriers)).

3

4

„Lageerfassung und Maßnahmen“ (Situational awareness and action) umfasst die Wachsamkeit des Menschen gegenüber betrieblichen Risiken, damit Betriebsgefahren erkannt und wirksame Unfallverhütungsmaßnahmen bestimmt werden können.

2

5

„Warnsysteme und Maßnahmen“ (Warning systems operation and action), die einen Unfall verhindern könnten und die ihren Zweck erfüllen, funktions- und einsatzfähig sind und angewandt werden.

3

6

„Verspätetes Zurückführen in einen sicheren Flugzustand nach einer potenziellen Unfallsituation“ (Late recovery from a potential accident situation)

1

7

„Absicherungen“ (Protections): nach einem Vorfall mindern immaterielle Barrieren oder Vorkehrungen das Folgenausmaß oder verhindern eine Eskalation des Ereignisses.

1

8

„Niedrigschwelliges Ereignis“ (low energy occurence) wird ebenso gewichtet wie „Absicherungen“, allerdings nur soweit es niedrigschwellige Hauptrisikobereiche betrifft (Beschädigung am Boden, Abkommen von der Piste, Verletzungen).

„Nicht zutreffend“(not applicable) für alle übrigen Hauptrisikobereiche.

1

2.1.2.   Wirksamkeit der Barrieren

Die Wirksamkeit der einzelnen Barrieren wird wie folgt eingestuft:

‚Stopped‘ („abgewendet“): wenn durch die Barriere der Unfall abgewendet wurde;

‚Remaining Known‘ („verblieben“): wenn bekannt ist, dass die Barriere zwischen dem zu bewertenden Ereignis und der potenziellen Unfallfolge noch besteht;

‚Remaining Assumed‘ („mutmaßlich verblieben“): wenn anzunehmen ist, dass die Barriere zwischen dem zu bewertenden Ereignis und der potenziellen Unfallfolge noch besteht;

Failed Known‘ („versagt“): wenn bekannt ist, dass die Barriere versagt hat;

„Failed Assumed“ („mutmaßlich versagt“): wenn anzunehmen ist, dass die Barriere versagt hat, auch wenn keine oder nur unzureichende Informationen vorliegen, um dies festzustellen;

‚Not Applicable‘ („nicht zutreffend“): wenn die Barriere keine Bedeutung für das zu bewertende Ereignis hat.

2.1.3   Bewertung der Barrieren

Die Barrieren sind in zwei Schritten zu bewerten:

Schritt 1: Die Feststellung, welche der in der Tabelle in Abschnitt 2.1.1 festgelegten Barrieren (1-8) ein Eskalieren des Ereignisses in die potenzielle Unfallfolge verhindert hat (sogenannte „Stopping Barrier“).

Schritt 2: Die Feststellung der Wirksamkeit der noch verbliebenen Barrieren gemäß Abschnitt 2.1.2. Die verbliebenen Barrieren sind diejenigen aus der Tabelle in Abschnitt 2.1.1, die zwischen der „Stopping Barrier“ und der potenziellen Unfallfolge noch vorhanden sind. Diejenigen Barrieren aus der Tabelle in Abschnitt 2.1.1, die sich vor der „Stopping Barrier“ befinden, haben keine Bedeutung für die Verhinderung des Unfalls und werden deshalb weder als „Stopped“ noch „Remaining“ eingestuft.

2.2.   Berechnung

Die Wahrscheinlichkeit der potenziellen Unfallfolge ist der sich aus folgenden Schritten ergebende Zahlenwert:

Schritt 1: Die Summe der Gewichtungen (1 bis 5) aller Barrieren gemäß der Tabelle in Abschnitt 2.1.1, die entweder mit ‚Stopped‘, ‚Remaining known‘ oder ‚Remaining assumed‘ bewertet wurden. Die mit ‚Failed‘ und ‚Not Applicable‘ bewerteten Barrieren zählen nicht für das Endergebnis, da diese Barrieren den Unfall nicht hätten verhindern können. Die einzelnen Gewichtungen werden summiert und ergeben einen Zahlenwert zwischen 0 und 18.

