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Document 32019H0905(12)

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2019 zum nationalen Reformprogramm Italiens 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2019

ST/10165/2019/INIT

OJ C 301, 5.9.2019, p. 69–79 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

5.9.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 301/69


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2019

zum nationalen Reformprogramm Italiens 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2019

(2019/C 301/12)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 21. November 2018 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2019 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 21. März 2019 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 21. November 2018 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Italien als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 21. März 2019 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 9. April 2019 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2019“) an, die die fünf Euro-Währungsgebiet-Empfehlungen enthält.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Italien die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2019, die in den unten genannten Empfehlungen 1 bis 5 ihren Niederschlag findet, sicherstellen. Insbesondere Maßnahmen in den Bereichen öffentliche Verwaltung, Justiz und Wettbewerb werden zur Umsetzung der ersten Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet (widerstandsfähige Produktmärkte und Qualität der Institutionen) beitragen, während die Ausrichtung der investitionsbezogenen Wirtschaftspolitik auf die genannten Bereiche und die Nutzung unerwarteter Mehreinnahmen helfen werden, die zweite Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet (Förderung von Investitionen und Bildung von Puffern) anzugehen, Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und zur steuerlichen Entlastung von Produktionsfaktoren zur Umsetzung der dritten Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet (Funktionieren des Arbeitsmarktes) beitragen werden und Maßnahmen zur Verbesserung der Bankbilanzen helfen werden, die vierte Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet (Abbau notleidender Kredite) anzugehen.

(3)

Der Länderbericht 2019 für Italien wurde am 27. Februar 2019 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Italiens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 13. Juli 2018 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 27. Februar 2019 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte bei ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Italien übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Insbesondere die hohe Staatsverschuldung und die anhaltend schwache Produktivitätsentwicklung bergen Risiken, die auch für andere Länder von Belang sind. Um das Risiko nachteiliger Auswirkungen auf die italienische Wirtschaft und — angesichts deren Größe und grenzübergreifender Bedeutung — auch auf die Wirtschafts- und Währungsunion zu senken, besteht ganz erheblicher Handlungsbedarf.

(4)

Am 19. April 2019 übermittelte Italien sein nationales Reformprogramm 2019 und sein Stabilitätsprogramm 2019. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet. In Italiens nationalem Reformprogramm 2019 wird nur teilweise auf die in den länderspezifischen Empfehlungen 2018 angesprochenen strukturellen Probleme eingegangen, und es fehlen häufig Einzelheiten zu den wenigen darin enthaltenen neuen Reformzusagen sowie zum Zeitplan für deren Durchführung. Doch stützt sich Italiens Reformstrategie auf größere, bereits in Vorbereitung befindliche Reformen in verschiedenen Bereichen, was im Vergleich zu früheren nationalen Reformprogrammen von größerer Kontinuität zeugt.

(5)

Bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 wurden die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen berücksichtigt. Nach Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme sowie zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn das zur Förderung der Umsetzung der einschlägigen Ratsempfehlungen notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Italien unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und der Schuldenregel. In ihrem Stabilitätsprogramm 2019 prognostiziert die Regierung, dass das Gesamtdefizit von 2,1 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2018 auf 2,4 % im Jahr 2019 steigt und anschließend schrittweise auf 2,1 % im Jahr 2020 und auf 1,5 % im Jahr 2022 zurückgeht. Diese Prognosen beruhen auf der Annahme einer Mehrwertsteuererhöhung (1,3 % des BIP im Jahr 2020 und 1,5 % im Jahr 2021), die als „Sicherheitsmaßnahme“ verabschiedet wurde, um die Haushaltsziele ab 2020 zu erreichen. Auf der Grundlage des neuberechneten strukturellen Saldos (6) wird nicht davon ausgegangen, dass das mittelfristige Haushaltsziel — das von einem strukturell ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2019 in einen strukturellen Überschuss von 0,5 % des BIP ab 2020 abgeändert wurde — innerhalb des Programmzeitraums erreicht wird. Dem Stabilitätsprogramm 2019 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote, nachdem sie 2018 bereits (von 131,4 % des BIP im Jahr 2017 auf 132,2 %) gestiegen war, im Jahr 2019 um 0,4 Prozentpunkte auf 132,6 % des BIP ansteigen und anschließend bis 2022 auf 128,9 % sinken. Diese Prognosen beruhen auf der Annahme von Privatisierungserlösen von 1 % des BIP im Jahr 2019 bzw. 0,3 % im Jahr 2020. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. In den letzten Jahren wurden die als „Sicherheitsmaßnahme“ verabschiedeten Mehrwertsteuererhöhungen jedoch systematisch aufgehoben, ohne dass angemessene alternative Finanzierungsmaßnahmen ergriffen worden wären; auch die Privatisierungsziele wurden nicht vollständig erreicht. Die Frühjahrsprognose 2019 der Kommission geht unter Annahme einer unveränderten Politik für 2020 von einem geringeren nominalen BIP-Wachstum und einem höheren gesamtstaatlichen Defizit aus, als im Stabilitätsprogramm 2019 prognostiziert. In der Prognose der Kommission für 2020 ist die als „Sicherheitsmaßnahme“ verabschiedete Mehrwertsteuererhöhung nicht berücksichtigt.

(7)

Da Italien die Schuldenregel im Jahr 2018 nicht eingehalten hat, veröffentlichte die Kommission am 5. Juni 2019 einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. Darin kam sie nach Bewertung aller einschlägigen Faktoren zu dem Schluss, dass das im Vertrag und in der Verordnung (EG) Nr. 1467/1997 festgelegte Schuldenstandskriterium nicht als erfüllt angesehen werden kann und somit ein schuldenstandsbegründetes Defizitverfahren gerechtfertigt ist.

(8)

Auf die in der überarbeiteten Übersicht über die Haushaltsplanung für 2019 enthaltene Aufforderung hin werden im Stabilitätsprogramm 2019 die erheblichen Haushaltsauswirkungen des Einsturzes der Morandi-Brücke bei Genua und der außergewöhnlich ungünstigen Witterungsverhältnisse im Jahr 2018 bekräftigt, und es werden ausreichend Belege für Umfang und Art der zusätzlichen Haushaltsbelastung geliefert. Dem Stabilitätsprogramm 2019 zufolge umfasst der Haushaltsplan 2019 außergewöhnliche Ausgaben im Umfang von rund 0,2 % des BIP für ein außerordentliches Instandhaltungsprogramm für das Straßennetz und einen Vorsorgeplan zur Begrenzung der hydrogeologischen Risiken. Aufgrund des unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Einsturz der Morandi-Brücke bei Genua und den ungünstigen Witterungsverhältnissen im Jahr 2018 kamen die Ausgaben für die außerordentliche Straßeninstandhaltung und die Eindämmung hydrogeologischer Risiken für eine Sonderbehandlung im Rahmen der Klausel für außergewöhnliche Ereignisse in Frage. Der Kommission zufolge belaufen sich die berücksichtigungsfähigen zusätzlichen Ausgaben für diese Maßnahmen im Jahr 2019 auf 0,18 % des BIP. Die Bestimmungen nach Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ermöglichen eine Berücksichtigung dieser zusätzlichen Ausgaben, da der Einsturz der Morandi-Brücke bei Genau und die außergewöhnlich ungünstigen Witterungsverhältnisse als außergewöhnliche Ereignisse betrachtet werden, die erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen Italiens haben, deren Tragfähigkeit aber durch die Gewährung einer vorübergehenden Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel nicht gefährdet würde. Im Frühjahr 2020 wird auf der Grundlage der von den italienischen Behörden übermittelten erhobenen Daten für 2019 eine endgültige Bewertung vorgenommen, die auch die berücksichtigungsfähigen Beträge umfasst.

