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Document 32008R0440

Verordnung (EG) Nr. 440/2008 der Kommission vom 30. Mai 2008 zur Festlegung von Prüfmethoden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) (Text von Bedeutung für den EWR)

OJ L 142, 31.5.2008, p. 1–739 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
Special edition in Croatian: Chapter 13 Volume 033 P. 3 - 741

Legal status of the document In force: This act has been changed. Current consolidated version: 26/03/2023

ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2008/440/oj

31.5.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 142/1


VERORDNUNG (EG) Nr. 440/2008 DER KOMMISSION

vom 30. Mai 2008

zur Festlegung von Prüfmethoden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (1), insbesondere auf Artikel 13 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Für die Prüfung von Stoffen sind gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 auf Gemeinschaftsebene Prüfmethoden festzulegen, wenn solche Prüfungen erforderlich sind, um Informationen über inhärente Stoffeigenschaften zu gewinnen.

(2)

Die Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe (2) enthält in Anhang V Methoden zur Bestimmung der physikalisch-chemischen Eigenschaften, der Toxizität und der Ökotoxizität von Stoffen und Zubereitungen. Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG ist mit der Richtlinie 2006/121/EG mit Wirkung vom 1. Juni 2008 aufgehoben worden.

(3)

Die in Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG enthaltenen Prüfmethoden sind in die vorliegende Verordnung einzubeziehen.

(4)

Diese Verordnung schließt die Anwendung anderer Prüfmethoden nicht aus, sofern deren Anwendung mit Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 im Einklang steht.

(5)

Bei der Ausarbeitung der Prüfmethoden sind die Grundsätze, nach denen die Verwendung von Tieren bei Verfahren ersetzt, verringert und verfeinert werden soll, umfassend zu berücksichtigen, insbesondere, wenn geeignete validierte Verfahren zur Verfügung stehen, mit denen Tierversuche ersetzt, verringert oder verfeinert werden können.

(6)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des gemäß Artikel 133 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 eingesetzten Ausschusses —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 anzuwendenden Prüfmethoden sind im Anhang der vorliegenden Verordnung aufgeführt.

Artikel 2

Die Kommission nimmt gegebenenfalls eine Überprüfung der in der vorliegenden Verordnung enthaltenen Prüfmethoden im Hinblick auf eine Ersetzung, Verringerung oder Verfeinerung von Versuchen an Wirbeltieren vor.

Artikel 3

Alle Bezugnahmen auf Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG gelten als Bezugnahmen auf diese Verordnung.

Artikel 4

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. Juni 2008.

Brüssel, den 30. Mai 2008

Für die Kommission

Stavros DIMAS

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1. Berichtigte Fassung im ABl. L 136 vom 29.5.2007, S. 3.

(2)  ABl.  196 vom 16.8.1967, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/121/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 850. Berichtigte Fassung im ABl. L 136 vom 29.5.2007, S. 281) – mit den geeigneten Bezugnahmen zu aktualisieren, sobald das 30. ATP veröffentlicht ist.


ANHANG

TEIL A: METHODEN ZUR BESTIMMUNG DER PHYSIKALISCH-CHEMISCHEN EIGENSCHAFTEN

INHALTSVERZEICHNIS

A.1.

SCHMELZ-/GEFRIERTEMPERATUR

A.2.

SIEDETEMPERATUR

A.3.

RELATIVE DICHTE

A.4.

DAMPFDRUCK

A.5.

OBERFLÄCHENSPANNUNG

A.6.

WASSERLÖSLICHKEIT

A.8.

VERTEILUNGSKOEFFIZIENT

A.9.

FLAMMPUNKT

A.10.

ENTZÜNDLICHKEIT (FESTE STOFFE)

A.11.

ENTZÜNDLICHKEIT (GASE)

A.12.

ENTZÜNDLICHKEIT (BERÜHRUNG MIT WASSER)

A.13.

PYROPHORE EIGENSCHAFTEN VON FESTEN UND FLÜSSIGEN STOFFEN

A.14.

EXPLOSIONSGEFAHR

A.15.

ZÜNDTEMPERATUR (FLÜSSIGKEITEN UND GASE)

A.16.

RELATIVE SELBSTENTZÜNDUNGSTEMPERATUR FÜR FESTSTOFFE

A.17.

BRANDFÖRDERNDE EIGENSCHAFTEN (FESTSTOFFE)

A.18.

ZAHLENGEMITTELTE MOLMASSE UND MOLMASSENVERTEILUNG VON POLYMEREN

A.19.

NIEDERMOLEKULARER ANTEIL VON POLYMEREN

A.20.

LÖSUNGS-/EXTRAKTIONSVERHALTEN VON POLYMEREN IN WASSER

A.21.

BRANDFÖRDERNDE EIGENSCHAFTEN (FLÜSSIGE STOFFE)

A.1.   SCHMELZ-/GEFRIERTEMPERATUR

1.   METHODEN

Den meisten der hier beschriebenen Methoden liegt die OECD-Prüfrichtlinie (1) zugrunde. Die Grundprinzipien sind in (2) und (3) angegeben.

1.1.   EINLEITUNG

Die hier beschriebenen Methoden und Geräte sind zur Bestimmung der Schmelztemperatur der Substanzen ohne jede Einschränkung in Bezug auf ihren Reinheitsgrad anzuwenden.

Die Wahl der bestgeeigneten Methode hängt von der Natur der Prüfsubstanz ab. Die Anwendbarkeit ist davon abhängig, ob sich der betreffende Stoff leicht, schwierig oder überhaupt nicht pulverisieren lässt.

Für bestimmte Stoffe bietet sich eher eine Bestimmung der Gefrier- oder Erstarrungstemperatur an: Folglich wurden Vorschriften für diese Bestimmungen gleichfalls in diese Methodik aufgenommen.

Wo sich aufgrund der besonderen Eigenschaften des Stoffes keiner der oben genannten Parameter ohne weiteres messen lässt, kann die Messung eines Stockpunktes angebracht sein.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Als Schmelztemperatur bezeichnet man diejenige Temperatur, bei der unter atmosphärischem Druck der Übergang zwischen fester und flüssiger Phase stattfindet; unter idealen Bedingungen entspricht diese Temperatur der Gefriertemperatur.

Da bei vielen Stoffen der Phasenübergang in einem Temperaturbereich stattfindet, wird dieser Übergang auch oft als Schmelzbereich bezeichnet.

Umrechnung der Einheiten (K in oC):

t = T - 273,15

t

:

Celsius-Temperatur, in Grad Celsius ( oC)

T

:

thermodynamische Temperatur, in Kelvin (K)

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Prüfsubstanz untersucht wird. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

Einige der Eichsubstanzen sind in der Literatur (4) zu finden.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Man bestimmt die Temperatur (den Temperaturbereich) der Phasenumwandlung vom festen in den flüssigen Zustand oder vom flüssigen in den festen Zustand. In der Praxis wird eine Probe der zu untersuchenden Substanz bei Atmosphärendruck erhitzt/abgekühlt, und dabei werden die Temperaturen des Schmelz-/Gefrierbeginns sowie des vollständigen Schmelzens/Gefrierens bestimmt. Fünf Typen von Methoden werden beschrieben: Kapillarmethode, Heiztischmethoden, Gefriertemperaturbestimmungen, Methoden der thermischen Analyse und Bestimmung des Stockpunktes (entwickelt für Erdöl).

In einigen Fällen kann es von Nutzen sein, statt der Schmelztemperatur die Gefriertemperatur zu messen.

1.4.1.   Die Kapillarmethode

1.4.1.1.   Schmelztemperaturgeräte mit Flüssigkeitsbad

Eine geringe Menge der fein zerriebenen Substanz wird in ein Kapillarröhrchen gegeben und durch Klopfen verdichtet. Das Röhrchen wird zusammen mit einem Thermometer erhitzt, und dabei wird der Temperaturanstieg so eingestellt, dass er während des eigentlichen Schmelzvorgangs weniger als 1 K pro Minute beträgt. Man notiert die Temperaturen bei Schmelzbeginn und bei Schmelzende.

1.4.1.2.   Schmelztemperaturgeräte mit Metallblock

Wie in 1.4.1.1, jedoch mit dem Unterschied, dass das Kapillarröhrchen und das Thermometer in einem erwärmten Metallblock befestigt sind und sich durch Öffnungen in dem Block beobachten lassen.

1.4.1.3.   Bestimmung mit Fotozelle

Die in dem Kapillarröhrchen befindliche Substanzprobe wird in einem Metallzylinder automatisch erwärmt. In dem Zylinder befindet sich eine Öffnung, und ein gebündelter Lichtstrahl wird auf diesem Wege durch die Probe auf eine genauestens geeichte Fotozelle gerichtet. Die optischen Eigenschaften der meisten Substanzen ändern sich beim Schmelzen von opak nach durchsichtig. In diesem Augenblick steigt also die Lichtintensität in der Fotozelle, und ein Stoppsignal wird zur Digitalanzeige übertragen, die die Temperatur des in der Heizkammer befindlichen Platin-Widerstandsthermometers anzeigt. Allerdings eignet sich diese Methode nicht für einige stark gefärbte Substanzen.

1.4.2.   Heiztische

1.4.2.1.   Kofler-Heizbank

Die Wirkungsweise der Kofler-Heizbank beruht auf zwei elektrisch beheizten Metallblöcken unterschiedlicher Wärmeleitfähigkeit, wobei die Bank selbst so ausgelegt ist, dass auf ihrer gesamten Länge ein fast linearer Temperaturgradient herrscht. Der Temperaturbereich der Heizbank liegt im Allgemeinen zwischen 283 K und 573 K. Die Bank verfügt über eine spezielle Temperaturableseeinrichtung, bestehend aus einem Zeiger und einer für die jeweilige Heizbank ausgelegten Skala. Zur Schmelztemperaturbestimmung wird die betreffende Substanz in einer dünnen Schicht direkt auf die Oberfläche der Heizbank aufgebracht. In wenigen Sekunden zeichnet sich eine scharfe Trennlinie zwischen der flüssigen und der festen Phase ab. Zur Ablesung der Temperatur wird der Zeiger auf die Trennlinie eingestellt.

1.4.2.2.   Das Schmelzmikroskop

Zur Schmelztemperaturbestimmung mit sehr kleinen Stoffmengen sind verschiedene Heiztische mit Mikroskop im Gebrauch. Die meisten Heiztische bedienen sich zur Temperaturablesung empfindlicher Thermoelemente, doch werden gelegentlich auch Quecksilberthermometer verwendet. Das typische Schmelztemperaturbestimmungsgerät mit Heiztisch besitzt eine Heizkammer mit einer Metallplatte, auf welcher die auf einem Objektträger befindliche Probe angebracht wird. Durch eine Öffnung im Mittelpunkt der Metallplatte wird über den Beleuchtungsspiegel des Mikroskops ein Lichtbündel gerichtet. Bei Messungen wird die Heizkammer durch eine Glasplatte abgedeckt, damit der Probenbereich vor Lufteinflüssen geschützt wird.

Das Aufheizen der Probe wird durch einen Regelwiderstand kontrolliert. Für sehr genaue Messungen an optisch anisotropen Substanzen kann polarisiertes Licht verwendet werden.

1.4.2.3.   Die Meniskusmethode

Diese Methode wird vor allem für Polyamide angewandt.

Die Temperatur, bei der sich ein zwischen dem Heiztisch und einem durch die Polyamidprobe getragenen Deckglas eingeschlossener Silikonölmeniskus verlagert, wird visuell bestimmt.

1.4.3.   Methode zur Bestimmung der Gefriertemperatur

Die Probe wird in ein dazu bestimmtes Reagenzglas gefüllt und in ein Gerät zur Bestimmung der Gefriertemperatur gestellt. Während des Abkühlens wird die Probe langsam und kontinuierlich gerührt und die Temperatur in geeigneten Zeitabständen gemessen. Diejenige Temperatur, korrigiert um den Thermometerfehler, bei der der Temperaturverlauf während einiger Ablesungen konstant bleibt, wird als Gefriertemperatur notiert.

Eine Unterkühlung ist durch Erhalt des Gleichgewichts zwischen der festen und der flüssigen Phase zu vermeiden.

1.4.4.   Thermische Analyse

1.4.4.1.   Differentialthermoanalyse (DTA)

Mit diesem Verfahren wird der Temperaturunterschied zwischen der Substanz und einem Referenzmaterial in Abhängigkeit von der Temperatur aufgezeichnet, während die Substanz und das Referenzmaterial demselben kontrollierten Temperaturprogramm ausgesetzt werden. Wenn die Probe eine Phasenumwandlung mit Änderung der Enthalpie durchläuft, dann wird diese Änderung durch ein endothermes (Schmelzen) oder exothermes (Gefrieren) Abweichen vom Ausgangsniveau der Temperaturaufzeichnung angezeigt.

1.4.4.2.   Differentialscanningkalorimetrie (DSK)

Mit diesem Verfahren wird der Unterschied in der Energieaufnahme zwischen einer Substanz und einem Referenzmaterial in Abhängigkeit von der Temperatur aufgezeichnet, während die Substanz und das Referenzmaterial demselben kontrollierten Temperaturprogramm ausgesetzt werden. Bei der Energie handelt es sich um diejenige Energie, die notwendig ist, um einen Temperaturabgleich zwischen der Substanz und dem Referenzmaterial zu erreichen. Wenn die Probe eine Phasenumwandlung mit Änderung der Enthalpie durchläuft, dann wird diese Änderung durch ein endothermes (Schmelzen) oder exothermes (Gefrieren) Abweichen vom Ausgangsniveau des Wärmeflussbildes angezeigt.

1.4.5.   Stockpunkt

Dieses Verfahren wurde zur Verwendung bei Erdölen entwickelt; es eignet sich für ölige Substanzen mit einer niedrigen Schmelztemperatur.

Die Probe wird nach vorherigem Aufheizen mit einer bestimmten Geschwindigkeit abgekühlt und in Abständen von 3 K auf ihre Fließeigenschaften untersucht. Die niedrigste Temperatur, bei der noch eine Bewegung der Substanz beobachtet wird, wird als Stockpunkt notiert.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Der Anwendungsbereich und die Genauigkeit der verschiedenen Methoden zur Bestimmung von Schmelztemperatur/Schmelzbereich sind nachstehender Tabelle zu entnehmen:

TABELLE: ANWENDBARKEIT DER BESCHRIEBENEN METHODEN

A.   Kapillarmethoden

Messmethode

Pulverisierbare Substanzen

Nicht ohne weiteres pulverisierbare Substanzen

Temperaturbereich

Geschätzte Genauigkeit (1)

Existierende Methode oder Norm

Schmelztemperaturgeräte mit Flüssigkeitsbad

ja

nur wenige

273 K bis 573 K

±0,3 K

JIS K 0064

Schmelztemperaturgeräte mit Metallblock

ja

nur wenige

293 K bis > 573 K

±0,5 K

ISO 1218 (E)

Fotozellengeräte

ja

verschiedene, unter Verwendung verschiedener Zusatzgeräte

253 K bis 573 K

±0,5 K

 


B.   Heiztische und Gefriertemperaturbestimmungen

Messmethode

Pulverisierbare Substanzen

Nicht ohne weiteres pulverisierbare Substanzen

Temperaturbereich

Geschätzte Genauigkeit (2)

Existierende Methode oder Norm

Kofler-Heizbank

ja

nein

283 K bis >573 K

±1,0 K

ANSI/ASTM D 3451-76

Schmelzmikroskop

ja

nur wenige

273 K bis >573 K

±0,5 K

DIN 53736

Meniskusmethode

nein

speziell für Polyamide

293 K bis >573 K

±0,5 K

ISO 1218 (E)

Gefriertemperaturmethoden

ja

ja

223 K bis 573 K

±0,5 K

zum Beispiel BS 4695


C.   Thermische Analyse

Messmethode

Pulverisierbare Substanzen

Nicht ohne weiteres pulverisierbare Substanzen

Temperaturbereich

Geschätzte Genauigkeit (3)

Existierende Methode oder Norm

Differentialthermoanalyse

ja

ja

173 K bis 1 273 K

bis 600 K: ±0,5 K bis 1 273 K: ±2,0 K

ASTM E 537-76

Differentialscanningkalorimetrie

ja

ja

173 K bis 1 273 K

bis 600 K: ±0,5 K bis 1 273 K: ±2,0 K

ASTM E 537-76


D.   Stockpunkt

Messmethode

Pulverisierbare Substanzen

Nicht ohne weiteres pulverisierbare Substanzen

Temperaturbereich

Geschätzte Genauigkeit (4)

Existierende Methode oder Norm

Stockpunkt

für Erdöl und ölige Substanzen

für Erdöl und ölige Substanzen

223 K bis 323 K

±3,0 K

ASTM D 97-66

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODEN

Die Durchführung fast aller hier aufgeführten Prüfmethoden ist in nationalen und internationalen Normen beschrieben (siehe Anlage).

1.6.1.   Methoden mit Kapillarrohr

Fein pulverisierte Substanzen lassen im Verlauf eines langsamen Temperaturanstiegs im Allgemeinen die in Abbildung 1 dargestellten Schmelzstadien erkennen.

Abbildung 1

Image

Während der Bestimmung der Schmelztemperatur werden die Temperaturen zu Beginn und zu Ende des Schmelzvorgangs registriert.

1.6.1.1.   Schmelztemperaturbestimmungsgeräte mit Flüssigkeitsbad

Abbildung 2 zeigt eine genormte Glasapparatur zur Bestimmung der Schmelztemperatur (JIS K 0064). Alle Dimensionsangaben in mm.

Abbildung 2

Image

Badflüssigkeit

Es sollte eine geeignete Flüssigkeit gewählt werden. Die Wahl der Flüssigkeit hängt von der zu bestimmenden Schmelztemperatur ab, z. B. flüssiges Paraffin für Schmelztemperaturen nicht über 473 K, Silikonöl für Schmelztemperaturen nicht über 573 K.

Für Schmelztemperaturen über 523 K kann eine Mischung aus drei Gewichtsteilen Schwefelsäure und zwei Gewichtsteilen Kaliumsulfat benutzt werden. Bei Verwendung einer solchen Mischung sollten geeignete Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.

Thermometer

Es sollten nur solche Thermometer verwendet werden, die den Anforderungen der nachstehenden oder anderer gleichwertiger Normen entsprechen:

ASTM E 1-71, DIN 12770, JIS K 8001.

Durchführung

Die getrocknete Substanz wird in einem Mörser fein zerrieben und anschließend in ein an einem Ende zugeschmolzenes Kapillarröhrchen gefüllt. Nach Verdichten durch Klopfen sollte die Füllhöhe etwa 3 mm betragen. Zu diesem Zweck lässt man das Kapillarröhrchen aus ca. 700 mm Höhe durch ein Glasrohr auf ein Uhrglas fallen.

Das gefüllte Kapillarröhrchen wird derart in das Bad eingebracht, dass der mittlere Teil der Quecksilberkugel des Thermometers das Kapillarröhrchen an der Stelle berührt, an der sich die Probe befindet. Gewöhnlich führt man das Kapillarröhrchen etwa 10 K vor Erreichen der Schmelztemperatur in das Gerät ein.

Das Flüssigkeitsbad wird so beheizt, dass der Temperaturanstieg etwa 3 K pro Minute beträgt. Dabei soll die Flüssigkeit gerührt werden. Etwa 10 K vor Erreichen der erwarteten Schmelztemperatur wird der Temperaturanstieg auf maximal 1 K pro Minute reduziert.

Berechnung

Die Berechnung der Schmelztemperatur wird folgendermaßen durchgeführt:

T = TD+0,00016 (TD - TE) n

Darin bedeuten:

T

=

korrigierte Schmelztemperatur in K

TD

=

Temperaturablesung am Thermometer D in K

TE

=

Temperaturablesung am Thermometer E in K

n

=

Anzahl der Grade, die der Quecksilberfaden des Thermometers D aus der Flüssigkeit herausragt

1.6.1.2.   Schmelztemperaturbestimmungsgeräte mit Metallblock

Gerät

Das Gerät besteht aus:

einem zylindrischen Metallblock, dessen oberer Teil hohl ist und eine Heizkammer bildet (vgl. Abbildung 3),

einer Abdeckplatte aus Metall mit zwei oder mehreren Öffnungen, durch welche die Schmelzpunktröhrchen in den Metallblock eingebracht werden können,

einem Heizsystem für den Metallblock, beispielsweise mit einem in den Metallblock eingeschlossenen elektrischen Heizwiderstand,

einem Regelwiderstand zur Regulierung der Leistungsaufnahme bei elektrischer Heizung,

vier Fenstern aus hitzebeständigem Glas, die sich an den Seitenwänden der Heizkammer rechtwinklig gegenüberliegen. Vor einem dieser Fenster befindet sich ein Okular zur Beobachtung des Kapillarröhrchens. Die drei anderen Fenster dienen zur Beleuchtung des Innenraumes mittels Lampen, und

einem an einem Ende zugeschmolzenen Kapillarröhrchen aus hitzebeständigem Glas (siehe 1.6.1.1).

Thermometer

Siehe die Normen in 1.6.1.1. Es können ebenfalls thermoelektrische Messgeräte mit vergleichbarer Genauigkeit verwendet werden.

Abbildung 3

Image

1.6.1.3.   Bestimmung mit Fotozelle (automatisch)

Gerät und Verfahren

Das Gerät besteht aus einer Metallkammer mit automatischer Heizvorrichtung. Drei Kapillarröhrchen werden nach 1.6.1.1 gefüllt und in die Heizkammer gestellt.

Zur Kalibrierung des Gerätes stehen mehrere lineare Temperaturanstiegsraten zur Verfügung; der geeignete Temperaturanstieg wird elektrisch auf eine im Voraus festgelegte lineare Anstiegsrate gebracht. Die jeweilige Temperatur der Heizkammer und die Temperatur des in den Kapillarröhrchen enthaltenen Stoffes werden mit Registriergeräten aufgezeichnet.

1.6.2.   Heiztische

1.6.2.1.   Kofler-Heizbank

Siehe Anlage.

1.6.2.2.   Schmelzmikroskop

Siehe Anlage.

1.6.2.3.   Meniskusmethode (Polyamide)

Siehe Anlage.

Im Bereich der Schmelztemperatur sollte die Heizgeschwindigkeit weniger als 1 K/min betragen.

1.6.3.   Methoden zur Bestimmung der Gefriertemperatur

Siehe Anlage.

1.6.4.   Thermoanalyse

1.6.4.1.   Differentialthermoanalyse

Siehe Anlage.

1.6.4.2.   Differentialscanningkalorimetrie

Siehe Anlage.

1.6.5.   Stockpunktbestimmung

Siehe Anlage.

2.   DATEN

In bestimmten Fällen ist eine Thermometeranpassung erforderlich.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendetes Verfahren,

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen), ggf. Vorreinigung,

eine ungefähre Angabe zur Genauigkeit.

Der Mittelwert mindestens zweier Messungen, deren Werte im Bereich der ungefähren Genauigkeit (siehe Tabellen) liegen, ist als Schmelztemperatur anzugeben.

Liegt der Temperaturunterschied zwischen der Anfangs- und der Endphase des Schmelzens innerhalb der Genauigkeitsgrenzen der Methode, so ist die Anfangstemperatur als Schmelztemperatur anzugeben; andernfalls sind beide Temperaturen anzugeben.

Wenn sich der Stoff vor Erreichen der Schmelztemperatur zersetzt oder sublimiert, ist die Temperatur anzugeben, bei der dies beobachtet wird.

Alle zur Bewertung der Ergebnisse notwendigen Informationen und Bemerkungen sind zu notieren, insbesondere diejenigen über Verunreinigungen und den Aggregatzustand des Stoffes.

4.   LITERATUR

(1)

OECD, Paris, 1981, Test Guideline 102, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2)

IUP AC, B. Le Neindre, B. Vodar (Hrsg.): Experimental thermodynamics, Butterworths, London, 1975, vol. II, 803-834.

(3)

R. Weissberger (Hrsg.): Technique of organic Chemistry, Physical Methods of Organic Chemistry, 3rd ed., Interscience Publ., New York, 1959, vol. I, Part I, Chapter VII.

(4)

IUPAC, Physicochemical measurements: Catalogue of reference materials from national laboratories, Pure and applied chemistry, 1976, vol. 48, 505-515.

Anlage

Weitere technische Einzelheiten können z. B. den folgenden Normen entnommen werden:

1.   Kapillarmethoden

1.1.   Schmelztemperaturbestimmungsgeräte mit Flüssigkeitsbad

ASTM E 324-69

Standard test method for relative initial and final melting points and the melting range of organic chemicals

BS 4634

Method for the determination of melting point and/or melting range

DIN 53181

Bestimmung des Schmelzintervalls von Harzen nach Kapillarverfahren

JIS K 00-64

Testing methods for melting point of chemical products

1.2.   Schmelztemperaturbestimmungsgeräte mit Metallblock

DEN 53736

Visuelle Bestimmung der Schmelztemperatur von teilkristallinen Kunststoffen

ISO 1218 (E)

Plastics — polyamides — determination of „melting point“

2.   Heiztische

2.1.   Kofler-Heizbank

ANSI/ASTM D 3451-76

Standard recommended practices for testing polymeric powder coatings

2.2.   Schmelzmikroskop

DIN 53736

Visuelle Bestimmung der Schmelztemperatur von teilkristallinen Kunststoffen

2.3.   Meniskusmethode (Polyamide)

ISO 1218 (E)

Plastics — polyamides — determination of „melting point“

ANSI/ASTM D 2133-66

Standard specification for acetal resin injection moulding and extrusion materials

NT T 51 050

Résines de polyamides. Détermination du „point de fusion“. Méthode du ménisque

3.   Methoden zur Gefriertemperaturbestimmung

BS 4633

Method for the determination of crystallizing point

BS 4695

Method for Determination of Melting Point of Petroleum Wax (Cooling Curve)

DIN S1421

Bestimmung des Gefrierpunktes von Flugkraftstoffen, Ottokraftstoffen und Motorenbenzolen

ISO 2207

Cires de pétrole: détermination de la température de figeage

DIN 53175

Bestimmung des Erstarrungspunktes von Fettsäuren

NF T 60-114

Point de fusion des paraffines

NF T 20-051

Méthode de détermination du point de cristallisation (point de congélation)

ISO 1392

Method for the determination of the freezing point

4.   Thermoanalyse

4.1.   Differentialthermoanalyse

ASTM E 537-76

Standard method for assessing the thermal stability of chemicals by methods of differential thermal analysis

ASTM E 473-85

Standard definitions of terms relating to thermal analysis

ASTM E 472-86

Standard practice for reporting thermoanalytical data

DIN 51005

Thermische Analyse, Begriffe

4.2.   Differentialscanningkalorimetrie

ASTM E 537-76

Standard method for assessing the thermal stability of chemicals by methods of differential thermal analysis

ASTM E 473-85

Standard definitions of terms relating to thermal analysis

ASTM E 472-86

Standard practice for reporting thermoanalytical data

DIN 51005

Thermische Analyse, Begriffe

5.   Stockpunktbestimmung

NBN 52014

Échantillonnage et analyse des produits du pétrole: Point de trouble et point d'écoulement limite — Monsterneming en ontleding van aardolieproducten: Troebelingspunt en vloeipunt

ASTM D 97-66

Standard test method for pour point of petroleum oils

ISO 3016

Petroleum oils — Determination of pour point

A.2.   SIEDETEMPERATUR

1.   METHODEN

Den meisten der hier beschriebenen Methoden liegt die OECD-Prüfrichtlinie (1) zugrunde. Die Grundprinzipien sind in (2) und (3) angegeben.

1.1.   EINLEITUNG

Die hier beschriebenen Methoden und Geräte können für flüssige und niedrig schmelzende Substanzen verwendet werden, wenn diese nicht unterhalb der Siedetemperatur chemisch reagieren (z. B. Autooxidation, Umlagerung, Zersetzung usw.). Die Methoden können auf reine und unreine Flüssigkeiten angewendet werden.

Bevorzugt werden die Methoden mit Fotozellendetektion und Thermoanalyse, da diese sowohl die Bestimmung der Schmelz- als auch der Siedetemperatur ermöglichen. Darüber hinaus können die Messungen automatisch durchgeführt werden.

Die „dynamische Methode“ hat den Vorteil, dass sie auch zur Bestimmung des Dampfdrucks verwendet werden kann; dabei ist es nicht erforderlich, die Siedetemperatur auf den Normaldruck (101,325 kPa) zu berichtigen, da der Normdruck während der Messung durch einen Manostaten eingestellt werden kann.

Bemerkungen

Der Einfluss von Verunreinigungen auf die Bestimmung der Siedetemperatur hängt weitgehend von der Art der Verunreinigung ab. Wenn hochflüchtige Verunreinigungen in der Probe vertreten sind, die die Ergebnisse beeinträchtigen könnten, kann der Stoff gereinigt werden.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Als Standardsiedetemperatur wird diejenige Temperatur definiert, bei der der Dampfdruck einer Flüssigkeit 101,325 kPa beträgt.

Wenn die Siedetemperatur nicht bei normalem Atmosphärendruck gemessen wird, kann die Temperaturabhängigkeit des Dampfdrucks durch die Clausius-Clapeyron-Gleichung beschrieben werden:

Formula

Darin bedeuten:

p

=

Dampfdruck des Stoffes in Pascal

ΔHv

=

Verdampfungswärme in J mol-1

R

=

universelle molare Gaskonstante = 8,314 J mol-1 K-1

T

=

thermodynamische Temperatur in K

Die Siedetemperatur wird entsprechend dem Umgebungsdruck bei der Messung eingesetzt.

Umrechnungen

Druck (Einheit: kPa)

100 kPa

=

1 bar = 0,1 MPa

(„bar“ ist weiterhin zulässig, wird aber nicht empfohlen.)

133 Pa

=

1 mm Hg = 1 Torr

(Die Einheiten „mm Hg“ und „Torr“ sind nicht zugelassen.)

1 atm

=

Standard-Atmosphäre = 101 325 Pa

(Die Einheit „atm“ ist nicht zugelassen.)

Temperatur (Einheit: K)

t = T - 273,15

t

:

Celsius-Temperatur, in Grad Celsius ( oC)

T

:

thermodynamische Temperatur, in Kelvin (K)

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Prüfsubstanz untersucht wird. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

Einige der Eichsubstanzen sind in den in der Anlage aufgeführten Methoden zu finden.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Fünf Methoden zur Bestimmung der Siedetemperatur (Siedebereich) beruhen auf der Messung der Siedetemperatur, zwei weitere auf der Thermoanalyse.

1.4.1.   Bestimmung mit dem Ebulliometer

Ebulliometer wurden ursprünglich zur Bestimmung des Molekulargewichtes durch Erhöhung der Siedetemperatur entwickelt, eignen sich aber auch für genaue Messungen der Siedetemperatur. In ASTM D 1120-72 wird ein sehr einfaches Gerät beschrieben (siehe Anlage). Die Flüssigkeit wird in diesem Gerät unter Gleichgewichtsbedingungen bei atmosphärischem Druck erhitzt, bis sie siedet.

1.4.2.   Dynamische Methode

Messung der Rekondensationstemperatur des Dampfes mit Hilfe eines geeigneten Thermometers im Rückfluss während des Siedeprozesses. Bei dieser Methode kann der Druck geändert werden.

1.4.3.   Destillationsmethode für die Siedetemperatur

Destillation der Flüssigkeit und Messung der Rekondensationstemperatur des Dampfes sowie Bestimmung der Destillatmenge.

1.4.4.   Verfahren nach Siwoloboff

Erhitzung einer Probe in einem Probenröhrchen, das in ein Wärmebad eingetaucht wird. Ein zugeschmolzenes Kapillarröhrchen, in dessen unterem Teil ein Luftbläschen enthalten ist, wird in das Probenröhrchen getaucht.

1.4.5.   Fotozellendetektion

Entsprechend dem Prinzip nach Siwoloboff wird unter Verwendung der aufsteigenden Bläschen eine automatische fotoelektrische Messung durchgeführt.

1.4.6.   Differentialthermoanalyse

Mit diesem Verfahren wird der Temperaturunterschied zwischen der Substanz und einem Referenzmaterial in Abhängigkeit von der Temperatur aufgezeichnet, während die Substanz und das Referenzmaterial demselben kontrollierten Temperaturprogramm ausgesetzt werden. Wenn die Probe eine Phasenumwandlung mit Änderung der Enthalpie durchläuft, dann wird diese Änderung durch ein endothermes Abweichen (Sieden) von der Basis der Temperaturaufzeichnung angezeigt.

1.4.7.   Differentialscanningkalorimetrie

Mit diesem Verfahren wird der Unterschied in der Energieaufnahme zwischen einer Substanz und einem Referenzmaterial in Abhängigkeit von der Temperatur aufgezeichnet, während die Substanz und das Referenzmaterial demselben kontrollierten Temperaturprogramm ausgesetzt werden. Bei der Energie handelt es sich um diejenige Energie, die notwendig ist, um einen Temperaturabgleich zwischen der Substanz und dem Referenzmaterial zu erreichen. Wenn die Probe eine Phasenumwandlung mit Änderung der Enthalpie durchläuft, dann wird diese Änderung durch ein endothermes Abweichen (Sieden) von der Basis des Wärmeflussbildes angezeigt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Der Anwendungsbereich und die Genauigkeit der Methoden zur Bestimmung von Siedetemperatur/Siedebereich sind Tabelle 1 zu entnehmen:

Tabelle 1

Vergleich der Methoden

Messmethode

Geschätzte Genauigkeit

Existierende Methoden oder Normen

Ebulliometer

±1,4 K (bis 373 K) (5)  (6)

±2,5 K (bis 600 K) (5)  (6)

ASTM D 1120-72 (5)

Dynamische Methode

±0,5 K (bis 600 K) (6)

 

Destillationsmethode (Siedebereich)

±0,5 K (bis 600 K)

ISO/R 918, DIN 53171, BS 4591/71

nach Siwoloboff

± 2 K (bis 600 K) (6)

 

Fotozellendetektion

±0,3 K (bei 373 K) (6)

 

Differentialthermoanalyse

±0,5 K (bis 600 K)

±2,0 K (bis 1 273 K)

ASTM E 537-76

Differentialscanningkalorimetrie

±0,5 K (bis 600 K)

±2,0 K (bis 1 273 K)

ASTM E 537-76

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODEN

Die Durchführung einiger der hier aufgeführten Prüfmethoden ist in nationalen und internationalen Normen beschrieben (siehe Anlage).

1.6.1.   Ebulliometer

Siehe Anlage.

1.6.2.   Dynamische Methode

Siehe Prüfmethode A.4 für die Bestimmung des Dampfdrucks.

Die bei einem Druck von 101,325 kPa beobachtete Siedetemperatur wird notiert.

1.6.3.   Destillationsverfahren (Siedebereich)

Siehe Anlage.

1.6.4.   Verfahren nach Siwoloboff

Die Probe wird in einem Probenröhrchen — Durchmesser etwa 5 mm — in einer Apparatur zur Bestimmung der Schmelztemperatur erhitzt (Abbildung 1).

Abbildung 1 zeigt einen Typ einer genormten Apparatur zur Bestimmung der Schmelz- und Siedetemperatur (JIS K 0064); (Glas, alle Dimensionsangaben in mm).

Abbildung 1

Image

Ein etwa 1 cm über dem unteren Ende zugeschmolzenes Kapillarröhrchen (Siedekapillare) wird in das Probenröhrchen gegeben. Der Pegel, bis zu dem die Prüfsubstanz aufgefüllt wird, ist so zu wählen, dass der zugeschmolzene Abschnitt der Kapillare unter der Flüssigkeitsoberfläche liegt. Das die Siedekapillare enthaltende Probenröhrchen wird entweder mit einem Gummiband am Thermometer oder an einer seitlichen Halterung befestigt (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2

Prinzip nach Siwoloboff

Abbildung 3

Modifiziertes Prinzip

Image

Image

Die Badflüssigkeit wird entsprechend der Siedetemperatur ausgewählt. Bei Temperaturen bis zu 573 K kann Silikonöl verwendet werden. Paraffinöl darf nur bis 473 K verwendet werden. Die Erhitzung der Badflüssigkeit sollte zunächst mit einer Temperaturrate von 3 K/min erfolgen. Die Badflüssigkeit muss gerührt werden. Ca. 10 K unterhalb der erwarteten Siedetemperatur wird die Erhitzung verlangsamt, so dass die Temperaturerhöhung bei weniger als 1 K/min liegt. Beim Erreichen der Siedetemperatur beginnen Bläschen schnell aus der Siedekapillare aufzusteigen.

Als Siedetemperatur ist diejenige anzugeben, bei welcher die Bläschenkette unter Kühlung abbricht und die Flüssigkeit plötzlich in der Kapillare aufzusteigen beginnt. Der entsprechende Thermometerstand ist gleich der Siedetemperatur der Substanz.

Beim modifizierten Prinzip (Abbildung 3) wird die Siedetemperatur in einem Schmelztemperaturröhrchen bestimmt. Es ist bis auf eine etwa 2 cm lange feine Spitze ausgezogen (a): Eine geringe Menge der Probe wird angesaugt. Das offene Ende des freien Röhrchens wird zugeschmolzen, so dass sich am Ende ein feines Luftbläschen befindet. Bei der Erhitzung in der Apparatur zur Bestimmung der Schmelztemperatur (b) dehnt sich das Luftbläschen aus. Die Siedetemperatur entspricht der Temperatur, bei der der Pfropfen der Substanz den Oberflächenpegel der Badflüssigkeit erreicht (c).

1.6.5.   Fotozellendetektion

Die Probe wird in einem Kapillarröhrchen in einem Metallblock erhitzt.

Durch entsprechende Öffnungen im Block wird ein Lichtstrahl durch die Substanz auf eine genau kalibrierte Fotozelle ausgerichtet.

Bei der Erhöhung der Temperatur der Probe steigen einzelne Luftbläschen aus der Siedekapillare auf. Wenn die Siedetemperatur erreicht ist, nimmt die Zahl der Bläschen stark zu. Dies führt zu einer von einer Fotozelle aufgezeichneten Änderung in der Lichtintensität und löst ein Signal im Messgerät aus, das die Temperatur eines im Block gelegenen Platin-Widerstandsthermometers anzeigt.

Dieses Verfahren ist besonders nützlich, da es Bestimmungen unterhalb der Raumtemperatur bis zu 253,15 K (– 20 oC) ohne jede apparative Änderung ermöglicht. Das Instrument muss lediglich in ein Kühlbad gestellt werden.

1.6.6.   Thermoanalyse

1.6.6.1.   Differentialthermoanalyse

Siehe Anlage.

1.6.6.2.   Differentialscanningkalorimeter

Siehe Anlage.

2.   DATEN

Bei geringfügigen Abweichungen vom Normaldruck (maximal ± 5 kPa) werden die Siedetemperaturen mit Hilfe der nachstehenden Sidney-Young-Zahlen-Wert-Gleichung auf Tn umgerechnet:

Tn = T + (fT × Δp)

Darin bedeuten:

Δp

=

(101,325 - p) [Vorzeichen beachten]

p

=

Barometermessung in kPa

fT

=

Korrekturfaktor für die Änderung der Siedetemperatur in Abhängigkeit vom Druck in K/kPa

T

=

gemessene Siedetemperatur in K

Tn

=

Siedetemperatur, berichtigt auf Normaldruck in K

Die Temperatur-Korrekturfaktoren fT und die Gleichungen für ihre Näherung sind für zahlreiche Stoffe in den erwähnten internationalen und nationalen Normen (Anlage) aufgeführt.

So gibt beispielsweise die Vorschrift nach DIN 53171 die folgenden ungefähren Korrekturen für Lösungsmittel in Anstrichstoffen.

Tabelle 2

Temperatur-Korrekturfaktoren fT

Temperatur T (K)

Korrekturfaktor fT (K/kPa)

323,15

0,26

348,15

0,28

373,15

0,31

398,15

0,33

423,15

0,35

448,15

0,37

473,15

0,39

498,15

0,41

523,15

0,44

548,15

0,45

573,15

0,47

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendetes Verfahren,

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen), ggf. Vorreinigung,

eine ungefähre Angabe zur Genauigkeit.

Der Mittelwert mindestens zweier Messungen, deren Werte im Bereich der ungefähren Genauigkeit (siehe Tabelle 1 oben) liegen, ist als Siedetemperatur anzugeben.

Die gemessenen Siedetemperaturen und ihr Mittelwert sowie der Druck (die Drücke) in kPa, bei dem (bei denen) die Messungen durchgeführt wurden, sind anzugeben. Der Druck sollte möglichst nahe beim Normaldruck liegen.

Alle zur Bewertung der Ergebnisse notwendigen Informationen und Bemerkungen sind zu notieren, insbesondere diejenigen über Verunreinigungen und den Aggregatzustand des Stoffes.

4.   LITERATUR

(1)

OECD, Paris, 1981, Test Guideline 103, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2)

IUPAC, B. Le Neindre, B. Vodar (Hrsg.): Experimental thermodynamics, Butterworths, London, 1975, vol. II.

(3)

R. Weissberger (Hrsg.): Technique of organic Chemistry, Physical Methods of Organic Chemistry, 3rd ed., Interscience Publ., New York, 1959, vol. I, Part I, Chapter VIII.

Anlage

Zu weiteren technischen Einzelheiten können beispielsweise folgende Normen herangezogen werden:

1.   Ebulliometer

1.1.

Schmelztemperaturbestimmungsgeräte mit Flüssigkeitsbad

ASTM D 1120-72

Standard test method for boiling point of engine anti-freezes

2.   Destillationsverfahren (Siedebereich)

ISO/R 918

Test Method for Distillation (Distillation Yield and Distillation Range)

BS 4349/68

Method for determination of distillation of petroleum products

BS 4591/71

Method for the determination of distillation characteristics

DIN 53171

Lösungsmittel für Anstrichstoffe, Bestimmung des Siedeverlaufs

NF T 20-608

Distillation: détermination du rendement et de l'intervalle de distillation

3.   Differentialthermoanalyse und Differentialscanningkalorimetrie

ASTM E 537-76

Standard method for assessing the thermal stability of chemicals by methods of differential thermal analysis

ASTM E 473-85

Standard definitions of terms relating to thermal analysis

ASTM E 472-86

Standard practice for reporting thermoanalytical data

DIN 51005

Thermische Analyse: Begriffe

A.3.   RELATIVE DICHTE

1.   METHODEN

Den hier beschriebenen Methoden liegt die OECD-Prüfrichtlinie (1) zugrunde. Die Grundprinzipien sind in (2) angegeben.

1.1.   EINLEITUNG

Die hier beschriebenen Methoden zur Bestimmung der relativen Dichte gelten für Feststoffe und Flüssigkeiten ohne jede Einschränkung in Bezug auf ihren Reinheitsgrad. Die verschiedenen zu verwendenden Methoden sind in Tabelle 1 aufgeführt.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Die relative Dichte von Feststoffen oder Flüssigkeiten ist das Verhältnis zwischen der Masse eines bestimmten Volumens der Prüfsubstanz, gemessen bei 20 oC, und der Masse des gleichen Volumens Wasser, bestimmt bei 4 oC. Die relative Dichte hat keine Einheit.

Die Dichte ρ eines Stoffes ist gleich dem Quotienten aus seiner Masse m und seinem Volumen v.

Die Dichte ρ wird in SI-Einheiten (kg/m3) angegeben.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN (1) (3)

Bei der Messung der relativen Dichte von Prüfsubstanzen brauchen im Allgemeinen Referenzsubstanzen nicht verwendet zu werden. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

1.4.   PRINZIP DER METHODEN

Es werden vier Messprinzipien verwendet.

1.4.1.   Auftriebsmethoden

1.4.1.1.   Aräometer (für Flüssigkeiten)

Hinreichend genaue und schnelle Bestimmungen der Dichte können mit Aräometern erreicht werden, bei denen die Dichte einer Flüssigkeit durch Ablesen der Eintauchtiefe des Schwimmkörpers an einer graduierten Skala ermittelt werden kann.

1.4.1.2.   Hydrostatische Waage (für Flüssigkeiten und Feststoffe)

Der Unterschied zwischen dem Gewicht eines in Luft und in einer geeigneten Flüssigkeit (z. B. Wasser) gemessenen Prüfkörpers kann zur Bestimmung seiner Dichte verwendet werden.

Bei Feststoffen ist die gemessene Dichte nur für die verwendete Probe repräsentativ. Zur Bestimmung der Dichte von Flüssigkeiten wird ein Körper eines bekannten Volumens v zunächst in der Luft und dann in der Flüssigkeit gewogen.

1.4.1.3.   Tauchkörpermethode (für Flüssigkeiten) (4)

Bei dieser Methode wird die Dichte einer Flüssigkeit aus der Differenz zwischen den Ergebnissen der Wägung des Tauchkörpers bekannten Volumens vor und nach dem Eintauchen dieses Körpers in die Prüfflüssigkeit ermittelt.

1.4.2.   Pyknometer-Methoden

Für Feststoffe oder Flüssigkeiten können Pyknometer verschiedener Formen mit bekannten Volumina verwendet werden. Die Dichte wird aus der Differenz zwischen der Wägung des vollen und des leeren Pyknometers und seinem bekannten Volumen errechnet.

1.4.3.   Luftvergleichspyknometer (für Feststoffe)

Die Dichte eines Feststoffes beliebiger Form kann bei Raumtemperatur mit dem Gasvergleichspyknometer gemessen werden. Das Volumen einer Substanz wird in der Luft oder in einem Inertgas in einem Zylinder mit veränderbarem kalibrierten Volumen gemessen. Zur Berechnung der Dichte wird nach Abschluss der Volumenmessung eine Wägung durchgeführt.

1.4.4.   Schwingungsdichtemesser (5) (6) (7)

Die Dichte einer Flüssigkeit kann mit einem Schwingungsdichtemesser gemessen werden. Ein in Form eines U-Rohres gebauter mechanischer Oszillator wird in Schwingungen versetzt; die Resonanzfrequenz des Oszillators hängt von dessen Masse ab. Bei Einführung einer Probe in das U-Rohr ändert sich die Resonanzfrequenz des Oszillators. Das Gerät muss mit Hilfe von zwei Flüssigkeiten bekannter Dichte kalibriert werden. Diese Flüssigkeiten sollten möglichst so gewählt werden, dass ihre Dichte den zu messenden Bereich einschließt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Der Anwendungsbereich der verschiedenen zur Bestimmung der relativen Dichte verwendeten Methoden ist der nachstehenden Tabelle zu entnehmen.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODEN

Die als Beispiel aufgeführten Normen, die im Hinblick auf weitere technische Einzelheiten herangezogen werden müssen, sind als Anlage beigefügt.

Die Prüfungen sind bei 20 oC durchzuführen, wobei mindestens zwei Messungen vorzunehmen sind.

2.   DATEN

Siehe Normen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendetes Verfahren,

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen), ggf. Vorreinigung.

Die relative Dichte Formula soll gemäß 1.2 zusammen mit dem Aggregatzustand des gemessenen Stoffes angegeben werden.

Alle zur Bewertung der Ergebnisse notwendigen Informationen und Bemerkungen sind zu notieren, insbesondere diejenigen über Verunreinigungen des Stoffes.

Tabelle

Anwendbarkeit der Methoden

Messmethode

Dichte

Möglicher Höchstwert der dynamischen Viskosität

Existierende Normen

Feststoffe

Flüssigkeit

1.4.1.1.

Aräometer

 

ja

5 Pa s

ISO 387,

ISO 649-2,

NF T 20-050

1.4.1.2.

Hydrostatische Waage

 

 

 

 

a)

Feststoffe

ja

 

 

ISO 1183 (A)

b)

Flüssigkeit

 

ja

5 Pa s

ISO 901 und 758

1.4.1.3.

Tauchkörpermethode

 

ja

20 Pa s

DIN 53217

1.4.2.

Pyknometer

 

 

 

ISO 3507,

a)

Feststoffe

ja

 

 

ISO 1183 (B),

NF T 20-053,

b)

Flüssigkeit

 

ja

500 Pa s

ISO 758

1.4.3.

Luftvergleichspyknometer

ja

 

 

DIN 55990 Teil 3,

DIN 53243

1.4.4.

Schwingungsdichtemesser

 

ja

5 Pa s

 

4.   LITERATUR

(1)

OECD, Paris, 1981, Test Guideline 109, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2)

R. Weissberger (Hrsg.), Technique of organic Chemistry, Physical Methods of Organic Chemistry, 3rd ed., Interscience Publ., New York, 1959, vol. I, Part 1.

(3)

IUPAC, Recommended reference materials for realization of physico-chemical properties, Pure and applied chemistry, 1976, vol. 48, 508,

(4)

Wagenbreth, H., Die Tauchkugel zur Bestimmung der Dichte von Flüssigkeiten, Technisches Messen (tm), 1979, vol. 11, 427-430.

(5)

Leopold, H., Die digitale Messung von Flüssigkeiten, Elektronik, 1970, vol. 19, 297-302.

(6)

Baumgarten, D., Füllmengenkontrolle bei vorgepackten Erzeugnissen — Verfahren zur Dichtebestimmung bei flüssigen Produkten und ihre praktische Anwendung, Die Pharmazeutische Industrie, 1975, vol. 37, 717-726.

(7)

Riemann, J., Der Einsatz der digitalen Dichtemessung im Brauereilaboratorium, Brauwissenschaft, 1976, vol. 9, 253-255.

Anlage

Für weitere technische Einzelheiten können beispielsweise folgende Normen herangezogen werden:

1.   Auftriebsmethoden

1.1.   Aräometer

DIN 12790, ISO 387

Aräometer; allgemeine Bestimmungen

DIN 12791

Teil 1: Dichte-Aräometer; Grundserien, Ausführung, Justierung und Anwendung

Teil 2: Dichte-Aräometer; Normgrößen, Bezeichnungen

Teil 3: Anwendung und Prüfung

ISO 649-2

Laboratory glassware: Density hydrometers for general purpose

NF T 20-050

Chemical products for industrial use — Determination of density of liquids — Areometric method

DIN 12793

Laborgeräte aus Glas: Sucharäometer für Vormessung und rohe Betriebsmessung

1.2.   Hydrostatische Waage

Für Feststoffe:

ISO 1183

Method A: Methods for determining the density and relative density of plastics excluding cellular plastics

NF T 20-049

Chemical products for industrial use — Determination of the density of solids other than powders and cellular products — Hydrostatic balance method

ASTM-D-792

Specific gravity and density of plastics by displacement

DIN 53479

Prüfung von Kunststoffen und Elastomeren; Bestimmung der Dichte

Für Flüssigkeiten:

ISO 901

ISO 758

DIN 51757

Prüfung von Mineralölen und verwandten Stoffen; Bestimmung der Dichte

ASTM D 941-55, ASTM D 1296-67 und ASTM D 1481-62

ASTM D 1298

Density, specific gravity or API gravity of crude petroleum and liquid petroleum products by hydrometer method

BS 4714

Density, specific gravity or API gravity of crude petroleum and liquid petroleum products by hydrometer method

1.3.   Tauchkörpermethode

DIN 53217

Prüfung von Anstrichstoffen; Bestimmung der Dichte; Tauchkörpermethode

2.   Pyknometer-Methoden

2.1.   Für Flüssigkeiten:

ISO 3507

Pycnometers

ISO 758

Liquid chemical products; determination of density at 20 oC

DIN 12797

Pyknometer nach Gay-Lussac (für nicht besonders viskose, nicht flüchtige Flüssigkeiten)

DIN 12798

Pyknometer nach Lipkin (für Flüssigkeiten mit einer kinematischen Viskosität von weniger als 100, 10-6 m2 s-1 bei 15 oC)

DIN 12800

Pyknometer nach Sprengel (für Flüssigkeiten wie in DIN 12798)

DIN 12801

Pyknometer nach Reischauer (für Flüssigkeiten mit einer kinematischen Viskosität von weniger als 100, 10-6 m2 s-1 bei 20 oC; kann insbesondere auf Kohlenwasserstoffe sowie auf Flüssigkeiten mit hohem Dampfdruck — etwa 1 bar bei 90 oC — angewendet werden)

DIN 12806

Pyknometer nach Hubbard (für viskose Flüssigkeiten aller Arten, die keinen zu hohen Dampfdruck aufweisen, insbesondere auch für Anstrichstoffe und Bitumen)

DIN 12807

Pyknometer nach Bingham (für Flüssigkeiten wie in DIN 12801)

DIN 12808

Pyknometer nach Jaulmes (insbesondere für Ethanol-Wasser-Gemisch)

DIN 12809

Pyknometer mit eingeschliffenem Thermometer und Seitenkapillaren (für nicht besonders viskose Flüssigkeiten)

DIN 53217

Prüfung von Anstrichstoffen; Bestimmung der Dichte mit dem Pyknometer

DIN 51757

Punkt 7: Prüfung von Mineralölen und verwandten Stoffen; Bestimmung der Dichte

ASTM D 297

(Section 15: Rubber products — chemical analysis)

ASTM D 2111

(Method C: Halogenated organic compounds)

BS 4699

Method for determination of specific gravity and density of petroleum products (graduated bicapillary pycnometer method)

BS 5903

Method for determination of relative density and density of petroleum products by the capillary-stoppered pycnometer method

NF T 20-053

Chemical products for industrial use — Determination of density of solids in powder and liquids — Pycnometric method

2.2.   Für Feststoffe:

ISO 1183

Method B: Methods for determining the density and relative density of plastics excluding cellular plastics

NF T 20-053

Chemical products for industrial use — Determination of density of solids in powder and liquids — Pycnometric method

DIN 19683

Bestimmung der Dichte von Böden

3.   Luftvergleichspyknometer

DIN 55990

Teil 3: Prüfung von Anstrichstoffen und ähnlichen Beschichtungsstoffen; Pulverlack; Bestimmung der Dichte

DIN 53243

Anstrichstoffe; chlorhaltige Polymere; Prüfung

A.4.   DAMPFDRUCK

1.   METHODEN

Den meisten der hier beschriebenen Methoden liegt die OECD-Prüfrichtlinie (1) zugrunde. Die Grundprinzipien sind in (2) und (3) angegeben.

1.1.   EINLEITUNG

Zur Durchführung der Prüfung ist es nützlich, Vorinformationen über die Struktur, die Schmelz- und die Siedetemperatur der Prüfsubstanz zu haben.

Es gibt keine Prüfmethode, die für den gesamten Dampfdruck-Messbereich geeignet ist. Daher werden zur Messung der Dampfdrücke von <10-4 bis 105 Pa mehrere Methoden empfohlen.

Der Dampfdruck wird gewöhnlich von Verunreinigungen beeinflusst. Der Einfluss hängt in hohem Maße von der Art der Verunreinigung ab.

Wenn in der Probe flüchtige Verunreinigungen vorliegen, die das Ergebnis beeinträchtigen könnten, kann die Prüfsubstanz gereinigt werden. Es kann auch von Nutzen sein, den Dampfdruck für den technischen Stoff anzugeben.

Einige der hier beschriebenen Methoden verwenden eine Apparatur mit Metallteilen. Dies ist bei der Prüfung korrosiver Substanzen zu berücksichtigen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Der Dampfdruck einer Substanz ist definiert als der Sättigungsdruck über einer festen oder flüssigen Substanz. Im thermodynamischen Gleichgewicht ist der Dampfdruck einer reinen Substanz ausschließlich eine Funktion der Temperatur.

Die zu verwendende SI-Einheit für den Druck ist Pascal (Pa).

Nachstehend einige der früher gebräuchlichen Einheiten mit den entsprechenden Umrechnungsfaktoren:

1 Torr (= 1 mm Hg)

= 1,333 × 102 Pa

1 Atmosphäre

= 1,013 × 105 Pa

1 bar

= 105 Pa

Die SI-Einheit für die Temperatur ist Kelvin (K).

Die universelle molare Gaskonstante R beträgt 8,314 J mol-1 K-1.

Die Temperaturabhängigkeit des Dampfdrucks wird durch die Clausius-Clapeyron-Gleichung beschrieben:

Formula

Darin bedeuten:

p

=

der Dampfdruck des Stoffes in Pascal

ΔHv

=

seine Verdampfungswärme in J mol-1

R

=

die universelle molare Gaskonstante in J mol-1 K-1

T

=

die thermodynamische Temperatur in K

const.

=

weitere stoffspezifische Konstante

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Prüfsubstanz untersucht wird. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

1.4.   PRINZIP DER METHODEN

Zur Bestimmung des Dampfdrucks werden sieben Methoden vorgeschlagen, die in unterschiedlichen Dampfdruckbereichen eingesetzt werden können. Mit jeder Methode wird der Dampfdruck bei verschiedenen Temperaturen bestimmt. In einem begrenzten Temperaturbereich ist der Logarithmus des Dampfdrucks einer reinen Substanz der Temperatur umgekehrt proportional.

1.4.1.   Dynamische Methode

Bei der dynamischen Methode wird die Siedetemperatur der Prüfsubstanz bei einem bestimmten vorgegebenen Druck gemessen.

Empfohlener Bereich:

103 bis 105 Pa.

Diese Methode wird ebenfalls für die Bestimmung der Normal-Siedetemperatur empfohlen, wobei sie sich bis zu Temperaturen von 600 K eignet.

1.4.2.   Statische Methode

Bei diesem Verfahren wird derjenige Dampfdruck gemessen, der sich im thermodynamischen Gleichgewicht im geschlossenen System bei einer gegebenen Temperatur über einer Substanz einstellt. Diese Methode eignet sich für Ein- und Mehrkomponentensysteme (Feststoffe und Flüssigkeiten).

Empfohlener Bereich:

10 bis 105 Pa;

unter entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen auch von 1 bis 10 Pa.

1.4.3.   Isoteniskop

Diese genormte Methode beruht ebenfalls auf einem statischen Verfahren, eignet sich jedoch im Allgemeinen nicht für Mehrkomponentensysteme. Weitere Informationen können der ASTM-Methode D-2879-86 entnommen werden.

Empfohlener Bereich:

von 100 bis 105 Pa.

1.4.4.   Effusionsmethode: Dampfdruckwaage

Unter Vakuumbedingungen bestimmt man die Substanzmenge, die eine Messzelle pro Zeiteinheit durch eine Öffnung bekannter Größe so verlässt, dass eine Rückkehr der Substanz in die Messzelle vernachlässigt werden kann (z. B. durch Messung des Impulses eines Dampfstrahls auf eine empfindliche Waage oder durch Bestimmung des Gewichtsverlusts).

Empfohlener Bereich:

10-3 bis 1 Pa.

1.4.5.   Effusionsmethode: durch Masseverlust oder über eine Kühlfalle

Unter Hochvakuumbedingungen bestimmt man die Masse der Prüfsubstanz, die eine Knudsen-Zelle (4) pro Zeiteinheit in Form von Dampf durch eine Mikroöffnung verlässt. Die ausgeströmte Dampfmasse lässt sich entweder durch Bestimmung des Masseverlusts der Zelle oder durch Kondensation des Dampfes bei niedrigen Temperaturen und chromatografische Bestimmung der verdampften Substanzmenge ermitteln. Der Dampfdruck wird durch Anwendung der Hertz-Knudsen-Formel berechnet.

Empfohlener Bereich:

10-3 bis 1 Pa.

1.4.6.   Gassättigungsmethode

Ein Strom eines Inertgases wird so über die Prüfsubstanz geleitet, dass er sich mit deren Dampf sättigt. Die Substanzmenge, die von einer bekannten Menge an Trägergas transportiert wird, lässt sich entweder durch Sammeln in einer geeigneten Falle oder durch ein Online-Analysenverfahren messen. Diese wird dann zur Berechnung des Dampfdrucks bei einer bestimmten Temperatur verwendet.

Empfohlener Bereich:

10-4 bis 1 Pa;

unter entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen auch von 1 bis 10 Pa.

1.4.7.   Rotormethode

Das eigentliche Messelement bei der Rotormethode ist eine kleine Stahlkugel, die sich mit hoher Geschwindigkeit in einem Magnetfeld dreht. Der Gasdruck wird von der druckabhängigen zeitlichen Abnahme der Rotationsgeschwindigkeit der Stahlkugel abgeleitet.

Empfohlener Bereich:

10-4 bis 0,5 Pa.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

In der nachstehenden Tabelle findet sich ein Vergleich der verschiedenen Dampfdruck-Bestimmungsmethoden hinsichtlich ihrer Anwendung, Wiederholbarkeit, Reproduzierbarkeit, ihres Messbereich sowie existierender Normen.

Tabelle

Qualitätskriterien

Messmethode

Substanzen

Geschätzte Wiederholbarkeit (7)

Geschätzte Reproduzierbarkeit (7)

Empfohlener Bereich

Existierende Norm

Feststoffe

Flüssigkeit

1.4.1.

Dynamische Methode

niedrig schmelzend

ja

bis 25 %

bis 25 %

103 Pa bis 2 × 103 Pa

 

 

 

1 bis 5 %

1 bis 5 %

2 × 103 Pa bis 105 Pa

1.4.2.

Statische Methode

ja

ja

5 bis 10 %

5 bis 10 %

10 Pa bis 105 Pa (8)

NFT 20-048 (5)

1.4.3.

Isoteniskop

ja

ja

5 bis 10 %

5 bis 10 %

102 Pa bis 105 Pa

ASTM-D

2879-86

1.4.4.

Effusionsmethode Dampfdruckwaage

ja

ja

5 bis 20 %

bis 50 %

10-3 Pa bis 1 Pa

NFT 20-047

(6)

1.4.5.

Effusionsmethode Masseverlust

ja

ja

10 bis 30 %

10-3 Pa bis 1 Pa

1.4.6.

Gassättigungsmethode

ja

ja

10 bis 30 %

bis 50 %

10-4 Pa bis 1 Pa (8)

1.4.7.

Rotormethode

ja

ja

10 bis 20 %

10-4Pa bis 0,5 Pa

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODEN

1.6.1.   Dynamische Methode

1.6.1.1.   Apparatur

Die Apparatur besteht im Allgemeinen aus einem Siedegefäß mit Aufsatzkühler aus Glas oder Metall (Abbildung 1) sowie einer entsprechenden Einrichtung zum Messen der Temperatur sowie zum Regeln und Messen des Drucks. Die in der Abbildung dargestellte typische Apparatur besteht aus hitzebeständigem Glas und setzt sich aus fünf Teilen zusammen:

Das große, teilweise doppelwandige Rohr besteht aus einer Schliffverbindung, einem Kühler, einem Kühlkolben und einem Einlass.

Der Glaszylinder mit Cottrell-Pumpe ist im Siedebereich des Rohres angebracht und besitzt innen eine aufgeraute Oberfläche aus gesintertem Glas, um Siedeverzüge zu vermeiden.

Die Temperatur wird mit einem geeigneten Temperaturfühler (z. B. Widerstandsthermometer, Mantelthermoelement) gemessen, der durch einen geeigneten Einlass (z. B. Kernschliffverbindung) in die Apparatur eingetaucht wird und bis an die Messstelle (Abbildung 1, Ziffer 5) reicht.

Die notwendigen Verbindungen zur Druckregel- und Messeinrichtung werden hergestellt.

Der Rundkolben, der als Puffervolumen dient, wird mittels einer Kapillare mit der Messapparatur verbunden.

Das Siedegefäß wird durch ein Heizelement (z. B. Heizpatrone) erhitzt, welches von unten in die Glasapparatur eingeführt wird. Der erforderliche Heizstrom wird mit einem Thermoelement eingestellt und geregelt.

Das erforderliche Vakuum zwischen 102 Pa und etwa 105 Pa wird mit einer Vakuumpumpe erzeugt.

Ein geeignetes Ventil wird zur Dosierung von Luft oder Stickstoff zwecks Druckregelung (Messbereich etwa 102 Pa bis 105 Pa) und Belüftung verwendet.

Zur Druckmessung dient ein Manometer.

1.6.1.2.   Messvorgang

Zur Bestimmung des Dampfdrucks der Probe misst man deren Siedetemperatur bei verschiedenen festgelegten Drücken zwischen ungefähr 103 und 105 Pa. Die Siedetemperatur ist erreicht, wenn die Temperatur bei konstantem Druck einen zeitlich konstanten Wert erreicht hat. Diese Methode eignet sich nicht zur Messung der Dampfdrücke schäumender Substanzen.

Die Prüfsubstanz wird in das gereinigte und getrocknete Probengefäß gegeben. Dabei kann es bei nicht pulverförmigen Feststoffen Probleme geben, doch lassen sich diese mitunter durch Erwärmen des Kühlmantels umgehen. Nach dem Einfüllen wird die Apparatur zugeflanscht und die Substanz entgast. Danach stellt man den niedrigsten gewünschten Druck ein und schaltet die Heizung an. Gleichzeitig schließt man den Temperaturfühler an einen Schreiber an.

Das Gleichgewicht ist dann erreicht, wenn bei konstantem Druck eine konstante Siedetemperatur erreicht wird. Besondere Vorkehrungen sind zu treffen, um Siedeverzüge zu vermeiden. Darüber hinaus muss es am Kühler zu einer vollständigen Kondensation kommen. Bei der Bestimmung des Dampfdrucks von niedrig schmelzenden Feststoffen sind Vorkehrungen zu treffen, um eine Blockierung des Kühlers zu vermeiden.

Nach Registrierung des Gleichgewichtspunktes wird ein höherer Druck eingestellt. Dann fährt man auf diese Weise fort, bis ein Druck von 105 Pa erreicht ist (ungefähr 5 bis 10 Messungen insgesamt). Zur Überprüfung müssen die Gleichgewichtsbestimmungen bei abnehmendem Druck wiederholt werden.

1.6.2.   Statische Methode

1.6.2.1.   Apparatur

Die Apparatur umfasst ein Behältnis für die Probe sowie ein Heiz- und Kühlsystem zur Temperierung der Probe sowie eine- Vorrichtung zur Messung der Temperatur. Außerdem enthält die Apparatur Instrumente zur Einstellung und Messung des Drucks. Die in Anwendung kommenden Grundprinzipien sind in den Abbildungen 2a und 2b dargestellt.

Der Probenraum (Abbildung 2a) wird auf der einen Seite durch ein geeignetes Hochvakuumventil begrenzt. Auf der anderen Seite ist ein U-Rohr angebracht, das eine geeignete Manometerflüssigkeit enthält. Ein Abzweig des U-Rohres führt zur Vakuumpumpe, zum Stickstoffzylinder oder Belüftungsventil und zu einem Manometer.

Anstelle eines U-Rohres kann ein Manometer mit einer Manometerflüssigkeit (Abbildung 2b) verwendet werden.

Zur Temperierung der Probe bringt man den Probenbehälter zusammen mit dem Ventil und dem U-Rohr oder Druckmesser in ein Bad, das konstant auf ±0,2 K zu temperieren ist. Die Temperaturmessungen werden an der Außenwand des Probengefäßes oder im Gefäß selbst vorgenommen.

Die Apparatur wird mit einer Vakuumpumpe mit einer vorgeschalteten Kühlfalle evakuiert.

Bei Methode 2a misst man den Dampfdruck der Substanz indirekt über eine Nullanzeige. Dabei wird berücksichtigt, dass sich die Dichte der Flüssigkeit im U-Rohr durch größere Temperaturschwankungen ändert.

Zur Verwendung als Manometerflüssigkeit lassen sich je nach Druckbereich und chemischem Verhalten der Prüfsubstanz folgende Flüssigkeiten verwenden: Silikonöle, Phthalate. Die Prüfsubstanz darf sich in der Manometerflüssigkeit nicht merklich lösen noch mit ihr reagieren.

Als Manometerflüssigkeit lässt sich Quecksilber im Bereich von normalem Luftdruck bis 102 Pa verwenden, Silikonöle und Phthalate lassen sich auch unter 102 Pa bis hinab zu 10 Pa verwenden. Heizbare Membrankapazitätsmanometer lassen sich sogar unter 10-1 Pa einsetzen. Daneben gibt es noch andere Manometer, die unter 102 Pa verwendet werden können.

1.6.2.2.   Messvorgang

Vor der Messung müssen alle Bestandteile der Apparatur von Abbildung 2 gründlich gereinigt und getrocknet werden.

Bei der Methode 2a wird das U-Rohr mit der gewählten Flüssigkeit gefüllt, die bei erhöhter Temperatur entgast werden muss, bevor die Ablesungen vorgenommen werden.

Die Prüfsubstanz wird in die Apparatur gegeben, die dann verschlossen und auf eine zum Entgasen hinreichend tiefe Temperatur gebracht wird. Die Temperatur muss deshalb niedrig genug sein, um sicherzustellen, dass die Luft tatsächlich abgesaugt wird; dennoch darf — bei einem Mehrkomponentensystem — die Zusammensetzung des Stoffes nicht verändert werden. Soweit erforderlich, kann das Gleichgewicht schneller durch Rühren hergestellt werden.

Die Unterkühlung der Probe kann z. B. mit flüssigem Stickstoff (Achtung: Kondensation der Luft, Pumpenflüssigkeit) oder einer Mischung aus Ethanol und Trockeneis vorgenommen werden. Bei Niedrigtemperatur-Messungen kann ein an einen Ultrakryostaten angeschlossenes temperiertes Bad verwendet werden.

Bei geöffnetem Ventil über dem Probenbehälter wird mehrere Minuten lang die Luft abgesaugt. Danach wird das Ventil geschlossen und die Probe auf die niedrigste gewünschte Temperatur abgekühlt. Falls notwendig, ist der Entgasungsvorgang mehrere Male zu wiederholen.

Bei Erhitzung der Probe nimmt der Dampfdruck zu. Dadurch werden die beiden Niveaus der Flüssigkeit im U-Rohr verändert. Zum Ausgleich wird Stickstoff oder Luft über ein Ventil in die Apparatur geleitet, bis die Niveaus der Manometerflüssigkeit erneut den Gleichstand erreicht haben. Der dafür erforderliche Druck lässt sich mit einem Präzisionsmanometer bei Raumtemperatur ablesen. Dieser Druck entspricht dem Dampfdruck der Substanz bei dieser Messtemperatur.

Methode 2b ähnelt dem hier beschriebenen Verfahren, doch wird der Dampfdruck direkt abgelesen.

Die Temperaturabhängigkeit des Dampfdrucks wird in genügend kleinen Intervallen (insgesamt 5 bis 10 Messpunkte) bis zum gewünschten Maximum bestimmt. Bei niedrigen Temperaturen vorgenommene Ablesungen sind zwecks Überprüfung zu wiederholen.

Wenn die aus den wiederholten Ablesungen stammenden Werte nicht mit der bei steigender Temperatur erhaltenen Kurve übereinstimmen, kann dies eine der nachstehend genannten Ursachen haben:

1.

Die Probe enthält noch Luft (z. B. besonders bei viskosen Stoffen) oder niedrig siedende Substanzen, die im Verlauf des Aufheizens freigesetzt wird/werden und nach erneuter Unterkühlung abgesaugt werden kann/können.

2.

Die Kühltemperatur ist nicht niedrig genug. In diesem Fall wird flüssiger Stickstoff als Kühlmittel eingesetzt.

Sowohl bei 1 als auch bei 2 sind die Messungen zu wiederholen.

3.

Der Stoff durchläuft im untersuchten Temperaturbereich eine chemische Reaktion (z. B. Zersetzung, Polymerisierung).

1.6.3.   Isoteniskop

Für eine vollständige Beschreibung dieser Methode wird auf (7) verwiesen. Das Prinzip des Messgeräts zeigt Abbildung 3. Ebenso wie die in 1.6.2 beschriebene statische Methode eignet sich das Isoteniskop zur Untersuchung von Feststoffen und Flüssigkeiten,

Bei der Untersuchung von Flüssigkeiten verwendet man diese gleichzeitig als Anzeigesäule im Hilfsmanometer. Eine Flüssigkeitsmenge, ausreichend, um den Boden und den kurzen Schenkel des Manometers zu füllen, wird in das Isoteniskop gefüllt. Danach wird dieses an ein Vakuumsystem angeschlossen, evakuiert und schließlich mit Stickstoff gefüllt. Evakuierung und Reinigung des Systems werden zweimal wiederholt, um den restlichen Sauerstoff zu entfernen. Das gefüllte Isoteniskop wird in eine horizontale Lage gebracht, so dass sich die Prüfsubstanz als dünne Schicht im Bodenteil und im Manometer (U-Rohr) verteilt. Danach wird der Druck des Systems auf 133 Pa reduziert und die Probe vorsichtig erwärmt, bis sie eben zu sieden anfängt (Entfernung aufgelöster Gase). Anschließend wird das Isoteniskop in eine solche Lage gebracht, dass die Probe in den unteren Teil des U-Rohres und den kurzen Schenkel des Manometers zurückfließt, so dass beide vollständig mit Flüssigkeit gefüllt sind. Der Druck wird wie beim Entgasen konstant gehalten und die ausgezogene Plättchen unter kleiner Flamme erhitzt, bis sich der Dampf der Prüfsubstanz ausreichend ausdehnt, um einen Teil der Substanz aus dem oberen Teil des U-Rohres und dem Manometerschenkel in den Manometer-Teil des Isoteniskops zu verdrängen und einen mit Dampf gefüllten stickstofffreien Raum zu schaffen.

