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Document 32019D0025(01)

Beschluss (EU) 2019/1349 der Europäischen Zentralbank vom 26. Juli 2019 zum Verfahren und zu den Bedingungen für die Ausübung bestimmter Befugnisse im Zusammenhang mit der Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme durch eine zuständige Behörde (EZB/2019/25)

OJ L 214, 16.8.2019, p. 16–24 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force: This act has been changed. Current consolidated version: 25/05/2021

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2019/1349/oj

16.8.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 214/16


BESCHLUSS (EU) 2019/1349 DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 26. Juli 2019

zum Verfahren und zu den Bedingungen für die Ausübung bestimmter Befugnisse im Zusammenhang mit der Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme durch eine zuständige Behörde (EZB/2019/25)

DER EZB-RAT —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 127 Absatz 2,

gestützt auf die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, insbesondere auf Artikel 3.1, Artikel 22 und Artikel 34.1 erster Gedankenstrich,

gestützt auf Verordnung (EU) Nr. 795/2014 der Europäischen Zentralbank vom 3. Juli 2014 zu den Anforderungen an die Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme (EZB/2014/28) (1), insbesondere auf Artikel 21 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Nach Artikel 127 Absatz 2 vierter Gedankenstrich des Vertrags und Artikel 3.1 vierter Gedankenstrich der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank ist das Eurosystem befugt, das reibungslose Funktionieren der Zahlungsverkehrssysteme zu fördern.

(2)

Das Eurosystem fördert das reibungslose Funktionieren der Zahlungsverkehrssysteme unter anderem durch Überwachung.

(3)

Im April 2012 veröffentlichten der Ausschuss für Zahlungs- und Abrechnungssysteme (Committee on Payment and Settlement Systems — CPSS) der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und der Technische Ausschuss der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (International Organization of Securities Commissions — IOSCO) gemeinsam die Prinzipien für Finanzmarktinfrastrukturen (nachfolgend die „CPSS-IOSCO-Prinzipien“) (2). Der Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen (Committee on Payments and Market Infrastructures), der Nachfolger des CPSS, und die IOSCO haben anschließend gemeinsame Empfehlungen für diese Prinzipien veröffentlicht.

(4)

Gemäß den CPSS-IOSCO-Prinzipien sollte ein systemrelevantes Zahlungsverkehrssystem (systemically important payment system — SIPS) einer effektiven Überwachung auf der Grundlage eindeutig definierter und öffentlich zugänglicher Kriterien unterliegen, da ein SIPS Systemrisiken auslösen kann, wenn es nicht ausreichend vor den Risiken geschützt wird, denen es ausgesetzt ist. Darüber hinaus legen die CPSS-IOSCO-Prinzipien einen spezifischen Erwartungskatalog für Aufsichtskompetenzen in Bezug auf Anbieter kritischer Dienstleistungen fest, von denen die kontinuierliche und angemessene Funktionsweise der Marktinfrastruktur abhängt. Darüber hinaus legen die CPSS-IOSCO-Prinzipien fest, dass die zuständigen Behörden über ausreichende Befugnisse und Ressourcen zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben, einschließlich der Befugnis, Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, verfügen sollten.

(5)

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die CPSS-IOSCO-Prinzipien und nachfolgenden Leitlinien umgesetzt, soweit sie mit einem SIPS im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) in Zusammenhang stehen.

(6)

Um die Anwendung der höchsten Standards für die Überwachung zu gewährleisten, bewertete der EZB-Rat im Rahmen der Überprüfung der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) gemäß Artikel 24 dieser Verordnung die Notwendigkeit einer Änderung der Verordnung und erließ daraufhin die Verordnung (EU) 2017/2094 der Europäischen Zentralbank (EZB/2017/32) (3), die die in Artikel 21 der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) enthaltene Befugnis einer zuständigen Behörde, Informationen und Unterlagen von einem SIPS-Betreiber zu erhalten, um weitere Instrumente ergänzte.

(7)

Entsprechend hat die zuständige Behörde gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) die Befugnis, von einem SIPS-Betreiber Informationen und Unterlagen zu verlangen, einen SIPS-Betreiber zu verpflichten, einen unabhängigen Gutachter mit der Durchführung einer Untersuchung oder unabhängigen Überprüfung des Geschäftsbetriebs des SIPS zu beauftragen und Vor-Ort-Prüfungen durchzuführen oder deren Vornahme zu delegieren.

(8)

Darüber hinaus ist die EZB gemäß Artikel 21 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) verpflichtet, einen Beschluss zum Verfahren und zu den Bedingungen zur Ausübung der in Artikel 21 Absatz 1 genannten Befugnisse zu erlassen.

(9)

Um die Wahrung von Rechten Dritter sicherzustellen, sollte eine zuständige Behörde die in Artikel 21 der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) genannten Befugnisse im Einklang mit und nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung, der Wirksamkeit, der Effizienz, der Transparenz und des ordnungsgemäßen Verfahrens ausüben. Um diesen Grundsätzen Rechnung zu tragen, sollte ein Beschluss zur Ausübung der in Artikel 21 der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) festgelegten Überwachungsbefugnisse darüber hinaus einen im Voraus festgelegten Mindestinhalt aufweisen und dem SIPS-Betreiber gemeldet werden, bevor eine Überwachungsbefugnis ausgeübt wird.

(10)

Die zuständige Behörde kann ohne formellen Beschluss die Befugnis ausüben, Informationen oder Dokumente entsprechend ihren Überwachungsanforderungen, d. h. die Überprüfung der Einhaltung der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) und die Förderung des übergeordneten Ziels, das reibungslose Funktionieren der Zahlungsverkehrssysteme auf systemischer Ebene zu fördern, zu verlangen.