(9)

Am 13. Juli 2018 empfahl der Rat Italien sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben (7) im Jahr 2019 0,1 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2019 davon aus, dass im Jahr 2019 die Gefahr einer erheblichen Abweichung vom empfohlenen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel besteht. An dieser Schlussfolgerung würde sich auch dann nichts ändern, wenn die Auswirkungen des außerordentlichen Instandhaltungsprogramms für das Straßennetz nach dem Einsturz der Morandi-Brücke in Genua und eines Vorsorgeplans zur Begrenzung der hydrogeologischen Risiken aufgrund außergewöhnlich ungünstiger Witterungsverhältnisse auf den Haushalt im Jahr 2019 bei der Betrachtung der Vorgaben der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts unberücksichtigt blieben.

(10)

Angesichts einer gesamtstaatlichen Schuldenquote von über 60 % des BIP und der prognostizierten Produktionslücke von - 0,1 % des BIP sollten die gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben 2020 nominal um 0,1 % zurückgehen; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP nach der im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts vereinbarten gemeinsamen Anforderungsmatrix. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2019 davon aus, dass 2020 bei einer unveränderten Politik die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Anforderung besteht. Italien wird die Schuldenregel in den Jahren 2019 und 2020 voraussichtlich nicht einhalten. Bei einem Stand von rund 132 % des BIP macht es die hohe öffentliche Schuldenquote Italiens erforderlich, umfangreiche Mittel zur Deckung des Schuldendienstes einzusetzen, die daher in stärker wachstumsfördernden Bereichen wie Bildung, Innovation und Infrastruktur fehlen. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass ab 2019 die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts einzuhalten. Es wäre wichtig, unerwartete Mehreinnahmen zum weiteren Abbau der gesamtstaatlichen Schuldenquote einzusetzen.

(11)

Das italienische Steuersystem belastet die Produktionsfaktoren weiterhin stark, was sich nachteilig auf das Wirtschaftswachstum auswirkt. Die hohe Steuer- und Abgabenbelastung der Faktoren Arbeit und Kapital hemmt Beschäftigung und Investitionen. Der Haushaltsplan 2019 sieht eine steuerliche Entlastung von Selbstständigen und kleinen Unternehmen vor. Die steuerliche Gesamtbelastung der Unternehmen und insbesondere der Finanzinstitute hat sich jedoch vorübergehend erhöht. Weniger wachstumsschädliche Steuerquellen wie z. B. Immobilien und Konsum werden nur unzureichend genutzt, sodass im Hinblick auf eine Verlagerung der steuerlichen Belastung von den Faktoren Arbeit und Kapital auf haushaltsneutrale Besteuerungsquellen weiterhin Spielraum besteht. Die periodische Immobiliensteuer auf den Erstwohnsitz wurde im Jahr 2015 auch für reichere Haushalte abgeschafft. Darüber hinaus sind die als Grundlage für die Berechnung der Immobiliensteuer herangezogenen Grundstücks- und Immobilienwerte (auch „Katasterwerte“) größtenteils veraltet, und eine Reform zur Anpassung an die aktuellen Marktwerte steht noch aus. Zahl und Umfang der Steuervergünstigungen sind — insbesondere bei den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen — hoch, und ihre Straffung wurde in den letzten Jahren systematisch aufgeschoben. Ferner kann die Belastung für Unternehmen und Haushalte, die ihren steuerlichen Verpflichtungen nachkommen, weiter verringert werden, indem die Steuergesetzgebung vereinfacht und insgesamt für größere Steuerehrlichkeit gesorgt wird. Insbesondere die Mehrwertsteuerlücke (die Differenz zwischen den theoretischen und den tatsächlich erhobenen Mehrwertsteuereinnahmen) Italiens zählt zu den höchsten in der Union. Dies liegt unter anderem in Italiens hohem Maß an Steuerhinterziehung begründet, insbesondere im Zusammenhang mit unterlassenen Rechnungsstellungen. Die obligatorische elektronische Rechnungsstellung für alle geschäftlichen Transaktionen mit Endverbrauchern stellt eine begrüßenswerte Maßnahme zur Schließung dieser Lücke dar. Allerdings sind die Obergrenzen für Barzahlungen in den letzten Jahren angehoben worden, sodass elektronische Zahlungsmittel in der Praxis unter Umständen weniger genutzt werden. Durch die Förderung elektronischer Zahlungsmittel hingegen könnte in höherem Maße zur Rechnungsstellung angeregt und somit für größere Steuerehrlichkeit gesorgt werden.

(12)

Die Ausgaben Italiens für Renten gehören mit etwa 15 % des BIP im Jahr 2017 zu den höchsten in der Union und dürften aufgrund des sich verschlechternden Altersabhängigkeitsquotienten mittelfristig weiter steigen. Der Haushaltsplan 2019 und das Gesetzesdekret vom Januar 2019 zur Umsetzung der neuen Frühpensionierungsregelung bewirken Rückschritte gegenüber Elementen früherer Rentenreformen, was die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen mittelfristig verschlechtern wird. Diese neuen Bestimmungen werden mittelfristig zu einem weiteren Anstieg der Rentenausgaben führen. Die neue Frühpensionierungsregelung („quota 100“) wird es ermöglichen, zwischen 2019 und 2021 im Alter von 62 Jahren in Rente zu gehen, sofern 38 Beitragsjahre vorgewiesen werden können. Darüber hinaus wurde der Anwendungsbereich der bestehenden Bestimmungen zur Frühpensionierung ausgeweitet, indem unter anderem die im Zuge vergangener Rentenreformen eingeführte Indexierung des erforderlichen Mindestbeitrags auf der Grundlage der Lebenserwartung bis 2026 ausgesetzt wurde. Im Hinblick auf diese Bestimmungen wurden im Haushaltsplan 2019 Mittel in Höhe von 0,2 % des BIP für 2019 und 0,5 % des BIP für 2020 und 2021 veranschlagt; allerdings werden auch für die darauffolgenden Jahre zusätzliche Kosten erwartet. Die hohen öffentlichen Ausgaben für Renten schränken andere soziale und wachstumsfördernde Ausgaben in Bereichen wie Bildung und Investitionen ein und verringern die Möglichkeiten zur Reduzierung der insgesamt hohen steuerlichen Belastung sowie des hohen öffentlichen Schuldenstands. Die erweiterten Möglichkeiten einer Frühpensionierung könnten sich zudem negativ auf das Angebot an Arbeitskräften auswirken, zumal Italien beim Anteil der Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitskräfte (55–64-Jährige) ohnehin bereits unter dem Unionsdurchschnitt liegt, und folglich das Potenzialwachstum hemmen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Verschuldung verringern. Um den Anstieg der Rentenausgaben zu begrenzen, sollten bereits verabschiedete Rentenreformen zur Eindämmung der sich aus der Bevölkerungsalterung ergebenden Verbindlichkeiten vollständig umgesetzt werden. Einsparungen könnten — unter Achtung der Grundsätze der Gerechtigkeit und der Verhältnismäßigkeit — ferner durch Eingriffe bei den hohen Rentenansprüchen, die nicht durch entsprechende Beiträge gedeckt sind, erzielt werden.

