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Document 32019H0905(25)

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2019 zum nationalen Reformprogramm der Slowakei 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Slowakei 2019

ST/10178/2019/INIT

OJ C 301, 5.9.2019, p. 148–153 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

5.9.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 301/148


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2019

zum nationalen Reformprogramm der Slowakei 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Slowakei 2019

(2019/C 301/25)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 21. November 2018 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, womit das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2019 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 21. März 2019 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 21. November 2018 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie die Slowakei nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 21. März 2019 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 9. April 2019 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2019“) an, die die fünf Euro-Währungsgebiet-Empfehlungen enthält.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte die Slowakei die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2019, die in den Empfehlungen 2 bis 4 ihren Niederschlag findet, sicherstellen. Insbesondere werden Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung und Verbesserung des Justizwesens dazu beitragen, der ersten Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet in Bezug auf die Qualität der Institutionen nachzukommen, wird die gezielte Ausrichtung der investitionsbezogenen Wirtschaftspolitik auf die angegebenen Bereiche einen Beitrag zur Umsetzung der zweiten Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet im Hinblick auf die Investitionsförderung leisten und werden Maßnahmen zur Verbesserung des Kompetenz- und Qualifikationsniveaus dazu beitragen, die dritte Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet im Zusammenhang mit dem Funktionieren des Arbeitsmarkts umzusetzen.

(3)

Der Länderbericht 2019 für die Slowakei wurde am 27. Februar 2019 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte der Slowakei bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 13. Juli 2018 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung ihrer nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(4)

Am 25. April 2019 übermittelte die Slowakei ihr nationales Reformprogramm 2019 und ihr Stabilitätsprogramm 2019. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Nach Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies zur Förderung der Umsetzung der einschlägigen Ratsempfehlungen notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Die Slowakei befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Stabilitätsprogramm 2019 erwartet die Regierung, dass der Gesamtsaldo von einem Defizit von 0,7 % des Bruttoinlandprodukts (BIP) im Jahr 2018 auf eine ausgeglichene Haushaltsposition im Jahr 2019 zurückgeführt wird und dann bis 2022 unverändert bleibt. Auf der Grundlage des neuberechneten strukturellen Saldos (6) soll das mittelfristige Haushaltsziel — das von einem strukturellen Defizit von 0,5 % des BIP im Jahr 2019 auf ein strukturelles Defizit von 1 % des BIP ab 2020 abgeändert wurde — im Jahr 2020 erreicht werden. Dem Stabilitätsprogramm 2019 zufolge soll die gesamtstaatliche Schuldenquote von 47,5 % des BIP im Jahr 2019 schrittweise auf 44,4 % im Jahr 2022 zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Allerdings wurden die Maßnahmen, die zur Erreichung der ab 2019 anvisierten Defizitziele erforderlich sind, nicht vollständig spezifiziert. Mit den sogenannten Haushaltsreserven enthält der Haushalt eine nicht spezifizierte Ausgabenkategorie (insgesamt 0,7 % des BIP), die die Vorhersehbarkeit des Haushaltsvollzugs beeinträchtigt.

(7)

Am 13. Juli 2018 empfahl der Rat der Slowakei sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben (7) im Jahr 2019 4,1 % nicht übersteigt, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,5 % des BIP entspricht. Angesichts der Herbstprognose 2018 der Kommission, in der für 2019 ein Wert näher am mittelfristigen Ziel projiziert wird, sollte die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Einklang mit den Vorschriften für eine Neufestlegung der geforderten Anpassung 4,6 % nicht überschreiten, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,3 % im Jahr 2019 entspricht. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission besteht in den Jahren 2018 und 2019 zusammengenommen die Gefahr einer erheblichen Abweichung von der empfohlenen Haushaltsanpassung.