(11)

Für eine wirksame Überwachung ist es von Bedeutung, dass die zuständige Behörde in der Lage ist, Anforderungen an die Art des zu beauftragenden unabhängigen Gutachters, den Inhalt und den Umfang des anzufertigenden Berichts, die Behandlung des Berichts, einschließlich seiner Offenlegung und Veröffentlichung, und an die zeitliche Planung für die Anfertigung des Berichts zu stellen.

(12)

Bei der Beauftragung eines unabhängigen Gutachters mit der Durchführung einer Untersuchung oder einer unabhängigen Überprüfung des SIPS sollten Interessenkonflikte vermieden und bestimmte Anforderungen beachtet werden, damit sichergestellt ist, dass der unabhängige Gutachter über die erforderlichen Qualifikationen, Fähigkeiten und Kenntnisse für die Wahrnehmung seiner Aufgaben verfügt.

(13)

Der SIPS-Betreiber kann zentrale Funktionen im Zusammenhang mit dem Clearing und der Abwicklung von Transaktionen an Anbieter kritischer Dienstleistungen auslagern. Werden diese Funktionen nicht vom SIPS-Betreiber selbst, sondern von einem Anbieter kritischer Dienstleistungen ausgeführt, ist es wichtig, dass die zuständige Behörde ihre Befugnisse gemäß Artikel 21 der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) gegenüber den Anbietern kritischer Dienstleistungen in der gleichen Weise und im gleichen Umfang ausüben kann, wie gegenüber dem SIPS-Betreiber. Um dies zu ermöglichen, ist es von wesentlicher Bedeutung, dass der SIPS-Betreiber Klauseln in seine vertraglichen Vereinbarungen mit seinen Anbietern kritischer Dienstleistungen aufnimmt, die den Austausch von Informationen, Unterlagen und schriftlichen oder mündlichen Ausführungen zwischen den Vertretern oder Mitarbeitern des Anbieters kritischer Dienstleistungen und der zuständigen Behörde, dem unabhängigen Gutachter bzw. dem Vor-Ort-Prüfungsteam ebenso ermöglichen, wie die Durchführung von Vor-Ort-Prüfungen am Standort des Anbieters kritischer Dienstleistungen.

(14)

Um in Notsituationen wirksam handeln zu können, ist es wichtig, dass die zuständigen Behörden, in den in diesem Beschluss festgelegten Ausnahmefällen und nach Maßgabe der in diesem Beschluss festgelegten Bedingungen im Einzelfall von bestimmten Anforderungen im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Befugnisse absehen können —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Begriffsbestimmungen

Die in diesem Beschluss verwendeten Begriffe haben dieselbe Bedeutung wie die Begriffe in der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) und darüber hinaus gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

1.   „unabhängiger Gutachter“: eine natürliche oder juristische Person, die in keiner Beziehung zum SIPS oder SIPS-Betreiber oder seinen Mehrheitsanteilseignern steht, die Anlass für einen Interessenkonflikt gibt, und über spezifische Sachkenntnis in der Durchführung von Untersuchungen und Überprüfungen von Finanzmarktinfrastrukturen mit den Schwerpunkten Finanzregulierung, Informationssysteme und Kommunikationstechnologie, Risikomanagement, Finanzberichterstattung oder Rechnungsprüfung verfügt;

2.   „unabhängige Überprüfung“: eine Bewertung des Betriebs eines SIPS, deren Zweck darin besteht, das Folgende zur Verfügung zu stellen: Einblick in mögliche Risiken und Schwachstellen, Bestätigung der Fortschritte eines SIPS-Betreibers bei der Minderung von Risiken und Schwachstellen und Validierung der Wirksamkeit der Strategien, Verfahren und Kontrollen eines SIPS-Betreibers zur Reduzierung von Risiken und Schwachstellen;

3.   „Untersuchung“: eine Prüfung und Analyse von Sachverhalten, Schriftstücken, Informationen und Ereignissen sowie eine Auswertung der daraus gewonnenen Feststellungen unter Verwendung bekannter und allgemein gebräuchlicher Untersuchungsmethoden;

4.   „Vor-Ort-Prüfung“: eine Prüfung am Standort des SIPS-Betreibers oder an einem maßgeblichen Standort, der mit der Geschäftstätigkeit eines SIPS-Betreibers in Zusammenhang steht, einschließlich des Standorts eines Anbieters kritischer Dienstleistungen, sofern die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem SIPS-Betreiber und dem betreffenden Anbieter kritischer Dienstleistungen eine solche Prüfung zulassen, wobei der Zweck dieser Prüfung unter anderem in einer eingehenden Analyse der Geschäftsmodelle oder der Unternehmensführung sowie der verschiedenen Risiken und internen Kontrollsysteme besteht;

5.   „Vor-Ort-Prüfungsteam“: eine Gruppe von Sachverständigen der zuständigen Behörde oder ihres Bevollmächtigten bzw. einer anderen Zentralbank des Eurosystems unter der Leitung eines Teamleiters, deren Zweck die Durchführung einer Vor-Ort-Prüfung ist;

6.   „Anbieter kritischer Dienstleistungen“: ein Dienstleister, der mit einem SIPS-Betreiber eine direkte vertragliche Vereinbarung getroffen hat, für diesen SIPS-Betreiber und gegebenenfalls die Teilnehmer am SIPS laufend Dienstleistungen zu erbringen, die für die Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität der Informationen sowie für die Servicebereitschaft des SIPS und das reibungslose Funktionieren seiner Kerngeschäfte unerlässlich sind;

7.   „andere Behörde“: eine Behörde, die für die Überwachung eines SIPS verantwortlich ist, mit Ausnahme der zuständigen Behörde oder der Zentralbanken, die die Anbieter kritischer Dienstleistungen eines SIPS überwachen oder beaufsichtigen, auf die die Befugnis zur Durchführung von Vor-Ort-Prüfungen übertragen werden kann.