(13)

Trotz des Konjunkturrückgangs nahm die Beschäftigung im Jahr 2018 weiter zu, wenn auch etwas langsamer als im Vorjahr. Die Zahl der erwerbstätigen Personen stieg zum Jahresende auf 23,2 Mio. und übertraf somit das Vorkrisenniveau. In der Altersgruppe der 20-64-Jährigen stieg die Beschäftigungsquote im letzten Jahr auf 63 %, liegt jedoch nach wie vor weit unter dem Unionsdurchschnitt (73,2 %). Außerdem bestehen erhebliche regionale Unterschiede, und der Arbeitsmarkt ist weiterhin segmentiert, wobei der Anteil befristeter Beschäftigungsverhältnisse 2018 weiter zugenommen hat. Die Arbeitslosenquote ging auf 10,6 % zurück. Die Langzeit- und die Jugendarbeitslosigkeit sind nach wie vor hoch, was sich belastend auf das Potenzialwachstum und den sozialen Zusammenhalt auswirkt. Nichterwerbstätigkeit ist vor allem bei Frauen, Geringqualifizierten und jungen Menschen verbreitet. Darüber hinaus war der Anteil junger Menschen (15–24-Jährige), die sich weder in Beschäftigung noch in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung befanden, im Jahr 2018 mit 19,2 % der höchste in der Union. Auch unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung ist weitverbreitet, was auf eine anhaltende Unterauslastung des Arbeitsmarktes hindeutet.

(14)

Die Einkommensungleichheit und das Armutsrisiko sind hoch und weisen große regionale und territoriale Unterschiede auf. Im Jahr 2017 waren 28,9 % der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht; dieser Wert liegt über dem Vorkrisenniveau und deutlich über dem Unionsdurchschnitt im Jahr 2017 (22,4 %). Besonders betroffen sind Kinder, vor allem Kinder mit Migrationshintergrund. Die Erwerbsarmut ist hoch und nimmt weiter zu, insbesondere bei Arbeitnehmern mit befristetem Beschäftigungsverhältnis und Menschen mit Migrationshintergrund. Selbstständige, die 20,8 % der Erwerbsbevölkerung ausmachen (gegenüber einem Unionsdurchschnitt von 13,7 %), sind insgesamt weniger gegen soziale Risiken abgesichert als Arbeitnehmer. Eine weitere Herausforderung stellt der Zugang zu bezahlbarem und angemessenem Wohnraum dar. Außerdem erfolgt die Erbringung sozialer Dienstleistungen nach wie vor lückenhaft, und es besteht weiterhin Entwicklungsbedarf. Die sozialen Transferleistungen zur Verringerung von Armut und Ungleichheit gehören zu den unwirksamsten in der Union. Die 2018 eingeführte Armutsbekämpfungsregelung wurde durch eine neue umfassende Regelung (Grundeinkommen) ersetzt, mit der weiterhin eine Strategie der aktiven Eingliederung verfolgt wird, die allerdings gewissen Bedingungen unterliegt. Der erhebliche Verwaltungsaufwand für Arbeitsvermittlungs- und Sozialdienste stellt eine Herausforderung für die Umsetzung dieser Reform dar. Ihre konkreten Auswirkungen werden von der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Eingliederung von Menschen in Beschäftigungsverhältnisse oder Fortbildungsangebote, dem Umfang der Bereitstellung personalisierter Sozialdienstleistungen sowie von Kontrollen abhängen. Insbesondere die tatsächliche Eignung der Reform, die bedürftigsten Menschen zu erreichen, wird ihre Auswirkungen im Hinblick auf die Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung beeinflussen. Die Ergebnisse bei der Gesundheitsversorgung sind insgesamt positiv, wenngleich die Ausgaben unter dem Unionsdurchschnitt liegen. Bei der Erbringung von Gesundheitsversorgungsleistungen gibt es allerdings große regionale Unterschiede, was sich in ihrer Verfügbarkeit, Ausgewogenheit und Effizienz niederschlägt; sie könnte durch eine bessere Verwaltung und die Überwachung der Erbringung grundlegender Dienstleistungen verbessert werden. Die Stärkung der häuslichen Betreuung, der Betreuung in der lokalen Gemeinschaft sowie der Langzeitpflege spielt bei der Unterstützung von Menschen mit Behinderung und anderen benachteiligten Gruppen eine entscheidende Rolle.

(15)

Nicht angemeldete Erwerbstätigkeit ist in Italien, insbesondere in den südlichen Regionen, weitverbreitet. Schätzungen des italienischen Statistikamts zufolge belief sich der Umfang der nicht erfassten Wirtschaftstätigkeiten 2016 auf etwa 210 Mrd. EUR (12,4 % des BIP). Davon entfielen etwa 37,2 % auf nicht angemeldete Erwerbstätigkeiten. Besonders schutzbedürftige Gruppen wie Migranten, Frauen und Minderjährige sind davon betroffen. Das neu eingerichtete Nationale Arbeitsinspektorat, das seine Arbeit im Jahr 2017 aufgenommen hat, hat sich eingehend mit dem Phänomen des sogenannten „Caporalato“-Systems im Landwirtschaftssektor befasst, das von einer hohen Unregelmäßigkeit und einer Gefahr der Arbeitsausbeutung, insbesondere für irreguläre Migranten, geprägt ist. Zur Bekämpfung und Prävention von nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit und von Arbeitsausbeutung sowie zur Gewährleistung gerechter und sicherer Arbeitsbedingungen sind eine aufmerksame Überwachung der kürzlich verabschiedeten Maßnahmen sowie weitere Schritte erforderlich. Darüber hinaus ist es wichtig sicherzustellen, dass mit der praktischen Umsetzung des Grundeinkommens möglichst große Anreize für reguläre Arbeit und die Umwandlung von nicht angemeldeten Erwerbstätigkeiten in reguläre Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden, und zwar durch eine enge Überwachung und positive Anreize.

