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Document 32020R1303

Delegierte Verordnung (EU) 2020/1303 der Kommission vom 14. Juli 2020 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Kriterien, die die ESMA bei der Feststellung, ob eine in einem Drittstaat niedergelassene zentrale Gegenpartei für die Finanzstabilität der Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten Systemrelevanz hat oder wahrscheinlich erlangen wird, berücksichtigen sollte (Text von Bedeutung für den EWR)

C/2020/4892

OJ L 305, 21.9.2020, p. 7–12 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/reg_del/2020/1303/oj

21.9.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 305/7


DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2020/1303 DER KOMMISSION

vom 14. Juli 2020

zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Kriterien, die die ESMA bei der Feststellung, ob eine in einem Drittstaat niedergelassene zentrale Gegenpartei für die Finanzstabilität der Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten Systemrelevanz hat oder wahrscheinlich erlangen wird, berücksichtigen sollte

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (1), insbesondere auf Artikel 25 Absatz 2a Unterabsatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Bei der Bewertung des Systemrisikos, das von einer Drittstaaten-CCP für die Finanzstabilität der Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten ausgeht, sollte die ESMA ihre Entscheidung über die Anerkennung einer Drittstaaten-CCP als Tier 1-CCP oder Tier 2-CCP auf eine Reihe objektiver quantitativer und qualitativer Kriterien stützen. Sie sollte ferner den Bedingungen Rechnung tragen, unter denen die Kommission ihren Gleichwertigkeitsbeschluss erlassen hat. Insbesondere muss die ESMA bei der Bewertung des Risikoprofils einer Drittstaaten-CCP objektive und transparente quantitative Tätigkeitsindikatoren für Geschäfte heranziehen, die zum Zeitpunkt der Bewertung in Bezug auf in der Union ansässige Clearingteilnehmer getätigt werden oder auf Unionswährungen lauten. Zwar muss die ESMA die Geschäfte der CCP ganzheitlich prüfen, doch sollte ihre Bewertung das Risiko widerspiegeln, das von der betreffenden CCP für die Finanzstabilität der Union ausgehen könnte.

(2)

Bei der Festlegung der Kriterien, die die ESMA bei der Bestimmung der Systemrelevanz einer Drittstaaten-CCP zu berücksichtigen hat, sollten die Art der von der CCP geclearten Geschäfte, einschließlich ihrer Komplexität, ihres Risikoprofils und ihrer durchschnittlichen Fälligkeit, sowie die Transparenz und Liquidität der betreffenden Märkte und der Umfang, in dem die Clearingtätigkeiten der CCP auf Euro oder andere Unionswährungen lauten, berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang ist bei bestimmten auf geregelten Märkten in Drittstaaten notierten und gehandelten Produkten, wie landwirtschaftlichen Erzeugnissen, auf Märkten, die weitgehend inländische nichtfinanzielle Gegenparteien im betreffenden Drittstaat bedienen, die ihre Geschäftsrisiken über solche Kontrakte steuern, aufgrund ihrer spezifischen Merkmale nur eine schwache systemische Verflechtung mit dem übrigen Finanzsystem und deshalb ein vernachlässigbares Risiko für Clearingmitglieder und Handelsplätze in der Union gegeben.

(3)

Die Länder, in denen die CCP tätig ist, der Umfang der von ihr erbrachten Dienstleistungen, die Merkmale der von ihr geclearten Finanzinstrumente sowie die geclearten Volumen sind objektive Indikatoren für die Komplexität der Geschäftstätigkeit der CCP. Bei der Prüfung des in Artikel 25 Absatz 2a Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannten Kriteriums sollte die ESMA daher die Eigentums-, Geschäfts- und Unternehmensstruktur der CCP sowie das Spektrum, die Art und die Komplexität der von der CCP angebotenen Clearingdienste sowie den Umfang berücksichtigen, in dem diese Dienstleistungen für in der Union niedergelassene Clearingmitglieder und Kunden (im Folgenden „Clearingteilnehmer“) von Bedeutung sind. Auch wenn die Systemrelevanz einer CCP ganzheitlich zu bewerten ist, sollte die ESMA in besonderem Maße berücksichtigen, welcher Anteil der Geschäftstätigkeiten der CCP auf Unionswährungen lautet und welcher Anteil ihrer Geschäftstätigkeiten auf in der Union niedergelassene Clearingteilnehmer zurückzuführen ist. Bei CCPs, die mit höherer Wahrscheinlichkeit Systemrelevanz für die Union haben, ist es wichtig, dass die ESMA bei der Feststellung einer möglichen Gefährdung der Interessen der Union die Struktur und die Eigentumsverhältnisse der Gruppe bewertet, der die CCP möglicherweise angehört. Darüber hinaus sollten auch die Tiefe, Liquidität und Transparenz der von einer solchen CCP bedienten Märkte bewertet werden, damit die ESMA das Risiko für in der Union niedergelassene Clearingmitglieder im Falle von Ausfall-Auktionen besser erfassen kann.

