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Document 32010D0269

2010/269/: Beschluss der Kommission vom 9. März 2010 über die Beihilfe zugunsten von Farm Dairy Flevoland (C 45/08) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2010) 1240)

OJ L 118, 12.5.2010, p. 45–55 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2010/269/oj

12.5.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 118/45


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 9. März 2010

über die Beihilfe zugunsten von Farm Dairy Flevoland (C 45/08)

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2010) 1240)

(Nur der niederländische Text ist verbindlich)

(2010/269/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union („AEU-Vertrag“) (1), insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Abgabe von Stellungnahmen gemäß dem genannten Artikel und gestützt auf deren Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   Verfahren

(1)

Bei der Prüfung einer Kurzbeschreibung, die im Zusammenhang mit einem Freistellungsantrag gemäß Verordnung (EG) Nr. 68/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf Ausbildungsbeihilfen (2) übermittelt wurde, erhielt die Kommission Kenntnis von einer Beihilfe, die zugunsten von Farm Dairy Flevoland gewährt wurde oder gewährt werden sollte. Mit Schreiben vom 29. Juni 2004 (Az. AGR/16887) forderte die Kommission bei den Niederlanden Informationen zu dieser Maßnahme an.

(2)

Die niederländischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 28. November 2005, eingegangen am 29. November 2005.

(3)

Mit Schreiben vom 22. Mai 2007 forderte die Kommission weitere Informationen an. Die Niederlande antworteten mit Schreiben vom 22. Juni 2007, eingegangen am 25. Juni 2007.

(4)

Die Maßnahme wurde unter der Nummer NN 97/05 in das Verzeichnis der nicht notifizierten Beihilfen aufgenommen.

(5)

Der Beschluss der Kommission zur Einleitung des Verfahrens wurde am 26. November 2008 im Amtsblatt der Europäischen Union  (3) veröffentlicht. Die Kommission forderte die anderen Mitgliedstaaten und die Beteiligten auf, zu den betreffenden Beihilfen Stellung zu nehmen.

(6)

Die Niederlande äußerten sich mit Schreiben vom 19. Januar 2009, eingegangen am selben Tag.

(7)

Mit Schreiben vom 18. Mai 2009 ging bei der Kommission eine Stellungnahme von Farm Dairy als Beteiligtem ein. Nach einem Ersuchen um Fristverlängerung und angesichts der besonderen Umstände, die Farm Dairy geltend machte, wurden mit Schreiben vom 15. Juni 2009, eingegangen am 18. Juni 2009, weitere Nachträge zum Schreiben vom 18. Mai 2009 an die Kommission übermittelt. Diese Stellungnahme wurde mit Schreiben vom 24. Juni 2009 an die niederländischen Behörden weitergeleitet. Die Niederlande antworteten darauf mit Schreiben vom 17. Juli 2009, eingegangen am selben Tag.

(8)

Mit Schreiben vom 18. September 2009 legte die Kommission den niederländischen Behörden zusätzliche Fragen vor. Diese beantragten mit Schreiben vom 16. Oktober 2009 Fristverlängerung bis zum 18. November 2009, die mit Schreiben vom 10. November 2009 gewährt wurde. Mit Schreiben vom 23. November 2009, eingegangen am selben Tag, legten die Niederlande weitere Informationen vor.

II.   Beschreibung

II.1   Hintergrund der Maßnahme

(9)

Farm Dairy ist ein Unternehmen, das Milcherzeugnisse herstellt. Es zog an den derzeitigen Standort Lelystad, Flevoland um, der in einem als Ziel-1-Region eingestuften Gebiet liegt. Am 24. August 1998 beantragte Farm Dairy eine Investitionsbeihilfe gemäß Nummer 3.3 des EPPD (Einheitliches Programmplanungsdokument/„Enig Programmeringsdocument“) der Provinz Flevoland. Mit der Ansiedlung des Unternehmens sollten direkte und indirekte Arbeitsplätze in der Region geschaffen werden.

(10)

Am 23. September 1998 befürwortete die Provinz diesen Beihilfeantrag. Für die Entscheidung der Provinz waren u. a. die günstigen Prognosen in Bezug auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze, den Umweltschutz, die niedrigeren Transportkosten für Milch (bis dahin wurde die in Flevoland erzeugte Milch außerhalb des Gebiets und sogar in Belgien verarbeitet) und die Ertragsaussichten des Unternehmens ausschlaggebend. Farm Dairy beabsichtigte nämlich, Lieferverträge mit den Milcherzeugern in Flevoland und Vereinbarungen mit einer bekannten Supermarktkette abzuschließen, was den Absatz der Milcherzeugnisse gesichert hätte. Es war geplant, jährlich 48 Mio. kg Milch bei Farm Dairy zu verarbeiten.

(11)

Die Provinz beantragte eine Kofinanzierung beim niederländischen Landwirtschaftsministerium („Ministerie voor Landbouw, Natuur and Voedselkwaliteit“ — LNV) und bat um eine Bewertung des Vorhabens. Offenbar kam es zwischen der Provinz und der „Directie Noordwest“ des LNV-Ministeriums zu Meinungsverschiedenheiten über den Kofinanzierungsantrag, insbesondere über den innovativen Charakter des Vorhabens. Aus diesem Grund legte IKC ein zweites Gutachten vor, das am 17. Dezember 1998 übermittelt wurde und auf die Vorzüge des Vorhabens in Bezug auf Arbeitsplätze, Absatzmöglichkeiten und Rentabilität hinwies. Dennoch lautete die abschließende Wertung, dass das Vorhaben nur in geringem Maße innovativ ist, denn der Herstellungsprozess an sich sei trotz Einsatz der modernsten Verfahren nicht innovativ, dafür weise das Vorhaben aber Marktinnovationen auf. In diesem zweiten Gutachten wurden mehrere Kriterien wie die Regionalentwicklung und die finanziellen Aussichten des Vorhabens einbezogen. In Anbetracht der Tatsache, dass das Vorhaben vor allem auf Provinzebene (und weniger auf nationaler Ebene) nutzbringend war, wurde der übliche Verteilerschlüssel für die Kofinanzierung von Beihilfen niedriger angesetzt, so dass sich der Anteil der Provinz erhöhte.

(12)

Nach dieser Stellungnahme des LNV erließ die Provinz eine Entscheidung über die Gewährung eines Zuschusses an Farm Dairy in Höhe von insgesamt 1 575 000 NLG (715 909 EUR) und gab Farm Dairy am 3. März 1999 seine Absicht bekannt, diesen Zuschuss zu gewähren. Dieser Zuschuss sollte aus Beiträgen des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), der Zentralregierung und der Provinz finanziert werden.

(13)

Nachdem Zweifel aufgetaucht waren, ob die Europäische Kommission die Beihilfe genehmigen würde, beschloss das LNV, keine öffentlichen Mittel zu gewähren, und teilte dies der Provinz mit Schreiben vom 14. September 1999 mit.

(14)

Im Anschluss an eine selbst durchgeführte Kontrolle entschied die GD AGRI, dass das Projekt nicht über das EPPD finanziert werden könne und infolgedessen der auf den EAGFL entfallende Finanzierungsanteil nicht gewährt werden würde. Sie teilte der Provinz diese Entscheidung mit Schreiben vom 25. Juni 1999 mit.

(15)

Dennoch beschloss die Provinz, das Vorhaben zu finanzieren, und zwar ausschließlich aus eigenen Mitteln. Farm Dairy wurde mit Schreiben vom 20. November 2000 über die endgültige Gewährung dieses Zuschusses und seine Auszahlung unterrichtet.

