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Document 32018D1925

Beschluss (EU) 2018/1925 des Rates vom 18. September 2018 über den im Namen der Europäischen Union in dem durch das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits eingesetzten Assoziationsrat im Hinblick auf die Annahme der strategischen Prioritäten EU-Tunesien für den Zeitraum 2018-2020 zu vertretenden Standpunkt

ST/11092/2018/INIT

ABl. L 313 vom 10.12.2018, p. 5–12 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2018/1925/oj

10.12.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 313/5


BESCHLUSS (EU) 2018/1925 DES RATES

vom 18. September 2018

über den im Namen der Europäischen Union in dem durch das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits eingesetzten Assoziationsrat im Hinblick auf die Annahme der strategischen Prioritäten EU-Tunesien für den Zeitraum 2018-2020 zu vertretenden Standpunkt

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 217 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9,

auf gemeinsamen Vorschlag der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits (1) (im Folgenden „Europa-Mittelmeer-Abkommen“) wurde am 17. Juli 1995 unterzeichnet und trat am 1. März 1998 in Kraft.

(2)

Gemäß Artikel 80 des Europa-Mittelmeer-Abkommens kann der durch das Europa-Mittelmeer-Abkommen eingesetzte Assoziationsrat zweckdienliche Beschlüsse zur Erreichung der Ziele des Europa-Mittelmeer-Abkommens fassen.

(3)

Gemäß Artikel 90 des Europa-Mittelmeer-Abkommens treffen die Vertragsparteien alle allgemeinen oder besonderen Maßnahmen, die zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Europa-Mittelmeer-Abkommen erforderlich sind, und sorgen dafür, dass die Ziele des Abkommens erreicht werden.

(4)

Die Gemeinsame Mitteilung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Europäischen Kommission vom 18. November 2015 über die Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik wurde in den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Dezember 2015 begrüßt. Der Rat bestätigte in seinen Schlussfolgerungen unter anderem seine Absicht, 2016 eine neue Phase der Zusammenarbeit mit seinen Partnern einzuleiten, die gegebenenfalls dazu führen könnte, dass neue Partnerschaftsprioritäten festgelegt werden, die sich auf zuvor vereinbarte vorrangige Ziele und Interessen konzentrieren.

(5)

Die Gemeinsame Mitteilung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Europäischen Kommission vom 29. September 2016 über den Ausbau der EU-Unterstützung für Tunesien wurde in den Schlussfolgerungen des Rates vom 17. Oktober 2016 begrüßt. Der Rat bekräftigte darin seine Zusicherung, den Übergangsprozess in Tunesien zu unterstützen, betonte den außergewöhnlichen Charakter der Lage in Tunesien und das strategische Interesse der EU, die Entstehung eines demokratischen, starken und stabilen Tunesiens in ihrer Nachbarschaft zu unterstützen, sowie die Notwendigkeit, dass die politischen Fortschritte mit wirtschaftlichen Fortschritten von gleicher Größenordnung einhergehen; zu diesem Zweck rief er zur Mobilisierung aller der EU zur Verfügung stehenden Instrumente und zu einem verstärkten Engagement der EU und ihrer Mitgliedstaaten in enger Zusammenarbeit mit der tunesischen Regierung auf.

(6)

Die Union und die Tunesische Republik sollten zusammenarbeiten, um ihr gemeinsames, im Rahmen der strategischen Prioritäten festgelegtes Ziel zu erreichen. Die Entwicklung einer prosperierenden und stabilen Demokratie in Tunesien ist von beiderseitigem strategischem Interesse.

(7)

Die Union und die Tunesische Republik sollten die dringendsten Herausforderungen angehen und gleichzeitig weiter auf die zentralen Ziele ihrer langjährigen Partnerschaft hinarbeiten, insbesondere auf die Schaffung von Zukunftsperspektiven für junge Menschen, die Beschleunigung der sozioökonomischen Reformen und die Fortsetzung und Stärkung des demokratischen Übergangs.