Artikel 2

Allgemeine Grundsätze

(1)   In diesem Beschluss werden das Verfahren, das eine zuständige Behörde bei der Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) befolgen muss, und die Bedingungen, die sie dabei zu erfüllen hat, festgelegt.

(2)   Bei der Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) muss eine zuständige Behörde:

a)

die Ziele der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) und deren Anwendbarkeit auf die Umstände des Falls berücksichtigen und nur solche Befugnisse ausüben, die in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Zielen und den Umständen des Falles stehen, damit unnötige Belastungen für einen SIPS-Betreiber vermieden werden;

b)

entweder dieselben Anforderungen einheitlich auf ähnliche SIPS-Betreiber anwenden oder die unterschiedliche Behandlung von SIPS-Betreibern begründen.

(3)   Unbeschadet des Artikels 11 teilt die zuständige Behörde dem SIPS-Betreiber schriftlich ihren Beschluss mit, eine der in Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben b oder c der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) genannten Befugnisse auszuüben.

(4)   In dem in Absatz 3 genannten Beschluss wird Folgendes festgelegt:

a)

seine Rechtsgrundlage und eine Begründung;

b)

die auszuübende Befugnis;

c)

zusätzliche Anforderungen gemäß den Artikeln 4 bis 7 entsprechend der auszuübenden Befugnis;

d)

handelt es sich bei der auszuübenden Befugnis um die Befugnis zur Durchführung von Vor-Ort-Prüfungen und erfolgt gemäß Artikel 11 keine schriftliche Mitteilung an den betreffenden SIPS-Betreiber, die Gründe für eine Vorgehensweise ohne vorherige Mitteilung an den SIPS-Betreiber;

e)

die Gründe, aus denen der SIPS-Betreiber Klage gegen den Beschluss einreichen kann.

(5)   Der unabhängige Gutachter oder gegebenenfalls das Vor-Ort-Prüfungsteam verfügt über folgende Befugnisse:

a)

das Recht, die Vorlage von Informationen und Dokumenten gemäß Artikel 3 zu verlangen;

b)

das Recht, die Bücher und Aufzeichnungen des SIPS-Betreibers zu prüfen und Kopien oder Auszüge solcher Bücher und Aufzeichnungen anzufertigen, einschließlich solcher, die mit Dienstleistungen von Anbietern kritischer Dienstleistungen des SIPS in Verbindung stehen, soweit die jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem SIPS-Betreiber und einem Anbieter kritischer Dienstleistungen dies vorsehen;

c)

das Recht, schriftliche oder mündliche Ausführungen von einem Vertreter oder Mitarbeiter des SIPS-Betreibers oder seinen Anbieter kritischer Dienstleistungen zu verlangen (im letzteren Fall nur insoweit, als die jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem SIPS-Betreiber und einem Anbieter kritischer Dienstleistungen dies vorsehen, und nur in Bezug auf die Dienstleistungen, die dieser Anbieter kritischer Dienstleistungen für das SIPS erbringt);

d)

jede andere Person zu befragen, die zum Zweck der Einholung von Informationen über den Gegenstand der Untersuchung, der unabhängigen Überprüfung oder der Vor-Ort-Prüfung zur Weitergabe von Informationen gesetzlich oder vertraglich verpflichtet ist.

(6)   Nach Abschluss einer Untersuchung oder unabhängigen Überprüfung legt der unabhängige Gutachter dem SIPS-Betreiber und der zuständigen Behörde erst seinen Berichtsentwurf vor und danach der zuständigen Behörde seinen Abschlussbericht in dem jeweils von dieser vorgegebenen Format und Aufbau. Der unabhängige Gutachter stellt sicher, dass alle im Bericht enthaltenen Feststellungen faktengestützt und nach seinem bestem Wissen und Gewissen korrekt sind.

(7)   Nach Abschluss einer Vor-Ort-Prüfung legt die zuständige Behörde dem SIPS-Betreiber ihren Berichtsentwurf vor.

(8)   Der SIPS-Betreiber erhält Gelegenheit, zu einem von einem unabhängigen Gutachter oder der zuständigen Behörde vorgelegten Berichtsentwurf schriftlich Stellung zu nehmen. Das Leitungsgremium des SIPS-Betreibers hat den Abschlussbericht zu genehmigen und zu unterzeichnen, bevor er eingereicht oder an die zuständige Behörde oder gegebenenfalls an den unabhängigen Gutachter zurückgesandt wird.

(9)   Für alle Personen gilt in Bezug auf ihre Arbeit im Zusammenhang mit Untersuchungen, unabhängigen Überprüfungen oder Vor-Ort-Prüfungen die Geheimhaltungspflicht. Alle im Rahmen dieses Beschlusses ausgetauschten Informationen werden vertraulich behandelt, es sei denn, ihre Offenlegung ist nach Unionsrecht oder nationalem Recht vorgeschrieben.