(4)

Das Kapital der CCP und die von den Clearingteilnehmern gebundenen Finanzmittel sowie die Art und die Merkmale der von ihnen gestellten Sicherheiten sind wesentliche Elemente, die bei der Prüfung, wie gut eine CCP in der Lage ist, einer nachteiligen Entwicklung standzuhalten, zu berücksichtigen sind. Daher sollte die ESMA bei der Bewertung des Kriteriums nach Artikel 25 Absatz 2a Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 sich einen Überblick über die Finanzmittel verschaffen, die der CCP im Falle eines Ausfalls- oder anderen Ereignisses zur Verfügung stehen. Die ESMA sollte auch prüfen, ob es sich um besicherte, unbesicherte, gebundene, nicht gebundene, kapitalgedeckte oder nicht kapitalgedeckte Mittel handelt, und die Mittel berücksichtigen, die von der CCP eingesetzt werden, um Rechtssicherheit und Vertrauen in Bezug auf die von ihr abgewickelte Zahlungen und die ihr gestellten Sicherheiten zu schaffen. Schließlich sollte die ESMA das Vorhandensein, die Art und die Auswirkungen eines Sanierungs- und Wiederherstellungsrahmens für CCPs im Rechtsraum, in dem die CCP, die die Anerkennung beantragt, tätig ist, berücksichtigen. Solche Sanierungs- und Wiederherstellungsrahmen sollten anhand international vereinbarter Leitlinien und Schlüsselmerkmale bewertet werden. Bei der Betrachtung des Abwicklungs- und des Liquiditätsrisikos sollte die ESMA besonders auf wahrscheinlich systemrelevante CCPs achten und prüfen, wie sicher der Liquiditätszugang dieser CCPs ist und welche Liquiditätsengpässe für Unionswährungen bestehen. Zwar können die Distributed-Ledger-Technologie oder andere neue Technologien die Sicherheit von Zahlungen und Abwicklungen wahrscheinlich verbessern, doch sollte die ESMA zusätzlichen Risiken, die von diesen Technologien für die CCP ausgehen können, insbesondere Cyberrisiken, Rechnung tragen.

(5)

Die Art der Bedingungen, die eine CCP auferlegt, damit Clearingteilnehmer ihre Dienstleistungen in Anspruch nehmen können, und die Verflechtungen zwischen diesen Clearingteilnehmern haben Auswirkungen auf die Art und Weise, in der eine CCP durch ein ungünstiges Ereignis im Zusammenhang mit diesen Teilnehmern beeinträchtigt werden kann. Daher sollte die ESMA bei der Bewertung des in Artikel 25 Absatz 2a Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannten Kriteriums so weit wie möglich die Identität der Clearingteilnehmer der CCP bestimmen, insbesondere wenn die CCP Dienstleistungen für in der Union niedergelassene Clearingteilnehmer erbringt. Die ESMA sollte ferner den relevanten Marktanteil oder die relative Bedeutung von Clearingteilnehmern oder Gruppen von Clearingteilnehmern dieser CCP bestimmen. Soweit dies für eine Bewertung der möglichen Auswirkungen auf die Struktur der Clearingmitglieder erforderlich ist, sollte die ESMA die Bedingungen und Optionen bewerten, unter denen die CCP Zugang zu ihren Clearingdiensten gewährt. Bei CCPs, die für die Union wahrscheinlich Systemrelevanz haben, sollte die ESMA bewerten, ob die rechtlichen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen, die eine CCP ihren Clearingmitgliedern auferlegt, ausreichend streng sind.