(8)

Daher sollte der von der Union in dem mit dem Abkommen eingesetzten Assoziationsrat zu vertretende Standpunkt im Hinblick auf die Annahme der strategischen Prioritäten EU-Tunesien für den Zeitraum 2018-2020 auf dem beigefügten Entwurf eines Beschlusses beruhen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Der Standpunkt, der im Namen der Europäischen Union in dem durch das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits eingesetzten Assoziationsrat im Hinblick auf die Annahme der strategischen Prioritäten EU-Tunesien für den Zeitraum 2018-2020 zu vertreten ist, beruht auf dem Entwurf eines Beschlusses des Assoziationsrats, der dem vorliegenden Beschluss beigefügt ist.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 18. September 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

G. BLÜMEL


(1)   ABl. L 97 vom 30.3.1998, S. 2.


ENTWURF DES

BESCHLUSSES Nr. 1/2018 DES ASSOZIATIONSRATES EU – TUNESIEN

vom …

zur Annahme der strategischen Prioritäten EU-Tunesien für den Zeitraum 2018 - 2020

DER ASSOZIATIONSRAT EU-TUNESIEN -

in Anbetracht des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits (im Folgenden „Europa-Mittelmeer-Abkommen“) wurde am 17. Juli 1995 unterzeichnet und trat am 1. März 1998 in Kraft.

(2)

Gemäß Artikel 80 des Europa-Mittelmeer-Abkommens kann der Assoziationsrat zweckdienliche Beschlüsse zur Erreichung der Ziele des Abkommens fassen.

(3)

Gemäß Artikel 90 des Europa-Mittelmeer-Abkommens treffen die Vertragsparteien alle allgemeinen oder besonderen Maßnahmen, die zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Abkommen erforderlich sind, und sorgen dafür, dass die Ziele des Abkommens erreicht werden.

(4)

Bei der Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik im Jahr 2016 wurde eine neue Phase der Zusammenarbeit mit den Partnern vorgeschlagen, die größere Eigenverantwortung auf beiden Seiten ermöglicht.

(5)

Die Europäische Union und die Tunesische Republik haben beschlossen, zur Konsolidierung ihrer privilegierten Partnerschaft einer Reihe strategischer Prioritäten für den Zeitraum 2018 - 2020 anzunehmen, um die Resilienz und Stabilität der Tunesischen Republik zu fördern und zu stärken.

(6)

Die Parteien des Europa-Mittelmeer-Abkommens sollten sich auf den Wortlaut der strategischen Prioritäten verständigen, der durch die privilegierte Partnerschaft EU - Tunesien für den Zeitraum 2018 - 2020 in die Praxis umgesetzt wird. Diese Prioritäten sollten die Umsetzung des Europa-Mittelmeer-Abkommens fördern, wobei der Zusammenarbeit bei einvernehmlich festgelegten gemeinsamen Interessen besonderes Gewicht zukommt —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Der Assoziationsrat nimmt die im Anhang dargelegten strategischen Prioritäten EU-Tunesien für den Zeitraum 2018 - 2020 gemäß dem Dokument im Anhang „Konsolidierung der privilegierten Partnerschaft EU-Tunesien: strategische Prioritäten für den Zeitraum 2018 - 2020“ an und empfiehlt den Parteien, sie umzusetzen.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Geschehen zu …

Im Namen des Assoziationsrates EU-Tunesien

Der Präsident


(1)   ABl. L 97 vom 30.3.1998, S. 2.


ANHANG

Konsolidierung der privilegierten Partnerschaft EU-Tunesien: strategische Prioritäten für den Zeitraum 2018 - 2020

1.   Einleitung

Tunesien hat mit seiner Verankerung im europäischen Raum eine strategische Entscheidung getroffen. Die Entwicklung einer prosperierenden und stabilen Demokratie in Tunesien im europäischen Raum ist von beiderseitigem strategischem Interesse.

