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Document 32009L0052

Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen

OJ L 168, 30.6.2009, p. 24–32 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
Special edition in Croatian: Chapter 19 Volume 013 P. 133 - 141

Legal status of the document In force: This act has been changed. Current consolidated version: 20/07/2009

ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2009/52/oj

30.6.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 168/24


RICHTLINIE 2009/52/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 18. Juni 2009

über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 63 Absatz 3 Buchstabe b,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Europäische Rat ist auf seiner Tagung vom 14./15. Dezember 2006 übereingekommen, dass die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der rechtswidrigen Einwanderung verstärkt werden sollte und dass insbesondere Maßnahmen gegen die illegale Beschäftigung auf Ebene der Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene intensiviert werden sollten.

(2)

Ein wichtiger Anreiz für die rechtswidrige Einwanderung in die EU besteht darin, dass es in der EU möglich ist, eine Beschäftigung zu finden, auch ohne den erforderlichen Rechtsstatus zu besitzen. Die Bekämpfung von rechtswidriger Einwanderung und rechtswidrigem Aufenthalt muss daher auch Maßnahmen zur Verringerung dieses Anreizes einschließen.

(3)

Als zentrales Element dieser Maßnahmen sollte ein allgemeines Verbot der Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt in der EU eingeführt werden; dieses Verbot sollte durch Sanktionen gegen Arbeitgeber, die ihm zuwiderhandeln, ergänzt werden.

(4)

Da diese Richtlinie Mindeststandards vorsieht, sollte es den Mitgliedstaaten frei stehen, strengere Sanktionen und Maßnahmen einzuführen oder beizubehalten und Arbeitgebern strengere Pflichten aufzuerlegen.

(5)

Diese Richtlinie sollte nicht für Drittstaatsangehörige gelten, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, unabhängig davon, ob sie in dessen Hoheitsgebiet über eine Arbeitsgenehmigung verfügen oder nicht. Weiterhin sollte sie ebenfalls nicht für Personen gelten, die das Gemeinschaftsrecht auf freien Personenverkehr genießen, wie in Artikel 2 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (4) definiert. Ebenso sollte sie nicht für Drittstaatsangehörige gelten, die sich in einer Situation befinden, auf die das Gemeinschaftsrecht Anwendung findet, wie z. B. Personen, die ordnungsgemäß in einem Mitgliedstaat beschäftigt sind und die von einem Dienstleistungsanbieter im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen in einen anderen Mitgliedstaat entsandt werden. Diese Richtlinie sollte unbeschadet der innerstaatlichen Rechtsvorschriften zum Verbot der Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen gelten, die sich rechtmäßig in dem betreffenden Mitgliedstaat aufhalten und unter Verstoß gegen ihre Aufenthaltsauflagen einer Beschäftigung nachgehen.

(6)

Für die spezifischen Zwecke dieser Richtlinie sollten einige Begriffe definiert werden und diese Definitionen sollten ausschließlich für die Zwecke dieser Richtlinie verwendet werden.

(7)

Die Bestimmung des Begriffs „Beschäftigung“ sollte dessen einzelne Komponenten umfassen, namentlich für einen Arbeitgeber oder nach seiner Weisung und/oder unter seiner Aufsicht, unabhängig vom Rechtsverhältnis ausgeübte vergütungspflichtige Tätigkeiten.

(8)

Die Bestimmung des Begriffs „Arbeitgeber“ kann gegebenenfalls eine Personenvereinigung umfassen, die zwar nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt, die aber im Rechtsverkehr wirksam auftreten kann.

(9)

Um der Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt vorzubeugen, sollten Arbeitgeber verpflichtet werden, vor der Einstellung eines Drittstaatsangehörigen, einschließlich in Fällen, in denen der Drittstaatsangehörige für den Zweck eingestellt wird, um in einen anderen Mitgliedstaat im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen entsandt zu werden, zu prüfen, ob der Drittstaatsangehörige im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis oder eines sonstigen Aufenthaltstitels ist, aus dem der rechtmäßige Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Einstellungsmitgliedstaats hervorgeht.

(10)

Arbeitgeber sollten darüber hinaus verpflichtet werden, den zuständigen Behörden die Beschäftigung eines Drittstaatsangehörigen zu melden, damit den Mitgliedstaaten insbesondere die Möglichkeit gegeben wird, festzustellen, ob Dokumente gefälscht sind. Um den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten, sollte es den Mitgliedstaaten frei stehen, gegebenenfalls dafür zu sorgen, dass solche Meldungen im Rahmen anderer Meldevorschriften erfolgen müssen. Den Mitgliedstaaten sollte es frei stehen, sich für ein vereinfachtes Meldeverfahren zu entscheiden, wenn es sich beim Arbeitgeber um eine natürliche Person handelt und die Beschäftigung zu privaten Zwecken erfolgt.