Schritt 2: Der Summe der Gewichtungen wird eine Barrierenpunktzahl zwischen 0 und 9 gemäß nachstehender Tabelle zugeordnet, die das gesamte Spektrum der noch verbliebenen, starken und schwachen Barrieren abdeckt.

Summe der Gewichtungen

Entsprechende Barrierenpunktzahl

0 Keine Barrieren mehr vorhanden. Ungünstigste Unfallfolge eingetreten.

0

1-2

1

3-4

2

5-6

3

7-8

4

9-10

5

11-12

6

13-14

7

15-16

8

17-18

9

STUFE 2: BEWERTUNG DES SICHERHEITSRISIKOS IN DER ERCS-MATRIX

Der Sicherheitsrisikowert ist zweistellig, wobei an erster Stelle der Buchstabe steht, der sich aus der Berechnung des Schweregrads (A bis X) des Ereignisses ergibt, und an zweiter Stelle der Zahlenwert aus der Berechnung der entsprechenden Punktzahl des Ereignisses (0 bis 9).

Der Sicherheitsrisikowert wird in die ERCS-Matrix eingetragen.

Jeder Sicherheitsrisikowert besitzt auch ein entsprechendes numerisches Äquivalent, das Aggregations- und Analysezwecken dient und im Abschnitt „Numerisches Äquivalent“ erläutert wird.

Die ERCS-Matrix gibt den Sicherheitsrisikowert und die entsprechenden mit dem Ereignis verbundenen Zahlenwerte folgendermaßen wieder:

Image 1

Um die Dringlichkeit der infolge des Ereignisses empfohlenen Maßnahmen besser einschätzen zu können, könnten zusätzlich zum Sicherheitsrisikowert in der ERCS-Matrix folgende drei Farben verwendet werden:

Farbe

ERCS-Wert

Bedeutung

ROT

X0, X1, X2, S0, S1, S2, M0, M1, I0

Hohes Risiko. Ereignisse mit dem höchsten Risiko.

GELB

X3, X4, S3, S4, M2, M3, I1, I2, E0, E1

Erhöhtes Risiko. Ereignisse mit mittlerem Risiko.

GRÜN

X5 bis X9, S5 bis S9, M4 bis M9, I3 bis I9, E2 bis E9

Ereignisse mit geringem Risiko

Der grüne Bereich der Matrix enthält die niedrigeren Risikowerte. Sie liefern Daten zur gründlichen Analyse sicherheitsrelevanter Ereignisse, die entweder einzeln oder zusammen mit anderen Vorfällen die Risikowerte solcher Ereignisse erhöhen könnten.

Numerisches Äquivalent

Jedem ERCS-Wert wird ein entsprechender Zahlenwert des Risikograds zugeordnet, um die Aggregation und numerische Analyse von mehreren Ereignissen, denen ein ERCS-Wert zugeordnet wurde, zu erleichtern:

ERCS-Wert

X9

X8

X7

X6

X5

X4

X3

X2

X1

X0

Entsprechender Zahlenwert

0,001

0,01

0,1

1

10

100

1000

10000

100000

1000000

ERCS-Wert

S9

S8

S7

S6

S5

S4

S3

S2

S1

S0

Entsprechender Zahlenwert

0,0005

0,005

0,05

0,5

5

50

500

5000

50000

500000

ERCS-Wert

M9

M8

M7

M6

M5

M4

M3

M2

M1

M0

Entsprechender Zahlenwert

0,0001

0,001

0,01

0,1

1

10

100

1000

10000

100000

ERCS-Wert

I9

I8

I7

I6

I5

I4

I3

I2

I1

I0

Entsprechender Zahlenwert

0,00001

0,0001

0,001

0,01

0,1

1

10

100

1000

10000

ERCS-Wert

E9

E8

E7

E6

E5

E4

E3

E2

E1

E0

Entsprechender Zahlenwert

0,000001

0,00001

0,0001

0,001

0,01

0,1

1

10

100

1000

Der entsprechende Zahlenwert in Spalte 10 und in Zeile A der Matrix ist 0.


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