Die privilegierte Partnerschaft zwischen der EU und Tunesien zeugt von der Einzigartigkeit und der Dynamik der bilateralen Beziehungen sowie vom gemeinsamen Bestreben, zu einer immer engeren Anbindung Tunesiens an den europäischen Raum zu gelangen. Das langfristige Ziel ist die Entwicklung eines ehrgeizigen Modells für die künftigen Beziehungen nach 2020, das sich an den erreichten Fortschritten orientiert und die Möglichkeiten zur Annäherung, die die Europäische Nachbarschaftspolitik im Zeitraum 2018 - 2020 bietet, voll ausschöpft.

Im Rahmen der privilegierten Partnerschaft hat Tunesien uneingeschränkt zugesagt, die für eine nachhaltige soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Landes notwendigen Reformen durchzuführen und für die Nachhaltigkeit der im Zuge des Übergangs zur Demokratie gemachten Fortschritte zu sorgen. Die Europäische Union bekräftigt angesichts des Ausmaßes der Herausforderungen und Schwierigkeiten, vor denen Tunesien steht, erneut ihre Entschlossenheit, die möglichst rasche Durchführung dieser Reformen zu unterstützen.

Die in diesem Dokument vorgestellten strategischen Prioritäten dienen der konkreten Umsetzung der privilegierten Partnerschaft im Zeitraum 2018 - 2020. Das wichtigste Anliegen beider Seiten wird dabei die Schaffung von Zukunftsperspektiven für junge Menschen sein. Der Schwerpunkt wird auf der Beschleunigung der sozioökonomischen Reformen, einschließlich der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen, sowie auf dem Abschluss eines vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens liegen. Die demokratische Konsolidierung, insbesondere die wirksame Umsetzung der Verfassung von 2014, und eine gute Regierungsführung werden ebenfalls von grundlegender Bedeutung sein. Beide Seiten werden ihre Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit und Terrorismusbekämpfung verstärken und auch im Bereich Migration und Mobilität durch Abschluss der Verhandlungen über Visaerleichterungen und die Rückübernahme ausbauen. Zudem streben sie eine immer aktivere Beteiligung Tunesiens an den EU-Programmen an. Flankiert werden diese Bemühungen durch die Intensivierung des politischen Dialogs auf hoher Ebene und des Dialogs mit der Zivilgesellschaft sowie die Förderung der Sichtbarkeit der Partnerschaft.

Diese Prioritäten beruhen auf dem tunesischen Fünfjahres-Entwicklungsplan 2016-2020 (1) und der Gemeinsamen Mitteilung „ Ausbau der EU-Unterstützung für Tunesien “  (2).

2.   Strategische Prioritäten der privilegierten Partnerschaft EU-Tunesien für den Zeitraum 2018 - 2020

Jugendpartnerschaft

Der EU und Tunesien sind die Zukunftsaussichten für junge Menschen ein zentrales Anliegen, wie die Jugendpartnerschaft EU-Tunesien zeigt, die der tunesische Präsident und die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin am 1. Dezember 2016 ins Leben gerufen haben. Um den Bedürfnissen der jungen Tunesier besser gerecht werden zu können, soll bei den laufenden und den künftigen Maßnahmen für mehr Kohärenz gesorgt werden. Auf der Grundlage des zur Umsetzung dieser Partnerschaft eingeleiteten Dialogs haben sich die EU und Tunesien verpflichtet, die Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung und der Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen, der Mobilität und der verstärkten Beteiligung junger Menschen am öffentlichen und politischen Leben, insbesondere an lokalen Initiativen, auszubauen. Die Beschäftigungsfähigkeit wird durch die Reform der allgemeinen und beruflichen Bildung und die engere Verzahnung von Privatsektor und Bildungssystem sowie durch die Förderung und Begleitung innovativer Initiativen junger Menschen, insbesondere in den Bereichen neue Technologien und Kultur, verbessert. Die Unterstützung der Entwicklung einer nationalen Strategie Tunesiens für die Jugend und die Stärkung von Jugendorganisationen und -einrichtungen werden zentrale Elemente der Partnerschaft sein.