(11)

Ist ein Arbeitgeber den Verpflichtungen aus dieser Richtlinie nachgekommen, so sollte er nicht dafür haftbar gemacht werden können, dass er Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigt hat, wenn die zuständige Behörde später feststellt, dass das von einem Arbeitnehmer vorgelegte Dokument gefälscht war oder missbräuchlich benutzt wurde, es sei denn, der Arbeitgeber wusste, dass das Dokument gefälscht war.

(12)

Damit die Arbeitgeber ihren Verpflichtungen besser nachkommen können, sollten die Mitgliedstaaten alles in ihren Kräften Stehende tun, um Anträge auf Verlängerung von Aufenthaltsgenehmigungen rechtzeitig abzuwickeln.

(13)

Zur Durchsetzung des allgemeinen Verbots und als Abschreckung gegen Zuwiderhandlungen sollten die Mitgliedstaaten angemessene Sanktionen vorsehen. Dazu gehören finanzielle Sanktionen sowie Beiträge zu den Kosten der Rückführung von Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt, sowie die Möglichkeit, geringere finanzielle Sanktionen für Arbeitgeber vorzusehen, bei denen es sich um natürliche Personen handelt, die eine Person zu privaten Zwecken eingestellt haben.

(14)

In jedem Fall sollte der Arbeitgeber verpflichtet sein, Drittstaatsangehörigen ausstehende Vergütungen für geleistete Arbeit zu zahlen sowie fällige Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Kann die Höhe der Vergütungen nicht festgestellt werden, so wird zumindest von dem Lohn in der Höhe ausgegangen, die in den geltenden Rechtsvorschriften über den Mindestlohn, in den Tarifvereinbarungen oder gemäß den Gepflogenheiten in den entsprechenden Beschäftigungsbranchen vorgesehen ist. Der Arbeitgeber sollte auch verpflichtet werden, gegebenenfalls die Kosten zu tragen, die durch die Überweisung ausstehender Vergütungen in das Land entstehen, in das der illegal beschäftigte Drittstaatsangehörige zurückgekehrt ist oder zurückgeführt oder abgeschoben wurde. In den Fällen, in denen der Arbeitgeber keine ausstehenden Vergütungen entrichtet, sollten die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sein, dieser Verpflichtung anstelle des Arbeitgebers nachzukommen.

(15)

Ein illegal beschäftigter Drittstaatsangehöriger sollte aus dem illegalen Beschäftigungsverhältnis oder der Zahlung oder Nachzahlung von Vergütungen, Sozialversicherungsbeiträgen oder Steuern durch den Arbeitgeber oder den Rechtsträger, der für den Arbeitgeber die Zahlung zu leisten hat, kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Zugang zum Arbeitsmarkt herleiten können.

(16)

Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Drittstaatsangehörige ihre Ansprüche geltend machen oder geltend machen können, und Mechanismen einrichten, die gewährleisten, dass die Drittstaatsangehörigen die eingezogenen Beträge der ihnen zustehenden Vergütungen erhalten können. Die Mitgliedstaaten sollten nicht verpflichtet werden, ihre Botschaften oder Vertretungen in Drittstaaten in diese Mechanismen einzubeziehen. Im Rahmen der Einrichtung wirksamer Mechanismen zur Erleichterung von Beschwerden und sofern dies in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften nicht bereits vorgesehen ist, sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit und einen etwaigen Mehrwert prüfen, der sich ergibt, wenn eine zuständige Behörde in die Lage versetzt wird, ein Gerichtsverfahren gegen einen Arbeitgeber mit dem Ziel einzuleiten, ausstehende Vergütungen einzufordern.

(17)

Die Mitgliedstaaten sollten eine Rechtsvermutung für ein Arbeitsverhältnis von mindestens dreimonatiger Dauer vorsehen, so dass der Arbeitgeber die Beweislast für das Vorliegen eines anderen Zeitraums trägt. Unter anderem sollte der Arbeitnehmer auch die Möglichkeit haben, das Vorliegen und die Dauer eines Arbeitsverhältnisses nachzuweisen.

(18)

Die Mitgliedstaaten sollten vorsehen, dass weitere Sanktionen gegen Arbeitgeber verhängt werden können, u. a. der Ausschluss von einigen oder allen öffentlichen Zuwendungen, Hilfen oder Subventionen einschließlich Agrarbeihilfen; der Ausschluss von öffentlichen Auftragsvergabeverfahren sowie die Einziehung einiger oder aller bereits gewährten öffentlichen Zuwendungen, Hilfen oder Subventionen, einschließlich der von den Mitgliedstaaten verwalteten EU-Mittel. Den Mitgliedstaaten sollte es freistehen, diese weiteren Sanktionen gegen natürliche Personen, die als Arbeitgeber tätig werden, nicht anzuwenden, wenn die Beschäftigung zu privaten Zwecken erfolgt ist.