(6)

Im Falle einer Unterbrechung der Tätigkeit einer CCP müssen sich die Clearingteilnehmer möglicherweise direkt oder indirekt auf die Erbringung ähnlicher oder identischer Dienstleistungen durch andere CCPs verlassen. Um die relative Bedeutung der CCP, die die Anerkennung beantragt, beurteilen zu können, sollte die ESMA daher bei der Bewertung des Kriteriums nach Artikel 25 Absatz 2a Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 bestimmen, ob Clearingteilnehmer einige oder alle von der betreffenden CCP erbrachten Clearingdienste durch Dienstleistungen anderer CCPs ersetzen können, insbesondere wenn diese alternativen CCPs in der Union zugelassen oder anerkannt sind. Wenn in der Union niedergelassene Clearingmitglieder und Kunden bestimmte clearingpflichtige Produkte nur durch eine Drittstaaten-CCP clearen lassen können, sollte die ESMA die Systemrelevanz dieser CCP besonders sorgfältig prüfen.

(7)

CCPs können in vielerlei Hinsicht mit anderen Finanzinfrastrukturen wie anderen CCPs oder Zentralverwahrern verbunden sein. Eine Störung dieser Verbindungen kann sich nachteilig auf das Funktionieren der CCP auswirken. Daher sollte die ESMA bei der Bewertung des Kriteriums nach Artikel 25 Absatz 2a Buchstabe e der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 prüfen, in welchem Umfang die CCP in einer Art und Weise mit anderen Finanzmarktinfrastrukturen oder Finanzinstituten verbunden ist, die sich auf die Finanzstabilität der Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten auswirken könnte. Dabei sollte die ESMA Verbindungen und wechselseitigen Abhängigkeiten mit in der Union ansässigen Unternehmen besondere Aufmerksamkeit widmen. Schließlich sollte die ESMA die Art der von der CCP ausgelagerten Dienstleistungen und das Risiko, das solche Vereinbarungen im Falle einer etwaigen Unterbrechung oder Beeinträchtigung für die CCP darstellen könnten, ermitteln und bewerten.

(8)

Wenn anhand objektiver quantitativer Indikatoren eine signifikante Risikoexponierung von in der Union niedergelassenen Clearingmitgliedern und Kunden gegenüber einer CCP ermittelt wurde, sollte die ESMA für jedes Kriterium zusätzliche Elemente bewerten. Je mehr Indikatoren bei einer CCP erfüllt sind, desto wahrscheinlicher wird die ESMA zu dem Schluss kommen, dass die betreffende CCP für die Finanzstabilität der Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten Systemrelevanz hat.

(9)

Diese delegierte Verordnung sollte umgehend in Kraft treten, um eine möglichst schnelle Anwendung der Verordnung (EU) 2019/2099 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) zu gewährleisten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit einer CCP

(1)   Die ESMA bewertet das in Artikel 25 Absatz 2a Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannte Kriterium anhand folgender Elemente:

a)

die Länder, in denen die CCP Dienstleistungen erbringt oder zu erbringen beabsichtigt;

b)

der Umfang, in dem die CCP zusätzlich zu Clearingdiensten weitere Dienstleistungen erbringt;

c)

die Art der von der CCP geclearten oder zu clearenden Finanzinstrumente;

d)

das Bestehen einer Clearingpflicht gemäß Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 für die von der CCP geclearten oder zu clearenden Finanzinstrumente;

e)

die von einer CCP im Laufe eines Jahres im Durchschnitt geclearten Werte auf folgenden Ebenen:

i)

auf Ebene der CCP;

ii)

auf Ebene jedes Clearingmitglieds, das in der Union niedergelassen oder Teil einer in der Union auf konsolidierter Basis beaufsichtigten Gruppe ist;

iii)

auf Ebene der Clearingmitglieder, die außerhalb der Union niedergelassen oder nicht Teil einer in der Union auf konsolidierter Basis beaufsichtigten Gruppe sind, wenn ein Clearing im Namen von in der Union niedergelassenen Kunden und indirekten Kunden erfolgt, als aggregierter Wert;

f)

den Abschluss einer Bewertung ihres Risikoprofils auf der Grundlage international vereinbarter Standards oder einer anderweitigen Bewertung durch die CCP sowie die angewandte Methodik und das Ergebnis der Bewertung.