Danach wird das Isoteniskop in ein Bad mit konstanter Temperatur gegeben und der Druck des Stickstoffs an den Druck der Prüfsubstanz angeglichen. Der Gleichstand beider Drücke wird vom Manometer-Teil des Isoteniskops angezeigt. Im abgeglichenen Zustand sind der Dampfdruck des Stickstoffs und der Dampfdruck der Prüfsubstanz gleich.

Bei der Untersuchung von Feststoffen werden je nach Druck- und Temperaturbereich die in 1.6.2.1 aufgeführten Manometerflüssigkeiten benutzt. Die entgaste Manometerflüssigkeit wird in eine Ausbuchtung am langen Schenkel des Isotensikops gefüllt. Dann wird der zu prüfende Feststoff in das Bodenteil eingebracht und bei erhöhter Temperatur entgast. Danach wird das Isoteniskop geneigt, damit die Manometerflüssigkeit in das U-Rohr fließen kann. Zur Messung des Dampfdrucks in Abhängigkeit von der Temperatur verfährt man, wie in 1.6.2 angegeben.

1.6.4.   Effusionsmethode: Dampfdruckwaage

1.6.4.1.   Apparatur

In der Literatur werden verschiedene Ausführungen der Apparatur beschrieben (1). Die hier beschriebene Apparatur dient zur Darstellung des allgemeinen Funktionsprinzips (Abbildung 4). In Abbildung 4 sind die Hauptbestandteile des Gerätes wiedergegeben: ein Hochvakuum-Behälter aus Edelstahl oder Glas, Ausrüstungen zur Erzeugung und Messung eines Vakuums sowie eingebaute Bauteile zur Messung des Dampfdrucks auf einer Waage. Die Apparatur schließt folgende Einbauten ein:

Ein Verdampferofen mit Flansch und Dreheinlass. Bei dem Verdampferofen handelt es sich um ein zylindrisches Gefäß, z. B. aus Kupfer oder einer chemisch resistenten Legierung mit guter Wärmeleitfähigkeit. Ebenso kann ein Glasgefäß mit einer Kupferummantelung verwendet werden. Der Ofen hat einen Durchmesser von etwa 3 bis 5 cm und eine Höhe von 2 bis 5 cm. Für den Dampfstrom sind zwischen einer und drei Öffnungen unterschiedlicher Größe vorhanden. Der Ofen wird entweder durch eine darunter angeordnete Heizplatte oder eine um die Außenwand geführte Heizspirale erhitzt. Um eine Wärmeableitung an die Grundplatte zu verhindern, wird der Heizkörper über ein Metall mit einer niedrigen Wärmeleitfähigkeit (Nickel-Silber- oder Chrom-Nickel-Stahl) mit der Grundplatte verbunden, z. B. bei Verwendung eines Ofens mit mehreren Öffnungen über ein Nickel-Silber-Rohr, das mit einem Dreheinlass verbunden ist. Diese Anordnung bietet den Vorteil, dass ein Kupferstab eingeschoben werden kann, wodurch die Kühlung von außen mit Hilfe eines Kühlbades möglich ist.

Wenn der Ofendeckel aus Kupfer mit drei Öffnungen unterschiedlichen Durchmessers versehen ist, die um 90o gegeneinander versetzt sind, lassen sich mehrere Dampfdrücke innerhalb des Gesamtmessbereichs erfassen (Öffnungen mit einem Durchmesser zwischen etwa 0,30 und 4,50 mm). Dabei werden die großen Öffnungen für einen niedrigen Dampfdruck verwendet und umgekehrt. Durch Drehen des Ofens lässt sich die gewünschte Öffnung oder eine Zwischenstellung im Dampfstrom (Ofenöffnung — Blende — Waagschale) einstellen, wodurch der Molekularstrahl durch die Ofenöffnung auf die Waagschale freigegeben oder abgeblendet werden kann. Zur Messung der Temperatur der Prüfsubstanz ist an geeigneter Stelle ein Thermoelement oder ein Widerstandthermometer angebracht.

Über der Blende befindet sich eine Waagschale, die zu einer hochempfindlichen Mikrowaage gehört (siehe unten). Die Waagschale hat einen Durchmesser von etwa 30 mm. Ein geeignetes Material dafür ist vergoldetes Aluminium.

Die Waagschale ist von einem zylindrischen Kühlbehälter aus Messing oder Kupfer ummantelt. Dieser ist je nach Art der Waage mit Öffnungen für den Waagebalken und mit einer Öffnung für den Eintritt des Molekularstrahls versehen und sorgt für die vollständige Kondensation des Dampfes auf der Waagschale. Zur Wärmeableitung nach außen dient z. B. ein mit dem Kühlbehälter verbundener Kupferstab, der z. B. mit einem Rohr aus Chrom-Nickel-Stahl wärmeisoliert durch die Grundplatte geführt ist. Der Kupferstab taucht in ein mit flüssigem Stickstoff gefülltes Dewargefäß unter der Grundplatte ein oder wird von flüssigem Stickstoff durchflutet. Dadurch wird der Kühlbehälter auf einer Temperatur von etwa — 120 oC gehalten. Die Waagschale wird ausschließlich durch Strahlung gekühlt; sie reicht für den hier zu prüfenden Druckbereich aus (Kühlung etwa 1 Stunde vor Beginn der Messung).

Die Waage wird oberhalb des Kühlbehälters angebracht. Geeignete Waagen sind z. B. eine hochempfindliche zweiarmige elektronische Mikrowaage (8) oder ein hochempfindliches Drehspulinstrument (siehe OECD-Prüfrichtlinie 104, Ausgabe 12.5.81).

Die Grundplatte hat auch elektrische Anschlüsse für Thermoelemente (oder Widerstandsthermometer) sowie Heizspulen.

Im Behälter wird mit Hilfe einer Vorvakuum- oder einer Hochvakuum-Pumpe ein Vakuum erzeugt (erforderliches Vakuum: etwa 1 bis 2 710-3 Pa, erreicht nach 2-stündigem Pumpen). Der Druck wird mit einem geeigneten Ionisationsmanometer gemessen.

1.6.4.2.   Messvorgang

Man füllt den Behälter mit der Prüfsubstanz und schließt ihn mit dem Deckel. Die Blende mit dem Kühlkasten wird über den Ofen geschoben. Dann wird die Apparatur geschlossen, und die Vakuumpumpen werden eingeschaltet. Vor Beginn der Messungen sollte der Enddruck ungefähr 10-4 Pa betragen. Ab 10-2 Pa beginnt man mit dem Kühlen des Kühlkastens.

Nach Erreichen des erforderlichen Vakuums beginnt man mit der Kalibrierungsreihe bei der niedrigsten gewünschten Temperatur. Man stellt die entsprechende Öffnung im Decke! ein; der Dampfstrahl passiert die direkt darüber befindliche Blende und trifft auf die gekühlte Waagschale. Die Waagschale muss groß genug sein, damit der gesamte durch die Blende geführte Strahl auf sie auftrifft. Der Impuls des Dampfstrahls übt eine Kraft auf die Waagschale aus, und die Moleküle kondensieren auf ihrer gekühlten Oberfläche.

Durch diesen Impuls und die gleichzeitige Kondensation wird ein Signal auf dem Registriergerät erzeugt. Die Auswertung der Signale ergibt zwei Informationen:

1.

Bei der hier beschriebenen Apparatur wird der Dampfdruck direkt aus dem Impuls auf die Waagschale bestimmt (die Kenntnis des Molekulargewichts ist dafür nicht erforderlich (2)). Bei der Auswertung der Ablesungen müssen geometrische Faktoren wie z. B. die Ofenöffnung und der Winkel des Molekularstromes berücksichtigt werden.

2.

Gleichzeitig ist eine Messung der Kondensatmasse möglich, aus der die Verdampfungsgeschwindigkeit berechnet werden kann. Der Dampfdruck lässt sich nach der Hertz-Formel (2) auch aus der Verdampfungsgeschwindigkeit und dem Molekulargewicht berechnen.

Formula

Dabei bedeuten:

G

=

Verdampfungsgeschwindigkeit (kg s-1 m-2)

M

=

Molekulargewicht (g mol-1)

T

=

Temperatur (K)

R

=

universelle molare Gaskonstante (J mol-1 K-1)

p

=

Dampfdruck (Pa)

Nach Erreichen des erforderlichen Vakuums beginnt man die Messreihe bei der niedrigsten gewünschten Temperatur.

Im weiteren Verlauf der Messung steigen man die Temperatur in kleinen Intervallen, bis der höchste gewünschte Temperaturwert erreicht ist. Anschließend wird die Probe wieder abgekühlt, und man kann gegebenenfalls eine zweite Dampfdruckkurve aufzeichnen. Falls der zweite Durchgang die Resultate des ersten nicht bestätigt, ist dies unter Umständen darauf zurückzuführen, dass sich die Substanz im untersuchten Temperaturbereich zersetzt.

1.6.5.   Effusionsmethode — durch Masseverlust

1.6.5.1.   Apparatur

Die verwendete Apparatur besteht aus den folgenden Hauptbestandteilen:

temperier- und evakuierbarer Behälter, in dem die Effusionszellen untergebracht sind,

Hochvakuumpumpe (z. B. Diffusionspumpe oder Turbomolekularpumpe) mit Vakuummessgerät,

Kühlfalle mit verflüssigtem Stickstoff oder Trockeneis.

In Abbildung 5 ist als Beispiel ein elektrisch beheizter Aluminiumbehälter mit 4 Effusionszellen aus Edelstahl dargestellt. Die Edelstahlblende (etwa 0,3 mm dick) hat eine Effusionsöffnung von 0,2 bis 1,0 mm Durchmesser und wird mit der Effusionszelle über einen Deckel mit Gewinde verbunden.

1.6.5.2.   Messvorgang

Referenz- und Prüfsubstanz werden in jede Effusionszelle gefüllt, die Metallblende mit Hilfe des Gewindedeckels gesichert und jede Zelle auf 0,1 mg genau gewogen. Danach wird die Zelle in die temperierte Apparatur gegeben, die schließlich bis auf weniger als ein Zehntel des erwarteten Drucks evakuiert wird. Dann wird die Apparatur in definierten Zeitabständen zwischen 5 und 30 Stunden belüftet und der Masseverlust der Effusionszelle durch erneutes Wiegen bestimmt.

Um sicherzustellen, dass die Ergebnisse nicht durch flüchtige Verunreinigungen beeinflusst werden, wird die Zelle in definierten Zeitabständen erneut gewogen. Dadurch soll geprüft werden, ob die Verdampfungsgeschwindigkeit mindestens über zwei Zeitabstände konstant bleibt.

Der Dampfdruck p in der Effusionszelle wird errechnet durch:

Formula

Dabei bedeuten:

p

=

Dampfdruck (Pa)

m

=

Masse der Substanz, die im Verlauf der Zeit t aus der Zelle ausströmt (kg)

t

=

Zeit (s)

A

=

Fläche des Loches (m2)

K

=

Korrekturfaktor

R

=

universelle Gaskonstante (J mol-1 K-1)

T

=

Temperatur (K)

M

=

Molekulargewicht (kg mol-1)

Der Korrekturfaktor K hängt vom Verhältnis Länge/Radius der zylindrischen Öffnung ab:

Verhältnis:

0,1

0,2

0,6

1,0

2,0

K:

0,952

0,909

0,771

0,672

0,514

Die obige Gleichung kann dann wie folgt geschrieben werden:

Formula

Dabei ist Formula die Konstante der Effusionzelle.

Die Konstante E der Effusionszelle lässt sich mit Hilfe folgender Gleichung mittels Referenzsubstanzen bestimmen (2,9):

Formula

Dabei sind:

p(r)

=

der Dampfdruck der Referenzsubstanz (Pa)

M(r)

=

das Molekulargewicht der Referenzsubstanz (kg mol-1)

1.6.6.   Gassättigungsmethode

1.6.6.1.   Apparatur

Eine für diesen Test verwendete typische Apparatur besteht aus einer Reihe von in Abbildung 6a dargestellten und nachstehend beschriebenen Bestandteilen (1).

Trägergas

Das Trägergas darf mit der Prüfsubstanz nicht chemisch reagieren. Gewöhnlich ist Stickstoff als Trägergas geeignet, doch zuweilen kann die Verwendung anderer Gase erforderlich sein (10). Das verwendete Gas muss trocken sein (siehe Abbildung 6a, Ziffer 4: Sensor zur Messung der relativen Feuchtigkeit).

Durchflusskontrolle

Ein geeignetes Regelsystem zur Kontrolle des Gasstromes ist notwendig, um einen konstanten und wahlweise einstellbaren Gasfluss durch die Sättigungssäule zu gewährleisten.

Kühlfallen zum Niederschlagen des Dampfes

Ihre Wahl hängt von den jeweiligen Eigenschaften der Prüfsubstanz und der verwendeten Analysenmethode ab. Die Dämpfe sollten quantitativ so abgeschieden werden, dass eine anschließende Analyse möglich ist. Für manche Prüfsubstanzen werden sich mit Flüssigkeiten wie Hexan oder Ethylenglykol gefüllte Kühlfallen anbieten. Für andere wiederum mögen feste Adsorber zur Anwendung kommen.

Als Alternative zur Dampfabscheidung mit anschließender Analyse lassen sich Online-Analysenmethoden wie z. B. die Chromatografie einsetzen, um die von einem bekannten Volumen an Trägergas mitgeführte Substanzmenge quantitativ zu bestimmen. Der Dampfdruck kann auch aus dem Masseverlust der eingesetzten Probe und bekanntem Trägergasvolumen bestimmt werden.

Wärmeaustauscher

Zur Messung bei verschiedenen Temperaturen kann es notwendig sein, einen Wärmeaustauscher zur Temperierung des Trägergases in die Anordnung mit einzubauen.

Sättigungssäule

Die Prüfsubstanz wird aus einer Lösung auf ein geeignetes inertes Trägermaterial aufgebracht. Das so beschichtete Trägermaterial wird in die Sättigungssäule eingebracht, die so dimensioniert und deren Gasdurchflussgeschwindigkeit so eingestellt werden sollte, dass eine vollständige Sättigung des Trägergases sichergestellt ist. Die Sättigungssäule muss thermostatisiert werden. Soll bei Temperaturen oberhalb der Raumtemperatur gemessen werden, müssen die Apparaturteile zwischen der Sättigungssäule und den Kühlfallen ebenfalls beheizt werden, um eine Kondensation der Prüfsubstanz zu vermeiden.

Um den durch Diffusion erfolgenden Massetransport zu reduzieren, kann im Anschluss an die Sättigungssäule ein Kapillarröhrchen angebracht werden (Abbildung 6b).

1.6.6.2.   Messvorgang

Vorbereitung der Sättigungssäule

Man löst die zu untersuchende Substanz in einem sehr flüchtigen Lösungsmittel und gibt sie einer ausreichenden Menge an Trägermaterial zu. Dabei ist eine genügende Menge an Prüfsubstanz hinzuzufügen, um die Sättigung für die gesamte Dauer des Tests zu gewährleisten. Das Lösungsmittel wird an der Luft oder im Rotationsverdampfer vollständig verdampft und das sorgfältig durchgemischte Material in die Sättigungssäule gefüllt. Nach dem Aufheizen der Probe im temperaturkontrollierten Bad wird trockener Stickstoff oder ein anderes geeignetes Trägergas durch die Apparatur geleitet.

Messung

Man verbindet die Adsorptionsfallen oder den Online-Detektor mit dem Ausgang der Säule und notiert die Zeit. Zu Beginn und in regelmäßigen Abständen während der Messungen kontrolliert man die Durchflussgeschwindigkeit mittels eines Blasenzählers (oder kontinuierlich mit einem Durchflussmesser).

Der Druck am Ausgang der Sättigungssäule muss gemessen werden. Dies geschieht entweder:

a)

durch Zwischenschalten eines Manometers zwischen Säule und Adsorptionsfallen (dies ist möglicherweise keine zufriedenstellende Lösung, da hier das Totvolumen steigt und die Adsorptionsfläche vergrößert wird) oder

b)

durch Bestimmung des Druckabfalls längs der speziellen Adsorptionsfallenanordnung als Funktion der Durchflussgeschwindigkeit (bei Flüssigkeitsfallen möglicherweise nicht sehr zufriedenstellend).

In Vorversuchen oder durch Schätzungen bestimmt man die erforderliche Zeit zur Abscheidung der für die verschiedenen Bestimmungsmethoden benötigten Substanzmenge. Als Alternative zur Dampfabscheidung mit anschließender Analyse lassen sich Online-Analysenmethoden (z. B. die Chromatografie) einsetzen. Desgleichen sind Vorversuche zur Bestimmung der maximalen Durchflussgeschwindigkeit durchzuführen, bei der das Trägergas vollständig von dem Dampf der Substanz gesättigt wird, bevor der Dampfdruck bei einer gegebenen Temperatur berechnet wird. Zu diesem Zweck leitet man das Trägergas so langsam in die Sättigungssäule ein, dass sich für eine noch geringere Durchflussgeschwindigkeit kein größerer berechneter Dampfdruckwert ergibt.

Die verwendete Analysenmethode hängt von der Art der Prüfsubstanz ab (z. B. Gaschromatografie oder Gravimetrie).

Man bestimmt die Substanzmenge, die von einem bekannten Volumen an Trägergas mitgeführt wird.

1.6.6.3.   Bestimmung des Dampfdrucks

Der Dampfdruck berechnet sich aus der Dampfdichte W/V mit Hilfe folgender Gleichung:

Formula

Dabei bedeuten:

p

=

Dampfdruck (Pa)

W

=

verdampfte Prüfsubstanz (g)

V

=

Volumen des gesättigten Gases (m3)

R

=

universelle molare Gaskonstante (J mol-1 K-1)

T

=

Temperatur (K)

M

=

Molargewicht der Prüfsubstanz (g mol-1)

Die gemessenen Volumina müssen wegen der herrschenden Druck- und Temperaturdifferenzen zwischen dem Durchflussmesser und den mit Thermostaten beheizten Sättigungssäulen entsprechend umgerechnet werden. Ist der Durchflussmesser den Adsorptionsfallen nachgeschaltet, so muss mit entsprechenden Korrekturen dem möglicherweise verdampften Inhalt der Fallen Rechnung getragen werden (1).

1.6.7.   Rotormethode (8) (11) (13)

1.6.7.1.   Apparatur

Dieses Verfahren lässt sich mit einem Rotorviskositätsmessgerät, wie in Abbildung 8 dargestellt, durchführen. Eine schematische Darstellung der Versuchsanordnung ist in Abbildung 7 enthalten.

Die typische Messapparatur besteht aus einem in einem thermostatisierten Behälter angeordneten Sensorkopf (temperiert auf 0,1 oC). Auch das Probengefäß befindet sich in einem thermostatisierten Behälter (temperiert auf 0,01 oC). Um eine Kondensation zu vermeiden, werden alle anderen Teile der Anordnung auf einer höheren Temperatur gehalten. Eine Hochvakuum-Pumpe ist über Hochvakuum-Ventile mit dem System verbunden.

Der Sensorkopf besteht aus einer in einem Rohr angeordneten Stahlkugel (Durchmesser 4 bis 5 mm), die in einem Magnetfeld stabilisiert wird und normalerweise mit einer Kombination aus Permanentmagneten und Steuerspulen arbeitet.

Die Kugel wird durch über die Spulen erzeugte Drehfelder zum Rotieren gebracht. Mit Hilfe von Aufnahmespulen, die die stets vorhandene geringe laterale Magnetisierung der Kugel messen, lässt sich deren Drehgeschwindigkeit bestimmen.

1.6.7.2.   Messvorgang

Wenn die Kugel eine vorgegebene Drehgeschwindigkeit v(o) (im Allgemeinen etwa 400 U/s) erreicht hat, wird die weitere Energiezufuhr gestoppt, und es kommt auf Grund der Gasreibung zu einer Abbremsung.

Der Rückgang der Drehgeschwindigkeit wird in Abhängigkeit von der Zeit gemessen. Da die durch das Magnetfeld erzeugte Reibung im Vergleich zur Gasreibung vernachlässigbar ist, wird der Gasdruck p wie folgt angegeben:

Formula

Dabei bedeuten:

Formula

=

durchschnittliche Geschwindigkeit der Gasmoleküle

r

=

Radius der Kugel

p

=

Massendichte der Kugel

σ

=

Koeffizient der tangentialen Momentübertragung (σ = 1 für eine Kugel mit idealer Sphäre)

t

=

Zeit

v(t)

=

Drehgeschwindigkeit nach der Zeit t

v(o)

=

Anfangsdrehgeschwindigkeit.

Diese Gleichung kann auch wie folgt geschrieben werden:

Formula

wobei tn, tn-1 die für eine bestimmte Anzahl N von Umdrehungen erforderlichen Zeiten sind. Diese Zeitintervalle tn und tn-1 folgen aufeinander, und tn > tn-1.

Die durchschnittliche Geschwindigkeit des Gasmoleküls Formula wird durch folgende Gleichung angegeben:

Formula

Dabei bedeuten:

T

=

Temperatur

R

=

universelle molare Gaskonstante

M

=

Molargewicht

2.   DATEN

Dampfdruckbestimmungen mit einer der vorstehend beschriebenen Methoden sollten bei mindestens zwei Temperaturen vorgenommen werden. Bevorzugt werden drei oder mehr Bestimmungen im Bereich von 0 oC bis 50 oC, um den Verlauf der Dampfdruckkurve zu überprüfen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendetes Verfahren,

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen), ggf. Vorreinigung,

mindestens zwei Dampfdruck- und Temperaturwerte, vorzugsweise im Bereich 0 oC bis 50 oC,

sämtliche Rohdaten,

eine log-p-gegen-1/T-Kurve,

der geschätzte Dampfdruckwert bei 20 oC oder 25 oC.

Wird eine Zustandsänderung (Phasenübergang, Zersetzung) festgestellt, sollten folgende Angaben notiert werden:

Art der Veränderung,

Temperatur bei Atmosphärendruck, bei der die jeweilige Veränderung auftritt,

Dampfdruckwerte bei 10 oC und 20 oC unter- und oberhalb des Punktes, bei dem die Zustandsänderung eintritt (es sei denn, es liegt ein Übergang vom festen in den gasförmigen Zustand vor).

Alle zur Bewertung der Ergebnisse notwendigen Informationen und Bemerkungen sind zu notieren, insbesondere diejenigen über Verunreinigungen und den Aggregatzustand des Stoffes.

4.   LITERATUR

(1)

OECD, Paris, 1981, Test Guideline 104, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2)

Ambrose, D. B. Le Neindre, B. Vodar, (Hrsg.): Experimental Thermodynamics, Butterworths, London, 1975, Vol. II.

(3)

R. Weissberger (Hrsg.): Technique of organic Chemistry, Physical Methods of Organic Chemistry, 3rd ed., Chapter IX, Interscience Publ. New York, 1959, vol. I, Part I.

(4)

Knudsen, M.: Ann. Phys. Lpz., 1909, vol. 29, 1979; 1911, vol. 34, 593.

(5)

NF T 20-048 AFNOR (Sept. 85). Chemical products for industrial use — Determination of vapour pressure of solids and liquids within range from 10-1 to 105 Pa — Static method.

(6)

NF T 20-047 AFNOR (Sept. 85). Chemical products for industrial use — Determination of vapour pressure of solids and liquids within range from 10-3 to 1 Pa — Vapour pressure balance method.

(7)

ASTM D 2879-86, Standard test method for vapour pressure-temperature relationship and initial decomposition temperature of liquids by isoteniscope.

(8)

G. Messer, P. Röhl, G. Grosse und W. Juschin. J. Vac. Sci. Technol., (A), 1987, vol. 5 (4), 2440.

(9)

Ambrosc, D.; Lawrenson, I.J.; Sprake, C.H.S. J. Chem. Thermodynamics 1975, vol. 7, 1173.

(10)

B.F. Rordorf. Thermochimica Acta, 1985, vol. 85, 435.

(11)

G. Comsa, J.K. Fremerey und B. Lindenau. J. Vac. Sci. Technol., 1980, vol. 17 (2), 642.

(12)

G. Reich. J. Vac. Sci. Technol., 1982, vol. 20 (4), 1148.

(13)

J.K. Fremerey. J. Vac. Sci. Technol., (A), 1985, vol. 3 (3), 1715.

Anlage 1

Schätzverfahren

EINLEITUNG

Berechnete Dampfdruckwerte können verwendet werden,

um zu entscheiden, welches der experimentellen Verfahren geeignet ist;

um einen Schätz- oder Grenzwert in den Fällen zur Verfügung zu haben, in denen das experimentelle Verfahren aus technischen Gründen nicht anwendbar ist (darunter in solchen, bei denen der Dampfdruck sehr niedrig ist);

um diejenigen Falle herauszufinden, bei denen der Verzicht auf eine experimentelle Messung gerechtfertigt ist, weil der Dampfdruck bei Raumtemperatur wahrscheinlich < 10-5 Pa ist.

SCHÄTZVERFAHREN

Der Dampfdruck von Flüssigkeiten und Feststoffen lässt sich durch Verwendung der modifizierten Watson-Korrelation abschätzen (a). Die einzige experimentelle Angabe, die benötigt wird, ist der Normal-Siedepunkt. Die Methode lässt sich über den Druckbereich von 105 Pa bis 10-5 Pa einsetzen.

Ausführliche Angaben über die Methode sind dem „Handbook of Chemical Property Estimation Methods“(b) zu entnehmen.

BERECHNUNGSVERFAHREN

Nach (b) wird der Dampfdruck wie folgt berechnet:

Formula

Dabei bedeuten:

T

=

interessierende Temperatur

Tb

=

Normal-Siedepunkt

Pvp

=

Dampfdruck bei Temperatur T

ΔHvb

=

Verdampfungswärme

ΔZb

=

Kompressibilitätsfaktor (geschätzt auf 0,97)

m

=

empirischer Faktor, abhängig vom Aggregatzustand bei der Temperatur T

Weiter gilt:

Formula

wobei KF ein empirischer Faktor ist, der die Polarität der Substanz berücksichtigt. In (b) sind die KF-Faktoren für verschiedene Arten von Substanzen aufgelistet.

Sehr häufig liegen Daten vor, bei denen ein Siedepunkt bei reduziertem Druck angegeben ist. In einem solchen Fall wird der Dampfdruck nach (b) wie folgt errechnet:

Formula

wobei T1 der Siedepunkt bei dem reduzierten Druck P1 ist.

ABSCHLUSSBERICHT

Bei Anwendung des Abschätzverfahrens ist dem Bericht eine ausführliche Dokumentation zur Art der Berechnung beizufügen.

LITERATUR

(a)

K.M. Watson, Ind. Eng. Chem., 1943, vol. 35, 398.

(b)

W.J. Lyman, W.F. Reehl, D.H. Rosenblatt. Handbook of Chemical Property Estimation Methods, McGraw-Hill, 1982.

Anlage 2

Abbildung 1

Apparatur zur Bestimmung der Dampfdruckkurve nach der dynamischen Methode

Image

Abbildung 2a

Apparatur zur Bestimmung der Dampfdruckkurve nach der statischen Methode (unter Verwendung eines U-Rohr-Manometers)

Image

Abbildung 2b

Apparatur zur Bestimmung der Dampfdruckkurve nach der statischen Methode (unter Verwendung eines Druckaufnehmers)

Image

Abbildung 3

Isoteniskop (siehe (7))

Image

Abbildung 4

Apparatur zur Bestimmung der Dampfdruckkurve mit der Dampfdruckwaage

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Abbildung 5

Beispiel einer Apparatur zur Verdampfung bei niedrigem Druck nach der Effusionsmethode — Effusionszellvolumen: 8 cm3

Image

Abbildung 6a

Beispiel für ein Durchflusssystem zur Bestimmung des Dampfdrucks mit der Gassättigungsmethode

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Abbildung 6b

Beispiel für ein System zur Bestimmung des Dampfdrucks mit der Gassättigungsmethode — unter Verwendung eines der Sättigungskammer nachgeschalteten Kapillarröhrchens

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Abbildung 7

Beispiel für eine Versuchsanordnung mit dem Hochgeschwindigkeitsrotor

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Abbildung 8

Beispiel für einen Hochgeschwindigkeitsrotor-Messkopf

Image

A.5.   OBERFLÄCHENSPANNUNG

1.   METHODEN

Den meisten der hier beschriebenen Methoden liegt die OECD-Prüfrichtlinie (1) zugrunde. Die Grundprinzipien sind in (2) angegeben.

1.1.   EINLEITUNG

Die hier beschriebenen Methoden sind zur Messung der Oberflächenspannung wässriger Lösungen anzuwenden.

Zweckdienlich ist, dass vor der Durchführung dieser Prüfungen Vorabinformationen über die Wasserlöslichkeit, die Struktur, die Hydrolyseeigenschaften und die kritische Konzentration für Mizellbildung des Stoffes vorliegen.

Die nachstehenden Methoden können für die meisten chemischen Substanzen ohne Einschränkung in Bezug auf ihren Reinheitsgrad angewendet werden.

Die Messung der Oberflächenspannung nach der Ringmethode beschränkt sich auf wässrige Lösungen mit einer dynamischen Viskosität unter ca. 200 mPa s.

1.2.   DEFINITION UND EINHEITEN

Die freie Oberflächenenthalpie pro Oberflächeneinheit bezeichnet man als Oberflächenspannung.

Die Oberflächenspannung wird in folgenden Einheiten angegeben:

N/m (SI-Einheit) oder

mN/m (SI-Untereinheit)

1 N/m = 103 dyn/cm

1 mN/m = 1 dyn/cm im veralteten CGS-System

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Prüfsubstanz untersucht wird. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

Referenzsubstanzen, die einen weiten Bereich von Oberflächenspannungen abdecken, sind in der Literatur (1) (3) aufgeführt.

1.4.   PRINZIP DER METHODEN

Gemessen wird die maximale Kraft, die in vertikaler Richtung auf einen Bügel oder einen Ring ausgeübt werden muss, um diesen aus seinem Kontakt mit der Oberfläche der in ein Messgerät gefüllten Prüfflüssigkeit zu ziehen, bzw. die auf eine Platte ausgeübt werden muss, deren einer Rand in Kontakt mit der Oberfläche steht, um den gebildeten Film hochzuziehen.

Stoffe, die mindestens in einer Konzentration von 1 mg/l in Wasser löslich sind, werden in wässriger Lösung in einer einzigen Konzentration geprüft.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Genauigkeit dieser Methoden überschreitet wahrscheinlich alle Kontrollerfordernisse des Umweltschutzes.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODEN

Eine Lösung der Prüfsubstanz wird in destilliertem Wasser zubereitet. Die Konzentration dieser Lösung sollte bei 90 % der Sättigungslöslichkeit der Substanz in Wasser liegen; wenn diese Konzentration höher liegt als 1 g/l, wird für die Prüfung eine Konzentration von 1 g/l verwendet. Substanzen mit einer Wasserlöslichkeit unter 1 mg/1 brauchen nicht geprüft zu werden.

1.6.1.   Plattenmethode

Siehe ISO 304 und NF T 73-060 (Surface active agents — determination of surface tension by drawing up liquid films).

1.6.2.   Bügelmethode

Siehe ISO 304 und NF T 73-060 (Surface active agents — determination of surface tension by drawing up liquid films).

1.6.3.   Ringmethode

Siehe ISO 304 und NF T 73-060 (Surface active agents — determination of surface tension by drawing up liquid films).

1.6.4.   OECD-Ringmethode

1.6.4.1.   Apparatur

Zur Ausführung der in Betracht kommenden Messungen eignen sich handelsübliche Tensiometer. Sie bestehen aus folgenden Teilen:

einem beweglichen Probentisch,

einem Kraftmesssystem,

einem Messkörper (Ring),

einem Messgefäß.

1.6.4.1.1.   Beweglicher Probentisch

Der bewegliche Probentisch dient als Untersatz für das thermostatisierte Messgefäß, in welchem sich die zu untersuchende Flüssigkeit befindet. Er ist zusammen mit dem Kraftmesssystem auf ein Stativ montiert.

1.6.4.1.2.   Kraftmesssystem

Das Kraftmesssystem (siehe Abbildung) befindet sich über dem Probentisch. Der Fehler der Kraftmessung sollte einen Wert von ± 10-6 N nicht übersteigen, was einer Fehlergrenze von ±0,1 mg bei der Massenbestimmung entspricht. In den meisten Fällen erfolgt die Einteilung der Messskala handelsüblicher Tensiometer in mN/m, so dass die Oberflächenspannung direkt in mN/m mit einer Genauigkeit von 0,1 mN/m abgelesen werden kann.

1.6.4.1.3.   Messkörper (Ring)

Üblicherweise wird der Ring aus Platin-Iridium-Draht mit einer Stärke von etwa 0,4 mm und einem mittleren Umfang von 60 mm hergestellt. Der Drahtring ist horizontal mittels einer Befestigungsgabel aus Draht und einem Metallstift aufgehängt, welche die Verbindung zum Kraftmesssystem darstellen (siehe Abbildung).

Abbildung

Messkörper

(alle Abmessungen in mm)

Image

1.6.4.1.4.   Messgefäß

Zur Aufnahme der Prüflösung bei den Messungen sollte ein thermostatisiertes Glasgefäß benutzt werden. Die Anordnung sollte so ausgelegt werden, dass während der Messung die Temperatur sowohl der Prüflösung wie auch die der sich über deren Oberfläche befindlichen Gasphase konstant bleiben und die Probe nicht verdampfen kann. Hierfür sollten zylindrische Glasgefäße mit einem Innendurchmesser von nicht weniger als 45 mm zur Anwendung kommen.

1.6.4.2.   Vorbereitung der Apparatur

1.6.4.2.1.   Reinigung

Die Glasgefäße müssen sorgfältig gereinigt werden. Falls notwendig, sollten sie mit heißer Chromschwefelsäure und anschließend mit sirupartiger Phosphorsäure (83 bis 98 Gew.- % H3PO4) gewaschen, sorgfältig mit Leitungswasser gespült und schließlich nochmals mit doppelt destilliertem Wasser ausgewaschen werden, bis man eine neutrale Reaktion erhält. Daraufhin trocknet man das Gefäß oder spült es mit der zu untersuchenden Probenlösung aus.

Der Ring sollte zunächst sorgfältig mit Wasser abgewaschen werden, um alle wasserlöslichen Substanzen zu entfernen. Anschließend wird er kurzzeitig in Chromschwefelsäure getaucht, in doppelt destilliertem Wasser bis zur neutralen Reaktion gespült und schließlich kurz über einer Methanolflamme erhitzt.

Anmerkung

Verunreinigungen durch Substanzen, die weder durch Chromschwefelsäure noch Phosphorsäure gelöst oder zersetzt werden, wie beispielsweise Silikone, sind mittels geeigneter organischer Lösungsmittel zu entfernen.

1.6.4.2.2.   Eichung der Apparatur

Die Validierung der Apparatur besteht in einer Überprüfung des Nullpunktes. Dieser sollte so eingestellt werden, dass die Instrumentenanzeige eine zuverlässige Bestimmung in mN/m zulässt.

Aufstellung

Das Gerät muss waagerecht aufgestellt werden, was sich beispielsweise unter Zuhilfenahme einer Wasserwaage, die man auf die Grundplatte des Tensiometers legt, und entsprechender Einstellungen mit den dort vorgesehenen Stellschrauben erzielen lässt.

Nullpunkteinstellung

Nach der Befestigung des Rings an der Apparatur und vor dem Eintauchen in die Flüssigkeit sind der Nullpunkt der Tensiometeranzeige einzustellen und die Parallelität des Rings zur Flüssigkeitsoberfläche zu überprüfen. Dazu kann man die Flüssigkeitsoberfläche als Spiegel benutzen.

Eichen

Das eigentliche Eichen vor den Untersuchungen lässt sich auf zweierlei Weise durchführen:

a)

Benutzung einer Masse: Bei diesem Verfahren verwendet man Reiter bekannter Masse zwischen 0,1 g und 1,0 g, die auf diesem Ring angebracht werden. Der Eichfaktor Φa, mit dem alle am Instrument abgelesenen Werte multipliziert werden müssen, lässt sich entsprechend der Gleichung (1) bestimmen:

Formula

(1)

Hierbei ist:

Formula (mN/m)

m

=

Masse des Reiters

g

=

Erdbeschleunigung (981 cm s-2 in Meereshöhe)

b

=

mittlerer Umfang des Rings (cm)

σa

=

abgelesener Wert am Tensiometer nach dem Anbringen des Reiters auf dem Ring (mN/m)

b)

Verwendung von Wasser: Bei diesem Verfahren benutzt man reines Wasser, dessen Oberflächenspannung bei 23 oC einen Wert von 72,3 mN/m besitzt. Dieses Verfahren ist bei weitem schneller durchführbar als die Eichung mit Gewichten, doch läuft man hierbei immer Gefahr, dass die Oberflächenspannung des Wassers durch Spurenverunreinigungen mit oberflächenaktiven Substanzen verfälscht wird.

Der Eichfaktor Φb, mit dem alle am Instrument abgelesenen Werte multipliziert werden müssen, lässt sich entsprechend der Gleichung (2) bestimmen:

Formula

(2)

Hierbei ist:

`

σo

=

angegebener Literaturwert für die Oberflächenspannung von Wasser (mN/m)

σg

=

gemessener Wert der Oberflächenspannung von Wasser (mN/m) beide bei der gleichen Temperatur.

1.6.4.3.   Vorbereitung der Proben

Von den zu untersuchenden Substanzen sind wässrige Lösungen in den erforderlichen Konzentrationen herzustellen. Die Lösungen dürfen keine ungelösten Bestandteile enthalten.

Die Lösung ist bei konstanter Temperatur zu halten (±0,5 oC). Da sich die Oberflächenspannung der im Messbehälter befindlichen Lösung im Verlauf der Zeit verändert, sollten Messungen zu verschiedenen Zeitpunkten vorgenommen und entsprechend eine Kurve erstellt werden, die die Oberflächenspannung in Abhängigkeit von der Zeit darstellt. Ein Gleichgewichtszustand ist erreicht, sobald keine weiteren Änderungen auftreten.

Verschmutzung durch Staub oder gasförmige Substanzen beeinträchtigt die Messung. Aus diesem Grunde sollten die Arbeiten unter einer Schutzhaube vorgenommen werden.

1.6.5.   Prüfbedingungen

Die Messungen sind bei etwa 20 oC auszuführen, und die Temperaturkonstanz sollte mit ±0,5 oC eingehalten werden.

1.6.6.   Durchführung der Prüfung

Die zu messenden Lösungen werden in das sorgfältig gereinigte Messgefäß gefüllt, wobei darauf geachtet werden sollte, Schaumbildung zu vermeiden. Anschließend wird das Messgefäß auf den Tisch der Testapparatur gestellt. Das Tischoberteil mit dem Messgefäß wird nun so weit hochgeschraubt, bis der Ring unter die Oberfläche der zu messenden Lösung taucht. Daraufhin wird das Tischoberteil langsam und gleichmäßig abgesenkt (mit einer Geschwindigkeit von ca. 0,5 cm/min), um den Ring aus der Oberfläche herauszuziehen, bis ein maximaler Wert der Kraft erreicht ist. Der am Ring haftende Flüssigkeitsfilm darf nicht von ihm abreißen. Nach Beendigung der Messung wird der Ring wieder unter die Oberfläche getaucht und der Vorgang wiederholt, bis ein konstanter Wert der Oberflächenspannung erreicht ist. Bei jeder Bestimmung sollte die Zeitmessung mit dem Einfüllen der Lösung in das Messgefäß beginnen. Die Ablesung erfolgt jeweils zu dem Zeitpunkt, bei dem die Maximalkraft beim Herausziehen des Rings aus der Flüssigkeitsoberfläche erreicht ist.

2.   DATEN

Zur Berechnung der Oberflächenspannung wird zunächst der in mN/m an der Apparatur abgelesene Wert mit dem Eichfaktor Φa oder Φb (je nach dem verwendeten Eichverfahren) multipliziert. Man erhält einen Wert, der jedoch nur annähernd gilt und infolgedessen einer Korrektur bedarf.

Harkins und Jordan (4) haben empirische Korrekturfaktoren für Oberflächenspannungswerte bestimmt, die mit der Ringmethode gemessen wurden. Diese Faktoren sind von den Ringdimensionen, der Dichte der Flüssigkeit und ihrer Oberflächenspannung abhängig.

Da es umständlich ist, für jede einzelne Messung den Korrekturfaktor aus den Tabellen von Harkins und Jordan zu bestimmen, um die Oberflächenspannung wässriger Lösungen zu berechnen, kann eine vereinfachte Methode angewandt werden, die darin besteht, die korrigierten Werte für die Oberflächenspannung direkt aus der nachstehenden Tabelle abzulesen. (Für Ablesewerte, die zwischen den Tabellenwerten liegen, ist eine Interpolation möglich.)

Tabelle

Korrektur der gemessenen Oberflächenspannungswerte

Nur für wässrige Lösungen, ρ = 1 g/cm3

R

= 9,55 mm (mittlerer Ringradius)

r

= 0,185 mm (Radius des Ringdrahtes)


Experimenteller Wert (mN/m)

Korrigierter Wert (mN/m)

Eichung mit Gewichten (vgl. 1.6.4.2.2 a)

Eichung mit Wasser (vgl.1.6.4.2.2 b)

20

16,9

18,1

22

18,7

20,1

24

20,6

22,1

26

22,4

24,1

28

24,3

26,1

30

26,2

28,1

32

28,1

30,1

34

29,9

32,1

36

31,8

34,1

38

33,7

36,1

40

35,6

38,2

42

37,6

40,3

44

39,5

42,3

46

41,4

44,4

48

43,4

46,5

50

45,3

48,6

52

47,3

50,7

54

49,3

52,8

56

51,2

54,9

58

53,2

57,0

60

55,2

59,1

62

57,2

61,3

64

59,2

63,4

66

61,2

65,5

68

63,2

67,7

70

65,2

69,9

72

67,2

72,0

74

69,2

76

71,2

78

73,2

Die Zusammenstellung dieser Tabelle erfolgte auf der Grundlage der Harkins-Jordan-Korrekturen und entsprechend der DIN-Norm (DIN 53914) für Wasser und wässrige Lösungen (Dichte ρ = 1 g/cm3). Sie gilt für einen handelsüblichen Ring mit folgenden Abmessungen: R = 9,55 mm (mittlerer Ringradius) und r = 0,185 mm (Radius des Ringdrahtes). Die Tabelle enthält korrigierte Werte für Oberflächenspannungsmessungen nach einer Eichung entweder mit Gewichten oder mit Wasser.

Alternativ lässt sich die Oberflächenspannung ohne vorhergehende Eichung nach der folgenden Gleichung berechnen:

Formula

Hierbei ist:

F

=

die vom Kraftmesssystem angegebene Kraft beim Abreißen des Films

R

=

der Ringradius

f

=

der Korrekturfaktor (1)

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendete Methode,

Art des verwendeten Wassers oder der verwendeten Lösung,

genaue Spezifizierung der Substanz (Identifizierung und Verunreinigungen),

Messergebnisse: abgelesene Oberflächenspannungswerte mit Angabe sowohl der Einzelmesswerte und ihres arithmetischen Mittels wie auch des korrigierten Mittelwertes (wobei der Eichfaktor und die Korrekturtabelle berücksichtigt werden),

die Konzentration der Lösung,

die Prüftemperatur,

das Alter der untersuchten Lösung, insbesondere die Zeitspanne zwischen Zubereitung und Messung der Lösung,

die Darstellung der Zeitabhängigkeit der Oberflächenspannung nach Einfüllen der Lösung in das Messgefäß,

alle für die Auswertung der Ergebnisse sachdienlichen Informationen und Bemerkungen, insbesondere in Bezug auf Verunreinigungen und Aggregatzustand des Stoffes.

3.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Ausgehend davon, dass destilliertes Wasser bei 20 oC eine Oberflächenspannung von 72,75 mN/m hat, sollten Stoffe mit einer Oberflächenspannung unter 60 mN/m unter den Bedingungen dieses Verfahrens als oberflächenaktiv betrachtet werden.

4.   LITERATUR

(1)

OECD, Paris, 1981, Test Guideline 115, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2)

R. Weissberger (Hrsg.), Technique of Organic Chemistry, Physical Methods of Organic Chemistry, 3rd ed., Interscience Publ., New York, 1959, Vol. I, Part I, Chapter XIV.

(3)

Pure Appl. Chem., 1976, Vol. 48, 511.

(4)

Harkins, W.D., Jordan, H.F., J. Amer. Chem. Soc, 1930, Vol. 52, 1751.

A.6.   WASSERLÖSLICHKEIT

1.   METHODEN

Den hier beschriebenen Methoden liegt die OECD-Prüfrichtlinie (1) zugrunde.

1.1.   EINLEITUNG

Vor Durchführung dieser Prüfung sollten Vorinformationen über die Strukturformel, den Dampfdruck, die Dissoziationskonstante und das Hydrolyseverhalten (als Funktion des pH-Wertes) des Stoffes vorliegen.

Für den gesamten Bereich der Wasserlöslichkeit reicht eine einzige Methode nicht aus.

Die beiden nachstehend beschriebenen Prüfmethoden decken den gesamten Bereich der Löslichkeiten ab, eignen sich jedoch nicht für flüchtige Stoffe:

eine Prüfmethode für im Wesentlichen reine Substanzen geringer Löslichkeit (< 10-2 g/l), die in Wasser stabil sind; diese Methode wird als „Säulen-Elutions-Methode“ bezeichnet.

Die andere Prüfmethode eignet sich für im Wesentlichen reine Stoffe höherer Löslichkeit (> 10-2 g/l), die in Wasser stabil sind; diese Methode wird als „Kolben-Methode“ bezeichnet.

Die Wasserlöslichkeit der Prüfsubstanz kann durch Verunreinigungen erheblich beeinflusst werden.

1.2.   DEFINITION UND EINHEITEN

Die Wasserlöslichkeit einer Substanz wird durch ihre Massen-Sättigungskonzentration in Wasser bei einer bestimmten Temperatur angegeben. Die Wasserlöslichkeit wird in Masseneinheiten pro Lösungsvolumen angegeben. Die SI-Einheit ist kg/m3 (g/l kann auch benutzt werden).

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Prüfsubstanz untersucht wird. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die ungefähre Probenmenge und die zum Erreichen der Sättigungskonzentration notwendige Zeit sollen in einem einfachen Vorversuch bestimmt werden.

1.4.1.   Säulen-Elutions-Methode

Diese Methode basiert auf der Elution einer Prüfsubstanz mit Wasser aus einer Mikrosäule, die mit einem inerten Trägermaterial wie Glaskugeln oder Sand gefüllt ist, welches mit einem Überschuss an Prüfsubstanz beschichtet ist. Die Wasserlöslichkeit wird bestimmt, wenn die Massenkonzentrationen aufeinander folgender Eluatfraktionen konstant sind. Dies zeigt sich in einem Konzentrationsplateau in Abhängigkeit von der Zeit.

1.4.2.   Kolben-Methode

Bei dieser Methode wird die Substanz (Feststoffe müssen pulverisiert werden) bei einer Temperatur in Wasser aufgelöst, die leicht über der Prüftemperatur liegt. Wenn die Sättigung erreicht ist, wird die Lösung abgekühlt und bei der Prüftemperatur gehalten. Die Lösung wird gerührt, bis das Gleichgewicht erreicht ist. Alternativ kann die Messung unmittelbar bei der Prüftemperatur durchgeführt werden, wenn durch entsprechende Probenahme gesichert ist, dass das Sättigungsgleichgewicht erreicht ist. Dann wird die Konzentration der Prüfsubstanz in der wässrigen Lösung, die keine ungelösten Substanzteilchen enthalten darf, mit einer geeigneten Analysenmethode bestimmt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.5.1.   Wiederholbarkeit

Bei der Säulen-Elutions-Methode ist eine Wiederholbarkeit von < 30 % erreichbar. Bei der Kolben-Methode sollte sie bei < 15 % liegen.

1.5.2.   Empfindlichkeit

Sie hängt von der Analysenmethode ab. Es können jedoch Massenkonzentrationen bis hinunter zu 10-6 g/l bestimmt werden.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Prüfbedingungen

Die Prüfung wird vorzugsweise bei 20 oC ±0,5 oC durchgeführt. Wenn eine Temperaturabhängigkeit der Wasserlöslichkeit > 3 %/ oC vorzuliegen scheint, wird bei zwei weiteren Temperaturen, die mindestens 10 oC unter und über der ursprünglich gewählten Temperatur liegen, ebenfalls gemessen. In diesem Fall sollte die Temperaturkonstanz bei ±0,1 oC liegen. Die gewählte Temperatur soll in den wichtigen Teilen der Apparatur konstant gehalten werden.

1.6.2.   Vorversuch

Etwa 0,1 g der Probe (feste Substanzen müssen pulverisiert sein) werden in einem mit Glasstopfen verschließbaren 10-ml-Messzylinder gegeben. Gemäß der Tabelle wird portionsweise destilliertes Wasser von Raumtemperatur zugesetzt.

0,1 g lösliche Substanz in „x“ Wasser

0,1

0,5

1

2

10

100

>100

Ungefähre Löslichkeit (g/l)

>1 000

1 000-200

200-100

100-50

50-10

10-1

<1

Nach jedem Zusatz der in der Tabelle angegebenen Wassermenge wird die Mischung 10 Minuten kräftig geschüttelt und mit bloßem Auge auf ungelöste Teilchen untersucht. Wenn nach Zusatz von 10 ml Wasser die Probe oder Teile von ihr ungelöst bleiben, ist der Versuch in einem 100-ml-Messzylinder mit größeren Mengen Wasser zu wiederholen. Bei geringer Löslichkeit kann die zur Auflösung einer Substanz erforderliche Zeit erheblich länger sein (bis zu 24 Stunden). Die ungefähre Löslichkeit ist in der Tabelle angegeben, und zwar unter dem Volumen des zur vollständigen Auflösung der Probe notwendigen Wassers. Ist die Substanz noch immer nicht vollständig gelöst, sollte der Versuch länger als 24 Stunden (maximal 96 Stunden) durchgeführt oder es sollte weiter verdünnt werden, um festzustellen, ob entweder die Säulen-Elutions- oder die Kolben-Methode zu benutzen ist.

1.6.3.   Säulen-Elutions-Methode

1.6.3.1.   Trägermaterial, Lösungsmittel und Eluent

Das Trägermaterial für das Säulen-Elutions-Verfahren muss inert sein. Geeignete Trägermaterialien sind Glaskugeln und Sand. Zur Aufbringung der Prüfsubstanz auf das Trägermaterial sollte ein geeignetes flüchtiges und analytisch reines Lösungsmittel benutzt werden. Als Eluent wird in einer Glas- oder Quarz-Apparatur doppelt destilliertes Wasser verwendet.

Anmerkung

Direkt aus einem organischen Ionenaustauscher entnommenes Wasser sollte nicht benutzt werden.

1.6.3.2.   Aufbringung auf das Trägermaterial

Etwa 600 mg Trägermaterial werden abgewogen und in einen 50-ml-Rundkolben eingefüllt.

Eine geeignete Menge Prüfsubstanz wird abgewogen und in dem vorgesehenen Lösungsmittel gelöst. Eine ausreichende Menge dieser Lösung wird zum Trägermaterial hinzugefügt. Das Lösungsmittel muss vollständig abgezogen werden, z. B. in einem Rotationsverdampfer, da sonst wegen Verteilungseffekten auf der Oberfläche des Trägermaterials keine vollständige Sättigung dieses Materials mit Wasser erzielt wird.

Das Aufbringen der Prüfsubstanz auf das Trägermaterial kann problematisch werden (fehlerhafte Ergebnisse), wenn sich die Prüfsubstanz ölartig oder als eine andere Kristallphase auf dem Träger niederschlägt. Dieser Sachverhalt sollte experimentell untersucht und Einzelheiten dazu mitgeteilt werden.

Das beladene Trägermaterial lässt man etwa 2 Stunden lang in etwa 5 ml Wasser quellen. Dann wird die Suspension in die Mikrosäule gefüllt. Es ist auch möglich, das trockene, beladene Trägermaterial in die Mikrosäule zu füllen, die zuvor mit Wasser gefüllt wurde. Auch hier wird der Quellvorgang von etwa 2 Stunden abgewartet.

Weitere Versuchsdurchführung

Die Elution der Prüfsubstanz vom Trägermaterial kann auf zwei verschiedene Arten vorgenommen werden:

mit einer Umwälzpumpe (siehe Abbildung 1),

mit einem Niveaugefäß (siehe Abbildung 4).

1.6.3.3.   Säulen-Elution mit der Umwälzpumpe

Apparatur

Abbildung 1 zeigt die schematische Darstellung eines typischen Systems. Eine geeignete Mikrosäule ist in Abbildung 2 dargestellt. Allerdings ist jede andere Größe ebenfalls akzeptabel, vorausgesetzt, sie erfüllt die Kriterien der Vergleichbarkeit und Empfindlichkeit. Der Kopfraum der Säule sollte die Größe von mindestens fünf Säulenbett-Volumina Wasser haben und mindestens fünf Proben aufnehmen können. Der Kopfraum kann kleiner gehalten werden, wenn die anfänglich mit den Verunreinigungen entnommenen fünf Säulenbett-Volumina durch Nachfüllen von Lösungsmittel ersetzt werden.

Die Säule sollte mit einer Umwälzpumpe verbunden werden, die einen Fluss von etwa 25 ml/h fördert. Die Pumpe wird mit Polytetrafluorethylen-Schläuchen (PTFE) und/oder Glasrohren angeschlossen. Bei der aus Säule und Pumpe zusammengesetzten Apparatur soll eine Möglichkeit zur Entnahme von Eluatproben und zum Druckausgleich des Kopfraumes mit der Atmosphäre vorgesehen sein. Das beladene Trägermaterial wird durch einen kleinen (5 mm) Pfropfen aus Glaswolle in der Säule gehalten, der gleichzeitig zum Herausfiltern von Partikeln dient. Die Umwälzpumpe kann z. B. eine Schlauch- oder eine Membranpumpe sein. (Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht zu einer Verunreinigung und/oder Absorption durch das Schlauchmaterial kommt.)

Messverfahren

Der Säulenfluss wird in Gang gesetzt. Eine Durchflussleistung von etwa 25 ml/h wird empfohlen (etwa 10 Säulenbett-Volumina/h bei der beschriebenen Säule). Die ersten fünf Säulenbett-Volumina (mindestens) werden verworfen, um wasserlösliche Verunreinigungen zu entfernen. Danach lässt man die Umwälzpumpe bis zur Einstellung des Gleichgewichts laufen. Das Gleichgewicht ist erreicht, wenn bei fünf aufeinander folgenden Proben die Konzentrationen um nicht mehr als ± 30 % streuen. Diese Proben sollten in solchen zeitlichen Abständen genommen werden, in denen mindestens 10 Säulenbett-Volumina der Lösung die Säule durchlaufen haben.

1.6.3.4.   Säulen-Elution mit dem Niveaugefäß

Apparatur (siehe Abbildungen 3 und 4)

Niveaugefäß: Der Anschluss des Niveaugefäßes wird mit einem Glasschliff-Verbindungsstück vorgenommen, das mit einem PTFE-Schlauch verbunden ist. Eine Durchflussrate von ca. 25 ml/h wird empfohlen. Aufeinander folgende Eluatfraktionen werden gesammelt und ihre Konzentrationen mit der gewählten Analysenmethode bestimmt.

Messverfahren:

Diejenigen Fraktionen des mittleren Eluatbereichs, bei denen die Konzentrationen in mindestens fünf aufeinander folgenden Proben konstant bleiben (± 30 %), werden zur Bestimmung der Wasserlöslichkeit benutzt.

In beiden Fällen (bei Verwendung einer Umlaufpumpe ebenso wie bei Verwendung eines Niveaugefäßes) wird ein zweiter Durchlauf mit halber Durchflussrate durchgeführt. Stimmen die Ergebnisse der beiden Versuche überein, wird das Prüfergebnis als zufriedenstellend betrachtet. Ist die Löslichkeit bei dem niedrigeren Durchfluss höher, muss die Durchflussleistung weiterhin so lange halbiert werden, bis zwei aufeinander folgende Versuchsdurchläufe die gleiche Löslichkeit ergeben.

In beiden Fällen (sowohl mit Umwälzpumpe als auch mit dem Niveaugefäß) sollten die Fraktionen durch Prüfung des Tyndall-Effekts (Lichtstreuung) auf kolloidale Substanzpartikel untersucht werden. Wenn solche Substanzpartikel in der Lösung vorkommen, ist das Prüfergebnis unbrauchbar. Die Prüfung sollte dann wiederholt werden, nachdem die Filterfunktion der Säule verbessert wurde.

Der pH-Wert jeder Probe sollte aufgenommen werden. Ein zweiter Durchlauf sollte bei der gleichen Temperatur durchgeführt werden.

1.6.4.   Kolben-Methode

1.6.4.1.   Geräte

Für die Kolbenmethode braucht man folgende Geräte:

übliche Laborglasgeräte und -instrumente,

eine Vorrichtung zum Schütteln der Lösungen bei konstanter Temperatur,

eine Zentrifuge (möglichst thermostatisiert), falls diese bei Emulsionen erforderlich wird,

Geräte für analytische Bestimmungen.

1.6.4.2.   Messverfahren

Die zur Sättigung des vorgegebenen Wasservolumens erforderliche Prüfsubstanzmenge wird anhand der Ergebnisse des Vorversuches abgeschätzt. Das erforderliche Wasservolumen hängt von der Analysenmethode sowie dem Löslichkeitsbereich ab. Etwa fünfmal soviel Prüfsubstanz wie die geschätzte Menge wird jeweils in drei mit Glasstopfen versehene Glasgefäße eingefüllt (z. B. Zentrifugenröhrchen oder Kolben). Das gewählte Wasservolumen wird allen Gefäßen zugesetzt, die daraufhin fest verschlossen werden. Die geschlossenen Gefäße werden dann bei 30 oC geschüttelt (dazu sollte ein Schüttel- oder Rührgerät, das bei konstanter Temperatur arbeitet, verwendet werden, z. B. magnetisches Rühren in einem thermostatisierten Wasserbad). Nach einem Tag wird eines der Gefäße entnommen und 24 Stunden unter gelegentlichem Schütteln bei Prüftemperatur stehen gelassen, bis sich das Gleichgewicht wieder eingestellt hat. Dann wird der Inhalt des Gefäßes bei Prüftemperatur zentrifugiert und die Konzentration der Prüfsubstanz in der klaren wässrigen Phase mit einem geeigneten Analysenverfahren bestimmt. Mit den beiden anderen Kolben wird nach zwei bzw. drei Tagen genauso verfahren, nachdem zuvor das Sättigungsgleichgewicht bei 30 oC eingestellt wurde. Entsprechen die Prüfergebnisse — mindestens die der beiden letzten Kolben — der geforderten Wiederholbarkeit, ist die Prüfung als zufriedenstellend anzusehen. Die gesamte Prüfung sollte unter Verlängerung der Zeiten für die Gleichgewichtseinstellung wiederholt werden, wenn die Prüfergebnisse der Kolben 1, 2 und 3 eine steigende Tendenz aufweisen.

Das Messverfahren kann auch ohne Präinkubation bei 30 oC durchgeführt werden. Um den Grad des erreichten Sättigungsgleichgewichts zu bestimmen, werden so lange Proben entnommen, bis die Konzentration der Prüflösung nicht länger von der Rührzeit beeinflusst wird.

Der pH-Wert jeder Probe sollte aufgenommen werden.

1.6.5.   Analyse

Für diese Bestimmungen ist eine substanzspezifische Analysenmethode vorzuziehen, da bereits kleine Mengen von löslichen Verunreinigungen große Fehler bei der Bestimmung der Löslichkeit verursachen können. Beispiele für solche Analysenmethoden sind: Gas- oder Flüssigkeitschromatografie, Titrierverfahren, fotometrische Methoden, voltametrische Verfahren.

2.   DATEN

2.1.   SÄULEN-ELUTIONS-METHODE

Es wird der Mittelwert von mindestens fünf aufeinander folgenden Proben aus dem Bereich des Sättigungsplateaus berechnet wie auch die Standardabweichung. Die Einheiten sollten in Masseneinheiten pro Lösungsvolumen angegeben werden.

Die für zwei Prüfungen mit unterschiedlichen Durchflussleistungen berechneten Mittelwerte sollten verglichen werden. Dabei sollte die Wiederholbarkeit bei unter 30 % liegen.

2.2.   KOLBEN-METHODE

Die einzelnen Ergebnisse sollten für jeden der drei Kolben angegeben werden. Diejenigen Ergebnisse, die als konstant angesehen werden (Wiederholbarkeit unter 15 %), sollten gemittelt und in Masseneinheiten pro Lösungsvolumen angegeben werden. Bei sehr hoher Löslichkeit (> 100 g/l) kann es notwendig sein, die Masseneinheiten mittels der Dichte in Volumeneinheiten umzuwandeln.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   SÄULEN-ELUTIONS-METHODE

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

die Ergebnisse des Vorversuchs,

genaue Spezifizierung der Substanz (Identität und Verunreinigungen),

die Konzentrationen, Durchflussraten und pH-Werte jeder Probe,

die Mittelwerte und Standardabweichungen von mindestens fünf Proben aus dem Bereich des Sättigungsplateaus eines jeden Versuchs,

den Durchschnittswert aus zwei aufeinander folgenden zufriedenstellenden Durchläufen,

die Temperatur des Wassers während des Sättigungsvorgangs,

das verwendete Analysenverfahren,

die Art des verwendeten Trägermaterials,

die Beladung des Trägermaterials

das verwendete Lösungsmittel,

ggf. Hinweise auf eine chemische Instabilität der Prüfsubstanz während des Prüfungsvorgangs und auf die hierfür angewendete Analysenmethode,

alle für die Auswertung der Ergebnisse sachdienlichen Informationen und Bemerkungen, insbesondere in Bezug auf Verunreinigungen und den Aggregatzustand des Stoffes.

3.2.   KOLBEN-METHODE

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

die Ergebnisse des Vorversuchs,

genaue Spezifizierung der Substanz (Identität und Verunreinigungen),

die einzelnen Analysenergebnisse und die Durchschnittswerte, wenn pro Kolben mehr als ein Wert bestimmt wurde,

der pH-Wert jeder Probe,

der Mittelwert von denjenigen Kolben, deren Ergebnisse übereinstimmen,

die Prüftemperatur,

das verwendete Analysenverfahren,

ggf. Hinweise auf eine chemische Instabilität der Prüfsubstanz während des Prüfungsvorgangs und auf die hierfür angewendete Analysenmethode,

alle für die Auswertung der Ergebnisse sachdienlichen Informationen und Bemerkungen, insbesondere in Bezug auf Verunreinigungen und den Aggregatzustand des Stoffes.

4.   LITERATUR

(1)

OECD, Paris, 1981, Test Guideline 105, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2)

NF T 20-045 (AFNOR) (Sept. 85). Chemical products for industrial use — Determination of water solubility of solids and liquids with low solubility — Column elution method.

(3)

NF T 20-046 (AFNOR) (Sept. 85). Chemical products for industrial use — Determination of water solubility of solids and liquids with low solubility — Flask method.

Anlage

Abbildung 1

Säulen-Elutions-Methode mit Umwälzpumpe

Image

Abbildung 2

Typische Mikrosäule

(alle Abmessungen in mm)

Image

Abbildung 3

Typische Mikrosäule

(alle Abmessungen in mm)

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Abbildung 4

Säulen-Elutions-Methode mit Niveaugefäß

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A.8.   VERTEILUNGSKOEFFIZIENT

1.   METHODE

Der hier beschriebenen Schüttelmethode liegt die OECD-Prüfrichtlinie (1) zugrunde.

1.1.   EINLEITUNG

Zur Durchführung der Prüfung ist es nützlich, Vorinformationen über die Strukturformel, die Dissoziationskonstante, die Wasserlöslichkeit, das Hydrolyseverhalten, die n-Oktanol-Löslichkeit und die Oberflächenspannung des Stoffes in wässriger Lösung zu haben.

Messungen von ionischen Substanzen sollten nur an deren nicht ionisierter Form (freie Säure oder freie Base) durch Verwendung eines geeigneten Puffers mit einem pH-Wert von mindestens einer pH-Einheit unter (freie Säure) oder über (freie Base) dem pK-Wert durchgeführt werden.

Diese Prüfmethode beinhaltet zwei getrennte Verfahren: die Schüttelmethode und die Hochleistungs-Flüssigkeitschromatografie (HPLC). Die erste findet dann Anwendung, wenn der log-Pow-Wert (Definitionen siehe unten) im Bereich — 2 bis 4 liegt, die letzte dann, wenn dieser Wert im Bereich 0 bis 6 liegt. Vor der Messung mit einer der beiden Methoden sollte eine Vorab-Schätzung des Verteilungskoeffizienten durchgeführt werden.

Die Schüttelmethode gilt nur für im Wesentlichen reine Substanzen, die in Wasser und n-Oktanol löslich sind. Sie ist nicht auf oberflächenaktive Stoffe anwendbar (für diese sollte ein berechneter oder ein geschätzter Wert auf der Grundlage der einzelnen Löslichkeiten in n-Oktanol und Wasser vorgelegt werden).

Die HPLC-Methode ist nicht für starke Säuren und Basen, Metallkomplexe, oberflächenaktive Stoffe oder für Substanzen anwendbar, die mit dem Eluenten reagieren. Für diese Stoffe sollte ein berechneter oder ein geschätzter Wert auf der Grundlage der einzelnen Löslichkeiten in n-Oktanol und Wasser vorgelegt werden.

Die HPLC-Methode ist bezüglich Verunreinigungen in der Prüfsubstanz weniger empfindlich als die Schüttelmethode. Dennoch kann die Interpretation der Ergebnisse in einigen Fällen durch das Vorliegen von Verunreinigungen erschwert werden, weil die Zuordnung der Peaks nicht eindeutig ist. Für Mischungen, die ein nicht aufgelöstes Band ergeben, sollten die obere und die untere Grenze des Zehnerlogarithmus (log P) angegeben werden.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Als Verteilungskoeffizient (P) bezeichnet man das Verhältnis der Gleichgewichtskonzentrationen (ci) einer gelösten Substanz in einem Zweiphasensystem aus zwei weitgehend unmischbaren Lösungsmitteln. Im Falle von n-Oktanol und Wasser ergibt sich:

Formula

Der Verteilungskoeffizient (P) ist somit der Quotient zweier Konzentrationen. Er wird gewöhnlich in Form seines Zehnerlogarithmus (log P) angegeben.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Schüttelmethode

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Prüfsubstanz untersucht wird. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

HPLC-Methode

Um die HPLC-Messdaten einer Substanz mit deren P-Wert zu korrelieren, ist eine Eichkurve log P/chromatografische Daten unter Verwendung von mindestens sechs Bezugspunkten aufzustellen. Die Wahl der geeigneten Referenzsubstanzen obliegt dem Benutzer. Soweit möglich, sollte mindestens eine Referenzsubstanz einen Pow-Wert über dem der Prüfsubstanz und eine andere einen Pow-Wert unter dem der Prüfsubstanz haben. Für log-P-Werte unter 4 kann bei der Eichung von Daten ausgegangen werden, die mit Hilfe der Schüttelmethode erhalten worden sind. Für log-P-Werte über 4 kann man sich bei der Eichung auf kalibrierte Literaturwerte stützen, sofern diese mit den berechneten Werten übereinstimmen. Aus Gründen einer größeren Genauigkeit sollten vorzugsweise Referenzsubstanzen verwendet werden, die strukturell mit der Prüfsubstanz verwandt sind.

Es liegen umfangreiche Listen mit log-Pow-Werten für zahlreiche Gruppen von Chemikalien vor (2) (3). Wenn keine Verteilungskoeffizienten zu strukturell verwandten Verbindungen vorhanden sind, kann eine allgemeinere Eichung auf der Grundlage anderer Referenzsubstanzen vorgenommen werden.

Eine Liste der empfohlenen Referenzsubstanzen und deren Pow-Werten ist in Anlage 2 enthalten.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

1.4.1.   Schüttelmethode

Zur Bestimmung des Verteilungskoeffizienten müssen nach Einstellung des Gleichgewichts zwischen allen wechselwirkenden Komponenten des Verteilungssystems die Konzentrationen der in beiden Phasen gelösten Substanz ermittelt werden. Die einschlägige Literatur zeigt, dass hierfür verschiedene Techniken vorhanden sind, wie z. B. die gründliche Mischung der beiden Phasen mit anschließender Phasentrennung zur Bestimmung der Gleichgewichtskonzentration der untersuchten Substanz.

1.4.2.   HPLC-Methode

Die HPLC-Methode wird an Analysensäulen durchgeführt, die mit einer handelsüblichen festen Phase mit langen, chemisch an Siliziumdioxid gebundenen Kohlenwasserstoffketten (z. B. C8, C18) gefüllt sind. Chemikalien, die in eine solche Säule eingespritzt werden, bewegen sich darin wegen der unterschiedlichen Verteilungsgrade zwischen der mobilen und der stationären (Kohlenwasserstoffe) Phase mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Substanzgemische werden entsprechend dem hydrophoben Charakter der Bestandteile eluiert — zuerst die wasserlöslichen und zuletzt die öllöslichen; dabei erfolgt die Elution proportional zum jeweiligen Kohlenwasserstoff-Wasser-Verteilungskoeffizienten. Dadurch kann die Beziehung zwischen der Retentionszeit an einer solchen (Phasenumkehr-)Säule und dem Verteilungskoeffizienten für n-Oktanol/Wasser aufgestellt werden. Der Verteilungskoeffizient wird vom Kapazitätsfaktor k über die Formel

Formula

abgeleitet, wobei tR die Retentionszeit der Prüfsubstanz und to die durchschnittliche Zeit ist, die ein Lösungsmittelmolekül für die Wanderung durch die Säule benötigt (Totzeit).

Quantitative Analysenmethoden sind nicht erforderlich; es müssen lediglich die Elutionszeiten bestimmt werden.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.5.1.   Wiederholbarkeit

Schüttelmethode

Um die Genauigkeit des Verteilungskoeffizienten zu gewährleisten, sind Doppelbestimmungen bei drei verschiedenen Prüfbedingungen durchzuführen. Dazu sollen sowohl die eingesetzte Menge der untersuchten Substanz als auch das Verhältnis der Lösungsmittelvolumina verändert werden. Die so ermittelten Werte des Verteilungskoeffizienten, angegeben als deren Zehnerlogarithmus, sollen in einem Bereich von ±0,3 log-Einheiten liegen.

HPLC-Methode

Um die Zuverlässigkeit der Messung zu erhöhen, sind Doppelbestimmungen durchzuführen. Die aus den Einzelmessungen abgeleiteten log-P-Werte sollen in einem Bereich von ±0,1 log-Einheiten liegen.

1.5.2.   Empfindlichkeit

Schüttelmethode

Der Messbereich der Methode wird durch die Nachweisgrenze des Analysenverfahrens festgelegt. Dieses sollte die Bestimmung von log-Pow-Werten innerhalb eines Bereichs von — 2 bis 4 erlauben (sofern es die Bedingungen zulassen, kann dieser Bereich gelegentlich auf Pow-Werte bis 5 erweitert werden, wenn die Konzentration der gelösten Substanz in keiner Phase größer als 0,01 Mol/l ist).

HPLC-Methode

Die HPLC-Methode erlaubt die Bestimmung von Verteilungskoeffizienten innerhalb eines Pow-Bereichs von 0 bis 6.

Normalerweise lässt sich der Verteilungskoeffizient einer Verbindung innerhalb eines Bereichs von ± 1 log-Einheit des bei der Schüttelmethode gewonnenen Wertes bestimmen. Typische Korrelationen sind in der Literatur angegeben (4) (5) (6) (7) (8). Eine höhere Genauigkeit ist gewöhnlich zu erreichen, wenn die Korrelationskurven von strukturell verwandten Referenzsubstanzen ausgehen (9).

1.5.3.   Anwendbarkeit

Schüttelmethode

Das Nernst'sche Verteilungsgesetz gilt nur für verdünnte Lösungen bei konstanter Temperatur, konstantem Druck und pH-Wert. Es gilt streng nur für eine reine Substanz, die zwischen zwei reinen Lösungsmitteln verteilt ist. Wenn mehrere gelöste Stoffe in einer oder beiden Phasen gleichzeitig vorkommen, kann dadurch das Ergebnis beeinflusst werden.

Dissoziation oder Assoziation gelöster Moleküle führen zu Abweichungen vom Nernst'schen Verteilungsgesetz. Solche Abweichungen zeigen sich darin, dass der Verteilungskoeffizient von der Konzentration der Lösung abhängig wird.