(16)

Am 23. Februar 2001 fand auf Antrag der Provinz Flevoland eine informelle Sitzung von Beamten der GD AGRI und Vertretern der Provinz statt. Auf dieser Sitzung sollen die Beamten darauf hingewiesen haben, dass die Beihilfe zugunsten von Farm Dairy nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sei und wieder eingezogen werden müsse, diese Mittel aber im Rahmen eines anderen Projektes verwendet werden könnten.

(17)

Die Provinz entschied nun, die Beihilfe in Form eines Ausgleichs für den Schaden zu gewähren, der Farm Dairy durch die Rücknahme des Gewährungsbeschlusses für die Beihilfe entstanden war. Diese Entschädigung war so hoch wie der Betrag, den Farm Dairy erhalten hätte, wenn die Beihilfe genehmigt worden wäre. Da die Möglichkeit der Rücknahme der Beihilfe im Gewährungsbeschluss nicht vorgesehen war, war die Provinz nämlich der Auffassung, sie sei an diese Entscheidung gebunden und verpflichtet, die Beihilfe zu gewähren, andernfalls drohten rechtliche Schritte durch Farm Dairy. Die Provinz gab Farm Dairy ihren Entschädigungsvorschlag mit Schreiben vom 10. Mai 2001 bekannt. Farm Dairy nahm diesen Vorschlag mit Schreiben vom 21. Mai 2001 an.

II.2   Rechtsgrundlage

(18)

Ursprünglich war die Beihilfe im Rahmen des EPPD der Provinz Flevoland als Investitionsbeihilfe gemäß Nummer 3.3 des EPPD vergeben worden. In der Folge wurde die Beihilfe aus den oben dargelegten Gründen als Entschädigung für die Verluste gewährt, die Farm Dairy durch die Entscheidung entstanden waren, die Beihilfegewährung zurückzunehmen.

II.3   Beihilfebetrag

(19)

Die Beihilfe belief sich auf insgesamt 1 575 000 NLG (715 909 EUR). Dies entspricht 8,5 % der Gesamtinvestitionssumme in Höhe von 18 597 000 NLG (8 438 951 EUR).

II.4   Begünstigter

(20)

Begünstigter ist Farm Dairy Holding B.V. mit Sitz in Lelystad. Es handelt sich dabei um ein Unternehmen, das Milcherzeugnisse (d. h. Joghurts und andere Desserts auf Milchbasis) herstellt.

II.5   Laufzeit der Maßnahme

(21)

Die Beihilfe wurde für den Zeitpunkt vom 1. Oktober 1998 bis zum 1. Mai 2000 gewährt, das entspricht den Anfangs- und Enddaten des Vorhabens Farm Dairy. Der Gewährungsbeschluss als solcher wurde am 3. März 1999 gefasst.

III.   Argumente der Kommission zum Zeitpunkt der Einleitung des Prüfverfahrens

(22)

Die Kommission leitete das Prüfverfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV ein, da erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Beihilfen mit dem Binnenmarkt bestanden.

(23)

Im Vorfeld versuchte die Kommission insbesondere zu klären, ob eine Vereinbarkeit als Investitions- oder Entschädigungsbeihilfe für die fraglichen Maßnahmen in Frage käme.

(24)

Im Falle von Investitionsbeihilfen wandte die Kommission die zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung geltenden Vorschriften, d. h. den Gemeinschaftsrahmen betreffend staatliche Investitionsbeihilfen für die Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (4) (im Folgenden der „Gemeinschaftsrahmen“) an, da es sich um eine Investition handelte. Danach sind Investitionsbeihilfen im Sektor Kuhmilch und Kuhmilcherzeugnisse grundsätzlich ausgeschlossen, und Ausnahmen sind nur in einem der unter Ziffer 2.3 des Anhangs der Entscheidung 94/173/EG der Kommission vom 22. März 1994 zur Festlegung der Auswahlkriterien für Investitionen zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse (5) zulässig. Diese Ausnahmen betreffen u. a. Investitionen mit einem hohen Innovationsanteil. In dieser Hinsicht lagen der Kommission, wie sie in der Entscheidung zur Einleitung des Prüfverfahrens abschließend feststellte, nicht ausreichend Informationen vor, aus denen man hätte schließen können, dass die Beihilfe die Voraussetzungen für eine der vorgesehenen Ausnahmen erfüllte. Gemäß Ziffer 3 Buchstabe d des Gemeinschaftsrahmens wiederum ist es möglich, bestimmte Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar zu erklären, wenn sie für eine Kofinanzierung in Betracht kommen. In ihrer Entscheidung, ein Prüfverfahren einzuleiten, stellte die Kommission fest, dass diese Möglichkeit im vorliegenden Fall nicht angewendet werden konnte, da sie im Schreiben vom 25. Juni 1999 an die Niederlande eine Finanzierung über das EPPD grundsätzlich abgelehnt hatte.

(25)

Die Kommission hat auch das Argument der niederländischen Behörden geprüft, wonach die Beihilfe als Vergütung für den Schaden gewährt worden ist, der durch den Irrtum der Behörde entstanden sei, welche die Beihilfe zunächst gewährt hatte, während sich später herausstellte, dass es sich um eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt möglicherweise nicht zu vereinbarende Beihilfe handelte. Die Kommission stellte abschließend fest, dass das beihilfebegünstigte Unternehmen dennoch nicht auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe vertrauen durfte, wenn diese unter Missachtung des vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde. Sie äußerte daher Zweifel, ob die Schadensvergütung eine geeignete Rechtfertigung dafür sei, dass die fragliche Maßnahme keine Beihilfe darstellt.

(26)

Da die niederländischen Behörden keine andere Rechtsgrundlage vorgebracht hatten, konnten die Zweifel an der Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahmen laut Schlussfolgerung der Kommission nicht ausgeräumt werden, und es war demnach nicht auszuschließen, dass es sich um Betriebsbeihilfen handelte.

IV.   Stellungnahmen Dritter

(27)

Zunächst einmal zeigte sich Farm Dairy bei der Bekanntgabe der Entscheidung, ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten, überrascht. Farm Dairy sei nämlich fest davon ausgegangen, dass die Angelegenheit seit langem abgeschlossen war. Dann beklagte sich Farm Dairy darüber, dass es keinen Einfluss auf den Briefwechsel zwischen der Provinz Flevoland und der Kommission nehmen konnte, da es von der Untersuchung der Kommission erst bei Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens erfahren habe.

(28)

Die Bemerkungen von Farm Dairy gliedern sich in vier Abschnitte: erstens das allgemeine Umfeld der Maßnahmen und der Vertrauensschutz des Begünstigten, zweitens die Umsetzung der Maßnahmen des EPPD Flevoland, drittens die Bewertung im Hinblick auf die Entscheidung 94/173/EG und viertens der Einspruch gegen die Anwendung zusammengesetzter Zinssätze im Falle eines ablehnenden Beschlusses mit Rückforderung.

IV.1   Allgemeines Umfeld der Maßnahme

(29)

Im August 1998 beantragte Farm Dairy Beihilfen bei der Provinz Flevoland im Rahmen des EPPD 1994-1999. Darin wurde ein besonderer Schwerpunkt auf die Notwendigkeit gelegt, weitere Möglichkeiten für die Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse in der Provinz Flevoland zu schaffen. In diesem Rahmen erschien das Vorhaben Farm Dairy besonders vielversprechend, denn es war der Bau eines unabhängigen milchverarbeitenden Werks in Lelystad geplant.

(30)

Farm Dairy verwies nachträglich auf die positiven Ergebnisse, die durch den Bau des Werks in Lelystad erzielt wurden: mehr Wettbewerb auf dem niederländischen Markt für Milcherzeugnisse, der damals von Friesland Coberco und Campina Melkunie beherrscht wurde, Nähe zu den Milchlieferanten, Innovationen („Make-to-order-System“), Einführung von 2-l-Behältern auf dem niederländischen Markt, Schaffung neuer Arbeitsplätze in einer „Ziel-1-Region“, Ankurbelung des Wirtschaftswachstums in der Region. Damals beabsichtigte Farm Dairy, eine Palette spezieller und innovativer Produkte für den niederländischen Markt zu entwickeln.