(16)

Für die Umsetzung der neuen Grundeinkommensregelung ist es von entscheidender Bedeutung, die öffentlichen Arbeitsvermittlungsstellen zu stärken, indem mehr Ressourcen bereitgestellt werden und die Qualität der Dienstleistungen erhöht wird. Im Zusammenhang mit dieser neuen Regelung, die ein Grundeinkommen für Geringverdiener und Arbeitslose vorsieht, sind wirksame aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ein wichtiges Instrument, um Friktionen am Arbeitsmarkt zu verringern und Anreize für die Erwerbsbeteiligung zu schaffen. In dieser Hinsicht ist es unbedingt erforderlich, dass Arbeitsvermittlungsstellen mit ausreichendem und qualifiziertem Personal ausgestattet werden. Eine wirksame Unterstützung bei der Arbeitssuche, die auf die Stärkung von Aus-und Weiterbildungsmaßnahmen ausgerichtet ist, ist von grundlegender Bedeutung, wenn es darum geht, die Arbeitskräftemobilität zu verbessern und Erwerbstätige mit den notwendigen Kompetenzen für künftige Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt und ein zunehmend schwieriges und wettbewerbsgeprägtes Arbeitsumfeld auszustatten. Kürzlich wurden einige Schritte unternommen, um aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wirksamer zu gestalten; dazu gehören die Festlegung von Monitoring-Indikatoren und Mindestnormen, die Verabschiedung einer Strategie für Langzeitarbeitslose und die Entwicklung eines Instruments zur qualitativen Profilerstellung („Profiling“). Dennoch sind die allgemeine Effizienz öffentlicher Arbeitsvermittlungsstellen und ihr Erfolg bei der Eingliederung von Menschen ins Arbeitsleben nach wie vor gering; die entsprechende Bilanz zeigt große regionale Unterschiede auf, während die Integration sozial- und bildungspolitischer Maßnahmen begrenzt ist. Auch die Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern ist unzureichend.

(17)

Das Beschäftigungsgefälle zwischen Frauen und Männern in Italien gehört weiterhin zu den größten in der Union; die Beschäftigungsquote von Frauen ist zwar geringfügig gestiegen, liegt aber weit unter dem Unionsdurchschnitt (53,1 % gegenüber 67,4 % im Jahr 2018). Die Investitionen in Betreuungseinrichtungen und die Erwerbsbeteiligung von Frauen sind weiterhin unzureichend; gleiches gilt für Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit sowie geeignete Strategien für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Auch eine umfassende Strategie zur Förderung der Erwerbsbeteiligung von Frauen ist bislang nicht vorhanden. Zwar wurde die obligatorische Elternzeit für Väter geringfügig erhöht (von vier auf fünf Tage), doch ist die Elternurlaubsregelung nach wie vor unangemessen. Genau wie die nur unzureichend entwickelten Kinderbetreuungs- und Langzeitpflegedienste hindert dies Frauen mit Kindern oder anderen pflegebedürftigen Familienangehörigen häufig daran, einer Beschäftigung nachzugehen. Im Jahr 2017 nahmen nur 28,6 % der Kinder unter drei Jahren formelle frühkindliche Erziehungsdienste wahr; dieser Wert liegt deutlich unter dem Unionsdurchschnitt. Investitionen in Kinderbetreuungs-, Gesundheitsversorgungs- und Langzeitpflegeangebote sollten dem starken geografischen Gefälle bei der Verfügbarkeit solcher Dienstleistungen Rechnung tragen. Zudem verringert die hohe Steuer- und Abgabenbelastung für Zweitverdiener den finanziellen Anreiz für Frauen, eine Beschäftigung aufzunehmen. Durch eine höhere Erwerbsbeteiligungsquote bei Frauen sowie eine allgemein höhere Erwerbsquote könnten das Wirtschaftswachstum durch die damit verbundene Erhöhung des Arbeitskräfteangebots angekurbelt, die Armut gelindert und die sich aus der Bevölkerungsalterung ergebenden sozialen und finanziellen Risiken gemindert werden.

(18)

Die ursprünglich angestrebte Reform des Rahmens für Tarifverhandlungen zielte darauf ab, Löhne und Gehälter stärker an die wirtschaftlichen Bedingungen auf regionaler und auf Unternehmensebene anzupassen. Im März 2018 unterzeichnete Confindustria einen Rahmentarifvertrag mit den drei großen italienischen Gewerkschaften (Cgil, Cisl und Uil), um Lohnverhandlungen auf Betriebsebene auszuweiten. Darüber hinaus sorgt der Vertrag aufgrund klarerer Vorschriften für die Vertretung der Sozialpartner bei Verhandlungen für mehr Rechtssicherheit und führt einen verbesserten Algorithmus zur Bestimmung von Mindestlöhnen ein. Die erste Durchführungsvereinbarung betreffend Vertretung, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz wurde Ende 2018 vom Arbeitgeberverband und den drei wichtigsten Gewerkschaften unterzeichnet.

(19)

Investitionen in die allgemeine und die berufliche Bildung sind von grundlegender Bedeutung, um ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu fördern. Italiens schleppende Produktivitätsentwicklung wird durch Mängel im Schul- und Berufsbildungssystem sowie die schwache Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften beeinträchtigt. Die Verbesserung der Qualität des Schul- und Berufsbildungssystems stellt eine große Herausforderung dar. Die die Quote der frühzeitigen Schulabgänger liegt nach wie vor deutlich über dem Unionsdurchschnitt (14,5 % gegenüber 10,6 % im Jahr 2018), und es gibt große regionale und territoriale Unterschiede bei den Bildungsergebnissen. Wenngleich der Anteil der für die Grund- und Sekundarschulbildung bereitgestellten Finanzmittel weitestgehend dem Unionsdurchschnitt entspricht, könnten weitere Anstrengungen zur Anwerbung, ordnungsgemäßen Einstellung und Motivation von Lehrkräften zu einer Verbesserung der Lernergebnisse führen. Das Einstellungssystem basiert zu sehr auf Wissen anstatt auf Kompetenzen, und die pädagogische Komponente ist unzureichend. Darüber hinaus sind die Lehrergehälter in Italien im internationalen Vergleich sowie im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern mit Hochschulabschluss weiterhin niedrig. Im Vergleich zu ausländischen Kollegen werden höhere Gehaltsstufen nur langsamer erreicht, und die Karriereaussichten sind aufgrund der einzigen Laufbahn begrenzter. Außerdem beruhen Beförderungen ausschließlich auf dem Dienstalter und nicht auf der Leistung. Dies mindert die Attraktivität des Lehrerberufs für hochqualifizierte Personen ganz erheblich und entmutigt das Lehrpersonal; dies wirkt sich wiederum nachteilig auf die Lernergebnisse von Schülern aus. Das Lehrlingsausbildungssystem hatte in den letzten Jahren Fahrt aufgenommen, wurde jedoch durch verabschiedete Maßnahmen wieder ausgebremst. Im Hinblick auf Schlüsselkompetenzen und Grundfertigkeiten schneiden Schüler bzw. Studierende und Erwachsene in Italien auf Unionsebene mit am schlechtesten ab. Die Beteiligung von Erwachsenen an Bildungsmaßnahmen ist sehr gering und nimmt weiter ab, und das Beschäftigungsgefälle zwischen Gering- und Hochqualifizierten gehört zu den höchsten in der Union. Besonders notwendig sind Weiterbildungsmaßnahmen zur Förderung digitaler Kompetenzen. Bei der Entwicklung der digitalen Kompetenzen und Infrastrukturen wurden bislang begrenzte Fortschritte erzielt. Investitionen in Humankapital sind eine Voraussetzung für die Ankurbelung öffentlicher und privater Investitionen, und bei den derzeitigen Maßnahmen zur Förderung digitaler Kompetenzen und von Erwachsenenbildung fehlt ein umfassender Ansatz. Auch bei grundlegenden und fortgeschrittenen digitalen Kompetenzen liegt Italien unter dem Unionsdurchschnitt: So verfügen in der Altersgruppe der 16-bis74-Jährigen nur 44 % über grundlegende digitale Kompetenzen (gegenüber 57 % in der Union).