(10)   Feststellungen, die sich aus Untersuchungen, unabhängigen Überprüfungen oder Vor-Ort-Prüfungen gemäß Artikel 21 der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) ergeben, können von der zuständigen Behörde entweder mit einem Detaillierungsgrad veröffentlicht werden, der keine Identifikation einzelner Systeme oder Betreiber ermöglicht, oder andernfalls mit Zustimmung des SIPS-Betreibers.

Artikel 3

Ausübung der Befugnis einer zuständigen Behörde, Informationen und Dokumente zu verlangen

(1)   Die zuständige Behörde kann einen SIPS-Betreiber auffordern, alle Informationen und Dokumente vorzulegen, die für die wirksame und effiziente Wahrnehmung der ihr durch die Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) übertragenen Überwachungsaufgaben erforderlich sind, darunter auch Informationen und Dokumente, die in regelmäßigen Abständen und in festgelegten Formaten für Überwachungszwecke zur Verfügung zu stellen sind.

(2)   Wird ein SIPS-Betreiber aufgefordert, Informationen und Dokumente gemäß Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) vorzulegen, konkretisiert die zuständige Behörde das Folgende:

a)

die vorzulegenden Informationen oder Dokumente;

b)

das Format und das Verfahren für die Bereitstellung der Informationen oder Dokumente;

c)

die Frist für die Bereitstellung der Informationen oder Dokumente und gegebenenfalls die Zeitabstände, in denen diese bereitzustellen sind, unbeschadet der grundsätzlichen Verpflichtung eines SIPS-Betreibers, unverzüglich zu reagieren.

(3)   Der SIPS-Betreiber stellt die Informationen oder Dokumente innerhalb der Frist und gegebenenfalls in den angeforderten Zeitabständen zur Verfügung, es sei denn, er kann der zuständigen Behörde nachweisen, dass eine der folgenden Situationen vorliegt:

a)

die Informationen oder Dokumente sind nicht unmittelbar verfügbar;

b)

der SIPS-Betreiber ist nicht alleiniger Eigentümer der Informationen oder Dokumente oder sie beziehen sich nicht ausschließlich auf seine Geschäftstätigkeit, sodass für die Einreichung dieser Informationen oder Dokumente bei der zuständigen Behörde die Zustimmung eines Dritten eingeholt werden muss.

Wird der zuständigen Behörde zu ihrer Zufriedenheit nachgewiesen, dass eine der genannten Situationen vorliegt, kann sie dem SIPS-Betreiber eine Nachfrist für die Übermittlung der einschlägigen Informationen oder Dokumente einräumen.

(4)   Die Geheimhaltungspflichten befreien den SIPS-Betreiber und seine Mitarbeiter nicht von der Einhaltung ihrer Verpflichtung zur Bereitstellung von Informationen oder Dokumenten gemäß diesem Beschluss.

(5)   Der SIPS-Betreiber trifft in seinen vertraglichen Vereinbarungen mit Dritten, darunter auch Anbieter kritischer Dienstleistungen, Regelungen, die den Austausch von Informationen und Dokumenten mit der zuständigen Behörde, dem unabhängigen Gutachter und dem Vor-Ort-Prüfungsteam ermöglichen, die sich auf die von diesen Dritten gegenüber dem SIPS erbrachten Dienstleistungen beziehen.

Artikel 4

Ausübung der Befugnis einer zuständigen Behörde, die Beauftragung eines unabhängigen Gutachters zu verlangen

(1)   Die zuständige Behörde kann den SIPS-Betreiber verpflichten, einen unabhängigen Gutachter mit der Durchführung einer Untersuchung gemäß Artikel 5 oder einer unabhängigen Überprüfung gemäß Artikel 6 zu beauftragen. Die zuständige Behörde unterrichtet einen SIPS-Betreiber über ihren Beschluss, dass der SIPS-Betreiber einen unabhängigen Gutachter zu beauftragen hat, gemäß Artikel 2 Absatz 4. Der SIPS-Betreiber hat alle Kosten zu tragen, die mit der Beauftragung eines unabhängigen Gutachters verbunden sind.

(2)   Beauftragt der SIPS-Betreiber einen unabhängigen Gutachter, so hat er gegebenenfalls seinen Anbieter kritischer Dienstleistungen anzuhören.

(3)   Die zuständige Behörde hat sicherzustellen, dass der Beschluss, durch den sie den SIPS-Betreiber zur Beauftragung eines unabhängigen Gutachters verpflichtet, mindestens die folgenden Verpflichtungen und Informationen enthält:

a)

dass der vom SIPS-Betreiber zu beauftragende unabhängige Gutachter in den letzten zwei Jahren weder direkt noch indirekt an dem Betrieb oder der Überwachung des maßgeblichen SIPS beteiligt war und über die besondere Sachkenntnis verfügt, die für den Zweck der Untersuchungen und unabhängigen Überprüfungen erforderlich ist, darunter beispielsweise auch Sachkenntnis in Verbindung mit Finanzmarktinfrastrukturen, Finanzmarktregulierung, Informationssysteme und Kommunikationstechnologie, Risikomanagement, Finanzberichterstattung oder Rechnungsprüfung;

b)

Einzelheiten zu der Rolle, den Aufgaben und den Befugnissen des unabhängigen Gutachters sowie den von ihm benötigten Spezialgebieten, Fähigkeiten und Kenntnissen;

c)

dass der SIPS-Betreiber sicherstellt, dass der unabhängige Gutachter über die erforderlichen Qualifikationen, Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt und seine Aufgaben ohne Interessenkonflikte und im Einklang mit den in Absätzen 5 bis 7 dieses Artikels beschriebenen Anforderungen wahrnimmt;

d)

den Zeitpunkt, bis zu dem der unabhängige Gutachter zu beauftragen ist;

e)

dass der SIPS-Betreiber die zuständige Behörde darüber informiert, wie die von der zuständigen Behörde gestellten Anforderungen erfüllt wurden und er diesbezüglich einschlägige Orientierungshilfen zur Verfügung stellt;

f)

dass der SIPS-Betreiber die Kontaktdaten des unabhängigen Gutachters für die Zwecke von Absatz 13 dieses Artikels zur Verfügung stellt.