(31)

Den Angaben von Farm Dairy zufolge sei der Beihilfeantrag von der Provinz und vom Landwirtschaftsministerium (LNV) auf der Grundlage eines unabhängigen Gutachtens von IKC positiv beurteilt worden, da darin festgestellt wurde, dass das Vorhaben teilweise innovativ sei. Daraufhin war am 24. Februar 1999 eine Vereinbarung zwischen der Provinz Flevoland und Farm Dairy geschlossen worden, mit der eine Beihilfe im Rahmen von Maßnahme 3.3 des EPPD Flevoland gewährt wurde. Farm Dairy betonte, es sei erst 2001 von der Provinz Flevoland informiert worden, dass die Beihilfe wegen der Auflagen für staatliche Beihilfen nicht genehmigt wurde. Um ein Gerichtsverfahren zu vermeiden, schlug die Provinz vor, eine Entschädigung zu zahlen. Farm Dairy zufolge hieß es im Beschluss zur Einleitung des Verfahrens, dass bei einem Gespräch zwischen der Provinz und der Kommission auf die Unvereinbarkeit der Beihilfe hingewiesen worden war. Farm Dairy gegenüber hatte die Provinz aber angegeben, dass ein Kommissionsbeamter angeregt haben soll, eine Entschädigung zu zahlen. Angesichts dieser Hinweise konnte Farm Dairy doch ein berechtigtes Vertrauen haben, dass die Angelegenheit abgeschlossen war.

(32)

In Bezug auf die Beihilfeintensität gab Farm Dairy an, dass die Beihilfe letztlich […] (6) % der tatsächlichen Investitionskosten und nicht 8,5 % des geschätzten Investitionsaufwands abdeckte. Dieser Anteil war deutlich niedriger als die genehmigten Prozentsätze (z. B. zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen).

IV.2   Stellungnahme von Farm Dairy zu einer Bewertung in Bezug auf das EPPD Flevoland

(33)

Die Provinz Flevoland bewertete die Beihilfe in Bezug auf Maßnahme 3.3 des EPPD Flevoland, mit der im Sinne der Zielvorgaben „Schaffung von Arbeitsplätzen und Umweltschutz“ neue Tätigkeitsfelder in der Landwirtschaft gefördert werden sollten. Farm Dairy zeigte sich über die Einstufung der Kommission überrascht, wonach die Maßnahme unter Nummer 3.2 des EPPD Flevoland anhand der Verordnung (EWG) Nr. 866/90 des Rates vom 29. März 1990 zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse (7) beurteilt werden sollte. Bei einer Bewertung unter diesem Blickwinkel bestand auch die Verpflichtung, die Kriterien für Investitionen gemäß Ziffer 2.3 des Anhangs der Entscheidung 94/173/EG einzuhalten.

(34)

Farm Dairy zufolge waren die Voraussetzungen gemäß Nummer 3.3 des EPPD Flevoland erfüllt: So hatte Farm Dairy insbesondere im Jahr 2000 (statt der 35 ursprünglich vorgesehenen) 61 neue Arbeitsplätze geschaffen und insgesamt […] Mio. NLG (statt der ursprünglich vorgesehenen 18,5 Mio.) investiert. Außerdem wirkte sich die Investition positiv auf die Umwelt aus: durch die räumliche Nähe der Milchlieferanten sanken die CO2-Emissionen und der Kraftstoffverbrauch. Durch das innovative Konzept des „Make-to-order-Systems“ verringerte sich der Aufwand für Kühlkapazitäten, für die viel Energie verbraucht wird.

(35)

Farm Dairy schloss seine Ausführungen hierzu mit dem Hinweis, dass die Kommission die Beihilfe unter Maßnahme 3.3 statt unter Maßnahme 3.2 des EPPD Flevoland hätte bewilligen müssen.

IV.3   Stellungnahme von Farm Dairy zu einer Bewertung in Bezug auf die Entscheidung 94/173/EG

(36)

Farm Dairy war zunächst einmal der Meinung, dass die Beihilfe mit den unter Ziffer 1.1 der Entscheidung 94/173/EG genannten Kriterien vereinbar ist, denn die Investition war, wie bereits angegeben, positiv für die Umwelt und beinhaltete technologische Neuerungen. Außerdem sanken durch die räumliche Nähe der Milchlieferanten die Zwischenkosten für die Milchabholung, und das Konzept der zentralen Herstellungskette unter einem Dach ermöglichte eine direkte Vermarktung.

(37)

Dann erfüllte die fragliche Beihilfe nach Ansicht von Farm Dairy die Anforderungen gemäß den Kriterien unter Ziffer 2.3 des Anhangs der bereits genannten Entscheidung 94/173/EG.

(38)

Farm Dairy behauptete insbesondere, dass die Investition aus zwei Gründen einen hohen Innovationsanteil aufwies: Erstens bauen die betriebsinternen Abläufe auf einem „Make-to-order-System“ auf; das bedeutet, dass der Rohstoff Milch innerhalb des Unternehmens zu einem Fertigprodukt verarbeitet wird, das vor Ort verpackt und sofort danach auf Kühl-LKWs verladen wird. Es sei daher nicht notwendig, beim Vertrieb der Ware mit einem Logistikzentrum zusammenzuarbeiten. Durch dieses System sei es auch möglich, dass der Anfangsinput an Milch genauso hoch ist, wie sich dies aus dem Umfang der laufenden Bestellungen ergibt. Dadurch sänken die Kosten für die Kühlung beim Milchtransport ab Werk erheblich. Farm Dairy betonte, es habe in moderne, sehr energieeffizient arbeitende Pasteurisierungsanlagen investiert. Dieser Herstellungsprozess habe zu einer hohen Qualität der Erzeugnisse von Farm Dairy beigetragen.

(39)

Zweitens habe Farm Dairy nach eigenen Angaben durch die Einführung von 2-l-Behältern aus Polyäthylen auch eine produktionstechnische Neuerung auf dem niederländischen Markt bewirkt. 1999 habe Farm Dairy als erstes milchverarbeitendes Unternehmen einen derartigen Behälter auf den Markt gebracht. Damals waren nur kleinformatige Packungen aus Karton verfügbar. Zu diesem Zweck habe Farm Dairy eine spezielle Anlage zur Herstellung dieser Behälter aus den USA importiert. 1999 war die Nachfrage nach derartigen Behältern noch nicht sehr groß. Erst 2004 sei die Nachfrage nach diesen Behältern angestiegen. Seit 2004 fülle Farm Dairy über […] Mio. l Milch in 2-l-Behälter ab, was […] % der gesamten Produktionsmenge des Unternehmens bei Milch ausmacht. Farm Dairy fügte seinen Bemerkungen einen Presseartikel bei, in dem über diese Neuerung berichtet wird, sowie Unternehmensstatistiken als Nachweis für den wachsenden Anteil von Milch, der im Zeitraum 1999-2008 in 2-l-Behältern verkauft wurde.