(20)

Die schwachen Investitionen in Kompetenzen verlangsamen Italiens Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft, hemmen das Produktivitätswachstum und schränken das Potenzial zur Verbesserung der nichtpreislichen Wettbewerbsfähigkeit und des BIP-Wachstums ein. Durch die Lücken im Bildungssystem lässt sich auch die im Vergleich zu anderen Ländern geringe Produktivität von Klein- und Kleinstunternehmen in Italien erklären. Die Hochschulen sind unterfinanziert und personell unterbesetzt, und das Angebot an berufsorientierter Hochschulbildung ist trotz eines hohen Grades an Beschäftigungsfähigkeit begrenzt. Der Anteil der Hochschulabsolventen ist nach wie vor niedrig (27,9 % der Bevölkerung im Alter von 30 bis 34 Jahren im Jahr 2018) und geht mit einer relativ geringen Verfügbarkeit von Hochschulabsolventen, insbesondere im wissenschaftlichen und technischen Bereich, einher; gezielte Investitionen in Kompetenzen sind eine Voraussetzung für die Förderung öffentlicher und privater Investitionen, vor allem in immaterielle Vermögenswerte. Hochschulstudien in Bereichen mit Relevanz für wissensintensive Sektoren müssen gefördert und spezifische Kompetenzen wie digitale und finanzielle Fertigkeiten gestärkt werden.

(21)

Strategien zur Produktionssteigerung, beispielsweise durch Innovation bei Produkten, Verfahren oder Organisation, werden von kleineren Unternehmen nach wie vor nur begrenzt übernommen, was insbesondere für Süditalien gilt. Die Investitionen in immaterielle Vermögenswerte liegen seit Beginn der 2000er-Jahre deutlich unter dem Unionsdurchschnitt. Die Ausgaben der Unternehmen für Forschung und Entwicklung sind nur etwa halb so hoch wie der Durchschnitt im Euro-Währungsgebiet. Die öffentliche Förderung von Unternehmensausgaben für Forschung und Entwicklung ist weiterhin gering, nimmt jedoch aufgrund größerer Steueranreize zu. Auch die öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung liegen unter dem Durchschnitt im Euro-Währungsgebiet. Die geringe Innovationsleistung könnte zudem den Übergang zu einer umweltverträglicheren Wirtschaft verlangsamen. Um die Innovationsleistung Italiens zu verbessern, sind weitere Investitionen in immaterielle Vermögenswerte sowie eine stärkere Ausrichtung auf den Technologietransfer erforderlich, wobei auch regionale Schwächen sowie die Größe der Unternehmen berücksichtigt werden sollten. Vor kurzem wurden im Haushaltsplan einige Maßnahmen angekündigt, um innovative Technologien zu fördern. Die öffentliche Förderung von Unternehmensausgaben für Forschung und Entwicklung kann verbessert werden, indem ein ausgewogener Mix direkter und indirekter Maßnahmen angenommen und eine eingehende Prüfung der derzeitig bestehenden vorläufigen Steueranreize — mit dem Ziel einer dauerhaften Einführung der effizientesten Anreize — durchgeführt wird. Durch Maßnahmen zur Förderung von Wissen (wie z. B. die Schaffung von Technologieclustern) und der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen werden kleinere Unternehmen insbesondere dabei unterstützt, diese Schwierigkeiten anzugehen und ihre geringe Produktivität zu steigern.

(22)

Investitionen sind notwendig, um die Qualität und langfristige Belastbarkeit der Infrastrukturen in Italien zu erhöhen. Was den Verkehrssektor betrifft, so hat Italien seine Investitionsstrategie für die Infrastruktur („Connettere l’Italia“) bislang nicht umgesetzt. Bei der Durchführung der geplanten Investitionen in den Bereichen Schienenverkehr, Straßenverkehr und nachhaltige städtische Mobilität wurden sehr geringe Fortschritte erzielt. Dies ist auf verwaltungstechnische Verzögerungen, Ineffizienz bei den Ausgaben, eine unvollständige Umsetzung der neuen Vergabe- und Konzessionsvorschriften sowie auf Rechtsstreitigkeiten zurückzuführen. Der Verkehrsanzeiger der Union verdeutlicht, dass die Qualität der Infrastruktureinrichtungen in Italien unter dem Unionsdurchschnitt liegt. Im Hinblick auf den allgemeinen Reparaturstand besteht Anlass zur Besorgnis, wie am Beispiel der eingestürzten Morandi-Brücke bei Genua deutlich wurde. Die Regierung hat Instandhaltung und Sicherheit Vorrang eingeräumt, indem sie einen Plan zur Überwachung des Instandhaltungsstatus sämtlicher Infrastruktureinrichtungen erarbeitet und eine neue Behörde für die Sicherheit der Schienen- und Straßeninfrastruktur ins Leben gerufen hat. In diesem Zusammenhang wurde Italien für den Haushalt 2019 nach den Haushaltsvorschriften der Union für einen Investitionsplan zur Sicherung von Straßeninfrastruktureinrichtungen wie etwa der Morandi-Brücke eine Abweichung von 1 Mrd. EUR gewährt. Auch Investitionen in nachhaltige Verkehrs- und Infrastrukturlösungen stellen eine Möglichkeit dar, Umweltherausforderungen anzugehen. Um die hochgesteckten Energie- und Klimaziele der Union für 2030 zu erreichen, sind nachhaltige umweltfreundliche Investitionen erforderlich. Der integrierte nationale Energie- und Klimaplan stellt eine wichtige Orientierungshilfe dar, wenn es um die Bestimmung des Investitionsbedarfs in den Bereichen Verringerung der CO2-Emissionen und Energie geht. Investitionen sind notwendig, um die Energieinfrastruktur zu verbessern; dies würde zu einem widerstandsfähigeren, saubereren, sichereren und flexibleren Energiesystem beitragen und gleichzeitig die Marktintegration fördern und die Preisunterschiede verringern. Das italienische Elektrizitätsnetz ist für den zunehmenden grenzüberschreitenden Stromhandel und die für 2030 prognostizierte Vielzahl variabler erneuerbarer Energiequellen noch nicht hinreichend gerüstet. Investitionen in die Prävention hydrogeologischer und seismischer Risiken sind erforderlich, um Soforthilfeausgaben zu senken, unter anderem für Infrastruktureinrichtungen. Für den Haushalt 2019 wurde Italien nach den Haushaltsvorschriften der Union eine Abweichung von 2,1 Mrd. EUR gewährt, um die Prävention größerer hydrogeologischer Risiken sicherzustellen. Schließlich sind trotz der nach wie vor bestehenden Risiken im Zusammenhang mit Wasserknappheit und Dürren wirksame Investitionen in die Abfallbewirtschaftung und die Wasserinfrastruktur in Süditalien unzureichend. Die Fragmentierung des Sektors stellt wie auch das schwache Kreditprofil kleinerer Marktteilnehmer ein Hindernis für Investitionen dar. Investitionen wie unter anderem zur Bekämpfung des Klimawandels, zur Förderung von ökologischer Nachhaltigkeit und Risikovorsorge sowie zur Anbindung ländlicher Gebiete würden zudem dazu beitragen, regionale Ungleichheiten zu verringern. In den ländlichen Gebieten ist zudem das Breitbandnetz weniger ausgebaut. Im Hinblick auf die Abdeckung durch ultraschnelle Breitbandnetze (mindestens 100 Mbit/s) ist Italien weiterhin rückständig (24 % gegenüber dem Unionsdurchschnitt von 60 %) und liegt — bei einer nach wie vor sehr schwachen Wachstumsrate — nur an 27. Stelle. Sowohl bei der Breitbandversorgung als auch bei der Breitbandnutzung liegen die Werte Italiens weit unter dem Unionsdurchschnitt.