(8)

Im Jahr 2020 dürfte die Slowakei ihr mittelfristiges Haushaltsziel erreichen. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission entspricht dies unter Annahme einer unveränderten Politik einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben von höchstens 4,6 %, was eine strukturelle Anpassung in Höhe von 0,3 % des BIP bedeutet. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission besteht unter Annahme einer unveränderten Politik in den Jahren 2019 und 2020 zusammengenommen die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Vorgabe. Die Slowakei wird die Schuldenregel in den Jahren 2019 und 2020 voraussichtlich einhalten. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass ab 2019 die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts einzuhalten.

(9)

Für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen der Slowakei besteht ein mittleres Risiko. Nach dem Bericht der Kommission über die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen 2018 wäre gegenüber dem Szenario einer unveränderten Politik eine kumulierte Verbesserung des strukturellen Primärsaldos um 2,5 BIP-Prozentpunkte erforderlich, um die Schuldenquote langfristig zu stabilisieren. Dies ist auf den projizierten Anstieg der Renten- und Gesundheitsausgaben zurückzuführen, der die Kosten im Zusammenhang mit der Bevölkerungsalterung in die Höhe treibt (zusammen 1,8 BIP-Prozentpunkte). Da die Geburtenraten niedrig sind, die Lebenserwartung in der Slowakei hingegen weiter steigen dürfte, wird sich der Altersabhängigkeitsquotient (Zahl der älteren Menschen im Verhältnis zur Erwerbsbevölkerung, d. h. zur Zahl der Menschen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder eine Ausbildung absolvieren) den Prognosen zufolge bis 2060 voraussichtlich fast verdreifachen. Während im Jahr 2016 in der Altersgruppe ab 65 Jahren auf zehn Erwerbstätige nur drei Nichterwerbstätige kamen, dürfte dieser Anteil bis 2060 auf über sieben von zehn steigen (wirtschaftlicher Altersabhängigkeitsquotient). Die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems hatte sich infolge der eingeführten automatischen Anpassungen des Rentenalters an die Lebenserwartung allmählich verbessert. Diese Anpassung galt als wichtiges Instrument, um Generationengerechtigkeit und langfristige Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Die Bedenken hinsichtlich der langfristigen Tragfähigkeit der Rentensysteme haben nun zugenommen, da das Parlament am 28. März 2019 per Verfassungsänderung Obergrenzen für den Eintritt in den Ruhestand (64 Jahre für Männer und Frauen ohne Kinder und Senkung um jeweils ein halbes Jahr für die drei ersten Kinder bei Frauen) eingeführt hat, was bedeutet, dass die automatischen Anpassungen an die Lebenserwartung nicht mehr angewandt werden, wenn die Obergrenze erreicht wird. Dem Fiskalrat der Slowakei zufolge wird diese Obergrenze zu einem zusätzlichen Ausgabenanstieg um 1,6 % des BIP führen, und zwar von 8,6 % im Jahr 2016 auf 11,4 % im Jahr 2070, statt auf den im Bericht über die Bevölkerungsalterung von 2018 erwarteten Wert von 9,8 %. Die Tragfähigkeitsrisiken werden dadurch erheblich zunehmen. Bislang wurden keine Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagen, und auch die Auswirkungen auf Alterseinkünfte und Altersarmut wurden nicht berechnet.

(10)

Ungeachtet einiger Fortschritte bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung stellt die Einhaltung der Steuervorschriften nach wie vor eine Herausforderung dar, und die Mehrwertsteuerlücke aufgrund der Nichtbefolgung der entsprechenden Vorschriften war 2016 mehr als doppelt so groß wie im Unionsdurchschnitt. Im Rahmen des Dritten Aktionsplans vorgesehene Maßnahmen dürften zu positiven Ergebnissen führen, doch wurden einige von ihnen bislang nicht umgesetzt. Die Einführung elektronischer Steuererklärungen beispielsweise dürfte den Verwaltungsaufwand für die Steuerzahler verringern, doch könnte die Gesamtwirkung abnehmen, falls nicht alle geplanten Maßnahmen umgesetzt werden. Gleichzeitig können strukturierte Rahmenmaßnahmen dazu beitragen, dass das Steuerrecht seltener geändert wird, und seine Vereinfachung fördern. Im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten wird das Einnahmenpotenzial, das Umwelt- und Immobiliensteuern darstellen, unzureichend genutzt.