Wegen der auftretenden multiplen Verteilungsgleichgewichte sollte diese Prüfmethode für ionische Verbindungen nicht ohne entsprechende Korrekturen angewendet werden. Für derartige Verbindungen sollte die Benutzung von Pufferlösungen anstelle von Wasser erwogen werden; dabei sollte der pH-Wert des Puffers mindestens 1 pH-Einheit vom pKa-Wert der Substanz entfernt sein und die Bedeutung dieses pH-Wertes für die Umwelt berücksichtigt werden.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Abschätzung des Verteilungskoeffizienten

Der Verteilungskoeffizient wird vorzugsweise durch ein Berechnungsverfahren abgeschätzt (siehe Anlage 1); wo möglich, kann er aus dem Löslichkeitsverhältnis der Prüfsubstanz in den reinen Lösungsmitteln abgeschätzt werden (10).

1.6.2.   Schüttelmethode

1.6.2.1.   Vorbereitung

n-Oktanol: Die Bestimmung des Verteilungskoeffizienten soll mit sehr reinem Reagens durchgeführt werden.

Wasser: Es soll in Glas- oder Quarzgefäßen destilliertes bzw. doppelt destilliertes Wasser verwendet werden. Für ionische Verbindungen sollten, wenn begründbar, anstelle von Wasser Pufferlösungen verwendet werden.

Anmerkung

Direkt aus einem Ionenaustauscher entnommenes Wasser soll nicht benutzt werden.

1.6.2.1.1.   Vorsättigung der Lösungsmittel

Vor der Bestimmung des Verteilungskoeffizienten werden die Phasen des Lösungsmittelsystems durch Schütteln bei Prüftemperatur gegenseitig gesättigt. Dazu ist es zweckmäßig, zwei große Vorratsflaschen gefüllt mit sehr reinem n-Oktanol bzw. Wasser mit jeweils einer ausreichenden Menge des anderen Lösungsmittels zu versetzen, mit einem mechanischen Schüttelapparat 24 Stunden zu schütteln und dann so lange stehen zu lassen, bis sich die Phasen getrennt haben und der Sättigungszustand erreicht ist.

1.6.2.1.2.   Vorbereitung der Prüfung

Das Gesamtvolumen des Zweiphasensystems soll das Prüfgefäß nahezu ausfüllen. Dadurch können Materialverluste aufgrund von Verdampfung verhindert werden. Das Volumenverhältnis und die einzusetzenden Mengen der Substanz werden durch die folgenden Angaben festgelegt:

der vorläufige Schätzwert des Verteilungskoeffizienten (siehe 1.6.1),

die für das Analysenverfahren erforderliche Mindestmenge an Prüfsubstanz und

die Begrenzung der Konzentration in jeder Phase auf maximal 0,01 Mol/l.

Es sind drei Prüfungen durchzuführen. Bei der ersten wird das berechnete Volumenverhältnis n-Oktanol/Wasser eingesetzt, bei der zweiten wird dieses Verhältnis halbiert, bei der dritten verdoppelt (z. B. 1:1, 1:2, 2:1).

1.6.2.1.3.   Prüfsubstanz

Es wird eine Vorratslösung in mit Wasser vorgesättigtem n-Oktanol hergestellt. Die Konzentration dieser Vorratslösung soll vor deren Gebrauch zur Bestimmung des Verteilungskoeffizienten exakt bestimmt werden. Diese Lösung soll so gelagert werden, dass ihre Stabilität gewährleistet ist.

1.6.2.2.   Prüfbedingungen

Die Prüftemperatur sollte zwischen 20 und 25 oC liegen und konstant (± 1 oC) gehalten werden.

1.6.2.3.   Messverfahren

1.6.2.3.1.   Einstellen des Verteilungsgleichgewichts

Für jede der Prüfbedingungen sollen zwei Prüfgefäße vorbereitet werden, die jeweils die erforderlichen, genau abgemessenen Mengen der beiden Lösungsmittel sowie die erforderliche Menge an Vorratslösung enthalten.

Die n-Oktanol-Phasen sollten volumetrisch bestimmt werden. Die Prüfgefäße sollten entweder mit einem geeigneten Schüttelapparat oder von Hand geschüttelt werden. Bei Verwendung eines Zentrifugenglases besteht ein empfohlenes Verfahren darin, das Glas rasch um 180 oC um seine Querachse zu drehen, so dass eventuell eingeschlossene Luft durch beide Phasen aufsteigt. Erfahrungsgemäß reichen im Allgemeinen 50 solcher Umdrehungen zur Einstellung des Verteilungsgleichgewichts aus. Zur Sicherheit werden 100 Umdrehungen in 5 Minuten empfohlen.

1.6.2.3.2.   Phasentrennung

Zur Trennung der Phasen sollte die Mischung, sofern erforderlich, in einer Laborzentrifuge bei Raumtemperatur zentrifugiert werden. Wenn eine Zentrifuge ohne Thermostat benutzt wird, sollten die Zentrifugengläser vor der Analyse mindestens 1 Stunde bei Prüftemperatur aufbewahrt werden, damit sich das Gleichgewicht einstellt.

1.6.2.4.   Analyse

Zur Ermittlung des Verteilungskoeffizienten müssen die Konzentrationen der Prüfsubstanz in beiden Phasen analysiert werden. Dies kann dadurch geschehen, dass von jeder der beiden Phasen aus jedem Glas und für jede Prüfbedingung ein aliquoter Teil entnommen und mit dem gewählten Verfahren analysiert wird. Die in den beiden Phasen vorhandene Gesamtmenge der Substanz ist zu berechnen und mit der eingesetzten Menge zu vergleichen.

Die Probenahme aus der wässrigen Phase sollte so erfolgen, dass die Gefahr des Einschlusses von Spuren an n-Oktanol möglichst weitgehend vermindert wird; z. B. kann eine Glasspritze mit auswechselbarer Nadel zur Probenahme verwendet werden. Zuerst sollte die Spritze teilweise mit Luft gefüllt werden. Diese Luft sollte vorsichtig herausgedrückt werden, während die Nadel durch die n-Oktanol-Schicht hindurchgeführt wird. Ein ausreichendes Volumen an wässriger Phase wird in die Spritze gezogen. Die Spritze wird schnell aus der Lösung entfernt und die Nadel abgenommen. Der Inhalt der Spritze kann dann als wässrige Probe weiterverwendet werden. Die Konzentration in den beiden voneinander getrennten Phasen sollte am besten mit einem substanzspezifischen Verfahren ermittelt werden. Beispiele für möglicherweise geeignete Analysenverfahren sind:

fotometrische Verfahren,

Gaschromatografie,

Hochleistungs-Flüssigkeitschromatografie.

1.6.3.   HPLC-Methode

1.6.3.1.   Vorbereitung

Apparatur

Erforderlich ist ein mit einer pulsfreien Pumpe und einem geeigneten Detektor ausgestatteter Flüssigkeitschromatograf. Dabei wird die Verwendung eines Einspritzventils mit Dosierschleife empfohlen. Die Leistung der HPLC-Säule kann durch das Vorhandensein polarer Gruppen in der stationären Phase ernsthaft beeinträchtigt werden. Deshalb sollten die stationären Phasen ein Minimum an polaren Gruppen haben (11). Es können handelsübliche Mikroteilchenfüllungen für die Umkehrphasenchromatografie oder Fertigsäulen verwendet werden. Zwischen dem Dosiersystem und der Analysensäule kann eine Vorsäule angebracht werden.

Mobile Phase

Zur Zubereitung des Elutionsmittels werden für die HPLC-Methode ausreichend reines Methanol und Wasser verwendet; das Elutionsmittel wird vor seiner Verwendung entgast. Es sollte das Verfahren der isokratischen Elution angewendet werden. Dabei werden Methanol-Wasser-Verhältnisse mit einem Mindestgehalt an Wasser von 25 % empfohlen. Im Normalfall ist eine Methanol-Wasser-Mischung im Volumenverhältnis 3:1 für die Eluierung von Verbindungen mit einem log-P-Wert von 6 bei einer Elutionszeit von einer Stunde ausreichend (Durchflussrate: 1 ml/min). Für Verbindungen mit einem hohen log-P-Wert kann eine Verkürzung der Elutionszeit (auch der der Referenzsubstanzen) durch Senkung der Polarität der mobilen Phase oder Kürzung der Säulenlänge erforderlich sein.

Stoffe mit einer sehr geringen Löslichkeit in n-Oktanol ergeben bei der HPLC-Methode häufig anormal niedriger log-Pow-Werte; die Peaks dieser Stoffe begleiten mitunter die Lösungsmittelfront. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass der Verteilungsprozess zu langsam ist, um innerhalb der normalerweise für eine HPLC-Trennung benötigten Zeit den Gleichgewichtszustand zu erreichen. In solchen Fällen kann die Verminderung der Durchflussrate und/oder des Methanol-Wasser-Verhältnisses ein wirksames Verfahren sein, um zu einem zuverlässigen Wert zu gelangen.

Prüf- und Referenzsubstanz sollten in der mobilen Phase in ausreichender Konzentration lösbar sein, um nachgewiesen werden zu können. Nur in Ausnahmefällen dürfen in der Methanol-Wasser-Mischung Zusatzstoffe verwendet werden, da diese Zusatzstoffe die Eigenschaften der Säule verändern. Für Chromatogramme, die mit Zusatzstoffen erhalten wurden, ist der Einsatz einer weiteren Säule desselben Typs zwingend vorgeschrieben. Wenn die Methanol-Wasser-Mischung ungeeignet ist, können andere Mischungen aus einem organischen Lösungsmittel und Wasser verwendet werden, so z. B. Ethanol-Wasser oder Acetonitril-Wasser.

Der pH-Wert des Lösungsmittels ist für ionische Verbindungen kritisch. Er sollte innerhalb des pH-Betriebsbereichs der Säule liegen, der sich im Allgemeinen zwischen 2 und 8 bewegt. Die Anwendung eines Puffers ist ratsam. Dabei muss darauf geachtet werden, dass kein Salz ausfällt und es nicht zur Beschädigung der Säule kommt, was bei einer Reihe von Mischungen von organischer Phase und Puffer möglich ist. HPLC-Messungen mit an Siliziumdioxid gebundener stationärer Phase und einem pH-Wert über 8 sind nicht empfehlenswert, da die Verwendung einer alkalischen mobilen Phase zu einem rapiden Nachlassen der Leistung der Säule führen kann.

Referenz-/Prüfsubstanzen

Die Referenzsubstanzen sollten den höchstmöglichen Reinheitsgrad haben. Das für Prüf- oder Eichzwecke zu verwendende Substanzgemisch wird, wenn möglich, in der mobilen Phase gelöst.

Prüfbedingungen

Die Temperatur sollte im Verlauf der Messungen um nicht mehr als ± 2 K schwanken.

1.6.3.2.   Messung

Berechnung der Totzeit to

Die Totzeit lässt sich entweder durch Verwendung einer homologen Reihe (z. B. n-Alkyl-Methyl-Ketone) oder durch nicht chromatografisch verzögerte organische Verbindungen (z. B. Thioharnstoff oder Formamid) bestimmen. Zur Berechnung der Totzeit to mit Hilfe einer homologen Reihe werden mindestens 7 Komponenten einer homologen Reihe eingespritzt und die jeweiligen Retentionszeiten gemessen. Die Retentionszeiten tr(nc + 1) werden in Abhängigkeit von tr(nc) aufgetragen und anschließend der Schnittpunkt a und die Steigung b der Regressionsgleichung:

tr(nc + 1) = a + b tr(nc)

bestimmt (nc = Anzahl der Kohlenstoffatome). Die Totzeit to ergibt sich dann aus:

to=a/(1 - b)

Eichkurve

Der nächste Schritt besteht in der Aufstellung einer Korrelationskurve log k/log P für geeignete Referenzsubstanzen. In der Praxis werden dazu zwischen 5 und 10 Standard-Referenzsubstanzen, deren log-P-Wert in der Nähe des erwarteten Bereichs liegt, gleichzeitig eingespritzt und die Retentionszeiten am besten mit Hilfe eines mit dem Nachweissystem gekoppelten registrierenden Integrators bestimmt. Die Logarithmen der entsprechenden Kapazitätsfaktoren (log k) werden berechnet und gegen die mittels der Schüttelmethode bestimmten log-P-Werte aufgezeichnet. Die Eichung wird in regelmäßigen Abständen, mindestens einmal täglich, vorgenommen, so dass eventuelle Veränderungen in der Leistung der Säule berücksichtigt werden können.

Bestimmung des Kapazitätsfaktors der Prüfsubstanz

Die Prüfsubstanz wird in möglichst geringer Menge der mobilen Phase eingespritzt. Die Retentionszeit wird (doppelt) bestimmt zur Berechnung des Kapazitätsfaktors k. Aus der Korrelationskurve der Referenzsubstanzen kann der Verteilungskoeffizient der Prüfsubstanz interpoliert werden. Bei sehr niedrigen und sehr hohen Verteilungskoeffizienten ist eine Extrapolation erforderlich. In diesen Fällen ist besonders auf die Vertrauensgrenzen der Regressionsgeraden zu achten.

2.   DATEN

Schüttelmethode

Die Zuverlässigkeit der ermittelten P-Werte kann durch Vergleich der Mittelwerte der Doppelbestimmungen mit dem Gesamtmittelwert geprüft werden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben

genaue Spezifizierung der Substanz (Identität und Verunreinigungen);

wenn die Methoden nicht anwendbar sind (z. B. bei oberflächenaktivem Material), sollte ein errechneter Wert oder ein Schätzwert auf der Grundlage der einzelnen n-Oktanol- und Wasserlöslichkeiten vorgelegt werden;

alle für die Auswertung der Ergebnisse sachdienlichen Informationen und Bemerkungen, insbesondere in Bezug auf Verunreinigungen und den Aggregatzustand des Stoffes.

Für die Schüttelmethode:

das Ergebnis der Abschätzung (wenn vorhanden);

die Prüftemperatur;

Angaben über die zur Konzentrationsbestimmung verwendeten Analysenverfahren;

die Zentrifugationszeit und -geschwindigkeit (wenn zutreffend);

die in beiden Phasen bei jeder Bestimmung gemessenen Konzentrationen (d. h. insgesamt 12 Konzentrationen sollten angegeben werden);

die Einwaage an Prüfsubstanz, das Volumen jeder Phase in jedem Prüfgefäß und die berechnete Gesamtmenge an Prüfsubstanz, die in jeder Phase nach Erreichen des Gleichgewichts enthalten ist;

die berechneten Werte des Verteilungskoeffizienten (P) für jede Prüfung, der Mittelwert für jede Prüfbedingung und der Mittelwert aus allen Prüfungen sind anzugeben. Hinweise auf eine Konzentrationsabhängigkeit des Verteilungskoeffizienten sollten im Bericht vermerkt werden;

die Standardabweichung der einzelnen P-Werte vom Mittelwert sollte angegeben werden;

der Mittelwert P aus allen Prüfungen sollte auch als Zehnerlogarithmus angegeben werden;

der mit einem Berechnungsverfahren ermittelte theoretische Pow-Wert sollte angegeben werden, wenn er bestimmt wurde oder wenn der Messwert > 104 ist;

der pH-Wert des verwendeten Wassers und der wässrigen Phase während des Versuchs;

bei Verwendung von Pufferlösungen: Begründung der Verwendung von Pufferlösungen anstelle von Wasser, Zusammensetzung, Konzentration und pH-Wert der Pufferlösungen, pH-Wert der wässrigen Phase vor und nach dem Versuch.

Für die HPLC-Methode:

das Ergebnis der Abschätzung (wenn vorhanden);

Prüf- und Referenzsubstanzen und deren Reinheitsgrad;

Temperaturbereich der Prüfungen;

pH-Wert, bei dem die Prüfungen vorgenommen wurden;

nähere Angaben zur Analysen- und zur Vorsäule, zur mobilen Phase sowie zum Nachweisverfahren;

Retentionswerte und log-P-Werte aus der Literatur für die bei der Eichung verwendeten Referenzsubstanzen;

nähere Angaben zur Anpassung der Regressionsgeraden (log k/log P);

durchschnittliche Retentionswerte und interpolierter log-P-Wert für die Prüfsubstanz;

Beschreibung der Ausrüstungen und der Betriebsbedingungen;

Elutionsprofile;

Mengen der auf die Säule gegebenen Prüf- und Referenzsubstanzen;

Totzeit und entsprechendes Messverfahren.

4.   LITERATUR

(1)

OECD, Paris, 1981, Test Guideline 107, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2)

C. Hansch und A.J. Leo, Substitution Constants for Correlation Analysis in Chemistry and Biology, John Wiley, New York, 1979.

(3)

Log P and Parameter Database, A tool for the quantitative prediction of bioactivity (C. Hansch, chairman; A.J. Leo, dir.) — Erhältlich bei Pomona College Medicinal Chemistry Project, 1982, Pomona College, Claremont, California, 91711.

(4)

L. Renberg, G. Sundström und K. Sundh-Nygärd, Chemosphere, 1980, vol. 80, 683.

(5)

H. Ellgehausen, C. D'Hondt und R. Fuerer, Pesric. Sei., 1981, vol. 12, 219.

(6)

B. McDuffie, Chemosphere, 1981, vol. 10, 73.

(7)

W.E. Hammers et al., J. Chromatog., 1982, vol. 247, 1.

(8)

J.E. Haky und A.M. Young, J. Liq. Chromat., 1984, vol. 7, 675.

(9)

S. Fujisawa und E. Masuhara, J. Biomed. Mat. Res., 1981, vol. 15, 787.

(10)

O. Jubermann, Verteilen und Extrahieren, in: Methoden der Organischen Chemie (Houben Weyl), Allgemeine Laboratoriumspraxis (herausgegeben von E. Müller), Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1958, Band I/l, 223-339.

(11)

R.F. Rekker und H.M. de Kort, Euro. J. Med. Chem., 1979, vol. 14, 479.

(12)

A. Leo, C. Hansch und D. Elkins, Partition coefficients and their uses. Chem. Rev., 1971, vol. 71, 525.

(13)

R.F. Rekker, The Hydrophobie Fragmental Constant, Elsevier, Amsterdam, 1977.

(14)

NF T 20-043 AFNOR (1985). Chemical products for industrial use — Determination of partition coefficient — Flask shaking method.

(15)

C.V. Eadsforth und P. Moser, Chemosphere, 1983, vol. 12, 1 459.

(16)

A. Leo, C. Hansch und D. Elkins, Chem. Rev., 1971, vol. 71, 525.

(17)

C. Hansch, A. Leo, S.H. Unger, K.H. Kim, D. Nikaitani und E.J. Lien, J. Med. Chem., 1973, vol. 16, 1 207.

(18)

W.B. Neely, D.R. Branson und G.E. Blau, Environ. Sei. Technol., 1974, vol. 8, 1 113.

(19)

D.S. Brown und E.W. Flagg, J. Environ. Qual., 1981, vol. 10, 382.

(20)

J.K. Seydel und K.J. Schaper, Chemische Struktur und biologische Aktivität von Wirkstoffen, Verlag Chemie, Weinheim, New York, 1979.

(21)

R. Franke, Theoretical Drug Design Methods, Elsevier, Amsterdam, 1984.

(22)

Y.C. Martin, Quantitative Drug Design, Marcel Dekker, New York, Basel, 1978.

(23)

N.S. Nirrlees, S.J. Noulton, CT. Murphy und P.J. Taylor, J. Med. Chem., 1976, vol. 19, 615.

Anlage 1

Berechnungs-/Schätzverfahren

EINLEITUNG

Eine allgemeine Einführung in die Berechnungsverfahren, Daten und Beispiele werden im Handbook of Chemical Property Estimation Methods (a) gegeben.

Berechnete Pow-Werte können verwendet werden:

zur Entscheidung darüber, welche der Versuchsmethoden die geeignete ist (Bereich der Schüttelmethode: log Pow: - 2 bis 4; Bereich der HPLC-Methode: log Pow: 0 bis 6);

zur Wahl der geeigneten Prüfbedingungen (z. B. Referenzsubstanzen für die HPLC-Verfahren, Volumenverhältnis n-Oktanol/Wasser für die Schüttelmethode);

zur laborinternen Überprüfung eventueller Versuchsfehler;

zur Pow-Bestimmung in solchen Fällen, wo die Prüfmethoden aus technischen Gründen nicht anwendbar sind.

ABSCHÄTZVERFAHREN

Vorläufige Abschätzung des Verteilungskoeffizienten

Der Wert des Verteilungskoeffizienten kann durch Verwendung der Löslichkeitswerte der Prüfsubstanz in den reinen Lösungsmitteln abgeschätzt werden:

Dafür gilt:

Formula

BERECHNUNGSVERFAHREN

Prinzip der Berechnungsverfahren

Sämtliche Berechnungsverfahren beruhen auf der formalen Aufspaltung des Moleküls in geeignete Substrukturen, für die zuverlässige log-Pow-Inkremente bekannt sind. Der log-Pow-Wert des gesamten Moleküls wird danach als Summe seiner entsprechenden Teilwerte plus Summe der Korrekturglieder für intramolekulare Wechselwirkungen berechnet.

Aufstellungen über die Konstanten von Substrukturen und den Korrekturgliedern liegen vor (b) (c) (d) (e). Einige davon werden regelmäßig aktualisiert (b).

Qualitätskriterien

Im Allgemeinen nimmt die Zuverlässigkeit des Berechnungverfahrens in dem Maße ab, in dem die Komplexität der Prüfsubstanz zunimmt. Bei einfachen Substanzen mit niedrigem Molekulargewicht und einer oder zwei funktioneller Gruppen ist mit einer Abweichung von 0,1 bis 0,3 log-Pow-Einheiten von den Ergebnissen der verschiedenen Fragmentmethoden gegenüber dem Messwert zu rechnen. Bei komplexeren Substanzen kann die Fehlerspanne größer sein. Dies hängt von der Zuverlässigkeit und der Verfügbarkeit der Konstanten für die Substrukturen sowie von der Fähigkeit der Erkennung intramolekularer Wechselwirkungen (z. B. Wasserstoffbindungen) und der richtigen Anwendung der Korrekturglieder ab (was mit dem Computer-Programm CLOGP-3 ein geringeres Problem ist) (b). Bei ionischen Substanzen ist die richtige Berücksichtigung der Ladung oder des Ionisierungsgrades wichtig.

Berechnungsverfahren

Hansch'sche π-Methode

Die ursprünglich für hydrophobe Substituenten verwendete Konstante π, eingeführt von Fujita et al. (f), wird wie folgt definiert:

πx = log Pow (PhX) - log Pow (PhH)

wobei Pow (PhX) der Verteilungskoeffizient eines aromatischen Abkömmlings und Pow (PhH) derjenige der Ausgangssubstanz ist:

(z.B. πCl = log Pow (C6H5Cl) - log Pow (C6H6) = 2,84 - 2,13 = 0,71).

Nach seiner Definition ist die π-Methode vorwiegend bei der aromatischen Substitution anwendbar. Die π-Werte liegen für eine große Anzahl von Substituenten tabelliert vor (b) (c) (d). Sie werden für die Berechnung der log-Pow-Werte für aromatische Moleküle oder Substrukturen verwendet.

Rekker-Methode

Nach Rekker (g) wird der log-Pow-Wert wie folgt berechnet:

(Wechselwirkungsglieder)

Formula

wobei fi die verschiedenen Konstanten der Substrukturen und ai die Häufigkeit ihres Vorkommens in der Prüfsubstanz darstellen. Die Korrekturglieder lassen sich als ein ganzes Vielfaches einer einzigen Konstante Cm (der so genannten „magischen Konstante“) angeben. Die Substrukturkonstanten fi und Cm wurden aus einer Liste von 1 054 experimentell ermittelten Pow-Werten (825 Verbindungen) mit Hilfe der mehrfachen Regressionsanalyse bestimmt (c) (h). Die Bestimmung der Glieder für die Wechselwirkungen erfolgt auf der Grundlage der in der Literatur angegebenen Regeln (e) (h) (i).

Hansch-Leo-Methode

Nach Hansch und Leo (c) wird der log-Pow-Wert aus der Beziehung

Formula

errechnet, wobei fi die verschiedenen Konstanten der Substrukturen, Fj die Korrekturglieder und ai, bj die entsprechenden Vorkommenshäufigkeiten sind. Eine Liste der Substrukturwerte für einzelne Atome und Gruppen, abgeleitet aus experimentell bestimmten Pow-Werten, und eine Liste der Korrekturglieder Fj (so genannte „Faktoren“) wurden durch die Trial-and-error-Methode erhalten. Die Korrekturglieder sind in mehrere unterschiedliche Kategorien eingeordnet worden (a) (c). Es ist relativ kompliziert und zeitraubend, alle Regeln und Korrekturglieder zu berücksichtigen. Software-Pakete sind entwickelt worden (b).

Kombinierte Methode

Die Berechnung der log-Pow-Werte komplexer Substanzen kann beträchtlich verbessert werden, wenn das Molekül in größere Substrukturen zerlegt wird, für die zuverlässige log-Pow-Werte vorliegen, sei es aus Tabellen (b) (c), sei es aus eigenen Messungen. Solche Substrukturen (z. B. Heterozyklen, Anthrakinon, Azobenzen) können dann mit den Hansch'schen π-Werten oder mit den Substrukturkonstanten nach Rekker oder Leo kombiniert werden.

Anmerkungen

i)

Die Berechnungsmethoden können auf teilweise oder vollständig ionisierte Substanzen nur dann angewendet werden, wenn die erforderlichen Korrekturfaktoren berücksichtigt werden können.

ii)

Wenn von intramolekularen Wasserstoffbindungen ausgegangen werden kann, müssen die entsprechenden Korrekturglieder (etwa +0,6 bis +1,0 log-Pow-Einheiten) addiert werden (a). Hinweise auf das Vorliegen solcher Bindungen lassen sich aus Stereo-Modellen oder spektroskopischen Daten der Substanz gewinnen.

iii)

Wenn mehrere tautomere Formen möglich sind, sollte als Berechnungsgrundlage die wahrscheinlichste Form verwendet werden.

iv)

Die Überarbeitungen der Listen der Substrukturkonstanten sollten sorgfältig verfolgt werden.

Abschlussbericht

Bei der Verwendung der Berechnungs-/Abschätzmethoden sollte der Prüfbericht, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Beschreibung der Substanz (Gemisch, Verunreinigungen usw.),

Hinweis auf eine eventuell vorliegende intramolekulare Wasserstoffbindung, Dissoziation, Ladung oder irgendwelche anderen ungewöhnlichen Effekte (z. B. Tautomerie),

Beschreibung des Berechnungsverfahrens,

Identität oder Bereitstellung der Datenbasis,

Besonderheiten bei der Wahl der Substrukturen,

ausführliche Dokumentation zur Berechnung.

LITERATUR

(a)

WJ. Lyman, W.F. Reehl und D.H. Rosenblatt (Hrsg.), Handbook of Chemical Property Estimation Methods, McGraw-Hill, New York, 1983.

(b)

Pomona College, Medicinal Chemistry Project, Claremont, California 91711, USA, Log P Database and Med. Chem. Software (Program CLOGP-3).

(c)

C. Hansch und A.J. Leo, Substituent Constants for Correlation Analysis in Chemistry and Biology. John Wiley, New York, 1979.

(d)

A. Leo und C. Hansch, D. Elkins, Chem. Rev. 1971, vol. 71, 525.

(e)

R.F. Rekker und H.M. de Kort, Eur. J. Med. Chem. — Chim. Ther., 1979, vol. 14, 479.

(f)

T. Fujita, J. Iwasa und C. Hansch, J. Amer. Chem. Soc, 1964, vol. 86, 5175.

(g)

R.F. Rekker, The Hydrophopic Fragmental Constant, Pharmacochemistry Library, vol. 1, Elsevier, New York, 1977.

(h)

C.V. Eadsforth und P. Moser, Chemosphere, 1983, vol. 12, 1459.

(i)

R.A. Scherrer, ACS, American Chemical Society, Washington D.C., 1984, Symposium Series 255, 225.

Anlage 2

Empfohlene Referenzsubstanzen für die HPLC-Methode

Nr.

Referenzsubstanz

log Pow

pKa

1

2-Butanon

0,3

 

2

4-Acetylpyridin

0,5

 

3

Anilin

0,9

 

4

Acetanilid

1,0

 

5

Bcnzylalkohol

1,1

 

6

p-Methoxyphenol

1,3

pKa = 10,26

7

Phenoxyessigsäure

1,4

pKa = 3,12

8

Phenol

1,5

pKa = 9,92

9

2,4-Dinitrophenol

1,5

pKa = 3,96

10

Benzonitril

1,6

 

11

Phenylacetonitril

1,6

 

12

4-MethyIbenzylalkohol

1,6

 

13

Acetophenon

1,7

 

14

2-Nitrophenol

1,8

pKa = 7,17

15

3-Nitrobenzoesäure

1,8

pKa = 3,47

16

4-Chloranilin

1,8

pKa = 4,15

17

Nitrobenzol

1,9

 

18

Zinnamylalkohol

1,9

 

19

Benzoesäure

1,9

pKa = 4,19

20

p-Kresol

1,9

pKa = 10,17

21

Zinnamylalkohol

2,1

pKa = 3,89 cis 4,44 trans

22

Anisol

2,1

 

23

Methylbenzoat

2,1

 

24

Benzol

2,1

 

25

3-Methylbenzoesäure

2,4

pKa = 4,27

26

4-Chlorphenol

2,4

pKa = 9,1

27

Trichlorethylen

2,4

 

28

Atrazin

2,6

 

29

Ethylbenzoat

2,6

 

30

2,6-Dichlorbenzonitril

2,6

 

31

3-Chlorbenzoesäure

2,7

pKa = 3,82

32

Toluol

2,7

 

33

1-Naphthol

2,7

pKa = 9,34

34

2,3-Dichloranilin

2,8

 

35

Chlorbenzol

2,8

 

36

Allyl-Phenylether

2,9

 

37

Bromobenzol

3,0

 

38

Ethylbenzol

3,2

 

39

Benzophenon

3,2

 

40

4-Phenylphenol

3,2

pKa = 9,54

41

Thymol

3,3

 

42

1,4-Dichlorbenzol

3,4

 

43

Diphenylamin

3,4

pKa = 0,79

44

Naphthalen

3,6

 

45

Phenylbenzoat

3,6

 

46

Isopropylbenzol

3,7

 

47

2,4,6-Trichlorphenol

3,7

pKa = 6

48

Biphenyl

4,0

 

49

Benzylbenzoat

4,0

 

50

2,4-Dinitro-6 sec. butylphenol

4,1

 

51

1,2,4-Trichlorbenzol

4,2

 

52

Dodekansäure

4,2

 

53

Diphenylether

4,2

 

54

n-Butylbenzol

4,5

 

55

Phenanthren

4,5

 

56

Fluoranthen

4,7

 

57

Dibenzyl

4,8

 

58

2,6-Diphenylpyridin

4,9

 

59

Triphenylamin

5,7

 

60

DDT

6,2

 

Sonstige Referenzsubstanzen mit niedrigem log-Pow-Wert

1

Nikotinsäure

-0,07

 

A.9.   FLAMMPUNKT

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Es ist sinnvoll, vor Durchführung einer Flammpunktbestimmung Vorinformationen über die Entzündlichkeit der Prüfsubstanz zu haben. Das Prüfverfahren ist auf flüssige Substanzen anwendbar, deren Dämpfe durch Zündquellen entflammt werden können. Die in diesem Text beschriebenen Prüfmethoden ergeben nur für diejenigen Flammpunktbereiche, die bei den einzelnen Verfahren angegeben werden, zuverlässige Werte.

Bei der Wahl der anzuwendenden Methode sollten eventuelle chemische Reaktionen zwischen der Substanz und dem Probentiegel berücksichtigt werden.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Der Flammpunkt ist die niedrigste Temperatur, bezogen auf einen Druck von 101,325 kPa, bei der sich unter den bei der Prüfmethode angegebenen Bedingungen aus einer Flüssigkeit Dämpfe in einer solchen Menge entwickeln, dass sich im Tiegel ein durch Fremdzündung entflammbares Dampf-Luft-Gemisch bildet.

Einheiten: oC

t = T - 273,15

(t in oC und T in K)

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Prüfsubstanz untersucht wird. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen, ob bei der Prüftemperatur eine Entzündung stattfinden kann oder nicht.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird in einen Tiegel gefüllt und nach dem bei der jeweiligen Prüfmethode angegebenen Verfahren auf die Prüftemperatur erwärmt oder abgekühlt. Zündversuche werden ausgeführt, um festzustellen, ob bei der Prüftemperatur eine Zündung stattgefunden hat oder nicht.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.5.1.   Wiederholbarkeit

Die Wiederholbarkeit hängt ab vom Flammpunktbereich und der angewandten Prüfmethode; max. ± 2 oC.

1.5.2.   Empfindlichkeit

Die Empfindlichkeit hängt von der angewandten Prüfmethode ab.

1.5.3.   Anwendbarkeit

Die Anwendbarkeit einiger Flammpunktprüfmethoden ist auf bestimmte Flammpunktbereiche beschränkt und hängt von substanzspezifischen Eigenschaften ab (z. B. hohe Viskosität).

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Vorbereitungen

Die zu prüfende Substanz wird in den jeweiligen Prüftiegel (siehe 1.6.3.1 und/oder 1.6.3.2) eingefüllt.

Aus Sicherheitsgründen wird empfohlen, für energiereiche oder toxische Substanzen ein Verfahren mit einer kleinen Probengröße (etwa 2 cm3) anzuwenden.

1.6.2.   Versuchsbedingungen

Soweit dies aus Sicherheitsgründen möglich ist, sollte das Prüfgerät vor Zugluft geschützt aufgestellt werden.

1.6.3.   Versuchsausführung

1.6.3.1.   Gleichgewichtsmethode

Siehe dazu: ISO 1516, ISO 3680, ISO 1523, ISO 3679.

1.6.3.2.   Nicht-Gleichgewichtsmethode

Gerät nach Abel

Siehe dazu: BS 2000 Teil 170, NF M07-011, NF T66-009.

Gerät nach Abel-Pensky

Siehe dazu: EN 57, DIN 51755 Teil 1 (für Temperaturen von 5 oC bis 65 oC), DIN 51755 Teil 2 (für Temperaturen unter 5 oC), NF M07-036.

Gerät nach Tag

Siehe dazu: ASTM D 56.

Gerät nach Pensky-Martens

Siehe dazu: ISO 2719, EN 11, DIN 51758, ASTM D 93, BS 2000-34, NF M07-019.

Anmerkungen

Wird mit einer Nicht-Gleichgewichtsmethode wie in 1.6.3.2 ein Flammpunkt von (0 ± 2) oC, (21 ± 2) oC oder (55 ± 2) oC ermittelt, sollte das Prüfergebnis mit dem gleichen Gerät, jedoch unter Verwendung einer Gleichgewichtsmethode, bestätigt werden.

Für eine Anmeldung dürfen nur diejenigen Methoden angewandt werden, bei denen der Zahlenwert des Flammpunktes bestimmt wird.

Zur Bestimmung des Flammpunktes viskoser Flüssigkeiten (Farben, Klebstoffe und Ähnliches), die Lösemittel enthalten, dürfen nur solche Prüfgeräte und Prüfmethoden angewandt werden, die zur Bestimmung des Flammpunktes viskoser Flüssigkeiten geeignet sind.

Siehe dazu: ISO 3679, ISO 3680, ISO 1523, DIN 53213 Teil 1.

2.

DATEN

3.   BERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen),

die angewandte Prüfmethode sowie eventuelle Abweichungen davon,

die Ergebnisse sowie alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung sind.

4.   LITERATUR

Keine.

A.10.   ENTZÜNDLICHKEIT (FESTE STOFFE)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Es ist zweckdienlich, vor Ausführung der Prüfung Informationen über mögliche explosive Eigenschaften der Prüfsubstanz einzuholen.

Diese Methode kann nur bei pulverförmigen, körnigen oder pastenförmigen Substanzen angewendet werden.

Um nicht alle Stoffe zu erfassen, die entzündet werden können, sondern nur solche, die schnell brennen oder deren Brennverhalten besonders gefährlich ist, sollen nur diejenigen Stoffe als leichtentzündlich eingestuft werden, deren Abbrandgeschwindigkeit einen bestimmten Grenzwert überschreitet.

Es kann besonders gefährlich sein, wenn sich das Glühen in einem Metallpulver ausbreitet, weil glühende Metallpulver schwer zu löschen sind. Metallpulver sind als leichtentzündlich zu beurteilen, wenn sie über die gesamte Länge der Schüttung innerhalb einer festgelegten Zeit durchglühen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Die Abbrandzeit wird in Sekunden ausgedrückt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Nicht spezifiziert.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Substanz wird zu einem durchgehenden Strang oder einer Schüttung von etwa 250 mm Länge geformt; danach wird ein Vorversuch vorgenommen, um zu prüfen, ob es bei Entzündung mit einer Gasflamme zu einer Ausbreitung des Brandes mit Flammen oder durch Glimmen kommt. Wenn es innerhalb einer festgelegten Zeit zu einer Ausbreitung über 200 mm der Schüttung kommt, wird ein vollständiges Testprogramm zur Bestimmung der Brenngeschwindigkeit durchgeführt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Nicht genannt.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Vorversuch

Die Substanz wird auf einer nicht brennbaren und nichtporösen Platte mit geringer Wärmeleitfähigkeit zu einem durchgehenden Strang oder einer Schüttung von 250 mm Länge, 20 mm Breite und 10 mm Höhe geformt. Danach wird die heiße Flamme eines Gasbrenners (Mindestdurchmesser 5 mm) auf ein Ende der Schüttung gerichtet, bis sich das Pulver entzündet, maximal 2 Minuten (5 Minuten für Pulver von Metallen oder Metalllegierungen). Dabei ist festzustellen, ob sich der Brand innerhalb des Prüfzeitraumes von 4 Minuten (40 Minuten bei Metallpulvern) über eine Länge von 200 mm der Schüttung ausbreitet. Wenn sich die Substanz nicht entzündet und sich keine Verbrennung mit einer Flamme oder mit Glimmen innerhalb von 4 Minuten (bzw. 40 Minuten) über eine Länge von 200 mm der Schüttung ausbreitet, ist die Substanz nicht als leichtentzündlich zu beurteilen, und es ist keine weitere Prüfung erforderlich. Wenn sich der Brand in der Substanz in weniger als 4 Minuten (bzw. in weniger als 40 Minuten für Metallpulver) über eine Länge von 200 mm der Schüttung ausbreitet, ist das nachstehend beschriebene Verfahren (Punkt 1.6.2 und folgende) auszuführen.

1.6.2.   Prüfung der Brenngeschwindigkeit

1.6.2.1.   Vorbereitung

Pulverförmige oder körnige Substanzen werden locker in eine Form von 250 mm Länge und einem dreieckigen Querschnitt mit einer inneren Höhe von 10 mm und einer Breite von 20 mm gefüllt. Die Form wird an beiden Längsseiten von zwei Metallblechen begrenzt, die die dreieckige Form um 2 mm überragen (siehe Abbildung). Die gefüllte Form wird dreimal aus einer Höhe von 2 cm auf eine feste Unterlage fallen gelassen. Falls nötig, wird die Form danach aufgefüllt. Dann werden die seitlichen Begrenzungen entfernt, und die überschüssige Substanzmenge wird abgetrennt. Schließlich wird eine nicht brennbare und nichtporöse Platte mit geringer Wärmeleitfähigkeit auf die Form gelegt, das Ganze um 180o gedreht und die Form entfernt.

Pastenförmige Substanzen werden in Form eines Stranges von 250 mm Länge und mit einem Querschnitt von etwa 1 cm2 auf eine nicht brennbare und nichtporöse Platte mit geringer Wärmeleitfähigkeit aufgebracht.

1.6.2.2.   Versuchsbedingungen

Hygroskopische Prüfsubstanzen sollen so schnell wie möglich nach der Entnahme aus dem Behälter geprüft werden.

1.6.2.3.   Versuchsausführung

Die Schüttung wird quer zur Zugrichtung in einem Abzug angeordnet.

Die Absauggeschwindigkeit muss so hoch sein, dass Rauch nicht in das Labor dringen kann; sie soll auch während des Versuchs nicht verändert werden. Um die Versuchsanordnung herum ist ein Windschutz aufzustellen.

Zum Anzünden der Schüttung an einem Ende wird die heiße Flamme eines Gasbrenners (Mindestdurchmesser 5 mm) verwendet. Nach einem Abbrand über eine Länge von 80 mm der Schüttung ist die Abbrandzeit über die folgenden 100 mm zu messen.

Der Versuch ist sechsmal auszuführen, wenn nicht vorher ein positives Ergebnis beobachtet wird. Für jeden Versuch ist eine saubere, kalte Platte zu verwenden.

2.   DATEN

Die Abbrandzeit aus dem Vorversuch (1.6.1) und die kürzeste Abbrandzeit aus sechs Versuchen (1.6.2.3) sind maßgebend für die Beurteilung.

3.   BERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

eine genaue Spezifizierung der Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen),

eine Beschreibung der Prüfsubstanz, deren Aggregatzustand, einschließlich Feuchtegehalt,

die Ergebnisse des Vorversuchs und der Prüfung der Brenngeschwindigkeit (wenn durchgeführt),

alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung sind.

3.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Pulverförmige, körnige oder pastenförmige Prüfsubstanzen werden als leichtentzündlich beurteilt, wenn die Abbrandzeit bei einem der unter 1.6.2 beschriebenen Versuche kürzer ist als 45 Sekunden. Pulver von Metallen oder Metalllegierungen werden als leichtentzündlich beurteilt, wenn sie entzündet werden können und sich die Flamme oder die Reaktionszone innerhalb von 10 Minuten oder darunter über die gesamte Probe ausbreitet.

4.   LITERATUR

(1)

NF T 20-042 (Sept. 85). Chemical products for industrial use. Determination of the flammability of solids.

Anlage

Abbildung

Form und Zubehör zur Herstellung der Schüttung

(alle Maßangaben in mm)

Image

A.11.   ENTZÜNDLICHKEIT (GASE)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Mit dieser Methode lässt sich bestimmen, ob Gase im Gemisch mit Luft bei atmosphärischem Druck und Raumtemperatur (etwa 20 oC) einen Explosionsbereich haben. Gemische mit steigender Konzentration des zu prüfenden Gases mit Luft werden einem elektrischen Funken ausgesetzt, und man beobachtet, ob eine Entzündung erfolgt.

1.2.   DEFINITION UND EINHEITEN

Der Explosionsbereich ist der Konzentrationsbereich zwischen der unteren und der oberen Explosionsgrenze. Die untere und die obere Explosionsgrenze bezeichnen die beiden Grenzwerte des Brenngasgehaltes im Brenngas/Luft-Gemisch, bei denen eine selbständige Flammenausbreitung von der Zündquelle her gerade nicht mehr auftritt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Nicht spezifiziert.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Der Gasanteil im Gas/Luft-Gemisch wird stufenweise erhöht und das Gemisch jeweils einem elektrischen Funken ausgesetzt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Nicht spezifiziert.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Gerät

Das Versuchsgefäß ist ein aufrecht stehender Glaszylinder mit einem inneren Durchmesser von mindestens 50 mm und einer Mindesthöhe von 300 mm. Die Zündelektroden befinden sich 60 mm über dem Boden des Zylinders und haben einen Abstand von 3 mm bis 5 mm voneinander. Der Zylinder ist mit einer Druckentlastungsöffnung versehen. Das Gerät ist mit einem Schutzschirm versehen, um Explosionsschäden zu vermeiden.

Ein Induktionsfunken von 0,5 s Dauer, der mittels eines Hochspannungstransformators von 10 bis 15 kV Sekundärspannung (maximale Leistungsaufnahme: 300 W) erzeugt wird, dient als Zündquelle. Ein Beispiel eines geeigneten Gerätes ist in (2) beschrieben.

1.6.2.   Versuchsbedingungen

Der Versuch muss bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) ausgeführt werden.

1.6.3.   Versuchsausführung

Mit Hilfe von Dosierpumpen wird ein Gas/Luft-Gemisch bekannter Konzentration in den Glaszylinder geleitet. Danach wird mit dem Induktionsfunken gezündet und beobachtet, ob sich eine Flamme von der Zündquelle ablöst und selbständig ausbreitet oder nicht. Der Gasanteil wird beginnend bei 1 % Volumenanteil) stufenweise um 1 % erhöht, bis eine wie oben beschriebene Entzündung erfolgt.

Wenn die chemische Struktur auf ein nicht entzündbares Gas schließen lässt und die Zusammensetzung des stöchiometrischen Gemisches mit Luft errechnet werden kann, dann brauchen nur Gemische in einem Bereich zwischen 10 % unterhalb und 10 % oberhalb der stöchiometrischen Zusammensetzung in 1 %-Stufen geprüft zu werden.

2.   DATEN

Das Auftreten der Flammenablösung ist die einzige relevante Information zur Bestimmung dieser Eigenschaft.

3.   BERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen),

eine Beschreibung des benutzten Gerätes (mit Abmessungen),

die Temperatur, bei der der Versuch durchgeführt wurde,

die geprüften Konzentrationen und die erhaltenen Ergebnisse,

das Versuchsergebnis: nicht entzündbares oder leichtentzündliches Gas,

wenn das Ergebnis „nicht entzündbar“ lautet, ist der Konzentrationsbereich, über den es in 1 %-Schritten geprüft wurde, anzugeben,

alle Informationen und Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung sind.

4.   LITERATUR

(1)

NF T 20-041 (Sept. 85). Chemical products for industrial use. Determination of the flammability of gases.

(2)

W. Berthold, D. Conrad, T. Grewer, H. Grosse-Wortmann, T. Redeker und H. Schacke. „Entwicklung einer Standard-Apparatur zur Messung von Explosionsgrenzen“. Chem.-Ing.-Tech., 1984, vol. 56, 2, 126/127.

A.12.   ENTZÜNDLICHKEIT (BERÜHRUNG MIT WASSER)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Diese Prüfmethode kann angewendet werden, um festzustellen, ob die Reaktion eines Stoffes mit Wasser oder feuchter Luft zur Entwicklung gefährlicher Mengen von leichtentzündlichen Gasen führt.

Das Verfahren kann sowohl für feste als auch für flüssige Stoffe angewendet werden. Dieses Verfahren gilt jedoch nicht für Stoffe, die sich bei Berührung mit Luft selbst entzünden.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Leichtentzündlich: Stoffe, die bei Berührung mit Wasser oder feuchter Luft leichtentzündliche Gase in gefährlichen Mengen (mindestens 1 l/kg.h) entwickeln.

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird in der nachfolgend beschriebenen Reihenfolge geprüft; erfolgt auf irgendeiner Stufe eine Entzündung, so ist keine weitere Prüfung mehr notwendig. Wenn bekannt ist, dass die Substanz bei Berührung mit Wasser keine heftige Reaktion zeigt, kann man zu Stufe 4 übergehen (1.3.4).

1.3.1.   Stufe 1

Die Prüfsubstanz wird in eine Schale gegeben, die destilliertes Wasser mit einer Temperatur von 20 oC enthält; dabei wird festgestellt, ob sich das hierbei entwickelte Gas entzündet oder nicht.

1.3.2.   Stufe 2

Die Prüfsubstanz wird auf ein Filterpapier gegeben, das auf der Oberfläche des Wassers einer mit destilliertem Wasser von 20 oC gefüllten Schale schwimmt; dabei wird festgestellt, ob sich das entwickelte Gas entzündet oder nicht. Das Filterpapier dient nur dazu, die Substanz an der betreffenden Stelle zu halten, wodurch die Möglichkeit einer Entzündung erhöht wird.

1.3.3.   Stufe 3

Mit der Prüfsubstanz wird eine kleine Schüttung von etwa 2 cm Höhe und 3 cm Durchmesser hergestellt. Es werden einige Tropfen Wasser auf diese Schüttung gegeben, und es wird festgestellt, ob sich das entwickelte Gas entzündet oder nicht.

1.3.4.   Stufe 4

Die Prüfsubstanz wird mit destilliertem Wasser (20 oC) versetzt, und die entwickelte Gasmenge wird über einen Zeitraum von 7 Stunden in Abständen von je einer Stunde gemessen. Ist die Gasentwicklung ungleichmäßig oder nimmt sie nach 7 Stunden noch zu, so ist der Versuchszeitraum bis zu einer Dauer von 5 Tagen zu verlängern. Die Prüfung kann abgebrochen werden, wenn die Gasentwicklungsrate zu irgendeinem Zeitpunkt 1 l/kg.h übersteigt.

1.4.   REFERENZSUBSTANZEN

Nicht spezifiziert.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine Angabe.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Stufe 1

1.6.1.1.   Versuchsbedingungen

Der Versuch wird bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) ausgeführt.

1.6.1.2.   Versuchsausführung

Eine geringe Menge (etwa 2 mm Durchmesser) der Prüfsubstanz wird in eine Schale mit destilliertem Wasser gegeben. Es wird notiert, i) ob sich Gas entwickelt und ii) ob sich das Gas entzündet. Entzündet sich das Gas, so braucht die Substanz nicht weiter geprüft zu werden, da sie als gefährlich zu betrachten ist.

1.6.2.   Stufe 2

1.6.2.1.   Gerät

Ein Filterpapier wird flach auf die Oberfläche des in ein geeignetes Gefäß gefüllten destillierten Wassers gelegt; als Gefäß kann z. B. eine Abdampfschale mit ca. 100 mm Durchmesser dienen.

1.6.2.2.   Versuchsbedingungen

Der Versuch wird bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) durchgeführt.

1.6.2.3.   Versuchsausführung

Eine geringe Menge (etwa 2 mm Durchmesser) der Prüfsubstanz wird mitten auf das Filterpapier gelegt. Es wird notiert, i) ob sich Gas entwickelt und ii) ob sich das Gas entzündet. Entzündet sich das Gas, so braucht die Substanz nicht weiter geprüft zu werden, da sie als gefährlich zu betrachten ist.

1.6.3.   Stufe 3

1.6.3.1.   Versuchsbedingungen

Der Versuch wird bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) durchgeführt.

1.6.3.2.   Versuchsausführung

Mit der Prüfsubstanz wird eine kleine Schüttung von etwa 2 cm Höhe und 3 cm Durchmesser mit einer Vertiefung an der Spitze hergestellt. Man gießt einige Tropfen Wasser in die Vertiefung und notiert, i) ob sich Gas entwickelt und ii) ob sich das Gas entzündet. Entzündet sich das Gas, so braucht die Substanz nicht weiter geprüft zu werden, da sie als gefährlich zu betrachten ist.

1.6.4.   Stufe 4

1.6.4.1.   Gerät

Die Apparatur wird gemäß der Abbildung aufgebaut.

1.6.4.2.   Versuchsbedingungen

Man stellt fest, ob sich in dem Behälter mit der Prüfsubstanz Pulver mit einer Korngröße von < 500 μm befindet. Macht dieses Pulver mehr als insgesamt 1 % (Massenanteil) aus oder ist die Probe zerreibbar, so ist die gesamte Probe vor dem Versuch zu einem Pulver zu mahlen, um eine Zerkleinerung der Teilchen (durch Abrieb) bei Lagerung und Handhabung zu berücksichtigen; andernfalls ist die Substanz im Anlieferungszustand zu verwenden. Der Versuch ist bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) und Atmosphärendruck auszuführen.

1.6.4.3.   Versuchsausführung

Es werden 10 bis 20 ml Wasser in den Tropftrichter der Apparatur gegeben und 10 g Prüfsubstanz in den Erlenmeyer-Kolben. Die entwickelte Gasmenge kann mit einer beliebigen geeigneten Apparatur gemessen werden. Der Hahn des Tropftrichters wird geöffnet, um das Wasser in den Kolben zu geben; gleichzeitig wird eine Stoppuhr in Gang gesetzt. Die entwickelte Gasmenge wird über einen Zeitraum von 7 Stunden in Abständen von je einer Stunde gemessen. Ist die Gasentwicklung in dieser Zeit ungleichmäßig oder nimmt sie nach 7 Stunden noch zu, so ist der Versuchszeitraum bis zu einer Dauer von 5 Tagen zu verlängern. Die Prüfung kann abgebrochen werden, wenn die Entwicklungsrate zu irgendeinem Zeitpunkt 1 l/kg.h übersteigt. Der Versuch ist dreimal auszuführen.

Ist die chemische Zusammensetzung des Gases nicht bekannt, so muss es analysiert werden. Enthält es leichtentzündliche Komponenten und ist nicht bekannt, ob das ganze Gemisch leichtentzündlich ist, so ist ein Gemisch mit gleicher Zusammensetzung herzustellen und nach dem Verfahren A.11 zu prüfen.

2.   DATEN

Der Stoff wird als gefährlich betrachtet, wenn es

auf einer beliebigen Stufe des Prüfverfahrens zu einer Entzündung oder

zu einer Entwicklung von leichtentzündlichem Gas mit einer Entwicklungsrate von mehr als 1 l/kg.h kommt.

3.   BERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen),

Einzelheiten zu einer eventuellen Vorbehandlung der Prüfsubstanz,

die Versuchsergebnisse (Stufen 1, 2, 3 und 4),

die chemische Zusammensetzung des entwickelten Gases,

die Gasentwicklungsrate, wenn Stufe 4 (1.6.4) ausgeführt wird,

alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung sind.

4.   LITERATUR

(1)

Recommendations on the Transport of Dangerous Goods, Test and criteria, 1990, United Nations, New York.

(2)

NF T 20-040 (Sept. 85). Chemical products for industrial use. Determination of the flammability of gases formed by the hydrolysis of solid and liquid products.

Anlage

Abbildung

Apparatur

Image

A.13.   PYROPHORE EIGENSCHAFTEN VON FESTEN UND FLÜSSIGEN STOFFEN

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Das Prüfverfahren ist anwendbar auf feste und flüssige Stoffe, die sich in kleinen Mengen nach kurzer Zeit an der Luft bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) selbst entzünden.

Dieses Verfahren gilt nicht für Stoffe, die sich bei Raumtemperatur oder höheren Temperaturen erst nach Stunden oder Tagen selbst entzünden.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Substanzen werden als pyrophor betrachtet, wenn sie sich unter den in 1.6 beschriebenen Bedingungen selbst entzünden oder eine Verkohlung hervorrufen.

Nichtpyrophore Flüssigkeiten sind im Hinblick auf ihre Selbstentzündlichkeit nach dem Verfahren A.15 (Zündtemperatur von Flüssigkeiten und Gasen) zu prüfen.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Nicht spezifiziert.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz — fest oder flüssig — wird auf eine inerte Trägersubstanz gegeben und bei Raumtemperatur 5 Minuten lang mit der Luft in Berührung gebracht. Wenn sich flüssige Stoffe nicht entzünden, werden sie auf ein Filterpapier gegossen und bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) 5 Minuten lang der Luft ausgesetzt. Wenn ein fester oder flüssiger Stoff sich entzündet oder ein flüssiger Stoff ein Filterpapier entzündet oder verkohlt, dann wird die Substanz als pyrophor beurteilt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Wiederholbarkeit: Aus sicherheitstechnischen Gründen genügt ein einziges positives Ergebnis, um die Substanz als pyrophor zu beurteilen.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Gerät

Eine Porzellanschale mit einem Durchmesser von etwa 10 cm wird bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) etwa 5 mm hoch mit Diatomeenerde gefüllt.

Bemerkung

Diatomeenerde oder irgendein anderer, allgemein verfügbarer ähnlicher inerter Stoff soll repräsentativ für Erde sein, mit der bei einem Unfall ausgelaufene Stoffe in Berührung kommen können.

Ein trockenes Filterpapier wird für die Prüfung von solchen Flüssigkeiten benötigt, die sich auf der inerten Trägersubstanz an der Luft nicht entzünden.

1.6.2.   Versuchsausführung

a)   Pulverförmige feste Stoffe

1 bis 2 cm3 der zu prüfenden pulverförmigen Substanz werden aus etwa 1 m Höhe auf eine nicht brennbare Unterlage geschüttet, und es wird beobachtet, ob sich die Substanz beim Fallen oder innerhalb von 5 Minuten nach Ablagerung entzündet.

Wenn es nicht zu einer Entzündung kommt, wird der Versuch sechsmal ausgeführt.

b)   Flüssigkeiten

Etwa 5 cm3 der zu prüfenden Flüssigkeit werden in die vorbereitete Porzellanschale gegossen, und es wird beobachtet, ob sich die Prüfsubstanz innerhalb von 5 Minuten entzündet.

Wenn es bei den sechs Versuchen nicht zu einer Entzündung kommt, sind folgende Prüfungen durchzuführen:

Eine Probenmenge von 0,5 ml wird aus einer Spritze auf ein eingerissenes Filterpapier gegeben, und es wird beobachtet, ob es innerhalb von 5 Minuten nach Zugeben der Flüssigkeit zu einer Entzündung oder zur Verkohlung des Filterpapiers kommt. Wenn es nicht zu einer Entzündung oder zur Verkohlung des Filterpapiers kommt, wird der Versuch dreimal ausgeführt.

2.   DATEN

2.1.   FOLGERUNG AUS DEN ERGEBNISSEN

Die Prüfungen können abgebrochen werden, sobald einer der Versuche ein positives Ergebnis zeigt.

2.2.   AUSWERTUNG

Wenn sich die Substanz innerhalb von 5 Minuten nach dem Aufbringen auf eine inerte Trägersubstanz bei Berührung mit Luft entzündet oder wenn eine Flüssigkeit innerhalb von 5 Minuten nach dem Aufbringen an der Luft das Filterpapier entzündet oder verkohlt, dann wird sie als pyrophor beurteilt.

3.   BERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen),

die Versuchsergebnisse,

alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung sind.

4.   LITERATUR

(1)

NF T 20-039 (Sept. 85). Chemical products for industrial use. Determination of the spontaneous flammability of solids and liquids.

(2)

Recommendations on the Transport of Dangerous Goods, Test and criteria, 1990, United Nations, New York.

A.14.   EXPLOSIONSGEFAHR

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Die Methode stellt ein Prüfschema dar zur Feststellung, ob feste oder pastenförmige Stoffe bei Flammenzündung (thermische Empfindlichkeit) oder bei Einwirkung von Schlag oder Reibung (mechanische Empfindlichkeit) und ob Flüssigkeiten bei Flammenzündung oder bei Einwirkung von Schlag eine Explosionsgefahr darstellen.

Die Methode besteht aus drei Teilen:

a)

Prüfung der thermischen Empfindlichkeit (1),

b)

Prüfung der mechanischen Empfindlichkeit bei Schlagbeanspruchung (1),

c)

Prüfung der mechanischen Empfindlichkeit bei Reibbeanspruchung (1).

Die Methode liefert Ergebnisse, mit denen die Möglichkeit der Auslösung einer Explosion bei Einwirkung bestimmter, nicht außergewöhnlicher Beanspruchungen festgestellt werden kann. Sie dient nicht zur Feststellung, ob ein Stoff unter beliebigen Bedingungen explosionsfähig ist.

Die Methode eignet sich zur Feststellung, ob ein Stoff unter den besonderen, in der Richtlinie festgelegten Bedingungen eine Explosionsgefahr darstellt (thermische und mechanische Empfindlichkeit). Sie beruht auf der Verwendung mehrerer Arten von Apparaturen, die international weit verbreitet sind (1) und die im Allgemeinen aussagekräftige Ergebnisse ergeben. Dabei wird eingeräumt, dass die Methode keine endgültige Lösung darstellt. Es können andere als die genannten Apparaturen verwendet werden, wenn diese international anerkannt sind und die Ergebnisse in angemessener Form mit denen aus den genannten Apparaturen korreliert werden können.

Die Prüfungen brauchen nicht vorgenommen zu werden, wenn verfügbare thermodynamische Daten (z. B. Bildungs-, Zersetzungsenthalpie) und/oder das Fehlen bestimmter reaktiver Gruppen (2) in der Strukturformel zweifelsfrei erkennen lassen, dass sich der Stoff nicht unter Bildung von Gasen oder Freisetzung von Wärme schnell zersetzen kann (d. h. die Substanz keine Explosionsgefahr darstellt). Eine Prüfung der mechanischen Empfindlichkeit bei Reibbeanspruchung ist für Flüssigkeiten nicht erforderlich.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Explosionsgefährlich:

Stoffe, die durch Flammenzündung zur Explosion gebracht werden können oder die gegen Schlag oder Reibung in den genannten Apparaturen empfindlich sind (oder die in alternativen Apparaturen eine höhere mechanische Empfindlichkeit zeigen als 1,3-Dinitrobenzol).

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

1,3-Dinitrobenzol, kristallin, gesiebt auf Korngröße 0,5 mm, technisches Produkt für die Prüfung der Schlag- und Reibempfindlichkeit.

Perhydro-1,3,5-trinitro-1,3,5-triazin (RDX, Hexogen, Cyclonit — CAS 121-82-4), umkristallisiert aus wässrigem Cyclohexanon, nass gesiebt durch ein Sieb 250 μm und als Rückstand auf einem Sieb 150 μm gewonnen, anschließend bei 103 ± 2 oC (über 4 Stunden) getrocknet für die zweite Reihe der Prüfung auf Schlag- und Reibempfindlichkeit.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Um sichere Bedingungen für die Ausführung der drei Empfindlichkeitsprüfungen zu finden, ist die Durchführung von Vorversuchen erforderlich.

1.4.1.   Prüfung auf die Sicherheit des Umgangs mit der Substanz (3)

Aus sicherheitstechnischen Gründen werden vor Durchführung der Hauptprüfungen sehr kleine Proben (etwa 10 mg) der Prüfsubstanz ohne Einschluss mit einer Gasbrennerflamme erhitzt, in einem geeigneten Gerät einem Schlag ausgesetzt und unter Verwendung eines Reibstiftes und eines Widerlagers oder in einer beliebigen Reibmaschine gerieben. Das Ziel dieser Vorversuche ist, festzustellen, ob der Stoff so empfindlich und so explosiv ist, dass zur Vermeidung von Verletzungen des Prüfenden bei der Durchführung der vorgeschriebenen Empfindlichkeitsprüfungen, insbesondere der Prüfung der thermischen Empfindlichkeit, besondere Schutzmaßnahmen vorzusehen sind.

1.4.2.   Thermische Empfindlichkeit

Für die Prüfung wird die Prüfsubstanz in einer Stahlhülse erhitzt, die durch Düsenplatten mit Öffnungen verschiedenen Durchmessers verschlossen ist. Auf diese Weise wird bestimmt, ob der Stoff unter intensiver thermischer Beanspruchung bei definiertem Einschluss explodieren kann.

1.4.3.   Mechanische Empfindlichkeit (Schlag)

Die Prüfung besteht darin, die Prüfsubstanz dem Schlag eines festgelegten Fallgewichtes aus einer festgelegten Höhe auszusetzen.

1.4.4.   Mechanische Empfindlichkeit (Reibung)

Bei dieser Prüfung werden feste oder pastenförmige Substanzen der Reibung zwischen standardisierten Oberflächen unter festgelegten Bedingungen der Belastung und der relativen Bewegung ausgesetzt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Nicht festgelegt.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Thermische Empfindlichkeit (Flammenzündung)

1.6.1.1.   Apparatur

Die Apparatur besteht aus einer nicht wieder verwendbaren Stahlhülse mit deren wieder verwendbarer Verschraubung (Abbildung 1), die in eine Heiz- und Schutzvorrichtung eingesetzt wird. Jede Hülse wird aus Blech im Tiefziehverfahren hergestellt (siehe Anlage) und hat einen inneren Durchmesser von 24 mm, eine Länge von 75 mm und eine Wanddicke von 0,5 mm. Am offenen Ende sind die Hülsen mit einem Bund versehen, an dem sie mit der Düsenplatte verschlossen werden können. Der Verschluss besteht aus einer druckfesten Düsenplatte mit einer zentrischen Bohrung, die mit der aus Gewindering und Mutter bestehenden Verschraubung fest mit einer Hülse verbunden wird. Gewindering und Mutter bestehen aus Chrom-Mangan-Stahl (siehe Anlage), der bis 800 oC zunderfest ist. Die Düsenplatten sind 6 mm dick, bestehen aus warmfestem Stahl (siehe Anlage) und stehen mit verschiedenen Öffnungsdurchmessern zur Verfügung.

1.6.1.2.   Versuchsbedingungen

Normalerweise wird die Substanz im Auslieferungszustand geprüft, obwohl in einigen Fällen, z. B. bei gepressten, gegossenen oder anderweitig verdichteten Stoffen, vor der Prüfung ein Zerkleinern erforderlich werden kann.

Bei Feststoffen wird die Menge des pro Prüfung zu verwendenden Materials durch ein zweistufiges Probeverfahren für die Befüllung bestimmt. Dabei wird eine gewogene Hülse mit 9 cm3 Prüfsubstanz gefüllt und die Prüfsubstanz unter Anwendung einer Kraft von 80 N, bezogen auf den Gesamtquerschnitt der Hülse, angedrückt. Aus sicherheitstechnischen Gründen oder in solchen Fällen, wo der Aggregatzustand der Probe durch Druck verändert werden kann, können andere Füllverfahren angewendet werden; wenn z. B. die Substanz sehr reibempfindlich ist, empfiehlt sich das Andrücken nicht. Wenn der Stoff sich als kompressibel erweist, wird weitere Substanz hinzugefügt und angedrückt, bis die Hülse bis zu einer Höhe von 55 mm vom Rand gefüllt ist. Danach wird die Gesamtmenge bestimmt, die für die Füllung bis zum Niveau von 55 mm unter dem Rand benötigt wurde, und es werden zwei weitere gleich große Portionen zugegeben, wobei auch diese unter Anwendung einer Kraft von je 80 N angedrückt werden. Schließlich wird Substanz entweder zugefügt (unter Andrücken) oder ggf. entnommen, bis die Hülse bis zu einer Höhe von 15 mm unter dem Rand gefüllt ist. Dann wird eine zweite Probebefüllung durchgeführt, die mit einer angedrückten Menge von einem Drittel der Gesamtmenge der ersten Probebefüllung beginnt. Danach werden zwei weitere solche Portionen unter Anwendung von 80 N hinzugefügt und die Höhe der Substanz in der Hülse durch Hinzufügen oder Entnehmen bis auf 15 mm unter dem Rand gebracht. Die bei der zweiten Probebefüllung ermittelte Feststoffmenge wird für jeden der eigentlichen Versuche verwendet, wobei das Füllen mit drei gleich großen Mengen vorgenommen wird, deren jede durch Anwendung der erforderlichen Kraft auf 9 cm3 komprimiert wird. (Dies kann durch Verwendung von Abstandsringen erleichtert werden.)

Flüssigkeiten und gelatinöse Substanzen werden in die Hülse bis zu einer Höhe von 60 mm eingefüllt, wobei im letzteren Fall besondere Sorge dafür zu tragen ist, dass keine Lunker gebildet werden. Der Gewindering wird von unten auf die Hülse aufgeschoben, die geeignete Düsenplatte eingesetzt und die Mutter nach Aufbringen eines Schmiermittels auf Molybdändisulfid-Basis angezogen. Es muss darauf geachtet werden, dass keine Substanz zwischen dem Bund und der Platte oder im Gewinde eingeschlossen ist.

Zum Aufheizen wird Propangas verwendet, das aus einer handelsüblichen Stahlflasche mit Druckminderer (60 bis 70 mbar) entnommen und über einen Durchflussmesser und einen Verteiler gleichmäßig vier Brennern zugeführt wird (was durch Beobachtung der Flammen der einzelnen Brenner festgestellt werden kann). Die Brenner sind entsprechend Abbildung 1 an dem Schutzkasten angeordnet. Die vier Brenner haben zusammen einen Verbrauch von etwa 3,2 l Propan pro Minute. Die Verwendung alternativer Heizgase und Brenner ist möglich, doch muss die Heizgeschwindigkeit der in Abbildung 3 genannten entsprechen. Für alle Apparaturen ist die Heizgeschwindigkeit regelmäßig unter Verwendung von Hülsen mit Dibutylphthalat-Füllung zu kontrollieren (vgl. Abbildung 3).

1.6.1.3.   Versuchsausführung

Jeder Versuch wird fortgeführt, bis die Stahlhülse entweder zerlegt oder 5 Minuten erhitzt worden ist. Ein Versuch, der zu einer Zerlegung der Hülse in drei oder mehr Teile führt (diese können in einigen Fällen noch durch schmale Metallstreifen miteinander verbunden sein — vgl. Abbildung 2), wird als Explosion eingestuft. Ein Versuch mit weniger Teilen oder überhaupt keiner Zerlegung wird nicht als Explosion eingestuft.

Zunächst wird eine erste Reihe mit drei Versuchen unter Verwendung einer Düsenplatte mit einem Öffnungsdurchmesser von 6,0 mm durchgeführt; wenn es hier zu keiner Explosion kommt, folgt eine zweite Reihe, ebenfalls mit drei Versuchen, mit einer Düsenplatte von 2,0 mm Öffnungsdurchmesser. Tritt während einer dieser Versuchsreihen eine Explosion ein, kann auf die Durchführung weiterer Versuche verzichtet werden.

1.6.1.4.   Auswertung

Das Versuchsergebnis wird als positiv eingestuft, wenn es in einer der genannten Versuchsreihen zu einer Explosion kommt.

1.6.2.   Mechanische Empfindlichkeit (Schlag)

1.6.2.1.   Apparatur (Abbildung 4)

Die wesentlichen Teile eines typischen Fallhammers sind der Block aus Gussstahl mit Fuß, der Amboss, die Säule, die Führungsschienen, die Fallgewichte, die Auslösevorrichtung und ein Probenhalter. Der Stahlamboss — 100 mm (Durchmesser) × 70 mm (Höhe) — ist oben auf einen Stahlblock — 230 mm (Länge) × 250 mm (Breite) × 200 mm (Höhe) — mit Fuß — 450 mm (Länge) × 450 mm (Breite) × 60 mm (Höhe) — aufgeschraubt. Eine Säule aus nahtlos gezogenem Stahlrohr ist in einer Halterung befestigt, die auf der Rückseite des Stahlblocks angeschraubt ist. Der Fallhammer ist mit 4 Steinschrauben auf einem massiven Betonsockel — 60 cm × 60 cm × 60 cm — so verankert, dass die Führungsschienen absolut senkrecht stehen und das Fallgewicht leicht geführt wird. Fallgewichte zu 5 kg und 10 kg aus massivem Stahl stehen zur Verfügung. Der Schlageinsatz jedes Gewichts besteht aus gehärtetem Stahl, HRC 60 bis 63, und hat einen Mindestdurchmesser von 25 mm.

Die zu untersuchende Probe ist in eine Stempelvorrichtung einzuschließen, die aus zwei koaxial übereinander stehenden Stahlstempeln und einem Hohlzylinder aus Stahl als Führungsring besteht. Die Stahlstempel, Abmessung 10 (–0,003, -0,005) mm Durchmesser und 10 mm Höhe, müssen polierte Flächen, abgerundete Kanten (Krümmungsradius 0,5 mm) und eine Härte HRC 58 bis 65 haben. Der Hohlzylinder muss einen äußeren Durchmesser von 16 mm, eine geschliffene Bohrung von 10 (+0,005, +0,010) mm und eine Höhe von 13 mm haben. Die Stempelvorrichtung ist auf einen Zwischenamboss (26 mm Durchmesser, 26 mm Höhe) aus Stahl zu stellen und durch einen Zentrierring mit einem Lochkranz zum Abströmen der Explosionsschwaden zu zentrieren.

1.6.2.2.   Versuchsbedingungen

Die Probe muss ein Volumen von 40 mm3 oder ein der verwendeten Alternativapparatur angepasstes Volumen haben. Feststoffe sind im trockenen Zustand zu prüfen und wie folgt vorzubereiten:

a)

Pulverförmige Substanzen sind zu sieben (Maschenweite 0,5 mm); der gesamte Siebdurchgang ist zur Prüfung zu verwenden.

b)

Gepresste, gegossene oder anderweitig verdichtete Substanzen sind zu zerkleinern und zu sieben; zur Prüfung ist die Siebfraktion 0,5 bis 1 mm Durchmesser zu verwenden; sie muss für die Originalsubstanz repräsentativ sein.

Substanzen, die in der Regel pastenförmig geliefert werden, sollten, wenn möglich, im trockenen Zustand geprüft werden, auf jeden Fall aber nach Entfernen der größtmöglichen Menge an Verdünnungsmittel. Bei der Prüfung flüssiger Substanzen ist zwischen dem oberen und dem unteren Stahlstempel ein Abstand von 1 mm zu halten.