(40)

Farm Dairy fügte seinen Bemerkungen ebenfalls einen Bericht mit dem Titel „Innovationen bei Farm Dairy zum Zeitpunkt des EPPD-Antrags 1998“ aus der Feder von […] bei, der damals […] beim Konkurrenten […] war. Wie Farm Dairy betonte, heißt es in diesem unabhängigen Bericht, dass die Einführung von 2-l-Polyäthylenbehältern den niederländischen Markt insofern revolutionierte, als die beiden beherrschenden Anbieter (Friesland-Coberco und Campina Melkunie) versuchten, die Einführung dieser Verpackung zu behindern. Dieser Behälter brachte zahlreiche Vorteile im Vergleich zu den damals erhältlichen Kartonpackungen. Farm Dairy habe als allererster Anbieter diesen Behälter in den Niederlanden eingeführt. Außerdem ermögliche das Logistikkonzept des Unternehmens (Herstellungskette unter einem Dach) eine längere Haltbarkeitsdauer der Milch, da es keine zentralen Logistikzentren für den Vertrieb gebe und somit auf weit verzweigte Versorgungskanäle verzichtet werden könne.

(41)

Farm Dairy legte ebenfalls eine Übersicht vor, in der allein die Investitionskosten für die Herstellung von 2-l-Behältern getrennt von den übrigen Investitionskosten ausgewiesen waren. Beim Bau des Farm-Dairy-Werks wurden 4 Abfüllstraßen errichtet, eine davon speziell für das Abfüllen von 2-l-Behältern. Auch die Kosten hierfür wurden getrennt von den übrigen Investitionskosten ausgewiesen.

(42)

Farm Dairy gab ferner an, dass zum Zeitpunkt des Investitionsantrags die Markteinführung eines Sortiments spezieller Produkte wie Sahneprodukte in Bechern, Fruchtjoghurts und andere Sahne- und Früchtedesserts geplant war.

(43)

In Antwort auf das unter Ziffer 2.3 des Anhangs der Entscheidung 94/173/EG genannte Kriterium betreffend die Nachfrageentwicklung gab Farm Dairy an, dass die Nachfrage in erster Linie von Supermärkten ausging und diese beim Gedanken, dass ein neuer Anbieter auf dem Markt entstehen sollte, geradezu begeistert waren. Gleich von Beginn an hatte Farm Dairy Lieferverträge mit den wichtigsten in den Niederlanden vertretenen Supermärkten.

(44)

In Bezug auf die Ausnahme für Kapazitätsmängel und bestehende reale, nachhaltige Absatzmöglichkeiten belegt die Reaktion der unter Randnummer 43 erwähnten Supermärkte eindeutig, dass nachweislich reale und nachhaltige Absatzmöglichkeiten vorhanden waren. Dass ein Kapazitätsmangel bestand, geht laut Farm Dairy aus der Entscheidung der Niederländischen Wettbewerbsbehörde (NMa) vom 23. Dezember 1998 im Rahmen der Übernahme des Milcherzeugnisseherstellers De Kievit durch Friesland Coberco Dairy Foods hervor. Die Niederlande importieren mehr Erzeugermilch als sie exportieren. Laut Einfuhr-/Ausfuhr-Saldo wurden 2,5 % der in den Niederlanden verarbeiteten Milch eingeführt. Für Farm Dairy folgte aus all diesen Informationen, dass keine Überkapazitäten auf dem Frischmilchmarkt in den Niederlanden bestanden.

(45)

Nebenbei erwähnte Farm Dairy, dass sich die Milchlieferanten von Flevoland entschieden hatten, keine Milch mehr an ihren Abnehmer Campina Melkunie zu liefern, und ihre Milch stattdessen an die Comelco in Belgien lieferten. Allerdings waren sie nach Übernahme der Comelco durch Campina Melkunie 1991 und deren vollständiger Eingliederung 1996 gezwungen, nach einer anderen Alternative zu suchen. Diese andere Alternative war der Markteintritt von Farm Dairy im Jahr 1999.

(46)

Farm Dairy schloss hier mit dem Hinweis auf die Schwierigkeiten, 10 Jahre nach den Geschehnissen genauere Informationen zu finden, und schrieb dies der langen Dauer des Verfahrens zwischen der Kommission und den Niederlanden zu.

IV.4   Zahlung eines zusammengesetzten Zinssatzes

(47)

Als Einwand gegen die Anwendung eines zusammengesetzten Zinssatzes ab dem Zeitpunkt der Beihilfegewährung berief sich Farm Dairy auf die lange Verfahrensdauer und sein berechtigtes Vertrauen, dass die Angelegenheit offenbar abgeschlossen war. Farm Dairy könne nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass die Angelegenheit über längere Zeit hinweg ruhte, weswegen derart hohe Zinsen auflaufen konnten. Deswegen beantragte Farm Dairy die Anwendung eines einfachen Zinssatzes; hätte es nämlich Hinweise gehabt, dass die Beihilfe rechtwidrig war, und hätte es die Wahl gehabt, so hätte es sich für eine frühere Rückzahlung des Betrags entschieden.

(48)

Farm Dairy begründete sein Ersuchen mit der Mitteilung der Kommission vom 8. Mai 2003, aus der hervorgeht, dass bis zu diesem Zeitpunkt unklar war, welcher Zinssatz angewendet werden sollte. Im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes beantragte Farm Dairy, die Kommission solle beschließen, den zusammengesetzten Zinssatz nicht für den Zeitraum vor dem 8. Mai 2003 anzuwenden.

V.   Stellungnahme der Niederlande

(49)

Mit Schreiben vom 19. Januar 2009 legten die Niederlande ihre Stellungnahme zum Beschluss der Kommission vor, das Verfahren gemäß Artikel 108 Absatz 2 AEUV gegen die nicht angemeldete Beihilfe einzuleiten. In der Reaktion der Niederlande hieß es lediglich, dass keine weiteren Informationen vorlägen, da im Rahmen des Voruntersuchungsverfahrens bereits alles übermittelt worden sei.

(50)

Nach den Einlassungen von Farm Dairy bestand die Kommission jedoch auf weiteren klärenden Hinweisen. Zu diesem Zweck bat sie die Niederlande um Angabe, ob die Einführung der 2-l-Flaschen, wie von Farm Dairy angegeben, eine Innovation sei und ob dieser Aspekt bei der Bewertung des Vorhabens durch die niederländischen Behörden berücksichtigt worden sei. In Bezug auf das „Make-to-order-Verfahren“ bat die Kommission die Niederlande um Stellungnahme zu den von Farm Dairy vorgelegten Informationen, wonach dieses Verfahren zum Zeitpunkt des Investitionsantrags eine Innovation darstellte. Und schließlich bat die Kommission die Niederlande, sich zu dazu äußern, ob zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung ein Kapazitätsmangel und reale Absatzmöglichkeiten bestanden, und dafür alle u. U. sachdienlichen Untersuchungen oder Dokumente vorzulegen.

(51)

In Bezug auf die Einführung des 2-l-Behälters gaben die Niederlande an, dass es sich 1999 tatsächlich um eine Neuerung handelte. Sie stützten sich dabei auf Untersuchungen, die von TNO (8), der Nederlandse Zuivel Organisatie (NZO) und der Supermarktkette […] durchgeführt wurden. Die Niederlande legten den Bericht von TNO sowie die Schreiben von NZO und […] vor. Daraus geht hervor, dass Farm Dairy wirklich als erster Anbieter den 2-l-Behälter auf dem niederländischen Markt einführte und diese Behälter 1999 eine Innovation darstellten, da Milch bis dahin nur in 1-l- oder 1½-l-Packungen aus Karton verkauft wurde.

(52)

Dies war bei der Bewertung durch IKC nicht berücksichtigt worden, und die Provinz wusste darüber nicht Bescheid. Den Angaben der Niederlande zufolge wäre das damalige Gutachten von IKC dadurch wohl anders ausgefallen, da der innovative Charakter des Vorhabens anders beurteilt worden wäre. Da es IKC aber nicht mehr gebe, könne man kein zweites Gutachten bei IKC anfordern.