(11)

Die positiven Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, der durch eine steigende Beschäftigung und historisch niedrige Arbeitslosenzahlen gekennzeichnet ist, setzen sich fort. Bei der Umsetzung des Aktionsplans für Langzeitarbeitslose wurden gute Fortschritte erzielt, was dazu beigetragen hat, dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen in zwei Jahren um ein Drittel gesunken ist. Gleichwohl liegt die Langzeitarbeitslosenquote weiterhin über dem Unionsdurchschnitt und sind insbesondere Geringqualifizierte, junge Menschen und Roma betroffen. Als Kehrseite der sinkenden Arbeitslosenquoten wird nun der Fachkräftemangel zunehmend zum Problem. Nach wie vor bestehen ausgeprägte regionale Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt, wobei die Arbeitslosigkeit in drei Regionen der östlichen Slowakei höher ist und der Arbeitskräftemangel vor allem im westlichen Teil des Landes auftritt. Die Kapazitäten von Arbeitgebern und Gewerkschaften müssen weiter ausgebaut werden, um ihre aktivere Beteiligung zu fördern.

(12)

Umfang und Wirksamkeit der Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit sind begrenzt. Die Fortbildungs- und Umschulungsprogramme wurden ausgebaut, sind aber nach wie vor unzureichend und nicht ganz auf Langzeitarbeitslose und benachteiligte Bevölkerungsgruppen zugeschnitten. Das Bildungssystem leistet keinen hinreichenden Beitrag zur sozioökonomischen Entwicklung und ist auf allen Ebenen unterfinanziert. Die geringe Qualität der Bildungsergebnisse, die Teilnahme von Roma an der inklusiven allgemeinen Bildung ab dem frühen Kindesalter und (angesichts des steigenden Anteils der frühen Schul- und Ausbildungsabgänger) die wirksame Integration von Schülerinnen und Schülern aus sozioökonomisch benachteiligten Schichten in die allgemeine und berufliche Bildung sind drängende Herausforderungen. Die Bildungsergebnisse und das Niveau der Grundkompetenzen sind im internationalen Vergleich nach wie vor schwach und in hohem Maße vom sozioökonomischen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler abhängig. Es stellt eine Herausforderung dar, dafür zu sorgen, dass die slowakische Bevölkerung über bessere, der sich wandelnden Wirtschaft und Gesellschaft angemessene Kompetenzen und Qualifikationen verfügt. Trotz schrittweiser Gehaltserhöhungen bis 2020 bleibt der Lehrerberuf wenig attraktiv, sodass der Lehrermangel zunimmt. Auch sind die Möglichkeiten für die berufliche Erstausbildung und Weiterbildung von Lehrern hinsichtlich Qualität und Relevanz begrenzt. Laufende Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit und inklusiver Bildung haben die Erwartungen bisher nicht erfüllt, und auch bei der Bekämpfung der Ausgrenzung von Schülern aus der Volksgruppe der Roma sind keine wirklichen Fortschritte zu verzeichnen. Die Regierung hat den „Nationalen Reformplan für Bildung und Erziehung“ (2018-27) und den ersten Aktionsplan (2018-19) (zusammen mit einem Haushaltsvoranschlag) sowie neue Rechtsvorschriften zur Qualitätssicherung im Hochschulwesen angenommen. Diese Maßnahmen wirksam umzusetzen und zu überwachen, ob sie die erwarteten Ergebnisse bringen, ist von entscheidender Bedeutung.