(23)

Die insbesondere auf lokaler Ebene unzureichenden Kapazitäten des öffentlichen Sektors bei der Verwaltung von Finanzmitteln stellen aufgrund komplizierter Verfahren, der Überschneidung von Zuständigkeiten und einer schlechten Verwaltung des öffentlichen Dienstes sektorübergreifend ein Hindernis für Investitionen dar. Aufgrund unzureichender Kompetenzen im öffentlichen Sektor sind die Kapazitäten bei der Bewertung, Auswahl und Verwaltung von Investitionsvorhaben begrenzt. Dies beeinträchtigt auch den Einsatz von Fördergeldern der Union; in dieser Hinsicht liegt Italien nach wie vor unter dem Unionsdurchschnitt. Die niedrigere Verwaltungsqualität in Süditalien schränkt die dortigen Ausgaben- und Politikgestaltungskapazitäten erheblich ein. Die Verbesserung der Verwaltungskapazitäten ist eine Voraussetzung für die wirksame Durchführung öffentlicher Investitionen sowie die Verwendung von Fördergeldern der Union und wirkt sich positiv auf private Investitionen und das BIP-Wachstum aus. Solche Verbesserungen könnten die Wirkung von Investitionen in den Bereichen Breitband, Verkehr, Wasserbewirtschaftung sowie Kreislaufwirtschaft erhöhen, und zwar insbesondere in Süditalien, das vor allem im Hinblick auf immaterielle Investitionen hinterherhinkt. Würden die Verwaltungskapazitäten zentraler und lokaler Behörden erhöht, würde dies die Planung, Bewertung und Überwachung von Investitionsvorhaben sowie die Ermittlung und Bewältigung möglicher Engpässe erleichtern.

(24)

Die Erhöhung der Effizienz der öffentlichen Verwaltung in Italien hätte positive Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen für Unternehmen, die Investitionstätigkeit und die Fähigkeit von Unternehmen, Innovationschancen zu nutzen. Im Jahr 2015 wurde ein umfassendes Gesetz zur Reformierung der öffentlichen Verwaltung angenommen. Im Zuge dieser Reform wurden die meisten Ursachen mangelnder Effizienz wie unter anderem die Dauer und Komplexität der Verfahren, der Mangel an Transparenz, die ineffiziente Verwaltung des öffentlichen Dienstes sowie staatlicher Unternehmen und eine unzureichende Digitalisierung angegangen. Die Reform ist seit Ende 2017 größtenteils umgesetzt und findet derzeit Anwendung; dazu soll auch das neue Gesetz für eine konkretere öffentliche Verwaltung („Disegno di Legge ’Concretezza‘“) beitragen. Uneinheitliche Planung, begrenzte finanzielle Ressourcen und eine unzureichende Koordinierung verzögern jedoch die Einführung digitaler öffentlicher Dienste in zentralen Bereichen wie Online-Zahlungssystemen, die zu einer Verringerung der Komplexität und einer Erhöhung der Transparenz beitragen würden. Das hohe Durchschnittsalter und die durchschnittlich geringen digitalen Kompetenzen von öffentlich Bediensteten verlangsamen diesen Prozess zusätzlich. Dennoch führen klare Zielsetzungen und eine wirksame Umsetzung zu sichtbaren Ergebnissen, wie dies in den Fällen der zügigen Einrichtung des elektronischen Marktes für die Vergabe öffentlicher Aufträge („Mercato elettronico della pubblica amministrazione“) und der elektronischen Rechnungsstellung deutlich wurde. Die Reform der öffentlichen Verwaltung von 2015 sah auch einen neuen Rahmen zur Reformierung der Verwaltung lokaler öffentlicher Dienstleistungen vor. Im November 2016 erklärte das italienische Verfassungsgericht das zum Erlass einiger Gesetzesdekrete — darunter auch das Dekret für lokale öffentliche Dienstleistungen — angewandte Verfahren jedoch für verfassungswidrig. Folglich ist eine neue Gesetzesinitiative erforderlich, um die Effizienz und Qualität lokaler öffentlicher Dienstleistungen zu fördern, unter anderem indem wettbewerbsfähigen Angeboten Vorrang gegenüber internen Lösungen eingeräumt wird, oder aber durch direkte Finanzhilfen.

(25)

Im aktualisierten Wirtschafts- und Finanzdokument 2018 („NADEF 2018“) wurden die Projektvorbereitung und die Verbesserung der Qualität des Projektzyklus als grundlegende Faktoren für die Wiederankurbelung wirksamer Investitionsausgaben in Italien ermittelt. Zudem wurde in diesem Dokument die Einrichtung eines spezifischen Fonds für die Vorbereitung und Prüfung wichtiger Infrastrukturprojekte gemeldet. Ein weiterer Fonds wurde für die Vorbereitung kleinerer, von lokalen Behörden durchgeführter Projekte vorgesehen. Jedoch wurde bislang für keinen der beiden Fonds ein Durchführungsdekret erlassen, und die für die Fonds vorgesehene Mittelausstattung könnte geringer ausfallen, als im DEF 2018 ursprünglich veranschlagt. Im Haushaltsgesetz für 2019 wird die Einrichtung einer Zentrale für die Planung öffentlicher Projekte („Centrale per la progettazione“) erwähnt, jedoch ist diese noch nicht einsatzbereit, und ihre Einrichtung scheint längerfristiger Bemühungen zu bedürfen. Was den Gesichtspunkt der Funktionalität anbelangt, so ist nicht klar, wie die Zentrale mit Gemeinden und anderen lokalen Behörden interagieren wird.