(19)

Diese Richtlinie, insbesondere die Artikel 7, 10 und 12, lässt die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (5) unberührt.

(20)

Da in einigen betroffenen Sektoren die Vergabe von Unteraufträgen gängige Praxis ist, muss sichergestellt werden, dass zumindest der Auftragnehmer, dessen unmittelbarer Unterauftragnehmer der Arbeitgeber ist, neben oder anstelle des Arbeitgebers haftbar gemacht werden kann, wenn finanzielle Sanktionen verhängt werden. In Sonderfällen können andere Auftragnehmer neben oder anstelle des Arbeitgebers, der Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigt, haftbar gemacht werden. Noch ausstehende Vergütungen, die durch die Haftungsbestimmungen dieser Richtlinie abgedeckt werden sollen, sollten ebenfalls Beitragsleistungen zu nationalen Urlaubskassen und Sozialfonds umfassen, die per Gesetz oder durch Tarifvereinbarungen geregelt sind.

(21)

Die Erfahrung zeigt, dass die derzeitigen Sanktionsregelungen nicht ausreichen, um das Verbot der Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt voll und ganz durchzusetzen. Dies liegt unter anderem daran, dass Verwaltungssanktionen allein gewisse skrupellose Arbeitgeber nicht abschrecken dürften. Die Durchsetzung dieses Verbots kann und sollte durch die Verhängung strafrechtlicher Sanktionen verbessert werden.

(22)

Damit das allgemeine Verbot wirklich zum Tragen kommt, sind insbesondere für schwerwiegende Fälle Sanktionen mit größerer Abschreckungswirkung vorzusehen, beispielsweise bei beharrlich wiederholten Zuwiderhandlungen, illegaler Beschäftigung einer erheblichen Anzahl von Drittstaatsangehörigen, besonders ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, wenn der Arbeitgeber Kenntnis davon hatte, dass der Arbeitnehmer Opfer von Menschenhandel war, und bei der illegalen Beschäftigung von Minderjährigen. Mit dieser Richtlinie werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften strafrechtliche Sanktionen für diese schwerwiegenden Verstöße vorzusehen. Dadurch wird keine Verpflichtung geschaffen, diese Sanktionen oder andere Vollstreckungsmaßnahmen im Einzelfall anzuwenden.

(23)

In allen gemäß dieser Richtlinie als schwer einzustufenden Fällen sollte die vorsätzlich begangene Rechtsverletzung gemeinschaftsweit als Straftat gelten. Die Anwendung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates vom 19. Juli 2002 zur Bekämpfung von Menschenhandel (6) bleibt von den in dieser Richtlinie enthaltenen Bestimmungen über Straftaten unberührt.

(24)

Die Straftat sollte mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen geahndet werden. Die Verpflichtung, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende strafrechtliche Sanktionen gemäß dieser Richtlinie zu gewährleisten, lässt die interne Organisation des Strafrechts und der Strafjustiz in den Mitgliedstaaten unberührt.

(25)

Juristische Personen können auch für die in dieser Richtlinie erwähnten Straftaten haftbar gemacht werden, da viele Arbeitgeber juristische Personen sind. Die Bestimmungen dieser Richtlinie verpflichten nicht dazu, die strafrechtliche Haftung juristischer Personen in den Mitgliedstaaten einzuführen.

(26)

Zur Erleichterung der Durchsetzung dieser Richtlinie sind wirksame Verfahren erforderlich, durch die betroffene Drittstaatsangehörige unmittelbar oder über dafür benannte Dritte, wie Gewerkschaften oder andere Vereinigungen, Beschwerde einreichen können. Diese benannten Dritten sollten, wenn sie Drittstaatsangehörige in Beschwerdeverfahren unterstützen, vor möglichen Sanktionen im Zusammenhang mit dem Verbot der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt geschützt werden.

(27)

Zur Ergänzung der Beschwerdeverfahren sollte es den Mitgliedstaaten frei stehen, besonders ausbeuterischen Arbeitsbedingungen ausgesetzten oder illegal beschäftigten minderjährigen Drittstaatsangehörigen, die bei Strafverfahren gegen den Arbeitgeber mitwirken, eine befristete Aufenthaltserlaubnis entsprechend der Dauer der betreffenden innerstaatlichen Verfahren zu gewähren. Diese Aufenthaltserlaubnis sollte ähnlich wie bei Drittstaatsangehörigen, die unter die Bestimmungen der Richtlinie 2004/81/EG des Rates vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige fallen, die Opfer von Menschenhandel sind oder denen Beihilfe zur rechtswidrigen Einwanderung geleistet wurde, die mit den zuständigen Behörden kooperieren (7), gewährt werden.