(13)

Die niedrige Beschäftigungsquote von Frauen ist vor allem auf die Tatsache zurückzuführen, dass lange Elternzeiten nur selten von Männern in Anspruch genommen werden, doch auch der begrenzte Zugang zu bezahlbarer Kinderbetreuung und Langzeitpflegeeinrichtungen bzw. die geringe Verfügbarkeit spielen eine Rolle. Besonders bei den unter Dreijährigen ist die Gesamtquote der Kinder in Betreuungseinrichtungen äußerst gering. Die Regierung hat in einem neuen Beschluss die Teilnahme an der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung ab dem Alter von 5 Jahren mit Wirkung ab 2020 vorgeschrieben. Allerdings sind weitere Investitionen und Maßnahmen zur Förderung der Teilnahme an Kinderbetreuungs- und Vorschulangeboten erforderlich.

(14)

Der Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen bleibt zwar unter dem Unionsdurchschnitt, liegt in einer Reihe von Bezirken in der Süd- und Ostslowakei jedoch deutlich höher. Ein erheblicher Engpass besteht beim Zugang zu hochwertiger und inklusiver Bildung, wo die regionalen Unterschiede zu teils besonders hohen Anteilen früher Schul- und Ausbildungsabgänger führen. Weitere Engpässe betreffen den Zugang benachteiligter Gruppen, insbesondere von Roma sowie Menschen mit Behinderung und Menschen, die obdachlos sind oder auf dem Wohnungsmarkt ausgegrenzt werden, zu Gesundheitsversorgung, Langzeitpflege, Sozialwohnungen und anderen grundlegenden Dienstleistungen. Ein integrierter Ansatz ist unerlässlich, um die soziale Inklusion dieser Gruppen zu fördern.

(15)

Die Reformen für größere Kosteneffizienz im Gesundheitswesen gewinnen an Dynamik, obgleich der Grad der Umsetzung in den verschiedenen Versorgungsbereichen unterschiedlich ist. Die Maßnahmen im Rahmen der Überprüfung der Gesundheitsausgaben haben in erster Linie durch die Eindämmung von Kosten in den Bereichen Arzneimittel und Medizinprodukte zu einigen positiven Ergebnissen geführt. Nach wie vor besteht jedoch Spielraum für Effizienzsteigerungen und Leistungsverbesserungen durch strategische Umverteilung von Ressourcen zwischen Versorgungsbereichen. Gesundheitsdienstleistungen werden nach wie vor zu einem allzu großen Teil von den Krankenhäusern erbracht, deren Verschuldung trotz regulärer Entschuldungsmaßnahmen weiterhin zunimmt und die kaum die erforderlichen Mittel aufbringen können, um Effizienz und Qualität der Versorgung zu verbessern. Damit Krankenhausleistungen nur in Anspruch genommen werden, wenn dies notwendig ist, muss die medizinische Grundversorgung ausgebaut werden, doch werden Effizienzsteigerungen im Gesundheitswesen durch die geringe Zahl von Allgemeinärzten und im Rahmen der Grundversorgung angebotenen Leistungen erschwert. Die von der Regierung eingeleiteten Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen sollten in eine längerfristige Strategie integriert werden, die darauf abzielt, Gesundheitsdienstleistungen allmählich von der Notfallversorgung weg zu verlagern, die Grundversorgung auszubauen und Vorsorgeleistungen zu fördern.

(16)

Das fragmentierte Forschungssystem behindert eine qualitative Verbesserung der wissenschaftlichen Forschung durch die öffentlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) und zieht keine privaten Mittel an. Die Forschungs- und Innovationspolitik leidet unter unzureichender Abstimmung zwischen Ministerien und anderen Akteuren, was zu Verzögerungen und dem Scheitern größerer Reformen führt. Die suboptimale Umwandlung der slowakischen Akademie der Wissenschaften hat Bedenken in Bezug auf die Kontinuität ihrer Tätigkeiten aufgeworfen, weshalb der gesamte Prozess eingestellt wurde. Ein Mangel an gezielten Maßnahmen bzw. das Scheitern dieser Maßnahmen führt, gekoppelt mit der begrenzten Beteiligung der Forschungseinrichtungen und der begrenzten Forschungskapazität, zu geringen privaten Ausgaben für FuE. Die Ausgaben von Unternehmen für FuE gehören insgesamt nach wie vor zu den niedrigsten in der EU und konzentrieren sich auf die von multinationalen Unternehmen beherrschte Medium-/High-Tech-Fertigung. Maßnahmen zur Förderung des Wissenstransfers, zur Stärkung von Innovationskapazitäten in der Industrie und zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen kommen langsam voran.