1.6.2.3.   Versuchsausführung

Es werden sechs Einzelversuche unter Verwendung des Fallgewichts von 10 kg und Anwendung einer Fallhöhe von 0,40 m (40 J) ausgeführt. Wenn es während der sechs Versuche bei 40 J zu einer Explosion kommt, sind weitere sechs Einzelversuche mit einem Fallgewicht von 5 kg und einer Fallhöhe von 0,15 m (7,5 J) auszuführen. Bei Verwendung einer anderen Apparatur wird die Probe mit der gewählten Referenzsubstanz unter Benutzung einer anerkannten Auswertungsmethode (z. B. Up-and-down-Technik usw.) verglichen.

1.6.2.4.   Auswertung

Das Prüfergebnis wird als positiv eingestuft, wenn es mit der beschriebenen Apparatur zumindest in einem der genannten Versuche zu einer Explosion (eine Entflammung und/oder ein Knall steht einer Explosion gleich) kommt oder wenn bei Verwendung einer alternativen Apparatur die Probe empfindlicher ist als 1,3-Dinitrobenzol oder Hexogen (RDX).

1.6.3.   Mechanische Empfindlichkeit (Reibung)

1.6.3.1.   Apparatur (Abbildung 5)

Der Reibapparat besteht aus einer Grundplatte (Gussstahl), auf der die Reibvorrichtung, bestehend aus einem feststehenden Porzellanstift und einem beweglichen Porzellanplättchen, montiert ist. Das Porzellanplättchen ist in einem Schlitten befestigt, der in zwei Gleitschienen geführt wird. Der Schlitten wird mit einem Elektromotor über eine Schubstange, eine Exzenterscheibe und ein geeignetes Getriebe so angetrieben, dass das Porzellanplättchen unter dem Porzellanstift eine einmalige Hin- und Rückbewegung von 10 mm Länge ausführt. Der Porzellanstift kann z. B. mit 120 oder 360 N belastet werden.

Die flachen Porzellanplättchen sind aus rein weißem technischem Porzellan gefertigt (Rautiefe 9 μm bis 32 μm) und haben die Abmessungen 25 mm (Länge) × 25 mm (Breite) × 5 mm (Höhe). Der zylindrische Porzellanstift ist ebenfalls aus rein weißem technischem Porzellan gefertigt. Er ist 15 mm lang, hat einen Durchmesser von 10 mm und eine raue sphärische Endfläche mit einem Krümmungsradius von 10 mm.

1.6.3.2.   Versuchsbedingungen

Die Probe muss ein Volumen von 10 mm3 oder ein der verwendeten Alternativapparatur angepasstes Volumen haben.

Feststoffe sind im trockenen Zustand zu prüfen und wie folgt vorzubereiten:

a)

Pulverförmige Substanzen sind zu sieben (Maschenweite 0,5 mm); der gesamte Siebdurchgang ist zur Prüfung zu verwenden.

b)

Gepresste, gegossene oder anderweitig verdichtete Substanzen sind zu zerkleinern und zu sieben; zur Prüfung ist die Siebfraktion < 0,5 mm Durchmesser zu verwenden.

Pastenförmige Substanzen sollten, wenn möglich, im trockenen Zustand geprüft werden. Falls das nicht möglich ist, muss die Paste, nach Entfernen der größtmöglichen Menge an Verdünnungsmittel, als 0,5 mm dicker, 2 mm breiter und 10 mm langer Film, der mit einem speziellen Formteil hergestellt wird, geprüft werden.

1.6.3.3.   Versuchsausführung

Der Porzellanstift wird auf die zu untersuchende Probe gesetzt und belastet. Bei Durchführung des Versuchs muss der Schwammstrich des Porzellanplättchens quer zu dessen Bewegungsrichtung liegen. Es ist darauf zu achten, dass der Stift auf der Probe steht und dass so viel Prüfsubstanz vor dem Stift liegt, dass bei der Plättchenbewegung genügend Prüfsubstanz unter den Stift gelangt. Pastenförmige Substanzen werden mittels einer Lehre (Dicke: 0,5 mm) mit einer Öffnung von 2 mm × 10 mm auf das Plättchen aufgetragen. Das Porzellanplättchen wird unter dem Porzellanstift in einer Zeit von 0,44 s je 10 mm hin- und herbewegt. Jeder Oberflächenbezirk des Plättchens und des Stiftes darf nur einmal verwendet werden; die beiden Enden eines jeden Stiftes können für zwei Versuche und die beiden Oberflächen eines jeden Plättchens können für je drei Versuche benutzt werden.

Es werden sechs Einzelversuche unter Verwendung einer Belastung von 360 N ausgeführt. Wenn es während der sechs Versuche zu einer positiven Reaktion kommt, sind weitere sechs Einzelversuche mit einer Belastung von 120 N auszuführen. Bei Verwendung einer anderen Apparatur wird die Probe mit der gewählten Referenzsubstanz unter Benutzung einer anerkannten Auswertungsmethode (z. B. Up-and-down-Technik usw.) verglichen.

1.6.3.4.   Auswertung

Das Prüfergebnis wird als positiv eingestuft, wenn es mit dem beschriebenen Reibapparat zumindest in einem der genannten Versuche zu einer Explosion (ein Knistern und/oder ein Knall oder eine Entflammung stehen einer Explosion gleich) kommt oder wenn bei Verwendung einer alternativen Reibprüfung die äquivalenten Kriterien erfüllt werden.

2.   DATEN

Grundsätzlich gilt ein Stoff als im Sinne dieser Richtlinie explosionsgefährlich, wenn bei der Prüfung auf thermische, Schlag- oder Reibempfindlichkeit ein positives Ergebnis erzielt wird.

3.   BERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

die Bezeichnung, die Zusammensetzung, die Reinheit, der Feuchtigkeitsgehalt usw. der Prüfsubstanz,

der Aggregatzustand der Probe und die Angabe, ob die Probe zerkleinert und/oder gesiebt worden ist,

die Beobachtungen während der Prüfungen auf thermische Empfindlichkeit (z. B. Probenmasse, Anzahl der Splitter usw.),

die Beobachtungen während der Prüfungen auf mechanische Empfindlichkeit (z. B. größere Rauchentwicklung oder vollständige Zersetzung ohne einen Knall, Flammen, Funken, Knistern usw.),

die Ergebnisse jedes Einzelversuchs,

bei Anwendung einer Alternativapparatur: die wissenschaftliche Begründung sowie die Beweisführung für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen der beschriebenen und der Alternativapparatur,

alle nützlichen Hinweise auf Versuche mit ähnlichen Substanzen, die für die richtige Interpretation der erhaltenen Versuchsergebnisse von Bedeutung sein können,

alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung sind.

3.2.   INTERPRETATION UND BEWERTUNG DER ERGEBNISSE

Im Prüfbericht sind alle Ergebnisse anzugeben, die als falsch, anormal oder nicht repräsentativ angesehen werden. Wird ein Versuchsergebnis nicht in die Bewertung einbezogen, so ist dies zu begründen, und es sind die Ergebnisse anderer oder zusätzlicher Versuche aufzuführen. Kann die Abnormität eines Ergebnisses nicht erklärt werden, muss das Ergebnis als solches akzeptiert und der Stoff entsprechend eingestuft werden.

4.   LITERATUR

(1)

Recommendations on the Transport of Dangerous Goods: Tests and criteria, 1990, United Nations, New York.

(2)

Bretherick, L., Handbook of Reaaive Chemical Hazards, 4. Auflage, Butterworths, London, ISBN 0-750-60103-5, 1990.

(3)

Koenen, H., Ide, K.H. und Swatt, K.H., Explosivstoffe, 1961, Bd. 3, 6-13 und 30-42.

(4)

NF T 20-038 (Sept. 85). Chemical products for industrial use — Determination of explosion risk.

Anlage

Beispiel für Werkstoffspezifikation zur Prüfung auf thermische Empfindlichkeit (vgl. DIN 1623)

(1)

Hülse: Werkstoffspezifikation Nr. 1.0336.505 g

(2)

Düsenplatte: Werkstoffspezifikation Nr. 1.4873

(3)

Gewindering und Mutter: Werkstoffspezifikation Nr. 1.3817

Abbildung 1

Apparatur für die Prüfung auf thermische Empfindlichkeit

(alle Abmessungen in mm)

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Abbildung 2

Prüfung auf thermische Empfindlichkeit

Beispiele für Splitterbilder

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Abbildung 3

Kalibrierung der Heizgeschwindigkeit für die Prüfung auf thermische Empfindlichkeit

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Temperatur-/Zeitkurve bei Erwärmung von Dibutylphthalat (27 cm3) in einer (mit einer Düsenplatte mit Öffnungsdurchmesser 1,5 mm) verschlossenen Hülse bei einem Propanverbrauch von 3,2 l/min. Die Temperatur wird mit einem Chromel-/Alumel-Thermoelement (Durchmesser: 1 mm) in einer Hülse aus rostfreiem Stahl gemessen, das zentral 43 mm unter dem Hülsenrand angebracht ist. Die Heizgeschwindigkeit muss im Bereich von 135 oC bis 285 oC zwischen 185 K/min und 215 K/min liegen.

Abbildung 4

Apparatur zur Prüfung auf Schlagempfindlichkeit

(alle Abmessungen in mm)

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Abbildung 4

Fortsetzung

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Abbildung 5

Apparatur zur Prüfung auf Reibempfindlichkeit

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A.15.   ZÜNDTEMPERATUR (FLÜSSIGKEITEN UND GASE)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Diese Prüfmethode gilt nicht für explosive Stoffe und solche, die sich bei Raumtemperatur spontan entzünden. Das Prüfverfahren ist auf Gase, Flüssigkeiten und Dämpfe anwendbar, die sich in Gegenwart von Luft an einer heißen Oberfläche entzünden können.

Die Zündtemperatur kann durch katalytisch wirkende Verunreinigungen, durch das Oberflächenmaterial oder durch ein größeres Volumen des Prüfgefäßes erheblich herabgesetzt werden.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Die Zündtemperatur stellt ein Maß für die Selbstentzündlichkeit dar. Die Zündtemperatur ist die niedrigste Temperatur, bei der sich die Prüfsubstanz im Gemisch mit Luft unter den im Prüfverfahren definierten Bedingungen entzündet.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen sind in den Normen angegeben (siehe 1.6.3). Sie sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Methode dient der Bestimmung der Mindesttemperatur von Behälterinnenflächen, durch die in diesem Behältnis befindliche Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten entzündet werden können.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Wiederholbarkeit hängt ab vom Zündtemperaturbereich und der angewandten Prüfmethode.

Die Empfindlichkeit und Spezifität hängen von der angewandten Prüfmethode ab.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Geräte

Die Prüfgeräte sind in den unter 1.6.3 genannten Methoden beschrieben.

1.6.2.   Versuchsbedingungen

Die zu prüfende Substanz wird entsprechend den unter 1.6.3 genannten Methoden geprüft.

1.6.3.   Versuchsausführung

Siehe IEC 79-4, DIN 51794, ASTM-E 659-78, BS 4056, NF F 20-037.

2.   DATEN

Registrieren von Versuchstemperatur, Luftdruck, Menge der eingesetzten Probe und Zündverzögerungszeit.

3.   BERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen),

die Probenmenge, der Luftdruck,

die verwendete Apparatur,

die Messergebnisse (Prüftemperaturen, Ergebnisse hinsichtlich Zündung, entsprechender Zeitverzug),

alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse wichtig sind.

4.   LITERATUR

Keine.

A.16.   RELATIVE SELBSTENTZÜNDUNGSTEMPERATUR FÜR FESTSTOFFE

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Diese Prüfmethode gilt nicht für explosive Stoffe und solche, die sich bei Raumtemperatur an der Luft selbst entzünden.

Zweck dieser Prüfung ist der Erhalt von vorläufigen Informationen über die Selbstentzündlichkeit von festen Stoffen bei erhöhter Temperatur.

Wird die bei der Reaktion des Stoffes mit Sauerstoff oder bei der exothermen Zersetzung des Stoffes entstehende Wärme nicht schnell genug an die Umgebung abgegeben, so kommt es zur Selbsterhitzung mit nachfolgender Selbstentzündung. Selbstentzündung tritt somit ein, wenn die Wärmeentwicklung größer ist als die Wärmeableitung.

Die Prüfmethode wird als Vorversuch für feste Substanzen angewendet. Wegen der komplexen Natur der Entzündung und Verbrennung von festen Stoffen ist die mit dieser Methode bestimmte Selbstentzündungstemperatur nur für Vergleichszwecke zu benutzen.

1.2.   DEFINITION UND EINHEITEN

Die mit dieser Methode bestimmte Selbstentzündungstemperatur ist die minimale Umgebungstemperatur in oC, bei der sich unter definierten Bedingungen eine bestimmte Menge einer Substanz entzündet.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Eine bestimmte Menge der Prüfsubstanz wird bei Raumtemperatur in einen Ofen eingebracht. Während die Temperatur des Ofens mit einer Rate von 0,5 K/min auf 400 oC oder bis zum Schmelzpunkt (wenn dieser niedriger liegt) erhöht wird, wird die Temperatur im Inneren der Probe gemessen und als Temperatur/Zeit-Kurve registriert. Bei diesem Verfahren wird diejenige Ofentemperatur, bei der die Probentemperatur durch Selbsterhitzung 400 oC erreicht, als Selbstentzündungstemperatur bezeichnet.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Gerät

1.6.1.1.   Ofen

Ein Laboratoriumsofen (Volumen etwa 2 l) mit Temperaturprogrammierung, natürlicher Luftzirkulation und Explosionsdruckentlastung. Um Explosionsgefahr zu vermeiden, dürfen Schwelgase auf keinen Fall mit den elektrischen Heizdrähten in Berührung kommen.

1.6.1.2.   Drahtnetz-Kubus

Ein Stück Drahtnetz aus rostfreiem Stahl mit einer Maschenweite von 0,045 mm wird entsprechend der Darstellung in Abbildung 1 zugeschnitten. Dieses Drahtnetz wird zu einem oben offenen Kubus gefaltet; die Kanten des Kubus werden fest mit Draht verbunden.

1.6.1.3.   Thermoelemente

Geeignete Thermoelemente.

1.6.1.4.   Registriergerät

Jedes Registriergerät mit zwei Messkanälen, das für Temperaturen von 0 bis 600 oC oder den entsprechenden Thermospannungs-Bereich kalibriert ist.

1.6.2.   Versuchsbedingungen

Die Stoffe werden in ihrem Anlieferungszustand geprüft.

1.6.3.   Versuchsausführung

Der Kubus wird mit der Prüfsubstanz gefüllt und der Inhalt durch leichtes Aufstoßen verdichtet; es wird weitere Prüfsubstanz dazugegeben, bis der Kubus vollständig gefüllt ist. Der Kubus wird dann bei Raumtemperatur in die Mitte des Ofens eingesetzt. Ein Thermoelement wird in die Mitte des Kubus und das andere zur Registrierung der Ofentemperatur zwischen dem Kubus und der Ofenwand angebracht.

Während die Temperatur des Ofens mit einer Rate von 0,5 K/mm auf 400 oC oder bis zum Schmelzpunkt (wenn dieser niedriger liegt) gesteigert wird, wird die Temperatur des Ofens und der Probe kontinuierlich aufgezeichnet.

Wenn sich die Prüfsubstanz entzündet, zeigt das Thermoelement der Probe einen starken Temperaturanstieg über die Ofentemperatur hinaus.

2.   DATEN

Diejenige Temperatur des Ofens, bei der die Probentemperatur durch Selbsterhitzung 400 oC erreicht, ist für die Beurteilung maßgebend (siehe Abbildung 2).

3.   BERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

eine Beschreibung der Prüfsubstanz,

die Messergebnisse einschließlich der Temperatur/Zeit-Kurve,

alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse wichtig sind.

4.   LITERATUR

(1)

NF T 20-036 (Sept. 85). Chemical products for industrial use. Determination of the relative temperature of the spontaneous flammability of solids.

Abbildung 1

Muster des Testkubus (Kantenlänge 20 mm)

Image

Abbildung 2

Typische Temperatur/Zeit-Kurve

Image

A.17.   BRANDFÖRDERNDE EIGENSCHAFTEN (FESTSTOFFE)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Es ist zweckdienlich, vor Ausführung dieses Versuchs Informationen über mögliche explosive Eigenschaften der Substanz zu haben.

Dieses Verfahren kann nicht auf Flüssigkeiten, Gase, explosive oder leichtentzündliche Substanzen oder organische Peroxide angewendet werden.

Die Prüfung braucht nicht ausgeführt zu werden, wenn die Prüfung der Strukturformel zweifelsfrei ergibt, dass die Substanz mit brennbarem Material nicht exotherm reagieren kann.

Zur Ermittlung der Sicherheitsvorkehrungen für die Versuchsausführung ist es notwendig, einen Vorversuch durchzuführen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Abbrandzeit: diejenige Zeit in Sekunden, in der sich die Reaktionszone über die Schüttung ausbreitet, gemäß dem unter 1.6 beschriebenen Verfahren.

Abbrandgeschwindigkeit: anzugeben in mm/s.

Höchste Abbrandgeschwindigkeit: die höchsten Werte der Abbrandgeschwindigkeiten von Gemischen mit Massenanteilen an Oxidationsmitteln von 10 bis 90 %.

1.3.   REFERENZSUBSTANZ

Als Referenzsubstanz für die Prüfung und den Vorversuch wird Bariumnitrat (analysenrein) verwendet.

Referenzgemisch ist dasjenige Gemisch aus Bariumnitrat und Cellulosepulver, das gemäß 1.6 hergestellt wurde und die höchste Abbrandgeschwindigkeit hat (üblicherweise ein Gemisch mit einem Massenanteil an Bariumnitrat von 60 %).

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Der Vorversuch wird aus Gründen der Sicherheit ausgeführt. Wenn der Vorversuch eindeutig ergibt, dass die Substanz brandfördernde Eigenschaften hat, sind keine weiteren Prüfungen erforderlich. Liegt ein solches eindeutiges Ergebnis nicht vor, so ist mit der Substanz der Hauptversuch auszuführen.

Für den Hauptversuch werden die Prüfsubstanz und eine definierte brennbare Substanz in verschiedenen Gewichtsverhältnissen gemischt. Jedes Gemisch wird dann zu Schüttungen geformt und diese Schüttungen werden an einem Ende gezündet. Die höchste ermittelte Abbrandgeschwindigkeit wird mit der höchsten Abbrandgeschwindigkeit des Referenzgemisches verglichen.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Es ist jede Methode der Zerkleinerung und Mischung geeignet, die dazu führt, dass bei den sechs getrennten Versuchen die maximale Abbrandgeschwindigkeit vom arithmetischen Mittelwert um nicht mehr als 10 % abweicht.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Vorbereitung

1.6.1.1.   Prüfsubstanz

Die Prüfsubstanz wird nach dem folgenden Verfahren auf eine Korngröße von < 0,125 mm gebracht: Substanz sieben, verbleibende Kornfraktion zerkleinern, das Verfahren so lange wiederholen, bis die gesamte Probe das Sieb passiert hat.

Es kann jedes Zerkleinerungs- und Siebverfahren eingesetzt werden, das den Qualitätskriterien genügt.

Vor der Herstellung des Gemisches wird die Substanz bei 105 oC bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Wenn die Zersetzungstemperatur der Substanz unterhalb 105 oC liegt, ist die Substanz bei entsprechend niedrigerer Temperatur zu trocknen.

1.6.1.2.   Brennbare Substanz

Cellulosepulver wird als brennbare Substanz verwendet. Es sollte dies ein Cellulosepulver sein, das für die Dünnschicht- oder Säulenchromatografie verwendet wird. Als geeignet hat sich eine Sorte mit einer Faserlänge von mehr als 85 % zwischen 0,020 und 0,075 mm erwiesen. Das Cellulosepulver wird unter Verwendung eines Siebes mit einer Maschenweite von 0,125 mm gesiebt. Für die gesamte Prüfung ist dieselbe Cellulosepartie zu verwenden.

Vor der Herstellung der Mischung wird das Cellulosepulver bei 105 oC bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.

Wenn im Vorversuch Sägemehl verwendet wird, ist derjenige Anteil von Weichholzsägemehl zu verwenden, der ein Sieb mit einer Maschenweite von 1,6 mm passiert. Dieses Sägemehl wird sorgfältig gemischt und in einer Schichtdicke von maximal 25 mm bei 105 oC 4 Stunden lang getrocknet. Abkühlen lassen und bis zur Verwendung (möglichst innerhalb von 24 Stunden nach dem Trocknen) in einem luftdichten Behälter aufbewahren, der so voll wie möglich gefüllt sein soll.

1.6.1.3.   Zündquelle

Als Zündquelle wird die Flamme eines Gasbrenners (Mindestdurchmesser 5 mm) benutzt. Bei Verwendung einer anderen Zündquelle (z. B. bei Prüfungen in einer inerten Atmosphäre) ist eine entsprechende Beschreibung mit Begründung dem Bericht beizufügen.

1.6.2.   Versuchsausführung

Bemerkung

Gemische aus Oxidationsmitteln und Cellulose oder Sägemehl müssen als potenziell explosionsgefährlich angesehen und mit großer Sorgfalt behandelt werden.

1.6.2.1.   Vorversuch

Die getrocknete Substanz wird mit der getrockneten Cellulose oder mit getrocknetem Sägemehl (Gewichtsverhältnis: 2 Teile Prüfsubstanz, 1 Teil Cellulose oder Sägemehl) gründlich gemischt. Das Gemisch wird zu einer kegelförmigen Schüttung mit 3,5 cm Durchmesser (Durchmesser der Grundfläche) und 2,5 cm Höhe geformt, indem es ohne besonderes Andrücken in eine kegelförmige Form eingefüllt wird (z. B. in einen Laboratoriums-Glastrichter mit verstopftem Abflussrohr).

Die Schüttung wird auf einer kalten, nicht brennbaren, nichtporösen Grundplatte mit geringer Wärmeleitfähigkeit angeordnet. Der Versuch ist gemäß 1.6.2.2 in einem Abzug auszuführen.

Der Kegel wird mit einer Zündquelle entzündet. Heftigkeit und Dauer der eintretenden Reaktion werden beobachtet und notiert.

Die Substanz wird als brandfördernd beurteilt, wenn die Reaktion heftig ist.

In allen Fällen, in denen Zweifel am Ergebnis möglich sind, ist das nachstehend beschriebene vollständige Prüfverfahren anzuwenden.

1.6.2.2.   Hauptversuch

Es werden Gemische aus Oxidationsmittel und Cellulose hergestellt, mit Massenanteilen an Oxidationsmitteln von 10 % bis 90 %, in 10 %-Intervallen. Für Grenzfälle sollten Gemische von Oxidationsmitteln und Cellulose mit dazwischen liegender Zusammensetzung hergestellt werden, um bei der Bestimmung der höchsten Abbrandgeschwindigkeit genauere Werte zu erhalten.

Die Schüttung wird mittels einer Form hergestellt. Die Form besteht aus Metall, hat eine Länge von 250 mm und einen dreieckigen Querschnitt mit einer inneren Höhe von 10 mm und einer inneren Breite von 20 mm. Die Form wird an beiden Längsseiten von zwei Metallblechen begrenzt, die den dreieckigen Querschnitt um 2 mm überragen (siehe Abbildung). Diese Anordnung wird mit einem geringen Überschuss lose gefüllt. Nach dem Fallenlassen der Form aus 2 cm Höhe auf eine feste Unterlage wird die überstehende Substanz mit einem flachen Blech abgestrichen. Dann werden die seitlichen Begrenzungen entfernt und die verbleibende Schicht wird mit einer Rolle geglättet. Nun wird eine nichtbrennbare und nichtporöse Platte mit geringer Wärmeleitfähigkeit auf die Form gelegt, das Ganze um 180o gedreht und die Form entfernt.

Die Schüttung wird quer zur Zugrichtung in einem Abzug angeordnet.

Die Absauggeschwindigkeit muss so hoch sein, dass Rauch nicht in das Labor dringen kann; sie soll auch während des Versuchs nicht verändert werden. Um die Versuchsanordnung herum ist ein Windschutz aufzustellen.

Wegen der Hygroskopizität der Cellulose und mancher Prüfsubstanzen soll die Prüfung so schnell wie möglich ausgeführt werden.

Die Schüttung wird an einem Ende mit der Gasflamme gezündet.

Es wird die Abbrandzeit über eine Strecke von 200 mm gemessen, nachdem die Reaktionszone eine Strecke von 30 mm vom Start zurückgelegt hat.

Die Prüfung wird mit der Referenzsubstanz und mindestens einmal mit jedem der abgestuften Gemische Prüfsubstanz/Cellulose ausgeführt.

Wenn festgestellt wird, dass die Abbrandgeschwindigkeit signifikant größer ist als die des Referenzgemisches, kann die Prüfung beendet werden. Andernfalls muss mit den drei Gemischen, die die höchsten Abbrandgeschwindigkeiten ergeben haben, der Abbrandversuch jeweils fünfmal wiederholt werden.

Wenn der Verdacht auf ein falsches positives Ergebnis besteht, muss die Prüfung wiederholt werden und zwar anstelle von Cellulose mit einer inerten Substanz ähnlicher Korngröße, z. B. Kieselgur. Alternativ ist das Gemisch Prüfsubstanz/Cellulose mit der höchsten Abbrandgeschwindigkeit in einer inerten Atmosphäre zu prüfen (< 2 % Volumenanteile Sauerstoff).

2.   DATEN

Aus sicherheitstechnischen Gründen ist die höchste Abbrandgeschwindigkeit — nicht der Mittelwert — als charakteristisches Merkmal für das brandfördernde Verhalten der Prüfsubstanz anzusehen.

Der höchste Wert der Abbrandgeschwindigkeit in einer Serie von sechs Versuchen mit einer bestimmten Mischung ist maßgebend für die Ausweitung.

Die höchsten Werte der Abbrandgeschwindigkeit für jede Mischung werden gegen den Gehalt an Prüfsubstanz aufgetragen. Aus dieser Kurve wird dann die höchste Abbrandgeschwindigkeit ermittelt.

Die sechs in einer Serie gemessenen Werte für die Abbrandgeschwindigkeit desjenigen Gemisches, das die höchste Abbrandgeschwindigkeit aufweist, dürfen nicht mehr als 10 % vom arithmetischen Mittelwert abweichen. Andernfalls müssen die Methoden der Zerkleinerung und Mischung überprüft werden.

Die höchste gemessene Abbrandgeschwindigkeit wird mit der höchsten Abbrandgeschwindigkeit des Referenzgemisches verglichen (siehe 1.3).

Bei Prüfungen in inerter Atmosphäre wird die höchste Reaktionsgeschwindigkeit mit derjenigen des Referenzgemisches in einer inerten Atmosphäre verglichen.

3.   BERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Identität, Zusammensetzung, Reinheit, Feuchtegehalt usw. der Prüfsubstanz,

sämtliche Vorbehandlungen der Prüfsubstanz (z. B. Mahlung, Trocknung usw.),

die bei den Prüfungen verwendete Zündquelle,

die Ergebnisse der Messungen,

die Art der Reaktion (z. B. schnelle Brandausbreitung an der Oberfläche, Brennen durch das gesamte Volumen, sämtliche Angaben über Verbrennungsprodukte usw.),

die Ergebnisse der Prüfungen mit einem inerten Stoff (wenn ausgeführt),

alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse wichtig sind, einschließlich einer Beschreibung der Heftigkeit (Aufflammen, Funkenwurf, Rauchentwicklung, langsames Schwelen usw.) und der ungefähren Dauer der Reaktion beim Vorversuch mit Prüf- und Bezugssubstanz,

die Ergebnisse der Prüfungen mit einem inerten Stoff (wenn ausgeführt),

die Ergebnisse der Prüfungen in inerter Atmosphäre (wenn ausgeführt).

3.2.   INTERPRETATION DES ERGEBNISSES

Eine Substanz wird als brandfördernd beurteilt, wenn

a)

sie im Vorversuch eine heftige Reaktion zeigt;

b)

beim vollständigen Prüfverfahren die höchste Abbrandgeschwindigkeit der Prüfgemische größer oder gleich der höchsten Abbrandgeschwindigkeit des Referenzgemisches aus Cellulose und Bariumnitrat ist.

Um ein falsches positives Ergebnis zu vermeiden, sind bei der Interpretation der Ergebnisse auch die Prüfergebnisse für das Gemisch aus Prüfsubstanz und einem inerten Stoff und/oder von Prüfungen in einer inerten Atmosphäre zu berücksichtigen.

4.   LITERATUR

(1)

NF T 20-035 (Sept. 85). Chemical products for industrial use. Determination of the oxidizing properties of solids.

Anlage

Abbildung

Form und Zubehör zur Herstellung der Schüttung

(alle Maßangaben in mm)

Image

A.18.   ZAHLENGEMITTELTE MOLMASSE UND MOLMASSENVERTEILUNG VON POLYMEREN

1.   METHODE

Diese gelpermeationschromatografische Methode entspricht der OECD TG 118 (1996). Die wichtigsten Grundsätze und weitere technische Informationen werden in den Literaturhinweisen (1) genannt.

1.1.   EINLEITUNG

Da die Eigenschaften von Polymeren so unterschiedlich sind, ist es unmöglich, nur eine einzige Methode zu nennen, die alle Bedingungen für die Trennung und Auswertung erfüllt und somit sämtliche Eventualitäten und Besonderheiten bei der Trennung von Polymeren berücksichtigt. Insbesondere für komplexe polymere Systeme ist die Gelpermeationschromatografie (GPC) häufig nicht geeignet. Wenn die GPC nicht anwendbar ist, kann die Molmasse mit Hilfe anderer Methoden bestimmt werden (siehe Anlage). In solchen Fällen muss die verwendete Methode in allen Einzelheiten beschrieben und die Gründe für deren Verwendung genannt werden.

Die beschriebene Methode beruht auf DIN-Norm 55672 (1). Diese Norm enthält ausführliche Informationen darüber, wie die Versuche durchgeführt und wie die Daten ausgewertet werden müssen. Wenn Änderungen der Versuchsbedingungen notwendig sein sollten, müssen diese Änderungen begründet werden. Es können andere Normen herangezogen werden, diese müssen jedoch belegt werden. Im beschriebenen Verfahren werden Polystyrolproben bekannter Polydispersität zur Kalibrierung verwendet; es kann jedoch vorkommen, dass das Verfahren für bestimmte Polymere, z. B. wasserlösliche und langkettige, verzweigte Polymere, angepasst werden muss.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Die zahlengemittelte Molmasse Mn und die gewichtsgemittelte Molmasse werden anhand folgender Gleichungen bestimmt:

Formula

Formula

Dabei ist:

Hi = die Höhe des Detektorsignals von der Grundlinie für das Retentionsvolumen Vi

Mi = die Molmasse der Polymerfraktion bei dem Retentionsvolumen Vi

n = die Zahl der Datenpunkte

Die Breite der Molmassenverteilung, die ein Maß für die Dispersität des Systems ist, wird durch das Verhältnis Mw/Mn ausgedrückt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Da es sich bei der GPC um eine relative Methode handelt, muss eine Kalibrierung vorgenommen werden. Hierzu werden in der Regel eng verteilte, linear aufgebaute Polystyrolstandards mit bekannten mittleren Molmassen Mn und Mw und einer bekannten Molmassenverteilung verwendet. Die Eichkurve kann für die Bestimmung der Molmassen unbekannter Proben nur herangezogen werden, wenn die Bedingungen für die Trennung der Probe und der Standards identisch sind.

Ein fester Bezug zwischen der Molmasse und dem Elutionsvolumen ist nur unter den spezifischen Bedingungen des betreffenden Versuchs zulässig. Diese Bedingungen umfassen vor allem die Temperatur, das Lösungsmittel (oder die Lösungsmittelmischung), die chromatografischen Bedingungen und die Trennsäule bzw. das Trennsäulensystem.

Bei den auf diese Weise ermittelten Molmassen der Probe handelt es sich um relative Werte, die als „polystyrol-äquivalente“ Molmasse bezeichnet werden. Das bedeutet, dass — in Abhängigkeit von den strukturellen und chemischen Unterschieden zwischen der Probe und den Standards — die Molmassen mehr oder weniger von den absoluten Werten abweichen können. Werden andere Standards verwendet, z. B. Polyethylenglykol, Polyethylenoxid, Polymethylmethacrylat, Polyacrylsäure, so muss dies begründet werden.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Sowohl die Molmassenverteilung der Probe als auch die mittleren Molmassen (Mn, Mw) können mit Hilfe der GPC bestimmt werden. Bei der GPC handelt es sich um eine besondere Form der Flüssigchromatografie, bei der die Probe nach den hydrodynamischen Volumina der einzelnen Bestandteile (2) aufgetrennt wird.

Die Trennung erfolgt, indem die Probe durch eine Säule läuft, die mit einem porösen Material, in der Regel einem organischen Gel, gefüllt ist. Kleine Moleküle durchdringen die Poren, während große Moleküle ausgeschlossen werden. Der Weg der großen Moleküle ist daher kürzer, und folglich werden diese zuerst eluiert. Die Moleküle mittlerer Größe durchdringen einige der Poren und werden zu einem späteren Zeitpunkt eluiert. Die kleinsten Moleküle, mit einem durchschnittlichen hydrodynamischen Radius, der kleiner ist als die Poren des Gels, können alle Poren durchdringen. Diese werden zuletzt eluiert.

Im Idealfall erfolgt die Trennung ausschließlich über die Größe der Moleküle, doch ist es in der Praxis schwierig, gewisse störende Absorptionseffekte zu vermeiden. Ungleichmäßige Säulenfüllungen und Totvolumen können zur weiteren Verschlechterung der Trennung führen (2).

Die Detektion erfolgt beispielsweise über den Brechungsindex oder die UV-Absorption und ergibt eine einfache Verteilungskurve. Um tatsächliche Molmassenwerte für die Kurve zu erhalten, ist es notwendig, die Säule zu kalibrieren, indem Polymere mit bekannter Molmasse und idealerweise auch mit im großen und ganzen vergleichbarer Struktur, z. B. verschiedene Polystyrolstandards, auf diese Säule aufgegeben werden. In der Regel ergibt sich eine Gaußsche Kurve, die manchmal durch einen kleinen Schwanz in Richtung der niedrigen Molmassen verzerrt ist; die vertikale Achse zeigt die Häufigkeit der verschiedenen eluierten Molmassenfraktionen, die horizontale Achse log Molmasse.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Wiederholbarkeit (Relative Standardabweichung: RSA) für den Wert des Elutionsvolumens sollte besser als 0,3 % sein. Die geforderte Wiederholbarkeit der Analyse muss durch Korrektur mittels eines internen Standards gewährleistet sein, wenn ein Chromatogramm zeitabhängig ausgewertet wird und nicht dem oben genannten Kriterium (1) entspricht. Die Polydispersitäten sind von den Molmassen der Standards abhängig. Für die Polystyrolstandards sind folgende Werte charakteristisch:

Mp < 2 000

Mw/Mn < 1,20

2 000 ≤ Mp ≤ 106

Mw/Mn < 1,05

Mp > 106

Mw//Mn < 1,20

(Mp bezeichnet die Molmasse des Standards am Peakmaximum.)

1.6.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.6.1.   Vorbereitung der Standardpolystyrollösungen

Die Polystyrolstandards werden vorsichtig im gewählten Elutionsmittel gelöst. Die Empfehlungen des Herstellers müssen bei der Vorbereitung der Lösungen berücksichtigt werden.

Die Konzentrationen der gewählten Standards sind von verschiedenen Faktoren abhängig, z. B. Injektionsvolumen, Viskosität der Lösung und Empfindlichkeit des analytischen Detektors. Das maximale Injektionsvolumen muss der Länge der Säule angepasst werden, um eine Überladung zu vermeiden. Normalerweise liegen die Injektionsvolumina für analytische Trennungen mittels GPC durch eine Säule von 30 cm × 7,8 mm zwischen 40 und 100 μl. Größere Volumen sind möglich, doch sollten 250 μl nicht überschritten werden. Das optimale Verhältnis zwischen Injektionsvolumen und Konzentration muss vor der eigentlichen Kalibrierung der Säule bestimmt werden.

1.6.2.   Vorbereitung der Probelösung

Im Prinzip gelten die zuvor genannten Anforderungen auch für die Vorbereitung der Probelösungen. Die Probe wird in einem geeigneten Lösungsmittel, z. B. Tetrahydrofuran (THF), durch vorsichtiges Schütteln gelöst. Das Polymer sollte unter keinen Umständen mittels Ultraschallbad gelöst werden. Wenn nötig, wird die Probelösung mit Hilfe eines Membranfilters mit einer Porengröße von 0,2 bis 2 μm gereinigt.

Die Anwesenheit ungelöster Partikel muss im Abschlußbericht dokumentiert werden, da diese auf hohe Molmassenfraktionen zurückzuführen sein könnte. Es sollte ein geeignetes Verfahren verwendet werden, um die Gewichtsanteile der ungelösten Partikel zu bestimmen. Die Lösung sollte innerhalb von 24 Stunden verbraucht werden.

1.6.3.   Apparatur

Lösungsmittelvorratsgefäß

Vorrichtung zum Entgasen (gegebenenfalls)

Pumpe

Pulsationsdämpfer (gegebenenfalls)

Injektionssystem

Chromatografiesäulen

Detektor

Durchflussmesser (gegebenenfalls)

Datenaufzeichnungs-/-verarbeitungsgerät

Abfallbehältnis

Es muss sichergestellt sein, dass das GPC-System gegenüber dem verwendeten Lösungsmittel inert ist (z. B. durch die Verwendung von Stahlkapillaren für das Lösungsmittel THF).

1.6.4.   Injektion und Lösungsmittelzugabesystem

Auf die Säule wird eine bestimmte Menge der Probelösung, entweder automatisch oder manuell in einer scharf begrenzten Zone aufgegeben. Ein zu schnelles Zurückziehen oder Drücken des Spritzenkolbens (bei manueller Ausführung) kann Veränderungen in der beobachteten Molmassenverteilung zur Folge haben. Die Lösungsmittelzugabe sollte möglichst pulsationsfrei erfolgen, wobei idealerweise ein Pulsationsdämpfer eingesetzt wird. Die Durchflussgeschwindigkeit liegt in der Größenordnung von 1 ml/min.

1.6.5.   Säule

Je nach Art der Probe wird das Polymer durch Verwendung einer einfachen oder mehrerer in Reihe geschalteter Säulen charakterisiert. Im Handel ist eine Reihe poröser Säulenmaterialien mit definierten Eigenschaften (z. B. Porengröße, Ausschlussgrenzen) erhältlich. Die Wahl des Trenngels oder der Länge der Säule ist sowohl von den Eigenschaften der Probe (hydrodynamisches Volumen, Molmassenverteilung) als auch von den spezifischen Bedingungen für die Trennung wie z. B. Lösungsmittel, Temperatur und Durchflussgeschwindigkeit (1) (2) (3) abhängig.

1.6.6.   Theoretische Böden

Die für die Trennung verwendete Säule bzw. Säulenkombination muss durch die Anzahl der theoretischen Böden charakterisiert sein. Dies umfasst (wenn THF als Elutionsmittel verwendet wird) die Aufgabe einer Lösung von Ethylenbenzol oder einer anderen geeigneten nichtpolaren Substanz auf die Säule. Die Zahl der theoretischen Böden ergibt sich aus folgender Gleichung:

Formula

oder

Formula

Dabei ist:

N

=

die Zahl der theoretischen Böden

Ve

=

das Elutionsvolumen am Peakmaximum

W

=

die Peakbreite an der Grundlinie

W1/2

=

die Peakbreite in halber Höhe

1.6.7.   Trennleistung

Außer der Zahl der theoretischen Böden, die für die Bestimmung der Bandbreite notwendig ist, spielt auch die Trennleistung eine Rolle, die sich aus der Steilheit der Eichkurve ergibt. Die Trennleistung einer Säule wird aus folgender Beziehung abgeleitet:

Formula

Dabei ist:

Ve, Mx

=

das Elutionsvolumen für Polystyrol mit der Molmasse Mx

Ve,(10.Mx)

=

das Elutionsvolumen für Polystyrol mit einer zehnmal größeren Molmasse

Die Auflösung (R) des Systems wird allgemein wie folgt definiert:

Formula

Dabei ist:

Ve1, Ve2

=

die Elutionsvolumen der beiden Polystyrolstandards am Peakmaximum

W1, W2

=

die Peakbreite an der Grundlinie

M1, M2

=

die Molmassen am Peakmaximum (sollten um den Faktor 10 differieren)

Der R-Wert für das Säulensystem sollte größer als 1,7 (4) sein.

1.6.8.   Lösungsmittel

Alle Lösungsmittel müssen von höchster Reinheit sein (T'HF wird in einer Reinheit von 99,5 % verwendet). Die Größe des Lösungsmittelreservoirs (gegebenenfalls in einer Inertgasatmosphäre) muss für die Kalibrierung der Säule und mehrere Probenanalysen ausreichend sein. Das Lösungsmittel muss entgast werden, bevor es mit Hilfe der Pumpe auf die Säule aufgegeben wird.

1.6.9.   Temperaturkontrolle

Die Temperatur von Injektionsschleife, Säulen, Detektor und Säulenmaterial sollte konstant und auf das gewählte Lösungsmittel abgestimmt sein.

1.6.10.   Detektor

Der Detektor dient zur mengenmäßigen Erfassung der Konzentration der aus der Säule eluierten Probe. Um eine unnötige Verbreiterung der Peaks zu vermeiden, muss das Kuvettenvolumen der Detektorzelle so klein wie möglich gehalten werden. Außer bei Lichtstreuungs- und Viskositätsdetektoren sollte es nicht mehr als 10 μl betragen. Für die Detektion wird in der Regel die Differentialrefraktometrie eingesetzt. Wenn es die spezifischen Eigenschaften der Probe oder des Elutionsmittels erfordern, können auch andere Detektortypen verwendet werden, z. B. UV/VIS-, IR-, Viskositätsdetektoren etc.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   DATEN

Im Hinblick auf die detaillierten Auswertungskriterien wie auch für die Anforderungen bezüglich Datenerfassung und -Verarbeitung sollte die DIN-Norm (1) angewendet werden.

Für jede Probe müssen zwei unabhängige Versuche durchgeführt werden, die getrennt analysiert werden.

Mn, Mw, Mw/Mn und Mp müssen für jede der Messungen bekannt sein. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich bei den gemessenen Werten um Relativwerte handelt, die der Molmasse des verwendeten Standards äquivalent sind.

Nach der Bestimmung der Retentionsvolumina oder der Retentionszeiten (u. U. mit Hilfe eines internen Standards korrigiert) werden die log Mp Werte (wobei Mp das Peakmaximum des Eichstandards ist) gegen eine dieser Größen aufgetragen. Mindestens zwei Eichpunkte sind pro Molmassendekade notwendig, und mindestens fünf Messpunkte sind für die Gesamtkurve erforderlich, durch die die geschätzte Molmasse der Probe erfasst werden soll. Der niedermolekulare Endpunkt der Eichkurve wird durch n-Hexylbenzol oder eine andere geeignete nichtpolare Substanz definiert. Zahlenmittel und Gewichtsmittel der Molmasse werden im Allgemeinen mittels elektronischer Datenverarbeitung auf der Grundlage der in Abschnitt 1.2 genannten Formeln ermittelt. Bei manueller Auswertung kann die ASTM D 3536-91 herangezogen werden (3).

Die Verteilungskurve muss in Form einer Tabelle oder als Abbildung (differentielle Häufigkeit oder Summenprozent gegen log M) dargestellt werden. Bei einer grafischen Darstellung sollte eine Molmassendekade in der Regel 4 cm breit sein, und das Peakmaximum sollte etwa 8 cm sein. Bei integralen Verteilungskurven sollte der Abstand auf der Ordinate zwischen 0 und 100 % bei ca. 10 cm liegen.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

verfügbare Informationen über die Prüfsubstanz (Identität, Zusatzstoffe, Verunreinigungen)

Beschreibung der Probenbehandlung, Beobachtungen, Probleme

2.2.2.   Instrumentierung

Reservoir des Elutionsmittels, Inertgas, Entgasung des Elutionsmittels, Zusammensetzung des Elutionsmittels, Verunreinigungen

Pumpe, Pulsationsdämpfer, Injektionssystem

Trennsäulen (Hersteller, alle Angaben zu den Säuleneigenschaften, z. B. Porengröße, Art des Trennmaterials etc., Zahl, Länge und Anordnung der verwendeten Säulen)

Zahl der theoretischen Böden der Säule (oder Säulenkombination), Trennleistung (Auflösungsvermögen des Systems)

Angaben über die Peaksymmetrie

Säulentemperatur, Art der Temperaturkontrolle

Detektor (Messprinzip, Typ, Kuvettenvolumen)

gegebenenfalls Durchflussmesser (Hersteller, Messprinzip)

Datenaufzeichnungs- und -Verarbeitungssystem (Hardware und Software)

2.2.3.   Systemkalibrierung

detaillierte Beschreibung des für die Erstellung der Eichkurve verwendeten Verfahrens

Angaben zu Qualitätskriterien dieses Verfahrens (z. B. Korrelationskoeffizient, Quadratsummenfehler usw.)

Angaben über alle Extrapolationen und Näherungen während des Versuchsablaufs sowie in der Auswertung und Verarbeitung der Daten

alle Messungen zur Erstellung der Eichkurve müssen in einer Tabelle dokumentiert sein, die für jeden Eichpunkt folgende Angaben enthält:

Name der Probe,

Hersteller der Probe,

charakteristische Werte der Standards Mp, Mn, Mw, Mw/Mn, wie sie vom Hersteller genannt oder aus Messungen abgeleitet wurden, sowie alle Einzelheiten zur Bestimmungsmethode,

Injektionsvolumen und Injektionskonzentration,

für die Kalibrierung verwendeter Mp-Wert,

am Peakmaximum gemessenes Elutionsvolumen oder korrigierte Retentionszeit,

Mp, berechnet am Peakmaximum,

prozentualer Fehler von berechneten Mp und Kalibrierwert Mp.

2.2.4.   Auswertung

Auswertung über die Zeit: verwendete Verfahren zur Gewährleistung der geforderten Reproduzierbarkeit (Korrekturverfahren, interner Standard etc.)

Angaben darüber, ob die Bewertung auf der Grundlage des Elutionsvolumens oder der Retentionszeit vorgenommen wurde

Angaben zu den Grenzen der Auswertung, wenn ein Peak nicht vollständig analysiert wurde

Beschreibung der Glättungsmethoden, falls verwendet

Vorbereitung und Vorbehandlung der Probe

Angaben zur Anwesenheit ungelöster Partikel, falls vorhanden

Injektionsvolumen (μl) und Injektionskonzentration (mg/ml)

Beobachtungen von Effekten, die zu Abweichungen vom idealen GPC-Profil führen

ausführliche Beschreibung aller Änderungen im Prüfverfahren

Einzelheiten zu den Fehlerbereichen

alle weiteren Angaben und Beobachtungen, die für die Auswertung der Ergebnisse relevant sind.

3.   LITERATURHINWEISE

(1)

DIN 55672 (1995). Gelpermeationschromatografie (GPC) mit Tetrahydrofuran (THF) als Elutionsmittel, Teil 1.

(2)

Yau, W.W., Kirkland, J.J., and Bly, D.D. eds, (1979). Modern Size Exclusion Liquid Chromatography, J. Wiley and Sons.

(3)

ASTM D 3536-91, (1991). Standard Test Method for Molecular Weight Averages and Molecular Weight Distribution by Liquid Exclusion Chromatography (Gel Permeation Chromatography-GPC). American Society for Testing and Materials, Philadelphia, Pennsylvania.

(4)

ASTM D 5296-92 (1992). Standard Test Method for Molecular Weight Averages and Molecular Weight Distribution of Polystyrene by High Performance Size-Exclusion Chromatography. American Society for Testing and Materials, Philadelphia, Pennsylvania.

Anlage

Beispiele anderer Methoden zur Bestimmung der zahlengemittelten Molmasse (Mn) von Polymeren

Die Gelpermeationschromatografie (GPC) ist die bevorzugte Methode zur Bestimmung von Mn, insbesondere wenn eine Reihe von Standards zur Verfügung steht, deren Struktur mit der des Polymers vergleichbar ist. Wo jedoch praktische Schwierigkeiten beim Einsatz der GPC auftreten oder wo zu erwarten ist, dass kein korrekter Wert für Mn erhalten wird (und was bestätigt werden soll), stehen Alternativen zur Verfügung, wie z. B.:

1.   Nutzung kolligativer Eigenschaften

1.1.

Ebullioskopie/Kryoskopie

besteht in der Messung der Siedepunkterhöhung (Ebullioskopie) oder Gefrierpunkterniedrigung (Kryoskopie) eines Lösungsmittels, wenn das Polymer zugefügt wird. Die Methode beruht auf der Tatsache, dass der Siede-/Gefrierpunkt des Lösungsmittels von der Molmasse des gelösten Polymers abhängig ist (1) (2).

Anwendungsbereich: Mn < 20 000.

1.2.

Dampfdruckerniedrigung

besteht in der Messung des Dampfdrucks einer gewählten Bezugsflüssigkeit vor und nach der Zugabe einer bekannten Menge des Polymers (1) (2).

Anwendungsbereich: Mn < 20 000 (theoretisch; in der Praxis jedoch nur von eingeschränktem Bedeutungswert).

1.3.

Membranosmometrie

beruht auf dem Prinzip der Osmose, d. h. der natürlichen Tendenz von Lösungsmittelmolekülen, eine semipermeable Membran von einer verdünnten in Richtung einer konzentrierten Lösung zu durchdringen, um ein Gleichgewicht zu erreichen. In dem Test hat die verdünnte Lösung die Konzentration Null, während die konzentrierte Lösung das Polymer enthält. Die Wanderung des Lösungsmittels durch die Membran verursacht eine Druckdifferenz, die von der Konzentration und der Molmasse des Polymers (1) (3) (4) abhängig ist.

Anwendungsbereich: Mn < 20 000-200 000.

1.4.

Dampfphasen-Osmometrie

besteht im Vergleich der Verdunstungsgeschwindigkeit eines reinen Lösungsmittelaerosols mit mindestens drei Aerosolen, die das Polymer in unterschiedlichen Konzentrationen (1) (5) (6) enthalten.

Anwendungsbereich: Mn < 20 000.

2.   Endgruppen-Analyse

Um diese Methode verwenden zu können, muss sowohl die Gesamtstruktur des Polymermoleküls als auch die Art der Endgruppe der Kette bekannt sein (die beispielsweise mittels NMR oder Titration/Derivatisierung vom Hauptgerüst unterschieden werden muss). Über die Endgruppenzahl kann die Molmasse des Polymers errechnet werden (7) (8) (9).

Anwendungsbereich: Mn bis zu 50 000 (mit abnehmender Zuverlässigkeit).

 

   Literaturhinweise

(1)

Billmeyer, F.W. Jr., (1984). Textbook of Polymer Science, 3rd ed., John Wiley, New York.

(2)

Glover, C.A., (1975). Absolute Colligative Property Methods. Kapitel 4. In: Polymer Molecular Weights, Teil I, P.E. Slade, Jr. ed., Marcel Dekker, New York.

(3)

ASTM D 3750-79, (1979). Standard Practice for Determination of Number-Average Molecular Weight of Polymers by Membrane Osmometry. American Society for Testing and Materials, Philadelphia, Pennsylvania.

(4)

Coll, H. (1989). Membrane Osmometry. In: Determination of Molecular Weight, A.R. Cooper ed., J. Wiley and Sons, 25-52.

(5)

ASTM 3592-77, (1977). Standard Recommended Practice for Determination of Molecular Weight by Vapour Pressure. American Society for Testing and Materials, Philadelphia, Pennsylvania.

(6)

Morris, C.E.M., (1989). Vapour Pressure Osmometry. In: Determination of Molecular Weight, A.R. Cooper ed., John Wiley and Sons.

(7)

Schröder, E., Müller, G, und Arndt, K.-F., (1989). Polymer Characterisation, Carl Hanser Verlag, München.

(8)

Garmon, R.G., (1975). End-Group Determinations, Kapitel 3. In: Polymer Molecular Weights, Teil I, P.E. Slade, Jr. ed. Marcel Dekker, New York.

(9)

Amiya, S., et al. (1990). Pure and Applied Chemistry, 62, 2139-2146.

A.19.   NIEDERMOLEKULARER ANTEIL VON POLYMEREN

1.   METHODE

Diese gelpermeationschromatografische Methode entspricht der OECD TG 119 (1996). Die wichtigsten Grundsätze und weitere technische Informationen werden in den Literaturhinweisen (1) genannt.

1.1.   EINLEITUNG

Da die Eigenschaften von Polymeren so unterschiedlich sind, ist es unmöglich, nur eine einzige Methode zu nennen, die alle Bedingungen für die Trennung und Auswertung erfüllt und somit sämtliche Eventualitäten und Besonderheiten bei der Trennung von Polymeren berücksichtigt. Insbesondere für komplexe polymere Systeme ist die Gelpermeationschromatografie (GPC) häufig nicht geeignet. Wenn die GPC nicht anwendbar ist, kann die Molmasse mit Hilfe anderer Methoden bestimmt werden (siehe Anlage). In solchen Fällen muss die verwendete Methode in allen Einzelheiten beschrieben und die Gründe für deren Verwendung genannt werden.

Die beschriebene Methode beruht auf DIN-Norm 55672 (1). Diese Norm enthält ausführliche Informationen darüber, wie die Versuche durchgeführt und wie die Daten ausgewertet werden müssen. Wenn Änderungen der Versuchsbedingungen notwendig sein sollten, müssen diese Änderungen begründet werden. Es können andere Normen herangezogen werden, diese müssen jedoch belegt werden. Im beschriebenen Verfahren werden Polystyrolproben bekannter Polydispersität zur Kalibrierung verwendet; es kann jedoch vorkommen, dass das Verfahren für bestimmte Polymere, z. B. wasserlösliche und langkettige, verzweigte Polymere, angepasst werden muss.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Der niedermolekulare Anteil wird willkürlich auf unter 1 000 Dalton festgelegt.

Die zahlengemittelte Molmasse Mn und die gewichtsgemittelte Molmasse Mw werden anhand folgender Gleichungen bestimmt:

Formula

Formula

Dabei ist:

Hi

=

die Höhe des Detektorsignals von der Grundlinie für das Retentionsvolumen Vi

Mi,

=

die Molmasse der Polymerfraktion bei dem Retentionsvolumen Vi

n

=

die Zahl der Datenpunkte

Die Breite der Molmassenverteilung, die ein Maß für die Dispersität des Systems ist, wird durch das Verhältnis Mw/Mn ausgedrückt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Da es sich bei der GPC um eine relative Methode handelt, muss eine Kalibrierung vorgenommen werden. Hierzu werden in der Regel eng verteilte, linear aufgebaute Polystyrolstandards mit bekannten mittleren Molmassen Mn und Mw und einer bekannten Molmassenverteilung verwendet. Die Eichkurve kann für die Bestimmung der Molmassen unbekannter Proben nur herangezogen werden, wenn die Bedingungen für die Trennung der Probe und der Standards identisch sind.

Ein fester Bezug zwischen der Molmasse und dem Elutionsvolumen ist nur unter den spezifischen Bedingungen des betreffenden Versuchs zulässig. Diese Bedingungen umfassen vor allem die Temperatur, das Lösungsmittel (oder die Lösungsmittelmischung), die chromatografischen Bedingungen und die Trennsäule bzw. das Trennsäulensystem.

Bei den auf diese Weise ermittelten Molmassen der Probe handelt es sich um relative Werte, die als „polystyrol-äquivalente Molmasse“ bezeichnet werden. Das bedeutet, dass — in Abhängigkeit von den strukturellen und chemischen Unterschieden zwischen der Probe und den Standards — die Molmassen mehr oder weniger von den absoluten Werten abweichen können. Werden andere Standards verwendet, z. B. Polyethylenglykol, Polyethylenoxid, Polymethylmethacrylat, Polyacrylsäure, so muss dies begründet werden.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Sowohl die Molmassenverteilung der Probe als auch die mittleren Molmassen (Mn, Mw) können mit Hilfe der GPC bestimmt werden. Bei der GPC handelt es sich um eine besondere Form der Flüssigchromatografie, bei der die Probe nach den hydrodynamischen Volumina der einzelnen Bestandteile (2) aufgetrennt wird.

Die Trennung erfolgt, indem die Probe durch eine Säule läuft, die mit einem porösen Material, in der Regel einem organischen Gel, gefüllt ist. Kleine Moleküle durchdringen die Poren, während große Moleküle ausgeschlossen werden. Der Weg der großen Moleküle ist daher kürzer, und folglich werden diese zuerst eluiert. Die Moleküle mittlerer Größe durchdringen einige der Poren und werden zu einem späteren Zeitpunkt eluiert. Die kleinsten Moleküle, mit einem durchschnittlichen hydrodynamischen Radius, der kleiner ist als die Poren des Gels, können alle Poren durchdringen. Diese werden zuletzt eluiert.

Im Idealfall erfolgt die Trennung ausschließlich über die Größe der Moleküle, doch ist es in der Praxis schwierig, gewisse störende Absorptionseffekte zu vermeiden. Ungleichmäßige Säulenfüllungen und Totvolumen können zur weiteren Verschlechterung der Trennung führen (2).

Die Detektion erfolgt beispielsweise über den Brechungsindex oder die UV-Absorption und ergibt eine einfache Verteilungskurve. Um tatsächliche Molmassenwerte für die Kurve zu erhalten, ist es notwendig, die Säule zu kalibrieren, indem Polymere mit bekannter Molmasse sowie idealerweise auch mit im Großen und Ganzen vergleichbarer Struktur, z. B. verschiedene Polystyrolstandards, auf diese Säule aufgegeben werden. In der Regel ergibt sich eine Gaußsche Kurve, die gelegentlich durch einen kleinen Schwanz in Richtung der niedrigen Molmassen verzerrt ist; die vertikale Achse zeigt die Häufigkeit der verschiedenen eluierten Molmassenfraktionen, die horizontale Achse log Molmasse.

Der niedermolekulare Anteil wird aus dieser Kurve abgeleitet. Die Berechnung kann nur dann genau sein, wenn die niedermolekularen Fraktionen in Bezug auf die Masse äquivalent zum Polymer als Ganzes sind.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Wiederholbarkeit (Relative Standardabweichung: RSA) für den Wert des Elutionsvolumens sollte besser als 0,3 % sein. Die geforderte Wiederholbarkeit der Analyse muss durch Korrektur mittels eines internen Standards gewährleistet sein, wenn ein Chromatogramm zeitabhängig ausgewertet wird und nicht dem oben genannten Kriterium (1) entspricht. Die Polydispersitäten sind von den Molmassen der Standards abhängig. Für die Polystyrolstandards sind folgende Werte charakteristisch:

Mp < 2 000

Mw/Mn < 1,20

2 000 ≤ Mp ≤ 106

Mw/Mn < 1,05

Mp > 106

Mw/Mn < 1,20

(Mp bezeichnet die Molmasse des Standards am Peakmaximum)

1.6.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.6.1.   Vorbereitung der Standardpolystyrollösungen

Die Polystyrolstandards werden vorsichtig im gewählten Elutionsmittel gelöst. Die Empfehlungen des Herstellers müssen bei der Vorbereitung der Lösungen berücksichtigt werden.

Die Konzentrationen der gewählten Standards sind von verschiedenen Faktoren abhängig, z. B. Injektionsvolumen, Viskosität der Lösung und Empfindlichkeit des analytischen Detektors. Das maximale Injektionsvolumen muss der Länge der Säule angepasst werden, um eine Überbeladung zu vermeiden. Normalerweise liegen die Injektionsvolumina für analytische Trennungen mittels GPC durch eine Säule von 30 cm × 7,8 mm zwischen 40 und 100 μl. Größere Volumen sind möglich, doch sollten 250 μl nicht überschritten werden. Das optimale Verhältnis zwischen Injektionsvolumen und Konzentration muss vor der eigentlichen Kalibrierung der Säule bestimmt werden.

1.6.2.   Vorbereitung der Probelösung

Im Prinzip gelten die zuvor genannten Anforderungen auch für die Vorbereitung der Probelösungen. Die Probe wird in einem geeigneten Lösungsmittel, z. B. Tetrahydrofuran (THF), durch vorsichtiges Schütteln gelöst. Die Lösung sollte unter keinen Umständen mittels Ultraschallbad gelöst werden. Wenn nötig, wird die Probelösung mit Hilfe eines Membranfilters mit einer Porengröße von 0,2 bis 2 μm gereinigt.

Die Anwesenheit ungelöster Partikel muss im Abschlussbericht dokumentiert werden, da diese auf hohe Molmassenfraktionen zurückzuführen sein könnte. Es sollte ein geeignetes Verfahren verwendet werden, um die Gewichtsanteile der ungelösten Partikel zu bestimmen. Die Lösung sollte innerhalb von 24 Stunden verbraucht werden.

1.6.3.   Berichtigungen aufgrund von Verunreinigungen und Zusatzstoffen

Die Korrektur des Gehalts an Fraktionen mit M < 1 000 aufgrund bestimmter vorhandener nichtpolymerer Komponenten (z. B. Verunreinigungen und/oder Zusatzstoffe) ist in der Regel notwendig, sofern der gemessene Gehalt nicht bereits < 1 % ist. Dies wird durch die direkte Analyse der Polymerlösung oder des GPC-Eluats erreicht.

Wenn das Eluat nach Durchlaufen der Säule für eine weitere Analyse zu verdünnt ist, muss es konzentriert werden. Es kann u. U. erforderlich sein, das Eluat bis zur Trocknung einzudampfen und den Rückstand neu aufzulösen. Die Konzentrierung des Eluats muss unter Bedingungen erfolgen, die sicherstellen, dass im Eluat keine Veränderungen auftreten. Die Behandlung des Eluats nach der GPC ist abhängig davon, welches analytische Verfahren für die quantitative Bestimmung eingesetzt wird.

1.6.4.   Apparatur

Die GPC-Apparatur besteht aus folgenden Komponenten:

Lösungsmittelvorratsgefäß,

Vorrichtung zum Entgasen (gegebenenfalls),

Pumpe,

Pulsationsdämpfer (gegebenenfalls),

Injektionssystem,

Chromatografiesäulen,

Detektor,

Durchflussmesser (gegebenenfalls),

Datenaufzeichnungs-/-verarbeitungsgerät,

Abfallbehältnis.

Es muss sichergestellt sein, dass das GPC-System gegenüber dem verwendeten Lösungsmittel inert ist (z. B. durch die Verwendung von Stahlkapillaren für das Lösungsmittel THF).

1.6.5.   Injektion und Lösungsmittelzugabesystem

Auf die Säule wird eine bestimmte Menge der Probelösung, entweder automatisch oder manuell in einer scharf begrenzten Zone aufgegeben. Ein zu schnelles Zurückziehen oder Drücken des Spritzenkolbens (bei manueller Ausführung) kann Veränderungen in der beobachteten Molmassenverteilung zur Folge haben. Die Lösungsmittelzugabe sollte möglichst pulsationsfrei sein, wobei idealerweise ein Pulsationsdämpfer eingesetzt wird. Die Durchflussgeschwindigkeit liegt in der Größenordnung von 1 ml/min.

1.6.6.   Säule

Je nach Art der Probe wird das Polymer durch Verwendung einer einfachen oder mehrerer in Reihe geschalteter Säulen charakterisiert. Im Handel ist eine Reihe poröser Säulenmaterialien mit definierten Eigenschaften (z. B. Porengröße, Ausschlussgrenzen) erhältlich. Die Wahl des Trenngels oder der Länge der Säule ist sowohl von den Eigenschaften der Probe (hydrodynamisches Volumen, Molmassenverteilung) als auch von den spezifischen Bedingungen für die Trennung wie z. B. Lösungsmittel, Temperatur und Durchflussgeschwindigkeit (1) (2) (3) abhängig.

1.6.7.   Theoretische Böden

Die für die Trennung verwendete Säule bzw. Säulenkombination muss durch die Anzahl der theoretischen Böden charakterisiert sein. Dies umfasst (wenn THF als Elutionsmittel verwendet wird) die Aufgabe einer Lösung von Ethylenbenzol oder einer anderen geeigneten nichtpolaren Substanz auf die Säule. Die Zahl der theoretischen Böden ergibt sich aus folgender Gleichung:

Formula

oder

Formula

Dabei ist:

N

=

die Zahl der theoretischen Böden

Ve

=

das Elutionsvolumen am Peakmaximum

W

=

die Peakbreite an der Grundlinie

W1/2

=

die Peakbreite in halber Höhe

1.6.8.   Trennleistung

Außer der Zahl der theoretischen Böden, die für die Bestimmung der Bandbreite notwendig ist, spielt auch die Trennleistung eine Rolle, die sich aus der Steilheit der Eichkurve ergibt. Die Trennleistung einer Säule wird aus folgender Beziehung abgeleitet:

Formula

Dabei ist:

Ve, Mx

=

das Elutionsvolumen für Polystyrol mit der Molmasse Mx

Ve,(10.Mx)

=

das Elutionsvolumen für Polystyrol mit einer zehnmal größeren Molmasse

Die Auflösung (R) des Systems wird allgemein wie folgt definiert:

Formula

Dabei ist:

Ve1, Ve2

=

die Elutionsvolumen der beiden Polystyrolstandards am Peakmaximum

W1, W2

=

die Peakbreite an der Grundlinie

M1, M2

=

die Molmassen am Peakmaximum (sollten um den Faktor 10 differieren)

Der R-Wert für das Säulensystem sollte größer als 1,7 (4) sein.

1.6.9.   Lösungsmittel

Alle Lösungsmittel müssen von höchster Reinheit sein (THF wird in einer Reinheit von 99,5 % verwendet). Die Größe des Lösungsmittelreservoirs (gegebenenfalls in einer Inertgasatmosphäre) muss für die Kalibrierung der Säule und mehrere Probenanalysen ausreichend sein. Das Lösungsmittel muss entgast werden, bevor es mit Hilfe der Pumpe auf die Säule aufgegeben wird.

1.6.10.   Temperaturkontrolle

Die Temperatur von Injektionsschleife, Säulen, Detektor und Säulenmaterial sollte konstant und auf das gewählte Lösungsmittel abgestimmt sein.

1.6.11.   Detektor

Der Detektor dient zur mengenmäßigen Erfassung der Konzentration der aus der Säule eluierten Probe. Um eine unnötige Verbreiterung der Peaks zu vermeiden, muss das Kuvettenvolumen der Detektorzelle so klein wie möglich gehalten werden. Außer bei Lichtstreuungs- und Viskositätsdetektoren sollte es nicht mehr als 10 μl betragen. Für die Detektion wird in der Regel die Differentialrefraktometrie eingesetzt. Wenn es die spezifischen Eigenschaften der Probe oder des Elutionsmittels erfordern, können auch andere Detektortypen verwendet werden, z. B. UV/VIS-, IR-, Viskositätsdetektoren usw.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   DATEN

Im Hinblick auf die detaillierten Auswertungskriterien wie auch für die Anforderungen bezüglich Datenerfassung und -Verarbeitung sollte die DIN-Norm (1) angewendet werden.

Für jede Probe müssen zwei unabhängige Versuche durchgeführt werden, die getrennt analysiert werden. Ferner ist es absolut unerlässlich, auch Daten aus Blindproben zu ermitteln, die unter den gleichen Bedingungen getestet werden wie die Probe.

Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich bei den gemessenen Werten um Relativwerte handelt, die der Molmasse des verwendeten Standards äquivalent sind.

Nach der Bestimmung der Retentionsvolumina oder der Retentionszeiten (u. U. mit Hilfe eines internen Standards korrigiert) werden die log Mp Werte (wobei Mp das Peakmaximum des Eichstandards ist) gegen eine dieser Größen aufgetragen. Mindestens zwei Eichpunkte sind pro Molmassendekade notwendig, und mindestens fünf Messpunkte sind für die Gesamtkurve erforderlich, durch die die geschätzte Molmasse der Probe erfasst werden soll. Der niedermolekulare Endpunkt der Eichkurve wird durch n-Hexylbenzol oder eine andere geeignete nichtpolare Substanz definiert. Zahlenmittel und Gewichtsmittel der Molmasse werden im Allgemeinen mittels elektronischer Datenverarbeitung auf der Grundlage der in Abschnitt 1.2 genannten Formeln ermittelt. Bei manueller Auswertung kann die ASTM D 3536-91 herangezogen werden (3).

Wenn unlösliche Polymeranteile in der Säule zurückgehalten werden, ist ihre Molmasse wahrscheinlich höher als die der löslichen Fraktion. Wird dies nicht berücksichtigt, kann der niedermolekulare Anteil zu hoch eingeschätzt werden; in der Anlage ist beschrieben, wie der unlösliche Polymeranteil berücksichtigt werden kann.

Die Verteilungskurve muss in Form einer Tabelle oder als Zahl (differentielle Häufigkeit oder Summenprozent gegen log M) dargestellt werden. Bei der grafischen Darstellung sollte eine Molmassendekade in der Regel 4 cm breit sein, und das Peakmaximum sollte etwa 8 cm sein. Bei integralen Verteilungskurven sollte der Abstand auf der Ordinate zwischen 0 und 100 % ca. 10 cm betragen.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

Verfügbare Informationen über die Prüfsubstanz (Identität, Zusatzstoffe, Verunreinigungen)

Beschreibung der Probenbehandlung, Beobachtungen, Probleme

2.2.2.   Instrumentierung

Reservoir des Elutionsmittels, Inertgas, Entgasung des Elutionsmittels, Zusammensetzung des Elutionsmittels, Verunreinigungen

Pumpe, Pulsationsdämpfer, Injektionssystem

Trennsäulen (Hersteller, alle Angaben zu den Säuleneigenschaften, z. B. Porengröße, Art des Trennmaterials etc., Zahl, Länge und Anordnung der verwendeten Säulen)

Zahl der theoretischen Böden der Säule (oder Säulenkombination), Trennleistung (Auflösungsvermögen des Systems)

Angaben über die Peaksymmetrie

Säulentemperatur, Art der Temperaturkontrolle

Detektor (Messprinzip, Typ, Kuvettenvolumen)

gegebenenfalls Durchflussmesser (Hersteller, Messprinzip)

Datenaufzeichnungs- und -Verarbeitungssystem (Hardware und Software)

2.2.3.   Systemkalibrierung

Detaillierte Beschreibung des für die Erstellung der Eichkurve verwendeten Verfahrens

Angaben zu Qualitätskriterien dieses Verfahrens (z. B. Korrelationskoeffizient, Quadratsummenfehler usw.)

Angaben über alle Extrapolationen und Näherungen während des Versuchsablaufs sowie in der Auswertung und Verarbeitung der Daten

Alle Messungen zur Erstellung der Eichkurve müssen in einer Tabelle dokumentiert sein, die für jeden Eichpunkt folgende Angaben enthält:

Name der Probe,

Hersteller der Probe,

charakteristische Werte der Standards Mp , Mn, Mw, Mw/Mn, wie sie vom Hersteller genannt oder aus Messungen abgeleitet wurden, sowie alle Einzelheiten zur Bestimmungsmethode,

Injektionsvolumen und Injektionskonzentration,

für die Kalibrierung verwendeter Mp-Wert,

am Peakmaximum gemessenes Elutionsvolumen oder korrigierte Retentionszeit,

Mp, berechnet am Peakmaximum,

prozentualer Fehler vom berechneten Mp und Kalibrierwert Mp.

2.2.4.   Angaben zum niedermolekularen Anteil

Beschreibung der für die Analyse verwendeten Methoden sowie der Art und Weise, wie die Versuche durchgeführt wurden

Angaben zu dem prozentuellen Anteil der niedermolekularen Fraktionen (w/w) im Verhältnis zur Gesamtprobe

Angaben zu Verunreinigungen, Zusatzstoffen und anderen nichtpolymeren Fraktionen ( % w/w) im Verhältnis zur Gesamtprobe

2.2.5.   Auswertung

Auswertung über die Zeit: verwendete Verfahren zur Gewährleistung der geforderten Reproduzierbarkeit (Berichtigungsverfahren, interner Standard usw.)

Angaben darüber, ob die Bewertung auf der Grundlage des Elutionsvolumens oder der Retentionszeit vorgenommen wurde

Angaben zu den Grenzen der Auswertung, wenn ein Peak nicht vollständig analysiert wurde

Beschreibung der Glättungsmethoden, falls verwendet

Vorbereitung und Vorbehandlung der Probe

Angaben zur Anwesenheit ungelöster Partikel, falls vorhanden

Injektionsvolumen (μl) und Injektionskonzentration (mg/ml)

Beobachtungen von Effekten, die zu Abweichungen vom idealen GPC-Profil führen

Ausführliche Beschreibung aller Änderungen im Prüfverfahren

Einzelheiten zu den Fehlerbereichen

Alle weiteren Angaben und Beobachtungen, die für die Auswertung der Ergebnisse relevant sind

3.   LITERATURHINWEISE

(1)

DIN 55672 (1995) Gelpermeationschromatografie (GPC) mit Tetrahydrofuran (THF) als Elutionsmittel, Teil 1.