(53)

Auf Wunsch der Kommission legten die Niederlande eine Kostenaufschlüsselung ausschließlich zu den spezifischen Investitionskosten für die Einführung des 2-l-Behälters vor. Gemäß diesen Zahlen entfielen 1 840 000 NLG (834 956 EUR) auf die spezifische Investition für die 2-l-Behälter. Hinzu kam laut niederländischen Behörden ein Viertel der Kosten für die Abfüllstraßen, da von den vier Abfüllstraßen eine Anlage vollständig auf die Abfüllung der 2 l-Flaschen ausgelegt sein sollte. Dafür fielen Kosten von 2 936 250 NLG (1 332 412 EUR) an. Insgesamt belief sich der Betrag somit auf 4 776 250 NLG (2 167 367 EUR).

(54)

In Bezug auf das „Make-to-order-Verfahren“ bat die Kommission die Niederlande, sich zum innovativen Charakter zu äußern und anzugeben, ob die von Farm Dairy vorgebrachten Bemerkungen zu Änderungen an der bisherigen Bewertung führen könnten, wonach das Vorhaben ziemlich innovationsarm sei. Laut Antwort der Niederlande ging man im IKC-Gutachten davon aus, dass das Vorhaben teilweise innovativ sei, wobei der innovative Charakter nicht in einer Produkt-, sondern in einer Marktinnovation lag. Die Bewertung war im Rahmen eines Kofinanzierungsantrags vom Landwirtschaftsministerium erstellt worden. Demgegenüber beriefen sich die Niederlande auf andere Argumente als Nachweis für den innovativen Charakter des Vorhabens: Mit dem „Make-to-order-System“ seien die Milchlieferungen effizienter geworden, da es eine längere Haltbarkeit von Milch in einem Land ermöglicht, in dem hauptsächlich pasteurisierte Milch (und nicht die länger haltbare H-Milch) verwendet wird. Die Niederlande zitierten auch die TNO-Studie über den innovativen Charakter des „Make-to-order-Systems“. Aus ihr geht hervor, dass das Hauptkonzept zur damaligen Zeit das „Make-to-stock-System“ war, bei dem ein gewisser Lagerbestand als Reserve für den späteren Verkauf zurückbehalten wird. Damit sind kurze Lieferzeiten möglich, aber die Flexibilität gegenüber der Kundennachfrage „etwa von Supermärkten“ sei ebenso gering. Mit dem „Make-to-order-System“ könne man dagegen mit der nötigen Flexibilität reagieren. Und daraus ergab sich für die Niederlande der innovative Charakter dieses Konzepts.

(55)

In Bezug auf die bestehenden Absatzmöglichkeiten und nicht vorhandene Überkapazitäten zitierten die Niederlande aus einem Bericht der Rabobank International vom April 1999, wonach 2,5 % der gesamten verarbeiteten Erzeugermilch eingeführt werden. Berücksichtigt man auch Industriemilch (d. h. pasteurisierte Milch als Voraussetzung für längere Transportwege), so werden 10,5 % der gesamten verarbeiteten Milch eingeführt. Dies verdeutliche nach Angaben der Niederlande, dass es keine Überkapazitäten in den Niederlanden gab. Im Hinblick auf die bestehenden Absatzmöglichkeiten bestätigten die Niederlande die von Farm Dairy erstellte Analyse (siehe Randnummern 44 und 45). Im Übrigen lassen die Statistiken von Farm Dairy entsprechende Absatzmöglichkeiten erkennen. Aus dem Schreiben von […] geht auch hervor, dass der Umsatz mit dem Verkauf von 2-l-Flaschen von Farm Dairy gestiegen war.

VI.   Würdigung

(56)

Die Kommission stellt fest, dass die Artikel 92, 93 und 94 EG-Vertrag (nunmehr Artikel 107, 108 und 109 AEUV) zu dem Zeitpunkt, als die Beihilfen gewährt wurden, auf die Herstellung von Milcherzeugnissen und anderen Desserts auf Milchbasis gemäß Artikel 23 der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (9) anzuwenden waren.

VI.1   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV

(57)

Gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEU-Vertrag sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(58)

Vom Staat gewährte Maßnahme: Diese Voraussetzung ist erfüllt, da die Maßnahme von der Provinz Flevoland gewährt wurde.

(59)

Maßnahme, die den Handel beeinträchtigt und den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht: Der Bereich Milcherzeugnisse steht dem Wettbewerb auf Gemeinschaftsebene (10) offen und ist daher bei allen produktionsfördernden Maßnahmen in einzelnen Mitgliedstaaten anfällig. Außerdem wurde im vorliegenden Fall angestrebt, die Milch in der Provinz Flevoland zu verarbeiten, während die Milch bis dahin zum Teil in Belgien verarbeitet wurde. Daher droht die Maßnahme, den Wettbewerb auf dem Markt für Milch und Milcherzeugnisse zu verfälschen.

(60)

Maßnahme, die bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produktionszweige begünstigt: Die Beihilfe kommt nur einem einzigen Unternehmen, nämlich Farm Dairy, zugute.

(61)

Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die fragliche Maßnahme unter Artikel 107 Absatz 1 AEUV fällt und eine staatliche Beihilfe darstellt. Diese Einstufung wurde durch die Stellungnahmen, die nach Einleitung des Prüfverfahrens abgegeben wurden, nicht in Frage gestellt.

VI.2   Einstufung der Maßnahme als rechtswidrige Beihilfe

(62)

Da die Beihilfe ohne vorherige Anmeldung gewährt und ausgezahlt wurde, handelt es sich um eine rechtswidrige Beihilfe im Sinne von Artikel 1 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (11).

VI.3   Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe

(63)

In dem bereits genannten Beschluss zur Einleitung des Verfahrens werden zwei mögliche Rechtfertigungen der niederländischen Behörden für die Beihilfe genannt. Zuerst, d. h. bei der Gewährung der Beihilfe, ließen sie verlautbaren, es handele sich wohl um eine Investitionsbeihilfe im Rahmen des EPPD Flevoland (siehe Randnummer 9 oben). Dann stuften die Behörden der Provinz Flevoland diese Investitionsbeihilfe um in eine Entschädigung für die Verluste, die durch die Nichtvergabe der Beihilfe entstanden waren. Auf die Informationen, die Farm Dairy bei Einleitung des Prüfverfahrens vorgelegt hat, wird im Abschnitt über die Vereinbarkeit der Beihilfe als Investitionsbeihilfe eingegangen. Die Prüfung der Beihilfemaßnahme auf ihre Vereinbarkeit erfolgt in zwei Stufen: Prüfung der Beihilfe auf Vereinbarkeit als Investitionsbeihilfe (VI.3.1.) und als Entschädigung (VI.3.2.).

(64)

Vorab möchte die Kommission jedoch auf das Argument von Farm Dairy eingehen, mit dem die Einstufung der Beihilfe als Maßnahme im Rahmen von Nummer 3.2 des EPPD Flevoland durch die Kommission angezweifelt wird, während die Provinz die Beihilfe als Maßnahme im Rahmen von Nummer 3.3 des EPPD Flevoland bei der Kommission angemeldet hatte (siehe Randnummer 33 oben).

(65)

Zunächst einmal ist die Kommission der Ansicht, dass es bei diesem Streit um die Vergabe von Gemeinschaftsmitteln geht; im Mittelpunkt des vorliegenden Beschlusses steht dagegen eine rein aus Provinzmitteln finanzierte Maßnahme, die gewährt wurde, nachdem das Landwirtschaftsministerium LNV zur Kenntnis genommen hatte, dass die Kommission die Vergabe von Gemeinschaftsmitteln ablehnte. Eine Klärung, warum die Kommission die Vergabe dieser Gemeinschaftsmittel ablehnte, geht über den Rahmen des vorliegenden Beschlusses hinaus, und diese Entscheidung hätte zu gegebener Zeit im Rahmen der Verfahren für die Vergabe von Gemeinschaftsmitteln angefochten werden müssen. Da der ablehnende Bescheid der Kommission, keine Gemeinschaftsmittel zu vergeben, den Niederlanden am 25. Juni 1999 bekannt gegeben wurde und die Niederlande dies zur Kenntnis nahmen, ohne die Maßnahme anzufechten (12), darf diese Entscheidung im Rahmen des vorliegenden Beschlusses nicht mehr in Frage gestellt werden.