(17)

Um die Produktivität der Slowakei zu steigern und den Konvergenzprozess fortzuführen, sind auch nachhaltige Investitionen in die digitale und die Verkehrsinfrastruktur sowie in die Energieeffizienz erforderlich. Die Breitbandgrundversorgung im Festnetzbereich und die 4G-Abdeckung sowie die Nutzung ultraschneller Breitbanddienste müssen verbessert werden. Investitionen in die Energieeffizienz können insbesondere im Gebäudesektor und im Bereich der Umwelttechnologien zu grünem Wachstum führen und zum Schutz knapper natürlicher Ressourcen beitragen. Außerdem sind höhere strategische Investitionen zur Schließung der Infrastrukturlücken und zur Verbesserung der Verkehrsnetze erforderlich, um weniger entwickelten Regionen die Möglichkeit zu geben, wettbewerbsfähiger und produktiver zu werden, ihren Rückstand aufzuholen und wissensbasierte Industrien zu fördern. Die Slowakei ist im Rahmen des transeuropäischen Verkehrsnetzes im Hinblick auf die Vollendung sowohl des Kernstraßen- als auch des Schienennetzes im Rückstand, so beispielsweise im Rhein-Donau-Korridor. Schwächen im Verkehrsnetz könnten durch stärkere Vernetzung, Multimodalität und Interoperabilität des bestehenden öffentlichen und städtischen Verkehrsnetzes und durch Förderung nachhaltiger Verkehrsträger behoben werden.

(18)

Hoher Verwaltungs- und Regulierungsaufwand kann die Investitions- und Innovationstätigkeit beeinträchtigen, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Trotz der Bemühungen der Regierung wird der Verwaltungsaufwand noch nicht ausreichend reduziert und verschlechtert sich das Unternehmensumfeld in der Slowakei im internationalen Vergleich. Die Qualität von Rechtsvorschriften und mangelnde Vorhersehbarkeit machen den Unternehmen zu schaffen. Diesen Herausforderungen sollte durch vollständige Umsetzung der slowakischen Strategie für bessere Rechtsetzung (RIA2020) und Stärkung des Zentrums für bessere Rechtsetzung und der analytischen Kapazitäten in der staatlichen Verwaltung begegnet werden. Der Bereich der freiberuflichen Dienstleistungen ist in der Slowakei nach wie vor in hohem Maße reguliert. So liegt die Regulierungsintensität für Rechtsanwälte, Patentanwälte, Bauingenieure, Architekten, Buchhalter, Fremdenführer und Immobilienmakler über dem gewichteten Unionsdurchschnitt.

(19)

Die Regierung reformiert das öffentliche Auftragswesen grundlegend, indem zur Vereinfachung der Verfahren und Senkung der Kosten der Rechtsrahmen überarbeitet wird. Ein auf Professionalisierung gesetzter neuer Schwerpunkt ist zu begrüßen; allgemeine Vorteile ergeben sich jedoch nur langsam. Vor dem Hintergrund des Misstrauens gegenüber öffentlichen Institutionen müssen die öffentlichen Auftraggeber verstärkt Anstrengungen unternehmen, um das Vertrauen von Unternehmen, Medien und der breiten Öffentlichkeit zurückzugewinnen. Dies behindert die Einführung dringend benötigter neuer Vorgehensweisen. Bemühungen um die häufigere Anwendung qualitativer Kriterien müssen intensiviert werden, um das Kosten-Nutzen-Verhältnis und die strategische Nutzung des öffentlichen Auftragswesens zu verbessern.