(28)

Um diese Richtlinie in zufrieden stellendem Maß durchzusetzen und so weit wie möglich Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung der Richtlinie abzubauen, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass in ihrem Hoheitsgebiet wirksame und angemessene Inspektionen durchgeführt werden, und sie sollten der Kommission Daten über die Inspektionen übermitteln.

(29)

Den Mitgliedstaaten sollte nahegelegt werden, jedes Jahr eine nationale Zielvorgabe für die Zahl der Inspektionen in Bezug auf die Beschäftigungsbereiche, in denen in ihrem Hoheitsgebiet besonders viele Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigt werden, festzulegen.

(30)

Um die Wirksamkeit der Inspektionen im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Richtlinie zu erhöhen, sollten die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass das nationale Recht hinreichende Befugnisse für die zuständigen Behörden vorsieht, damit diese die Inspektionen durchführen können, Erkenntnisse über illegale Beschäftigung, einschließlich der Ergebnisse früherer Inspektionen, für die wirksame Anwendung dieser Richtlinie gesammelt und verarbeitet werden und ausreichend Personal bereitgestellt wird, das über die notwendigen Fähigkeiten und Qualifikationen verfügt, um die Inspektionen effektiv durchzuführen.

(31)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Inspektionen, die zur Bewertung von Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen durchgeführt werden, weder unter quantitativen noch unter qualitativen Gesichtspunkten durch die im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Richtlinie durchgeführten Inspektionen beeinträchtigt werden.

(32)

Bei der Entsendung von Arbeitnehmern, die Drittstaatsangehörige sind, können sich die Inspektionsbehörden der Mitgliedstaaten der Mitarbeit und des Informationsaustausches gemäß der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Arbeitnehmerentsendung im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (8) bedienen, um zu überprüfen, ob der betreffende Drittstaatsangehörige im Herkunftsmitgliedstaat rechtmäßig beschäftigt ist.

(33)

Diese Richtlinie sollte als Ergänzung zu Maßnahmen zur Bekämpfung von nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit und Ausbeutung angesehen werden.

(34)

Nach Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung (9) sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Gemeinschaft eigene Tabellen aufzustellen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen.

(35)

Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit der Durchführung dieser Richtlinie sollte nach Maßgabe der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (10) erfolgen.

(36)

Da das Ziel dieser Richtlinie, die rechtswidrige Einwanderung durch eine Abschwächung des Anreizes der Beschäftigung zu verringern, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Richtlinie besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(37)

Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten sowie den Grundsätzen, die insbesondere mit der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Bei ihrer Anwendung sollten nach den Artikeln 16, 20, 21, 47 und 49 der Charta die Grundsätze unternehmerische Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetz, Nichtdiskriminierung, Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht sowie Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen gebührend beachtet werden.

(38)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligen sich diese Mitgliedstaaten nicht an der Annahme dieser Richtlinie und sind daher weder durch diese Richtlinie gebunden, noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(39)

Nach den Artikeln 1 und 2 des Protokolls über die Position Dänemarks, das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie, und ist daher weder durch diese Richtlinie gebunden, noch zu ihrer Anwendung verpflichtet —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

Diese Richtlinie verbietet die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt, um die rechtswidrige Einwanderung zu bekämpfen. Zu diesem Zweck sieht sie gemeinsame Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen vor, die in den Mitgliedstaaten gegen Arbeitgeber zu verhängen bzw. zu treffen sind, die gegen dieses Verbot verstoßen.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die spezifischen Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)

„Drittstaatsangehöriger“ jede Person, die nicht Unionsbürger im Sinne von Artikel 17 Absatz 1 des Vertrags ist und die nicht das Gemeinschaftsrecht auf freien Personenverkehr nach Artikel 2 Absatz 5 des Schengener Grenzkodex genießt;

b)

„Drittstaatsangehöriger ohne rechtmäßigen Aufenthalt“ einen Drittstaatsangehörigen, der im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats anwesend ist und die Voraussetzungen für den Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat nicht oder nicht mehr erfüllt;

c)

„Beschäftigung“ die Ausübung von Tätigkeiten für einen Arbeitgeber oder nach dessen Weisung und/oder dessen Aufsicht, die nach innerstaatlichem Recht oder im Einklang mit ständigen Gepflogenheiten als eine Form der Arbeit geregelt sind;

d)

„illegale Beschäftigung“ Beschäftigung eines Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt;

e)

„Arbeitgeber“ natürliche Personen oder Rechtssubjekte einschließlich Leiharbeitsunternehmen, für die oder nach deren Weisung und/oder deren Aufsicht die Beschäftigung erfolgt;

f)

„Unterauftragnehmer“ natürliche Personen oder Rechtssubjekte, denen die Ausführung aller oder einiger Verpflichtungen aus einem Vertrag übertragen wird;

g)