Neben diesem Engagement für junge Menschen setzen sich beide Seiten für die folgenden strategischen Prioritäten ein:

2.1

Inklusive und nachhaltige sozioökonomische Entwicklung

Die politischen Fortschritte können nur dann von Dauer sein, wenn sie mit wirtschaftlichen Fortschritten von gleicher Größenordnung einhergehen. Angesichts der prekären sozioökonomischen Lage in Tunesien mit hoher Jugendarbeitslosigkeit (vor allem bei jungen Hochschulabsolventen) und einem großen regionalen und sozialen Gefälle wird eines der Hauptziele darin bestehen, einen Beitrag dazu zu leisten, die tunesische Wirtschaft anzukurbeln, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, ihre Diversifizierung zu fördern und sie unter Einhaltung der internationalen Verpflichtungen in den Bereichen Umwelt und Klimawandel inklusiv und nachhaltig zu gestalten. Die EU wird weiterhin Strukturreformen unterstützen und fördern.

Insbesondere werden die Maßnahmen im Bereich der sozioökonomischen Entwicklung auf Folgendes abzielen:

Verbesserung des Geschäftsklimas und Förderung der Entwicklung des Privatsektors und privater Investitionen, insbesondere durch: i) Vereinfachung und Straffung der für Unternehmen geltenden Verwaltungsverfahren, ii) Verbesserung des Zugangs zu Finanzmitteln und iii) Förderung öffentlicher und privater Investitionen, insbesondere der wirksamen Anwendung des Investitionsgesetzes von 2016 und des Gesetzes von 2017 zur Neugestaltung der Steuervergünstigungsregelungen, auch um schädliche Steuermodelle zu beseitigen;

aktive Förderung des Unternehmertums und der Entwicklung von KKMU als einer der Schwerpunkte;

Festlegung noch fehlender Sektorstrategien, z. B. für den Tourismus, und deren Umsetzung;

Verbesserung des Umweltschutzes und der Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen (einschließlich Wasser), unter anderem durch die Umsetzung der nationalen Strategie für eine grüne Wirtschaft und die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen Tunesiens in Bezug auf den Klimawandel (national festgelegter Beitrag), die blaue Wirtschaft und die Fischereiressourcen;

Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der traditionellen Sektoren und zukunftsträchtiger Sektoren in Industrie und Landwirtschaft – insbesondere durch die Unterstützung von Innovationen und durch Gewährleistung einer nachhaltigen Ressourcenbewirtschaftung – sowie Diversifizierung der Exportmärkte;

Ausbau des Energiesektors, u. a. durch Stromverbindungsleitungen zwischen der EU und Tunesien, und Förderung erneuerbarer Energiequellen und der Energieeffizienz;

Entwicklung eines sicheren, nachhaltigen und effizienten Verkehrssystems durch harmonisierte Verkehrsstandards und ein integriertes multimodales Netz, um die Süd-Süd- und die Nord-Süd-Verbindungen zu verbessern;

Konsolidierung der Verwaltung der öffentlichen Finanzen durch Annahme und Umsetzung eines neuen Haushaltsgrundlagengesetzes, Reform der Prüfungssysteme des öffentlichen Sektors und Verbesserung der Verwaltung öffentlicher Unternehmen. Die Umsetzung der Steuerreform (Vereinfachung des Steuersystems' Steuergerechtigkeit, Dezentralisierung, Modernisierung der Verwaltung, Bekämpfung der Steuervermeidung und Umsetzung einschlägiger internationaler Verpflichtungen) ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer inklusiveren Entwicklung des Landes. Die Unterstützung für die laufenden Bankenreformen sowie die nationale Strategie zur finanziellen Inklusion 2017 - 2021 in Bezug auf die Zugänglichkeit, Nutzung und Qualität von Dienstleistungen sind ebenfalls von Bedeutung;