(66)

Wie die Kommission jedoch anmerkt, gelten für die Bewertung der Maßnahmen in Bezug auf die Regeln für staatliche Investitionsbeihilfen die gleichen Kriterien wie für die Bewertung von Nummer 2.3 des EPPD. Die zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung für staatliche Beihilfen geltenden Vorschriften sind im Gemeinschaftsrahmen enthalten und verweisen mit Nummer 3 Buchstabe b auf die Ziffern 1.2 und 2 der Entscheidung 94/173/EG. Dort werden die gemeinschaftlichen Auswahlkriterien für Investitionen im Allgemeinen geregelt, die für eine gemeinschaftliche Finanzierung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 866/90 und der Verordnung (EWG) Nr. 867/90 des Rates vom 29. März 1990 zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für forstwirtschaftliche Erzeugnisse (13) in Frage kommen, um gemeinschaftliche und einzelstaatliche Finanzierungen aufeinander abzustimmen. Die Kommission betont jedoch, dass sie die Entscheidung 94/173/EG nicht als solche anwendet, sondern nur insoweit, als der Gemeinschaftsrahmen darauf verweist.

VI.3.1   Investitionsbeihilfe

(67)

Die Kommission hat die Maßnahmen anhand der zum Zeitpunkt der Bewilligung der Maßnahme, also am 3. März 1999, geltenden Leitlinien geprüft.

(68)

Gemäß Nummer 3 Buchstabe b des Gemeinschaftsrahmens sind Investitionsbeihilfen für die unter Ziffer 1.2 zweiter und dritter Gedankenstrich im Anhang der Entscheidung 94/173/EG der Kommission genannten Investitionen als nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen. Auch Investitionen, die gemäß Ziffer 2 desselben Anhangs ausgeschlossen sind, gelten als mit dem Binnenmarkt unvereinbar, wenn die dort vorgesehenen besonderen Bedingungen nicht erfüllt sind.

(69)

Unter Ziffer 2.3 des Anhangs der Entscheidung 94/173/EG heißt es: „Im Sektor Kuhmilch und Kuhmilcherzeugnisse sind folgende Investitionen ausgeschlossen:

[…]

Investitionen betreffend folgende Erzeugnisse: Butter, Molkenpulver, Milchpulver, Butteroil, Lactose, Kasein und Kaseinat;

Investitionen in die Herstellung von Frischerzeugnissen oder von Käse, ausgenommen Erzeugnisse, die einen bedeutenden Innovationsanteil entsprechend der Nachfrageentwicklung aufweisen, Produkte, für die nachweislich ein Kapazitätsmangel und reale, nachhaltige Absatzmöglichkeiten bestehen, sowie Erzeugnisse, die nach traditionellen oder ökologischen Methoden im Sinne der Gemeinschaftsbestimmungen hergestellt werden.

Die Förderverbote unter den vorstehenden Gedankenstrichen erstrecken sich nicht auf folgende Investitionen, soweit diese nicht zu einer Kapazitätsausweitung führen:

Investitionen zur Erreichung der gemeinschaftlichen Gesundheitsvorschriften;

Investitionen in den Umweltschutz.“

(70)

Danach ist eine Investitionsbeihilfe für die Herstellung von Frischerzeugnissen, wie dies im vorliegenden Fall geprüft wurde, nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar, es sei denn, diese Investition fällt unter eine der unter Ziffer 2.3 des Anhangs der Entscheidung 94/173/EG genannten Ausnahmen.

(71)

Die Frage, ob eine der unter Ziffer 2.3 des Anhangs der Entscheidung 94/173/EG genannten Ausnahmen erfüllt ist, war für den Beschluss zur Einleitung des Verfahrens mit ausschlaggebend. Daher wird in diesem Beschluss auf die drei Ausnahmen genau eingegangen: bedeutender Innovationsanteil entsprechend der Nachfrageentwicklung, Produkte, für die nachweislich ein Kapazitätsmangel und reale, nachhaltige Absatzmöglichkeiten bestehen, sowie Erzeugnisse, die nach traditionellen oder ökologischen Methoden im Sinne der Gemeinschaftsbestimmungen hergestellt werden.

a)   Kriterium „Bedeutender Innovationsanteil entsprechend der Nachfrageentwicklung“

(72)

Aus den 2005 von den Niederlanden der Kommission vorgelegten Dokumenten ging hervor, dass der Herstellungsprozess nach damaligem Kenntnisstand nicht innovativ war. Wie im Beschluss zur Einleitung des Verfahrens angegeben, war das Vorhaben nach Ansicht von IKC nur teilweise innovativ. Insbesondere beinhaltete das Vorhaben gemäß Bewertung keine innovativen Produkte, sondern nur Marktneuerungen, und der Produktionsprozess war nicht innovativ, verwendete aber die modernsten Techniken. Aus dem Umstand, dass die übrigen vom IKC bewerteten Kriterien erfüllt waren, folgte für IKC, dass das Vorhaben die Voraussetzungen für eine Beihilfe — wenn auch in geringerem Umfang — erfüllte (siehe Randnummer 11 oben).

(73)

Es stellt sich die Frage, ob die von Farm Dairy und von den Niederlanden im Rahmen der Verfahrenseinleitung vorgebrachten Informationen die Analyse in Frage stellen können, die man damals bei der Prüfung der Bewertungskriterien für EPPD-Beihilfen erstellt hatte. Mit den neuen Erkenntnissen lässt sich nachweisen (siehe Randnummern 36 bis 46), dass der Teil der Investition in Bezug auf den neuen 2-l-Behälter aus Polyäthylen vollkommen innovativ war und Farm Dairy das erste Unternehmen war, das dieses Produkt herstellte und auf dem niederländischen Markt einführte. Im von Farm Dairy dazu vorgelegten Bericht wird vom innovativen Charakter gesprochen, was insofern glaubwürdig erscheint, als er von einem einschlägigen Experten verfasst wurde, der damals für einen Konkurrenten von Farm Dairy arbeitete. Der betreffende Bericht stellt die bisherige Analyse von IKC und des LNV-Ministeriums nicht in Frage, enthält aber Informationen, die der Kommission beim Beschluss zur Einleitung des Verfahrens nicht vorlagen und in den bisher an die Kommission übermittelten Unterlagen nicht erwähnt worden waren. Der besagte Zwei-Liter-Behälter war auf dem britischen und amerikanischen Markt bereits sehr erfolgreich. Farm Dairy brachte diese Art von Behälter als erster Anbieter auf den Markt. In der Folge erwies sich Farm Dairy als Wegbereiter für diese Neuerung, da sich der 2-l-Behälter in den Niederlanden durchsetzen konnte.

(74)

Gemäß Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union muss die Kommission alle erforderlichen Gesichtspunkte prüfen und insbesondere von den Beihilfeempfängern Informationen einholen, um in voller Kenntnis der am Tag des Erlasses ihrer Entscheidung relevanten Tatsachen zu entscheiden (14).