„juristische Person“ ein Rechtssubjekt, das diesen Status nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht innehat, mit Ausnahme von Staaten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts, die hoheitliche Rechte ausüben, und von öffentlich-rechtlichen internationalen Organisationen;

h)

„Leiharbeitsunternehmen“ eine natürliche oder juristische Person, die nach innerstaatlichem Recht mit Leiharbeitnehmern Arbeitsverträge schließt oder Beschäftigungsverhältnisse eingeht, um sie entleihenden Unternehmen zu überlassen, damit sie dort unter deren Aufsicht und Leitung vorübergehend arbeiten;

i)

„besonders ausbeuterische Arbeitsbedingungen“ Arbeitsbedingungen, einschließlich der Arbeitsbedingungen infolge von geschlechtsbezogener oder anderweitiger Diskriminierung, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen rechtmäßig beschäftigter Arbeitnehmer stehen — zum Beispiel indem sie die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer gefährden und die Menschenwürde verletzen;

j)

„Vergütung von Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt“ Löhne und Gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen, die der Arbeitgeber aufgrund der Beschäftigung einem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt und die denen entsprechen, die vergleichbare Arbeitnehmer in einem rechtmäßigen Beschäftigungsverhältnis erhalten hätten.

Artikel 3

Verbot der illegalen Beschäftigung

(1)   Die Mitgliedstaaten untersagen die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt.

(2)   Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot werden mit den in dieser Richtlinie festgeschriebenen Sanktionen und Maßnahmen geahndet.

(3)   Ein Mitgliedstaat kann beschließen, das Beschäftigungsverbot gemäß Absatz 1 nicht auf Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt anzuwenden, deren Rückführung aufgeschoben wurde und denen nach innerstaatlichem Recht die Ausübung einer Beschäftigung gestattet ist.

Artikel 4

Pflichten der Arbeitgeber

(1)   Die Mitgliedstaaten verpflichten Arbeitgeber:

a)

von Drittstaatsangehörigen vor der Beschäftigungsaufnahme den Besitz und die Vorlage einer gültigen Aufenthaltserlaubnis oder eines anderen gültigen Aufenthaltstitels zu verlangen;

b)

mindestens für die Dauer der Beschäftigung eine Kopie oder Aufzeichnungen des Inhalts der Aufenthaltserlaubnis oder eines anderen Aufenthaltstitels im Hinblick auf etwaige Inspektionen durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten aufzubewahren;

c)

den von den Mitgliedstaaten benannten zuständigen Behörden binnen einer von jedem Mitgliedstaat festzulegenden Frist den Beginn der Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen mitzuteilen.

(2)   Die Mitgliedstaaten können ein vereinfachtes Meldeverfahren gemäß Absatz 1 Buchstabe c vorsehen, wenn es sich bei den Arbeitgebern um natürliche Personen handelt und die Beschäftigung deren privaten Zwecken dient.

Die Mitgliedstaaten können beschließen, dass eine Meldung gemäß Absatz 1 Buchstabe c nicht erforderlich ist, wenn dem Arbeitnehmer eine langfristige Aufenthaltsberechtigung gemäß der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (11) erteilt wurde.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Arbeitgeber, die ihren Verpflichtungen nach Absatz 1 nachgekommen sind, nicht für eine Zuwiderhandlung gegen das in Artikel 3 niedergelegte Verbot haftbar gemacht werden, es sei denn, sie hatten Kenntnis davon, dass das als gültige Aufenthaltserlaubnis oder anderer gültiger Aufenthaltstitel vorgelegte Dokument gefälscht war.

Artikel 5

Finanzielle Sanktionen

(1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen um sicherzustellen, dass Zuwiderhandlungen gegen das in Artikel 3 niedergelegte Verbot mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen gegen den Arbeitgeber geahndet werden.

(2)   Zu den Sanktionen für Zuwiderhandlungen gegen das in Artikel 3 niedergelegte Verbot gehören:

a)

finanzielle Sanktionen, die unter Berücksichtigung der Zahl der illegal beschäftigten Drittstaatsangehörigen ansteigen; und

b)

die Übernahme der Kosten der Rückführung der illegal beschäftigten Drittstaatsangehörigen, sofern Rückführungsverfahren durchgeführt werden. Die Mitgliedstaaten können stattdessen beschließen, zumindest die durchschnittlichen Rückführungskosten bei den finanziellen Sanktionen gemäß Buchtstabe a zu berücksichtigen.

(3)   Die Mitgliedstaaten können mildere finanzielle Sanktionen vorsehen, wenn es sich beim Arbeitgeber um eine natürliche Person handelt, die einen Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt zu privaten Zwecken beschäftigt, und wenn keine besonders ausbeuterischen Arbeitsbedingungen vorliegen.