Umsetzung des Dezentralisierungsprozesses zur Entwicklung der öffentlichen Dienstleistungen und sozialen Infrastrukturen (insbesondere in den Bereichen Bildung, Kultur, Gesundheit, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung), um den Bedürfnissen der lokalen Gemeinschaften gerecht zu werden; Beschleunigung des Prozesses der Entwicklung der Regionen im Landesinneren – eine gemeinsame Verpflichtung beider Seiten, um die sozioökonomischen Ungleichheiten schrittweise abzubauen.

Zur Förderung des sozialen Fortschritts verpflichten sich beide Seiten, sich weiterhin für Folgendes einzusetzen:

Beschäftigung' insbesondere durch Fortsetzung der Reformen für einen gleichberechtigten Zugang zu einer hochwertigen, auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes ausgerichteten allgemeinen und beruflichen Bildung im Rahmen einer aktiven, integrativen Arbeitsmarktpolitik;

integrierte und wirksame Politik Tunesiens auf dem Gebiet der sozialen Inklusion und effektiver Sozialschutz, insbesondere durch Stärkung der Kapazitäten der einschlägigen öffentlichen Einrichtungen zur Unterstützung der tunesischen Reformen für den sozialen Zusammenhalt sowie Umsetzung von Artikel 67 des Assoziierungsabkommens EU-Tunesien im Hinblick auf die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und die Gewährleistung der Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Bereich der Sozialgesetzgebung;

inklusiver sozialer Dialog zur Verbesserung der Fähigkeit, sozioökonomische Ungleichgewichte zu beseitigen, soziale Spannungen abzubauen und einen echten sozialen Frieden zu fördern – sodass sich auch die Attraktivität des Landes für ausländische Investoren erhöht.

Beide Seiten setzen die Verhandlungen über ein vertieftes und umfassendes Freihandelsabkommen mit uneingeschränktem Engagement fort und haben sich auf einen konkreten Aktionsplan für 2018 geeinigt, der die Verhandlungsrunden beschleunigen und deren möglichst schnellen Abschluss ermöglichen soll. Die EU und Tunesien werden die Modernisierung der tunesischen Wirtschaft zum Nutzen aller, einschließlich der am stärksten benachteiligten Regionen und Gemeinschaften, und die Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere für junge Menschen, weiterhin fördern. Beide Seiten verpflichten sich, die wirtschaftliche Integration Tunesiens in den europäischen Markt und innerhalb der Maghreb-Region zu verbessern.

Zur Förderung von Innovation und Forschung im Dienste der wirtschaftlichen, sozialen und regionalen Entwicklung werden die EU und Tunesien sich für die Integration Tunesiens in den Europäischen Forschungsraum einsetzen, unter anderem durch Förderung der Hochschulbildung und Verbesserung der Lenkungsstrukturen, der Mechanismen zur Aufwertung der öffentlichen Forschung und des Technologietransfers zwischen Hochschulen und Industrie.

2.2.

Demokratie, gute Regierungsführung und Menschenrechte

Die EU und Tunesien werden den demokratischen Reformen, der Förderung einer guten Regierungsführung und der Rechtsstaatlichkeit, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Stärkung der Rolle und der Beteiligung der Zivilgesellschaft weiterhin besondere Bedeutung beimessen. Beide Seiten werden die politischen Reformen durch die wirksame Umsetzung der Verfassung und der von Tunesien eingegangenen internationalen Verpflichtungen weiterhin fördern.