(26)

Bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen würden das Unternehmertum fördern, und bessere wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen würden dazu führen, dass Ressourcen effizienter zugewiesen und Produktivitätsgewinne erzielt werden. Das im August 2017 angenommene jährliche Wettbewerbsgesetz 2015 muss ordnungsgemäß umgesetzt werden. Darüber hinaus bestehen in bestimmten Bereichen, so etwa bei unternehmensorientierten Dienstleistungen und im Einzelhandel, weiterhin erhebliche Hindernisse für den Wettbewerb. Eine bessere Qualität des Rechtsrahmens würde gleiche Wettbewerbsbedingungen für innovative Plattformen und traditionelle Marktteilnehmer sicherstellen und sektorübergreifend das volle Potenzial der kollaborativen Wirtschaft sowie eines faireren Wettbewerbs freisetzen. Durch mehr wettbewerbliche Verfahren für die Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen und Konzessionen für den Zugang zu öffentlichen Gütern würde die Qualität der Dienstleistungen steigen. Die mangelnde regulatorische Stabilität im öffentlichen Auftragswesen könnte einige der zentralen Vorteile vorheriger Reformen zunichtemachen und zur Zurückstellung von Investitionen beitragen. Die Marktüberwachung für Produkte ist auf verschiedene Organisationen verteilt und weist zahlreiche Überschneidungen auf; zudem mangelt es an effizienten Koordinierungssystemen. Dies führt zu einer geringeren Wirksamkeit der Kontrollen zur Verhinderung eines unlauteren Wettbewerbs aufgrund nicht konformer Unternehmen.

(27)

Die geringe Effizienz der italienischen Zivilgerichtsbarkeit bietet nach wie vor Anlass zur Besorgnis. Im Jahr 2017 lag Italien im Hinblick auf die Zeitspanne bis zur Entscheidung in zivil- und handelsrechtlichen Verfahren in allen Instanzen unionsweit nach wie vor an letzter Stelle. Wenngleich bei der Dauer erstinstanzlicher Verfahren gegenüber 2016 eine Zunahme verzeichnet wurde, beginnen frühere Reformen, sich positiv auf die Dauer von Verfahren in höheren Instanzen auszuwirken; dennoch besteht im Hinblick auf die Eindämmung missbräuchlicher Prozessführung und die Gewährleistung einer effizienteren Funktionsweise der Gerichte weiterhin Raum für Verbesserungen. Im Falle des Kassationsgerichtshofs wirkt sich die Koinzidenz einer hohen Anzahl neuer Rechtssachen und einer niedrigen Verfahrensabschlussquote in der Steuerkammer negativ auf die Effizienz des Gerichtshofs aus und wirft Bedenken hinsichtlich der Steuergerichtsbarkeit in erster und zweiter Instanz auf. Insgesamt könnte eine angemessene Anwendung einfacherer Verfahrensregeln dazu beitragen, zivilrechtliche Gerichtsverfahren maßgeblich zu beschleunigen. In diesem Zusammenhang wurde eine Reform zur Straffung des Zivilprozessrechts angekündigt; diese wurde jedoch nicht dem Parlament vorgelegt. Weitere Herausforderungen sind die nach wie vor begrenzte und uneinheitliche Anwendung der Unzulässigkeitsprüfung für Berufungen in zweiter Instanz, die zahlreichen unbesetzten Stellen in der Verwaltung und die fortwährenden Unterschiede zwischen Gerichten bei der Wirksamkeit der Bearbeitung von Rechtssachen.

(28)

Italien hat zuletzt einige Fortschritte bei der Verbesserung seines Rahmens für die Korruptionsbekämpfung erzielt, unter anderem durch einen besseren Schutz von Hinweisgebern, eine stärkere Rolle der nationalen Antikorruptionsbehörde bei dessen Umsetzung und ein neues Antikorruptionsgesetz vom Januar 2019. Letzteres ist darauf ausgerichtet, durch härtere Strafen die Aufdeckung und Verhinderung von Korruption zu begünstigen sowie bessere Ermittlungsmethoden und eine Kronzeugenregelung für Personen, die Korruptionsfälle melden, zu fördern. Das Gesetz sieht zudem eine Aussetzung der Verjährungsfristen nach einer erstinstanzlichen Verurteilung vor, allerdings erst ab 2020. Dabei handelt es sich um einen lange erwarteten positiven Schritt im Einklang mit internationalen Normen. Die Korruptionsbekämpfung ist in Italien jedoch weiterhin ineffizient, was in erster Linie auf die — in Ermangelung einer dringend erforderlichen Reform der Strafprozessordnung, einschließlich des Systems für die Einlegung von Rechtsbehelfen zur Verhinderung missbräuchlicher Klagen — nach wie vor übermäßige Dauer von Strafverfahren zurückzuführen ist. Darüber hinaus weist der Rahmen der strafrechtlichen Verfolgung spezifischer Straftatbestände, wie etwa der Veruntreuung öffentlicher Gelder, nach wie vor Mängel auf.

(29)

Die italienischen Banken haben trotz des fortwährenden Marktdrucks weiterhin große Fortschritte bei der Sanierung ihrer Bilanzen gemacht. Aufgrund ihres hohen Engagements in Staatsanleihen wurde ihre Eigenkapitaldecke jedoch durch die Volatilität der Märkte in Mitleidenschaft gezogen, was Druck auf die Finanzierungskosten ausübte und ihnen den Zugang zu unbesicherten großvolumigen Finanzierungen erschwerte. Um die Finanzstabilität zu wahren und die Kreditvergabe an die Wirtschaft zu fördern, ist insbesondere für kleine und mittlere Banken ein fortwährender Abbau des Bestands an notleidenden Krediten und Krediten, deren Begleichung als unwahrscheinlich gilt, geboten. Durch Fortschritte der Banken, insbesondere der kleineren, bei der Einhaltung aufsichtsrechtlicher Finanzierungsanforderungen würde zudem die Widerstandsfähigkeit des Systems gegenüber externen Schocks erhöht. Es ist zudem wichtig, durch eine Steigerung der Effizienz und eine Optimierung des Geschäftsmodells die strukturell geringe Rentabilität der Banken anzugehen. Eine zeitgerechte Umsetzung der Dekrete zur Reform des Insolvenzrechts würde dazu beitragen, die nach wie vor langsamen Verfahren zur Zwangsvollstreckung und zur Realisierung von Sicherheiten zu beschleunigen und die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors weiter zu stärken. Etwaige Ausgleichsleistungen des Staates an Anteilseigner und private Inhaber nachrangiger Verbindlichkeiten von Banken, die in der Vergangenheit Gegenstand verwaltungstechnischer Liquidationsverfahren waren, sollten strikt darauf ausgerichtet sein, die sozialen Auswirkungen vergangener Fehlverkäufe abzufedern. Die Governance des Bankensystems sollte weiter verbessert werden, indem — nach Schaffung von Rechtsklarheit — die Reform der großen Genossenschaftsbanken von 2015 zügig vollendet wird.