Artikel 6

Vom Arbeitgeber zu leistende Nachzahlungen

(1)   Bezüglich aller Zuwiderhandlungen gegen das in Artikel 3 niedergelegte Verbot stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Arbeitgeber folgende Zahlungen leisten muss:

a)

dem illegal beschäftigten Drittstaatsangehörigen noch zustehende Vergütungen. Als vereinbarte Höhe der Vergütung wird von dem in anwendbaren Gesetzen über Mindestlöhne, in Tarifverträgen oder gemäß den Gepflogenheiten in den entsprechenden Beschäftigungsbranchen mindestens vorgesehenen Lohn ausgegangen, es sei denn entweder der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer kann diese Annahme durch Gegenbeweis ausräumen; dabei sind gegebenenfalls die verbindlichen innerstaatlichen Lohnvorschriften einzuhalten;

b)

einen Betrag, der den Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, die der Arbeitgeber hätte entrichten müssen, wenn der Drittstaatsangehörige rechtmäßig beschäftigt gewesen wäre, entspricht, einschließlich Säumniszuschläge und diesbezüglicher Geldbußen;

c)

gegebenenfalls die Kosten der Überweisung ausstehender Beträge in das Land, in das der Drittstaatsangehörige zurückgekehrt ist oder zurückgeführt wurde.

(2)   Um zu gewährleisten, dass wirksame Verfahren für die Anwendung von Absatz 1 Buchstaben a und c verfügbar sind sowie unter angemessener Berücksichtigung des Artikels 13 richten die Mitgliedstaaten Mechanismen ein, um sicherzustellen, dass illegal beschäftigte Drittstaatsangehörige

a)

unter Einhaltung einer im innerstaatlichen Recht festgelegten Verjährungsfrist einen Anspruch gegen den Arbeitgeber für alle ausstehenden Vergütungen geltend machen und eine diesbezügliche gerichtliche Entscheidung vollstrecken lassen können, und zwar auch nach ihrer Rückkehr oder Rückführung; oder

b)

sich, soweit in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen, an die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats wenden können, um ein Verfahren einzuleiten, um ausstehende Vergütungen einzuziehen, ohne dass sie in diesem Fall selbst einen Anspruch geltend machen müssen.

Illegal beschäftigte Drittstaatsangehörige werden vor der Vollstreckung einer Rückführungsentscheidung systematisch und objektiv über ihre Rechte gemäß diesem Absatz und gemäß Artikel 13 informiert.

(3)   In Bezug auf die Anwendung von Absatz 1 Buchstaben a und b sehen die Mitgliedstaaten vor, dass ein Beschäftigungsverhältnis von mindestens dreimonatiger Dauer vermutet wird, es sei denn unter anderem der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer kann diese Vermutung durch Gegenbeweis ausräumen.

(4)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die erforderlichen Mechanismen zur Verfügung stehen, um zu gewährleisten, dass illegal beschäftigte Drittstaatsangehörige die in Absatz 1 Buchstabe a genannte Nachzahlung der Vergütung erhalten können, die gemäß den in Absatz 2 genannten Ansprüchen erlangt wurde, und zwar auch nach ihrer Rückkehr bzw. Rückführung.

(5)   In Fällen, in denen befristete Aufenthaltstitel nach Artikel 13 Absatz 4 erteilt wurden, legen die Mitgliedstaaten nach innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Bedingungen fest, unter denen die Gültigkeitsdauer dieser Titel verlängert werden kann, bis der Drittstaatsangehörige die gemäß Absatz 1 dieses Artikels eingezogenen Beträge der Vergütung erhalten hat.

Artikel 7

Sonstige Maßnahmen

(1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass gegen Arbeitgeber gegebenenfalls auch folgende Maßnahmen ergriffen werden können:

a)

Ausschluss von einigen oder allen öffentlichen Zuwendungen, Hilfen oder Subventionen, einschließlich der von den Mitgliedstaaten verwalteten EU-Mittel, für die Dauer von bis zu fünf Jahren;

b)

Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren gemäß der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (12) für die Dauer von bis zu fünf Jahren;

c)

Einziehung einiger oder aller öffentlicher Zuwendungen, Hilfen oder Subventionen, einschließlich der von den Mitgliedstaaten verwalteten EU-Mittel, die dem Arbeitgeber in einem Zeitraum von bis zu zwölf Monaten vor Feststellung der illegalen Beschäftigung gewährt wurden;

d)

vorübergehende oder endgültige Schließung der Betriebsstätten, die zur Begehung der Zuwiderhandlung genutzt wurden, oder vorübergehender oder endgültiger Entzug einer Lizenz zur Ausübung der betreffenden Unternehmenstätigkeit, wenn dies aufgrund der Schwere der Zuwiderhandlung gerechtfertigt ist.

(2)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn es sich bei den Arbeitgebern um natürliche Personen handelt und die Beschäftigung deren privaten Zwecken dient.