Zu den vorrangigen Aspekten der guten Regierungsführung und der Achtung der Rechtsstaatlichkeit gehört insbesondere Folgendes:

Stärkung des Parlaments als Institution und Gründung und tatsächliche Einsetzung unabhängiger Gremien;

Errichtung des Verfassungsgerichtshofs;

Konsolidierung eines demokratischen, transparenten und unabhängigen Wahlprozesses;

Bekämpfung von Korruption und Betrug, u. a. durch Unterstützung der nationalen Korruptionsbekämpfungsstelle;

Reform des Justizsystems, u. a. durch Angleichung an die internationalen Standards, auch an diejenigen des Europarats;

Umsetzung einer Strategie für die Reform und Modernisierung der öffentlichen Verwaltung, einschließlich der Verbesserung der Dienstleistungen auf zentraler und lokaler Ebene, Einführung einer evidenzbasierten Entscheidungsmethode, Vereinfachung der Verwaltungsverfahren und Entwicklung der digitalen Verwaltung;

Unterstützung des Dezentralisierungsprozesses, einschließlich der Stärkung der Kapazitäten und der Haushalte der Kommunalverwaltungen' insbesondere im Zusammenhang mit den Kommunalwahlen im Mai 2018; Stärkung der Organisationen der Zivilgesellschaft, ihrer Rolle und ihres Beitrags zum Entscheidungsprozess sowie Stärkung der Beteiligung der Bürger, insbesondere junger Menschen, am politischen Leben und am Entscheidungsprozess.

Zu den vorrangigen Aspekten des Engagements für die Achtung und Förderung der Menschenrechte gehört Folgendes:

Abschluss des Prozesses der Harmonisierung der Rechtsvorschriften mit der Verfassung und den internationalen Standards, Mitarbeit Tunesiens in multilateralen Foren und Umsetzung der im Rahmen der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung eingegangenen Verpflichtungen;

Unterstützung der Anstrengungen zur Bekämpfung jeglicher Form von Diskriminierung sowie der Folter (einschließlich der Umsetzung der Verpflichtungen im Rahmen des Ausschusses gegen Folter) und zum Schutz besonders schutzbedürftiger Personen und zur Förderung der Rechte von Frauen, Kindern und Migranten;

Unterstützung der Pionierarbeit Tunesiens zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, zur Gewährleistung der vollständigen Gleichstellung von Männern und Frauen und zur Förderung der Rolle der Frau in allen Bereichen, auch in Wirtschaft und Politik;

Schutz der Meinungs- und der Vereinigungsfreiheit;

Recht auf Schutz personenbezogener Daten;

Achtung der Menschenrechte im Sicherheitsbereich.

2.3.

Annäherung der Völker, Mobilität und Migration

Die Annäherung zwischen tunesischen und europäischen Unternehmen durch Intensivierung des Austauschs zwischen Völkern, Gesellschaften und Kulturen ist eine wichtige Säule der privilegierten Partnerschaft. Diese Dimension der Mobilität ist für die Umsetzung der Jugendpartnerschaft von besonderer Bedeutung. Die wirksame Umsetzung der Assoziierung Tunesiens mit Horizont 2020 und seine Beteiligung an den Programmen „Kreatives Europa“ und „Erasmus +“ werden die Eckpfeiler dieser Bemühungen sein.

Eine konzertierte Steuerung der Migration ist sowohl für Tunesien als auch für die EU eine politische Priorität. Beide Seiten verpflichten sich, den Dialog und die Zusammenarbeit zu intensivieren' vor allem durch die Umsetzung der Mobilitätspartnerschaft, die verstärkte Bekämpfung der Ursachen der irregulären Migration und die Bereitschaft Europas zur Unterstützung der Einrichtung eines tunesischen Asylsystems. Diese Zusammenarbeit, die auch die regionale Dimension dieser Themen widerspiegelt, wird Folgendes umfassen:

Umsetzung der nationalen Migrationsstrategie Tunesiens, auch in den Bereichen Asyl und internationaler Schutz, einschließlich der Schaffung eines geeigneten rechtlichen Rahmens;