(2)

Yau, W.W., Kirkland, J.J., and Bly, D.D. eds (1979). Modern Size Exclusion Liquid Chromatography, J. Wiley and Sons.

(3)

ASTM D 3536-91, (1991). Standard Test method for Molecular Weight Averages and Molecular Weight Distribution by Liquid Exclusion Chromatography (Gel Permeation Chromatography — GPC). American Society for Testing and Materials, Philadelphia, Pennsylvania.

(4)

ASTM D 5296-92, (1992). Standard Test method for Molecular Weight Averages and Molecular Weight Distribution of Polystyrene by High Performance Size-Exclusion Chromatography. American Society for Testing and Materials, Philadelphia, Pennsylvania.

Anlage

Korrektur des niedermolekularen Anteils um unlösliche Polymerfraktionen

Sind unlösliche Polymeranteile in einer Probe vorhanden, so führt dies zu Masseverlusten während der GPC-Analyse. Das unlösliche Polymer kann an der Säule bzw. im Probenfilter zurückgehalten werden, während der lösliche Teil der Probe die Säule durchläuft. Wenn das Brechungsindexinkrement (dn/dc) des Polymers geschätzt oder gemessen werden kann, kann auch der Masseverlust der Probe in der Säule abgeschätzt werden. In diesem Fall wird eine Korrektur anhand einer externen Kalibrierung mit Standardmaterialien bekannter Konzentration und bekanntem dn/dc zur Eichung des Refraktometers vorgenommen. In dem folgenden Beispiel wird ein Polymethylmethacrylat (pMMA)-Standard verwendet.

Bei der externen Kalibrierung zur Analyse von Acrylpolymeren wird ein pMMA-Standard bekannter Konzentration in Tetrahydrofuran mittels GPC untersucht; die sich daraus ergebenden Daten dienen der Ermittlung der Refraktometerkonstanten mit folgender Gleichung:

K = R/(C × V × dn/dc)

Dabei ist:

K

=

die Refraktometerkonstante (in Mikrovoltsekunde/ml)

R

=

die Messgröße für den pMMA-Standard (in Mikrovoltsekunde)

C

=

die Konzentration des pMMA-Standards (in mg/ml)

V

=

das Injektionsvolumen (in ml)

dn/dc

=

das Brechungsindexinkrement für pMMA in Tetrahydrofuran (in ml/mg)

Die folgenden Daten sind für einen pMMA-Standard charakteristisch:

R

=

2 937 891

C

=

1,07 mg/ml

V

=

0,1 ml

dn/ac

=

9 × 10-5 ml/mg.

Der sich daraus ergebende Wert K = 3,05 × 1011 wird dann zur Berechnung des theoretischen Detektorsignals herangezogen, wenn 100 % des injizierten Polymers den Detektor passiert haben.

A.20.   LÖSUNGS-/EXTRAKTIONSVERHALTEN VON POLYMEREN IN WASSER

1.   METHODE

Die beschriebene Methode entspricht der geänderten Fassung der OECD TG 120 (1997). Weitere technische Informationen werden in den Literaturhinweisen (1) gegeben.

1.1.   EINLEITUNG

Bestimmte Polymere, wie z. B. Emulsionspolymere, müssen eventuell vorbehandelt werden, bevor die nachstehend beschriebene Methode verwendet werden kann. Die Methode ist nicht anwendbar für flüssige Polymere und Polymere, die unter den Testbedingungen mit Wasser reagieren.

Wenn die Methode nicht praktikabel oder nicht möglich ist, sollte das Lösungs-/Extraktionsverhalten mittels anderer Methoden untersucht werden. In diesem Fall muss die verwendete Methode in allen Einzelheiten beschrieben und ihre Verwendung begründet werden.

1.2.   REFERENZSUBSTANZEN

Keine.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Das Lösungs-/Extraktionsverhalten von Polymeren in einem wässrigen Medium wird mit Hilfe der Kolbenmethode ermittelt (siehe A.6 Wasserlöslichkeit, Kolbenmethode), wobei die unten beschriebenen Änderungen vorgenommen wurden.

1.4.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.5.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.5.1.   Ausstattung

Für die Durchführung der Methode ist folgende Ausstattung erforderlich:

Zerkleinerungsgerät, z. B. Mühle zur Herstellung von Partikeln bekannter Größe,

Schüttelgerät mit der Möglichkeit zur Temperaturkontrolle,

Membranfiltersystem,

geeignete Analysegeräte,

genormte Siebe.

1.5.2.   Probenvorbereitung

Eine repräsentative Probe muss zunächst mit Hilfe geeigneter Siebe auf eine Partikelgröße zwischen 0,125 und 0,25 mm reduziert werden. Für die Stabilität der Probe oder für den Zerkleinerungsprozess kann dazu u. U. eine Kühlung erforderlich sein. Gummiartige Materialien können bei der Temperatur von Flüssigstickstoff (1) zerkleinert werden.

Wenn die erforderliche Partikelgrößenfraktion nicht erreicht werden kann, sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die Partikelgröße so weit wie möglich zu reduzieren; die Ergebnisse sollten dokumentiert werden. Im Bericht muss festgehalten werden, wie die zerkleinerte Probe vor dem Test aufbewahrt wurde.

1.5.3.   Verfahren

Je 10 g Prüfsubstanz werden in drei mit einem Glasstopfen versehene Gefäße gegeben; jedes Gefäß wird mit 1 000 ml Wasser aufgefüllt. Wenn sich eine Polymermenge von 10 g als unpraktikabel erweist, sollte die nächstgrößere Menge, die verarbeitet werden kann, eingesetzt und mit Wasser entsprechend aufgefüllt werden.

Die Gefäße werden fest verschlossen und dann bei 20 oC geschüttelt. Es sollte ein Schüttel- oder Rührgerät verwendet werden, das bei einer konstanten Temperatur arbeitet. Nach 24 Stunden wird der Inhalt eines jeden Gefäßes zentrifugiert oder filtriert und die Polymerkonzentration in der klaren wässrigen Phase mit Hilfe eines geeigneten analytischen Verfahrens bestimmt. Sollten keine geeigneten analytischen Verfahren für die wässrige Phase zur Verfügung stehen, kann die Gesamtlöslichkeit/-extrahierbarkeit anhand der Trockenmasse des Filterrückstands oder des zentrifugierten Niederschlags abgeschätzt werden.

Es ist in der Regel notwendig, quantitativ zwischen Verunreinigungen und Zusatzstoffen einerseits und den niedermolekularen Fraktionen andererseits zu differenzieren. Im Fall einer gravimetrischen Bestimmung ist es ferner wichtig, eine Blindprobe durchzuführen, in der keine Prüfsubstanz eingesetzt wird, um Rückstände aus dem Versuchsverfahren zu berücksichtigen.

Das Lösungs-/Extraktionsverhalten von Polymeren in Wasser bei 37 oC bei pH-Werten von 2 und 9 kann auf gleiche Weise bestimmt werden wie für die Untersuchung bei 20 oC beschrieben. Die pH-Werte können entweder durch Zugabe einer geeigneten Pufferlösung oder entsprechender Säuren bzw. Basen wie z. B. Salzsäure, Essigsäure, Natrium- oder Kaliumhydroxid oder NH3 p. a. erreicht werden.

In Abhängigkeit von der eingesetzten Analysemethode sollten ein oder zwei Tests durchgeführt werden. Wenn hinreichend genaue Methoden zur direkten Analyse der wässrigen Phase der Polymerkomponente zur Verfügung stehen, sollte ein Test (wie oben beschrieben) ausreichen. Wenn solche Methoden jedoch nicht verfügbar sind und die Bestimmung des Lösungs-/Extraktionsverhaltens des Polymers auf indirekte Analysen beschränkt ist, bei denen lediglich der gesamte organische Kohlenstoff (TOC) des wässrigen Extrakts bestimmt wird, sollte ein zusätzlicher Test durchgeführt werden. Dieser zusätzliche Test sollte ebenfalls dreimal durchgeführt werden, wobei zehnmal kleinere Polymerproben und die gleichen Mengen Wasser wie im ersten Test verwendet werden.

1.5.4.   Analyse

1.5.4.1.   Test mit einer Probengröße

Es ist möglich, dass Methoden für die direkte Analyse von Polymerkomponenten in der wässrigen Phase zur Verfügung stehen. Alternativ können auch indirekte Analysen der gelösten/extrahierten Polymerkomponenten durchgeführt werden, in denen der Gesamtgehalt der löslichen Anteile bestimmt und eine Berichtigung um nichtpolymerspezifische Bestandteile vorgenommen wird.

Eine Analyse der wässrigen Phase für das gesamte Polymer ist möglich entweder durch ein hinreichend empfindliches Verfahren, wie z. B.

TOC unter Verwendung eines Peroxosulfat- oder Dichromataufschlusses zur Darstellung von CO2 und einer IR-Analyse oder chemischen Analyse,

Atomabsorptionsspektrometrie (AAS) oder das ICP-Emissionsäquivalent (Inductively Coupled Plasma) für silizium- oder metallhaltige Polymere,

UV-Absorption der Spektrofluorimetrie für Arylpolymere,

LC-MS für Proben mit geringer niedriger Molmasse,

oder durch Eindampfen des wässrigen Extrakts im Vakuum und Analyse des Rückstands mit Hilfe der Spektroskopie (IR, UV usw.) oder AAS/ICP.

Wenn eine Analyse der wässrigen Phase als solche nicht praktikabel ist, sollte der wässrige Extrakt mittels eines nicht mit Wasser mischbaren organischen Lösungsmittels, z. B. einem chlorierten Kohlenwasserstoff, extrahiert werden. Das Lösungsmittel wird anschließend abgezogen, der Rückstand wird (wie oben für den Polymergehalt beschrieben) analysiert. Alle Bestandteile dieses Rückstands, die als Verunreinigungen oder Zusatzstoffe identifiziert werden, müssen für die Bestimmung des Lösungs-/Extraktionsgrades des Polymers subtrahiert werden.

Wenn relativ große Mengen solcher Stoffe vorhanden sind, kann es u. U. notwendig sein, den Rückstand beispielsweise einer HPLC- oder GC-Analyse zu unterwerfen, um die Verunreinigungen von den vorhandenen Monomeren bzw. Monomerderivaten zu unterscheiden, um deren tatsächlichen Gehalt zu bestimmen.

In einigen Fällen ist es u. U. ausreichend, das organische Lösungsmittel abzuziehen und den trockenen Rückstand auszuwiegen.

1.5.4.2.   Test mit zwei unterschiedlichen Probengrößen

Alle wässrigen Extrakte werden auf ihren TOC analysiert.

An dem nichtgelösten/nichtextrahierten Teil einer Probe wird eine gravimetrische Analyse durchgeführt. Wenn nach der Zentrifugation oder Filtration noch Polymerablagerungen an den Wänden des Gefäßes zu finden sind, sollte das Gefäß so lange mit dem Filtrat gespült werden, bis es frei von allen sichtbaren Rückständen ist. Im Anschluss wird das Filtrat erneut zentrifugiert oder filtriert. Die auf dem Filter oder im Zentrifugenglas verbliebenen Rückstände werden bei 40 oC im Vakuum getrocknet und gewogen. Die Trocknung wird fortgesetzt, bis ein konstantes Gewicht erzielt wurde.

2.   DATEN

2.1.   TEST MIT EINER PROBENGRÖSSE

Die einzelnen Ergebnisse für die drei Kolben und die Durchschnittswerte sollten in Masseeinheiten pro Lösungsvolumen (mg/1) bzw. Masseeinheiten pro Masse der Polymerprobe (mg/g) angegeben werden. Außerdem sollte der Gewichtsverlust der Probe (berechnet als Quotient aus der Masse des eluierten Anteils und der Masse der ursprünglichen Probe) angegeben werden. Die relativen Standardabweichungen (RSA) sollten berechnet werden. Die Zahlen sollten sowohl für die gesamte Substanz (Polymer + Additive usw.) als auch für das Polymer allein (d. h. nach Abzug der Zusatzstoffe) genannt werden.

2.2.   TEST MIT ZWEI UNTERSCHIEDLICHEN PROBENGRÖSSEN

Die einzelnen TOC-Werte der wässrigen Extrakte der beiden Dreifachversuche sowie der Durchschnittswert für jeden Versuch sollten sowohl in Masseeinheiten pro Lösungsvolumen (normalerweise mg C/l) als auch in Maßeinheiten pro Gewicht der ursprünglichen Probe (normalerweise mg C/g) ausgedrückt werden.

Wenn es keinen Unterschied zwischen den Ergebnissen mit hohem bzw. niedrigem Probe-Wasser-Verhältnis gibt, deutet dies darauf hin, dass alle extrahierbaren Komponenten auch tatsächlich extrahiert worden sind. In diesem Fall ist eine direkte Analyse in der Regel nicht erforderlich.

Die Massen der einzelnen Rückstände sollten als prozentualer Anteil der Ausgangsmasse der Proben angegeben werden. Die Durchschnittswerte sollten ermittelt werden. Die Differenz zwischen 100 und den gefundenen Prozentsätzen stellt den Prozentgehalt des löslichen und extrahierbaren Materials der ursprünglichen Probe dar.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Angaben enthalten:

3.1.1.   Prüfsubstanz

Verfügbare Angaben zur Prüfsubstanz (Identität, Zusatzstoffe, Verunreinigungen, Gehalt der niedermolekularen Spezies)

3.1.2.   Versuchsbedingungen

Beschreibung der verwendeten Verfahren und Versuchsbedingungen

Beschreibung der Analyse- und Nachweismethoden

3.1.3.   Ergebnisse

Ergebnisse der Löslichkeit/Extrahierbarkeit in mg/1; Einzel- und Durchschnittswerte für die Extraktionstests in den verschiedenen Lösungen, aufgeschlüsselt nach Polymergehalt und Verunreinigungen, Zusatzstoffen usw.

Ergebnisse der Löslichkeit/Extrahierbarkeit in mg/g Polymer

TOC-Werte der wässrigen Extrakte, Masse des eluierten Teils und errechnete Prozentsätze (gegebenenfalls)

pH-Wert der einzelnen Proben

Angaben zu den Werten der Blindproben

Gegebenenfalls Hinweise auf die chemische Instabilität der Prüfsubstanz sowohl während der Prüfung als auch während des Analyseverfahrens

Alle Informationen, die für die Auswertung der Ergebnisse von Bedeutung sind

4.   HINWEISE

(1)

DIN 53733 (1976) Zerkleinerung von Kunststofferzeugnissen für Prüfzwecke.

A.21.   BRANDFÖRDERNDE EIGENSCHAFTEN (FLÜSSIGE STOFFE)

1.   VERFAHREN

1.1.   EINLEITUNG

Mit diesem Prüfverfahren soll festgestellt werden, inwieweit ein flüssiger Stoff die Verbrennungsgeschwindigkeit oder die Verbrennungsintensität eines brennbaren Stoffes erhöhen kann oder ein Gemisch mit einem brennbaren Stoff bilden kann, welches sich spontan entzündet, wenn beide sorgfältig gemischt werden. Es beruht auf dem UN-Test auf brandfördernde (oxidierende) Eigenschaften für flüssige Stoffe (1) und ist ihm gleichwertig. Da dieses Verfahren A.21 jedoch in erster Linie für die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 eingeführt wurde, ist lediglich der Vergleich mit einem Referenzstoff vorgeschrieben. Weitere Tests und der Vergleich mit zusätzlichen Referenzstoffen können erforderlich sein, wenn die Testergebnisse für andere Zwecke verwendet werden sollen (9).

Dieser Test muss nicht durchgeführt werden, wenn anhand der Strukturformel hinreichend nachgewiesen wurde, dass der Stoff mit anderen brennbaren Stoffen nicht exotherm reagieren kann.

Es ist nützlich, Vorausinformationen über die potenziellen explosiven Eigenschaften der Stoffe zu haben, bevor dieser Test durchgeführt wird.

Dieser Test ist nicht auf feste Stoffe, Gase, explosive oder leichtentzündliche Stoffe oder auf organische Peroxide anwendbar.

Dieser Test muss nicht durchgeführt werden, wenn bereits Ergebnisse für den getesteten Stoff aus dem UN-Test auf brandfördernde (oxidierende) Eigenschaften für flüssige Stoffe (1) vorliegen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Die durchschnittliche Druckanstiegszeit ist der Durchschnitt der gemessenen Zeiten, die vergehen, bis ein Gemisch bei einem Test einen Druckanstieg von 690 kPa auf 2 070 kPa über atmosphärischem Druck erzeugt.

1.3.   REFERENZSTOFF

Als Referenzstoff ist 65 % (w/w) Salpetersäure in wässriger Lösung (analysenrein) erforderlich (10).

Wenn der Experimentator davon ausgeht, dass die Ergebnisse dieses Tests auch für andere Zwecke verwendet werden sollen (9), kann die Prüfung zusätzlicher Referenzstoffe sinnvoll sein (11).

1.4.   PRINZIP DES PRÜFVERFAHRENS

Die Testflüssigkeit wird in einem Massenverhältnis von 1:1 mit Fasercellulose gemischt und in ein Druckgefäß gefüllt. Kommt es beim Mischen oder beim Einfüllen spontan zur Entzündung, sind keine weiteren Tests mehr nötig.

Kommt es nicht spontan zur Entzündung, so wird der gesamte Test durchgeführt. Das Gemisch wird in einem Druckgefäß erhitzt, und die Zeit, die im Durchschnitt vergeht, bis der Druck von 690 kPa auf 2 070 kPa über atmosphärischen Druck angestiegen ist, wird ermittelt. Diese Zeit wird mit der durchschnittlichen Druckanstiegszeit für das 1:1-Gemisch des/der Referenzstoffe(s) und der Cellulose verglichen.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

In fünf hintereinander erfolgten Prüfungen mit ein und demselben Stoff sollten die Ergebnisse um nicht mehr als 30 % vom arithmetischen Mittel abweichen. Ergebnisse, die um mehr als 30 % abweichen, sind nicht zu berücksichtigen. Misch- und Einfüllverfahren sollten verbessert und die Testreihe sollte wiederholt werden.

1.6.   BESCHREIBUNG DES VERFAHRENS

1.6.1.   Vorbereitung

1.6.1.1.   Brennbarer Stoff

Getrocknete Fasercellulose mit einer Faserlänge von 50 bis 250 μm und einem durchschnittlichen Durchmesser von 25 μm (12) wird als brennbares Material verwendet. Sie wird in einer Schicht von nicht mehr als 25 mm Dicke bei 105 oC 4 Stunden lang bis zur Gewichtskonstanz getrocknet und in einem Exsikkator mit Trocknungsmittel aufbewahrt, bis sie vollkommen abgekühlt ist und benötigt wird. Der Wassergehalt der getrockneten Cellulose sollte weniger als 0,5 % der Trockenmasse (13) betragen. Gegebenenfalls sollte die Trocknungszeit verlängert werden (14). Während des gesamten Tests ist Cellulose aus derselben Vorbereitungsprozedur zu verwenden,

1.6.1.2.   Apparatur

1.6.1.2.1.   Druckgefäß

Ein Druckgefäß ist erforderlich. Das Gefäß besteht aus einem zylindrischen Druckgefäß aus Stahl von einer Länge von 89 mm und einem Außendurchmesser von 60 mm (siehe Abbildung 1). Seitlich ist der Kolben an zwei gegenüberliegenden Seilen abgeflacht (wo sich der Durchmesser des Gefäßes auf 50 mm verringert), um die Handhabung bei der Einführung von Zündstopfen und Entlüftungsstopfen zu erleichtern. Das Gefäß, das eine Bohrung von 20 mm im Durchmesser hat, ist an einem Ende in einer Tiefe von 19 mm vergrößert und mit einem Gewinde versehen, so dass ein 1" British Standard Pipe (BSP) oder eine metrische Entsprechung eingeführt werden kann. Ein Druckablassarm wird in die nicht abgeflachte Seite des Druckgefäßes 35 mm von einem Ende und im Winkel von 90o zu den abgeflachten Seiten eingeschraubt. Dazu ist eine Bohrung von 12 mm Tiefe vorgesehen, die mit einem Gewinde versehen ist, in das das 1/2"-BSP-Gewinde (oder metrische Entsprechung) am unteren Ende des Seitenarms eingeschraubt werden kann. Gegebenenfalls wird eine Dichtung aus inertem Material angebracht, um den Arm gasundurchlässig zu machen. Der Seitenarm ragt 55 mm aus dem Druckgefäß heraus und hat eine Bohrung von 6 mm. Das Ende des Seitenarms ist vergrößert und mit einem Gewinde versehen, so dass ein Membrandruckaufnehmer eingeschraubt werden kann. Jedes beliebige Druckmessgerät kann verwendet werden, sofern es gegen die heißen Gase oder Spaltprodukte beständig ist und auf eine Druckanstiegsgeschwindigkeit von 690 bis 2 070 kPa in höchstens 5 ms anspricht.

Das weiter vom Seitenarm entfernte Ende wird mit einem Zündstopfen verschlossen, an den zwei Elektroden angebracht sind. Die eine ist vom Stopfen isoliert, die andere ist über diesen geerdet. Das andere Ende des Druckgefäßes wird mit einer Berstscheibe (Berstdruck rund 2 200 kPa) verschlossen, die von einem Stopfen mit einer Bohrung von 20 mm gehalten wird. Gegebenenfalls wird am Zündstopfen eine Dichtung aus inertem Material verwendet, um Gasundurchlässigkeit zu gewährleisten. Ein Ständer (Schaubild 2) hält die Vorrichtung beim Gebrauch in der richtigen Position. Er besteht in der Regel aus einer Weichstahl-Grundplatte mit der Abmessung 235 mm × 184 mm × 6 mm und einem 185 mm langen quadratischen Hohlkörper mir der Abmessung 70 mm × 70 mm × 4 mm.

Von zwei gegenüberliegenden Seiten des Hohlkörpers wird an einem Längsende jeweils ein Seitenteil abgeschnitten, so dass ein Gestell mit zwei flachwandigen Beinen und einem 86 mm langen ganzen Kasten darauf entsteht. Die Enden dieser flachwandigen Beine werden in einem Winkel von 60o zur Horizontalen abgeschnitten und an die Grundplatte angeschweißt. Ein 22 mm weiter und 46 mm tiefer Spalt wird in eine Seite am oberen Ende des Kastens geschnitten, so dass bei der Einführung der Druckgefäßvorrichtung mit dem Zündstopfen voran in den Kastenteil der Vorrichtung der Seitenarm in den Spalt passt. Ein Stahlstück von 30 mm Länge und 6 mm Dicke wird als Zwischenstück unten an der Innenseite des Kastens angeschweißt. Zwei Flügelschrauben von 7 mm sind an der gegenüberliegenden Seite eingeschraubt und halten das Druckgefäß. Zwei 12 mm breite Streifen von 6 mm dickem Stahl, die an die Seitenteile am Boden des Kastens angeschweißt sind, halten das Druckgefäß von unten.

1.6.1.2.2.   Zündvorrichtung

Die Zündvorrichtung besteht aus einem 25 cm langem Ni/Cr-Draht mit einem Durchmesser von 0,6 mm und einem Widerstand von 3,85 Ohm/m. Der Draht wird mit Hilfe eines Stabes von 5 mm Durchmesser zu einer Wendel gedreht und wird an den am Zündstopfen befindlichen Elektroden befestigt. Die Wendel sollte einer der Darstellungen in Abbildung 3 entsprechen. Die Unterseite der Zündwendel sollte 20 mm vom Boden des Gefäßes entfernt sein. Wenn die Elektroden nicht nachstellbar sind, sollten die Enden des Zünddrahtes zwischen der Wendel und dem Boden des Gefäßes mit einer Keramikumhüllung isoliert werden. Der Draht wird durch konstante Stromversorgung von mindestens 10 A erhitzt.

1.6.2.   Durchführung des Tests  (15)

Die Apparatur, die komplett mit Druckaufnehmer und Heizsystem montiert ist, bei der jedoch die Berstscheibe nicht eingeführt ist, wird mit dem Zündstopfen nach unten auf dem Ständer befestigt. 2,5 g der zu testenden Flüssigkeit werden mit 2,5 g getrockneter Cellulose in einem Becherglas mit einem Rührstab aus Glas gemischt (16). Aus Sicherheitsgründen sollte der Mischvorgang mit einem Schutzschirm zwischen Experimentator und Gemisch durchgeführt werden. Entzündet sich das Gemisch beim Mischen oder beim Einfüllen, sind keine weiteren Tests erforderlich. Das Gemisch wird in kleinen Portionen mit leichtem Klopfen in das Druckgefäß gefüllt, wobei darauf geachtet werden muss, dass das Gemisch die Zündwendel ausreichend umhüllt und damit ein guter Kontakt gewährleistet ist. Es ist wichtig, dass sich die Wendel während des Füllens nicht verformt, da das zu falschen Ergebnissen führen kann (17). Die Berstscheibe wird in die vorgesehene Druckgefäßöffnung eingelegt und mit dem Halterungsstopfen fest eingeschraubt. Das gefüllte Gefäß wird auf den Ständer montiert, wobei das Ende mit der Berstscheibe nach oben zeigt. Der Ständer sollte sich in einem geeigneten gepanzerten Abzugsschrank oder in einer Brennkammer befinden. Das Stromkabel ist an den äußeren Anschlusssteckern am Zündstopfen angeschlossen. Die Stromstärke beträgt 10 A. Zwischen dem Beginn des Mischens und dem Anschalten des Stroms sollten nicht mehr als 10 Minuten vergehen.

Das vom Druckaufnehmer erzeugte Signal wird durch ein geeignetes Messdatenerfassungssystem aufgezeichnet, das sowohl die Messung als auch die Aufzeichnung eines Zeit-Druck-Profils ermöglicht (z. B. ein Transientenrecorder in Verbindung mit einem grafischen Drucker). Das Gemisch wird mindestens 60 s lang oder so lange, bis die Berstscheibe aufreißt, erhitzt. Reißt die Scheibe nicht auf, so sollte man das Gemisch abkühlen lassen, bevor die Apparatur vorsichtig abgebaut werden kann, wobei Vorkehrungsmaßnahmen gegen einen eventuellen Druckaufbau getroffen werden sollten. Es werden fünf Prüfgänge mit dem Prüfstoff und dem/den Referenzstoff(en) durchgeführt. Es wird festgehalten, wie viel Zeit vergeht, bis der Druck von 690 kPa auf 2 070 kPa über atmosphärischem Druck steigt. Die durchschnittliche Druckanstiegszeit wird berechnet.

In manchen Fällen können Stoffe einen (zu hohen oder zu niedrigen) Druckanstieg erzeugen, der nicht auf die brandfördernden Eigenschaften des Stoffes zurückzuführen ist. In diesen Fällen muss der Test gegebenenfalls mit einem inerten Stoff, z. B. Diatomit (Kieselgur), anstelle der Cellulose wiederholt werden, um die Art der Reaktion festzustellen.

2.   DATEN

Druckanstiegszeiten für die Testsubstanz und den/die Referenzstoff(e), Druckanstiegszeiten für die Tests mit einem inerten Stoff, soweit durchgeführt.

2.1.   ERGEBNISVERARBEITUNG

Sowohl für die Testsubstanz als auch für den/die Referenzstoff(e) werden die durchschnittlichen Druckanstiegszeiten berechnet.

Die durchschnittliche Druckanstiegszeit wird für die Tests mit einem inerten Stoff berechnet (sofern durchgeführt).

In Tabelle 1 sind einige Ergebnisbeispiele aufgeführt.

Tabelle 1

Ergebnisbeispiele  (18)

Stoff (19)

Durchschnittliche Druckanstiegszeit für ein 1:1-Gemisch mit Cellulose

(ms)

Ammoniumdichromat, gesättigte wässrige Lösung

20 800

Calciumnitrat, gesättigte wässrige Lösung

6 700

Eisentrinitrat, gesättigte wässrige Lösung

4 133

Lithiumperchlorat, gesättigte wässrige Lösung

1 686

Magnesiumperchlorat, gesättigte wässrige Lösung

777

Nickelnitrat, gesättigte wässrige Losung

6 250

Salpetersäure, 65 %

4 767 (20)

Perchlorsäure, 50 %

121 (20)

Perchlorsäure, 55 %

59

Kaliumnitrat, 30 % wässrige Lösung

26 690

Silbernitrat, gesättigte wässrige Lösung

 (21)

Natriumchlorat, 40 % wässrige Lösung

2 555 (20)

Natriumnitrat, 45 % wässrige Lösung

4 133

Inerter Stoff

 

Wasser: Cellulose

 (21)

3.   BERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Art der Testsubstanz, ihre Zusammensetzung, ihre Reinheit usw.,

Konzentration der Testsubstanz,

das für die Cellulose verwendete Trocknungsverfahren,

den Wassergehalt der verwendeten Cellulose,

die Messergebnisse,

gegebenenfalls die Ergebnisse der Tests mit einem inerten Stoff,

die errechneten durchschnittlichen Druckanstiegszeiten,

eventuelle Abweichungen von diesem Verfahren unter Angabe der Gründe,

sämtliche zusätzlichen Informationen oder Bemerkungen, die für die Analyse der Ergebnisse relevant sind.

3.2.   ANALYSE DER ERGEBNISSE (22)

Bei der Bewertung der Prüfergebnisse ist Folgendes zu beachten:

a)

ob sich das Gemisch von Testsubstanz und Cellulose spontan entzündet, und

b)

der Vergleich der durchschnittlichen Zeit, bis der Druck von 690 kPa auf 2 070 kPa gestiegen ist, mit der Druckanstiegszeit des/der Referenzstoffe(s).

Ein flüssiger Stoff wird als brandfördernd beurteilt, wenn

a)

ein Gemisch des Stoffes und der Cellulose mit einem Massenverhältnis von 1:1 spontan in Brand gerät oder

b)

ein Gemisch des Stoffes und der Cellulose mit einem Massenverhältnis von 1:1 eine durchschnittliche Druckanstiegszeit von höchstens der durchschnittlichen Druckanstiegszeit aufweist wie ein Gemisch 65 %iger Salpetersäure (w/w) in wässriger Lösung und Cellulose im Massenverhältnis von 1:1.

Um falsche positive Ergebnisse zu vermeiden, sollten die beim Test des Stoffes mit einem inerten Stoff erhaltenen Ergebnisse in die Analyse der Ergebnisse mit einbezogen werden.

4.   BEZUGSDOKUMENTE

(1)

UN-Empfehlungen für die Beförderung gefährlicher Güter, Test- und Kriterienhandbuch, 3. geänderte Ausgabe. UN-Veröffentlichungsnummer: ST/SG/AC.10/11/Rev. 3, 1999, S. 342. Test O.2: Test auf oxidierende Eigenschaften für flüssige Stoffe.

Abbildung 1

Druckgefäß

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Abbildung 2

Ständer

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Abbildung 3

Zündvorrichtung

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Anmerkung: Eines dieser Systeme kann verwendet werden.


(1)  Je nach dem verwendeten Gerätetyp und dem Reinheitsgrad des verwendeten Stoffes.

(2)  Je nach dem verwendeten Gerätetyp und dem Reinheitsgrad des verwendeten Stoffes.

(3)  Je nach dem verwendeten Gerätetyp und dem Reinheitsgrad des verwendeten Stoffes.

(4)  Je nach dem verwendeten Gerätetyp und dem Reinheitsgrad des verwendeten Stoffes.

(5)  Diese Genauigkeit gilt nur für das einfache Gerät, wie es z. B. in ASTM D 1120-72 beschrieben wird; sie kann durch verfeinerte Ebulliometergeräte verbessert werden.

(6)  Gilt nur für reine Substanzen. Die Verwendung in anderen Fällen ist zu begründen.

(7)  Abhängig vom Reinheitsgrad der Prüfsubstanz.

(8)  Diese Methoden können unter entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen auch im Bereich 1 bis 10 Pa angewendet werden.

(9)  Beispielsweise im Rahmen der UN-Beförderungsbestimmungen.

(10)  Die Säure ist vor dem Test zu titrieren, um die genaue Konzentration zu überprüfen.

(11)  Beispiel: 50 % (w/w) Perchlorsäure und 40 % (w/w) Natriumchlorat werden in Bezugsdokument 1 verwendet.

(12)  Zum Beispiel Cellulosestaub aus der Whatman-Säulen-Chromatografie CF 11, Katalognr. 4021 050.

(13)  Was beispielsweise durch Karl-Fischer-Titration zu bestätigen ist.

(14)  Als Alternative kann der Wassergehalt beispielsweise auch durch Vakuumerhitzen auf 105 oC während 24 Stunden erreicht werden.

(15)  Gemische von Oxidationsmitteln und Cellulose sind als potenziell explosiv zu behandeln und mit Vorsicht zu handhaben.

(16)  Dazu kann auch ein Gemisch der zu testenden Flüssigkeit und der Cellulose im Verhältnis 1:1 in größerer Menge zubereitet werden, wovon dann 5 ±0,1 g in das Druckgefäß gefüllt werden. Das Gemisch ist für jeden Prüfgang frisch zuzubereiten.

(17)  Insbesondere muss vermieden werden, dass nebeneinander liegende Schleifen der Wendel miteinander in Kontakt kommen.

(18)  Siehe Bezugsdokument (1) zur Klassifizierung nach den Beförderungsbestimmungen der UN.

(19)  Gesättigte Lösungen sollten bei 20 oC zubereitet werden.

(20)  Durchschnittswert aus Testreihen verschiedener Labors.

(21)  Höchstdruck von 2 070 kPa nicht erreicht.

(22)  Siehe Bezugsdokument 1 zur Analyse der Ergebnisse nach den Beförderungsbestimmungen der UN bei Verwendung verschiedener Referenzstoffe.


TEIL B: METHODEN ZUR BESTIMMUNG DER TOXIZITÄT UND SONSTIGER AUSWIRKUNGEN AUF DIE GESUNDHEIT

INHALTSVERZEICHNIS

ALLGEMEINE EINLEITUNG

B.1 bis.

AKUTE ORALE TOXIZITÄT — FEST-DOSIS-METHODE

B.1 tris.

AKUTE ORALE TOXIZITÄT — AKUT-TOXISCHE KLASSENMETHODE

B.2.

AKUTE TOXIZITÄT (INHALATION)

B.3.

AKUTE TOXIZITÄT (DERMAL)

B.4.

AKUTE TOXIZITÄT: HAUTREIZUNG/-VERÄTZUNG

B.5.

AKUTE TOXIZITÄT: AUGENREIZUNG/-VERÄTZUNG

B.6.

SENSIBILISIERUNG DER HAUT

B.7.

TOXIZITÄT NACH 28-TÄGIGER GABE (ORAL)

B.8.

TOXIZITÄT NACH 28-TÄGIGER GABE (INHALATION)

B.9.

TOXIZITÄT NACH 28-TÄGIGER GABE (DERMAL)

B.10.

MUTAGENITÄT — IN-VITRO-TEST AUF CHROMOSOMENABERRATIONEN IN SÄUGETIERZELLEN

B.11.

MUTAGENITÄT — IN-VIVO-TEST AUF CHROMOSOMENABERRATIONEN IN SÄUGETIERKNOCHENMARKZELLEN

B.12.

MUTAGENITÄT — IN-VIVO-ERYTHROZYTEN-MIKROKERNTEST BEI SÄUGERN

B.13./14.

MUTAGENITÄT — RÜCKMUTATIONSTEST UNTER VERWENDUNG VON BAKTERIEN

B.15.

MUTAGENITÄT (EINSCHLIESSLICH PRESCREENING BETREFFEND KREBSERZEUGENDE EIGENSCHAFTEN) — GENMUTATION — SACCHAROMYCES CEREVISIAE

B.16.

MITOTISCHE REKOMBINATION — SACCHAROMYCES CEREVISIAE

B.17.

MUTAGENITÄT — IN VITRO-GENMUTATIONSTEST AN SÄUGETIERZELLEN

B.18.

DNS-SCHÄDIGUNG UND REPARATUR — UNPLANMÄSSIGE DNS-SYNTHESE (UDS) — SÄUGETIERZELLEN — IN VITRO

B.19.

IN-VITRO-SCHWESTERCHROMATIDAUSTAUSCH-TEST

B.20.

TEST ZUR ERFASSUNG GESCHLECHTSGEBUNDENER REZESSIVER LETALMUTATIONEN AN DROSOPHILA MELANOGASTER

B.21.

IN-VITRO-ZELLTRANSFORMATIONSTEST

B.22.

SÄUGER-IN-VIVO-DOMINANT-LETAL-TEST

B.23.

SPERMATOGONIEN-CHROMOSOMENABERRATIONSTEST BEI SÄUGETIEREN

B.24.

IN-VIVO-SÄUGER-FELLFLECKENTEST DER MAUS

B.25.

IN-VIVO-SÄUGER-TRANSLOKATIONSTEST

B.26.

PRÜFUNG AUF SUB-CHRONISCHE ORALE TOXIZITÄT — 90-TAGE-TOXIZITÄTSSTUDIE BEI WIEDERHOLTER ORALER VERABREICHUNG AN NAGETIEREN

B.27.

PRÜFUNG AUF SUB-CHRONISCHE ORALE TOXIZITÄT — 90-TAGE-TOXIZITÄTSSTUDIE BEI WIEDERHOLTER ORALER VERABREICHUNG AN NICHT-NAGETIEREN

B.28.

PRÜFUNG AUF SUB-CHRONISCHE TOXIZITÄT NACH DERMALER APPLIKATION — 90-TAGE-TEST MIT NAGERN

B.29.

PRÜFUNG AUF SUB-CHRONISCHE TOXIZITÄT NACH INHALATION — 90-TAGE-TEST MIT NAGERN

B.30.

PRÜFUNG AUF CHRONISCHE TOXIZITÄT

B.31.

STUDIE ZUR PRÜFUNG AUF PRÄNATALE ENTWICKLUNGSTOXIZITÄT

B.32.

PRÜFUNG AUF KANZEROGENITÄT

B.33.

KOMBINIERTE STUDIE ZUR PRÜFUNG AUF KANZEROGENITÄT UND CHRONISCHE TOXIZITÄT

B.34.

PRÜFUNG AUF REPRODUKTIONSTOXIZITÄT WÄHREND EINER GENERATION

B.35.

ZWEIGENERATIONENSTUDIE ZUR PRÜFUNG AUF REPRODUKTIONSTOXIZITÄT

B.36.

TOXIKOKINETIK

B.37.

VERZÖGERTE NEUROTOXIZITÄT PHOSPHORORGANISCHER SUBSTANZEN NACH AKUTER EXPOSITION

B.38.

VERZÖGERTE NEUROTOXIZITÄT PHOSPHORORGANISCHER SUBSTANZEN BEI WIEDERHOLTER GABE ÜBER 28 TAGE

B.39.

IN-VIVO-TEST ZUR UNPLANMÄSSIGEN DNA-SYNTHESE (UDS) IN SÄUGETIERLEBERZELLEN

B.40.

IN-VITRO-PRÜFUNG AUF HAUTÄTZENDE WIRKUNG: TER-TEST (TRANSCUTANEOUS ELECTRICAL RESISTANCE TEST)

B.40 bis.

IN-VITRO-PRÜFUNG AUF HAUTÄTZENDE WIRKUNG: TEST MIT MENSCHLISCHEM HAUTMODELL

B.41.

IN-VITRO-3T3-NRU-FOTOTOXIZITÄTSTEST

B.42.

SENSIBILISIERUNG DER HAUT: LOKALER LYMPHKNOTENTEST

B.43.

PRÜFUNG AUF NEUROTOXIZITÄT BEI NAGETIEREN

B.44.

HAUTRESORPTION: IN-VIVO-METHODE

B.45.

HAUTRESORPTION: IN-VITRO-METHODE

ALLGEMEINE EINLEITUNG

A.   CHARAKTERISIERUNG DER PRÜFSUBSTANZ

Die Zusammensetzung der Prüfsubstanz, einschließlich der Hauptverunreinigungen, ihre relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften sowie die Stabilität der Substanz müssen vor Beginn einer Toxizitätsuntersuchung bekannt sein.

Die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz sind mitentscheidend für die Auswahl des Verabreichungsweges, die Art der einzelnen Prüfungen sowie für die Handhabung und Lagerung der Prüfsubstanz.

Der eigentlichen Untersuchung sollte daher die Entwicklung eines Analyseverfahrens zur qualitativen und quantitativen Bestimmung der Prüfsubstanz (möglichst einschließlich der Hauptverunreinigungen) im Verabreichungsmedium und im biologischen Material vorausgehen.

Alle Angaben bezüglich der Identifikation, der physikalisch-chemischen Eigenschaften, der Reinheit und des Verhaltens der Prüfsubstanz sollten im Prüfbericht enthalten sein.

B.   TIERPFLEGE

Eine strenge Kontrolle der Umweltbedingungen sowie eine den jeweiligen Tierarten angemessene Tierhaltung sind wesentliche Voraussetzungen für toxikologische Untersuchungen.

i)   Haltungsbedingungen

Die Umgebungsbedingungen in den Versuchstierräumen sind der jeweiligen Tierart anzupassen. Für Ratten, Mäuse und Meerschweinchen ist eine Raumtemperatur von 22 oC ± 3 oC bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 30-70 % angezeigt; bei Kaninchen sollte die Temperatur 20 ± 3 oC bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 30-70 % betragen.

Einige Untersuchungsmethoden sind besonders empfindlich gegenüber Temperatureinflüssen. Für diese Fälle sind Einzelheiten über die entsprechenden Umgebungsbedingungen in der Beschreibung des Prüfverfahrens enthalten. Bei allen Untersuchungen auf toxische Wirkungen sind Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu überwachen, aufzuzeichnen und in den Abschlussbericht der Untersuchung aufzunehmen.

Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. Einzelheiten des Beleuchtungsmusters sind aufzuzeichnen und in den Abschlussbericht der Studie aufzunehmen.

Sofern in der Beschreibung der Prüfmethode nichts anderes angegeben ist, sollten die Tiere einzeln oder in kleinen Gruppen aus Tieren desselben Geschlechts in Käfigen untergebracht sein. Bei Gruppenhaltung sollten maximal fünf Tiere in einem Käfig untergebracht sein.

In Berichten über Tierversuche ist unbedingt die Art der Käfighaltung sowie die Anzahl der in einem Käfig untergebrachten Tiere sowohl während der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz als auch während der darauf folgenden Beobachtungszeit anzugeben.

ii)   Fütterungsbedingungen

Das Futter muss allen ernährungswissenschaftlichen Anforderungen für die jeweils eingesetzte Spezies entsprechen. Werden den Tieren Prüfsubstanzen im Futter verabreicht, so kann der Nährwert durch Wechselwirkung zwischen der jeweiligen Substanz und einem Futterbestandteil eingeschränkt sein. Die Möglichkeit einer solchen Reaktion muss bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden. Es kann herkömmliches Labortierfutter verwendet werden bei uneingeschränkter Versorgung mit Trinkwasser. Die Auswahl des Futters kann auch dadurch mitbestimmt werden, dass eine geeignete Beimischung der Prüfsubstanz gewährleistet sein muss, wenn die Prüfsubstanz auf diese Art verabreicht werden soll.

Verunreinigungen im Futter, die sich nachweislich auf die Toxizität auswirken, dürfen nicht in störenden Konzentrationen vorhanden sein.

C.   ALTERNATIVE PRÜFMETHODEN

Die Europäische Union ist fest entschlossen, die Entwicklung und Validierung alternativer Verfahren, welche dieselben Informationen liefern können wie die gegenwärtigen Tierversuche, aber weniger Tiere erfordern, weniger Leiden verursachen oder die Verwendung von Tieren völlig überflüssig machen, zu fördern.

Solche Methoden müssen, sobald sie zur Verfügung stehen, nach Möglichkeit für die Charakterisierung von Gefahren und die anschließende Einstufung und Kennzeichnung im Hinblick auf substanzeigene Gefahren in Betracht gezogen werden.

D.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION

Bei der Auswertung und Interpretation von Tests sind gewisse Grenzen hinsichtlich der direkten Extrapolation der Ergebnisse der Tier- und In-vitro-Versuche auf den Menschen zu berücksichtigen; deshalb können Belege für unerwünschte Wirkungen beim Menschen, soweit solche vorliegen, zur Bestätigung der Versuchsergebnisse herangezogen werden.

E.   LITERATURHINWEISE

Die meisten dieser Methoden werden im Rahmen des OECD-Programms für Prüfrichtlinien entwickelt und sollten in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der guten Laborpraxis durchgeführt werden, um eine möglichst breite gegenseitige Datenakzeptanz zu gewährleisten.

Weitere Informationen finden sich in den in den OECD-Richtlinien genannten Literaturangaben sowie in der an anderen Stellen publizierten einschlägigen Literatur.

B.1   bis — AKUTE ORALE TOXIZITÄT — FEST-DOSIS-METHODE

1.   METHODE

Diese Prüfmethode entspricht der OECD TG 420 (2001).

1.1.   EINLEITUNG

Herkömmliche Methoden zur Bewertung der akuten Toxizität verwenden den Tod der Versuchstiere als Endpunkt. 1984 hat die British Toxicology Society einen neuen Ansatz zur Bewertung der akuten Toxizität vorgeschlagen, der von der Verabreichung einer Serie fester Dosen ausging (1). Dieser Ansatz bezog sich nicht auf den Tod der Versuchstiere als Endpunkt, sondern stützte sich auf die Beobachtung deutlicher Toxizitätszeichen, die bei einer bestimmten Dosis aus einer Serie fester Dosierungen auftraten. Nach In-vivo-Validierungsstudien im Vereinigten Königreich (2) sowie in internationalem Rahmen (3) wurde das Verfahren im Jahre 1992 als Prüfmethode anerkannt. Später wurden die statistischen Eigenschaften der Fest-Dosis-Methode mit Hilfe mathematischer Modelle in einer Reihe von Studien berechnet (4) (5) (6). Mit In-vivo-Studien und anhand von Modellstudien konnte nachgewiesen werden, dass das Verfahren reproduzierbar ist, mit einer geringeren Anzahl an Versuchstieren auskommt und weniger Leiden verursacht als die herkömmlichen Methoden und eine ähnliche Bewertung der Substanzen ermöglicht wie die sonstigen Methoden zur Prüfung der akuten Toxizität.

Leitlinien für die Auswahl der geeignetsten Testmethode für einen bestimmten Zweck enthält das Guidance Document on Acute Oral Toxicity Testing (7). Dieser Leitfaden beinhaltet darüber hinaus weitere Informationen zur Durchführung und Auswertung der Prüfmethode B.1 bis.

Eines der Prinzipien der Methode besteht darin, dass in der Hauptstudie nur mäßig toxische Dosen eingesetzt werden und dass die Verabreichung von voraussichtlich letalen Dosen vermieden werden sollte. Außerdem brauchen keine Dosierungen verabreicht zu werden, die aufgrund ätzender oder stark reizender Wirkungen bekanntermaßen starke Schmerzen und schweres Leiden verursachen. Moribunde Tiere oder Tiere, die offensichtlich unter Schmerzen leiden oder Anzeichen von schwerem und anhaltendem Leiden zeigen, sind auf humane Weise zu töten und werden bei der Auswertung der Testergebnisse auf die gleiche Weise gewertet wie während des Tests gestorbene Tiere. Kriterien für die Entscheidung, moribunde oder schwer leidende Tiere zu töten, sowie Hinweise zur Erkennung des absehbaren oder bevorstehenden Todes sind Gegenstand eines gesonderten Leitfadens (8).

Die Methode führt zu Informationen über die gefährlichen Eigenschaften und ermöglicht die Bewertung und Klassifizierung der Substanz gemäß dem Globalen Harmonisierten System (GHS) zur Klassifizierung chemischer Stoffe mit akut toxischer Wirkung (9).

Das Prüflabor soll vor der Durchführung der Studie sämtliche verfügbaren Informationen berücksichtigen. Zu diesen Informationen gehören die Identität und die chemische Struktur der zu testenden Substanzen, die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Substanzen, die Ergebnisse sonstiger In-vivo- oder In-vitro-Toxizitätstests in Verbindung mit den betreffenden Substanzen, toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen sowie die vorgesehene(n) Verwendung(en) der Substanzen. Diese Informationen werden benötigt, um die zuständigen Stellen zu überzeugen, dass der Test für den Schutz der menschlichen Gesundheit wichtig ist und bei der Wahl der geeigneten Startdosis hilft.

1.2.   DEFINITIONEN

Akute orale Toxizität: Schädliche Wirkungen, die nach der oralen Verabreichung einer Einzeldosis oder mehrerer innerhalb von 24 Stunden verabreichter Dosen einer Substanz auftreten.

Verzögerter Tod: Das betreffende Tier stirbt zwar nicht binnen 48 Stunden und wirkt in diesem Zeitraum nicht moribund; der Tod tritt jedoch später während des 14-tägigen Beobachtungszeitraums ein.

Dosis: Verabreichte Menge der Testsubstanz; die Dosis wird als Gewicht der Testsubstanz pro Gewichtseinheit des Versuchstiers ausgedrückt (z. B. mg/kg).

Evidente Toxizität: Ein allgemeiner Begriff, der deutliche Anzeichen von Toxizität nach der Verabreichung einer Testsubstanz dahin gehend beschreibt, dass bei der nächsthöheren festen Dosis entweder starke Schmerzen und anhaltende Anzeichen für schweres Leiden, ein moribunder Zustand (Kriterien siehe Humane Endpoints Guidance Document (8)) oder wahrscheinlich der Tod der meisten Versuchstiere zu erwarten sind (siehe z. B. (3)).

GHS: Globally Harmonised Classification System for Chemical Substances and Mixtures (Weltweit harmonisiertes Klassifizierungssystem für chemische Substanzen und Gemische); ein gemeinsames Projekt von OECD (Menschliche Gesundheit und Umwelt), UN-Expertenausschuss für den Transport von Gefahrgütern (physikalisch-chemische Eigenschaften) und ILO (Gefahrenanzeige) koordiniert im Rahmen des Interorganisation Programme for the Sound Management of Chemicals (IOMC).

Bevorstehender Tod: Der moribunde Zustand oder Tod ist vor dem nächsten vorgesehenen Beobachtungszeitpunkt zu erwarten. Anzeichen für diesen Zustand können bei Nagetieren Krämpfe, Seitenlage, liegende Stellung und Tremor sein (siehe Humane Endpoint Guidance Document (8)).

LD 50 (mittlere Letaldosis): Statistisch ermittelte Einzeldosis einer Substanz, bei der davon ausgegangen werden kann, dass sie bei oraler Verabreichung den Tod von 50 % der Tiere verursacht; der LD50-Wert wird als Gewicht der Testsubstanz pro Gewichtseinheit der Versuchstiere ausgedrückt (mg/kg).

Limit-Dosis: Dosis am oberen Grenzwert für den betreffenden Versuch (2 000 oder 5 000 mg/kg)

Moribunder Zustand: Zustand des Sterbens oder des Unvermögens, (selbst bei Behandlung) zu überleben (siehe Humane Endpoint Guidance Document (8))

Voraussagbarer Tod: Vorhandensein klinischer Zeichen, die auf den Eintritt des Todes zu einem bekannten Zeitpunkt in der Zukunft — vor dem planmäßigen Ende des Experiments — hinweisen, z. B. das Unvermögen, Wasser oder Nahrung aufzunehmen (siehe Humane Endpoint Guidance Document (8))

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

An Gruppen von Versuchstieren eines Geschlechts wird in einem schrittweisen Verfahren jeweils die feste Dosis 5, 50, 300 und 2 000 mg/kg verabreicht. (Im Ausnahmefall kann eine weitere feste Dosis von 5 000 mg/kg in Betracht gezogen werden (siehe Abschnitt 1.6.2)). Als Startdosis wird auf der Grundlage einer Vorstudie die Dosis gewählt, die voraussichtlich gewisse Toxizitätsanzeichen verursachen wird, ohne schwere toxische Wirkungen oder Mortalität hervorzurufen. Klinische Anzeichen und Zustände, die mit Schmerzen, Leiden und bevorstehendem Tod verbunden sind, werden in einem gesonderten OECD-Leitfaden (8) ausführlich beschrieben. Weiteren Versuchstiergruppen können höhere oder niedrigere feste Dosen in Abhängigkeit davon verabreicht werden, ob Anzeichen von Toxizität oder Mortalität zu erkennen sind. Diese Vorgehensweise wird fortgesetzt, bis die Dosis ermittelt ist, die offensichtlich toxisch wirkt oder den Tod maximal eines Versuchstieres verursacht hat, bzw. bis bei der höchsten Dosis keine Wirkungen zu erkennen sind oder bis bereits bei der niedrigsten Dosis der Tod von Versuchstieren eintritt.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Auswahl der Tierspezies

Die bevorzugte Nagetierspezies ist die Ratte, es können aber auch andere Spezies verwendet werden. In der Regel werden weibliche Tiere verwendet (7). Weibliche Tiere werden bevorzugt, da die in der Literatur zitierten Untersuchungen zu konventionellen LD50-Tests zwischen den Geschlechtern in der Regel nur geringfügige Unterschiede hinsichtlich der Empfindlichkeit belegen, in den Fällen, in denen Unterschiede beobachtet werden, jedoch zeigen, dass weibliche Tiere im Allgemeinen etwas empfindlicher sind (10). Wenn jedoch die vorhandenen Informationen über die toxikologischen oder toxikokinetischen Eigenschaften von strukturverwandten Chemikalien darauf hinweisen, dass vermutlich die männlichen Tiere empfindlicher sind, sollten männliche Tiere verwendet werden. Wird ein Versuch an männlichen Tieren durchgeführt, sollte dies hinreichend begründet werden.

Es sollen junge, gesunde, ausgewachsene Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen verwendet werden. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Alle Tiere müssen zu Beginn der Verabreichung zwischen 8 und 12 Wochen alt sein; ihre Gewichtswerte müssen im Bereich von ± 20 % des mittleren Gewichts sämtlicher zuvor verwendeter Tiere liegen.

1.4.2.   Haltung und Fütterung

Die Temperatur des Versuchstierraums soll 22 oC (± 3 oC) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit soll mindestens 30 % betragen und außer während der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen; anzustreben ist ein Wert von 50-60 %. Der Raum soll künstlich beleuchtet sein, wobei die Beleuchtung im 12-Stunden-Rhythmus ein- und ausgeschaltet werden soll. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist. Die Tiere können in den Käfigen nach Verabreichungsdosen gruppiert werden, wobei aber die Anzahl der Tiere pro Käfig noch eine genaue Beobachtung der einzelnen Tiere ermöglichen muss.

1.4.3.   Vorbereitung der Versuchstiere

Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zwecks Identifizierung markiert und für die Dauer von mindestens 5 Tagen vor Versuchsbeginn in ihren Käfigen gehalten, damit sie sich an die Laborbedingungen gewöhnen können.

1.4.4.   Vorbereitung der Dosen

Generell sollen die Testsubstanzen mit einem für den gesamten zu testenden Dosierungsbereich gleichbleibenden Volumen verabreicht werden, indem jeweils die Konzentration der Dosiszubereitung variiert wird. Wenn jedoch ein flüssiges Endprodukt oder Gemisch zu testen ist, kann die Anwendung der unverdünnten, d. h. mit gleichbleibender Konzentration verabreichten Testsubstanz für die anschließende Risikobewertung der betreffenden Substanz größere Relevanz haben und wird daher von verschiedenen Behörden vorgeschrieben. In jedem Fall darf das maximal zu verabreichende Dosisvolumen nicht überschritten werden. Welches Flüssigkeitsvolumen jeweils höchstens auf einmal verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Bei Nagetieren soll das Volumen im Normalfall 1 ml pro 100 g Körpergewicht nicht überschreiten; bei wässrigen Lösungen können aber auch 2 ml pro 100 g Körpergewicht in Betracht gezogen weiden. Bezüglich der Formulierung wird, wenn dies möglich ist, eine wässrige Lösung/Suspension/Emulsion empfohlen, danach in der Reihenfolge der Präferenz eine Lösung/Suspension/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) sowie an dritter Stelle eventuell eine Lösung in anderen Vehikeln. Bei anderen Vehikeln als Wasser sollen die toxikologischen Eigenschaften des jeweiligen Vehikels bekannt sein. Die Dosen dürfen erst kurz vor der Verabreichung zubereitet werden, sofern die Zubereitung über den Zeitraum, in dem sie angewandt werden soll, nicht bekanntermaßen eine annehmbare Stabilität aufweist.

1.5.   VERFAHRENSWEISE

1.5.1.   Verabreichung der Dosen

Die Testsubstanz wird als Einzeldosis mit einer Sonde über eine Magensonde oder über eine geeignete Intubationskanüle verabreicht. In dem seltenen Fall, dass die Verabreichung als Einzeldosis nicht möglich ist, kann die Dosis über einen Zeitraum von maximal 24 Stunden in kleineren Teilmengen verabreicht werden.

Die Versuchstiere sollten vor der Verabreichung nüchtern sein (z. B. sollte Ratten das Futter (nicht das Wasser) über Nacht vorenthalten werden; Mäusen sollte das Futter (nicht das Wasser) 3-4 Stunden zuvor vorenthalten werden). Nach diesem Futterentzug sollen die Tiere gewogen werden und die Testsubstanz verabreicht bekommen. Nach der Verabreichung der Substanz kann das Futter bei Ratten weitere 3-4 Stunden bzw. bei Mäusen weitere 1-2 Stunden zurückgehalten werden. Wenn die Dosis über einen bestimmten Zeitraum hinweg in Teilmengen verabreicht wird, kann es je nach Länge dieses Zeitraums erforderlich sein, die Tiere mit Futter und Wasser zu versorgen.

1.5.2.   Vorstudie

Zweck der Sichtungsstudie ist die Ermittlung der zweckmäßigen Ausgangsdosis für die Hauptuntersuchung, Die Testsubstanz wird einzelnen Tieren in einem sequenziellen Verfahren gemäß den Flussdiagrammen in Anlage 1 verabreicht. Die Sichtungsstudie ist abgeschlossen, wenn eine Entscheidung über die Ausgangsdosis für die Hauptstudie getroffen werden kann (oder wenn bereits bei der niedrigsten festen Dosis der Tod eines Versuchstiers eintritt).

Als Ausgangsdosis für die Sichtungsstudie wird von den festen Dosierungen 5, 50, 300 und 2 000 mg/kg die Dosis ausgewählt, die voraussichtlich eine evidente Toxizität bewirken wird, wobei nach Möglichkeit die Erkenntnisse aus In-vivo- und In-vitro-Daten für denselben chemischen Stoff sowie für strukturverwandte chemische Stoffe zugrunde liegen sollten. Wenn keine entsprechenden Informationen vorliegen, wird die Ausgangsdosis 300 mg/kg verwendet.

Zwischen den Versuchen an jedem einzelnen Tier liegt ein zeitlicher Abstand von mindestens 24 Stunden. Alle Tiere sollten mindestens 14 Tage lang beobachtet werden,

In Ausnahmefallen — und nur, wenn dies durch konkrete Vorschriften begründet ist — kann die Anwendung einer weiteren festen oberen Dosis von 5 000 mg pro kg Körpergewicht in Erwägung gezogen werden (siehe Anlage 3). Aus Tierschutzgründen wird von Tierversuchen im Bereich der GHS-Kategorie 5 (2 000 — 5 000 mg/kg) abgeraten; diese Versuche sollten nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die Ergebnisse eines solchen Tests für den Schutz der Gesundheit von Menschen oder Tieren oder der Umwelt mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt relevant sind.

Wenn ein Versuchstier, das mit der niedrigsten festen Dosis (5 mg/kg) getestet wird, bei der Sichtungsstudie stirbt, wird die Studie normalerweise beendet und die Substanz der GHS-Kategorie 1 zugewiesen (wie in Anlage 1 dargestellt). Ist jedoch eine weitere Bestätigung dieser Klassifizierung erforderlich, kann das folgende ergänzende Verfahren in Betracht gezogen werden: Ein zweites Versuchstier wird mit der Dosis 5 mg/kg getestet. Wenn dieses zweite Tier stirbt, wird die GHS-Kategorie 1 bestätigt und die Studie sofort beendet. Wenn das zweite Tier überlebt, wird maximal drei weiteren Tieren die Dosis 5 mg/kg verabreicht. Da ein hohes Mortalitätsrisiko besteht, sollten diese Tiere aus Tierschutzgründen nacheinander getestet werden. Der zeitliche Abstand zwischen den Versuchen an den einzelnen Tieren sollte groß genug sein, um die Überlebenswahrscheinlichkeit des vorherigen Tieres bestätigen zu können. Wenn ein zweites Tier stirbt, wird die Versuchsreihe sofort beendet, und es werden keine weiteren Tiere getestet. Da der Tod eines zweiten Tieres (unabhängig davon, wie viele Tiere bis zum Zeitpunkt der Beendigung getestet wurden) zu Ergebnis A zählt (2 oder mehr tote Tiere), wird nach der Klassifizierungsregel aus Anlage 2 für die feste Dosis 5 mg/kg vorgegangen (Kategorie 1 bei zwei oder mehr toten Versuchstieren bzw. Kategorie 2, wenn nur ein Tier stirbt). Zur Ergänzung wird in Anlage 4 die Klassifizierung im EU-System bis zur Einführung des neuen GHS erläutert.

1.5.3.   Hauptstudie

1.5.3.1.   Anzahl der Versuchstiere und Dosierung

Welche Maßnahmen nach dem Versuch mit der Anfangsdosierung durchgeführt werden sollen, ist den Flussdiagrammen in Anlage 2 zu entnehmen. In Betracht kommt jeweils eine von drei Maßnahmen: Versuch beenden und die entsprechende Gefahrenklassifikationsklasse zuweisen, mit einer höheren festen Dosis testen oder mit einer niedrigeren festen Dosis testen. Aus Tierschutzgründen wird jedoch eine Dosierung, die in der Sichtungsstudie zum Tod geführt hat, in der Hauptstudie nicht wiederholt (siehe Anlage 2). Die bisher gemachten Erfahrungen lassen als wahrscheinlichstes Ergebnis bei der Ausgangsdosierung vermuten, dass die Substanz ohne weitere Tests klassifiziert werden kann.

Im Normalfall werden für jede untersuchte Dosierung insgesamt fünf Tiere gleichen Geschlechts verwendet. Zu diesen fünf Tieren gehören ein Tier aus der Sichtungsstudie, dem die gewählte Dosierung verabreicht wurde, sowie vier weitere Tiere (außer wenn im Ausnahmefall eine in der Hauptstudie verwendete Dosierung in der Sichtungsstudie nicht enthalten war).

Der Zeitabstand zwischen den Versuchen mit der jeweiligen Dosierung richtet sich nach dem Einsetzen, der Dauer und dem Schweregrad der Toxizitätsanzeichen. Die Behandlung der Versuchstiere mit der nächsten Dosis sollte hinausgezögert werden, bis angenommen werden kann, dass die zuvor verwendeten Tiere überlebt haben. Bei Bedarf wird ein Abstand von drei bis vier Tagen zwischen den Versuchen mit den einzelnen Dosierungen empfohlen, um die Feststellung einer zeitverzögerten Toxizität zu ermöglichen. Dieser Zeitabstand kann nach Bedarf angepasst werden, wenn z. B. die beobachteten Reaktionen keine Schlussfolgerungen zulassen.

Wenn eine obere feste Dosis von 5 000 mg/kg in Erwägung gezogen wird, sollte verfahren werden, wie in Anlage 3 beschrieben (siehe auch Abschnitt 1.6.2).

1.5.3.2.   Limit-Test

Der Limit-Test wird hauptsächlich dann eingesetzt, wenn die Person, die den Test durchführt, nach ihr vorliegenden Informationen annehmen kann, dass das zu testende Material wahrscheinlich nicht toxisch ist, d. h. nur oberhalb der in Vorschriften festgelegten Grenzdosen toxisch wirkt. Informationen über die Toxizität des Testmaterials können aus Kenntnissen über ähnliche getestete Verbindungen, Gemische oder Produkte gewonnen werden, wobei Art und Prozentanteil der Komponenten zu berücksichtigen sind, deren toxikologische Relevanz bekannt ist. In den Fällen, in denen nur wenige oder keine Informationen über die Toxizität des Testmaterials vorliegen oder in denen von einer Toxizität des Testmaterials ausgegangen wird, sollte der Haupttest durchgeführt werden.

Bei der normalen Vorgehensweise wird für den Limit-Test im Rahmen dieses Leitfadens eine Ausgangsdosis von 2 000 mg/kg (bzw. im Ausnahmefall 5 000 mg/kg) für die Sichtungsstudie verwendet; anschließend werden vier weitere Tiere dieser Dosis ausgesetzt.

1.6.   BEOBACHTUNGEN

Die Tiere werden nach der Verabreichung einzeln beobachtet: mindestens einmal während der ersten 30 Minuten, in regelmäßigen Abständen während der ersten 24 Stunden, wobei die ersten vier Stunden besonders zu beachten sind, sowie anschließend täglich während einer Gesamtdauer von 14 Tagen, sofern die Tiere nicht aus Tierschutzgründen aus dem Versuch genommen und auf humane Weise gelötet werden müssen oder ihr Tod festgestellt wird. Die Beobachtungsdauer sollte nicht strikt festgelegt werden, sondern abhängig von den toxischen Reaktionen, vom Zeitpunkt des Einsetzens dieser Reaktionen und von der Länge der Erholungsdauer festgelegt werden und kann daher ausgedehnt werden, wenn dies erforderlich scheint. Der Zeitpunkt, zu dem die Anzeichen von Toxizität auftreten und wieder verschwinden, ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn eine Tendenz zur zeitlichen Verzögerung der Toxizitätsanzeichen besteht (11). Sämtliche Beobachtungen werden für die Tiere systematisch jeweils in Einzelprotokollen dokumentiert.

Zusätzliche Beobachtungen sind erforderlich, wenn bei den Tieren weiterhin Anzeichen für Toxizität zu beobachten sind. Die Beobachtungen sollten Veränderungen an Haut und Fell, Augen und Schleimhäuten erfassen und auch die Atmung, den Kreislauf, das vegetative und zentrale Nervensystem sowie somatomotorische Aktivitäten und Verhaltensmuster berücksichtigen. Auf Symptome wie Tremores, Krämpfe, Speichelfluss, Durchfall, Lethargie, Schlaf und Koma sollte geachtet werden. Die im Humane Endpoints Guidance Document (8) zusammengefassten Prinzipien und Kriterien sind zu berücksichtigen. Tiere, bei denen ein moribunder Zustand festgestellt wird, sowie Tiere, die starke Schmerzen haben oder anhaltende Anzeichen von schwerem Leiden zeigen, sollten auf humane Weise getötet werden. Wenn Tiere aus humanen Gründen getötet werden oder ihr Tod festgestellt wird, sollte der Todeszeitpunkt so genau wie möglich registriert werden.

1.6.1.   Körpergewicht

Das Gewicht der einzelnen Tiere soll kurz vor der Verabreichung der Testsubstanz sowie spätestens eine Woche danach ermittelt werden. Gewichtsveränderungen sollen berechnet und registriert werden. Am Ende des Tests werden die überlebenden Tiere gewogen und anschließend auf humane Weise getötet.

1.6.2.   Pathologie

Alle Versuchstiere (einschließlich der Tiere, die während des Tests sterben oder aus Tierschutzgründen aus der Studie genommen werden) sollen auf makrologische Veränderungen untersucht werden. Alle makrologischen Veränderungen sollen für jedes einzelne Tier registriert werden. Bei Tieren, die 24 oder mehr Stunden lang überlebt haben, kann auch eine mikroskopische Untersuchung von Organen mit makropathologischen Befunden in Erwägung gezogen werden, da sich hieraus eventuell nützliche Informationen gewinnen lassen.

2.   DATEN

Es sollen Daten zu den einzelnen Tieren bereitgestellt werden. Darüber hinaus sollen sämtliche Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden, wobei für jede Testgruppe die folgenden Daten zu erfassen sind; Anzahl der verwendeten Tiere, Anzahl der Tiere mit Anzeichen für eine toxische Wirkung, Anzahl der Tiere, deren Tod während des Versuchs festgestellt wurde oder die aus humanen Gründen getötet wurden, Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, Beschreibung und Zeitverlauf der toxischen Wirkungen und ihrer Reversibilität sowie pathologische Befunde.

3.   BERICHT

3.1.   TESTBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten (soweit angemessen):

 

Testsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und, sofern relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften (einschließlich Isomerisierung),

Identifizierungsdaten, einschließlich CAS-Nummer.

 

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung für die Auswahl des Vehikels (außer bei Wasser).

 

Versuchstiere:

verwendete Spezies/Stamm,

mikrobiologischer Zustand der Tiere, sofern bekannt,

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere (gegebenenfalls mit Begründung für den Einsatz von männlichen statt weiblichen Tieren),

Bezugsquelle der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.

 

Testbedingungen:

Angaben über die Zubereitung der Testsubstanz, einschließlich Angaben über die physikalische Beschaffenheit des verabreichten Stoffs,

Angaben über die Verabreichung der Testsubstanz, einschließlich Applikationsvolumen und Zeitpunkt der Verabreichung,

Angaben zur Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Herkunft des Wassers),

Begründung für die Wahl der Startdosis.

 

Ergebnisse:

tabellarische Erfassung der erhobenen Daten und der Dosis für jedes einzelne Tier (d. h. Tiere, die Anzeichen für Toxizität zeigen, einschließlich Mortalität sowie Art, Schweregrad und Dauer der Wirkungen),

tabellarische Erfassung des Körpergewichts und der Änderungen des Körpergewichts,

Gewicht der einzelnen Tiere am Tag der Verabreichung, danach in wöchentlichen Abständen sowie am Tag des Todes bzw. der Tötung,

Datum und Uhrzeit des Todes, sofern vor der planmäßigen Tötung eingetreten,

zeitlicher Verlauf des Einsetzens von Toxizitätsanzeichen sowie Angabe, ob diese reversibel waren (für jedes Tier gesondert),

Obduktionsergebnisse und histopathologische Ergebnisse für jedes einzelne Tier (wenn vorhanden).

 

Diskussion und Interpretation der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerung.

4.   LITERATUR

(1)

British Toxicology Society Working Party on Toxicity (1984). Special report: a new approach to the classification of substances and preparations on the basis of their acute toxicity. Human Toxicol., 3, 85-92.

(2)

Van den Heuvel, M.J., Dayan, A.D. and Shillaker, R.O. (1987), Evaluation of the BTS approach to the testing of substances and preparations for their acute toxicity. Human Toxicol., 6, 279-291.

(3)

Van den Heuvel, M.J., Clark, D.G., Fielder, R.J., Koundakjian, P.P., Oliver, G.J.A., Pelling, D., Tomlinson, N.J. and Walter, AP. (1990). The international validation of a fixed-dose procedure as an alternative to the classical LD50 test. Fd. Chem. Toxicol. 28, 469-482.

(4)

Whitehead, A. and Cumow, R.N. (1992). Statistical evaluation of the fixed-dose procedure. Fd. Chem. Toxicol., 30, 313-324.

(5)

Stallard, N. and Whitehead, A. (1995). Reducing numbers in the fixed-dose procedure. Human Exptl. Toxicol. 14, 315-323. Human Exptl. Toxicol.

(6)

Stallard, N., Whitehead, A. and Ridgeway, P. (2002). Statistical evaluation of the revised fixed dose procedure. Human Exptl. Toxicol., 21, 183-196.

(7)

OECD (200l). Guidance Document on Acute Oral Toxicity Testing. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment N. 24. Paris

(8)

OECD (2000). Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment N. 19.

(9)

OECD (1998), Harmonised Integrated Hazard Classification for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances as endorsed by the 28th Joint Meeting of the Chemicals Committee and the Working Party on Chemicals in November 1998, Part 2, S. 11 (http://webnet1.oecd.org/oecd/pages/home/displaygener; d/0,3380,EN- documents-521-14-no-24-no-0,FF.html).

(10)

Lipnick, R.L., Cotruvo, J.A., Hill, R.N.; Bruce, R.D., Stitzel, K.A., Walker, A.P., Chu, I., Goddard, M., Segal, L., Springer, J.A. and Myers, R.C. (1995). Comparison of the Up-and-Down, Conventional LD50, and Fixed-Dose Acute Toxicity Procedures. Fd. Chem. Toxicol. 33, 223-231.

(11)

Chan P.K and A.W. Hayes (1994) Chapter 16 Acute Toxicity and Eye Irritation. In: Principles and Methods of Toxicology. 3rd Edition. A.W. Hayes, Editor. Raven Press, Ltd, New York, USA.