Artikel 8

Vergabe von Unteraufträgen

(1)   Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um einen Unterauftragnehmer, tragen die Mitgliedstaaten unbeschadet der innerstaatlichen Rechtsvorschriften über Regressansprüche und Rückgriffsrechte oder der innerstaatlichen Rechtsvorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit dafür Sorge, dass der Auftragnehmer, dessen unmittelbarer Unterauftragnehmer der Arbeitgeber ist, neben oder an Stelle des Arbeitgebers für folgende Zahlungen haftbar gemacht werden kann:

a)

etwaige finanzielle Sanktionen gemäß Artikel 5 sowie

b)

etwaige Nachzahlungen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a und c sowie Artikel 6 Absätze 2 und 3.

(2)   Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um einen Unterauftragnehmer, so tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass der Hauptauftragnehmer und jeder zwischengeschaltete Unterauftragnehmer neben oder anstelle des beschäftigenden Unterauftragnehmers oder des Auftragnehmers, dessen unmittelbarer Unterauftragnehmer der Arbeitgeber ist, für die in Absatz 1 genannten Zahlungen haftbar gemacht werden können, sofern ihnen bekannt war, dass der beschäftigende Unterauftragnehmer Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigt hat.

(3)   Ein Auftragnehmer, der seiner im innerstaatlichen Recht festgelegten Sorgfaltspflicht nachgekommen ist, haftet nicht nach Absatz 1 oder 2.

(4)   Die Mitgliedstaaten können nach innerstaatlichem Recht strengere Haftungsvorschriften vorsehen.

Artikel 9

Straftaten

(1)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass eine vorsätzlich begangene Zuwiderhandlung gegen das in Artikel 3 genannte Verbot in jedem der folgenden Fälle eine Straftat nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts darstellt:

a)

Die Zuwiderhandlung dauert an oder wird beharrlich wiederholt;

b)

die Zuwiderhandlung betrifft die gleichzeitige Beschäftigung einer erheblichen Zahl von Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt;

c)

die Zuwiderhandlung geht mit besonders ausbeuterischen Arbeitsbedingungen einher;

d)

die Zuwiderhandlung wird von einem Arbeitgeber begangen, der zwar nicht beschuldigt wurde, eine Straftat gemäß dem Rahmenbeschluss 2002/629/JI begangen zu haben bzw. nicht wegen einer solchen Straftat verurteilt wurde, der jedoch die von einem Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt unter Zwang erbrachten Arbeiten oder Dienste nutzt, obwohl er weiß, dass diese Person Opfer von Menschenhandel ist;

e)

die Zuwiderhandlung betrifft die illegale Beschäftigung von Minderjährigen.

(2)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Anstiftung zu den in Absatz 1 genannten vorsätzlichen Handlungen, ihre Begünstigung oder die Beihilfe zu ihnen unter Strafe gestellt wird.

Artikel 10

Strafrechtliche Sanktionen

(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass natürlichen Personen, die die in Artikel 9 genannten Straftaten begehen, wirksame, angemessene und abschreckende strafrechtliche Sanktionen drohen.

(2)   Sofern dies nicht nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen verboten ist, können die in diesem Artikel vorgesehenen strafrechtlichen Sanktionen nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts unbeschadet anderer, nicht strafrechtlicher Sanktionen oder Maßnahmen verhängt werden und sie können mit der Veröffentlichung der den Fall betreffenden richterlichen Entscheidung einhergehen.

Artikel 11

Verantwortlichkeit juristischer Personen

(1)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass juristische Personen für eine Straftat nach Artikel 9 verantwortlich gemacht werden können, wenn eine solche Straftat zu ihren Gunsten von einer Person begangen wurde, die eine leitende Stellung innerhalb der juristischen Person innehat und die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt hat, aufgrund

a)

einer Befugnis zur Vertretung der juristischen Person,

b)

einer Befugnis, Entscheidungen im Namen der juristischen Person zu treffen, oder

c)

einer Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen Person.

(2)   Die Mitgliedstaaten tragen ebenfalls dafür Sorge, dass eine juristische Person haftbar gemacht werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle seitens einer Person gemäß Absatz 1 die Begehung der Straftat nach Artikel 9 zugunsten der juristischen Person durch eine ihr unterstellte Person ermöglicht hat.

(3)   Die Verantwortlichkeit juristischer Personen nach den Absätzen 1 und 2 schließt die strafrechtliche Verfolgung natürlicher Personen als Täter, Anstifter oder Gehilfen bei den in Artikel 9 genannten Straftaten nicht aus.

Artikel 12

Sanktionen gegen juristische Personen

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass gegen eine juristische Person, die nach Artikel 11 haftbar gemacht wird, wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen verhängt werden können, zu denen Maßnahmen wie die in Artikel 7 genannten gehören können.