Abschluss der Verhandlungen über die Abkommen zur Rückübernahme und zur Einführung von Visaerleichterungen;

verantwortungsvolle Steuerung der legalen Migration durch bessere Koordinierung mit den EU-Mitgliedstaaten unter Achtung ihrer Zuständigkeiten, unter anderem durch die Einführung von Pilotprojekten für die Mobilität und eine bessere Integration von Migranten in die Aufnahmeländer;

Unterstützung bei der Mobilisierung von Auslandstunesiern für Investitionen in innovative Sektoren in Tunesien;

Unterstützung bei der Prävention gegen irreguläre Migration' insbesondere durch bessere Berücksichtigung von Migrationsfragen in den Entwicklungsstrategien; dies umfasst auch einen verstärkten Grenzschutz und Sensibilisierungskampagnen über die Risiken irregulärer Migration;

Unterstützung bei der Verhinderung und Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Menschenhandel' auch durch Aufdeckung und Verfolgung krimineller Netzwerke;

Konsolidierung der Zusammenarbeit bei der Rückkehr und Rückübernahme, unter anderem durch Unterstützung der dauerhaften Wiedereingliederung von Tunesiern nach ihrer Rückkehr.

2.4.

Sicherheit und Terrorismusbekämpfung

Die EU und Tunesien stehen vor gemeinsamen sicherheitspolitischen Herausforderungen, die ein konzertiertes Handeln beider Seiten bei gleichzeitiger Wahrung der gemeinsamen Werte Demokratie und Achtung der Menschenrechte erfordern.

Tunesien beabsichtigt, seine umfassende und multisektorale Strategie zur Bekämpfung von Terrorismus und Gewaltextremismus umzusetzen. Zu den vorrangigen Bereichen der Zusammenarbeit wird Folgendes gehören:

Umsetzung der nationalen Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus' insbesondere durch die Stärkung und Modernisierung der Rechtsvorschriften sowie der Justiz- und Sicherheitsorgane im Einklang mit den in der Verfassung verankerten demokratischen Werten;

Beschleunigung der Durchführung des Programms zur Unterstützung der Reform und Modernisierung des Sicherheitssektors' einschließlich der Rechenschaftspflicht der Sicherheitskräfte, und Vertiefung dieser Zusammenarbeit auf der Grundlage der erzielten Fortschritte;

Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung von organisierter Kriminalität und Terrorismus' einschließlich der wirksamen Umsetzung des mit der Financial Action Task Force vereinbarten Aktionsplans;

Entwicklung einer umfassenden Politik zur Prävention gegen Radikalisierung;

Angehen der Rückkehr der ausländischen Kämpfer;

Entwicklung einer Politik der Unterstützung und des Schutzes der Opfer des Terrorismus;

Bekämpfung der organisierten Kriminalität, insbesondere des Handels mit Feuerwaffen und Drogen;

Unterstützung bei der Umsetzung der nationalen Strategie für die Grenzsicherung;

Stärkung der Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen der Europäischen Union;

Zusammenarbeit in den Bereichen Katastrophenmanagement und -prävention.

Die Europäische Union wird auch weiterhin uneingeschränkt an den Arbeiten der G7 + 6 teilnehmen, die für die Koordinierung zwischen dem wichtigsten Partnern Tunesiens zuständig ist.

Zudem könnten weitere Aspekte der Partnerschaft im Bereich Sicherheit und Verteidigung ausgebaut werden.

3.   Weitere Schritte zur Konsolidierung der privilegierten Partnerschaft EU–Tunesien

Die große Bedeutung, die beide Seiten ihren Beziehungen beimessen, wird sich auch künftig in sehr intensiven politischen Kontakten und regelmäßigen Besuchen im Rahmen eines erweiterten politischen Dialogs über alle Fragen von beiderseitigem Interesse, auch regionale und internationale Fragen, niederschlagen. Die regionale Dimension dieser Gespräche sollte gestärkt werden. Beide Seiten bekräftigen in dieser Hinsicht die Bedeutung ihrer Zusammenarbeit im Rahmen der Union für den Mittelmeerraum. Zusätzlich zu den bestehenden Dialogen werden sich beide Seiten für die Abhaltung hochrangiger Treffen zwischen der EU und Tunesien und für die Teilnahme tunesischer Minister an informellen Treffen über bestimmte Themen der Mitglieder des Rates der Europäischen Union einsetzen. Beide Seiten fördern die Vertiefung der parlamentarischen Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und der Versammlung der Volksvertreter.