(2)   Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe e bewertet die ESMA die folgenden Werte getrennt:

a)

bei Wertpapiergeschäften (einschließlich Wertpapierfinanzierungsgeschäften gemäß der Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates (3)) den Wert offener Positionen;

b)

bei Derivatgeschäften auf einem geregelten Markt im Sinne der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (4) den Wert der offenen Positionen oder des Umsatzes;

c)

bei außerbörslich gehandelten (OTC-) Derivatgeschäften den ausstehenden Brutto- und Netto-Nominalwert.

Diese Werte werden nach Währung und Anlageklasse bewertet.

(3)   Findet einer der in Artikel 6 genannten Indikatoren Anwendung, so bewertet die ESMA zusätzlich zu den in Absatz 1 aufgeführten Elementen die folgenden Elemente:

a)

die Eigentümerstruktur der CCP;

b)

bei CCPs, die derselben Gruppe angehören wie eine andere Finanzmarktinfrastruktur, z. B. eine andere CCP oder eine zentrale Wertpapierverwahrstelle, die Unternehmensstruktur der Gruppe, der die CCP angehört;

c)

die Erbringung von Clearingdiensten für in der Union niedergelassene Kunden oder indirekte Kunden über außerhalb der Union niedergelassene Clearingmitglieder;

d)

Art, Tiefe und Liquidität der bedienten Märkte und Umfang der für Marktteilnehmer verfügbaren Informationen über angemessene Preisdaten sowie allgemein anerkannte und zuverlässige Preisquellen;

e)

Veröffentlichung von Kursofferten, Vorhandels- und Briefkursen sowie der Tiefe von Handelsinteressen;

f)

Veröffentlichung von Nachhandelspreis, Volumen und Zeit der inner- und außerhalb der von der CCP bedienten Märkte ausgeführten oder abgeschlossenen Geschäfte.

Artikel 2

Auswirkungen des Ausfalls oder einer Unterbrechung der Tätigkeit einer CCP

(1)   Die ESMA bewertet das in Artikel 25 Absatz 2a Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannte Kriterium anhand folgender Elemente:

a)

Kapital der CCP, einschließlich einbehaltener Gewinne und Rücklagen;

b)

Art und Betrag der von der CCP akzeptierten und gehaltenen Sicherheiten, angewandte Abschläge und entsprechende Abschlagmethodik, Währungen, auf die die Sicherheiten lauten, und Umfang, in dem die Sicherheiten durch in der Union niedergelassene Unternehmen oder Unternehmen, die Teil einer in der Union auf konsolidierter Basis beaufsichtigten Gruppe sind, gestellt werden;

c)

Höchstbetrag der Einschusszahlungen, die die CCP über einen Zeitraum von 365 Tagen vor der Bewertung durch die ESMA an einem einzigen Tag entgegengenommen hat;

d)

Höchstbetrag der Einschusszahlungen, die die CCP über einen Zeitraum von 365 Tagen vor der Bewertung durch die ESMA an einem einzigen Tag von jedem Clearingmitglied, das in der Union niedergelassen oder Teil einer in der Union auf konsolidierter Basis beaufsichtigten Gruppe ist, entgegengenommen hat, aufgeschlüsselt nach Anlageklassen oder gegebenenfalls nach getrennten Ausfallfonds;

e)

gegebenenfalls für jeden Ausfallfonds der CCP die maximalen Beiträge zum Ausfallfonds, die von der CCP über einen Zeitraum von 365 Tagen vor der Bewertung durch die ESMA an einem einzigen Tag verlangt und gehalten werden;

f)

gegebenenfalls für jeden Ausfallfonds der CCP die maximalen Beiträge zum Ausfallfonds, die von der CCP über einen Zeitraum von 365 Tagen vor der Bewertung durch die ESMA an einem einzigen Tag verlangt und gehalten werden, und zwar von jedem Clearingmitglied, das in der Union niedergelassen oder Teil einer in der Union auf konsolidierter Basis beaufsichtigten Gruppe ist;