Anlage 1

PRÜFVERFAHREN FÜR DIE VORSTUDIE

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Anlage 2

PRÜFVERFAHREN FÜR DIE HAUPTSTUDIE

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Anlage 3

KRITERIEN FÜR DIE KLASSIFIZIERUNG VON TESTSUBSTANZEN MIT ERWARTETEN LD50-WERTEN ÜBER 2 000 MG/KG OHNE ERFORDERLICHE TESTS

Die Kriterien für die Gefahrenkategorie 5 sollen die Identifikation von Testsubstanzen ermöglichen, die eine vergleichsweise geringe akute Toxizitätsgefahr aufweisen, aber unter bestimmten Umstanden eine Gefahr für anfällige Bevölkerungsgruppen darstellen. Bei diesen Substanzen wird von einer oralen oder dermalen LD50 im Bereich 2 000-5 000 mg/kg bzw. von vergleichbaren Dosen für andere Verabreichungswege ausgegangen. Die Testsubstanzen sollte in den folgenden Fällen in die Gefahrenkategorie 2 000 mg/kg < LD50 < 5 000 mg/kg (GHS-Kategorie 5) eingestuft werden:

a)

wenn eines der Prüfschemata aus Anlage 2 aufgrund von Mortalitätsfällen dieser Kategorie zuzuordnen ist;

b)

wenn bereits zuverlässige Erkenntnisse dafür vorliegen, dass der LD50-Wert im Bereich der Kategorie 5 liegt, oder wenn andere Tierversuche oder toxische Wirkungen auf Menschen akute Folgen für die menschlichen Gesundheit erwarten lassen;

c)

wenn nach Extrapolierung, Schätzung oder Messung von Daten die Zuordnung zu einer höheren Gefahrenklasse nicht gerechtfertigt ist und

zuverlässige Informationen vorliegen, die auf signifikante toxische Wirkungen beim Menschen hinweisen, oder

Mortalitäten bei oraler Verabreichung in Versuchen mit Dosen bis zu der Kategorie 4 auftreten, oder

eine fachkundige Beurteilung bei Versuchen mit Dosierungen bis zu den in Kategorie 4 genannten Werten signifikante klinische Toxizitätsanzeichen bestätigt (außer Durchfall, Haaraufrichtung oder zerzaustes Fell), oder

eine fachkundige Beurteilung verlässliche Informationen bestätigt, die aus den anderen Tierversuchen ein Potenzial für signifikante akute Wirkungen erkennen lassen.

VERSUCHE MIT DOSEN ÜBER 2 000 mg/kg

In Ausnahmefällen — und nur, wenn dies durch konkrete Vorschriften begründet ist — kann die Anwendung einer weiteren festen oberen Dosis von 5 000 mg pro kg Körpergewicht in Erwägung gezogen werden. Aus Tierschutzgründen wird von Versuchen mit 5 000 mg/kg abgeraten; diese Versuche sollen nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Ergebnisse eines solchen Versuchs für den Schulz der Gesundheit von Menschen oder Tieren oder der Umwelt mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt relevant sind (9).

Vorstudie

Die Entscheidungsgrundlagen für das in Anlage 1 vorgestellte sequenzielle Verfahren werden auf eine Dosis von 5 000 mg/kg erweitert: Wenn eine Startdosis von 5 000 mg/kg für die Vorstudie verwendet wird, bedingt Ergebnis A (Tod) den Test eines zweiten Tieres mit 2 000 mg/kg; die Ergebnisse B und C (evidente Toxizität oder keine Toxizität) führen zum Einsatz von 5 000 mg/kg als Startdosis für die Hauptstudie. Analog wird bei Verwendung einer anderen Startdosis als 5 000 mg/kg der Versuch mit 5 000 mg/kg fortgesetzt, wenn bei 2 000 mg/kg Ergebnis B oder C eintritt; wenn anschließend bei 5 000 mg/kg Ergebnis A eintritt, bedingt dies eine Startdosis von 2 000 mg/kg bei der Hauptstudie, während die Ergebnisse B und C zu einer Startdosis von 5 000 mg/kg bei der Hauptstudie führen.

Hauptstudie

Die Entscheidungsgrundlagen für das in Anlage 2 vorgestellte sequenzielle Verfahren werden auf eine Dosierung von 5 000 mg/kg erweitert: Wenn in der Hauptstudie eine Startdosis von 5 000 mg/kg verwendet wird, ist bei Ergebnis A (≥ 2 tote Versuchstiere) eine zweiten Gruppe mit 2 000 mg/kg zu testen; die Ergebnisse B (evidente Toxizität und/oder ≤ 1 totes Versuchstier) oder C (keine Toxizität) fuhren dazu, dass die Substanz keine Klassifizierung gemäß GHS erhält. Analog wird bei Verwendung einer anderen Startdosis als 5 000 mg/kg der Versuch mit 5 000 mg/kg fortgesetzt, wenn bei 2 000 mg/kg Ergebnis C eintritt; führt eine Gabe von 5 000 mg/kg zu Ergebnis A, wird die Substanz GHS-Kategorie 5 zugewiesen; bei den Ergebnissen B und C wird die Substanz nicht klassifiziert.

Anlage 4

PRÜFMETHODE B.l bis

Anleitung für die Klassifizierung gemäß dem EU-System zur Überbrückung des Übergangszeitraums bis zur vollständigen Umsetzung des „Globalen Harmonisierten Systems“ (GHS) (Auszug aus Literaturhinweis (8))

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B.1.tris.   AKUTE ORALE TOXIZITÄT — AKUT-TOXISCHE KLASSENMETHODE

1.   METHODE

Diese Prüfmethode entspricht der OECD TG 423 (2001).

1.1.   EINLEITUNG

Die hier beschriebene Akut-Toxische Klassenmethode (1) besteht aus einem schrittweisen Verfahren, bei dem pro Einzelschritt jeweils drei Tiere des gleichen Geschlechts verwendet werden. Je nach Mortalität und/oder moribundem Zustand der Tiere können im Mittel zwei bis vier Schritte erforderlich sein, um eine Beurteilung der akuten Toxizität der Testsubstanz zu ermöglichen. Dieses Verfahren ist reproduzierbar, erfordert nur sehr wenige Tiere und ermöglicht eine gleichartige Bewertung der Substanzen wie andere Methoden zur Prüfung der akuten Toxizität. Die Akut-Toxische Klassenmethode basiert auf biometrischen Berechnungen (2) (3) (4) (5) mit festgesetzten Dosen, die sich hinreichend unterscheiden, um die Einordnung einer Substanz zu Klassifizierungszwecken und zur Bewertung des Gefährdungspotenzials zu ermöglichen. Die Methode, wie sie 1996 anerkannt wurde, wurde durch umfassende In-vivo-Versuche im Vergleich mit LD50-Daten aus der Literatur sowohl auf nationaler (6) als auch auf internationaler (7) Ebene validiert.

Leitlinien für die Auswahl der geeignetsten Testmethode für einen bestimmten Zweck enthält das Guidance Document on Acute Oral Toxicity Testing (8). Dieser Leitfaden beinhaltet darüber hinaus weitere Informationen zur Durchführung und Auswertung der Prüfmethode B.1 tris.

Testsubstanzen sind nicht in Dosen zu verabreichen, wenn diese aufgrund ätzender oder stark reizender Wirkungen bekanntermaßen starke Schmerzen und schweres Leiden verursachen. Moribunde Tiere oder Tiere, die offensichtlich unter Schmerzen leiden oder Anzeichen von schwerem und anhaltendem Leiden zeigen, sind auf humane Weise zu töten und werden bei der Auswertung der Testergebnisse auf die gleiche Weise gewertet wie während des Tests gestorbene Tiere. Kriterien für die Entscheidung, moribunde oder schwer leidende Tiere zu töten, sowie Hinweise zur Erkennung des absehbaren oder bevorstehenden Todes sind Gegenstand eines gesonderten Leitfadens (9).

Die Methode beruht auf festgesetzten Dosen, und die Ergebnisse ermöglichen die Bewertung und Klassifizierung von Substanzen gemäß dem Globalen Harmonisierten System (GHS) zur Klassifizierung chemischer Stoffe mit akut-toxischen Wirkungen (10).

Vom Prinzip her ist die Methode nicht zur Berechnung eines exakten LD50-Wertes geeignet, sondern zur Bestimmung definierter Expositionsbereiche, in denen eine Letalität auftreten kann, da der Tod eines Teils der Tiere noch immer den wichtigsten Endpunkt dieser Methode darstellt. Ein LD50-Wert kann nur dann mit dieser Methode bestimmt werden, wenn mindestens zwei Dosen zu einer Mortalität von über 0 %, aber unter 100 % führen. Die Auswahl von festgesetzten Dosen unabhängig von der Testsubstanz zusammen mit der Koppelung an eine Anzahl von Tieren in unterschiedlichem Zustand an eine Klassifizierung verbessert die Konsistenz und die Reproduzierbarkeit zwischen den Laboratorien.

Das Prüflabor soll vor der Durchführung der Studie sämtliche verfügbaren Informationen berücksichtigen. Zu diesen Informationen gehören die Identität und die chemische Struktur der Substanz, ihre physikalisch-chemischen Eigenschaften, das Ergebnis anderer In-vivo- oder In-vitro-Toxizitätstests der betreffenden Substanz, toxikologische Daten über die strukturverwandten Substanzen sowie die vorgesehene(n) Verwendung(en) der Substanz. Diese Informationen werden benötigt, um die zuständigen Stellen zu überzeugen, dass der Test für den Schutz der menschlichen Gesundheit wichtig ist und bei der Wahl der geeigneten Startdosis hilft.

1.2.   DEFINITIONEN

Akute orale Toxizität: Schädliche Wirkungen, die nach der oralen Verabreichung einer Einzeldosis oder mehrerer innerhalb von 24 Stunden verabreichter Dosen einer Substanz auftreten.

Verzögerter Tod: Das betreffende Tier stirbt zwar nicht binnen 48 Stunden und wirkt in diesem Zeitraum nicht moribund; der Tod tritt jedoch später während des 14-tägigen Beobachtungszeitraums ein.

Dosis: Verabreichte Menge der Testsubstanz; die Dosis wird als Gewicht der Testsubstanz pro Gewichtseinheit des Versuchstiers ausgedrückt (z. B. mg/kg).

GHS: Globally Harmonised Classification System for Chemical Substances and Mixtures (Weltweit harmonisiertes Klassifizierungssystem für chemische Substanzen und Gemische); ein gemeinsames Projekt von OECD (Menschliche Gesundheit und Umwelt), UN-Expertenausschuss für den Transport von Gefahrgütern (physikalisch-chemische Eigenschaften) und ILO (Gefahrenanzeige) koordiniert im Rahmen des Interorganisation Programme for the Sound Management of Chemicals (IOMC).

Bevorstehender Tod: Der moribunde Zustand oder Tod ist vor dem nächsten vorgesehenen Beobachtungszeitpunkt zu erwarten. Anzeichen für diesen Zustand können bei Nagetieren Krämpfe, Seitenlage, liegende Stellung und Tremores sein (siehe Humane Endpoint Guidance Document (9)).

LD 50 (mittlere orale Letaldosis): Eine statistisch ermittelte Einzeldosis einer Substanz, bei der davon ausgegangen werden kann, dass sie bei oraler Verabreichung den Tod von 50 % der Tiere verursacht; der LD50-Wert wird als Gewicht der Testsubstanz pro Gewichtseinheit der Versuchstiere ausgedrückt (mg/kg).

Limit-Dosis: Dosis am oberen Grenzwert für den betreffenden Versuch (2 000 oder 5 000 mg/kg).

Moribunder Zustand: Zustand des Sterbens oder des Unvermögens, (selbst bei Behandlung) zu überleben (siehe Humane Endpoint Guidance Document (9)).

Voraussagbarer Tod: Vorhandensein klinischer Zeichen, die auf den Eintritt des Todes zu einem bekannten Zeitpunkt in der Zukunft — vor dem planmäßigen Ende des Experiments — hinweisen, z. B. das Unvermögen, Wasser oder Nahrung aufzunehmen (siehe Humane Endpoint Guidance Document (9)).

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMEHODE

Das Versuchsprinzip besteht darin, in einem schrittweisen Verfahren bei Verwendung einer minimalen Anzahl von Tieren pro Einzelschritt genügend Informationen über die akute Toxizität der Testsubstanz zu gewinnen, um ihre Klassifizierung zu ermöglichen, Die Substanz wird einer Gruppe von Versuchstieren oral mit einer der festgelegten Dosen verabreicht. Die Substanz wird in einem schrittweisen Verfahren getestet, wobei für jeden Schritt jeweils drei Tiere des gleichen Geschlechts (normalerweise weibliche Tiere) verwendet werden. Das Eintreten oder Nichteintreten von prüfsubstanzbedingten Todesfällen bei dem in einem Schritt behandelten Tieren bestimmt über den nächsten Schritt, d. h.:

ob keine weiteren Tests erforderlich sind,

ob drei weitere Tiere mit der gleichen Dosis zu behandeln sind,

ob der nächste Schritt an drei weiteren Tieren mit der nächsthöheren oder nächstniedrigeren Dosis durchzuführen ist.

In Anlage 1 ist die Testmethode im Einzelnen beschrieben. Die Methode ermöglicht die Beurteilung, eine Testsubstanz innerhalb einer Reihe von Toxizitätsklassen einzuordnen, die durch feste LD50-Abgrenzungswerte definiert sind.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Auswahl der Tierspezies

Die bevorzugte Nagetierspezies ist die Ratte, es können aber auch andere Spezies verwendet werden. In der Regel werden weibliche Tiere verwendet (9). Weibliche Tiere werden bevorzugt, da die in der Literatur zitierten Untersuchungen zu konventionellen LD50-Tests zwischen den Geschlechtern in der Regel nur geringfügige Unterschiede hinsichtlich der Empfindlichkeit belegen, in den Fällen, in denen Unterschiede beobachtet werden, jedoch zeigen, dass weibliche Tiere im Allgemeinen etwas empfindlicher sind (11). Wenn jedoch die vorhandenen Informationen über die toxikologischen oder toxikokinetischen Eigenschaften von strukturverwandten Chemikalien darauf hinweisen, dass vermutlich die männlichen Tiere empfindlicher sind, sollten männliche Tiere verwendet werden. Wenn der Versuch an männlichen Tieren durchgeführt wird, sollte dies hinreichend begründet werden.

Es sollen junge, gesunde, ausgewachsene Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen verwendet werden. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Alle Tiere müssen zu Beginn der Verabreichung zwischen 8 und 12 Wochen all sein; ihre Gewichtswerte müssen im Bereich von ± 20 % des mittleren Gewichts sämtlicher zuvor verwendeter Tiere liegen.

1.4.2.   Haltung und Fütterung

Die Temperatur im Versuchstierraum soll 22 oC (± 3 oC) betragen. Die Temperatur des Versuchstierraums soll 22 oC (± 3 oC) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit soll mindestens 30 % betragen und außer während der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen; anzustreben ist ein Wert von 50-60 %. Der Raum soll künstlich beleuchtet sein, wobei die Beleuchtung im 12-Stunden-Rhythmus ein- und ausgeschaltet werden soll. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist. Die Tiere können in den Käfigen nach Verabreichungsdosen gruppiert werden, wobei aber die Anzahl der Tiere pro Käfig noch eine genaue Beobachtung der einzelnen Tiere ermöglichen muss.

1.4.3.   Vorbereitung der Versuchstiere

Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zwecks Identifizierung markiert und für die Dauer von mindestens 5 Tagen vor Versuchsbeginn in ihren Käfigen gehalten, damit sie sich an die Laborbedingungen gewöhnen können.

1.4.4.   Vorbereitung der Dosen

Generell sollen die Testsubstanzen mit einem für den gesamten zu testenden Dosierungsbereich gleichbleibenden Volumen verabreicht werden, indem jeweils die Konzentration der Dosiszubereitung variiert wird. Wenn jedoch ein flüssiges Endprodukt oder Gemisch zu testen ist, kann die Anwendung der unverdünnten, d. h. mit gleichbleibender Konzentration verabreichten Testsubstanz für die anschließende Risikobewertung der betreffenden Substanz größere Relevanz haben und wird daher von verschiedenen Behörden vorgeschrieben. In jedem Fall darf das maximal zu verabreichende Dosisvolumen nicht überschritten werden. Welches Flüssigkeitsvolumen jeweils höchstens auf einmal verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Bei Nagetieren soll das Volumen im Normalfall 1 ml pro 100 g Körpergewicht nicht überschreiten; bei wässrigen Lösungen können aber auch 2 ml pro 100 g Körpergewicht in Betracht gezogen werden. Bezüglich der Formulierung wird, wenn dies möglich ist, eine wässrige Lösung/Suspension/Emulsion empfohlen, danach in der Reihenfolge der Präferenz eine Lösung/Suspension/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) sowie an dritter Stelle eventuell eine Lösung in anderen Vehikeln. Bei anderen Vehikeln als Wasser sollen die toxikologischen Eigenschaften des jeweiligen Vehikels bekannt sein. Die Dosen dürfen erst kurz vor der Verabreichung zubereitet werden, sofern die Zubereitung über den Zeitraum, in dem sie angewandt werden soll, nicht bekanntermaßen eine annehmbare Stabilität aufweist.

1.5.   VERFAHRENSWEISE

1.5.1.   Verabreichung der Dosen

Die Testsubstanz wird als Einzeldosis mit einer Sonde über einen Magensonde oder über eine geeignete Intubationskanüle verabreicht. In dem seltenen Fall, dass die Verabreichung als Einzeldosis nicht möglich ist, kann die Dosis über einen Zeitraum von maximal 24 Stunden in kleineren Teilmengen verabreicht werden.

Die Versuchstiere sollten vor der Verabreichung nüchtern sein (z. B. sollte Ratten das Futter (nicht das Wasser) über Nacht vorenthalten werden; Mäusen sollte das Futter (nicht das Wasser) 3-4 Stunden zuvor vorenthalten werden). Nach diesem Futterentzug sollen die Tiere gewogen werden und die Testsubstanz verabreicht bekommen. Nach der Verabreichung der Substanz kann das Futter bei Ratten weitere 3-4 Stunden bzw. bei Mäusen weitere 1-2 Stunden zurückgehalten werden. Wenn die Dosis über einen bestimmten Zeitraum hinweg in Teilmengen verabreicht wird, kann es je nach Länge dieses Zeitraums erforderlich sein, die Tiere mit Futter und Wasser zu versorgen.

1.5.2.   Anzahl der Versuchstiere und Dosierung

Für jeden Schritt werden drei Tiere verwendet. Die als Ausgangsdosis zu verwendende Dosis wird aus vier festen Dosiswerten gewählt: 5, 50, 300 und 2 000 mg pro kg Körpergewicht. Als Startdosis soll die Dosis gewählt werden, die mit der größten Wahrscheinlichkeit zur Mortalität einiger der behandelten Tiere führt. Die Prüfschemata in Anlage 1 beschreiben für jede dieser Ausgangsdosen die jeweils zu befolgende Vorgehensweise. Zur Ergänzung wird in Anlage 4 die Klassifizierung im EU-System bis zur Einführung des neuen GHS erläutert.

Wenn bereits verfügbare Informationen vermuten lassen, dass bei der höchsten Startdosis (2 000 mg pro kg Körpergewicht) keine Mortalität zu erwarten ist, soll ein Limit-Test durchgeführt werden. Wenn für eine zu testende Substanz keine Informationen zur Verfügung stehen, wird aus Tierschutzgründen empfohlen, als Ausgangsdosis 300 mg pro kg Körpergewicht zu verwenden.

Der Zeitabstand zwischen den einzelnen Behandlungsgruppen richtet sich nach dem Einsetzen, der Dauer und dem Schweregrad der toxischen Zeichen. Die Behandlung der Versuchstiere mit der nächsten Dosis soll so lange abgewartet werden, bis angenommen werden kann, dass die zuvor behandelten Tiere überleben.

In Ausnahmefällen — und nur, wenn dies durch konkrete Vorschriften begründet ist — kann die Anwendung einer weiteren oberen Dosis von 5 000 mg pro kg Körpergewicht in Erwägung gezogen werden (siehe Anlage 2). Aus Tierschutzgründen wird von Tierversuchen im Bereich der GHS-Kategorie 5 (2 000-5 000 mg/kg) abgeraten; diese Versuche sollen nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die Ergebnisse eines solchen Tests für den Schutz der Gesundheit von Menschen oder Tieren oder der Umwelt mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt relevant wären.

1.5.3.   Limit-Test

Der Limit-Test wird hauptsächlich dann eingesetzt, wenn die Person, die den Test durchführt, nach ihr vorliegenden Informationen davon ausgehen kann, dass das zu testende Material wahrscheinlich nicht toxisch ist, d. h. nur oberhalb der regulatorisch festgelegten Grenzdosen toxisch wirkt. Informationen über die Toxizität des Testmaterials können aus Kenntnissen über ähnliche getestete Verbindungen, Mischungen oder Produkte gewonnen werden, wobei Art und Prozentanteil der Komponenten zu berücksichtigen sind, deren toxikologische Relevanz bekannt ist. In den Fällen, in denen nur wenige oder keine Informationen über die Toxizität des Testmaterials vorliegen oder in denen von einer Toxizität des Testmaterials ausgegangen wird, sollte der Haupttest durchgeführt werden.

Ein Limit-Test mit einer Dosis von 2 000 mg pro kg Körpergewicht kann mit sechs Tieren durchgeführt werden (drei Tiere pro Schritt). In Ausnahmefällen kann ein Limit-Test mit einer Dosis von 5 000 mg/kg mit drei Tieren durchgeführt werden (siehe Anlage 2). Wenn eine mit der Testsubstanz in Zusammenhang stehende Mortalität ermittelt wird, müssen eventuell weitere Prüfungen mit der nächstniedrigeren Dosis durchgeführt werden.

1.6.   BEOBACHTUNGEN

Die Tiere werden nach der Verabreichung einzeln beobachtet: mindestens einmal während der ersten 30 Minuten, in regelmäßigen Abständen während der ersten 24 Stunden, wobei die ersten vier Stunden besonders zu beachten sind, sowie anschließend täglich während einer Gesamtdauer von 14 Tagen, sofern die Tiere nicht aus Tierschutzgründen aus dem Versuch genommen und auf humane Weise getötet werden müssen oder ihr Tod festgestellt wird. Die Beobachtungsdauer sollte jedoch nicht strikt festgelegt werden; vielmehr sollte sie in Abhängigkeit von den toxischen Reaktionen, vom Zeitpunkt des Einsetzens dieser Reaktionen und von der Länge der Erholungsdauer festgelegt werden und kann daher ausgedehnt werden, wenn dies erforderlich scheint. Der Zeitpunkt, zu dem die Anzeichen von Toxizität auftreten und wieder verschwinden, ist von Bedeutung, und zwar insbesondere dann, wenn eine Tendenz zur zeitlichen Verzögerung der Toxizitätsanzeichen besteht (12). Sämtliche Beobachtungen werden für die Tiere systematisch jeweils in Einzelprotokollen dokumentiert.

Zusätzliche Beobachtungen sind erforderlich, wenn bei den Tieren weiterhin Anzeichen für Toxizität zu beobachten sind. Die Beobachtungen sollten Veränderungen an Haut und Fell, Augen und Schleimhäuten erfassen und auch die Atmung, den Kreislauf, das vegetative und zentrale Nervensystem sowie somatomotorische Aktivitäten und Verhaltensmuster berücksichtigen. Auf Beobachtungen wie Tremores, Krämpfe, Speichelfluss, Durchfall, Lethargie, Schlaf und Koma sollte geachtet werden. Die im Humane Endpoints Guidance Document (9) zusammengefassten Prinzipien und Kriterien sind zu berücksichtigen. Tiere, bei denen ein moribunder Zustand festgestellt wird, sowie Tiere, die starke Schmerzen haben oder anhaltende Anzeichen von schwerem Leiden zeigen, sollten auf humane Weise getötet werden. Wenn Tiere aus humanen Gründen getötet werden oder ihr Tod festgestellt wird, sollte der Todeszeitpunkt so genau wie möglich registriert werden.

1.6.1.   Körpergewicht

Das Gewicht der einzelnen Tiere sollte kurz vor der Verabreichung der Testsubstanz sowie spätestens eine Woche danach ermittelt werden. Gewichtsveränderungen sollen berechnet und registriert werden. Am Ende des Tests werden die überlebenden Tiere gewogen und auf humane Weise getötet.

1.6.2.   Pathologie

Alle Versuchstiere (einschließlich der Tiere, die während des Tests sterben oder aus Tierschutzgründen aus der Studie genommen werden) sollen auf makroskopische Veränderungen untersucht werden. Alle makroskopischen Veränderungen sollen für jedes einzelne Tier registriert werden. Bei Tieren, die 24 oder mehr Stunden lang überlebt haben, kann auch eine mikroskopische Untersuchung von Organen mit makropathologischen Befunden in Erwägung gezogen werden, da sich hieraus eventuell nützliche Informationen gewinnen lassen.

2.   DATEN

Es sollen Daten zu den einzelnen Tieren bereitgestellt werden. Darüber hinaus sollen sämtliche Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden, wobei für jede Testgruppe die folgenden Daten zu erfassen sind: Anzahl der verwendeten Tiere, Anzahl der Tiere mit Anzeichen für eine toxische Wirkung, Anzahl der Tiere, deren Tod während des Versuchs festgestellt wurde oder die aus humanen Gründen getötet wurden, Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, Beschreibung und Zeitverlauf der toxischen Wirkungen und ihrer Reversibilität sowie pathologische Befunde.

3.   BERICHT

3.1.   Prüfbericht

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten (soweit angemessen):

 

Testsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und, wenn maßgeblich, physikalisch-chemische Eigenschaften (einschließlich Isomerisierung),

Identifizierungsdaten, einschließlich CAS-Nummer.

 

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung für die Auswahl des Vehikels (außer bei Wasser).

 

Versuchstiere:

verwendete Spezies/Stamm,

mikrobiologischer Zustand der Tiere (wenn bekannt),

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere (gegebenenfalls mit Begründung für den Einsatz von männlichen statt weiblichen Tieren),

Bezugsquelle der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.

 

Testbedingungen:

Angaben über die Zubereitung der Testsubstanz, einschließlich Angaben über die physikalische Beschaffenheit des verabreichten Stoffs,

Angaben über die Verabreichung der Testsubstanz, einschließlich Applikationsvolumen und Zeitpunkt der Verabreichung,

Angaben zur Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Herkunft des Wassers),

Begründung für die Wahl der Startdosis.

 

Ergebnisse:

tabellarische Erfassung der erhobenen Daten und der Dosis für jedes einzelne Tier (d. h. Tiere, die Anzeichen für Toxizität zeigen, einschließlich Mortalität sowie Art, Schweregrad und Dauer der Wirkungen),

tabellarische Erfassung des Körpergewichts und der Änderungen des Körpergewichts,

Gewicht der einzelnen Tiere am Tag der Verabreichung, danach in wöchentlichen Abständen sowie am Tag des Todes bzw. der Tötung,

Datum und Uhrzeit des Todes, sofern vor der planmäßigen Tötung eingetreten,

zeitlicher Verlauf des Einsetzens von Toxizitätsanzeichen sowie Angabe, ob diese reversibel waren, für jedes einzelne Tier,

Obduktionsergebnisse und histopathologische Ergebnisse für jedes einzelne Tier (wenn vorhanden).

 

Diskussion und Interpretation der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerung.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Roll R., Höfer-Bosse Th. and Kayser D. (1986). New Perspectives in Acute Toxicity Testing of Chemicals. Toxicol. Lett., Suppl. 31, 86

(2)

Roll R., Riebschläger M., Mischke U. and Kayser D. (1989). Neue Wege zur Bestimmung der akuten Toxizität von Chemikalien. Bundesgesundheitsblatt 32, 336-341.

(3)

Diener W., Sichha L., Mischke U., Kayser D. and Schiede E. (1994). The Biometric Evaluation of the Acute-Toxic-Class Method (Oral). Arch. Toxicol. 68, 559-610

(4)

Diener W., Mischke U., Kayser D. and Schiede E. (1995). The Biometric Evaluation of the OECD Modified Version of the Acute-Toxic-Class Method (Oral). Arch. Toxicol. 69, 729-734.

(5)

Diener W. and Schiede E. (1999) Acute Toxicity Class Methods: Alterations to LD/LC 50 Tests. ALTEX 16, 129-134

(6)

Schiede E., Mischke U., Roll R. and Kayser D. (1992). A National Validation Study of the Acute-Toxic- Class Method — An Alternative to the LD50 Test. Arch. Toxicol. 66, 455-470.

(7)

Schiede E., Mischke U., Diener W. and Kayser D. (1994). The International Validation Study of the Acute-Toxic-Class Method (Oral). Arch. Toxicol. 69, 659-670.

(8)

OECD (2001) Guidance Document on Acute Oral Toxicity Testing. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment N. 24. Paris.

(9)

OECD (2000) Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment N 19.

(10)

OECD (1998) Harmonized Integrated Hazard Classification System For Human Health And Environmental Effects Of Chemical Substances as endorsed by the 28th Joint Meeting of the Chemicals Committee and the Working Party on Chemicals in November 1998, Part 2, S. 11 (http://webnet1.oecd.org/oecd/pages/home/displaygeneral/0,3380,EN-documents-521-14-no-24-no-0,FF.html),

(11)

Lipnick R.L., Cotruvo, J.A., Hill R.N., Bruce R.D., Stitzel K.A., Walker A.P., Chu I.; Goddard M., Segal L., Springer J.A. and Myers R.C. (1995) Comparison of the Up-and Down, Conventional LD50, and Fixed Dose Acute Toxicity Procedures. Fd. Chem. Toxicol 33, 223-231.

(12)

Chan P.K. and A.W. Hayes. (1994). Chap. 16. Acute Toxicity and Eye Irritancy. Principles and Methods of Toxicology. Third Edition. A.W. Hayes, Editor. Raven Press, Ltd, New York, USA.

Anlage 1

ZU BEACHTENDE VORGEHENSWEISE FÜR ALLE STARTDOSEN

ALLGEMEINE HINWEISE

Die in dieser Anlage dargestellten Prüfschemata geben für jede Ausgangsdosis die jeweils zu beachtende Vorgehensweise an.

Anlage 1A: Startdosis 5 mg pro kg Körpergewicht

Anlage 1B: Startdosis 50 mg pro kg Körpergewicht

Anlage 1C: Startdosis 300 mg pro kg Körpergewicht

Anlage 1D: Startdosis 2 000 mg pro kg Körpergewicht

Der Testverlauf folgt je nach Anzahl der auf humane Weise getöteten oder gestorbenen Versuchstiere den angegebenen Pfeilen.

Anlage 1A

PRÜFVERFAHREN BEI EINER STARTDOSIS VON 5 MG PRO KG KÖRPERGEWICHT

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Anlage 1B

PRÜFVERFAHREN BEI EINER STARTDOSIS VON 50 mg PRO kg KÖRPERGEWICHT

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Anlage 1C

PRÜFVERFAHREN BEI EINER STARTDOSIS VON 300 mg PRO kg KÖRPERGEWICHT

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Anlage 1D

PRÜFVERFAHREN-BEI EINER STARTDOSIS VON 2 000 mg PRO kg KÖRPERGEWICHT

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Anlage 2

KRITERIEN FÜR DIE KLASSIFIZIERUNG VON TESTSUBSTANZEN MIT ERWARTETEN LD50-WERTEN ÜBER 2 000 mg/kg OHNE ERFORDERLICHE TESTS

Die Kriterien für die Gefahrenkategorie 5 sollen die Identifikation von Testsubstanzen ermöglichen, die eine vergleichsweise geringe akute Toxizitätsgefahr aufweisen, die aber unter bestimmten Umständen eine Gefahr für anfällige Bevölkerungsgruppen darstellen. Bei diesen Substanzen wird von einer oralen oder dermalen LD50 im Bereich 2 000-5 000 mg/kg bzw. von vergleichbaren Dosen für andere Verabreichungswege ausgegangen. Die Testsubstanz sollte in den folgenden Fällen in die Gefahrenkategorie 2 000 mg/kg < LD50 < 5 000 mg/kg (GHS-Kategorie 5) eingestuft werden:

a)

wenn eines der Prüfschemata — aus Anlage 1A-1D aufgrund von Mortalitätsfällen zu dieser Kategorie führt;

b)

wenn bereits zuverlässige Erkenntnisse dafür vorliegen, dass der LD50-Wert im Bereich der Kategorie 5 liegt, oder wenn andere Tierversuche oder toxische Wirkungen auf Menschen akute Folgen für die menschlichen Gesundheit erwarten lassen;

c)

wenn nach Extrapolierung, Schätzung oder Messung von Daten die Zuordnung zu einer höheren Gefahrenklasse nicht gerechtfertigt ist und

zuverlässige Informationen vorliegen, die auf signifikante toxische Wirkungen bei Menschen hinweisen, oder

Mortalitäten bei oraler Verabreichung in Versuchen mit Dosen bis zu der Kategorie 4 auftreten, oder

eine fachkundige Beurteilung bei Versuchen mit Dosen bis zu den in Kategorie 4 genannten Werten signifikante klinische Toxizitätsanzeichen bestätigt (außer Durchfall, Haaraufrichtung oder zerzaustes Fell), oder

eine fachkundige Beurteilung verlässliche Informationen bestätigt, die aus den anderen Tierversuchen ein Potenzial für signifikante akute Wirkungen erkennen lassen.

VERSUCHE MIT DOSEN ÜBER 2 000 mg/kg

Aus Tierschutzgründen wird von Tierversuchen im Bereich der Kategorie 5 (5 000 mg/kg) abgeraten; diese Versuche sollen nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Ergebnisse eines solchen Versuchs für den Schutz der Gesundheit von Menschen oder Tieren oder der Umwelt mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt relevant wären (10). Weitere Versuche mit noch höheren Dosierungen sollen nicht durchgeführt werden.

Wenn Versuche mit einer Dosis von 5 000 mg/kg notwendig sind, ist nur ein Schritt (d. h. drei Tiere) erforderlich. Wenn das erste Versuchstier stirbt, wird der Versuch mit einer Dosis von 2 000 mg/kg gemäß den Prüfschemata in Anlage 1 fortgesetzt. Wenn das erste Tier überlebt, wird die Substanz zwei weiteren Tieren verabreicht. Wenn nur eines der drei Tiere stirbt, wird ein LD50-Wert von über 5 000 mg/kg angenommen. Wenn beide Tiere sterben, wird der Versuch mit der Dosis von 2 000 mg/kg fortgesetzt.

Anlage 3

PRÜFVERFAHREN B.l tris Anleitung für die Klassifizierung gemäß dem EU-System zur Überbrückung des Übergangszeitraums bis zur vollständigen Umsetzung des „Globalen Harmonisierten Systems“ (GHS) (Auszug aus Literaturhinweis (8))

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B.2.   AKUTE TOXIZITÄT (INHALATION)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Es ist vorteilhaft, vorläufige Angaben zur Partikelgrößenverteilung, zum Dampfdruck, Schmelzpunkt, Siedepunkt, Flammpunkt und zur Explosivität (falls zutreffend) der Substanz zu haben.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt A).

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt B).

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Mehrere Versuchstiergruppen werden mit der Prüfsubstanz in abgestuften Konzentrationen für eine bestimmte Zeit exponiert, und zwar eine Konzentration je Gruppe. Anschließend werden die beobachteten Auswirkungen und Todesfälle registriert. Tiere, die während des Versuchs sterben, sowie die bei Versuchsende überlebenden Tiere werden seziert.

Tiere mit schweren und anhaltenden Anzeichen von Leiden und Schmerzen können vorzeitig getötet werden. Substanzen, von denen bekannt ist, dass sie auf diesem Wege aufgrund ihrer ätzenden oder stark reizenden Wirkungen ausgeprägte Schmerzen und Leiden verursachen, brauchen nicht geprüft zu werden.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Vorbereitung

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor dem Versuch werden gesunde junge erwachsene Tiere randomisiert und den einzelnen Behandlungsgruppen zugeordnet. Eine simulierte Exposition ist nur dann erforderlich, wenn es die verwendete apparative Expositionsbedingung notwendig macht.

Bei festen Prüfsubstanzen kann eine Mikronisierung erforderlich sein, um Partikel einer geeigneten Größe zu erhalten.

Falls erforderlich, kann der Prüfsubstanz ein geeignetes Vehikel zugefügt werden, um die erforderliche Konzentration der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen. In diesem Fall muss jedoch eine Kontrollgruppe, die nur das Vehikel enthält, eingesetzt werden. Wird der Dosierung zur Vereinfachung der Verabreichung ein Vehikel oder ein sonstiger Zusatz eingefügt, müssen deren relevante toxische Eigenschaften bekannt sein. Es können ggf. Daten aus früheren Versuchen herangezogen werden.

1.6.2.   Prüfbedingungen

1.6.2.1.   Versuchstiere

Sofern nicht besondere Gründe vorliegen, ist die Ratte zu bevorzugen. Es sind bekannte Versuchstierstämme zu verwenden. Für jedes Geschlecht sollte die Schwankung des Körpergewichts der Tiere des jeweiligen Versuchs bei Versuchsbeginn nicht mehr als ± 20 % vom entsprechenden Mittelwert betragen.

1.6.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Mindestens 10 Nagetiere (5 weibliche und 5 männliche) sind für jede Konzentration zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein.

Anmerkung: Bei Prüfungen der akuten Toxizität an Tieren, die einer höheren Ordnung angehören als Nagetiere, sollte die Verwendung einer geringeren Anzahl an Tieren in Betracht gezogen werden. Die Dosierungen sollten sorgfältig ausgewählt und großer Wert darauf gelegt werden, mäßig toxische Dosierungen nicht zu überschreiten. Bei solchen Versuchen sollte die Verabreichung der Prüfsubstanz in letalen Dosen vermieden werden.

1.6.2.3.   Expositionskonzentrationen

Die Dosisgruppen (mindestens 3) müssen ausreichen, um nach entsprechenden Abstufungen Versuchsgruppen mit toxischen Wirkungen und Mortalitätsraten zu erhalten. Die erhaltenen Daten sollen ausreichend sein, um eine Konzentrations-Mortalitäts-Kurve aufzuzeigen und — soweit möglich — eine annehmbare Bestimmung der LC50 erlauben.

1.6.2.4.   Limit-Test

Wenn eine Exposition an fünf männlichen und fünf weiblichen Tieren nach 20 mg/l eines Gases oder von 5 mg/l bei Aerosolen oder Stäuben über vier Stunden oder — in den Fällen, in denen dies wegen der physikalischen oder chemischen Eigenschaften einschließlich der Explosionsgefahr der Prüfsubstanz nicht möglich ist — die maximale erreichbare Konzentration bei Anwendung innerhalb von 14 Tagen keine substanzbedingte Mortalität herbeiführt, werden weitere Versuche nicht als notwendig erachtet.

1.6.2.5.   Expositionszeit

Die Expositionszeit sollte vier Stunden betragen.

1.6.2.6.   Ausrüstung

Für die Tierversuche soll eine Inhalationsanlage benutzt werden, die einen dynamischen Luftstrom mit einem Luftwechsel von mindestens 12 Mal pro Stunde sowie einen adäquaten Sauerstoffgehalt und eine gleichmäßig verteilte Expositionsatmosphäre gewährleistet. Wird eine Kammer verwendet, so ist sie so zu gestalten, dass die Versuchstiere möglichst wenig zusammengedrängt werden und die Exposition durch Inhalation der Prüfsubstanz maximiert wird. Um die Stabilität der Atmosphäre in der Inhalationskammer sicherzustellen, sollte grundsätzlich das „Gesamtvolumen“ der Versuchstiere 5 % des Kammervolumens nicht überschreiten. Für Expositionen des Mund-Nasen-Bereichs, des Kopfes oder des Ganzkörpers sind spezielle Inhalationskammern zu verwenden. Die beiden ersten Expositionsarten sollen dazu beitragen, die Aufnahme der Prüfsubstanz auf anderen Wegen so weit wie möglich einzuschränken.

1.6.2.7.   Beobachtungszeitraum

Der Beobachtungszeitraum sollte mindestens 14 Tage betragen. Die Dauer der Beobachtung soll jedoch nicht starr festgelegt werden. Sie soll von der Art des Vergiftungsbildes, dem zeitlichen Auftreten der Symptome und der Dauer der Erholungsphase abhängig gemacht werden. Die Beobachtungszeit ist zu verlängern, falls es sich als notwendig erweist. Der Zeitpunkt, bei dem Vergiftungserscheinungen auftreten und wieder abklingen, sowie der Zeitpunkt des Todes sind von Bedeutung, vor allem dann, wenn Anzeichen für eine verzögerte Mortalität erkennbar sind.

1.6.3.   Versuchsdurchführung

Die Tiere werden unmittelbar vor der Exposition gewogen und nach Einstellung des Gleichgewichts der Kammerkonzentration der Prüfsubstanz in der dazu bestimmten Apparatur über einen Zeitraum von vier Stunden ausgesetzt. Die Einstellung des Gleichgewichts sollte nur wenig Zeit in Anspruch nehmen. Die Temperatur soll während des Versuchs 22 ± 3 oC betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit soll zwischen 30 und 70 % gehalten werden, ausgenommen in den Fällen, wo dies nicht durchführbar ist (z. B. Versuche mit einigen Aerosolen). Das Aufrechterhalten eines leichten Unterdrucks in der Kammer (5 mm Wasser) verhindert das Entweichen der Prüfsubstanz in die Umgebung. Während der Exposition werden weder Futter noch Wasser verabreicht. Es soll ein geeignetes System zur Erzeugung und Überwachung der Prüfatmosphäre benutzt werden. Das System soll gewährleisten, dass konstante Expositionsbedingungen so schnell wie möglich erreicht werden. Die Kammer sollte so angelegt sein und bedient werden, dass eine homogene Verteilung der Prüfatmosphäre in der Kammer aufrechterhalten wird.

Die folgenden Messungen oder Überwachungen sollten durchgeführt werden:

a)

Messungen der Luftdurchflussrate (kontinuierlich);

b)

die tatsächliche Konzentration der Prüfsubstanz wird während der Exposition im Atembereich mindestens dreimal gemessen (in einigen Atmosphärenarten, z. B. Aerosolen in hohen Konzentrationen, kann eine häufigere Überwachung notwendig sein). Während der Expositionsdauer sollte die Konzentration um nicht mehr als ± 15 % vom Mittelwert abweichen. Bei einigen Aerosolen ist dieses Prüfniveau möglicherweise nicht erreichbar. In diesem Fall wird ein größerer Streubereich akzeptiert. Für Aerosole ist eine Analyse der Partikelgröße so oft wie möglich durchzuführen (mindestens einmal pro Versuchsgruppe);

c)

Temperatur und Luftfeuchtigkeit (möglichst ständig).

Während und nach der Exposition werden die Tiere beobachtet und die Befunde für jedes Tier aufgezeichnet. Die Beobachtungen sind während des ersten Tages häufig durchzuführen. Mindestens einmal an jedem Werktag sollte eine sorgfältige klinische Untersuchung erfolgen. Andere tägliche Beobachtungen und entsprechende Vorkehrungen sollen dem Ziel dienen, den Verlust an Tieren für die Studie weitestgehend einzuschränken, z. B. durch Autopsie oder Kühlung tot aufgefundener Tiere bzw. durch Isolierung oder Tötung schwacher oder sterbender Tiere.

Diese Beobachtungen beinhalten Veränderungen von Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, Atmung und Kreislauf, autonomem und zentralem Nervensystem sowie an der Somatomotorik und am Verhaltensmuster. Besonderes Augenmerk ist auf Tremor, Atmung, Konvulsionen, Salivation, Diarrhö, Lethargie, Schlaf und Koma zu richten. Der Zeitpunkt des Todes ist so genau wie möglich festzuhalten. Das Gewicht der Einzeltiere soll nach der Exposition wöchentlich und zum Zeitpunkt des Todes festgestellt werden.

Die während des Versuchs gestorbenen und die bis zum Abschluss des Versuchs überlebenden Tiere werden seziert unter besonderer Berücksichtigung aller Veränderungen im oberen und unteren Atmungstrakt. Alle pathologischen Veränderungen sind zu protokollieren. Falls erforderlich, sollten Gewebe für eine histopathologische Untersuchung entnommen werden.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Versuchsgruppe die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, der Zeitpunkt des Todes der einzelnen Tiere, die Zahl der Tiere mit weiteren Anzeichen der Giftwirkung, die Beschreibung der toxischen Auswirkungen und die Sektionsbefunde hervorgehen. Gewichtsveränderungen sind zu bestimmen und aufzuzeichnen, sofern die Tiere länger als einen Tag überleben. Tiere, die aufgrund substanzbedingter Leiden und Schmerzen vorzeitig getötet werden, werden als substanzbedingte Todesfälle registriert. Die LC50 ist mit einer anerkannten Methode zu berechnen. Die Auswertung sollte auch — soweit möglich — die Beziehung zwischen Verabreichungsdosis sowie Auftreten und Grad aller Abnormitäten einschließlich Verhaltensänderungen, klinischer Symptome, schwerer Schädigungen, Körpergewichtsveränderungen, Mortalität und sonstiger toxikologischer Auswirkungen umfassen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Tierart, Stamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.,

Versuchsbedingungen: Beschreibung des Expositionsapparates einschließlich Gestaltung, Typ, Abmessungen, Luftquelle, System zur Aerosolerzeugung, Klimatisierungssystem und Art der Unterbringung der Tiere in der Versuchskammer (wenn verwendet). Die Geräte zur Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Aerosolkonzentration sowie Teilchengrößenverteilung sind zu beschreiben.

Expositionsdaten

Diese Daten sind in tabellarischer Form zusammenzustellen und unter Angabe von Mittelwerten und Berücksichtigung der Schwankungen (z. B. Standardabweichung) darzustellen. Sie müssen folgende Angaben enthalten:

a)

Luftdurchflussrate in der Inhalationsanlage;

b)

Temperatur und Luftfeuchtigkeit;

c)

nominale Konzentration (Gesamtmenge der Prüfsubstanz, die in die Inhalationsanlage eingegeben wurde, dividiert durch das Luftvolumen);

d)

ggf. Art des Vehikels;

e)

tatsächliche Konzentrationen im Atembereich;

f)

der mittlere aerodynamische Massendurchmesser (Mass Median Aerodynamic Diameter — MMAD) und die geometrische Standardabweichung (Geometric Standard Deviation — GSD);

g)

Zeit für die Gleichgewichtseinstellung;

h)

Expositionsdauer;

Auflistung der Daten nach Geschlecht und Konzentration (Zahl der während des Versuchs gestorbenen oder getöteten Tiere; Zahl der Tiere mit Vergiftungserscheinungen; Zahl der exponierten Tiere);

Zeitpunkt des Todes während oder nach Verabreichung der Prüfsubstanz, Gründe und Kriterien für das vorzeitige Töten der Tiere;

sämtliche Beobachtungen;

LC50-Wert für jedes Geschlecht, ermittelt am Ende der Beobachtungszeit (unter Angabe der Berechnungsmethode);

95 %-Vertrauensbereich für die LC50 (soweit möglich);

Dosis/Mortalitätskurve und Slope-Faktor (falls durch die Bestimmungsmethode möglich);

Sektionsbefunde;

ggf. histopathologische Befunde;

Diskussion der Ergebnisse (besondere Beachtung sollte dem Einfluss geschenkt werden, der das vorzeitige Töten von Tieren während des Versuchs auf den berechneten LC50-Wert haben kann);

Interpretation der Ergebnisse.

3.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt D).

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt E).

B.3.   AKUTE TOXIZITÄT (DERMAL)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt A).

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt B).

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird in abgestuften Dosierungen mehreren Versuchstiergruppen auf die Haut aufgetragen, und zwar eine Dosierung je Gruppe. Anschließend werden die beobachteten Vergiftungserscheinungen und Todesfälle registriert. Tiere, die während des Versuchs sterben, sowie die bei Versuchsende überlebenden Tiere werden seziert.

Tiere mit starken und anhaltenden Anzeichen von Leiden und Schmerzen können vorzeitig getötet werden; Substanzen, von denen bekannt ist, dass sie auf diesem Wege aufgrund ihrer ätzenden oder reizenden Wirkungen ausgeprägte Schmerzen und Leiden verursachen, brauchen nicht geprüft zu werden.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Vorbereitung

Vor der Untersuchung werden die Tiere für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen in geeigneten Käfigen eingewöhnt. Vor Versuchsbeginn werden gesunde, junge erwachsene Tiere randomisiert und den einzelnen Behandlungsgruppen zugeordnet. Etwa 24 Stunden vor Versuchsbeginn wird das Fell der Versuchstiere auf dem Rücken durch Scheren oder Rasieren entfernt. Beim Scheren oder Abrasieren des Fells ist darauf zu achten, dass die Haut nicht verletzt wird, da dies zu einer Veränderung der Durchlässigkeit führen könnte. Mindestens 10 % der Körperoberfläche wird für die Applikation der Prüfsubstanz vorbereitet. Werden feste Stoffe verwendet, die gegebenenfalls pulverisiert werden können, sollte die Prüfsubstanz ausreichend mit Wasser oder ggf. einem geeigneten Vehikel angefeuchtet werden, um einen guten Kontakt mit der Haut sicherzustellen. Bei der Verwendung eines Vehikels ist dessen Einfluss auf das Eindringen der Prüfsubstanz in die Haut zu berücksichtigen. Flüssige Prüfsubstanzen werden im Allgemeinen unverdünnt angewendet.

1.6.2.   Prüfbedingungen

1.6.2.1.   Versuchstiere

Es können erwachsene Ratten oder Kaninchen verwendet werden. Auch andere Tierarten können verwendet werden, jedoch muss ihre Verwendung begründet werden. Es sollen bekannte Versuchstierstämme verwendet werden. Für jedes Geschlecht sollte die Schwankung des Körpergewichts der Tiere des jeweiligen Versuchs bei Versuchsbeginn nicht mehr als ± 20 % vom entsprechenden Mittelwert betragen.

1.6.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Mindestens 5 Tiere sind für jede Konzentration zu verwenden. Sie sollten alle vom gleichen Geschlecht sein. Wenn weibliche Tiere benutzt werden, dürfen diese weder geworfen haben noch trächtig sein. Wenn es Hinweise darauf gibt, dass ein Geschlecht deutlich empfindlicher reagiert, sollten Tiere dieses Geschlechts verwendet werden.

Anmerkung: Bei Prüfungen der akuten Toxizität an Tieren, die einer höheren Ordnung angehören als Nagetiere, sollte die Verwendung einer geringeren Anzahl an Tieren in Betracht gezogen werden. Die Dosierungen sollten sorgfältig ausgewählt und großer Wert darauf gelegt werden, mäßig toxische Dosierungen nicht zu überschreiten. Bei solchen Versuchen sollte die Verabreichung der Prüfsubstanz in letalen Dosen vermieden werden.

1.6.2.3.   Dosierungen

Die Dosisgruppen (mindestens 3) sollten ausreichen, um nach entsprechenden Abstufungen Versuchsgruppen mit unterschiedlichen toxischen Wirkungen und Mortalitätsraten zu erhalten. Bei der Festlegung der Dosierungen sollte eine mögliche reizende oder ätzende Wirkung berücksichtigt werden. Die erhaltenen Daten sollten ausreichen, um eine Dosis-Wirkungs-Kurve aufzuzeigen und — soweit möglich — eine annehmbare Bestimmung der LD50 erlauben.

1.6.2.4.   Limit-Test

Es kann ein Limit-Test mit einer einzigen Dosierung von mindestens 2 000 mg/kg Körpergewicht an einer Gruppe von 5 männlichen und 5 weiblichen Tieren unter Verwendung der oben beschriebenen Verfahren durchgeführt werden. Wenn substanzbedingte Todesfälle festgestellt werden, sollte ein vollständiger Test erwogen werden.

1.6.2.5.   Beobachtungszeitraum

Der Beobachtungszeitraum sollte mindestens 14 Tage betragen. Die Dauer der Beobachtung soll jedoch nicht starr festgelegt werden. Sie soll von der Art des Vergiftungsbildes, dem zeitlichen Auftreten der Symptome und der Dauer der Erholungsphase abhängig gemacht werden. Die Beobachtungszeit ist zu verlängern, falls es sich als notwendig erweist. Der Zeitpunkt, zu dem Vergiftungserscheinungen auftreten und wieder abklingen, ihre Dauer sowie der Zeitpunkt des Todes sind von Bedeutung, vor allem dann, wenn Anzeichen für eine verzögerte Mortalität erkennbar sind.

1.6.3.   Versuchsdurchführung

Die Tiere sollen einzeln in Käfigen gehalten werden. Die Prüfsubstanz ist einheitlich auf einen Bereich aufzutragen, der etwa 10 % der Körperoberfläche entspricht. Bei hochtoxischen Substanzen kann die behandelte Oberfläche kleiner sein; es sollte jedoch ein möglichst großer Bereich mit einer möglichst dünnen und einheitlichen Schicht behandelt werden.

Die Prüfsubstanz muss während einer Expositionszeit von 24 Stunden mittels eines porösen Mullverbandes und eines nicht reizenden Pflasters Kontakt mit der Haut haben. Die Versuchsfläche ist außerdem auf geeignete Art abzudecken, um den Mullverband und die Prüfsubstanz zu fixieren und sicherzustellen, dass die Tiere die Prüfsubstanz nicht oral aufnehmen können. Es können auch Mittel zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit angewendet werden, damit die Tiere die Prüfsubstanz nicht oral aufnehmen können; eine vollständige Immobilisierung ist jedoch nicht zu empfehlen.

Nach Ablauf der Expositionszeit werden die Reste der Prüfsubstanz entfernt, soweit möglich unter Verwendung von Wasser oder mit einem anderen geeigneten Hautreinigungsverfahren.

Die Beobachtungen sind systematisch aufzuzeichnen. Für jedes Tier sind individuelle Aufzeichnungen anzufertigen. Am ersten Tag sind die Tiere häufig zu beobachten. Mindestens einmal pro Werktag sollte eine sorgfältige klinische Untersuchung erfolgen. Andere tägliche Beobachtungen und entsprechende Vorkehrungen sollen dem Ziel dienen, den Verlust an Tieren für die Studie weitestgehend einzuschränken, z. B. durch Autopsie oder Kühlung tot aufgefundener Tiere und durch Isolierung oder Tötung schwacher oder sterbender Tiere.

Die Beobachtungen beinhalten Veränderungen von Fell, behandelter Haut, Augen, Schleimhäuten, Atmung und Kreislauf, autonomem und zentralem Nervensystem sowie an der Somatomotorik und am Verhaltensmuster. Besonderes Augenmerk ist auf Tremor, Konvulsionen, Salivation, Diarrhö, Lethargie, Schlaf und Koma zu richten. Der Zeitpunkt des Todes ist so genau wie möglich festzuhalten. Die während des Versuchs gestorbenen und die bis zum Abschluss des Versuchs überlebenden Tiere werden seziert. Alle pathologischen Veränderungen sind zu protokollieren. Falls erforderlich, sollten Gewebe für eine histopathologische Untersuchung entnommen werden.

Bewertung der Toxizität beim jeweils anderen Geschlecht

Nach Beendigung des Versuchs mit Tieren eines bestimmten Geschlechts wird die Prüfsubstanz mindestens einer Gruppe von 5 Tieren des jeweils anderen Geschlechts verabreicht, um festzustellen, ob Tiere dieses Geschlechts nicht deutlich empfindlicher auf die Substanz reagieren. Unter bestimmten Bedingungen kann die Verwendung einer geringeren Anzahl von Tieren gerechtfertigt sein. Wenn ausreichend Hinweise dafür vorliegen, dass die Tiere des geprüften Geschlechts deutlich empfindlicher reagieren, kann auf eine Prüfung der Tiere des jeweils anderen Geschlechts verzichtet werden.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Versuchsgruppe die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, der Zeitpunkt des Todes der einzelnen Tiere, die Zahl der Tiere mit weiteren Anzeichen der Giftwirkung, die Beschreibung der toxischen Wirkungen und die Sektionsbefunde hervorgehen. Die Bestimmung des Gewichts der einzelnen Tiere erfolgt unmittelbar vor Verabreichung der Prüfsubstanz, danach in wöchentlichen Abständen und zum Zeitpunkt des Todes. Gewichtsveränderungen sind zu bestimmen und aufzuzeichnen, sofern die Tiere länger als einen Tag überleben. Tiere, die aufgrund substanzbedingter Leiden und Schmerzen vorzeitig getötet werden, werden als substanzbedingte Todesfälle registriert. Die LD50 ist mit einer anerkannten Methode zu berechnen.

Die Auswertung sollte auch — soweit vorhanden — die Beziehung zwischen Verabreichungsdosis sowie Auftreten und Schweregrad aller Abnormitäten einschließlich Verhaltensänderungen, klinischer Symptome, schwerer Schäden, Körpergewichtsveränderungen, Mortalität und sonstiger toxikologischer Wirkungen umfassen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Tierart, Stamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter, usw.;

Versuchsbedingungen (einschließlich des Hautreinigungsverfahrens und der Art des Verbandes: okklusiv oder semi-okklusiv);

Dosierungen (ggf. mit Vehikel, falls verwendet, und Konzentrationen);

Geschlecht der behandelten Tiere;

Auflistung der Daten nach Geschlecht und Dosierung (Zahl der während des Versuchs gestorbenen oder getöteten Tiere, Zahl der Tiere mit Vergiftungserscheinungen, Zahl der exponierten Tiere);

Zeitpunkt des Todes nach Auftragen der Prüfsubstanz, Gründe und Kriterien für das vorzeitige Töten der Tiere;

sämtliche Beobachtungen;

LD50-Wert für das Geschlecht, das einem vollständigen Versuch unterzogen wurde, Bestimmung nach 14 Tagen (unter Angabe der Berechnungsmethode);

95 %-Vertrauensbereich für die LD50 (soweit möglich);

Dosis/Mortalitätskurve und Slope-Faktor (falls durch die Bestimmungsmethode möglich);

Sektionsbefunde;

ggf. histopathologische Befunde;

ggf. Ergebnisse aus Versuchen mit Tieren des jeweils anderen Geschlechts;

Diskussion der Ergebnisse (besondere Beachtung sollte dem Einfluss geschenkt werden, der das vorzeitige Töten von Tieren während des Versuchs auf den errechneten LD50-Wert haben kann);

Interpretation der Ergebnisse.

3.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt D).

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt E).

B.4.   AKUTE TOXIZITÄT: HAUTREIZUNG/-VERÄTZUNG

1.   METHODE

Diese Prüfmethode entspricht der OECD TG 404 (2002).

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Erarbeitung dieser aktualisierten Methode wurde besonderes Augenmerk auf mögliche Verbesserungen im Hinblick auf Belange des Tierschutzes und auf die Auswertung aller bereits vorhandenen Angaben über den Stoff gelegt, um unnötige Prüfungen an Labortieren zu vermeiden. Die vorliegende Methode beinhaltet die Empfehlung, vor der Durchführung des beschriebenen In-vivo-Tests zur Ermittlung des Verätzungs-/Reizungspotenzials des Stoffs eine kritische Analyse der vorhandenen einschlägigen Daten vorzunehmen. Sofern dazu nicht genügend Daten zur Verfügung stehen, können diese mit Hilfe sequenzieller Tests erzeugt werden (1). Die empfohlene Prüfstrategie enthält die Durchführung validierter und anerkannter In-vitro-Tests und wird in der Anlage zu dieser Methode ausführlich dargestellt. Zudem wird empfohlen, beim In-vivo-Vorversuch nach Möglichkeit die drei Mullläppchen, mit denen die Prüfsubstanz aufgetragen wird, nacheinander und nicht gleichzeitig am Körper des Tieres zu fixieren.

Im Interesse wissenschaftlicher Verlässlichkeit und des Tierschutzes sollen In-vivo-Tests erst dann durchgeführt werden, wenn alle für das Hautverätzungs-/-reizungspotenzial des Stoffs zur Verfügung stehenden einschlägigen Daten im Rahmen einer kritischen Analyse ausgewertet worden sind. Zu diesen Daten gehören unter anderem Erkenntnisse aus bereits durchgeführten Untersuchungen am Menschen und/oder an Labortieren; Hinweise auf Verätzungen/Reizungen durch strukturell verwandte Substanzen bzw. Gemische aus diesen Substanzen; Daten, die eine starke Azidität oder Alkalinität der Substanz belegen (2) (3), und die Ergebnisse validierter und anerkannter In-vitro- und Ex-vivo-Tests (4) (5) (5a). Diese Analyse soll dazu führen, dass weniger In-vivo-Untersuchungen zum Hautverätzungs-/-reizungspotenzial von Stoffen durchgeführt werden, wenn bereits andere Studien zu diesen beiden Endpunkten ausreichende Belege geliefert haben.

In der Anlage zu dieser Methode wird eine bevorzugte sequenzielle Prüfstrategie vorgestellt, welche die Durchführung validierter und anerkannter In-vitro- und Ex-vivo-Tests auf Verätzungs-/Reizungswirkungen einbezieht. Diese Strategie wurde während eines OECD-Workshops (6) entwickelt und von den Teilnehmern einmütig empfohlen. Sie wurde als empfohlene Prüfstrategie für das Globale Harmonisierte System der Einstufung und Kennzeichnung Chemischer Stoffe (Globally Harmonised System for the Classification of Chemical Substances = GHS) (7) angenommen. Es wird empfohlen, dass diese Prüfstrategie vor einem In-vivo-Test durchgeführt wird. Bei neuen Substanzen wird sie als stufenweiser Prüfansatz empfohlen, mit dessen Hilfe verlässliche wissenschaftliche Daten über die durch die Prüfsubstanz hervorgerufene Verätzung/Reizung erzielt werden können. Bei bereits bekannten Stoffen, für die nicht genügend Daten zum Hautverätzungs-/-reizungspotenzial vorliegen, soll die Strategie genutzt werden, um Datenlücken zu schließen. Der Einsatz einer anderen Prüfstrategie bzw. eines anderen Prüfverfahrens oder die Entscheidung gegen einen stufenweisen Prüfansatz soll gerechtfertigt werden.

Falls das Verätzungs-/Reizungspotenzial anhand einer gewichteten Analyse nicht ermittelt werden kann, die den Anforderungen der sequentiellen Prüfstrategie gerecht wird, soll ein In-vivo-Test ins Auge gefasst werden (siehe Anlage).

1.2.   DEFINITIONEN

Hautreizung: Das Auslösen einer reversiblen Hautschädigung nach Applikation einer Prüfsubstanz für die Dauer von bis zu 4 Stunden.

Hautverätzung: Das Auslösen einer irreversiblen Hautschädigung, d. h. einer sichtbaren, bis in das Corium reichenden Nekrose der Epidermis nach Applikation einer Prüfsubstanz für die Dauer von bis zu 4 Stunden. Verätzungsreaktionen sind gekennzeichnet durch Geschwüre, Blutungen, blutige Verschorfungen und am Ende des Beobachtungszeitraums von 14 Tagen durch eine auf ein Ausbleichen der Haut zurückzuführende Verfärbung, komplett haarlose Bereiche und Narben. Bei unklaren Schädigungen sollen histopathologische Untersuchungen in Erwägung gezogen werden.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfsubstanz wird in einer einmaligen Dosierung auf die Haut eines Versuchstiers aufgetragen; nicht behandelte Hautareale dienen als Kontrolle. Der Grad der Reizung/Verätzung wird in zuvor festgelegten Zeitabständen bestimmt und bewertet und anschließend beschrieben, um eine umfassende Beurteilung der Wirkung vornehmen zu können. Die Beobachtungsdauer soll ausreichend sein, um die Reversibilität bzw. Irreversibilität der Wirkungen vollständig zu erfassen,

Tiere mit starken und anhaltenden Anzeichen von Leiden und/oder Schmerzen können jederzeit wahrend des Versuchs human getötet werden, wobei die Substanz entsprechend einzustufen ist. Kriterien für die humane Tötung moribunder Tiere mit starken Anzeichen von Leiden sind dem Literaturhinweis (8) zu entnehmen.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitung des In-vivo-Tests

1.4.1.1.   Auswahl der Tierspezies

Das bevorzugte Labortier ist das Albino-Kaninchen, wobei für den Test gesunde junge erwachsene Kaninchen verwendet werden. Die Verwendung anderer Spezies ist zu begründen.

1.4.1.2.   Vorbereitung der Versuchstiere

Etwa 24 Stunden vor dem Versuch wird das Fell auf dem Rücken der Versuchstiere gründlich geschoren. Dabei ist darauf zu achten, dass die Haut nicht verletzt wird. Es sind nur Tiere mit einer gesunden, unverletzten Haut zu verwenden.

Einige Kaninchenrassen haben Stellen mit dichtem Fellbewuchs, die zu bestimmten Zeiten im Jahr deutlicher hervortreten. An diesen Stellen soll keine Prüfung durchgeführt werden.

1.4.1.3.   Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Die Tiere sollen einzeln gehalten werden. Die Temperatur im Versuchstierraum soll für Kaninchen 20 oC (± 3 oC) betragen. Obwohl die relative Luftfeuchtigkeit mindestens 30 % betragen und zu anderen Zeiten als wahrend der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen sollte, ist ein Wert von 50-60 % anzustreben. Der Raum soll künstlich beleuchtet sein, wobei die Beleuchtung im 12-Stunden-Rhythmus ein- und ausgeschaltet werden soll. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist.

1.4.2.   Prüfverfahren

1.4.2.1.   Applikation der Prüfsubstanz

Die Prüfsubstanz soll auf eine kleine Hautfläche (etwa 6 cm2) aufgetragen und mit einem Mullläppchen abgedeckt werden, das mit einem nicht reizenden Pflaster fixiert wird. Sofern eine direkte Applikation nicht möglich ist (z. B. bei Flüssigkeiten oder bestimmten Pasten), soll die Prüfsubstanz zunächst auf das Mullläppchen gegeben werden, das anschließend auf der Haut fixiert wird. Für die Dauer der Exposition soll das Läppchen mit einem geeigneten Okklusiv- oder Semi-Okklusiv-Verband lose auf der Haut gehalten werden. Wird die Prüfsubstanz auf ein Läppchen aufgebracht, so ist dieses so auf der Haut zu fixieren, dass ein guter Hautkontakt und die gleichmäßige Verteilung der Substanz auf der Haut gewährleistet sind. Es ist zu vermeiden, dass das Tier an das Mullläppchen gelangt und die Prüfsubstanz oral aufnehmen bzw. inhalieren kann.

Flüssige Prüfsubstanzen werden im Allgemeinen unverdünnt angewendet. Wird der Versuch mit Feststoffen durchgeführt (die im Bedarfsfall pulverisiert werden können), dann soll die Prüfsubstanz mit gerade so viel Wasser (bzw. gegebenenfalls mit einem anderen geeigneten Vehikel) angefeuchtet werden, dass ein guter Kontakt mit der Haut sichergestellt ist. Bei Verwendung eines anderen Vehikels als Wasser soll dessen möglicher Einfluss auf eine Reizung der Haut minimal sein.

Nach Ablauf der Expositionszeit, die in der Regel 4 Stunden beträgt, wird die restliche Prüfsubstanz möglichst mit Wasser oder einem geeigneten Lösungsmittel entfernt, ohne dass die bestehende Reaktion oder die Integrität der Epidermis beeinträchtigt wird.

1.4.2.2.   Dosierungen

Im Falle von Flüssigkeiten werden 0,5 ml und im Falle von Feststoffen oder Pasten 0,5 g auf die vorbereitete Hautstelle aufgetragen.

1.4.2.3.   Vorversuch (In-vivo-Test auf Hautreizung/-verätzung an einem Tier)

Es empfiehlt sich dringend, den In-vivo-Test zunächst nur an einem Tier durchzuführen. Dies gilt insbesondere, wenn der Verdacht besteht, dass der Stoff ein Verätzungspotenzial hat. Damit wird den Anforderungen der sequenziellen Prüfstrategie entsprochen (siehe Anlage 1).

Sofern ein Stoff anhand einer kritischen Analyse vorhandener Daten als ätzend eingestuft wurde, brauchen keine weiteren Tierversuche durchgeführt zu werden. Bei den meisten Stoffen mit einer vermuteten Ätzungswirkung erübrigen sich in der Regel In-vivo-Tests. Allerdings können in den Fällen, in denen angesichts einer unzureichenden Datenlage die Ermittlung zusätzlicher Daten gerechtfertigt scheint, in begrenztem Umfang Tierversuche durchgeführt werden, wobei folgendermaßen vorzugehen ist: Bis zu drei Läppchen werden nacheinander appliziert. Das erste Läppchen wird nach drei Minuten entfernt. Wird keine schwere Hautreaktion festgestellt, erfolgt die Applikation eines zweiten Läppchens, das nach einer Stunde entfernt wird. Lassen die Beobachtungen zu diesem Zeitpunkt den Schluss zu, dass eine Exposition für die Dauer von vier Stunden ethisch verantwortbar ist, wird ein drittes Läppchen appliziert und nach vier Stunden entfernt. Anschließend wird die Reaktion bewertet.

Der Versuch wird sofort abgebrochen, falls nach einer der drei sequenziellen Expositionen eine ätzende Wirkung beobachtet wird. Ist nach der Entfernung des letzten Läppchens keine Verätzung feststellbar, wird das Tier 14 Tage lang beobachtet, sofern nicht vor Ablauf dieser Zeit Verätzungen auftreten.

Geht man davon aus, dass die Prüfsubstanz zwar keine ätzende Wirkung hat, aber Hautreizungen hervorrufen kann, sollte nur ein Tier verwendet werden, dem ein einziges Läppchen für die Dauer von vier Stunden appliziert wird.

1.4.2.4.   Bestätigungstest (In-vivo-Test auf hautreizende Wirkungen an zusätzlichen Tieren)

Wird im Vorversuch keine ätzende Wirkung beobachtet, dann soll die Reizungsreaktion bzw. die negative Reaktion an bis zu zwei weiteren Tieren mit jeweils einem Läppchen bei einer Expositionsdauer von vier Stunden bestätigt werden. Ergibt der Vorversuch eine Reizungswirkung, kann der Bestätigungstest als sequenzieller Versuch bzw. durch gleichzeitige Exposition von zwei weiteren Tieren durchgeführt werden. Findet ausnahmsweise kein Vorversuch statt, können zwei bzw. drei Tiere mit einem Läppchen behandelt werden, das nach vier Stunden entfernt wird. Bei Verwendung von zwei Versuchstieren, die beide die gleiche Reaktion zeigen, erübrigen sich weitere Untersuchungen. Andernfalls wird auch das dritte Tier getestet. Unklare Reaktionen könnten möglicherweise bewertet werden, indem Versuche mit weiteren Tieren durchgeführt werden.

1.4.2.5.   Beobachtungszeitraum

Die Beobachtungszeit soll so bemessen sein, dass die Reversibilität der festgestellten Wirkungen vollständig bewertet werden kann. Allerdings sollte der Versuch abgebrochen werden, sobald das Tier starke und anhaltende Anzeichen von Leiden und Schmerzen zeigt. Um feststellen zu können, ob die Wirkungen reversibel sind, sollen die Tiere für die Dauer von bis zu 14 Tagen nach Entfernung der Läppchen beobachtet werden. Bilden sich die Schäden vor Ablauf dieser 14 Tage zurück, soll der Versuch zu dem betreffenden Zeitpunkt beendet werden.

1.4.2.6.   Klinische Beobachtungen und Bewertung von Hautreaktionen

Die Tiere sind auf Anzeichen von Hautrötungen und Ödemen zu untersuchen, wobei die Reaktion 60 Minuten sowie 24, 48 und 72 Stunden nach Entfernen des Läppchens bewertet wird. Beim Vorversuch an einem Tier wird die behandelte Stelle auch unmittelbar nach Entfernen des Läppchens untersucht. Die Hautreaktionen werden bewertet und anhand der Punkteskala in der unten stehenden Tabelle dokumentiert. Im Falle von Hautschädigungen, die nach 72 Stunden weder als Reizung noch als Verätzung eingestuft werden können, ist unter Umständen die Beobachtung bis zum 14. Tag erforderlich, um Aussagen zur Reversibilität der Wirkungen treffen zu können. Neben Hautreizungen sollen alle örtlich begrenzten toxischen Wirkungen (z. B. Entfettung der Haut) und alle negativen systemischen Wirkungen (z. B. klinische Anzeichen für Toxizität und Veränderungen des Körpergewichts) vollständig beschrieben und dokumentiert werden. Unklare Reaktionen sollen gegebenenfalls durch eine histopathologische Untersuchung abgeklärt werden.

Die Bewertung von Hautreaktionen ist zwangsläufig subjektiv. Um die Einstufung von Hautreaktionen stärker zu vereinheitlichen und den Prüflabors und allen an den Versuchen und an der Interpretation der Versuchsergebnisse Beteiligten die Arbeit zu erleichtern, müssen die Prüfer im Umgang mit der Bewertungsskala (siehe unten stehende Tabelle) entsprechend geschult werden. Dabei könnte sich ein Leitfaden mit Abbildungen zur Bewertung von Hautreizungen und anderen Schädigungen als hilfreich erweisen (9).