Die Gremien des Assoziierungsabkommens (Assoziationsrat, Assoziationsausschuss und Unterausschüsse) bleiben die bevorzugten Foren für die Ausrichtung der konkreten Umsetzung der Partnerschaft. Die EU und Tunesien verpflichten sich, die Effizienz und den Mehrwert ihrer Arbeit zu erhöhen und, soweit möglich, im Einklang mit den strategischen Prioritäten die vorrangigen thematischen Prioritäten zu bündeln.

Zur konkreten Umsetzung der aufgeführten Prioritäten wird von Tunesien ein Fahrplan vorgeschlagen und mit der EU abgestimmt. In diesem öffentlichen Dokument werden die dringendsten (legislativen, strategischen und praktischen) Maßnahmen, die für die sozioökonomische Erholung des Landes erforderlich sind, aufgeführt. Dieser Fahrplan bildet einen flexiblen, operativen Mechanismus zur halbjährlichen Überwachung.

In der Gemeinsamen Mitteilung hat die EU zugesagt, ihre finanzielle Unterstützung für Tunesien im Rahmen des Nachbarschaftsinstruments erheblich zu verstärken. Die EU und Tunesien streben eine maximale Ausschöpfung der bestehenden finanziellen Möglichkeiten an, einschließlich neuer Instrumente wie der Investitionsoffensive der EU für Drittländer, um die Komplementarität und die Hebelwirkung der Zuschüsse der EU und der von den Finanzinstitutionen gewährten Darlehen zu verstärken. Beide Seiten verpflichten sich, größere Synergieeffekte zwischen dem politischen und den sektorbezogenen Dialogen und der konkreten finanziellen Zusammenarbeit anzustreben. Sie werden sich auch für die Stärkung der Mechanismen für die Koordinierung und den Dialog mit den Finanzpartnern und internationalen Gebern einsetzen, wobei die tunesische Seite für die Festlegung der Prioritäten und deren Umsetzung verantwortlich ist.

Schließlich verpflichten sich beide Seiten, den strategischen Beziehungen zwischen der EU und Tunesien mehr Sichtbarkeit zu verleihen und den Nutzen ihrer Zusammenarbeit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern auf beiden Seiten des Mittelmeers stärker hervorzuheben.


(1)  Dieser Plan sieht ein neues Entwicklungsmodell für ein nachhaltiges und inklusives Wachstum vor und umfasst fünf Prioritäten: i) gute Regierungsführung, Reform der öffentlichen Verwaltung und Bekämpfung der Korruption, ii) Übergang von einer Niedriglohnwirtschaft zu einem zentralen Wirtschaftsraum, iii) menschliche Entwicklung und soziale Inklusion, iv) Umsetzung der Ziele der Regionen und v) eine grüne Wirtschaft als Eckpfeiler der nachhaltigen Entwicklung.

(2)  In dieser Mitteilung der Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (JOIN(2016) 47 final vom 29. September 2016) werden die folgenden Schwerpunkte genannt: i) Förderung verantwortungsvoller Regierungsführung und der Reform der öffentlichen Verwaltung; ii) Stärkung der Rolle der Zivilgesellschaft; iii) In die Zukunft investieren: Schaffung von Arbeitsplätzen und Förderung der nachhaltigen sozioökonomischen Entwicklung; iv) Bekämpfung von Ungleichheiten innerhalb der Gesellschaft; v) Unterstützung bei der Bewältigung von Sicherheitsproblemen; vi) gemeinsame Anstrengungen für eine bessere Steuerung von Migration und Mobilität.


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