g)

geschätzte höchste Zahlungsverpflichtung, die bei Ausfall eines oder zweier der größten einzelnen Clearingmitglieder (und ihrer Konzerngesellschaften) unter extremen, aber plausiblen Marktbedingungen an einem einzigen Tag anfiele, sowohl als Gesamtbetrag als auch in jeder Unionswährung;

h)

der CCP zur Verfügung stehende liquide Finanzmittel, getrennt nach Art der Mittel, einschließlich Bareinlagen, gebundener oder nicht gebundener Mittel, sowohl als Gesamtbetrag als auch in jeder Unionswährung;

i)

Gesamtbetrag der liquiden Finanzmittel, die in der Union niedergelassene Unternehmen oder Unternehmen, die Teil einer in der Union auf konsolidierter Basis beaufsichtigten Gruppe sind, für die CCP gebunden haben.

(2)   Findet einer der in Artikel 6 genannten Indikatoren Anwendung, so bewertet die ESMA zusätzlich zu den in Absatz 1 aufgeführten Elementen die folgenden Elemente:

a)

Identität der Liquiditätsgeber, die in der Union niedergelassen oder Teil einer in der Union auf konsolidierter Basis beaufsichtigten Gruppe sind;

b)

durchschnittlicher und höchster aggregierter Tageswert der auf eine Unionswährung lautenden ein- und ausgehenden Zahlungen;

c)

Umfang der Verwendung von Zentralbankgeld oder Rückgriff auf andere Unternehmen für Abwicklungs- oder Zahlungszwecke;

d)

Umfang der Nutzung von Technologien wie die Distributed-Ledger-Technologie im Abwicklungs-/Zahlungsprozess der CCP;

e)

Sanierungsplan der CCP;

f)

für die CCP geltende Abwicklungsregelung;

g)

Einrichtung einer Krisenmanagementgruppe für die CCP.

Artikel 3

Struktur der Clearingmitglieder der CCP

(1)   Die ESMA bewertet das in Artikel 25 Absatz 2a Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannte Kriterium anhand folgender Elemente:

a)

Clearingmitgliedschaft und, sofern darüber Informationen verfügbar sind, ob und welche Kunden oder indirekten Kunden, die in der Union niedergelassen oder Teil einer in der Union auf konsolidierter Basis beaufsichtigten Gruppe sind, die Clearingdienste der CCP in Anspruch nehmen; und

b)

die verschiedenen Optionen für den Zugang zu den Clearingdiensten der CCP (einschließlich unterschiedlicher Mitgliedschaftsmodelle und direkter Zugangsmodelle für Kunden) sowie jegliche Bedingungen für die Gewährung, Verweigerung oder Beendigung des Zugangs.

(2)   Findet einer der in Artikel 6 genannten Indikatoren Anwendung, so bewertet die ESMA zusätzlich zu den in Absatz 1 aufgeführten Elementen jegliche rechtlichen oder aufsichtsrechtlichen Anforderungen, die die CCP ihren Clearingmitgliedern im Hinblick auf den Zugang zu ihren Clearingdiensten auferlegt.

Artikel 4

Alternative Clearingdienste von anderen CCPs

(1)   Bei der Bewertung des in Artikel 25 Absatz 2a Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannten Kriteriums prüft die ESMA, ob in der Union niedergelassene Clearingmitglieder und Kunden Zugang zu einigen oder allen von einer CCP über andere CCPs erbrachten Clearingdiensten haben und ob diese CCPs gemäß den Artikeln 14 und 25 der genannten Verordnung zugelassen oder anerkannt sind.

(2)   Findet einer der in Artikel 6 genannten Indikatoren Anwendung, so prüft die ESMA zusätzlich zu den in Absatz 1 aufgeführten Elementen auch, ob sich die von der CCP erbrachten Dienstleistungen auf eine Derivatekategorie beziehen, die der Clearingpflicht gemäß Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 unterliegt.

Artikel 5

Beziehungen, wechselseitige Abhängigkeiten oder sonstige Interaktionen der CCP

(1)   Bei der Bewertung des in Artikel 25 Absatz 2a Buchstabe e der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannten Kriteriums prüft die ESMA, in welchem Umfang die CCP Funktionen, Dienstleistungen oder Tätigkeiten auslagert.