2.   DATEN

2.1.   ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Untersuchungsergebnisse sollen im Abschlussbericht in Tabellenform dargestellt werden und alle in Abschnitt 3.1 genannten Punkte umfassen.

2.2.   ERGEBNISBEWERTUNG

Die Bewertung der Hautreizung soll anhand der Art und des Schweregrads der Schädigung und deren Reversibilität bzw. Irreversibilität vorgenommen werden. Die einzelnen ermittelten Schweregrade stellen keinen allein gültigen Maßstab für die hautreizenden Eigenschaften eines Stoffs dar, denn es werden auch andere Effekte der Prüfsubstanz beurteilt. Vielmehr sollten diese einzelnen Graduierungswerte als Referenzwerte betrachtet werden, die zusammen mit allen anderen Ergebnissen der Studie zu beurteilen sind.

Bei der Bewertung von hautreizenden Reaktionen spielt auch die Reversibilität der Hautschädigung eine Rolle. Bestehen Reaktionen wie (begrenzter) Haarausfall, Hyperkeratose, Hyperplasie und Schuppung bis zum Ende des 14-tägigen Beobachtungszeitraums, soll die Prüfsubstanz als hautreizender Stoff betrachtet werden.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

 

Begründung für den In-vivo-Test: Kritische Analyse von Daten aus früheren Versuchen unter Einbeziehung von Ergebnissen aus der sequenziellen Prüfstrategie:

Beschreibung aller einschlägigen Daten aus früheren Versuchen;

Daten, die in den einzelnen Stufen der Prüfstrategie erhoben wurden;

Beschreibung der durchgeführten In-vitro-Tests mit Einzelheiten zu angewandten Verfahren sowie zu den Ergebnissen für Prüf-/Referenzsubstanzen;

Gewichtungsanalyse als Grundlage für die Durchführung einer In-vivo-Studie.

 

Prüfsubstanz:

Angaben zur Identität (z. B. CAS-Nummer, Bezugsquelle, Reinheit, bekannte Verunreinigungen; Chargennummer);

physikalische Beschaffenheit und physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. pH-Wert, Flüchtigkeit, Löslichkeit, Stabilität);

bei Gemischen Zusammensetzung und relative Anteile der Bestandteile in Prozent,

 

Vehikel:

Angaben zur Identität, (gegebenenfalls) Konzentration; Einsatzvolumen;

Begründung der Auswahl des Vehikels.

 

Versuchstiere:

verwendete Spezies/Rasse, Begründung für den Verzicht auf die Verwendung von Albino-Kaninchen und die Nutzung anderer Tiere;

Anzahl der Versuchstiere pro Geschlecht;

Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn und -ende;

Alter der Tiere bei Beginn der Studie;

Herkunft der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.

 

Prüfbedingungen:

Methode der Vorbereitung des Hautareals, auf das die Mullläppchen appliziert werden;

Angaben zu dem für die Läppchen verwendeten Material und zur Abdeckmethode;

Angaben zur Herstellung, Applikation und Entfernung der Prüfsubstanz,

 

Ergebnisse:

tabellarische Erfassung der Bewertung des Schweregrades von Hautreizungs-/-verätzungsreaktionen zu allen Messzeitpunkten für jedes einzelne Versuchstier;

Beschreibung aller beobachteten Schädigungen;

ausführliche Beschreibung von Art und Schwere der festgestellten Hautreizung bzw. -verätzung sowie Angaben zu eventuellen histopathologischen Befunden;

Beschreibung anderer örtlich begrenzter negativer (z, B. Entfettung der Haut) und systemischer Wirkungen neben den Hautreizungen bzw. -verätzungen.

Diskussion der Ergebnisse

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Banatt, M.D., Castell, J.V., Chamberiain, M., Combes, R.D., Dearden, J.C., Fentem, J.H., Genier, I., Giuliani, A., Gray, T.J.B., Livingston, D.J., Provan, W.M., Rutten, F.A.J.J.L., Verhaar, H.J.M., Zbinden, P. (1995) The Integrated Use of Alternative Approaches for Predicting Toxic Hazard. ECVAM Workshop Report 8. ATLA 23, 410-429.

(2)

Young, J.R., How, M.J., Walker, A.P., Worth, W.M.H. (1988) Classification as Corrosive or Irritant to Skin of Preparations Containing Acidic or Alkaline Substances Without Testing on Animals. Toxicol. In Vitro, 2, 19 -26.

(3)

Worth, A.P., Fentem, J.H., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Liebsch, M. (1998) Evaluation of the proposed OECD Testing Strategy for skin corrosion. ATLA 26, 709-720.

(4)

ECETOC (1990) Monographie Nr. 15, „Skin Irritation“ (Hautreizung), Umwelt- und Technologiezentrum der Europäischen Chemischen Industrie, Brüssel.

(5)

Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., , Esdaile, D.J., Holzhutter, H.G., und Liebsch, M. (1998) The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team. Toxicology in Vitro 12, S. 483-524.

(5a)

Prüfmethode B.40: Hautverätzung.

(6)

OECD (1996) OECD Test Guidelines Programme: Final Report of the OECD Workshop on Harmonization of Validation and Acceptance Criteria for Alternative Toxicological Test Methods. Solna, Schweden, 22.-24. Januar 1996 (http://www1.oecd.org/ehs/test/background.htm).

(7)

OECD (1998) Harmonized Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances, bestätigt auf der 28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien, November 1998 (http://www1.oecd.org/ehs/Class/HCL6.htm).

(8)

OECD (2000). Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. OECD Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment No. 19 (http://www1.oecd.org/ehs/test/monos.htm).

(9)

EPA (1990). Atlas of Dermal Lesions, (20T-2004). United States Environmental Protection Agency, Office of Pesticides and Toxic Substances, Washington, DC, August 1990.

(auf Anfrage beim OECD-Sekretariat erhältlich).

Tabelle I

BEWERTUNG VON HAUTREAKTIONEN

Bildung von Erythemen und Schorf

Kein Erythem …

0

Sehr leichtes Erythem (kaum wahrnehmbar) …

1

Klar abgegrenztes Erythem …

2

Mäßiges bis ausgeprägtes Erythem

3

Ausgeprägtes Erythem (dunkelrot) bis hin zur Schorfbildung, so dass eine Bewertung nicht möglich ist …

4

Höchstmögliche Punktzahl: 4

Bildung von Ödemen

Kein Ödem

0

Sehr leichtes Ödem (kaum wahrnehmbar) …

1

Leichtes Ödem (Ränder des betroffenen Areals durch deutliche Schwellung klar abgegrenzt) …

2

Mäßiges Ödem (Schwellung etwa 1 mm) …

3

Ausgeprägtes Ödem (Schwellung mehr als 1 mm und über den Expositionsbereich hinaus) …

4

Höchstmögliche Punktzahl: 4

Zur Klärung unklarer Reaktionen kann eine histopathologische Untersuchung erfolgen.

Anlage

Sequenzielle Prüfstrategie für Hautreizungen und -Verätzungen

ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN

Im Interesse wissenschaftlicher Verlässlichkeit und des Tierschutzes muss die unnötige Verwendung von Versuchstieren verhindert und die Durchführung von Versuchen, die bei den Tieren wahrscheinlich schwere Reaktionen hervorrufen, auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Bevor ein In-vivo-Test ins Auge gefasst wird, sollen zunächst alle einschlägigen Informationen über die potenziell hautätzenden/-reizenden Wirkungen eines Stoffs bewertet werden. Möglicherweise liegen bereits genügend Kriterien für die Einstufung einer Prüfsubstanz anhand ihres Hautätzungs-/-reizungspotenzials vor, so dass sich Versuche an Labortieren erübrigen. Folglich schränkt die Durchführung einer kritischen Analyse bereits vorliegender Daten und die Anwendung einer sequenziellen Prüfstrategie die Notwendigkeit von In-vivo-Tests deutlich ein. Dies gilt umso mehr, wenn davon auszugehen ist, dass der Stoff schwere Reaktionen hervorruft.

Zur Beurteilung bereits vorhandener Informationen über die hautreizenden/-ätzenden Wirkungen von Substanzen soll das Instrument der Gewichtungsanalyse herangezogen werden. Ausgehend davon ist zu entscheiden, ob zusätzliche Studien, bei denen es sich nicht um In-vivo-Hautuntersuchungen handelt, als Beitrag zur Charakterisierung dieses Potenzials erfolgen sollen. Sofern weitere Studien durchgeführt werden müssen, empfiehlt es sich, zur Erzeugung der sachdienlichen Versuchsdaten die sequenzielle Prüfstrategie zu nutzen. Bei noch nicht geprüften Stoffen soll die sequenzielle Prüfstrategie herangezogen werden, um die Datensätze zu erzeugen, die für die Beurteilung des hautätzenden/-reizenden Potenzials benötigt werden. Die in dieser Anlage beschriebene Prüfstrategie wurde während eines OECD-Workshops (1) entwickelt. Sie wurde im Rahmen des „Harmonised Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances“ bestätigt und weiter ausgebaut, das im November 1998 von den Teilnehmern der 28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien gebilligt wurde (2).

Diese sequenzielle Prüfstrategie gehört zwar nicht zu den integralen Bestandteilen von Prüfmethode B.4, sie stellt aber den empfohlenen Ansatz zur Ermittlung von hautreizenden/-ätzenden Merkmalen dar. In diesem Ansatz spiegelt sich zum einen die beste Praxis wider. Zum anderen ist er ein ethischer Richtwert für In-vivo-Tests auf hautreizende/-ätzende Wirkungen. Die Prüfmethode bietet nicht nur eine Anleitung zur Durchführung des In-vivo-Tests, sondern auch eine Übersicht über die Faktoren, die vor der Durchführung eines solchen Versuchs überprüft werden sollen. Die Strategie liefert einen Ansatz für die Bewertung bereits vorhandener Daten über die hautreizenden/-ätzenden Eigenschaften von Prüfsubstanzen und einen stufenweisen Ansatz für die Erzeugung sachdienlicher Daten über Stoffe, die im Rahmen zusätzlicher Studien untersucht werden müssen bzw. noch gar nicht untersucht wurden. Zudem wird empfohlen, in bestimmten Fällen validierte und anerkannte In-vitro- und Ex-vivo-Tests auf hautreizende/-ätzende Wirkungen durchzuführen.

BESCHREIBUNG DER BEWERTUNGS- UND PRÜFSTRATEGIE

Vor der Durchführung von Versuchen im Rahmen der sequenziellen Prüfstrategie (Fließbild) sollen sämtliche vorhandenen Informationen ausgewertet werden, um die Notwendigkeit von In-vivo-Hauttests zu klären. Auch wenn wichtige Informationen aus der Beurteilung einzelner Parameter (z. B. extreme pH-Werte) gewonnen werden können, sollten die bereits vorliegenden Angaben in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Alle relevanten Daten über die Wirkungen des betreffenden Stoffs oder seiner Analoge sollen mit Hilfe einer Gewichtungsanalyse bewertet werden, und diese Entscheidung soll begründet werden. Dabei sollten bereits vorliegende Angaben zur Wirkung der Substanz auf Mensch und Tier im Vordergrund stehen, gefolgt von den Ergebnissen von In-vitro- und Ex-vivo-Tests. In-vivo-Studien mit hautätzenden Substanzen sollten nach Möglichkeit immer vermieden werden. Folgende Faktoren werden in der Prüfstrategie erörtert:

Beurteilung bereits vorliegender Angaben zur Wirkung der Substanz auf Mensch und Tier (Stufe 1). Zunächst sollen bereits vorhandene Informationen über die Wirkung auf den Menschen, z. B. klinische Studien oder Studien zur Exposition am Arbeitsplatz, sowie Fallberichte und/oder Ergebnisse von Tierversuchen, beispielsweise von Untersuchungen zur Toxizität nach einmaliger oder mehrmaliger Hautexposition, bewertet werden, denn sie liefern Hinweise, die unmittelbar die Hautwirkungen betreffen. Bei Stoffen mit bekannter hautätzender/reizender Wirkung und Substanzen, die nachweislich weder Hautreizungen noch -Verätzungen hervorrufen, brauchen keine In-vivo-Studien durchgeführt zu werden.

Analyse der Zusammenhänge zwischen Struktur und Aktivität (SAR) (Stufe 2). Die gegebenenfalls vorhandenen Ergebnisse von Untersuchungen an strukturell verwandten Substanzen sollen berücksichtigt werden. Liegen genügend Daten über das hautätzende/-reizende Potenzial von strukturell verwandten Substanzen oder Gemischen aus diesen Substanzen bei Mensch und/oder Tier vor, kann davon ausgegangen werden, dass die zu beurteilende Prüfsubstanz die gleichen Reaktionen hervorrufen wird. In diesen Fällen braucht die Prüfsubstanz möglicherweise nicht getestet zu werden. Für die Zwecke der sequenziellen Prüfstrategie reichen negative Daten aus Untersuchungen an strukturell verwandten Substanzen oder Gemischen als Nachweis für ein Nichtvorhandensein hautätzender/-reizender Wirkungen nicht aus. Zur Ermittlung des hautätzenden und -reizenden Potenzials sollen validierte und anerkannte SAR-Verfahren herangezogen werden

Physikalisch-chemische Eigenschaften und chemische Reaktivität (Stufe 3). Stoffe mit extremen pH-Werten (≤ 2,0 bzw. ≥ 11,5) können starke lokale Reaktionen induzieren. Gilt ein extremer pH-Wert als Anhaltspunkt für die ätzende Wirkung eines Stoffs, so kann dessen Potenzial zur Veränderung der Azidität/Alkalinität (bzw. das Pufferungsvermögen) ebenfalls berücksichtigt werden (3) (4), Lässt das Pufferungsvermögen darauf schließen, dass eine Substanz möglicherweise keine hautätzende Wirkung hat, sollen weitere Prüfungen zur Bestätigung dieser Vermutung durchgeführt worden. Dafür sollten wenn möglich validierte und anerkannte In-vitro- oder Ex-vivo-Tests genutzt werden (siehe Stufen 5 und 6).

Dermale Toxizität (Stufe 4). Hat sich ein chemischer Stoff als sehr giftig bei Hautkontakt erwiesen, ist eine In-vivo-Studie zur Hautreizung/-Verätzung unter Umständen nicht angezeigt, weil bei Applikation der Prüfsubstanz in der üblichen Menge die sehr toxische Dosis überschritten wird, was letztlich dazu führt, dass die Tiere sterben oder ihnen schwere Leiden zugefügt werden. Wenn darüber hinaus bereits Studien zur dermalen Toxizität mit Dosierungen von bis zu 2 000 mg/kg Körpergewicht oder darüber an Albino-Kaninchen durchgeführt wurden, ohne dass Hautreizungen oder -Verätzungen feststellbar waren, sind zusätzliche Prüfungen auf hautreizende/-ätzende Wirkungen möglicherweise nicht vonnöten. In die Bewertung der akuten dermalen Toxizität anhand der Ergebnisse früherer Studien sollen mehrere Überlegungen einbezogen werden, So können die Angaben über Hautschädigungen unvollständig sein. Die Prüfungen und Beobachtungen können an anderen Tierarten erfolgt sein, und die Reaktionen der verschiedenen Arten weisen eventuell große Unterschiede auf. Überdies war die applizierte Prüfsubstanz für eine Bewertung der Hautreizung/-verätzung unter Umständen nicht geeignet (z. B. Verdünnung der Substanzen zur Untersuchung der dermalen Toxizität) (5). Wurden jedoch sorgfältig geplante Studien zur dermalen Toxizität an Kaninchen durchgeführt, die negative Ergebnisse erbrachten, reicht dies gegebenenfalls als Nachweis für das Nichtvorhandensein eines hautreizenden/-ätzenden Potenzials aus.

Ergebnisse von In-vitro- und Ex-vivo-Tests (Stufen 5 und 6). Substanzen, deren ätzende oder schwer hautreizende Eigenschaften in validierten und anerkannten, auf die Ermittlung dieser bestimmten Wirkungen ausgerichteten In-vitro- oder Ex-vivo-Tests (6) (7) nachgewiesen wurden, brauchen nicht an Tieren geprüft zu werden. Man kann davon ausgehen, dass diese Substanzen in vivo vergleichbare schwere Wirkungen hervorrufen.

In-vivo-Tests an Kaninchen (Stufen 7 und 8). Beruht die Entscheidung, einen In-vivo-Test durchzuführen, auf einer Gewichtungsanalyse, sollte zunächst ein Vorversuch an nur einem Tier stattfinden. Es sollen keine weiteren Tests erfolgen, wenn der Vorversuch ergibt, dass die Substanz ätzend auf die Haut wirkt. Liefen der Vorversuch keine Anhaltspunkte für eine ätzende Wirkung, soll die reizende oder negative Reaktion durch Tests an bis zu zwei weiteren Tieren bei einer Expositionsdauer von vier Stunden bestätigt werden. Wenn im Vorversuch eine hautreizende Wirkung beobachtet wird, kann der Bestätigungstest entweder sequenziell oder durch gleichzeitige Exposition von zwei weiteren Tieren erfolgen.

LITERATURHINWEISE

(1)

OECD (1996). Test Guidelines Programme: Final Report on the OECD Workshop on Harmonization of Validation and Acceptance Criteria for Alternative Toxicological Test Methods. Solna, Schweden, 22.-24. Januar 1996 (http://www1.oecd.org/ehs/tests/background.htm).

(2)

OECD (1998). Harmonized Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances, bestätigt auf der 28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien, November 1998 (http://www1.oecd.org/ehs/Class/HCLfi.htm).

(3)

Worth, A.P., Fentem, J.H., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Liebsch, M. (1998). An Evaluation of the Proposed OECD Testing Strategy for Skin Corrosion. ATLA 26, 709-720.

(4)

Young, J.R., How, M.I., Walker, A.P., Worth, W.M.H. (1988). Classification as Corrosive or Irritant to Skin of Preparations Containing Acidic or Alkaline Substances, Without Testing on Animals. Toxic In Vitro, 2 (1) 19-26.

(5)

Patil, S.M., Patrick, E., Maibach, H.I. (1996) Animal, Human, and In Vitro Test Methods for Predicting Skin Irritation, in: Francis N. Marzulli und Howard I. Maibach (Herausgeber): Dermatotoxicology. 5. Auflage, ISBN 1-56032-356-6, Kapitel 31, 411-436.

(6)

Prüfmethode B.40.

(7)

Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Holzhutter, H.G., und Liebsch, M. (1998) The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team. Toxicology in Vitro 12, 483-524.

Fliessbild

PRÜF- UND BEWERTUNGSSTRATEGIE: HAUTREIZUNG/-VERÄTZUNG

Image

B.5.   AKUTE TOXIZITÄT: AUGENREIZUNG/-VERÄTZUNG

1.   METHODE

Diese Prüfmethode entspricht der OECD TG 405 (2002).

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Erarbeitung dieser aktualisierten Methode wurde besonderes Augenmerk auf mögliche Verbesserungen durch die Auswertung aller bereits vorhandenen Angaben über den Stoff gelegt, um unnötige Prüfungen an Labortieren zu vermeiden und somit auch Belange des Tierschutzes zu berücksichtigen. Die vorliegende Methode beinhaltet die Empfehlung, vor der Durchführung des beschriebenen In-vivo-Tests zur Ermittlung der akuten Reiz-/Ätzwirkung des Stoffs für die Augen eine kritische Analyse (1) der bereits vorhandenen einschlägigen Daten vorzunehmen. Sofern nicht genügend Daten zur Verfügung stehen, können diese mit Hilfe sequentieller Tests erzielt werden (2) (3). Die empfohlene Prüfstrategie, die in der Anlage zur Prüfmethode dargelegt wird, enthalt die Durchführung validierter und anerkannter In-vitro-Tests. Zudem wird empfohlen, einen In-vivo-Test auf Hautreizung/-verätzung durchzuführen, ehe die Möglichkeit eines In-vivo-Augentests in Betracht gezogen wird.

Im Interesse wissenschaftlicher Verlässlichkeit und des Tierschutzes sollen In-vivo-Tests erst dann in Erwägung gezogen werden, wenn alle für das Augenverätzungs-/-reizungspotenzial des Stoffs zur Verfügung stehenden einschlägigen Daten im Rahmen einer kritischen Analyse ausgewertet worden sind Zu diesen Daten gehören unter anderem Erkenntnisse aus bereits durchgeführten Untersuchungen am Menschen und/oder an Labortieren; Hinweise auf Verätzungen/Reizungen durch eine oder mehrere strukturell verwandte Substanzen bzw. Gemische aus diesen Substanzen; Daten, die eine starke Azidität oder Alkalinität der Substanz belegen (4) (5), und Ergebnisse validierter und anerkannter In-vitro- und Ex-vivo-Tests auf Hautverätzungen und -reizungen (6) (6a). Diese Studien können sowohl bereits vorgelegen haben als auch auf Grand einer kritischen Analyse der vorhandenen Daten erstellt worden sein.

Im Hinblick auf bestimmte Substanzen ergibt eine solche Analyse möglicherweise, dass deren Augenverätzungs-/-reizungspotenzial im Rahmen von In-vivo-Studien untersucht werden muss. In all diesen Fällen sollen vorzugsweise zunächst die dermalen Wirkungen der Substanz in einem In-vivo-Test untersucht und in Übereinstimmung mit der Prüfmethode B.4 (7) bewertet werden, bevor ein In-vivo-Augentest in Erwägung gezogen wird. Die kritische Analyse und die sequenzielle Prüfstrategie sollen dazu führen, dass weniger In-vivo-Untersuchungen zum Augenverätzungs-/-reizungspotenzial von Stoffen durchgeführt werden, wenn bereits andere Studien ausreichende Belege geliefert haben. Kann die augenätzende oder -reizende Wirkung auch nach einer In-vivo-Studie der Hautverätzung und -reizung nicht mit Hilfe der sequenziellen Prüfstrategie ermittelt werden, besteht die Möglichkeit, einen In-vivo-Test auf Augenverätzung/-reizung durchzuführen.

In der Anlage zu dieser Methode wird eine bevorzugte sequenzielle Prüfstrategie vorgestellt, welche die Durchführung validierter und anerkannter In-vitro- und Ex-vivo-Tests auf Verätzungs-/Reizungswirkungen einbezieht. Diese Strategie wurde während eines OECD-Workshops (8) entwickelt und von den Teilnehmern einmütig empfohlen. Sie wurde als empfohlene Prüfstrategie für das Globale Harmonisierte System der Einstufung und Kennzeichnung Chemischer Stoffe (Globally Harmonised System for the Classification of Chemical Substances = GHS) (9) angenommen. Es wird empfohlen, dass diese sequenzielle Prüfstrategie vor einem In-vivo-Test durchgeführt wird. Bei neuen Substanzen wird sie als stufenweiser Prüfansatz empfohlen, mit dessen Hilfe verlässliche wissenschaftliche Daten über die durch die Prüfsubstanz hervorgerufene Verätzung/Reizung erzielt werden können. Bei bereits bekannten Stoffen, für die nicht genügend Daten zum Hautverätzungs-/-reizungspotenzial bzw. Augenverätzungs-/-reizungspotenzial vorliegen, soll die Strategie genutzt werden, um Datenlücken zu schließen. Der Einsatz einer anderen Prüfstrategie bzw. eines anderen Prüfverfahrens oder die Entscheidung gegen einen stufenweisen Prüfansatz soll gerechtfertigt werden.

1.2.   DEFINITIONEN

Augenreizung: ist das Auslösen von Veränderungen am Auge nach Applikation einer Prüfsubstanz auf die Oberfläche des Auges, die innerhalb von 21 Tagen nach der Applikation vollständig reversibel sind.

Augenverätzung: ist das Auslösen einer irreversiblen Gewebeschädigung im Auge oder einer massiven Verschlechterung des Sehvermögens nach Applikation einer Prüfsubstanz auf die Oberfläche des Auges, die innerhalb von 21 Tagen nach Applikation nicht vollständig reversibel sind.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfsubstanz wird in einer einmaligen Dosierung in ein Auge jedes Versuchstiers eingebracht; das unbehandelte Auge dient als Kontrolle. Der Grad der Reizung/Verätzung wird bestimmt, indem in zuvor festgelegten Zeitabständen Schädigungen der Bindehaut, der Hornhaut und der Iris anhand einer Punkteskala bewertet werden. Darüber hinaus werden auch andere Reaktionen des Auges und systemische Schäden beschrieben, um die Wirkungen vollständig beurteilen zu können. Die Beobachtungsdauer soll ausreichend sein, um die Reversibilität bzw. Irreversibilität der Wirkungen vollständig zu erfassen.

Tiere mit starken und anhaltenden Anzeichen von Leiden und/oder Schmerzen können jederzeit während des Versuchs human getötet werden, wobei die Substanz entsprechend einzustufen ist. Kriterien für die humane Tötung moribunder Tiere mit starken Anzeichen von Leiden sind dem Literaturhinweis (10) zu entnehmen.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitung des In-vivo-Tests

1.4.1.1.   Auswahl der Tierspezies

Das bevorzugte Labortier ist das Albino-Kaninchen, wobei für den Test gesunde junge erwachsene Kaninchen verwendet werden. Die Verwendung anderer Rassen oder Spezies soll begründet werden.

1.4.1.2.   Vorbereitung der Versuchstiere

24 Stunden vor dem Versuch werden bei jedem der ausgewählten Versuchstiere beide Augen untersucht. Tiere, bei denen bereits eine Augenreizung, okulare Defekte oder eine Schädigung der Cornea vorliegen, sollen nicht verwendet werden.

1.4.1.3.   Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Die Tiere sollen einzeln gehalten werden. Die Temperatur im Versuchstierraum soll 20 oC (±3 oC) betragen. Obwohl die relative Luftfeuchtigkeit mindestens 30 % betragen und zu anderen Zeiten als während der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen sollte, ist ein Wert von 50-60 % anzustreben. Der Raum soll künstlich beleuchtet sein, wobei die Beleuchtung im 12-Stunden-Rhythmus ein- und ausgeschaltet werden soll. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist.

1.4.2.   Prüfverfahren

l.4.2.1.   Applikation der Prüfsubstanz

Die Prüfsubstanz wird bei jedem Tier in den Bindehautsack eines Auges appliziert, indem man das untere Lid leicht vom Augapfel wegzieht. Die Lider werden dann etwa eine Sekunde lang leicht zusammengedrückt, damit keine Substanz verloren geht. Das andere, unbehandelte Auge dient als Kontrolle.

1.4.2.2.   Ausspülen

Die Augen der Versuchstiere sollen frühestens 24 Stunden nach Applikation der Prüfsubstanz ausgewaschen werden; Ausnahmen gelten für Feststoffe (siehe Abschnitt 1.4.2.3.2) und bei sofortigem Eintritt von ätzenden oder reizenden Wirkungen. Nach 24 Stunden kann gegebenenfalls eine Augenspülung erfolgen.

Der Einsatz einer zusätzlichen Versuchstiergruppe, an der der Einfluss des Ausspülens untersucht wird, wird nicht empfohlen außer in wissenschaftlich begründeten Fällen. Sollte eine zusätzliche Versuchstiergruppe tatsächlich benötigt werden, so sollen zwei Kaninchen verwendet werden. Die Bedingungen, unter denen die Augenspülung erfolgte, sollen sorgfältig dokumentiert werden, z. B. Zeitpunkt, Zusammensetzung und Temperatur der Spüllösung, Dauer, Volumen und Geschwindigkeit der Applikation.

1.4.2.3.   Dosierungen

1.4.2.3.1.   Prüfung von Flüssigkeiten

Bei der Prüfung von Flüssigkeiten wird eine Dosis von 0,1 ml verwendet. Liegt die Prüfsubstanz in Form eines Pumpsprays vor, soll sie nicht direkt ins Auge eingebracht werden, sondern mittels Sprühstoß entnommen und in einem Behälter aufgefangen werden. Anschließend werden 0,1 ml in das Auge eingebracht.

1.4.2.3.2.   Prüfung von Feststoffen

Bei Feststoffen, Pasten und partikelförmigen Substanzen soll die Prüfmenge ein Volumen von 0,1 ml oder ein Gewicht von höchstens 100 mg haben. Das Prüfmaterial soll zu einem feinen Pulver zermahlen werden. Das Volumen von Feststoffen soll erst nach vorsichtigem Kompaktieren, z. B. durch Klopfen des Messbehälters, bestimmt werden, ist die in Form eines Feststoffs vorliegende Prüfsubstanz bis zum ersten Beobachtungszeitpunkt, d. h. 1 Stunde nach der Applikation, nicht aufgrund physiologischer Vorgänge aus dem Auge entfernt worden, kann das Auge mit Kochsalzlösung oder destilliertem Wasser ausgespült werden.

1.4.2.3.3.   Prüfung von Aerosolen

Es wird empfohlen, alle als Pumpspray oder Aerosol vorliegenden Prüfsubstanzen mittels Sprühstoß zu entnehmen, in einem Behälter aufzufangen und anschließend zu applizieren. Die einzige Ausnahme sind Substanzen in Aerosol-Druckbehältern, die aufgrund der Vaporisierung nicht aufgefangen werden können. In diesen Fällen soll das Auge offen gehalten werden und die Prüfsubstanz mit einem einzigen Sprühstoß etwa eine Sekunde lang aus 10 cm Entfernung vom Auge verabreicht werden. In Abhängigkeit vom Druck und vom Behälterinhalt kann dieser Abstand variieren. Es ist darauf zu achten, dass das Auge durch den Sprühdruck nicht verletzt wird, unter Umständen muss das Risiko „mechanischer“ Augenschäden, die auf den Sprühdruck zurückzuführen sind, beurteilt werden.

Bei Aerosolen kann die Dosis anhand einer Schätzung ermittelt werden, indem der Test folgendermaßen simuliert wird: Die Substanz wird durch eine Öffnung in der Größe eines Kaninchenauges auf Wägepapier gesprüht, wobei sich die Öffnung unmittelbar vor dem Papier befindet. Anhand des Gewichtsanstiegs des Papiers wird ein Näherungswert für die ins Auge gesprühte Menge ermittelt. Bei flüchtigen Stoffen kann ein Schätzwert für die Dosierung ermittelt werden, indem man einen Auffangbehälter vor und nach Entnahme des Prüfmaterials wiegt.

1.4.2.4.   Vorversuch (In-vivo-Test auf Augenreizung/-Verätzung an einem Tier)

Es empfiehlt sich dringend, den In-vivo-Test zunächst nur an einem Tier durchzuführen. Dies entspricht den Anforderungen der sequenziellen Prüfstrategie (siehe Anlage 1).

Sofern das beschriebene Verfahren ergibt, dass der Stoff ätzend auf das Auge wirkt oder schwere Augenreizungen auslöst, sollen keine weiteren Prüfungen auf Augenreizung durchgeführt werden.

1.4.2.5.   Lokale Anästhetika

Im Einzelfall können lokale Anästhetika eingesetzt werden. Ergibt die kritische Analyse aller bereits vorliegenden Daten, dass die Substanz Schmerzen auslösen kann, oder zeigt der Vorversuch, dass eine Schmerzreaktion auftreten wird, kann vor dem Einträufeln der Prüfsubstanz ein lokales Anästhetikum verabreicht werden. Die Entscheidung über Art, Konzentration und Dosis des lokalen Anästhetikums soll sorgfältig abgewogen werden, um zu gewährleisten, dass keine Abweichungen in der Reaktion auf die Prüfsubstanz auftreten. Das als Kontrolle dienende Auge soll ebenfalls mit dem Anästhetikum behandelt werden.

1.4.2.6.   Bestätigungstest (In-vivo-Test auf augenreizende Wirkungen an zusätzlichen Tieren)

Wird im Vorversuch keine ätzende Wirkung beobachtet, soll die Reizungsreaktion bzw. die negative Reaktion an bis zu zwei weiteren Tieren bestätigt werden. Ergibt der Vorversuch eine schwere Reizungswirkung, was auf eine möglicherweise schwere (irreversible) Wirkung im Bestätigungstest schließen lässt, soll der Bestätigungstest nach Möglichkeit als sequenzieller Versuch an jeweils einem Tier zu einem bestimmten Zeitpunkt und nicht durch gleichzeitige Exposition der zwei weiteren Tiere erfolgen. Der Test ist abzubrechen, wenn beim zweiten Tier Anzeichen einer Verätzung oder einer schweren Reizung festgestellt werden. Zur Bestätigung schwacher oder mäßiger Reizungsreaktionen werden unter Umständen zusätzliche Tiere gebraucht.

1.4.2.7.   Beobachtungszeitraum

Die Beobachtungszeit soll so bemessen sein, dass das Ausmaß und die Reversibilität der festgestellten Wirkungen vollständig bewertet werden kann. Allerdings soll der Versuch abgebrochen werden, sobald das Tier starke und anhaltende Anzeichen von Leiden und Schmerzen zeigt (9). Um feststellen zu können, ob die Wirkungen reversibel sind, sollen die Tiere in der Regel für die Dauer von 21 Tagen nach Applikation der Prüfsubstanz beobachtet werden. Bilden sich die Schäden vor Ablauf dieser 21 Tage zurück, soll der Versuch zu dem betreffenden Zeitpunkt beendet werden.

1.4.2.7.1.   Klinische Beobachtungen und Bewertung von Augenreaktionen

Die Augen sollen 1, 24, 48 und 72 Stunden nach Aufbringen der Prüfsubstanz untersucht werden. Sobald aussagekräftige Informationen gewonnen worden sind, soll der Versuch nicht länger als nötig fortgesetzt werden. Tiere mit starken und anhaltenden Anzeichen von Schmerzen oder Leiden sollen unverzüglich human getötet werden, wobei die Substanz entsprechend einzustufen ist. Bei Tieren mit folgenden Augenschädigungen nach Applikation der Prüfsubstanz ist eine humane Tötung angezeigt: Hornhautperforation oder signifikante Hornhautulzeration mit Staphylom; Blut in der vorderen Augenkammer; Hornhauttrübung Grad 4, die 48 Stunden bestehen bleibt; fehlender Pupillenreflex (Irisreaktion Grad 2) für die Dauer von 72 Stunden; Ulzeration der Bindehaut; Nekrose der Bindehaut oder der Nickhaut; oder Gewebsdemarkierung. Diese Schäden sind im Allgemeinen irreversibel.

Tiere, bei denen keine Augenschädigungen auftreten, dürfen frühestens 3 Tage nach der Behandlung getötet werden. Bei leichten bis mäßigen Schädigungen sollen die Tiere bis zum Abklingen bzw. für die Dauer von 21 Tagen beobachtet werden. Danach wird die Studie abgeschlossen. Untersuchungen sollen am 7., 14. und 21. Tag erfolgen, um den Status der Schädigungen zu ermitteln und um zu klären, ob sie reversibel oder irreversibel sind.

Der jeweilige Grad der Augenreaktion (Bindehaut, Hornhaut und Iris) soll bei jeder Untersuchung dokumentiert werden (Tabelle I). Auch alle anderen Augenschädigungen (z. B. Pannus, Verfärbungen) oder systemischen Folgen sollen protokolliert werden.

Als Hilfsmittel können bei den Untersuchungen Binokularlupen, Handspaltlampen, Biomikroskope und andere geeignete Geräte benutzt werden. Nach Aufzeichnung der Beobachtungen nach 24 Stunden können die Augen einiger bzw. aller Kaninchen außerdem mit Fluorescein untersucht werden.

Die Bewertung von Augenreaktionen ist zwangsläufig subjektiv. Um die Einstufung von Augenreaktionen stärker zu vereinheitlichen und den Prüflabors und allen an den Versuchen und an der Interpretation der Versuchsergebnisse Beteiligten die Arbeit zu erleichtern, müssen die Prüfer im Umgang mit der Bewertungsskala entsprechend geschult werden.

2.   DATEN

2.2.   ERGEBNISBEWERTUNG

Die Bewertung der Augenreizung sollte anhand der Art und des Schweregrads der Schädigung und deren Reversibilität bzw. Irreversibilität vorgenommen werden. Die einzelnen ermittelten Schweregrade stellen keinen allein gültigen Maßstab für die reizenden Eigenschaften eines Stoffs dar, denn es werden auch andere Effekte der Prüfsubstanz beurteilt. Vielmehr sollten die einzelnen Graduierungswerte als Referenzwerte betrachtet weiden, die nur dann sinnvoll sind, wenn sämtliche Beobachtungen vollständig beschrieben und beurteilt werden.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten;

 

Begründung für den In-vivo-Test: Kritische Analyse von Daten aus früheren Versuchen unter Einbeziehung von Ergebnissen aus der sequenziellen Prüfstrategie:

Beschreibung aller einschlägigen Daten aus früheren Versuchen;

Daten, die in den einzelnen Stufen der Prüfstrategie erhoben wurden;

Beschreibung der durchgeführten In-vitro-Tests mit Einzelheiten zu den angewendeten Verfahren sowie zu den Ergebnissen für Prüf-/Referenzsubstanzen;

Beschreibung der durchgeführten In-vivo-Tests auf Hautreizung/-verätzung mit Einzelheiten zu den Ergebnissen;

Gewichtungsanalyse als Grundlage für die Durchführung einer In-vivo-Studie.

 

Prüfsubstanz:

Angaben zur Identität (z. B. CAS-Nummer, Bezugsquelle, Reinheit, bekannte Verunreinigungen; Chargennummer):

physikalische Beschaffenheit und physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. pH-Wert, Flüchtigkeit, Löslichkeit, Stabilität, Reaktionsvermögen mit Wasser);

bei Gemischen Zusammensetzung und relative Anteile der Bestandteile in Prozent;

bei lokalen Anästhetika Identität, Reinheit, Art, Dosis und potenzielle Interaktion mit der Prüfsubstanz.

 

Vehikel:

Angaben zur Identität, (gegebenenfalls) Konzentration; Einsatzvolumen;

Begründung der Auswahl des Vehikels.

 

Versuchstiere:

verwendete Spezies/Rasse, Begründung für den Verzicht auf die Verwendung von Albino- Kaninchen und die Nutzung anderer Tiere;

Alter der Tiere bei Beginn der Studie;

Anzahl der Versuchstiere pro Geschlecht in den Prüf- und Kontrollgruppen (falls erforderlich);

Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn und -ende;

Herkunft der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.

 

Ergebnisse:

Beschreibung der Methode zur Bewertung von Reizungen zu den jeweiligen Beobachtungszeiten (z. B. Handspaltlampe, Biomikroskop, Fluorescein);

tabellarische Erfassung der Bewertung von Reizungs-/Verätzungsreaktionen zu allen Messzeitpunkten für jedes einzelne Versuchstier bis hin zum Ausscheiden des Tiers aus dem Versuch;

ausführliche Beschreibung von Art und Schweregrad der festgestellten Reizung bzw. Verätzung;

Beschreibung aller anderen im Auge festgestellten Schädigungen (z. B. Vaskularisierung, Pannus, Verklebungen, Verfärbungen);

Beschreibung sonstiger lokaler und systemischer Folgen außerhalb des Auges und ggf. vorliegender histopathologischer Befunde.

 

Diskussion der Ergebnisse

3.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Eine Extrapolation der Ergebnisse von Untersuchungen zur Augenreizung an Labortieren auf den Menschen ist nur bedingt möglich. Oftmals reagiert das Albino-Kaninchen empfindlicher als der Mensch auf Stoffe mit augenreizenden oder -verätzenden Eigenschaften.

Bei der Interpretation von Daten ist darauf zu achten, dass Reizungen aufgrund einer sekundären Infektion nicht berücksichtigt werden.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Barratt, M.D., Castell, J.V., Chamberlain, M., Combes, R.D., Dearden, J.C., Fentem, J.H., Gerner, L., Giuliani, A., Gray, T.J.B., Livingston, D.J., Provan, W.M., Rutten, F.A.J.J.L., Verhaar, H.J.M., Zbinden, P. (1995) The Integrated Use of Alternative Approaches for Predicting Toxic Hazard. ECVAM Workshop Report 8. ATLA 23, 410-429.

(2)

de Silva, O., Cottin, M., Dami, N., Roguet, R., Catroux, P., Toufic, A., Sicard, C, Dossou, K.G., Gerner, I., Schiede, E., Spielmann, H., Gupta, K.C., Hill, R.N. (1997) Evaluation of Eye Irritation Potential: Statistical Analysis and Tier Testing Strategies. Food Chem. Toxicol 35, 159-164.

(3)

Worth, A.P., und Fentem, J.H. (1999) A general approach for evaluating stepwise testing strategies ATLA 27, 161-177.

(4)

Young, J.R., How, M.J., Walker, A.P., Worth, W.M.H. (1988) Classification as Corrosive or Irritant to Skin of Preparations Containing Acidic or Alkaline Substances Without Testing on Animals. Toxicol. In Vitro, 2, 19-26.

(5)

Neun, D.J. (1993) Effects of Alkalinity on the Eye Irritation Potential of Solutions Prepared at a Single pH. J. Toxicol. Cut. Ocular Toxicol. 12, 227-231.

(6)

Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Holzhutter, H.G., und Liebsch, M. (1998) The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team. Toxicology in Vitro 12, 483-524.

(6a)

Prüfmethode B.40 Hautverätzung.

(7)

Prüfmethode B.4. Akute Toxizität: Hautreizung/-verätzung.

(8)

OECD (1996) OECD Test Guidelines Programme: Final Report of the OECD Workshop on Harmonization of Validation and Acceptance Criteria for Alternative Toxicological Test Methods. Solna, Schweden, 22.-24. Januar 1996 (http://www.oecd.org/ehs/test/background.htm).

(9)

OECD (1998) Harmonized Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances, bestätigt auf der 28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien, November 1998 (http:/www.oecd.org/ehs/Class/HCL6.htm).

(10)

OECD (2000) Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. OECD Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment No. 19 (http://www.oecd.org/ehs/test/monos.htm).

Tabelle I

BEWERTUNG VON AUGENSCHÄDIGUNGEN

Cornea

Trübung: Trübungsgrad (für die Auswertung wird der am stärksten betroffene Bereich genommen) (1)

Keine Ulzeration oder Trübung

0

Punktförmige oder diffuse Trübungsbereiche (ohne leichte Trübung des normalen Glanzes); Einzelheiten der Iris deutlich erkennbar …

1

Leicht erkennbarer durchlässiger Bereich, Einzelheiten der Iris etwas verschattet …

2

Perlmuttartige Bereiche, keine Einzelheiten der Iris sichtbar, Größe der Pupille kaum erkennbar …

3

Trübe Hornhaut; Iris aufgrund der Trübung nicht erkennbar …

4

Höchstmögliche Punktzahl: 4

ANMERKUNGEN

Iris

Normal …

0

Deutlich vertiefte Rugae, Kongestion, Schwellung, mäßige circumcorneale Hyperämie oder Injektion; Iris reagiert auf Licht (träge Reaktion ist positiv) …

1

Blutungen, großflächige Zerstörung, keine Reaktion auf Licht …

2

Höchstmögliche Punktzahl: 2

Conjunctivae

Rötung (der Augenlidbindehaut und der Augapfelbindehaut; ohne Hornhaut und Iris)

normal …

0

Einige Blutgefäße zeigen Hyperämie (Injektion) …

1

Diffuse karmesinrote Farbe; einzelne Gefäße nur schwer erkennbar …

2

Diffuse dunkelrote Verfärbung …

3

Höchstmögliche Punktzahl: 3

Chemosis

Schwellung (der Augenlider und/oder Nickhäute)

Normal …

0

Über dem Normalen liegende Schwellung …

1

Deutliche Schwellung mit partieller Auswärtskehrung der Lider …

2

Schwellung mit etwa halbgeschlossenen Lidern …

3

Schwellung mit mehr als halbgeschlossenen Lidern …

4

Höchstmögliche Punktzahl: 4

Anlage

Sequenzielle Prüfstrategie für Augenreizungen und -Verätzungen

ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN

Im Interesse wissenschaftlicher Verlässlichkeit und des Tierschutzes muss die unnötige Verwendung von Versuchstieren verhindert und die Durchführung von Versuchen, die bei den Tieren wahrscheinlich schwere Reaktionen hervorrufen, auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Bevor ein In-vivo-Test ins Auge gefasst wird, sollen zunächst alle einschlägigen Informationen über die potenziell augenreizenden/-verätzenden Wirkungen eines Stoffs ausgewertet werden, Möglicherweise liegen bereits genügend Kriterien für die Einstufung einer Prüfsubstanz anhand ihres Augenreizungs-/-verätzungspotenzials vor, so dass sich Versuche an Labortieren erübrigen. Folglich schränkt die Durchführung einer kritischen Analyse bereits vorliegender Daten und die Anwendung einer sequenziellen Prüfstrategie die Notwendigkeit von In-vivo-Tests deutlich ein. Dies gilt umso mehr, wenn davon auszugehen ist, dass der Stoff schwere Reaktionen hervorruft.

Zur Beurteilung bereits vorhandener Informationen über die augenreizenden/-verätzenden Wirkungen von Substanzen soll das Instrument der Gewichtungsanalyse herangezogen werden. Ausgehend davon ist zu entscheiden, ob zusätzliche Studien, bei denen es sich nicht um In-vivo-Augenuntersuchungen handelt, als Beitrag zur Beurteilung dieses Potenzials erfolgen sollen. Sofern weitere Studien durchgeführt werden müssen, empfiehlt es sich, zur Erzeugung der sachdienlichen Versuchsdaten die sequenzielle Prüfstrategie zu nutzen. Bei noch nicht geprüften Stoffen soll die sequenzielle Prüfstrategie herangezogen weiden, um die Daten zu erzeugen, die für die Beurteilung des augenverätzenden/-reizenden Potenzials benötigt werden. Die in dieser Anlage beschriebene Prüfstrategie wurde während eines OECD-Workshops (1) entwickelt Sie wurde im Rahmen des „Harmonised Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances“ bestätigt und weiter ausgebaut, das im November 1998 von den Teilnehmern der 28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien gebilligt wurde (2).

Diese sequenzielle Prüfstrategie gehört zwar nicht zu den integralen Bestandteilen von Prüfmethode B.5, stellt aber gleichwohl den empfohlenen Ansatz zur Ermittlung von augenreizenden/-verätzenden Merkmalen dar. In diesem Ansatz spiegelt sich zum einen die beste Praxis wider. Zum anderen ist er ein ethischer Richtwert für In-vivo-Tests auf augenreizende/-verätzende Wirkungen. Die Prüfmethode bietet nicht nur eine Anleitung zur Durchführung des In-vivo-Tests, sondern auch eine Übersicht über die Faktoren, die vor der Durchführung eines solchen Versuchs überprüft werden sollen. Die sequenzielle Prüfstrategie liefert einen auf einer Gewichtungsanalyse basierenden Ansatz für die Bewertung bereits vorhandener Daten über die augenreizenden/-verätzenden Eigenschaften von Prüfsubstanzen und einen stufenweisen Ansatz für die Erzeugung sachdienlicher Daten über Stoffe, die im Rahmen zusätzlicher Studien untersucht werden müssen bzw. noch gar nicht untersucht wurden. Die Strategie umfasst die Durchführung validierter und anerkannter In-vitro- und Ex-vivo-Tests, in bestimmten Fällen gefolgt von Untersuchungen zur hautreizenden/-verätzenden Wirkung von Stoffen nach Prüfmethode B.4 (Hautreizung/-verätzung) (3) (4).

BESCHREIBUNG DER STUFENWEISEN PRÜFSTRATEGIE

Sämtliche vorhandenen Informationen sollen vor der Durchführung von Versuchen im Rahmen der sequenziellen Prüfstrategie (Fließbild) bewertet werden, um die Notwendigkeit von In-vivo-Augentests zu klären. Auch wenn wichtige Informationen aus der Beurteilung einzelner Parameter (z. B. extreme pH-Werte) gewonnen werden können, sollen die bereits vorliegenden Angaben in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Alle relevanten Daten über die Wirkungen des betreffenden Stoffs und Struktur verwandter Verbindungen sollen mit Hilfe einer Gewichtungsanalyse bewertet werden, und die Entscheidung soll begründet werden. Dabei sollen bereits vorliegende Angaben zur Wirkung der Substanz auf Mensch und Tier im Vordergrund stehen, gefolgt von den Ergebnissen von In-vitro- und Ex-vivo-Tests. In-vivo-Untersuchungen mit Stoffen mit ätzenden Eigenschaften sollten nach Möglichkeit immer vermieden werden. Folgende Faktoren werden in der Prüfstrategie erörtert:

Beurteilung bereite vorliegender Angaben zur Wirkung der Substanz auf Mensch und Tier (Stufe 1). Zunächst sollen vorhandene Informationen über die Wirkung auf den Menschen, z. B. klinische Studien oder Studien zur Exposition am Arbeitsplatz sowie Fallberichte und/oder Ergebnisse von Tierversuchen (Untersuchungen am Auge) bewertet werden, denn sie liefern Hinweise, die unmittelbar die Wirkungen auf das Auge betreffen. Danach sollen vorhandene Daten aus Untersuchungen an Menschen und/oder Tieren zu Hautverätzungen/-reizungen bewertet werden. Stoffe mit bekannter augenätzender oder schwer augenreizender Wirkung sollen nicht in die Augen von Tieren geträufelt werden. Dies gilt ebenso für Substanzen, die Hautreizungen oder -Verätzungen hervorrufen. Alle diese Substanzen sollen auch als augenverätzende und/oder -reizende Stoffe betrachtet werden. Auch mit Substanzen, von denen in früheren Augenuntersuchungen hinreichend nachgewiesen wurde, dass sie weder Verätzungen noch Reizungen hervorrufen, sollen keine In-vivo-Studien durchgeführt werden.

Analyse der Zusammenhänge zwischen Struktur und Aktivität (SAR) (Stufe 2). Die gegebenenfalls vorhandenen Ergebnisse von Untersuchungen an strukturell verwandten Substanzen sollen berücksichtigt werden. Liegen genügend Daten über das augenverätzende/-reizende Potenzial von strukturell verwandten Substanzen oder Gemischen aus diesen Substanzen aus Untersuchungen an Menschen und/oder Tieren vor, kann davon ausgegangen werden, dass die zu beurteilende Prüfsubstanz die gleichen Reaktionen hervorrufen wird. In diesen Fällen braucht die Prüfsubstanz nicht getestet zu werden. Für die Zwecke der sequenziellen Prüfstrategie reichen negative Daten aus Untersuchungen an strukturell verwandten Substanzen oder Gemischen als Nachweis für ein Nichtvorhandensein augenverätzender/-reizender Wirkungen nicht aus. Zur Ermittlung des Verätzungs- und Reizungspotenzials in Bezug auf die Haut und die Augen sollten validierte und anerkannte SAR-Verfahren herangezogen werden.

Physikalisch-Chemische Eigenschaften und chemische Reaktivität (Stufe 3). Stoffe mit extremen pH-Werten (≤ 2,0 bzw. ≥ 11,5) können starke lokale Reaktionen induzieren. Gilt ein extremer pH-Wert als Anhaltspunkt für die augenverätzende oder -reizende Wirkung eines Stoffs, so kann dessen Potenzial zur Veränderung der Azidität/Alkalinität (bzw. das Pufferungsvermögen) ebenfalls berücksichtigt werden (5) (6). Lässt das Pufferungsvermögen darauf schließen, dass eine Substanz möglicherweise keine augenverätzende Wirkung hat, sollen weitere Prüfungen zur Bestätigung dieser Vermutung durchgeführt werden. Dafür sollen validierte und anerkannte In-vitro- oder Ex-vivo-Tests genutzt werden (siehe Stufen 5 und 6).

Einbeziehung weiterer wichtiger Informationen (Stufe 4). In dieser Phase sollen alle verfügbaren Informationen über die systemische Toxizität bei Applikation auf die Haut bewertet werden. Die akute dermale Toxizität der Prüfsubstanz soll ebenfalls beurteilt werden. Hat sich die Prüfsubstanz als sehr giftig bei Hautkontakt erwiesen, braucht sie nicht am Auge getestet zu werden. Auch wenn nicht unbedingt ein Zusammenhang zwischen akuter dermaler Toxizität und Augenreizung/-verätzung besteht, kann man davon ausgehen, dass ein Stoff, der bei Hautapplikation sehr giftig ist, auch beim Einträufeln in das Auge eine starke Toxizität aufweist. Diese Daten können auch zwischen den Stufen 2 und 3 bewertet werden.

Ergebnisse von In-vitro- und Ex-vivo-Tests (Stufen 5 und 6). Substanzen, deren ätzende oder stark reizende Eigenschaften in validierten und anerkannten, auf die Ermittlung der Augen- oder Hautverätzung/-reizung ausgerichteten In-vitro- oder Ex-vivo-Tests (7) (8) nachgewiesen wurden, brauchen nicht an Tieren geprüft zu werden. Man kann davon ausgehen, dass diese Substanzen in vivo vergleichbare schwere Wirkungen hervorrufen. Stehen validierte und anerkannte In-vitro-/Ex-vivo-Tests nicht zur Verfügung, können die Stufen 5 und 6 übersprungen und die Auswertungen direkt auf Stufe 7 fortgesetzt werden.

Bewertung der hautreizenden oder -verätzenden Wirkung der Substanz in vivo (Stufe 7). Reichen die aus den vorstehend genannten Studien gewonnenen Erkenntnisse nicht aus, um eine schlüssige Gewichtungsanalyse des Augenreizungs-/-verätzungspotenzials eines Stoffs vornehmen zu können, soll zunächst das In-vivo-Hautreizungs-/-verätzungspotenzial anhand von Prüfmethode B.4 (4) und der dazugehörigen Anlage (9) bewertet werden. Wird der Nachweis erbracht, dass die Substanz Verätzungen oder schwere Hautreizungen verursacht, soll sie so lange als Stoff mit augenverätzenden/-reizenden Eigenschaften betrachtet werden, bis weitere Erkenntnisse einen anderen Schluss zulassen. Folglich braucht ein In-vivo-Augentest nicht durchgeführt zu werden. Verursacht die Substanz keine Verätzung oder starke Reizung der Haut, soll ein In-vivo-Augentest erfolgen.

In-vivo-Test an Kaninchen (Stufen 8 und 9). Vor dem eigentlichen In-vivo-Augentest soll zunächst ein Vorversuch an nur einem Tier stattfinden. Es sollen keine weiteren Tests erfolgen, wenn der Vorversuch ergibt, dass die Substanz schwere Augenreizungen oder -Verätzungen hervorruft. Liefert der Vorversuch keine Anhaltspunkte für eine ätzende Wirkung oder schwere Reizungen, wird ein Bestätigungstest an zwei weiteren Tieren durchgeführt.

LITERATURHINWEISE

(1)

OECD (1996) OECD Test Guidelines Programme: Final Report of the OECD Workshop on Harmonization of Validation and Acceptance Criteria for Alternative Toxicological Test Methods. Solna, Schweden, 22.-24. Januar 1996 (http://www.oecd.org/ehs/testAjackground.htin).

(2)

OECD (1998) Harmonized Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances, bestätigt auf der 28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien, November 1998 (http://www.oecd.org/ehs/Class/HCL6.htm).

(3)

Worth, A.P., und Fentem, J.H. (1999). A General Approach for Evaluating Stepwise Testing Strategies. ATLA 27, 161-177.

(4)

Prüfmethode B.4. Akute Toxizität: Hautreizung/-verätzung.

(5)

Young, J.R., How, M.J., Walker, A.P., Worth W.M.H. (1988) Classification as Corrosive or Irritant to Skin of Preparations Containing Acidic or Alkaline Substances Without Testing on Animals. Toxicol. In Vitro, 2, 19-26.

(6)

Neun, D.J. (t993) Effects of Alkalinity on the Eye Irritation Potential of Solutions Prepared at a Single pH. J. Toxicol. Cut. Ocular Toxicol. 12, 227-231.

(7)

Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Holzhutter, H.G., und Liebsch, M. (1998) The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team. Toxicology in Vitro 12, 483-524.

(8)

Prüfmethode B.40 Hautverätzung.

(9)

Anlage zur Prüfmethode B.4: Sequenzielle Prüfstrategie für Hautreizungen und -Verätzungen.

Fliessbild

Prüf- und bewertungsstrategie: augenreizung/-verätzung

Image

Image

B.6.   SENSIBILISIERUNG DER HAUT

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Bemerkungen

Die Empfindlichkeit und Fähigkeit von Tests, potenzielle Sensibilisatoren der menschlichen Haut zu ermitteln, sind von besonderer Bedeutung für ein Klassifizierungssystem der Toxizität im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens.

Es gibt kein alleiniges Prüfverfahren, das geeignet ist, alle Substanzen mit einer potenziellen Sensibilisierungswirkung auf die menschliche Haut hinreichend zu ermitteln, und das zudem für alle Substanzen relevant ist.

Bei der Auswahl eines Tests sind Faktoren wie die physikalischen Eigenschaften einer Substanz, einschließlich ihrer Fähigkeit, die Haut zu durchdringen, zu berücksichtigen.

Es wurden zwei Arten von Tests mit Meerschweinchen entwickelt: die Adjuvans-Tests, bei denen ein allergischer Zustand durch Auflösung oder Suspension der Prüfsubstanz im kompletten Freundschen Adjuvans (FCA) potenziert wird, und die Tests ohne Adjuvans.

Die Adjuvans-Tests haben bei der Bestimmung einer wahrscheinlichen Hautsensibilisierungswirkung einer Substanz beim Menschen voraussichtlich eine größere Vorhersagewahrscheinlichkeit als Methoden ohne das komplette Freundsche Adjuvans. Sie sind daher die bevorzugten Tests.

Bei dem Maximierungstest am Meerschweinchen (GPMT) handelt es sich um ein weit verbreitetes Adjuvans-Verfahren. Obwohl es noch zahlreiche andere Verfahren gibt, mit deren Hilfe sich feststellen lässt, ob eine Substanz eine Sensibilisierungsreaktion der Haut hervorzurufen vermag, gilt der GPMT als der bevorzugte Adjuvans-Test.

Bei zahlreichen chemischen Substanzklassen gelten die Tests ohne Adjuvans (von denen der Bühler-Test der bevorzugte ist) als weniger empfindlich.

In bestimmten Fällen kann es gute Gründe für die Wahl des Bühler-Tests geben, bei dem die äußerliche Applikation Anwendung findet, anstelle der intradermalen Injektion beim Maximierungstest am Meerschweinchen. Die Anwendung des Bühler-Tests sollte wissenschaftlich begründet werden.

In der vorliegenden Methode werden der Meerschweinchen-Maximierungstest (GPMT) und der Bühler-Test beschrieben. Andere Tests können verwendet werden, sofern sie gut validiert sind und eine wissenschaftliche Begründung gegeben wird.

Wenn ein positives Ergebnis mit einem anerkannten Screening-Test erhalten wird, kann eine Testsubstanz als potenziell sensibilisierend bewertet werden. Somit kann ein weiterer Test mit Meerschweinchen nicht notwendig sein. Wird aber ein negatives Ergebnis mit einem Screening-Test erhalten, ist ein Test mit Meerschweinchen entsprechend dem hier beschriebenen Verfahren durchzuführen.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Hautsensibilisierung: (allergische Kontaktdermatitis) immunologisch vermittelte Hautreaktion auf eine Substanz. Beim Menschen kann die Reaktion gekennzeichnet sein durch Pruritus, Erytheme, Ödeme, Papula, Vesiculae, Bullae oder eine Kombination dieser Erscheinungen. Bei anderen Spezies können die Reaktionen anderer Art sein und nur aus Erythemen und Ödemen bestehen.

Induktionsexposition: experimentelle Exposition eines Probanden gegenüber einer Prüfsubstanz mit der Absicht, eine Überempfindlichkeit zu induzieren.

Induktionsphase: Zeitraum von mindestens einer Woche nach einer Induktionsexposition, während dem sich eine Überempfindlichkeit entwickeln kann.

Provokationsexposition: experimentelle Exposition eines zuvor behandelten Tieres gegenüber einer Prüfsubstanz nach einer Induktionsphase, um zu bestimmen, ob das Tier überempfindlich reagiert.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Die Empfindlichkeit und Zuverlässigkeit des verwendeten Testverfahrens sollte alle sechs Monate unter Verwendung von Substanzen mit bekannten leichten bis mittelgradigen hautsensibilisierenden Eigenschaften überprüft werden.

In einem ordnungsgemäß durchgeführten Test ist bei leichten/mittelgradigen Sensibilisatoren eine Reaktion von mindestens 30 % (Adjuvans-Test) bzw. mindestens 15 % (Test ohne Adjuvans) zu erwarten.

Die folgenden Substanzen werden bevorzugt:

CAS-Nummer

EINECS-Nummer

EINECS-Bezeichnungen

Freinamen

101-86-0

202-983-3

α -Hexylcinnam-aldehyd

α-Hexyl-cinnamaldehyd

149-30-4

205-736-8

Benzothiazol-2-thiol (Mercaptobenzothiazol)

Kaptax

94-09-7

202-303-5

Benzocain

Norcain

Unter bestimmten Umständen können bei entsprechender Begründung andere Kontrollsubstanzen, die die obigen Kriterien erfüllen, verwendet werden.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Versuchstiere werden zunächst durch intradermale Injektion und/oder epidermale Applikation der Prüfsubstanz ausgesetzt (Induktionsexposition). Nach einer Ruhephase von 10 bis 14 Tagen (Induktionsphase), in deren Verlauf sich eine Immunreaktion entwickeln kann, werden die Tiere einer Provokationsdosis ausgesetzt. Ausmaß und Grad der Hautreaktion auf die Provokationsexposition bei den Versuchstieren wird mit der Reaktion bei Kontrolltieren verglichen, die einer Scheininduktion unterzogen wurden und die Provokationsexposition erhalten.

1.5.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODEN

Wenn die Entfernung der Prüfsubstanz für notwendig erachtet wird, sollte dies mit Hilfe von Wasser oder einem geeigneten Lösungsmittel geschehen, ohne dass die vorhandene Reaktion bzw. die Unversehrtheit der Epidermis beeinträchtigt wird.

1.5.1.   Meerschweinchen-Maximierungstest (GPMT)

1.5.1.1.   Vorbereitungen

Gesunde junge erwachsene Albino-Meerschweinchen werden vor dem Test für die Dauer von mindestens 5 Tagen an die Laborbedingungen akklimatisiert. Vor Testbeginn werden die Tiere randomisiert und den Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Behaarung wird je nach Prüfmethode durch Scheren, Rasieren oder, falls möglich, chemische Enthaarung entfernt. Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht zu Hautabschürfungen kommt. Die Tiere werden vor Testbeginn und nach Abschluss des Tests gewogen.

1.5.1.2.   Versuchsbedingungen

1.5.1.2.1.   Versuchstiere

Es werden gängige Laborstämme des Albino-Meerschweinchens verwendet.

1.5.1.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Es können männliche und/oder weibliche Tiere verwendet werden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein.

Die behandelte Gruppe besteht aus mindestens 10 Tieren, die Kontrollgruppe aus mindestens 5 Tieren. Wenn weniger als 20 Tiere in der Prüfgruppe und 10 Tiere in der Kontrollgruppe verwendet wurden und es nicht möglich ist, zu entscheiden, ob die Prüfsubstanz sensibilisierend wirkt, sind Prüfungen an weiteren Tieren unbedingt zu empfehlen, bis insgesamt mindestens 20 Tiere in der Prüfgruppe und 10 Kontrolltiere getestet sind.

1.5.1.2.3.   Dosierungen

Die für jede Induktionsexposition verwendete Konzentration der Prüfsubstanz sollte systemisch gut verträglich sein, und es sollte sich um die höchste Dosis handeln, die noch eine leichte bis mittelgradige Hautreizung hervorruft. Die für die Provokationsexposition verwendete Konzentration sollte die höchste nicht reizende Dosis sein. Wenn notwendig, können die entsprechenden Konzentrationen mit einer Pilotstudie unter Verwendung von zwei bis drei Tieren ermittelt werden. Für diesen Zweck kommt die Verwendung von FCA-behandelten Tieren in Betracht.

1.5.1.3.   Versuchsdurchführung

1.5.1.3.1.   Induktion

Tag 0 — behandelte Gruppe

Drei paarweise Injektionen von 0,1 ml werden jeweils rechts und links von der Mittellinie intradermal in die enthaarte Schulterregion injiziert.

Injektion 1: 1:1-Mischung (v/v) aus FCA/Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung;

Injektion 2: Prüfsubstanz in geeignetem Vehikel in der gewählten Konzentration;

Injektion 3: Prüfsubstanz in der gewählten Konzentration in einer 1:1-Mischung (v/v) aus FCA/Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung.

Bei der Injektion 3 werden die wasserlöslichen Substanzen vor der Mischung mit FCA in der wässrigen Phase gelöst. Fettlösliche oder unlösliche Substanzen werden vor der Zugabe der wässrigen Phase in FCA suspendiert. Die Endkonzentration der Prüfsubstanz entspricht der der Injektion 2.

Die Injektionen 1 und 2 werden nahe beieinander im kranialen Teil, die Injektion 3 im kaudalen Teil des Applikationsbereichs gesetzt.

Tag 0 — Kontrollgruppe

Drei paarweise Injektionen von 0,1 ml werden an denselben Stellen wie bei den behandelten Tieren injiziert.

Injektion 1: 1:1-Mischung (v/v) aus FCA/Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung;

Injektion 2: unverdünntes Vehikel;

Injektion 3: 50 %ige Zubereitung (w/v) des Vehikels in einer 1:1-Mischung (v/v) aus FCA/Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung.

Tag 5-7 — behandelte und Kontrollgruppe

Etwa 24 Stunden vor der topischen Induktionsapplikation wird, wenn die Substanz nicht hautreizend ist, der kurzgeschorene oder rasierte Applikationsbereich mit 0,5 ml Natriumlaurylsulfat 10 % in Vaseline bestrichen, um eine örtliche Reizung hervorzurufen.

Tag 6-8 — behandelte Gruppe

Der Applikationsbereich wird erneut enthaart. Ein Filterpapier (2 × 4 cm) wird vollständig mit der Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel beladen, auf den Applikationsbereich aufgetragen und mit einem Okklusivverband für 48 Stunden fixiert. Die Wahl des Vehikels ist zu begründen. Feststoffe werden fein pulverisiert und in ein geeignetes Vehikel eingebracht. Flüssigkeiten können ggf. unverdünnt appliziert werden.

Tag 6-8 — Kontrollgruppe

Der Applikationsbereich wird erneut enthaart. Das Vehikel allein wird in entsprechender Weise auf den Applikationsbereich aufgebracht und mit einem Okklusivverband für 48 Stunden fixiert.

1.5.1.3.2.   Provokation

Tag 20-22 — behandelte und Kontrollgruppe

Die Flanken der behandelten Tiere und der Kontrolltiere werden enthaart. Ein Läppchen oder eine Kammer mit der Prüfsubstanz wird auf eine Flanke der Tiere aufgebracht, und ein Läppchen oder eine Kammer mit dem Vehikel allein kann ggf. auf die andere Flanke aufgetragen werden. Die Läppchen werden mit einem Okklusivverband für 24 Stunden in Kontakt mit der Haut gehalten.

1.5.1.3.3.   Beobachtung und Bewertung: behandelte Gruppe und Kontrollgruppe

etwa 21 Stunden nach Entfernung des Läppchens wird der Provokationsbereich gereinigt und kurzgeschoren und/oder rasiert und bei Bedarf depiliert;

etwa 3 Stunden später (etwa 48 Stunden nach Beginn der Provokationsexposition) wird die Hautreaktion bewertet und gemäß den in der Anlage aufgeführten Schweregraden dokumentiert;

etwa 24 Stunden nach dieser Beobachtung erfolgt eine zweite Beobachtung (72 Stunden nach Beginn), die ebenfalls dokumentiert wird.

Es empfiehlt sich eine Blindablesung der behandelten Tiere und der Kontrolltiere.

Falls eine Klärung der Ergebnisse der ersten Provokation erforderlich ist, sollte eine zweite Provokation (d. h. eine Reprovokation), ggf. mit einer neuen Kontrollgruppe, etwa eine Woche nach der ersten in Betracht gezogen werden. Eine Reprovokation kann auch mit der ursprünglichen Kontrollgruppe durchgeführt werden.

Alle Hautreaktionen und auffälligen Befunde, einschließlich systemischer Reaktionen, infolge der Induktion und der Provokation sollten beobachtet und entsprechend der Bewertungsskala nach Magnusson/Kligman (siehe Anlage) dokumentiert werden. Weitere Verfahren, wie z. B. die histopathologische Untersuchung oder die Messung der Hautfaltendicke, können verwendet werden, um zweifelhafte Reaktionen zu klären.

1.5.2.   Bühler-Test

1.5.2.1.   Vorbereitungen

Gesunde junge erwachsene Albino-Meerschweinchen werden vor dem Test für die Dauer von mindestens 5 Tagen an die Laborbedingungen akklimatisiert. Vor Testbeginn werden die Tiere randomisiert und den Behandlungsgruppen zugeteilt Die Behaarung wird je nach Prüfmethode durch Scheren, Rasieren oder, falls möglich, chemische Enthaarung, entfernt. Dabei ist darauf zu achten, dass die Haut nicht verletzt wird. Die Tiere werden vor Testbeginn und nach Abschluss des Tests gewogen.

1.5.2.2.   Versuchsbedingungen

1.5.2.2.1.   Versuchstiere

Es werden gängige Laborstämme des Albino-Meerschweinchens verwendet.

1.5.2.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Es können männliche und/oder weibliche Tiere verwendet werden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein.

Die behandelte Gruppe besteht aus mindestens 20 Tieren, die Kontrollgruppe aus mindestens 10 Tieren.

1.5.2.2.3.   Dosierungen

Die für jede Induktionsexposition verwendete Konzentration der Prüfsubstanz sollte die höchstmögliche Dosis sein, die noch eine leichte, aber nicht zu starke Hautreizung hervorruft. Die für die Provokationsexposition verwendete Konzentration sollte die höchste nicht reizende Dosis sein. Wenn notwendig, können die entsprechenden Konzentrationen mit einer Pilotstudie unter Verwendung von zwei bis drei Tieren ermittelt werden.

Bei wasserlöslichen Prüfsubstanzen ist es zweckmäßig, Wasser oder eine verdünnte, nicht reizende Surfactant-Lösung als Vehikel zu verwenden. Bei sonstigen Prüfsubstanzen wird 80 % Ethanol/Wasser für die Induktion und Azeton für die Provokation bevorzugt.

1.5.2.3.   Versuchsdurchführung

1.5.2.3.1.   Induktion

Tag 0 — behandelte Gruppe

Eine Flanke wird enthaart (kurzgeschoren). Das Testläppchensystem sollte vollständig mit der Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel beladen sein (die Auswahl des Vehikels muss begründet sein; flüssige Prüfsubstanzen können ggf. unverdünnt aufgetragen werden).

Das Testläppchen wird auf den Applikationsbereich aufgetragen und durch ein Okklusivpflaster oder eine Okklusivkammer und einen geeigneten Verband für 6 Stunden in Kontakt mit der Haut gehalten.

Das Testläppchensystem muss okklusiv sein. Eine runde oder quadratische Wattekompresse ist geeignet, sollte aber mindestens 4-6 cm2 groß sein. Die Fixierung der Tiere mit einem geeigneten Fixator wird jedoch zur Okklusion bevorzugt. Bei Verwendung einer Umhüllung sind unter Umständen weitere Expositionen erforderlich.

Tag 0 — Kontrollgruppe

Eine Flanke wird enthaart (kurzgeschoren). Das Vehikel allein wird auf die gleiche Weise wie bei der behandelten Gruppe aufgebracht. Das Testläppchensystem wird durch ein Okklusivpflaster bzw. eine Okklusivkammer und einen geeigneten Verband für 6 Stunden in Kontakt mit der Haut gehalten. Wenn nachweisbar ist, dass eine scheinbehandelte Kontrollgruppe nicht erforderlich ist, kann eine unbehandelte Kontrollgruppe verwendet werden.

Tage 6-8 und 13-15 — behandelte Gruppe und Kontrollgruppe

Dieselbe Applikation wie am Tag 0 erfolgt am Tag 6-8 sowie erneut am Tag 13-15 auf demselben Applikationsbereich (bei Bedarf enthaart) derselben Flanke.

1.5.2.3.2.   Provokation

Tag 27-29 — behandelte Gruppe und Kontrollgruppe

Die unbehandelte Flanke der behandelten Tiere und der Kontrolltiere wird enthaart (kurz geschoren). Ein Okklusivpflaster bzw. eine Okklusivkammer mit der entsprechenden Menge an Prüfsubstanz wird in der maximalen nicht hautreizenden Konzentration auf die hintere unbehandelte Flanke der behandelten Tiere und der Kontrolltiere aufgetragen.

Gegebenenfalls kann ein Okklusivpflaster bzw. eine Okklusivkammer mit dem Vehikel allein auf die vordere unbehandelte Flanke der behandelten Tiere und der Kontrolltiere aufgetragen werden. Die Läppchen bzw. Kammern werden mit einem geeigneten Verband für 6 Stunden in Kontakt mit der Haut gehalten.