(20)

Die slowakische öffentliche Verwaltung hat nach wie vor mit Ineffizienzen und Engpässen zu kämpfen, die insbesondere durch ineffiziente Zusammenarbeit zwischen Regierungsstellen verursacht werden. Das Fehlen von Kapazitäten und strategischer Planung sowie Verwaltungsmängel behindern die reibungslose Bereitstellung der Mittel aus ESI-Fonds. Infolgedessen hat die Slowakei Mittel in Höhe von 120 Mio. EUR aus dem Zeitraum 2014-2020 verloren und werden nur wenige Mittel an Endbegünstigte weitergeleitet. Ferner führte die suboptimale Vorbereitung von aus ESI-Fonds geförderten Projekten zu verzögerten Investitionen und entsprechend knappen Fristen für die Vergabe öffentlicher Aufträge, was das Risiko von Unregelmäßigkeiten steigen lässt.

(21)

Die Korruption stellt nach wie vor eine Herausforderung dar, und der Wille, Korruptionsfälle auf hoher Ebene aufzuklären, ist begrenzt. Die Korruptionsbekämpfung wird durch organisatorische und verfahrenstechnische Mängel bei Polizei und Staatsanwaltschaft sowie den unzureichenden Schutz von Hinweisgebern behindert. Eine weitere Herausforderung besteht darin, das Justizwesen effizienter zu gestalten und seine Unabhängigkeit zu stärken. Trotz einiger Verbesserungen in Bezug auf Effizienz und Qualität bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz, und die Verzögerung bei der Ernennung von Richtern des Verfassungsgerichts könnte das Funktionieren des Justizwesens beeinträchtigen.

(22)

Einige der in den Empfehlungen festgestellten Lücken, insbesondere in den in Anhang D des Länderberichts für 2019 aufgeführten Bereichen, könnten bei entsprechender Programmplanung für den Zeitraum 2021-2027 auch im Rahmen der Unionsfonds angegangen werden. Die Slowakei könnte die Fonds auf diese Weise bestmöglich in den festgestellten Sektoren einsetzen und dabei regionalen Unterschieden Rechnung tragen. Die Stärkung der administrativen Kapazitäten der Slowakei für die Verwaltung dieser Mittel ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg dieser Investitionen.

(23)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2019 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik der Slowakei umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2019 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2019 und das Nationale Reformprogramm 2019 sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an die Slowakei gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in der Slowakei berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien beurteilt.

(24)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2019 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (8) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass die Slowakei 2019 und 2020

1.   

ihr mittelfristiges Haushaltsziel im Jahr 2020 erreicht; die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und insbesondere des Gesundheits- und Rentensystems sicherstellt;

2.   

die Qualität und Inklusivität des Bildungswesens auf allen Ebenen verbessert und das Kompetenz- und Qualifikationsniveau entsprechend dem Bedarf am Arbeitsmarkt erhöht; den Zugang zu bezahlbarer, hochwertiger Kinderbetreuung und Langzeitpflege verbessert; die Integration benachteiligter Gruppen, insbesondere von Roma, fördert;

3.   

investitionsbezogene wirtschaftspolitische Maßnahmen unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede auf die Schwerpunkte Gesundheitswesen, Forschung und Innovation, Verkehr und insbesondere dessen Nachhaltigkeit, digitale Infrastruktur, Energieeffizienz, Wettbewerbsfähigkeit von KMU sowie sozialer Wohnungsbau ausrichtet; im öffentlichen Auftragswesen zunehmend qualitative und auf die Lebenszykluskosten ausgerichtete Kriterien verwendet;

4.   

die Wirksamkeit des Justizsystems weiter verbessert, insbesondere durch die Stärkung seiner Unabhängigkeit, auch bei Ernennungsverfahren im Justizwesen; die Anstrengungen zur Aufdeckung und Verfolgung von Korruption verstärkt, insbesondere in großen Korruptionsfällen.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2019.

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LINTILÄ


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 136 vom 12.4.2019, S. 1.

(4)  ABl. C 320 vom 10.9.2018, S. 107.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission unter Anwendung der gemeinsamen Methodik.

(7)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmensteigerungen werden eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(8)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


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