(4)   Der Beschluss, durch den die zuständige Behörde den SIPS-Betreiber dazu verpflichtet, einen unabhängigen Gutachter zu beauftragen, kann über die in vorstehendem Absatz 3 festgelegten Anforderungen hinaus weitere Anforderungen enthalten. Der SIPS-Betreiber fügt der vertraglichen Vereinbarung mit dem unabhängigen Gutachter den Beschluss als Anlage bei, durch den ihn die zuständige Behörde zur Beauftragung eines unabhängigen Gutachters verpflichtet.

(5)   Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben hat ein unabhängiger Gutachter alle in Artikel 6 Absatz 3 genannten Befugnisse.

(6)   Der SIPS-Betreiber hat sicherzustellen, dass der unabhängige Gutachter, der mit der Durchführung einer Untersuchung oder unabhängigen Überprüfung beauftragt wurde, über die folgenden Mindestqualifikationen verfügt:

a)

einen abgeschlossenen Hochschulabschluss oder ein entsprechendes Qualifikationsniveau oder

b)

ein Zertifikat oder Diplom über die fachliche Eignung in einem der Bereiche, in denen der unabhängige Gutachter über die Fachkenntnisse für die Zwecke der Untersuchung oder unabhängigen Überprüfung verfügen muss, das von einem EU-Mitgliedstaat verliehen wurde oder anerkannt wird.

(7)   Falls dies erforderlich ist, um zusätzlich zu den gemäß Absatz 6 erforderlichen Qualifikationen praktische Erfahrung sicherzustellen, kann die zuständige Behörde den SIPS-Betreiber darüber hinaus verpflichten sicherzustellen, dass der unabhängige Gutachter Erfahrung (vorzugsweise mindestens 3 Jahre) mit der Durchführung ähnlicher Untersuchungen oder unabhängiger Überprüfungen oder gleichwertiger Prüfungen von Unternehmen im Finanzsektor hat. Bevor jedoch zusätzliche Anforderungen im Hinblick auf praktische Erfahrung gestellt werden, hat die zuständige Behörde die potenzielle Neuartigkeit der Untersuchung oder unabhängigen Überprüfung ebenso zu berücksichtigen wie mögliche Beschränkungen, die solche zusätzlichen Anforderungen für potenzielle künftige Gutachter darstellen können. Der SIPS-Betreiber stellt sicher, dass der unabhängige Gutachter an Berufsgrundsätze gebunden ist, die zumindest seine Funktion für das öffentliche Interesse, seine Integrität und Unparteilichkeit sowie seine Fachkompetenz und beruflichen Sorgfaltspflichten zum Gegenstand haben.

(8)   Bei der Suche nach dem unabhängigen Gutachter hat der SIPS-Betreiber hinreichende Nachweise für die in Absätzen 6 und 7 genannten Qualifikationen und Erfahrung zu verlangen. Er hat der zuständigen Behörde den Namen des gewählten unabhängigen Gutachters mitzuteilen und auf Verlangen der zuständigen Behörde darzulegen, wie die Beauftragung des unabhängigen Gutachters den Anforderungen der Absätze 6 und 7 entspricht. Die zuständige Behörde behält sich das Recht vor, dem SIPS-Betreiber die Beauftragung eines anderen unabhängigen Gutachters vorzuschreiben, falls sie der Ansicht ist, dass die in diesem Beschluss oder in dem Beschluss, der die Verpflichtung zur Beauftragung des unabhängigen Gutachters enthält, enthaltenen Anforderungen durch den vom SIPS-Betreiber gewählten unabhängigen Gutachter nicht erfüllt werden.

(9)   Sofern von der zuständigen Behörde keine anders lautenden Festlegungen getroffen werden, kann der SIPS-Betreiber mit einem unabhängigen Gutachter die genaue zeitliche Planung für den Beginn und die Dauer der Untersuchung oder unabhängigen Überprüfung in Abhängigkeit vom durch die zuständige Behörde vorgegebenen Umfang vereinbaren, die gilt auch in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die regelmäßige Durchführung der unabhängigen Überprüfung verlangt.

(10)   Der SIPS-Betreiber stellt sicher, dass der unabhängige Gutachter während der gesamten Dauer der Untersuchung oder unabhängigen Überprüfung Einsicht in alle Dokumente und Informationen hat, die für den Zweck der Untersuchung oder unabhängigen Überprüfung gemäß Artikel 5 und 6 erforderlich sind. In Bezug auf Artikel 2 Absatz 5 Buchstabe c nimmt der SIPS-Betreiber Vorschriften in seine vertraglichen Vereinbarungen mit seinen Anbietern kritischer Dienstleistungen auf, die es dem unabhängigen Gutachter ermöglichen, auf die Ausführungen von Vertretern oder Mitarbeitern des Anbieters kritischer Dienstleistungen zuzugreifen und darüber hinaus die Übertragung von Informationen an die Zentralbank ermöglichen, die den Anbieter kritischer Dienstleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 4 überwacht oder beaufsichtigt.