Die Mitgliedstaaten können beschließen, dass eine Liste von Arbeitgebern, die juristische Personen sind und die für Straftaten im Sinne von Artikel 9 haftbar gemacht wurden, veröffentlicht wird.

Artikel 13

Erleichterung der Einreichung von Beschwerden

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es wirksame Verfahren gibt, mit deren Hilfe illegal beschäftigte Drittstaatsangehörige unmittelbar oder über von den Mitgliedstaaten benannte Dritte Beschwerde gegen ihre Arbeitgeber einreichen können, zum Beispiel über Gewerkschaften oder andere Vereinigungen oder eine zuständige Behörde des Mitgliedstaats, wenn dies nach innerstaatlichem Recht vorgesehen ist.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Dritte, die gemäß den in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegten Kriterien ein berechtigtes Interesse daran haben, für die Einhaltung dieser Richtlinie zu sorgen, sich entweder im Namen illegal beschäftigter Drittstaatsangehöriger oder zu deren Unterstützung mit deren Einwilligung an Verwaltungs- oder zivilrechtlichen Verfahren, die zur Umsetzung dieser Richtlinie vorgesehen sind, beteiligen können.

(3)   Die Unterstützung von Drittstaatsangehörigen bei der Einreichung von Beschwerden gilt nicht als Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt im Sinne der Richtlinie 2002/90/EG des Rates vom 28. November 2002 zur Definition der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (13).

(4)   Mit Blick auf die Straftaten nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben c oder e legen die Mitgliedstaaten nach innerstaatlichem Recht die Bedingungen fest, unter denen sie den betroffenen Drittstaatsangehörigen — vergleichbar mit Drittstaatsangehörigen, die unter die Bestimmungen der Richtlinie 2004/81/EG fallen — im Einzelfall befristete Aufenthaltstitel, entsprechend der Dauer der betreffenden innerstaatlichen Verfahren, gewähren können.

Artikel 14

Inspektionen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in ihrem Hoheitsgebiet wirksame und angemessene Inspektionen durchgeführt werden, bei denen kontrolliert wird, ob Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigt werden. Die Inspektionen erfolgen in erster Linie auf der Grundlage einer Risikobewertung, die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten vorzunehmen ist.

(2)   Zur Steigerung der Effektivität der Inspektionen ermitteln die Mitgliedstaaten auf der Grundlage einer Risikobewertung regelmäßig die Beschäftigungsbereiche, in denen in ihrem Hoheitsgebiet besonders viele Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigt werden.

In Bezug auf diese Bereiche teilen die Mitgliedstaaten der Kommission vor dem 1. Juli eines jeden Jahres im vergangenen Jahr durchgeführte Inspektionen mit, und zwar in absoluten Zahlen und als Prozentsatz der Arbeitgeber für jeden Bereich, sowie die Ergebnisse dieser Inspektionen.

Artikel 15

Günstigere Bestimmungen

Diese Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, Vorschriften zu erlassen oder beizubehalten, die für Drittstaatsangehörige, auf die die Richtlinie im Zusammenhang mit den Artikeln 6 und 13 Anwendung findet, günstiger sind, sofern diese Vorschriften mit der Richtlinie im Einklang stehen.

Artikel 16

Berichterstattung

(1)   Bis spätestens 20. Juli 2014 und dann alle drei Jahre legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor, der gegebenenfalls Vorschläge zur Änderung der Artikel 6, 7, 8, 13 und 14 enthält. In ihrem Bericht prüft die Kommission insbesondere, wie die Mitgliedstaaten Artikel 6 Absätze 2 und 5 umgesetzt haben.

(2)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle Angaben, die für die Erstellung der in Absatz 1 genannten Berichte dienlich sind. Die Angaben beinhalten die Zahl und die Ergebnisse der gemäß Artikel 14 Absatz 1 durchgeführten Inspektionen, die nach Artikel 13 angewandten Maßnahmen und so weit wie möglich die nach Artikel 6 und 7 angewandten Maßnahmen.

Artikel 17

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens am 20. Juli 2011 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 18

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 19

Adressaten

Diese Richtlinie ist gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 18. Juni 2009.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

H.-G. PÖTTERING

Im Namen des Rates

Der Präsident

Š. FÜLE


(1)  ABl. C 204 vom 9.8.2008, S. 70.

(2)  ABl. C 257 vom 9.10.2008, S. 20.

(3)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 4. Februar 2009 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 25. Mai 2009.

(4)  ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1.

(5)  ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1.

(6)  ABl. L 203 vom 1.8.2002, S. 1.

(7)  ABl. L 261 vom 6.8.2004, S. 19.

(8)  ABl. L 18 vom 21.1.1997, S. 1.

(9)  ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.

(10)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.

(11)  ABl. L 16 vom 23.1.2004, S. 44.

(12)  ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114.

(13)  ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 17.


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