(2)   Findet einer der in Artikel 6 genannten Indikatoren Anwendung, so bewertet die ESMA zusätzlich zu den in Absatz 1 aufgeführten Elementen die folgenden Elemente:

a)

mögliche Auswirkungen auf die Union oder einen oder mehrere ihrer Mitgliedstaaten, wenn der Anbieter ausgelagerter Funktionen, Dienstleistungen oder Tätigkeiten nicht in der Lage ist, seinen Verpflichtungen im Rahmen der Auslagerungsvereinbarungen nachzukommen;

b)

Bedienung von in der Union niedergelassenen Handelsplätzen durch die CCP;

c)

jegliche Interoperabilitätsvereinbarungen oder Cross-Margining-Vereinbarungen der CCP mit in der Union niedergelassenen CCPs oder Verbindungen zu anderen Finanzmarktinfrastrukturen in der Union, wie Zentralverwahrern oder Zahlungssystemen, oder Beteiligung an solchen Infrastrukturen.

Artikel 6

Indikatoren für die Mindestexposition von in der Union niedergelassenen Clearingmitgliedern und Kunden gegenüber der CCP

(1)   Für die Zwecke der Artikel 1 bis 5 gelten folgende Indikatoren:

a)

Die maximale offene Position in auf Unionswährungen lautenden Wertpapiergeschäften, einschließlich Wertpapierfinanzierungsgeschäften, oder börsengehandelten Derivaten, die von der CCP im Zeitraum von einem Jahr vor der Bewertung gecleart wurden oder im Zeitraum von einem Jahr nach der Bewertung gecleart werden sollen, beträgt mehr als 1 000 Mrd. EUR;

b)

der maximale ausstehende Nominalwert von auf Unionswährungen lautenden OTC-Derivategeschäften, die von der CCP im Zeitraum von einem Jahr vor der Bewertung gecleart wurden oder im Zeitraum von einem Jahr nach der Bewertung gecleart werden sollen, beträgt mehr als 1 000 Mrd. EUR;

c)

die von der CCP auf Ebene der Clearingmitgliederkonten über einen Zeitraum von zwei Jahren vor der Bewertung auf Nettobasis berechneten, durchschnittlichen aggregierten Einschussanforderungen und Beiträge zum Ausfallfonds für von Clearingmitgliedern, die in der Union niedergelassen oder Teil einer in der Union auf konsolidierter Basis beaufsichtigten Gruppe sind, bei der CCP gehaltenen Konten betragen mehr als 25 Mrd. EUR;

d)

die geschätzte, für den Zeitraum von einem Jahr vor der Bewertung berechnete, höchste Zahlungsverpflichtung von Unternehmen, die in der Union niedergelassen oder Teil einer in der Union auf konsolidierter Basis beaufsichtigten Gruppe sind, die aus dem Ausfall von mindestens den beiden größten einzelnen Clearingmitgliedern und ihren Konzerngesellschaften unter extremen, aber plausiblen Marktbedingungen resultieren würde, beläuft sich auf insgesamt mehr als 3 Mrd. EUR.

Für die Zwecke von Buchstabe d handelt es sich bei der Zahlungsverpflichtung um den, erforderlichenfalls in Euro umgerechneten, aggregierten Betrag der Mittelbindungen in allen Unionswährungen.

(2)   Die ESMA kann auf der Grundlage der in den Artikeln 1 bis 5 spezifizierten Kriterien nur dann feststellen, dass es sich bei einer Drittstaaten-CCP um eine Tier 2-CCP handelt, wenn mindestens einer der in Absatz 1 genannten Indikatoren erfüllt ist.

Artikel 7

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 14. Juli 2020

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)  ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) 2019/2099 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 hinsichtlich der für die Zulassung von zentralen Gegenparteien anwendbaren Verfahren und zuständigen Behörden und der Anforderungen für die Anerkennung zentraler Gegenparteien aus Drittstaaten (ABl. L 322 vom 12.12.2019, S. 1).

(3)  Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 337 vom 23.12.2015, S. 1).

(4)  Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).


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