(11)   Der SIPS-Betreiber gestattet dem unabhängigen Gutachter die Durchführung von Untersuchungen oder unabhängigen Überprüfungen in den Geschäftsräumen des SIPS-Betreibers, wenn die zuständige Behörde zu dem Schluss kommt, dass hierdurch die effiziente und wirksame Durchführung der Untersuchungen und unabhängigen Überprüfungen erreicht wird.

(12)   Der SIPS-Betreiber hat sicherzustellen, dass die vertraglichen Vereinbarungen für die Erbringung der Dienstleistungen des unabhängigen Gutachters betreffend die Durchführung von Untersuchungen oder unabhängigen Überprüfungen die Verpflichtung des unabhängigen Gutachters enthalten, nach Ablauf der Frist für die Durchführung der unabhängigen Überprüfung oder Untersuchung Fragen der zuständigen Behörde zu den Feststellungen zu beantworten.

(13)   Die zuständig Behörde kann nach vorheriger Mitteilung an den SIPS-Betreiber unmittelbar Kontakt mit dem unabhängigen Gutachter aufnehmen.

Artikel 5

Ausübung der Befugnis einer zuständigen Behörde in Bezug auf die Verpflichtung zur Durchführung einer Untersuchung

Die zuständige Behörde kann den SIPS-Betreiber zur Beauftragung eines unabhängigen Gutachters gemäß Artikel 4 mit der Durchführung einer Untersuchung verpflichten, wenn sie dies für erforderlich hält, um die in Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) festgelegten Ziele zu erreichen.

Artikel 6

Ausübung der Befugnis einer zuständigen Behörde in Bezug auf die Verpflichtung zur Durchführung einer unabhängigen Überprüfung

(1)   Die zuständige Behörde kann den SIPS-Betreiber zur Beauftragung eines unabhängigen Gutachters gemäß Artikel 4 mit der Durchführung einer unabhängigen Überprüfung verpflichten, wenn sie dies für erforderlich hält, um die in Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) festgelegten Ziele zu erreichen.

(2)   Die zuständige Behörde kann die Durchführung unabhängiger Überprüfungen vorschreiben, die einmalig oder, unter besonderen Umständen, in regelmäßigen Zeitabständen in einem vorher festgelegten Umfang durchzuführen sind und operationelle, sicherheitsrelevante, risikomanagementbezogene, geschäftliche oder rechtliche Gründe haben. Verlangt die zuständige Behörde eine unabhängige Überprüfung in regelmäßigen Zeitabständen, so gibt sie Einzelheiten und Gründe für die Häufigkeit und den Umfang dieser unabhängigen Überprüfung sowie deren Endtermin an.

(3)   Den Gegenstand der unabhängigen Überprüfung können eine oder mehrere Angelegenheiten bilden, die die zuständige Behörde nach hinreichender Begründung wählt. Der unabhängige Gutachter ist befugt, Informationen vom SIPS zu erheben, die er für erforderlich hält, um ein umfassendes Verständnis der Angelegenheit oder Angelegenheiten, die Gegenstand der unabhängigen Überprüfung sind, zu erlangen.

Artikel 7

Ausübung der Befugnis einer zuständigen Behörde, Vor-Ort-Prüfungen durchzuführen

(1)   Die zuständige Behörde kann eine Vor-Ort-Prüfung durchführen oder gemäß Artikel 8 eine andere Behörde mit der Durchführung von Vor-Ort-Prüfungen beauftragen, wenn sie dies für erforderlich hält, um die in Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) festgelegten Ziele zu erreichen.

(2)   Unbeschadet des Artikels 2 Absatz 4 dieses Beschlusses gilt, dass, wenn die zuständige Behörde die Befugnis zur Durchführung von Vor-Ort-Prüfungen ausübt, ein Prüfungsbeschluss mindestens das Folgende enthalten muss:

a)

den Gegenstand und Zweck der Vor-Ort-Prüfung;

b)

die Tatsache, dass eine Behinderung der Vor-Ort-Prüfung durch die rechtsfähige Person, die Gegenstand dieser Prüfung ist, unbeschadet nationaler Rechtsvorschriften einen Verstoß gegen Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) darstellt.

(3)   Mindestens zehn Arbeitstage vor dem Beginn der Vor-Ort-Prüfung unterrichtet die zuständige Behörde die Stelle, die sich einer Vor-Ort-Prüfung zu unterziehen hat, von dem Beschluss und nennt ihr die Mitglieder des Vor-Ort-Prüfungsteams.

(4)   Die zuständige Behörde hat sicherzustellen, dass die Vor-Ort-Prüfung einem vorher festgelegten Umfang und Zeitplan folgt, den sie in Zusammenarbeit mit der Stelle erstellt, die Gegenstand einer Vor-Ort-Prüfung ist. Falls die zuständige Behörde dies für erforderlich hält, kann sie jedoch während der Prüfung den Umfang und Zeitplan der Vor-Ort-Prüfung durch einen geänderten Beschluss ausweiten, der der Stelle, die Gegenstand einer Vor-Ort-Prüfung ist, mitgeteilt wird.