(75)

Im vorliegenden Fall bat die Kommission die Niederlande um Bestätigung für die von Farm Dairy vorgelegten Informationen. Die Niederlande bestätigten die Angaben von Farm Dairy und legten drei voneinander unabhängige Dokumente (siehe Randnummern 51 bis 53 oben) als Nachweis für den innovativen Charakter der Investition für die 2-l-Behälter vor. Daraus geht einerseits hervor, dass die Niederlande den Investitionsaspekt für den Teil der 2-l-Behälter bei der Bewertung des innovativen Charakters nicht berücksichtigt hatten, wohl weil die Prüfung anhand der EPPD-Kriterien und nicht speziell auf der Grundlage des genannten Gemeinschaftsrahmens erfolgte. Andererseits wandten sich die Niederlande an unabhängige Marktexperten, die sich mit den Abläufen bei der Markteinführung von Milcherzeugnissen auskennen. Aus den Untersuchungen dieser Fachleute geht hervor, dass Farm Dairy tatsächlich als erstes Unternehmen diese Art von Behälter auf dem niederländischen Markt eingeführt hat.

(76)

Auf der Grundlage dieser neuen Erkenntnisse, die von den Behörden und von Farm Dairy nach Einleitung des Prüfverfahrens vorgelegt wurden, ist die Kommission der Ansicht, dass die Einführung und die Herstellung der 2-l-Behälter einen innovativen Charakter aufwiesen.

(77)

In Bezug auf das „Make-to-order-Konzept“ stellt sich die Frage in ähnlicher Weise: Sind die von Farm Dairy und den Niederlanden angeführten Erläuterungen geeignet, die Kommission von ihrer bei der Einleitung des Prüfverfahrens getroffenen Beurteilung abzubringen?

(78)

Anders als bei den 2-l-Behältern war das „Make-to-order-Konzept“ bei der Bewertung anlässlich des Beihilfeantrags 1998 berücksichtigt worden. Damals war man zu dem Schluss gelangt, dass der Produktionsprozess an sich nicht innovativ sei, dafür aber mit modernsten Techniken arbeitete und wirksam zur Senkung des Energieverbrauchs und zum Umweltschutz beitrug. Diese Argumente waren von den Niederlanden und von Farm Dairy bereits in den vorangegangenen Schreiben angeführt worden. Für das „Make-to-order-Konzept“ wurde keine weitere Innovation nachgewiesen.

(79)

Es ist auch zu klären, ob die Herstellung der Nachfrageentwicklung entspricht, wie dies laut erster Ausnahme der Entscheidung 94/173/EG erforderlich ist. Aus den der Kommission vorliegenden Informationen geht hervor (siehe Randnummer 43), dass die Nachfrage nach diesen Erzeugnissen im Wesentlichen von Supermärkten ausging und mit mindestens fünf Supermärkten Verträge abgeschlossen worden waren. Nach Auffassung der Kommission bildet dies ein deutliches Anzeichen dafür, dass die Innovation der Nachfrageentwicklung entsprach. Dies wird dadurch erhärtet, dass die von den Niederlanden zitierte Supermarktkette […] (siehe Randnummer 55) ihren Umsatz durch die von Farm Dairy verkaufte Milch erheblich steigern konnte.

(80)

Abschließend ist die Kommission der Ansicht, dass die Voraussetzungen für die erste Ausnahme im vorliegenden Fall durch den Teil der Investition für 2-l-Behälter erfüllt sind, da die Investition einen innovativen Charakter entsprechend der Nachfrageentwicklung aufwies. Aus den Informationen, die ihr nach Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens vorgelegt wurden, kann die Kommission nicht schließen, dass die Voraussetzungen für diese erste Ausnahme nicht erfüllt sein sollten. Die Kommission ist nämlich nicht verpflichtet, von Amts wegen zu prüfen, welche Gesichtspunkte ihr gegenüber hätten vorgetragen werden können, sondern muss alle erforderlichen Gesichtspunkte prüfen und alle erforderlichen Informationen einholen, um in voller Kenntnis der am Tag des Erlasses ihrer Entscheidung relevanten Tatsachen zu entscheiden (15). Im vorliegenden Fall hat die Kommission einerseits das Prüfverfahren eingeleitet und die Niederlande mit Schreiben vom 18. September 2009 gebeten, bestimmte Punkte aus der Stellungnahme von Farm Dairy zu bestätigen. Auf diese Weise hat die Kommission also alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel genutzt, um Informationen bei Dritten oder beim Mitgliedstaat einzuholen. Andererseits legt die Kommission dem vorliegenden Beschluss alle Informationen zugrunde, die sie nach Einleitung des Prüfverfahrens erhalten hat. Es wurden jedoch keine anderslautenden Informationen vorgelegt, wonach die Investition für den Teil der 2-l-Behälter weder innovativ war noch der Nachfrageentwicklung entsprach.

(81)

In Anbetracht der Tatsache, dass die im Gemeinschaftsrahmen in Verbindung mit der Entscheidung 94/173/EG genannten Kriterien für den innovativen Charakter der Investition in Bezug auf die 2-l-Flaschen, nicht aber für die übrige Investition erfüllt sind, sind die Kosten für diese Investition unbedingt getrennt auszuweisen, um so die maximale Beihilfeintensität zu ermitteln.

(82)

Den Angaben der niederländischen Behörden zufolge entfielen 1 840 000 NLG (d. h. 834 956 EUR) auf die spezifische Investition für die 2-l-Behälter. Hinzu kam laut niederländischen Behörden ein Viertel der Kosten für die Abfüllstraßen, da von den vier Abfüllstraßen eine Anlage ganz auf die Abfüllung der 2 l-Flaschen ausgelegt sein sollte. Dafür waren 2 936 250 NLG (1 332 412 EUR) anzusetzen. Insgesamt belief sich der Betrag auf 4 776 250 NLG, d. h. 2 167 367 EUR (siehe Randnummer 53). Darin waren keine Gemeinkosten (wie Gebäude oder Grundstücke) enthalten.

(83)

Für die maximale Beihilfeintensität sind daher die zuschussfähigen Kosten ausschlaggebend. Da Flevoland zum Zeitpunkt des Investitionsantrags eine Ziel-1-Region war, kommt eine Beihilfe für bis zu 75 % der zuschussfähigen Kosten in Frage. Die gewährte Beihilfe in Höhe von 715 909 EUR stellt weniger als 75 % der zuschussfähigen Kosten dar. Folglich ist die vorgeschlagene Investition mit den Vorschriften für staatliche Beihilfen vereinbar.

b)   Bestehende Absatzmöglichkeiten und Kapazitätsmangel

(84)

Da die Voraussetzungen für die erste unter Ziffer 2.3 des Anhangs der Entscheidung 94/173/EG genannten Ausnahmen erfüllt sind und die Beihilfe daher insgesamt genehmigt werden kann, braucht nicht geklärt zu werden, ob die übrigen Voraussetzungen für die Ausnahmen erfüllt sind.

c)   Erzeugnisse, die nach traditionellen oder ökologischen Methoden im Sinne der Gemeinschaftsbestimmungen hergestellt werden

(85)

Wie unter Buchstabe b oben, kann auf die Analyse dieser dritten Ausnahme verzichtet werden, da nach Prüfung der ersten Ausnahme auf die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe geschlossen werden konnte. Außerdem scheint dieser Punkt für das fragliche Investitionsvorhaben nicht maßgeblich, bei dem es überhaupt nicht um die Herstellung von Erzeugnissen nach traditionellen oder ökologischen Methoden geht.

(86)

Darüber hinaus hat die Kommission die betreffende Beihilfe anhand von Nummer 3 Buchstabe d des genannten Gemeinschaftsrahmens geprüft; danach muss die „Kommission jeden Einzelfall eines Beihilfevorhabens prüfen, der zwar aufgrund des vorliegenden Gemeinschaftsrahmens und der zweckdienlichen Maßnahmen auszuschließen ist, grundsätzlich jedoch für eine Gemeinschaftsbeteiligung nach den Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 des Rates (16) in Betracht kommt.“ Aus dem Schreiben der Kommission an die Niederlande vom 25. Juni 1999 geht hervor, dass das Vorhaben nicht im Rahmen des EPPD finanziert werden konnte. Infolgedessen ist die Kommission der Auffassung, dass die Ausnahmen gemäß Nummer 3 Buchstabe d des genannten Gemeinschaftsrahmens nicht auf die fraglichen Maßnahmen angewendet werden können.