(30)

Bankkredite stellen nach wie vor die wichtigste Finanzierungsquelle für Unternehmen dar. Kleinere und innovative Unternehmen haben jedoch weiterhin Schwierigkeiten, einen Kredit zu erhalten, insbesondere in Süditalien. Der Kapitalmarkt ist im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten unterentwickelt, was unter anderem auf nachfragesenkende Faktoren wie eine unzureichende Finanzbildung, die Angst, die Kontrolle über das Unternehmen zu verlieren, und aufwendige Verwaltungsvorschriften zurückzuführen ist. In den letzten Jahren wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um den Zugang zu Finanzmitteln zu verbessern; zwar waren diese in erster Linie auf Bankenkredite ausgerichtet, doch haben auch marktbasierte Maßnahmen wie Mini-Anleihen, alternative Anlageinstrumente, Risikokapital und direkte öffentliche Unterstützung dazu beigetragen, kleineren und innovativen Unternehmen den Zugang zu Finanzmitteln zu ermöglichen. Durch die im Haushaltsplan 2019 vorgesehene Abschaffung des Eigenkapitalzinsabzugs könnten die Anreize für Unternehmen zur Eigenkapitalfinanzierung sinken. Um den Zugang zu Finanzmitteln von Nichtbanken wirksam zu fördern, ist es notwendig, die Bedürfnisse kleinerer und innovativer Unternehmen sowie die Fähigkeit von Anlegern, Investitionsvorhaben zu bewerten, zu berücksichtigen. Durch eine Diversifizierung der Finanzierungsquellen würden die Investitionen von Unternehmen besser vor Schocks im Bankensektor geschützt und gleichzeitig Innovation und Wachstum gefördert.

(31)

Einige der in den Empfehlungen festgestellten Lücken, insbesondere in den in Anhang D des Länderberichts für 2019 aufgeführten Bereichen, könnten bei entsprechender Programmplanung für den Zeitraum 2021-2027 auch im Rahmen der Unionsfonds angegangen werden. Dies würde es Italien ermöglichen, diese Fonds unter Berücksichtigung der regionalen Unterschiede optimal für die ermittelten Sektoren zu nutzen. Ein wichtiger Faktor für den Erfolg dieser Investitionen ist der Ausbau der administrativen Kapazitäten zur Verwaltung dieser Fonds.

(32)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2019 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Italiens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2019 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2019, das nationale Reformprogramm 2019 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Italien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Italien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien bewertet.

(33)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2019 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (8) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(34)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2019 und das Stabilitätsprogramm 2019 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 5 wider. Diese Empfehlungen tragen auch zur Umsetzung der ersten vier Empfehlungen für das Euro-Währungsgebiet bei. Die in Empfehlung 1 genannten haushaltspolitischen Maßnahmen tragen unter anderem dazu bei, die mit dem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand verbundenen Ungleichgewichte anzugehen —

EMPFIEHLT, dass Italien 2019 und 2020 Maßnahmen ergreift, um

1.   

für 2020 eine nominale Senkung der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben um 0,1 % sicherzustellen, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht; unerwartete Mehreinnahmen zur beschleunigten Rückführung der gesamtstaatlichen Schuldenquote zu nutzen; den Faktor Arbeit steuerlich zu entlasten und zu diesem Zweck unter anderem Steuervergünstigungen abzubauen und die veralteten Katasterwerte anzupassen; Steuerhinterziehung, insbesondere in Form unterlassener Rechnungsstellung, zu bekämpfen und zu diesem Zweck unter anderem die obligatorische Nutzung des elektronischen Zahlungsverkehrs beispielsweise durch Absenkung der gesetzlichen Barzahlungsobergrenzen auszuweiten; frühere Rentenreformen vollständig umzusetzen, um den Anteil der Rentenausgaben an den öffentlichen Ausgaben zu verringern und Raum für andere soziale und wachstumsfördernde Ausgaben zu schaffen;

2.   

energischer gegen nicht angemeldete Erwerbstätigkeit vorzugehen; sicherzustellen, dass Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik wirksam aufeinander abgestimmt werden und insbesondere auf junge Menschen und benachteiligte Gruppen abzielen; die Erwerbsbeteiligung von Frauen mithilfe einer umfassenden Strategie zu stärken und zu diesem Zweck unter anderem den Zugang zu hochwertiger Kinderbetreuung und Langzeitpflege zu verbessern; die Bildungsergebnisse unter anderem durch angemessene und gezielte Investitionen zu verbessern und die Weiterqualifizierung unter anderem durch Stärkung digitaler Kompetenzen zu fördern;

3.   

die investitionsbezogene Wirtschaftspolitik unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede auf Forschung und Innovation sowie auf die Qualität der Infrastruktur auszurichten; die Wirksamkeit der öffentlichen Verwaltung zu verbessern und zu diesem Zweck unter anderem in die Kompetenzen der öffentlichen Bediensteten zu investieren, die Digitalisierung voranzutreiben und die Effizienz und Qualität lokaler öffentlicher Dienstleistungen zu steigern; Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere im Einzelhandel und bei Unternehmensdienstleistungen unter anderem durch ein neues jährliches Wettbewerbsgesetz in Angriff zu nehmen;

4.   

zivilrechtliche Gerichtsverfahren durch Durchsetzung und Straffung von Verfahrensvorschriften — einschließlich solcher, die derzeit vom Gesetzgeber geprüft werden und insbesondere auf Insolvenzregelungen abzielen — in allen Instanzen zu verkürzen; durch eine Reform der Verfahrensregeln zur Verkürzung strafrechtlicher Gerichtsverfahren Korruption wirkungsvoller zu bekämpfen;

5.   

darauf hinzuarbeiten, dass insbesondere kleine und mittlere Banken ihre Bilanzen durch Erhöhung von Effizienz und Aktiva-Qualität, durch weiteren Abbau notleidender Kredite und durch Diversifizierung der Finanzierungsquellen umstrukturieren; für kleinere und innovative Unternehmen den Zugang zu bankenunabhängiger Finanzierung zu verbessern.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2019.

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LINTILÄ


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 136 vom 12.4.2019, S. 1.

(4)  ABl. C 136 vom 12.4.2019, S. 48.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission anhand der gemeinsamen Methodik.

(7)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmensteigerungen werden eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(8)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


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