(5)   Der SIPS-Betreiber nimmt Vorschriften in seine vertraglichen Vereinbarungen mit Anbietern kritischer Dienstleistungen auf, nach denen eine Vor-Ort-Prüfung auch am Standort des Anbieters kritischer Dienstleistungen durchgeführt werden kann. Derartige Vorschriften erlauben der zuständigen Behörde, die Zentralbank, die den Anbieter kritischer Dienstleistungen überwacht oder beaufsichtigt, in das Verfahren der Vor-Ort-Prüfung einzubinden, unter anderem auch zum Zweck des Austausches relevanter Informationen. Der SIPS-Betreiber hat sicherzustellen, dass diese vertraglichen Vereinbarungen auch vorsehen, dass die zuständige Behörde in Bezug auf die Dienstleistungen, die die Vertreter oder Mitarbeiter der Anbieter kritischer Dienstleistungen für das SIPS erbringen, Zugriff auf deren schriftliche oder mündliche Ausführungen hat. Der SIPS-Betreiber nimmt darüber hinaus in die vertraglichen Vereinbarungen mit seinen Anbietern kritischer Dienstleistungen Vorschriften auf, nach denen die zuständige Behörde Einsicht nehmen kann in Informationen und Feststellungen aus früheren, Vor-Ort-Prüfungen des Anbieters kritischer Dienstleistungen, die die Zentralbank, die den Anbieter kritischer Dienstleistungen überwacht oder beaufsichtigt, bereits in demselben Umfang und derselben Art durchgeführt hat.

Artikel 8

Übertragung der Befugnis, Vor-Ort-Prüfungen durchzuführen

(1)   Vorbehaltlich der nach einschlägigen geltenden nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Bedingungen und der internen Verfahrensvorschriften der zuständigen Behörde kann die zuständige Behörde die Befugnis zur Durchführung von Vor-Ort-Prüfungen auf eine andere Behörde übertragen, vorausgesetzt, dass jene Behörde und ihr Prüfungsteam die vom SIPS-Betreiber erhaltenen Informationen und Dokumente vertraulich behandeln und die einschlägigen Grundsätze in Artikel 7 sowie weitere interne organisatorische Vorschriften für eine Vor-Ort-Prüfung befolgen und weiter vorausgesetzt, dass die übertragende zuständige Behörde in vollem Umfang für die Prüfung verantwortlich und haftbar bleibt.

(2)   Die zuständige Behörde, eine andere Behörde und der SIPS-Betreiber haben die Vertraulichkeit des Vor-Ort-Prüfungsverfahrens zu wahren.

Artikel 9

Zusammenarbeit mit den Behörden

(1)   Die für ein SIPS zuständige Behörde übt die in Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben b und c der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) genannten Befugnisse auf der Grundlage eines von ihr verabschiedeten Beschlusses aus. Handelt es sich bei der zuständigen Behörde um eine nationale Zentralbank, informiert sie das Eurosystem von einem solchen Beschluss bei dessen Verabschiedung.

(2)   Behindern die Mitarbeiter eines SIPS-Betreibers eine gemäß diesem Beschluss von einer zuständigen Behörde vorgeschriebene Vor-Ort-Prüfung, so gewährt die nationale Zentralbank des betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaats den Mitgliedern des Prüfungsteams die notwendige Unterstützung gemäß den nationalen Rechtsvorschriften. Soweit dies für die Vor-Ort-Prüfung erforderlich ist, schließt diese Amtshilfe die Versiegelung jeglicher Geschäftsräume und Bücher oder Aufzeichnungen ein. Verfügt die betreffende nationale Zentralbank nicht über die dafür erforderliche Befugnis, so nutzt sie ihre Befugnisse, um die erforderliche Amtshilfe von anderen nationalen Behörden anzufordern.

(3)   Setzt eine Vor-Ort-Prüfung oder die gemäß Absatz 2 dieses Artikels zu leistende Amtshilfe nach geltendem nationalem Recht eine gerichtliche Genehmigung voraus, hat die Behörde, die die Vor-Ort-Prüfung durchführt, diese Genehmigung einzuholen.

(4)   Muss der unabhängige Gutachter im Rahmen der Untersuchung oder unabhängigen Überprüfung des SIPS-Betreibers in Verbindung mit dem Anbieter kritischer Dienstleistungen eines SIPS die in Artikel 2 Absatz 5 festgelegten Rechte ausüben, so hat die zuständige Behörde die Zentralbank, die den Anbieter kritischer Dienstleistungen überwacht oder beaufsichtigt, über ihre Absicht zu informieren, diese Rechte auszuüben; ferner kann sie die Zentralbank im Anschluss an die Untersuchung oder unabhängige Überprüfung über die darin getroffenen Feststellungen informieren.

(5)   Wird es für notwendig erachtet, dass eine Vor-Ort-Prüfung auch am Standort eines Anbieters kritischer Dienstleister eines SIPS durchzuführen ist, hat die zuständige Behörde die Zentralbank, die den Anbieter kritischer Dienstleistungen überwacht oder beaufsichtigt, über die beabsichtigte Vor-Ort-Prüfung zu informieren, bevor der SIPS-Betreiber benachrichtigt wird.