VI.3.2   Weitere Argumente, die bei der Einleitung des Prüfverfahrens in Bezug auf die Vereinbarkeit der Beihilfe in ihrer Gesamtheit geprüft wurden

(87)

Bei der Einleitung des Prüfverfahrens hatte die Kommission geprüft, ob die Entschädigung für Verluste durch die Nichtgewährung der Beihilfe als Grundlage für eine Genehmigung der Investition insgesamt in Frage käme. Bei der Voruntersuchung hatten die niederländischen Behörden erklärt, die Beihilfe sei als Ausgleich für den Schaden gewährt worden, der durch den Irrtum der Verwaltung entstanden sei, welche die Beihilfe zunächst gewährt hatte, während sich später herausstellte, dass es sich um eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt möglicherweise nicht zu vereinbarende Beihilfe handelte.

(88)

Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die Zahlung von Schadenersatz keine Beihilfe darstellt (17). Der Gerichtshof ging davon aus, dass staatliche Beihilfen als Maßnahmen der öffentlichen Hand zur Begünstigung bestimmter Unternehmen oder bestimmter Erzeugnisse sich ihrem rechtlichen Wesen nach grundlegend von Zahlungen unterscheiden, zu denen nationale Behörden gegebenenfalls zum Ersatz eines Schadens verurteilt werden, den sie Privatpersonen verursacht haben. Daher stellen Schadenersatzzahlungen grundsätzlich keinen Vorteil für den Beihilfeempfänger dar, denn es handelt sich lediglich um den Ausgleich für einen ihm zustehenden Rechtsanspruch.

(89)

Im vorliegenden Fall ist es schwierig, von einem Entschädigungsanspruch des Begünstigten zu sprechen, da dieser angebliche Anspruch von Anfang an auf einem rechtswidrigen Verhalten des Mitgliedstaats begründet war. Die Rechtsprechung hat nämlich immer wieder klargestellt, dass ein beihilfebegünstigtes Unternehmen, da die Überwachung der staatlichen Beihilfen durch die Kommission in Artikel 108 AEUV zwingend vorgeschrieben ist, auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe grundsätzlich nur dann vertrauen darf, wenn diese unter Beachtung des dort vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde. Einem sorgfältigen Gewerbetreibenden ist es nämlich regelmäßig möglich, sich zu vergewissern, ob dieses Verfahren beachtet wurde (18).

(90)

Im vorliegenden Fall ist auch darauf hinzuweisen, dass die Gewährung einer Schadensvergütung eine Umgehung des Verbotes der Gewährung von Beihilfen ohne Genehmigung der Kommission bedeuten würde. Im Übrigen war der Provinz Flevoland, als sie erklärte, die fragliche Beihilfe sei als Schadensvergütung für den von der Verwaltung begangenen Irrtum gewährt worden, sehr wohl bewusst, dass die Beihilfe der Kommission vor der Durchführung zur Genehmigung hätte vorgelegt werden müssen.

(91)

Daher kann die Investition nach Auffassung der Kommission nicht in ihrer Gesamtheit als vereinbar angesehen werden, wenn man davon ausgeht, dass die fragliche Beihilfe eine Entschädigung für den vom Begünstigten erlittenen Schaden darstellt.

VI.3.3   Sonstige Argumente von Farm Dairy zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens

(92)

Farm Dairy hatte sich dagegen gewandt, dass bei einem ablehnenden Beschluss der Kommission mit Rückforderung zusammengesetzte Zinssätze angewendet werden (siehe Randnummer 47 oben). Da der vorliegende Beschluss auf die Vereinbarkeit der Beihilfe schließt, ist die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe nicht geplant, und die Einwendungen von Farm Dairy sind daher nicht mehr relevant.

VII.   Schlussfolgerung

(93)

Die staatliche Beihilfe, die die Niederlande zugunsten von Farm Dairy durchgeführt haben, ist für den Teil der Investition, der die neuen 2-l-Behälter betrifft, mit dem Binnenmarkt vereinbar. Der ursprüngliche Betrag der Beihilfe wurde daher bezogen auf diesen Anteil an der Gesamtinvestition neu berechnet; daraus ergibt sich, dass die gewährte Beihilfe mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrahmens betreffend staatliche Beihilfen für Investitionen zur Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse vereinbar ist.

(94)

Die Kommission bedauert jedoch, dass die Niederlande die genannte Beihilfe unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV durchgeführt haben —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die staatliche Beihilfe, die die Niederlande zugunsten von Farm Dairy durchgeführt haben, ist bis zu einer Höhe von 715 909 EUR mit dem Binnenmarkt vereinbar.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an das Königreich der Niederlande gerichtet.

Brüssel, den 9. März 2010

Für die Kommission

Dacian CIOLOŞ

Mitglied der Kommission


(1)  Am 1. Dezember 2009 wurden die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag zu den Artikeln 107 bzw. 108 AEUV. Die beiden Bestimmungsreihen sind im Wesentlichen gleichlautend. Für die Zwecke dieses Beschlusses sind die Verweise auf die Artikel 107 und 108 AEUV gegebenenfalls unter Einbeziehung der Artikel 87 bzw. 88 EG-Vertrag zu verstehen.

(2)  ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 20.

(3)  ABl. C 87 vom 16.4.2009, S. 5.

(4)  ABl. C 29 vom 2.2.1996, S. 4.

(5)  ABl. L 79 vom 23.3.1994, S. 29.

(6)  Unter das Berufsgeheimnis fallende Information.

(7)  ABl. L 91 vom 6.4.1990, S. 1.

(8)  TNO ist eine unabhängige Forschungsstelle, deren Aufgabe darin besteht, wissenschaftliche Forschung zur Steigerung des Innovationspotenzials von Unternehmen und staatlichen Behörden nutzbar zu machen (www.tno.nl).

(9)  ABl. L 148 vom 28.6.1968, S. 13.

(10)  Gemäß Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt eine Verbesserung der Wettbewerbsstellung eines Unternehmens nach einer staatlichen Beihilfe im Allgemeinen als Nachweis dafür, dass der Wettbewerb für die anderen Unternehmen, die keine vergleichbare Beihilfe bekommen haben, verfälscht wird (Rs. C-730/79, Slg. 1980, S. 2671, Randnrn. 11 und 12). Dass ein innergemeinschaftlicher Handel auf dem Milchmarkt besteht, ist nach Auffassung der Kommission als begründet anzusehen; siehe hierzu die Randnrn. 43, 44 und 55 oben.

(11)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(12)  In seinem Schreiben vom 15. Juli 1999 an die Provinz Flevoland wies das LNV-Ministerium nämlich darauf hin, dass das Vorhaben von der Kommission nicht genehmigt wurde, und lehnte daher jegliche Finanzierung durch das LNV ab.

(13)  ABl. L 91 vom 6.4.1990, S. 7.

(14)  GeI, 9. September 2009, Rs. T-369/06, Holland Malt/Kommission, Randnr. 195 (noch nicht veröffentlicht).

(15)  Rs. T-369/06, op. cit., Randnrn. 195-198.

(16)  ABl. L 218 vom 6.8.1991, S. 1.

(17)  EuGH, verbundene Rechtssachen 106-120/87, Asteris AE/Hellenische Republik und EWG, Slg. 1988, S. 5515.

(18)  EuGH, 14.1.1997, Spanien/Kommission, Rs. C-169/95, Slg. S. I-135.


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