(6)   Soweit eine Vor-Ort-Prüfung in demselben Umfang und in derselben Art bereits durch die Zentralbank durchgeführt wurde, die einen Anbieter kritischer Dienstleistungen eines SIPS überwacht oder beaufsichtigt, kann die für ein SIPS zuständige Behörde wählen, ob sie sich auf die Feststellungen dieser Vor-Ort-Prüfung verlässt oder ob sie eine eigene Vor-Ort-Prüfung durchführt. Diesbezüglich kann die zuständige Behörde den Anbieter kritischer Dienstleistungen auffordern, Einsicht in die jeweiligen, ihm zur Verfügung stehenden Informationen und Feststellungen zu gewähren, oder einzuwilligen, dass die zuständige Behörde bei der Zentralbank Einsicht in diese Feststellungen nehmen kann. Wurde bislang eine Vor-Ort-Prüfung noch nicht oder nicht in demselben Umfang und derselben Art durchgeführt, kann die für das SIPS zuständige Behörde nach eigenem Ermessen auch eine Vor-Ort-Prüfung am Standort des Anbieters kritischer Dienstleistungen durchführen. Hierbei kann die zuständige Behörde unter Berücksichtigung der Befugnisse und Verpflichtungen von Zentralbanken die Zentralbank in das Verfahren der Vor-Ort-Prüfung einbeziehen, die den Anbieter kritischer Dienstleistungen überwacht oder beaufsichtigt, und diese Zentralbank im Anschluss an die Vor-Ort-Prüfung über die Feststellungen informieren.

(7)   Wird es für notwendig erachtet, dass die Vor-Ort-Prüfung auch am Standort eines Anbieters kritischer Dienstleistungen für ein SIPS durchgeführt wird, benachrichtigt die zuständige Behörde auch den Anbieter kritischer Dienstleistungen über die Prüfung zum gleichen Zeitpunkt wie den SIPS-Betreiber gemäß Artikel 2 Absatz 4.

Artikel 10

Recht auf rechtliches Gehör und Auskunftsrecht

(1)   Der unabhängige Gutachter bzw. das Vor-Ort-Prüfungsteam berücksichtigen die Stellungnahmen, die der SIPS-Betreiber im Rahmen einer unabhängigen Überprüfung, einer Untersuchung oder einer Vor-Ort-Prüfung abgegeben hat und gründen ihre Feststellungen auf Tatsachen, zu denen dem betreffenden SIPS-Betreiber Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.

(2)   Der unabhängige Gutachter oder das Vor-Ort-Prüfungsteam benachrichtigen den SIPS-Betreiber, wenn der Bericht über die Feststellungen bei der zuständigen Behörde eingereicht wird. Der SIPS-Betreiber hat das Recht auf Einsicht in den Bericht, vorbehaltlich des berechtigten Interesses von anderen Personen und juristischen Personen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse. Das Recht auf Einsicht in den Bericht gilt nicht für vertrauliche Informationen, die Dritte betreffen.

Artikel 11

Unangekündigte Vor-Ort-Prüfungen

Unbeschadet des Artikels 7 Absatz 3 ist eine zuständige Behörde nicht verpflichtet, eine Stelle, die Gegenstand einer Vor-Ort-Prüfung ist, im Vorfeld über diese Prüfung zu informieren, falls Anzeichen dafür vorliegen, dass gravierende Tatsachen die reibungslose Arbeitsweise des SIPS gefährden oder dass die Benachrichtigung der Stelle über die Notwendigkeit der Durchführung einer Vor-Ort-Prüfung zu einer Beeinträchtigung der Ergebnisse führen kann. In diesem Fall hat der Beschluss zur Durchführung einer Vor-Ort-Prüfung die Gründe für die Aufnahme der Prüfung ohne vorherige Mitteilung an diese Stelle anzugeben und er ist der Stelle erst nach Beginn der Prüfung zur Verfügung zu stellen.

Artikel 12

Sprachenregelung zwischen der zuständigen Behörde und dem SIPS-Betreiber

(1)   Alle Unterlagen, die ein SIPS-Betreiber, der gemäß Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28) der Überwachung unterliegt, gemäß Artikel 3 des vorliegenden Beschlusses an die zuständige Behörde übermittelt, können in einer beliebigen Amtssprache der Union abgefasst werden, die der SIPS-Betreiber wählt.

(2)   Der SIPS-Betreiber, der der Überwachung unterliegt, kann vereinbaren, in seiner schriftlichen Kommunikation mit der zuständigen Behörde ausschließlich eine einzige Amtssprache der Union zu verwenden. Der SIPS-Betreiber kann eine solche Vereinbarung zur Verwendung einer Sprache widerrufen, oder im Einzelfall und für bestimmte schriftliche Mitteilungen auf dieses Recht verzichten, um das Verfahren zu beschleunigen, ohne dass hiervon künftige Verfahren berührt werden. Der Widerruf betrifft lediglich die Aspekte des Überwachungsverfahrens, die noch nicht durchgeführt wurden.

(3)   Der SIPS-Betreiber kann verlangen, dass die Untersuchung, die unabhängige Überprüfung oder die Vor-Ort-Prüfung in einer anderen Amtssprache der Union durchgeführt wird als in der, die für das Überwachungsverfahren gewählt wurde. Beabsichtigt er eine solche Vorgehensweise, so hat der SIPS-Betreiber die zuständige Behörde oder den unabhängigen Gutachter mit hinreichend Vorlauf vor der Aufnahme der Untersuchung, der unabhängigen Überprüfung oder der Vor-Ort-Prüfung über seine Absicht zu informieren, sodass die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden können.

Artikel 13

Schlussbestimmungen

Dieser Beschluss tritt zwanzig Tage nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 26. Juli 2019.

Der Präsident der EZB

Mario DRAGHI


(1)  ABl. L 217 vom 23.7.2014, S. 16.

(2)  Verfügbar auf der Website der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich unter www.bis.org.

(3)  Verordnung (EU) 2017/2094 der Europäischen Zentralbank vom 3. November 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 zu den Anforderungen an die Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme (EZB/2017/32) (ABl. L 299 vom 16.11.2017, S. 11).


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