1.5.2.3.3.   Beobachtung und Bewertung

etwa 21 Stunden nach Entfernung des Läppchens wird der Provokationsbereich enthaart;

etwa 3 Stunden später (etwa 30 Stunden nach Applikation des Provokationspflasters) werden die Hautreaktionen bewertet und gemäß den in der Anlage aufgeführten Schweregraden dokumentiert;

etwa 24 Stunden nach dieser ersten Beobachtung (d. h. 54 Stunden nach Applikation des Provokationspflasters) werden die Hautreaktionen erneut bewertet und dokumentiert.

Es empfiehlt sich eine Blindablesung der behandelten Tiere und der Kontrolltiere.

Falls eine Klärung der Ergebnisse der ersten Provokation erforderlich ist, sollte eine zweite Provokation (d. h. eine Reprovokation), ggf. mit einer neuen Kontrollgruppe, etwa eine Woche nach der ersten in Betracht gezogen werden. Eine Reprovokation kann auch mit der ursprünglichen Kontrollgruppe durchgeführt werden.

Alle Hautreaktionen und auffälligen Befunde, einschließlich systemischer Reaktionen, infolge der Induktion und der Provokation sollten beobachtet und entsprechend der Bewertungsskala nach Magnusson/Kligman (siehe Anlage) dokumentiert werden. Weitere Verfahren, wie z. B. die histopathologische Untersuchung oder die Messung der Hautfaltendicke, können verwendet werden, um zweifelhafte Reaktionen zu klären.

2.   DATEN (GPMT und Bühler-test)

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Aus den Daten müssen für jedes Versuchstier die Hautreaktionen zu jedem Beobachtungszeitpunkt hervorgehen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT (GPMT und Bühler-test)

Wenn ein Screening-Test (z. B. Lokaler Lymphknotentest [LLNA], Maus-Ohrschwellungstest [MEST]) vor dem Meerschweinchentest durchgeführt wird, muss die Beschreibung oder Literaturstelle des Tests mit Angaben zum Verfahren neben den mit den Prüf- und Referenzsubstanzen gewonnenen Ergebnissen angegeben werden.

Prüfbericht (GPMT und Bühler-Test)

Der Prüfbericht soll nach Möglichkeit folgende Angaben enthalten:

 

Versuchstiere:

verwendeter Meerschweinchenstamm;

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

Gewicht der einzelnen Tiere bei Beginn der Prüfung.

 

Prüfbedingungen:

Methode der Vorbereitung der Applikationsstelle;

Angaben zur Art der verwendeten Läppchen sowie zur Patching-Technik;

Ergebnis der Pilotstudie mit den für den eigentlichen Test ermittelten Induktions- und Provokationskonzentrationen,

Angaben zur Vorbereitung, Applikation und Entfernung der Prüfsubstanz;

Begründung der Auswahl des Vehikels;

Konzentrationen des Vehikels und der Prüfsubstanz für die Induktions- und die Provokationsexposition sowie applizierte Gesamtmenge an Substanz zur Induktion und Provokation.

 

Ergebnisse:

Zusammenfassung der Ergebnisse der letzten Überprüfung der Empfindlichkeit und Zuverlässigkeit des Tests (siehe 1.3) mit Angaben über verwendete Substanzen, Konzentrationen und Vehikel;

Beobachtungen der einzelnen Tiere mit Angabe des Bewertungssystems;

ausführliche Beschreibung der Art und des Schweregrades der beobachteten Wirkungen;

eventuelle histopathologische Befunde.

 

Diskussion der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATUR

Diese Methode entspricht der OECD TG 406.

Anlage

TABELLE

Bewertungsskala nach Magnusson/Kligman für Reaktionen auf Provokations-Läppentests

0 = keine sichtbare Veränderung

1 = leichtes oder fleckiges Erythem

2 = mittelgradiges und konfluierendes Erythem

3 = starkes Erythem und Schwellung

B.7.   TOXIZITÄT NACH 28-TÄGIGER GABE (ORAL)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfsubstanz wird in abgestuften Dosen täglich mehreren Versuchstiergruppen oral verabreicht, und zwar eine Dosis pro Gruppe über einen Zeitraum von 28 Tagen. Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere täglich sorgfältig auf Toxizitätszeichen beobachtet. Tiere, die im Verlauf der Prüfung sterben, und vorzeitig getötete Tiere werden seziert; die nach Abschluss des Tests überlebenden Tiere werden getötet und ebenfalls seziert.

Bei dieser Methode wird das Hauptaugenmerk auf neurologische Wirkungen als spezifischem Endpunkt gelegt, und um möglichst viele Daten zu gewinnen, ist die Notwendigkeit einer sorgfältigen klinischen Beobachtung der Tiere zu unterstreichen. Die Methode sollte chemische Stoffe mit neurotoxischem Potential aufspüren, die dann gegebenenfalls eine eingehendere Untersuchung dieses Aspektes erfordern. Darüber hinaus kann die Methode Hinweise auf immunologische Wirkungen sowie toxische Wirkungen auf die Fortpflanzungsorgane liefern.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitungen

Gesunde junge erwachsene Tiere werden nach Zufallskriterien in Behandlungs- und Kontrollgruppe aufgeteilt. Die Käfige sollten so aufgestellt werden, dass mögliche Wirkungen aufgrund des Standortes des Käfigs ausgeschlossen sind. Die Tiere werden eindeutig gekennzeichnet und vor Beginn der Prüfung für einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen in ihren Käfigen an die Laborbedingungen akklimatisiert.

Die Prüfsubstanz wird mittels Magensonde, im Futter oder mit dem Trinkwasser verabreicht. Die Art der oralen Verabreichung hängt vom Zweck der Studie sowie von den physikalischen/chemischen Eigenschaften der Substanz ab.

Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst eine wässrige Lösung/Suspension in Betracht zu ziehen, als zweite Wahl eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) und als dritte Wahl eine mögliche Lösung in anderen Vehikeln zu verwenden. Bei nichtwässrigen Vehikeln sollten deren toxische Eigenschaften bekannt sein. Die Stabilität der Prüfsubstanz im Vehikel sollte bestimmt werden.

1.4.2.   Prüfbedingungen

1.4.2.1.   Versuchstiere

Die bevorzugte Nagerspezies ist die Ratte, aber auch andere Nagerspezies sind geeignet. Es sind gesunde junge erwachsene Tiere üblicher Labortierstämme zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Die Behandlung sollte möglichst bald nach dem Absetzen beginnen, in jedem Fall aber bevor die Tiere neun Wochen alt sind.

Bei Beginn der Studie sollte die Schwankung des Körpergewichts der behandelten Tiere gering sein und um nicht mehr als maximal ± 20 % vom mittleren Gewicht für jedes Geschlecht abweichen.

Wenn eine orale Studie mit wiederholter Gabe als Vorstudie zu einer Langzeitstudie durchgeführt wird, sollten in beiden Studien vorzugsweise Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden.

1.4.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Mindestens 10 Tiere (5 weibliche und 5 männliche) sind für jede Dosisstufe zu verwenden. Sollen im Verlauf der Prüfung Tiere getötet werden, muss die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die bereits vor Abschluss der Studie getötet werden sollen.

Darüber hinaus kann eine Satellitengruppe von 10 Tieren (5 Tiere pro Geschlecht) über 28 Tage mit der höchsten Dosis behandelt und anschließend 14 Tage lang auf Reversibilität, Persistenz oder verzögertes Auftreten toxischer Wirkungen beobachtet werden. Gleichzeitig ist eine Satellitengruppe von 10 Kontrolltieren (5 Tiere pro Geschlecht) zu verwenden.

1.4.2.3.   Dosierungen

Im Allgemeinen sollten mindestens drei Versuchsgruppen und eine Kontrollgruppe gewählt werden. Abgesehen von der Applikation der Prüfsubstanz sind die Tiere in der Kontrollgruppe genauso zu behandeln wie die Tiere in der Prüfgruppe. Wird bei der Verabreichung der Prüfsubstanz ein Vehikel verwendet, muss die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten verwendeten Volumen erhalten.

Wenn nach Auswertung aller verfügbarer Daten bei einer Dosis von 1 000 mg/kg KG/Tag keine Wirkungen zu erwarten sind, kann ein Limit-Test durchgeführt werden. Liegen keine entsprechenden Daten vor, kann eine Dosisfindungsstudie durchgeführt werden, um die zu verwendenden Dosen zu bestimmen.

Bei der Wahl der Dosisstufen sollten sämtliche für die Prüfsubstanz oder verwandte Stoffe vorliegenden Daten zur Toxizität und (Toxiko)kinetik berücksichtigt werden. Die höchste Dosis sollte so gewählt werden, dass zwar toxische Wirkungen, aber keine Todesfälle oder schweres Leiden hervorgerufen werden. Anschließend sollte eine absteigende Folge von Dosisstufen gewählt werden, um dosisabhängige Wirkungen und die niedrigste Dosis ohne zu beobachtende unerwünschte Wirkungen (NOAEL) nachzuweisen. Zwei- bis vierfache Abstände erweisen sich häufig als optimale Dosisabstufungen, und meist ist eine zusätzliche vierte Prüfgruppe der Verwendung von sehr großen Dosisabständen (z. B. um mehr als den Faktor 10) vorzuziehen.

Bei Substanzen, die über das Futter oder das Trinkwasser verabreicht werden, muss sichergestellt sein, dass die jeweiligen Mengen der Prüfsubstanz den normalen Nährstoff- und Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Wird die Prüfsubstanz im Futter verabreicht, kann entweder eine konstante Konzentration im Futter (ppm) oder eine konstante Dosis in Abhängigkeit vom Körpergewicht der Tiere gewählt werden. Welche der beiden Alternativen verwendet wird, muss angegeben werden. Bei Verabreichung der Prüfsubstanz mittels Schlundsonde sollte dies täglich zur gleichen Zeit geschehen, und die Dosis sollte nach Bedarf so angepasst werden, dass eine konstante Dosis in Relation zum Körpergewicht der Tiere beibehalten wird.

Wenn eine Studie mit wiederholter Gabe als Vorstudie zu einer Langzeitstudie durchgeführt wird, sollten die beiden Studien bezüglich des Futters (Standarddiät) der Tiere vergleichbar sein.

1.4.2.4.   Limit-Test

Verursacht die Prüfung einer Dosis von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht pro Tag bzw. eine entsprechende Konzentration im Futter oder Trinkwasser (in Abhängigkeit vom jeweiligen Körpergewicht) unter Verwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine feststellbaren toxischen Wirkungen, und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test findet allerdings keine Anwendung, wenn die Expositionswirkungen beim Menschen die Prüfung in einer höheren Dosis angezeigt erscheinen lassen.

1.4.2.5.   Beobachtungszeitraum

Die Tiere sollten 28 Tage beobachtet werden. Tiere in einer Satellitengruppe, bei denen Nachfolgebeobachtungen vorgesehen sind, sollten für mindestens weitere 14 Tage ohne Behandlung gehalten werden, um ein verzögertes Auftreten, die Persistenz oder die Reversibilität von toxischen Wirkungen festzustellen.

1.4.3.   Versuchsdurchführung

Die Tiere erhalten die Prüfsubstanz an sieben Tagen in der Woche über einen Zeitraum von 28 Tagen. Soll die Prüfsubstanz nur an fünf Tagen in der Woche verabreicht werden, muss dies begründet werden. Bei Verabreichung der Prüfsubstanz über eine Magensonde oder eine geeignete Intubationskanüle sollte die gesamte Dosis als Einmalgabe verabreicht werden. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das bei jeder Gabe verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstieres ab. Das Volumen sollte 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten; ausgenommen hiervon sind wässrige Lösungen, die in einer Konzentration von 2 ml/100 g Körpergewicht gegeben werden können. Mit Ausnahme von hautreizenden oder ätzenden Substanzen, die normalerweise bei höheren Konzentrationen gravierende Wirkungen zeigen, sollte die Variabilität der Prüfvolumina durch Anpassung der Konzentration auf ein konstantes Volumen bei allen Dosen möglichst gering gehalten werden.

1.4.3.1.   Allgemeine Beobachtungen

Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich, vorzugsweise jeweils zur gleichen Zeit, und unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Zeitraums nach der Verabreichung, in welchem der Wirkungsgipfel zu erwarten ist. Der Gesundheitszustand der Tiere ist zu dokumentieren. Mindestens zweimal täglich erfolgt eine Beobachtung aller Tiere auf Erkrankungen oder Todesfälle. Moribunde Tiere sowie Tiere, bei denen schwere Leiden oder starke Schmerzen festgestellt werden, sollten ausgesondert, unter Verwendung einer tierschutzgerechten Methode getötet und seziert werden.

Bei allen Tieren sollte einmal vor der Exposition (um intraindividuelle Vergleiche zu ermöglichen) und danach mindestens einmal wöchentlich eine eingehende klinische Untersuchung erfolgen. Die Beobachtungen sind außerhalb des Käfigs, in dem die Tiere gehalten werden, in stets gleicher Umgebung und vorzugsweise stets zur gleichen Zeit vorzunehmen. Die Beobachtungen sind sorgfältig zu dokumentieren, vorzugsweise unter Verwendung von Bewertungsskalen, die vom Prüflabor genau festgelegt sind. Durch geeignete Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Prüfbedingungen möglichst konstant bleiben und dass die Beobachtungen vorzugsweise durch Untersucher erfolgen, denen die Behandlung der Tiere nicht bekannt ist. Zu achten ist insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie autonome Aktivitäten (z. B. Tränensekretion, Piloerektion, Pupillengröße, ungewöhnliche Atemmuster). Gang- und Haltungsstörungen, die Reaktion auf den Umgang mit den Tieren, sowie mögliche klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z. B. übermäßiges Putzverhalten, wiederholte Kreisbewegungen) oder bizarres Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten ebenfalls dokumentiert werden.

In der vierten Expositionswoche sollte die sensorische Reaktivität auf Reize verschiedener Art (z. B. akustische, visuelle und propriozeptive Reize), die Greifkraft und die motorische Aktivität bewertet werden. Weitere Einzelheiten zu den möglichen Untersuchungen finden sich in der Literatur (siehe allgemeine Einleitung zu Teil B).

Die funktionellen Beobachtungen in der vierten Expositionswoche können entfallen, wenn es sich um eine Vorstudie für eine nachfolgende Prüfung auf subchronische Toxizität (90 Tage) handelt. In diesem Fall sollten die funktionellen Beobachtungen im Rahmen dieser Folgestudie vorgenommen werden. Andererseits könnten die Daten über funktionelle Beobachtungen aus der Vorstudie aber die Wahl der Dosisstufen für eine nachfolgende Prüfung auf subchronische Toxizität erleichtern.

In Ausnahmefällen können funktionelle Beobachtungen auch bei Gruppen entfallen, die so starke sonstige Toxizitätszeichen aufweisen, dass die Leistungen in funktionellen Untersuchungen dadurch erheblich beeinträchtigt wären.

1.4.3.2.   Körpergewicht und Futter-/Wasseraufnahme

Alle Tiere sollten mindestens einmal wöchentlich gewogen werden. Die Futter- und die Wasseraufnahme (wenn die Prüfsubstanz über das Trinkwasser verabreicht wird) ist ebenfalls mindestens einmal wöchentlich zu bestimmen.

1.4.3.3.   Hämatologische Untersuchungen

Die folgenden hämatologischen Parameter sind am Ende der Prüfung zu bestimmen: Hämatokrit, Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, weißes Gesamt- und Differenzialblutbild, Thrombozytenzahl und Blutgerinnungsfähigkeit/-zeit.

Die Blutproben müssen an einer benannten Stelle unmittelbar vor oder bei der Tötung der Tiere entnommen und fachgerecht gelagert werden.

1.4.3.4.   Klinisch-biochemische Untersuchungen

Zur Untersuchung der wesentlichen toxischen Wirkungen in Geweben und insbesondere der Wirkungen auf Leber und Nieren sollten klinisch-biochemische Parameter in Blutproben aller Tiere bestimmt werden, die unmittelbar vor oder bei der Tötung der Tiere (mit Ausnahme von Tieren, die moribund aufgefunden und/oder zwischenzeitlich getötet werden) entnommen werden. Es empfiehlt sich eine Futterkarenz der Tiere über Nacht, bevor die Blutproben entnommen werden (2). Die Plasma- bzw. Serumuntersuchungen umfassen die Parameter Natrium, Kalium, Glukose, Gesamtcholesterin, Harnstoff, Kreatinin, Gesamtprotein und Albumin sowie mindestens zwei Enzyme, die auf hepatozelluläre Wirkungen schließen lassen (wie Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Animotransferase, alkalische Phosphatase, Gammaglutamyl-Transpeptidase und Sorbitdehydrogenase). Die Bestimmung weiterer Enzyme (aus Leber oder anderen Organen) und der Gallensäuren kann unter bestimmten Umständen ebenfalls wertvolle Hinweise liefern.

Wahlweise können in der letzten Studienwoche auch die folgenden Urinparameter bestimmt werden: Aussehen, Menge, Osmolarität bzw. spezifisches Gewicht, pH, Eiweiß, Glukose und Blut/Blutzellen.

Darüber hinaus kommen Untersuchungen zur Bestimmung von Serummarkern für eine allgemeine Gewebeschädigung in Frage. Des Weiteren sollten, wenn die bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz im Verdacht stehen, die entsprechenden Stoffwechselprofile zu beeinflussen, die Parameter Kalzium, Phosphat, Nüchtern-Triglyzeride, spezifische Hormone, Methämoglobin und Cholinesterase bestimmt werden. Die jeweiligen Parameter sind je nach Prüfsubstanzklasse bzw. von Fall zu Fall zu bestimmen.

Insgesamt jedoch ist je nach Versuchstierspezies und den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen.

Wenn die vorliegenden Ausgangsdaten unzureichend sind, sollten hämatologische und klinischbiochemische Parameter ggf. auch vor der Verabreichung der Prüfsubstanz bestimmt werden.

1.4.3.5.   Autopsie

Alle Versuchstiere werden einer vollständigen, eingehenden Autopsie unterzogen. Sie umfasst eine sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Hirn-, Brust- und Bauchhöhle und ihres Inhalts. Leber, Nieren, Nebennieren, Hoden, Nebenhoden, Thymus, Milz, Hirn und Herz aller Tiere sind von anhaftendem Gewebe zu befreien und möglichst bald nach der Sektion zu wiegen, um ein Austrocknen zu verhindern.

Die folgenden Gewebe sind in einem für das Gewebe und die später vorgesehene histopathologische Untersuchung geeigneten Medium aufzubewahren: alle Gewebe mit makroskopischen Veränderungen, Hirn (typische Regionen einschließlich Cerebrum, Cerebellum und Pons), Rückenmark, Magen, Dünn- und Dickdarm (mit Peyer'schen-Platten), Leber, Nieren, Nebennieren, Milz, Herz, Thymus, Schilddrüsen, Trachea und Lungen (konserviert durch Inflation mit Fixiermittel und Immersion), Gonaden, akzessorische Geschlechtsorgane (Uterus, Prostata), Harnblase, Lymphknoten (vorzugsweise ein Lymphknoten, der den Verabreichungsweg versorgt, und ein Lymphknoten distal vom Verabreichungsweg für systemische Wirkungen), periphere Nerven (N. ischiadicus oder N. tibialis) vorzugsweise in der Nähe des Muskels, sowie ein Knochenmarkschnitt (oder wahlweise ein frisch fixiertes Knochenmarkaspirat). Je nach den klinischen oder sonstigen Befunden kann die Untersuchung weiterer Gewebe notwendig sein. Schließlich sollten auch alle Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als wahrscheinliche Zielorgane in Frage kommen, aufbewahrt werden.

1.4.3.6.   Histopathologische Untersuchung

Bei allen Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosis sowie bei den Tieren der Kontrollgruppe ist eine umfassende histologische Untersuchung der konservierten Organe und Gewebe durchzuführen. Diese Untersuchungen sind auch auf die Tiere aller anderen Dosisgruppen auszuweiten, wenn behandlungsbedingte Veränderungen in der Gruppe mit der höchsten Dosis festgestellt werden.

Alle makroskopischen Läsionen sind zu untersuchen.

Umfasst die Prüfung auch eine Satellitengruppe, sind bei den Tieren dieser Gruppe die Gewebe und Organe histopathologisch zu untersuchen, bei denen in den behandelten Gruppen toxische Wirkungen erkennbar sind.

2.   DATEN

Die Daten für die einzelnen Tiere sollten dokumentiert werden. Ferner sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Daraus müssen für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Anzahl der verwendeten Tiere bei Beginn der Prüfung, die Anzahl der Tiere, die während der Prüfung tot aufgefunden oder vorzeitig getötet wurden, der Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, die Anzahl der Tiere mit Toxizitätszeichen, eine Beschreibung der beobachteten toxischen Wirkungen einschließlich Beginn, Dauer und Schweregrad der Wirkungen, die Anzahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und für jede Läsion der Anteil der davon betroffenen Tiere.

Die Rohdaten sind nach Möglichkeit durch geeignete und allgemein akzeptierte statistische Verfahren auszuwerten. Diese statistischen Verfahren sollten bei der Festlegung des Designs der Studie ausgewählt werden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht soll nach Möglichkeit folgende Angaben enthalten:

 

Versuchstiere:

Spezies/Stamm;

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

Gewicht der einzelnen Tiere bei Prüfungsbeginn, in den folgenden Wochen und am Ende der Prüfung.

 

Prüfbedingungen:

Begründung der Auswahl des Vehikels, falls kein Wasser verwendet wurde;

Begründung der gewählten Dosisstufen;

Angaben zur Zubereitungsform der Prüfsubstanz, der erreichten Konzentration, Stabilität und Homogenität des Präparates;

Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;

Ggf. Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Wasser (ppm) in die entsprechende Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag);

Angaben über Futter- und Wasserqualität.

 

Ergebnisse:

Körpergewicht/Änderungen des Körpergewichts;

ggf. Angaben zur Futter- und Wasseraufnahme;

Daten der toxischen Reaktionen nach Geschlecht und Dosis, einschließlich Toxizitätszeichen;

Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität);

Bewertung von sensorischer Aktivität, Greifkraft und motorischer Aktivität;

hämatologische Parameter mit entsprechenden Ausgangswerten;

klinisch-biochemische Parameter mit entsprechenden Ausgangswerten;

Körpergewicht beim Töten der Tiere sowie Organgewichte;

Sektionsbefunde;

ausführliche Beschreibung aller histopathologischen Befunde;

Angaben zur Resorption, falls vorliegend;

ggf. statistische Auswertung der Ergebnisse.

 

Diskussion der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATUR

Diese Methode entspricht der OECD TG 407.

B.8.   TOXIZITÄT NACH 28-TÄGIGER GABE (INHALATION)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Es ist vorteilhaft, vorher Angaben zur Partikelgrößenverteilung, zum Dampfdruck, Schmelzpunkt, Siedepunkt, Flammpunkt und zur Explosivität (falls zutreffend) der Substanz zu haben.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt A).

1.2.   DEFINITION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt B).

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Mehrere Versuchstiergruppen werden täglich über einen bestimmten Zeitraum der Prüfsubstanz in abgestuften Konzentrationen für 28 Tage ausgesetzt, wobei eine Konzentration für jede Gruppe verwendet wird. Wird ein Vehikel herangezogen, um eine geeignete Konzentration der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen, ist eine Vehikel-Kontrollgruppe einzusetzen. Während des Versuchszeitraums werden die Tiere täglich beobachtet, um Symptome toxischer Wirkungen festzustellen. Tiere, die während des Versuchs sterben, und die bei Versuchsende überlebenden Tiere werden seziert.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Vorbereitung

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- oder Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor dem Versuch werden gesunde junge Tiere randomisiert und der erforderlichen Zahl von Gruppen zugeordnet. Falls notwendig, kann der Prüfsubstanz ein geeignetes Vehikel beigegeben werden, um die gewünschte Konzentration der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen. Wird zur Vereinfachung der Verabreichung ein Vehikel oder ein sonstiger Zusatz verwendet, muss dessen nichttoxische Wirkung gesichert sein. Dazu können ggf. Daten aus früheren Versuchen herangezogen werden.

1.6.2.   Versuchsbedingungen

1.6.2.1.   Versuchstiere

Sofern nicht besondere Gründe vorliegen, sollten die Versuche mit Ratten durchgeführt werden. Es sind gesunde junge Tiere bekannter Versuchstierstämme zu verwenden.

Die Schwankung im Körpergewicht der Tiere des jeweiligen Versuchs sollte zu Beginn des Versuchs nicht mehr als ± 20 % vom entsprechenden Mittelwert betragen.

1.6.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Mindestens 10 Tiere (5 weibliche und 5 männliche) sind für jede Testkonzentration zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muss die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen. Darüber hinaus kann eine zusätzliche Gruppe (Satellitengruppe) von 10 Tieren (5 Tiere pro Geschlecht) über 28 Tage mit der höchsten Konzentration exponiert werden. Während der darauf folgenden behandlungsfreien 14 Tage wird auf Reversibilität, Fortbestehen oder verzögertes Auftreten toxischer Wirkungen geachtet. Eine Satellitengruppe von 10 Kontrolltieren (5 Tiere pro Geschlecht) wird ebenfalls verwendet.

1.6.2.3.   Expositionskonzentrationen

Es sind mindestens drei Konzentrationen sowie eine Kontrollgruppe oder — sofern ein Vehikel benutzt wurde — eine Vehikel-Kontrollgruppe (entsprechend der Konzentration des Vehikels bei der höchsten Expositionskonzentration) zu wählen. Abgesehen von der Exposition mit der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppe genauso zu behandeln wie die Versuchstiere. Die höchste Konzentration sollte so gewählt werden, dass auf jeden Fall toxische Effekte auftreten, die Tiere jedoch nicht oder nur in geringer Zahl sterben. Die niedrigste Dosierung darf keine Anzeichen von Toxizität hervorrufen. Liegen brauchbare Schätzungen über die Höhe der Exposition beim Menschen vor, so sollte die niedrigste Konzentration diesen Wert überschreiten. Nach Möglichkeit sollte die mittlere Konzentration nur geringe feststellbare toxische Effekte verursachen. Werden mehrere Zwischenkonzentrationen verabreicht, so sollten sie so gewählt werden, dass es zu einer graduellen Abstufung der toxischen Wirkungen kommt. In den Gruppen mit niedriger und mittlerer Konzentration sowie in den Kontrollgruppen sollte die Anzahl der Todesfälle gering sein, um eine aussagekräftige Bewertung der Ergebnisse zu ermöglichen.

1.6.2.4.   Expositionszeit

Die tägliche Expositionszeit sollte 6 Stunden betragen; aufgrund spezifischer Erfordernisse können sich ggf. andere Zeiten als notwendig erweisen.

1.6.2.5.   Ausrüstung

Für die Tierversuche sollte eine Inhalationsanlage benutzt werden, die einen dynamischen Luftstrom mit einem Luftwechsel von mindestens 12 Mal pro Stunde ermöglicht, um einen adäquaten Sauerstoffgehalt und eine gleichmäßig verteilte Expositionsatmosphäre zu gewährleisten. Wird eine Kammer verwendet, so ist sie so zu gestalten, dass die Versuchstiere möglichst wenig zusammengedrängt werden und die Exposition durch Inhalation der Prüfsubstanz maximiert wird. Um die Stabilität der Atmosphäre in der Inhalationskammer sicherzustellen, sollte grundsätzlich das „Gesamtvolumen“ der Versuchstiere 5 % des Kammervolumens nicht überschreiten. Es sind Expositionen des oronasalen Bereichs, des Kopfes oder des ganzen Körpers in Inhalationskammern zu verwenden; die beiden ersten Expositionsarten dienen dazu, die Aufnahme der Prüfsubstanz auf anderen Wegen einzuschränken.

1.6.2.6.   Beobachtungszeitraum

Die Versuchstiere sind während des gesamten Behandlungszeitraums und der behandlungsfreien Phase täglich auf Symptome toxischer Wirkungen zu beobachten. Der Eintritt des Todes und der Zeitpunkt, zu dem Symptome auftreten und/oder wieder abklingen, sind festzuhalten.

1.6.3.   Versuchsdurchführung

Die Tiere werden der Prüfsubstanz täglich an 5-7 Tagen pro Woche über einen Zeitraum von 28 Tagen ausgesetzt. Die Tiere einer Satellitengruppe, die für eine Nachbeobachtung vorgesehen sind, sollten für weitere 14 Tage ohne Exposition gehalten werden, um die Reversibilität von toxischen Effekten bzw. deren Fortbestehen festzustellen. Die Temperatur soll während des Versuchs 22 oC ±oC betragen.

Die relative Feuchtigkeit soll zwischen 30 % und 70 % liegen, ausgenommen in den Fällen, wo dies nicht durchführbar ist (z. B. Versuche mit bestimmten Aerosolen). Die Aufrechterhaltung eines leichten Unterdrucks in der Kammer (≤ 5 mm Wasser) verhindert ein Entweichen der Prüfsubstanz in die Umgebung. Während der Exposition werden weder Futter noch Wasser verabreicht.

Es soll ein dynamisches Inhalationssystem mit einem geeigneten analytischen Verfahren zur Bestimmung der Konzentration benutzt werden. Um brauchbare Expositionskonzentrationen zu erhalten, wird ein Vorversuch empfohlen. Die Luftdurchflussrate ist so einzustellen, dass die Bedingungen in der gesamten Expositionskammer einheitlich sind. Das System soll gewährleisten, dass konstante Expositionsbedingungen so schnell wie möglich erreicht werden.

Die folgenden Messungen oder Überwachungen sollten durchgeführt werden:

a)

Messung der Luftdurchflussraten (kontinuierlich);

b)

die tatsächliche Konzentration der Prüfsubstanz wird im Atembereich gemessen. Während der täglichen Expositionsdauer darf die Konzentration nicht mehr als ± 15 % vom Mittelwert abweichen. Bei einigen Aerosolen ist dieses Prüfniveau möglicherweise nicht erreichbar. In diesem Fall wird ein größerer Streubereich akzeptiert. Während der gesamten Versuchsdauer ist die Konzentration von Tag zu Tag so konstant wie möglich zu halten. Für Aerosole ist mindestens einmal pro Woche eine Analyse der Partikelgröße für jede Versuchsgruppe durchzuführen;

c)

Temperatur und Luftfeuchtigkeit (wenn möglich kontinuierlich).

Während und nach der Exposition werden die Tiere beobachtet und die Befunde für jedes Tier aufgezeichnet. Alle Tiere sollen täglich beobachtet und Zeichen toxischer Wirkungen aufgezeichnet werden, darunter der Zeitpunkt des Auftretens sowie Grad und Dauer. Die Beobachtungen der Tiere sollten sich insbesondere als Veränderungen an Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten, Atmung, Kreislauf, autonomem und zentralem Nervensystem sowie an der Somatomotorik und am Verhaltensmuster erstrecken. Futteraufnahme und Gewicht der Tiere sind wöchentlich zu bestimmen. Eine regelmäßige Beobachtung der Tiere ist erforderlich, um so weit wie möglich sicherzustellen, dass Tiere während des Versuchs nicht durch Kannibalismus, Autolyse der Gewebe oder Fehler beim Umsetzen verloren gehen. Nach Abschluss des Versuchszeitraums werden alle überlebenden Tiere mit Ausnahme der Satellitengruppe seziert. Sterbende Tiere sowie Tiere, bei denen Anzeichen von starkem Leiden und Schmerzen festgestellt werden, sollten daraufhin sofort ausgesondert und unter Verwendung einer tierschutzgerechten Methode getötet und seziert werden.

Am Ende des Versuchs werden alle Tiere, einschließlich der Kontrolltiere, folgender Untersuchung unterzogen:

i)

Die Hämatologie sollte mindestens die Bestimmung des Hämatokritwerts und der Hämoglobinkonzentration, der Erythrozytenzahl, der Gesamt- und Differenzial-Leukozytenzahl sowie die Messung der Gerinnungsfähigkeit umfassen.

ii)

Klinisch-biochemische Analyse des Blutes: Zur Beurteilung der Leber- und Nierenfunktion soll zumindest je einer der folgenden Parameter bestimmt werden: Alanin-Aminotransferase (früher bekannt als Serum-Pyruvat-Transaminase), Aspartat-Aminotransferase (früher bekannt als Serum-Glutamat-Oxalazetat-Transaminase), Harnstoff-Stickstoff, Albumin, Kreatinin, Gesamt-Bilirubin und Gesamt-Serum-Protein.

Bestimmungen weiterer blutchemischer Parameter, die ggf. für eine adäquate toxikologische Bewertung erforderlich sind, umfassen: Kalzium, Phosphor, Chlorid, Natrium, Kalium, Nüchternglukose, Lipide, Hormone, Säuren-Basen-Gleichgewicht, Methämoglobin, Cholinesteraseaktivität.

Zusätzliche klinisch-biochemische Analysen können ggf. notwendig sein, um die Untersuchung der beobachteten Effekte zu vertiefen.

1.6.3.1.   Autopsie

An allen am Versuch beteiligten Tieren wird eine vollständige Autopsie vorgenommen. Zumindest die Leber, die Nieren, die Nebennieren, die Lunge und die Hoden werden so bald wie möglich nach der Sektion feucht gewogen, um ein Austrocknen zu verhindern. Organe und Gewebe (Atemtrakt, Leber, Niere, Milz, Hoden, Nebennieren, Herz sowie alle Organe mit makroskopischen Veränderungen bzw. Größenveränderungen) sind im Hinblick auf spätere histopathologische Untersuchungen in einem geeigneten Medium aufzubewahren. Lungen sind in intaktem Zustand zu entfernen, zu wiegen und mit einem geeigneten Fixativ zu behandeln, die Lungenstruktur zu erhalten.

1.6.3.2.   Histopathologische Untersuchung

Bei allen Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosierung sowie bei den Tieren der Kontrollgruppe(n) ist eine histologische Untersuchung der konservierten Organe und Gewebe durchzuführen. Alle Organe und Gewebe, die in der Gruppe mit der höchsten Dosierung prüfsubstanzbedingte Schädigungen aufweisen, müssen auch bei allen anderen Gruppen bei geringerer Dosierung untersucht werden. Bei den Tieren der Satellitengruppe sind jene Organe und Gewebe mit besonderer Aufmerksamkeit zu untersuchen, bei denen in den anders behandelten Gruppen toxische Effekte auftraten.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Dosisgruppe und Kontrollgruppe die Anzahl der Tiere zu Beginn des Versuchs und die Anzahl der Tiere mit den einzelnen Schädigungsformen zu entnehmen sein.

Alle ermittelten Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Dazu kann jede anerkannte statistische Methode herangezogen werden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Tierart, Stamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

Versuchsbedingungen:

Beschreibung des Expositionsapparates einschließlich Gestaltung, Typ, Abmessungen, Luftquelle, System zur Aerosolerzeugung, Klimatisierungssystem, Behandlung der Abluft und ggf. Art der Unterbringung der Tiere in einer Versuchskammer. Die Geräte zur Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und ggf. der Konstanz der Aerosolkonzentration oder Teilchengrößenverteilung sind zu beschreiben.

Expositionsdaten:

Diese Daten sind in tabellarischer Form zusammenzustellen und unter Angabe von Mittelwerten und Berücksichtigung der Schwankungen (z. B. Standardabweichung) darzustellen. Sie sollen, wenn möglich, folgende Angaben enthalten:

a)

Luftdurchflussrate in der Inhalationsanlage;

b)

Temperatur und Luftfeuchtigkeit;

c)

nominale Konzentration (Gesamtmenge der Prüfsubstanz, die in die Inhalationsanlage eingegeben wurde, dividiert durch das Luftvolumen);

d)

ggf. die Art des Vehikels;

e)

tatsächliche Konzentrationen im Atembereich;

f)

der mittlere aerodynamische Massendurchmesser (Mass Median Aerodynamic Diameter — MMAD) und die geometrische Standardabweichung (Geometric Standard Deviation — GSD);

Daten über toxische Reaktionen, nach Geschlecht und Konzentration;

Zeitpunkt des Todes während des Versuchs bzw. Angabe, ob die Tiere den Versuch überlebten;

toxische bzw. andere Wirkungen; no-effect level (NEL);

Zeitpunkt der Beobachtung der einzelnen Zeichen einer toxischen Wirkung und deren weiterer Verlauf;

Angaben über Fütterung und Körpergewicht;

hämatologische Tests und deren Ergebnisse;

klinisch-biochemische Tests und deren Ergebnisse;

Sektionsbefunde;

detaillierte Beschreibung der histopathologischen Befunde;

statistische Auswertung der Ergebnisse, sofern möglich;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt D).

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt E).

B.9.   TOXIZITÄT NACH 28-TÄGIGER GABE (DERMAL)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt A).

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt B)

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird täglich in abgestuften Dosen mehreren Versuchstiergruppen auf die Haut aufgetragen, und zwar eine Dosierung je Gruppe über einen Zeitraum von 28 Tagen. Während des Versuchszeitraums werden die Tiere täglich beobachtet, um Symptome toxischer Wirkungen festzustellen. Tiere, die während des Versuchs sterben, sowie bei Versuchsende überlebende Tiere werden seziert.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Vorbereitung

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- oder Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor dem Versuch werden gesunde junge Tiere randomisiert und den einzelnen Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeordnet. Kurz vor Versuchsbeginn wird das Fell auf dem Rücken der Versuchstiere geschoren. Ein Abrasieren des Fells ist ebenfalls möglich, sollte jedoch 24 Stunden vor dem Versuch erfolgen. Das Scheren oder Rasieren muss normalerweise wöchentlich wiederholt werden. Es ist darauf zu achten, dass dabei die Haut nicht verletzt wird. Mindestens 10 % der Körperoberfläche wird für die Applikation vorbereitet. Bei der Bestimmung des zu scherenden Bereichs und der Applikationsfläche ist das Gewicht der Tiere zu berücksichtigen. Werden feste Stoffe verwendet, die gegebenenfalls pulverisiert werden können, sollte die Prüfsubstanz ausreichend mit Wasser oder ggf. in anderer geeigneter Form angefeuchtet werden, um einen guten Kontakt mit der Haut sicherzustellen. Flüssige Prüfsubstanzen werden im Allgemeinen unverdünnt angewendet. Die Applikation erfolgt täglich an 5 bis 7 Tagen pro Woche.

1.6.2.   Versuchsbedingungen

1.6.2.1.   Versuchstiere

Es können geschlechtsreife Ratten oder Kaninchen verwendet werden. Auch andere Tierarten können verwendet werden, jedoch muss ihre Verwendung begründet werden.

Die Schwankung des Körpergewichts der Tiere des jeweiligen Versuchs sollte bei Versuchsbeginn nicht mehr als ± 20 % vom entsprechenden Mittelwert betragen.

1.6.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Mindestens 10 Tiere (5 weibliche und 5 männliche) mit gesunder unbeschädigter Haut sind für jede Dosierung zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muss die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen. Darüber hinaus kann eine zusätzliche Gruppe (Satellitengruppe) von 10 Tieren (5 Tiere pro Geschlecht) über 28 Tage mit der höchsten Dosierung behandelt werden. Während der darauf folgenden behandlungsfreien 14 Tage wird auf Reversibilität, Fortbestehen oder verzögertes Auftreten toxischer Wirkungen geachtet. Eine Satellitengruppe von 10 Kontrolltieren (5 Tiere pro Geschlecht) wird ebenfalls verwendet.

1.6.2.3.   Dosierungen

Es sind mindestens drei Dosierungen sowie eine Kontrollgruppe oder — sofern ein Vehikel benutzt wurde — eine Vehikel-Kontrollgruppe zu wählen. Die Einwirkungszeit sollte mindestens 6 Stunden pro Tag betragen. Die Applikation der Prüfsubstanz sollte täglich zur gleichen Zeit erfolgen. Eine Anpassung der Dosierung an das Körpergewicht ist in festgesetzten Intervallen (wöchentlich oder zweimal wöchentlich) vorzunehmen, um in Relation zum Körpergewicht des Tieres ein konstantes Dosierungsniveau zu erhalten. Abgesehen von der Applikation der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppe genauso zu behandeln wie die Versuchstiere. Wird zur Erleichterung der Applikation ein Vehikel benutzt, so wird der Kontrollgruppe das Vehikel in gleicher Weise verabreicht wie den behandelten Tieren, und zwar in der Menge, die die Gruppe mit der höchsten Dosierung erhält. Die höchste Dosierung sollte so gewählt werden, dass auf jeden Fall toxische Effekte auftreten, die Tiere jedoch nicht oder nur in geringer Zahl sterben. Die niedrigste Dosierung sollte keine Anzeichen von Toxizität hervorrufen. Liegen brauchbare Schätzungen über die Höhe der Exposition beim Menschen vor, so sollte die niedrigste Dosis diesen Wert überschreiten. Nach Möglichkeit sollte die mittlere Dosierung nur geringe toxische Effekte verursachen. Werden mehrere Zwischendosierungen verabreicht, so sollten sie so gewählt werden, dass es zu einer graduellen Abstufung der toxischen Wirkungen kommt. In den Gruppen mit niedriger oder mittlerer Dosierung sowie in den Kontrollgruppen sollte die Anzahl der Todesfälle gering sein, um eine aussagekräftige Bewertung der Ergebnisse zu ermöglichen.

Führt die Applikation der Prüfsubstanz zu schweren Hautreizungen, sollte die Konzentration herabgesetzt werden, was bei hoher Dosierung zu einer Verminderung oder einem Ausbleiben sonstiger toxischer Wirkungen führen könnte. Wurde überdies die Haut stark beschädigt, ist es u. U. notwendig, den Versuch abzubrechen und mit einer geringeren Konzentration erneut durchzuführen.

1.6.2.4.   Limit-Test

Verursacht bei Durchführung einer Vorstudie die Verabreichung einer Dosis von 1 000 mg/kg bzw. einer höheren Dosis, die einer möglichen Exposition beim Menschen entspricht, keine toxischen Auswirkungen, so ist eine weitere Prüfung nicht erforderlich.

1.6.2.5.   Beobachtungszeitraum

Alle Tiere sind täglich auf Symptome toxischer Wirkungen zu beobachten. Der Eintritt des Todes und der Zeitpunkt, zu dem Symptome auftreten und/oder wieder abklingen, sind festzuhalten.

1.6.3.   Versuchsdurchführung

Die Tiere sollten einzeln in Käfigen gehalten werden. Sie erhalten die Prüfsubstanz vorzugsweise an 7 Tagen pro Woche über einen Zeitraum von 28 Tagen. Die Tiere einer Satellitengruppe, die für eine Nachbeobachtung vorgesehen sind, sollten für weitere 14 Tage ohne Behandlung gehalten werden, um die Reversibilität bzw. das Fortbestehen toxischer Wirkungen zu beobachten. Die Expositionszeit beträgt mindestens 6 Stunden pro Tag.

Die Prüfsubstanz ist einheitlich auf einen Bereich, der etwa 10 % der Körperoberfläche entspricht, aufzutragen. Bei hochtoxischen Substanzen kann die behandelte Oberfläche kleiner sein, es sollte jedoch ein möglichst großer Bereich mit einer möglichst dünnen und einheitlichen Schicht exponiert werden.

Die Prüfsubstanz ist während der Expositionszeit mit einem porösen Mullverband und einem hautschonenden Pflaster in Kontakt mit der Haut zu halten. Die Versuchsfläche ist außerdem auf eine geeignete Art abzudecken, um den Mullverband und die Prüfsubstanz zu fixieren und sicherzustellen, dass die Tiere die Prüfsubstanz nicht oral aufnehmen können. Es können auch Mittel zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit angewendet werden, eine vollständige Immobilisierung ist jedoch nicht zu empfehlen. Als Alternative kann eine „Halsmanschette“ verwendet werden.

Nach Ablauf der Expositionszeit entfernt man — soweit möglich — den Rest der Prüfsubstanz, und zwar unter Verwendung von Wasser oder eines anderen geeigneten Hautreinigungsverfahrens.

Alle Tiere sollen täglich beobachtet und Zeichen toxischer Wirkungen, darunter der Zeitpunkt des Auftretens sowie Grad und Dauer, aufgezeichnet werden. Die Beobachtungen sollten sich insbesondere auf Veränderung an Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten, Atmung, Kreislauf, autonomem und zentralem Nervensystem sowie an der Somatomotorik und am Verhaltensmuster erstrecken. Die Futteraufnahme und das Gewicht der Tiere werden wöchentlich bestimmt. Eine regelmäßige Beobachtung der Tiere ist erforderlich, um so weit wie möglich sicherzustellen, dass Tiere während des Versuchs nicht durch Kannibalismus, Autolyse der Gewebe oder Fehler beim Umsetzen verloren gehen. Nach Abschluss des Versuchszeitraums werden alle überlebenden Tiere mit Ausnahme der Satellitengruppe seziert. Sterbende Tiere sowie Tiere, bei denen Anzeichen von starkem Leiden und Schmerzen, festgestellt werden, sollten daraufhin sofort ausgesondert und unter Verwendung einer tierschutzgerechten Methode getötet und seziert werden.

Am Ende des Versuchs werden alle Tiere, einschließlich der Kontrolltiere, folgenden Untersuchungen unterzogen:

1.

Die Hämatologie sollte mindestens die Bestimmung des Hämatokritwerts und Hämoglobinkonzentrat der Erythrozytenzahl, der Gesamt- und Differenzial-Leukozytenzahl sowie die Messung der Gerinnungsfähigkeit umfassen;

2.

klinisch-biochemische Analyse des Blutes: Zur Beurteilung der Leber- und Nierenfunktion sollte zumindest je einer der folgenden Parameter bestimmt werden: Alanin-Aminotransferase (früher bekannt als Serum-Glutamat-Pyruvat-Transaminase), Aspartat-Aminotransferase (früher bekannt als Serum-Glutamat-Oxalazetat-Transaminase), Harnstoff-Stickstoff, Albumin, Kreatinin, Gesamt-Bilirubin und Gesamt-Serum-Protein.

Bestimmungen weiterer blutchemischer Parameter, die ggf. für eine adäquate toxikologische Bewertung erforderlich sind, umfassen: Kalzium, Phosphor, Chlorid, Natrium, Kalium, Nüchternglukose, Lipide, Hormone, Säuren-Basen-Gleichgewicht, Methämoglobin, Cholinesteraseaktivität.

Zusätzliche klinisch-biochemische Analysen können ggf. notwendig sein, um die Untersuchung der beobachteten Effekte zu vertiefen.

1.6.4.   Autopsie

An allen am Versuch beteiligten Tieren wird eine vollständige Autopsie vorgenommen. Zumindest die Leber, die Nieren, die Nebennieren und die Hoden werden so bald wie möglich nach der Sektion feucht gewogen, um ein Austrocknen zu verhindern. Organe und Gewebe, d. h. unbehandelte und behandelte Haut, Leber, Nieren, Milz, Hoden, Nebennieren, Herz und Zielorgane (Organe mit makroskopischen Veränderungen und Größenveränderungen) sind in einem geeigneten Medium für mögliche spätere histopathologische Untersuchungen aufzubewahren.

1.6.5.   Histopathologische Untersuchungen

Bei allen Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosierung sowie bei den Tieren der Kontrollgruppe ist eine histologische Untersuchung der konservierten Organe und Gewebe durchzuführen. Alle Organe und Gewebe, die in der Gruppe mit der höchsten Dosierung prüfsubstanzbedingte Schädigungen aufweisen, müssen auch bei allen anderen Gruppen bei geringerer Dosierung untersucht werden. Bei den Tieren der Satellitengruppe sind jene Organe und Gewebe mit besonderer Aufmerksamkeit zu untersuchen, bei denen in den anders behandelten Gruppen Vergiftungssymptome auftraten.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Dosisgruppe und Kontrollgruppe die Anzahl der Tiere zu Beginn des Versuchs und die Anzahl der Tiere mit den einzelnen Schädigungsformen zu entnehmen sein.

Alle ermittelten Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Dazu kann jede anerkannte statistische Methode herangezogen werden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Angaben zu den Tieren (Tierart, Stamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.);

Versuchsbedingungen (einschließlich Art des Verbandes; okklusiv oder nicht okklusiv);

Dosierungen (ggf. Vehikel) und Konzentrationen;

No effect-level (NEL), falls möglich;

Daten über toxische Reaktionen, nach Geschlecht und Konzentration;

Zeitpunkt des Todes während des Versuchs bzw. Angabe, ob die Tiere den Versuch überlebten;

toxische und andere Wirkungen;

Zeitpunkt der Beobachtung der einzelnen Zeichen toxischer Wirkungen und deren weiterer Verlauf;

Angaben über Fütterung und Körpergewicht;

hämatologische Tests und deren Ergebnisse;

klinisch-biochemische Tests und deren Ergebnisse;

Sektionsbefunde;

detaillierte Beschreibung der histopathologischen Befunde;

statistische Auswertung der Ergebnisse, sofern möglich;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt D).

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt E).

B.10.   MUTAGENITÄT — IN-VITRO-TEST AUF CHROMOSOMENABERRATIONEN IN SÄUGETIERZELLEN

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 473, In vitro Mammalian Chromosome Aberration Test (1997).

1.1.   EINLEITUNG

Der In-vitro-Test auf Chromosomenaberrationen dient zum Nachweis von Agenzien, die in Säugerzellkulturen strukturelle Chromsomenaberrationen auslösen. (1) (2) (3). Dabei ist zwischen strukturellen Chromosomentyp- und Chromatidentypaberrationen zu unterscheiden. Bei der Mehrzahl der chemischen Mutagene sind die Aberrationen dem Chromatidentyp zuzuordnen, doch kommen auch Chromosomentypaberrationen vor. Eine Zunahme der Polyploidie ist möglicherweise ein Hinweis darauf, dass ein chemischer Stoff numerische Aberrationen hervorzurufen vermag. Allerdings ist diese Methode nicht zur Messung numerischer Aberrationen bestimmt und wird daher auch nicht routinemäßig dafür eingesetzt. Chromsomenmutationen und ähnliche Vorgänge sind die Ursache für zahlreiche humangenetische Erkrankungen. Es spricht manches dafür, dass Chromsomenmutationen und ähnliche Vorgänge, die Änderungen in Onkogenen und Tumorsuppressorgenen somatischer Zellen auslösen, an der Entstehung von Krebs bei Menschen und Versuchstieren beteiligt sind.

Beim In-vitro-Chromosomenaberrationstest können Kulturen von etablierten Zelllinien und Zellstämmen oder primäre Zellkulturen zum Einsatz kommen. Die verwendeten Zellen werden unter dem Gesichtspunkt der Wachstumsfähigkeit in Kultur, der Karyotypstabilität, der Chromosomenzahl, der Chromosomenvielfalt und der spontanen Häufigkeit von Chromosomenaberrationen ausgewählt.

In vitro durchgeführte Versuche erfordern in der Regel den Zusatz eines exogenen Fremdstoff-Metabolisierungssystems. Mit diesem System lassen sich aber die In-vivo-Bedingungen bei Säugetieren nicht gänzlich nachvollziehen. Es sind unbedingt Bedingungen zu vermeiden, bei denen positive Ergebnisse auftreten, die nicht die intrinsische Mutagenität widerspiegeln und möglicherweise aus Veränderungen des pH-Wertes bzw. der Osmolalität oder hochgradiger Zytotoxizität herrühren (4) (5).

Dieser Test dient zum Nachweis möglicher Mutagene und Kanzerogene in Säugetierzellen. Viele chemische Verbindungen, bei denen der Test positiv ausfällt, haben eine kanzerogene Wirkung auf Säugetiere, doch besteht keine absolute Korrelation zwischen Test und Kanzerogenität. Die Korrelation ist von der chemischen Klasse abhängig, und es gibt zunehmende Anzeichen dafür, dass bestimmte Kanzerogene durch diesen Test nicht nachweisbar sind, da ihre Wirkung anscheinend auf anderen Mechanismen als einer direkten DNA-Schädigung beruht.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Chromatidentypaberration: strukturelle Chromsomenanomalie, gekennzeichnet durch Bruch einzelner Chromatiden oder Bruch und Reunion zwischen Chromatiden.

Chromosomentypaberration: strukturelle Chromosomenanomalie, gekennzeichnet durch Bruch oder Bruch und Reunion beider Chromatiden an gleicher Position.

Endoreduplikation: Prozess, bei dem der Kern nach einer S-Phase der DNA-Replikation keine Mitose durchläuft, sondern in eine weitere S-Phase eintritt. Das Ergebnis sind Chromosomen mit 4, 8, 16, ... Chromatiden.

Gap: achromatische Läsion von geringerer Breite als eine Chromatide und mit minimaler Verlagerung der Chromatide(n).

Mitoseindex: Anteil der Zellen einer Zellpopulation, die sich zum Beobachtungszeitpunkt in Metaphase befinden: Gradmesser für den Vermehrungsgrad dieser Population.

Numerische Aberration: Abweichung der Chromosomenzahl vom Normalwert, der für die verwendeten Zellen charakteristisch ist.

Polyploidie: Vorhandensein von mehr als zwei haploiden Chromosomensätzen (n) (z. B. 3n, 4n usw.).

Strukturelle Aberration: Veränderung der Chromosomenstruktur, nachweisbar durch mikroskopische Untersuchung des Metaphase-Stadiums der Zellteilung, äußert sich in Form von Deletionen und Fragmenten, intra-chromosomalen oder reziproken Translokationen.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Behandlung der Zellkulturen mit der Prüfsubstanz erfolgt mit und ohne Zusatz eines Fremdstoff-Metabolisierungssystems. Nach Ablauf eines vorher festgelegten Zeitraums werden die Zellkulturen mit einem Spindelgift (z. B. Colcemid® oder Colchicin) behandelt, gewonnen und gefärbt, woraufhin die Metaphasezellen mikroskopisch auf Chromosomenaberrationen untersucht werden.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitungen

1.4.1.1.   Zellen

Es können verschiedene Zelllinien, Zellstämme oder primäre Zellkulturen, auch menschliche Zellen, Verwendung finden (z. B. Fibroblasten des chinesischen Hamsters, Lymphozyten aus dem peripheren Blut von Menschen oder anderen Säugern).

1.4.1.2.   Kulturmedien und Inkubationsbedingungen

Zur Kultivierung sind geeignete Kulturmedien und Inkubationsbedingungen (Kulturgefäße, CO2-Konzentration, Temperatur und Feuchtigkeit) zu verwenden. Etablierte Zelllinien und -stämme sind routinemäßig auf Stabilität der modalen Chromosomenzahl und Mycoplasmaverunreinigung zu überprüfen und sollten bei Verunreinigung nicht herangezogen werden. Die normale Dauer des Zellzyklus bei den gewählten Zellen und Inkubationsbedingungen sollte bekannt sein.

1.4.1.3.   Vorbereitung der Kulturen

Etablierte Zelllinien und -stamme: die Zellen werden aus Stammkulturen gewonnen, im Kulturmedium in einer solchen Dichte überimpft, dass die Kultur vor dem Zeitpunkt der Gewinnung nicht konfluent wird, und bei 37 oC inkubiert.

Lymphozyten: mit einem Antikoagulans (z. B. Heparin) behandeltes Vollblut oder separierte Lymphozyten von gesunden Probanden werden dem Kulturmedium beigegeben, das ein Mitogen (z. B. Phytohämagglutinin) enthält, und bei 37 oC inkubiert.

1.4.1.4.   Stoffwechselaktivierung

Die Behandlung der Zellen mit der Prüfsubstanz sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines geeigneten Fremdstoff-Metabolisierungssystems erfolgen. Das am häufigsten verwendete System ist eine durch Ko-Faktoren ergänzte post-mitochondriale Fraktion (S9) aus der Leber von Nagetieren, die mit enzyminduzierenden Agenzien wie Aroclor 1254 (6) (7) (8) (9) oder einem Gemisch aus Phenobarbiton und β-Naphtoflavon (10) (11) (12) vorbehandelt wurde.

Die post-mitochondriale Fraktion wird im Endmedium in der Regel in Konzentrationen von 1 bis 10 % v/v verwendet. Der Zustand des Stoffwechselsystems ist möglicherweise von der geprüften chemischen Klasse abhängig. In bestimmten Fällen ist es ggf. zweckmäßig, mehr als eine Konzentration der post-mitochondrialen Fraktion zu verwenden.

Eine Reihe von Entwicklungen, darunter die Herstellung gentechnisch veränderter Zelllinien zur Expression spezifischer Aktivierungsenzyme, eröffnen vielleicht die Möglichkeit für eine endogene Aktivierung. Die Wahl der verwendeten Zelllinien sollte wissenschaftlich begründet sein (z. B. durch die Relevanz des Isoenzyms Cytochrom P450 für den Stoffwechsel der Prüfsubstanz).

1.4.1.5.   Prüfsubstanz/Zubereitung

Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Zellbehandlung in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfsubstanzen können den Versuchssystemen vor der Behandlung direkt beigegeben und/oder verdünnt werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

1.4.2.   Prüfbedingungen

1.4.2.1.   Lösungsmittel/Vehikel

Die Lösungsmittel/Vehikel sollten nicht im Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen, und sie sollten mit dem Überleben der Zellen und der S9-Aktivität kompatibel sein. Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Daten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen. Bei der Prüfung wasserinstabiler Substanzen sollten die verwendeten organischen Lösungsmittel frei von Wasser sein. Das Wasser lässt sich durch Zusatz eines Molekularsiebs entfernen.

1.4.2.2.   Expositionskonzentration

Zu den Kriterien, die bei der Bestimmung der höchsten Konzentration zu berücksichtigen sind, zählen die Zytotoxizität, die Löslichkeit im Versuchssystem und die Veränderungen des pH-Wertes oder der Osmolalität.

Die Zytotoxizität sollte im Hauptversuch mit und ohne Stoffwechselaktivierung unter Verwendung eines geeigneten Indikators für Zellintegrität und -wachstum wie Konfluenzgrad, Anzahl der lebensfähigen Zellen oder Mitoseindex bestimmt werden. Es ist möglicherweise sinnvoll, die Zytotoxizität und Löslichkeit in einem Vorversuch zu bestimmen.

Es sind mindestens drei analysierbare Konzentrationen zu verwenden. Wenn Zytotoxizität auftritt, sollten diese Konzentrationen den Bereich vom Höchstwert bis zu geringer oder nicht vorhandener Toxizität umfassen. Im Normalfall bedeutet dies, dass sich die Konzentrationen maximal um einen Faktor zwischen 2 und 10 unterscheiden. Zum Zeitpunkt der Gewinnung sollte die höchste Konzentration eine deutliche Verminderung des Konfluenzgrades, der Anzahl der Zellen oder des Mitoseindexes (jeweils um mehr als 50 %) erkennen lassen. Der Mitoseindex ist nur ein indirekter Gradmesser für zytotoxische/zytostatische Wirkungen und hängt davon ab, wie viel Zeit seit der Behandlung vergangen ist. Allerdings ist der Mitoseindex für Suspensionskulturen vertretbar, bei denen andere Methoden zur Toxizitätsbestimmung möglicherweise umständlich oder unpraktisch sind. Informationen über die Zellzykluskinetik, z. B. die mittlere Generationszeit (MGZ), könnten als zusätzliche Angaben herangezogen werden. Bei der MGZ handelt es sich jedoch um einen Gesamtdurchschnittswert, der nicht immer das verspätete Auftreten von Teilpopulationen erkennen lässt, und schon ein leichter Anstieg der mittleren Generationszeit kann eine erhebliche Verzögerung des Zeitpunkts der optimalen Ausbeute an Aberrationen zur Folge haben.

Bei relativ nichtzytotoxischen Substanzen sollte die Höchstkonzentration bei Versuchen 5 μl/ml, 5 mg/ml oder 0,01 M betragen, je nachdem, welcher Wert am niedrigsten ist.

Im Falle relativ unlöslicher Substanzen, die bei Konzentrationen unterhalb der unlöslichen Konzentration nicht toxisch sind, sollte die höchste verwendete Dosis eine Konzentration oberhalb der Löslichkeitsgrenze im Endmedium nach Ablauf der Behandlungszeit sein. In bestimmten Fällen (z. B. wenn die Toxizität nur bei einer Konzentration auftritt, die über der geringsten unlöslichen Konzentration liegt) ist es ratsam, die Prüfung bei mehr als einer Konzentration mit sichtbarer Ausfällung vorzunehmen. Möglicherweise ist es sinnvoll, die Löslichkeit zum Anfang und Abschluss der Behandlung zu bestimmen, da sich die Löslichkeit im Versuchssystem während der Exposition aufgrund des Vorhandenseins von Zellen, S9, Serum usw. verändern kann. Die Unlöslichkeit ist mit dem bloßen Auge erkennbar. Die Ausfällung sollte die Bewertung nicht beeinträchtigen.

1.4.2.3.   Negativ- und Positivkontrollen

Für jeden Versuch sind gleichzeitig Positiv- und Negativ-(Lösungsmittel- oder Vehikel-)Kontrollen mit und ohne Zusatz eines Stoffwechselaktivierungssystems anzulegen. Bei Stoffwechselaktivierung sollte die Positivkontrollsubstanz jene Substanz sein, die zur mutagenen Reaktion eine Aktivierung benötigt.

Zur Positivkontrolle sollte ein bekanntes Clastogen in Expositionskonzentrationen verwendet werden, die voraussichtlich eine reproduzierbare und erkennbare Zunahme gegenüber dem Hintergrund ergeben, womit sich die Empfindlichkeit des Versuchssystems demonstrieren lässt.

Die Positivkontrollkonzentrationen sollten so gewählt werden, dass die Wirkungen eindeutig sind, aber beim Ablesen nicht sofort die Identität der kodierten Objektträger erkennen lassen. Es kommen beispielsweise folgende Positivkontrollsubstanzen in Frage:

Stoffwechselaktivierungsstatus

Substanz

CAS-Nummer

EINECS-Nummer

Ohne exogene Stoffwechselaktivierung

Methylmethansulfonat

66-27-3

200-625-0

Ethylmethansulfonat

62-50-0

200-536-7

Ethylnitrosoharnstoff

759-73-9

212-072-2

Mitomycin C

50-07-7

200-008-6

4-Nitroquinolin-N-oxid

56-57-5

200-281-1

Mit exogener Stoffwechselaktivierung

Benzo[a]pyren

50-32-8

200-028-5

Cyclophosphamid

Cyclophosphamidmonohydrat

50-18-0

6055-19-2

200-015-4

Es können auch andere geeignete Positivkontrollsubstanzen verwendet werden. Gegebenenfalls sollten Positivkontrollen herangezogen werden, die der gleichen chemischen Klasse angehören wie der Prüfstoff.

Bei jedem Gewinnungszeitpunkt sind Negativkontrollen hinzuzuziehen, bei denen das Behandlungsmedium lediglich Lösungsmittel oder Vehikel enthält und die auf die gleiche Weise wie die Behandlungskulturen behandelt werden. Darüber hinaus sollten auch unbehandelte Kontrollen verwendet werden, wenn nicht historische Kontrolldaten belegen, dass das gewählte Lösungsmittel keine schädlichen oder mutagenen Wirkungen hervorruft.

1.4.3.   Verfahren

1.4.3.1.   Behandlung mit der Prüfsubstanz

Proliferierende Zellen werden mit und ohne Zusatz eines Stoffwechselaktivierungssystems mit der Prüfsubstanz behandelt. Die Behandlung der Lymphozyten sollte ca. 48 Stunden nach der mitogenen Stimulierung beginnen.

1.4.3.2.

Im Normalfall sollten für jede Konzentration zwei parallele Kulturen verwendet werden, die auch nachdrücklich für Negativ-(Lösungsmittel-)Kontrollkulturen empfohlen werden. Lässt sich anhand von historischen Daten nachweisen, dass zwischen den Zweifachkulturen nur eine minimale Abweichung besteht (13) (14), so ist ggf. die Verwendung von Einfachkulturen für jede Konzentration vertretbar.

Gasförmige oder flüchtige Substanzen sind mit Hilfe geeigneter Methoden zu prüfen, z. B. in hermetisch verschlossenen Kulturgefäßen (15) (16).

1.4.3.3.   Zeitpunkt der Gewinnung der Kulturen

Beim ersten Versuch sollten die Zellen 3 bis 6 Stunden lang mit und ohne Zusatz eines Metabolisierungssystems mit der Prüfsubstanz behandelt werden, wobei eine Aufarbeitung nach Ablauf eines Zeitraums erfolgt, der etwa der 1,5-fachen Dauer des normalen Zellzyklus nach Behandlungsbeginn entspricht (12). Ergibt dieses Protokoll sowohl mit als auch ohne Zusatz eines Metabolisierungssystems negative Ergebnisse, so sollte ein weiterer Versuch ohne Aktivierung vorgenommen werden, bei dem eine kontinuierliche Behandlung bis hin zur Probenahme nach Ablauf eines Zeitraums erfolgt, der etwa der 1,5-fachen Dauer des normalen Zellzyklus entspricht. Bestimmte Stoffe sind möglicherweise leichter nachweisbar, wenn der Zeitraum für die Behandlung/Probenahme mehr als die l,5-fache Dauer des normalen Zellzyklus beträgt. Negative Befunde bei Zusatz eines Metabolisierungssystems bedürfen der Bestätigung durch Einzelfallprüfung. In jenen Fällen, in denen eine Bestätigung negativer Befunde nicht für erforderlich gehalten wird, ist eine Begründung anzugeben.

1.4.3.4.   Chromosomenpräparation

Die Zellkulturen werden vor der Gewinnung in der Regel ein bis drei Stunden lang mit Colcemid® oder Colchicin behandelt. Für die Chromosomenpräparation wird jede Zellkultur gesondert gewonnen und aufgearbeitet. Zur Chromosomenpräparation gehören die Behandlung der Zellen mit hypotoner Lösung, die Fixierung und Färbung.

1.4.3.5.   Analyse

Alle Objektträger, auch die für die Positiv- und Negativkontrollen, sind vor der mikroskopischen Untersuchung von unabhängiger Seite zu kodieren. Da es bei der Fixierung häufig zum Bruch eines Teils der Metaphasezellen unter Verlust von Chromosomen kommt, sollten die ausgewerteten Zellen daher eine Zentromerzahl enthalten, die bei allen Zelltypen dem Modalwert ± 2 entspricht. Es sind mindestens 200 gut gespreitete Metaphasen je Konzentration und Kontrolle zu analysieren und bei Zweifachkulturen gleichmäßig auf diese zu verteilen. Eine Reduzierung dieser Zahl ist möglich, wenn eine hohe Zahl von Aberrationen beobachtet wird.

Obwohl es bei der Prüfung um den Nachweis struktureller Chromosomenaberrationen geht, ist das Auftreten von Polyploidie und Endoreduplikation unbedingt zu vermerken.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Versuchseinheit ist die Zelle, und daher ist der Anteil der Zellen mit struktureller Chromosomenaberration bzw. strukturellen Chromosomenaberrationen zu bewerten. Für die Versuchs- und Kontrollkulturen sind die unterschiedlichen Typen struktureller Chromosomenaberrationen mit Anzahl und Häufigkeit aufzuführen. Gaps werden getrennt erfasst und angegeben, aber in der Regel nicht bei der Gesamthäufigkeit der Aberrationen berücksichtigt.

Zu erfassen sind auch Maßnahmen, die in den Hauptprüfungen auf Aberrationen gleichzeitig zur Bestimmung der Zytotoxizität aller behandelten und Negativkontrollkulturen durchgeführt werden.

Es sind die Daten für die einzelnen Kulturen zu dokumentieren. Zusätzlich sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden.

Bei einer eindeutigen positiven Reaktion ist eine Verifizierung nicht erforderlich. Nicht eindeutige Ergebnisse sind durch weitere Prüfungen abzuklären, möglichst unter Abänderung der Versuchsbedingungen. Die Notwendigkeit der Bestätigung negativer Ergebnisse wurde in 1.4.3.3 dargelegt. Bei Folgeversuchen sollte die Abänderung der Studienparameter zur Erweiterung des Umfangs der bewerteten Bedingungen in Betracht gezogen werden. Zu den Studienparametern, die für eine Abänderung in Frage kommen, gehören die Abstände der Konzentrationen und die Stoffwechselaktivierungsbedingungen.

2.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Es gibt mehrere Kriterien für die Bestimmung eines positiven Ergebnisses, wie z. B. eine konzentrationsbezogene Zunahme oder reproduzierbare Zunahme der Anzahl der Zellen mit Chromosomenaberrationen. Zunächst sollte die biologische Relevanz der Ergebnisse untersucht werden. Als Hilfsmittel bei der Bewertung der Versuchsergebnisse können statistische Methoden dienen (3) (13). Die statistische Signifikanz sollte aber nicht der einzige bestimmende Faktor für eine positive Reaktion sein.

Eine zahlenmäßige Zunahme der polyploiden Zellen deutet möglicherweise darauf hin, dass die Prüfsubstanz mitotische Prozesse zu hemmen und numerische Chromosomenaberrationen hervorzurufen vermag. Eine zahlenmäßige Zunahme der Zellen mit endoreduplizierten Chromosomen ist möglicherweise ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz die Zellzyklusprogression zu hemmen vermag (17) (18).

Eine Prüfsubstanz, bei der die Ergebnisse nicht den oben genannten Kriterien entsprechen, gilt in diesem System als nichtmutagen.

Auch wenn die meisten Versuche eindeutig positive oder negative Ergebnisse liefern, erlaubt der Datensatz in seltenen Fällen keine definitive Aussage über die Aktivität der Prüfsubstanz. Es kommt vor, dass sich die Ergebnisse unabhängig davon, wie oft der Versuch wiederholt wird, weiterhin als nicht eindeutig oder als fragwürdig erweisen.

Positive Befunde beim In-vitro-Chromosomenaberrationstest deuten darauf hin, dass die Prüfsubstanz in kultivierten somatischen Säugetierzellen strukturelle Chromosomenaberrationen hervorruft. Negative Befunde sind ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz unter diesen Versuchsbedingungen keine Chromosomenaberrationen in kultivierten somatischen Säugetierzellen hervorruft.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

 

Lösungsmittel/Vehikel:

Begründung für die Wahl des Vehikels;

Löslichkeit und Stabilität der Prüfsubstanz im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt.

 

Zellen:

Typ und Herkunft der Zellen;

Karyotypmerkmale und Eignung des verwendeten Zelltyps;

ggf. Nichtvorhandensein von Mycoplasma;

Angaben über die Dauer des Zellzyklus;

Geschlecht der Blutspender, Vollblut oder separierte Lymphozyten, verwendetes Mitogen;

ggf. Passagenanzahl;

ggf. zum Erhalt der Zellkultur verwendete Verfahren;

Modalwert der Chromosomen.

 

Prüfbedingungen:

Bezeichnung der Spindelgifte, deren Konzentration und Dauer der Zellexposition;

Begründung für die Auswahl der Konzentrationen und die Anzahl der Kulturen, darunter z. B. Angaben zur Zytotoxizität und Löslichkeitsgrenze, falls vorhanden;

Medienzusammensetzung, ggf. CO2-Konzentration;

Konzentration der Prüfsubstanz;

Volumen des Vehikels und der beigegebenen Prüfsubstanz;

Inkubationstemperatur;

Inkubationszeit;

Behandlungsdauer;

ggf. Zelldichte bei der Beimpfung;

Art und Zusammensetzung des Stoffwechselaktivierungssystems einschließlich Eignungskriterien;

Positiv- und Negativkontrollen;

Methoden zur Präparation des Objektträgers;

Kriterien für die Auswertung der Aberrationen;

Anzahl der analysierten Metaphasen;

Methoden zur Bestimmung der Toxizität;

Kriterien zur Einstufung der Studien als positiv, negativ oder nicht eindeutig.

 

Ergebnisse:

Toxizitätszeichen, z. B. Konfluenzgrad, Angaben zum Zellzyklus, Zellzahlen, Mitoseindex;

Ausfällungszeichen;

Angaben zum pH-Wert und zur Osmolalität des Behandlungsmediums, falls ermittelt;

Begriffsbestimmungen für Aberrationen, einschließlich Lücken;

Anzahl der Zellen mit Chromosomenaberrationen mit getrennter Angabe des Chromosomenaberrationstyps für jede behandelte Kultur und Kontrollkultur;

ggf. beobachtete Veränderungen der Ploidie;

nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;

ggf. statistische Analysen;

Daten zu gleichzeitigen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen;

Daten zu historischen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen.

 

Diskussion der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Evans, H. J. (1976), Cytological Methods for Detecting Chemical Mutagens, in: Chemical mutagens, Principles and Methods for their Detection, Vol. 4, Hollaender, A. (ed) Plenum Press, New York and London, 1-29.

(2)

Ishidate, M. Jr. and Sofuni, T. (1985), The In Vitro Chromosomal Aberration Test Using Chinese Hamster Lung (CHL) Fibroblast Cells in Culture, in: Progress in Mutation Research, Vol. 5. Ashby, J. et al., (eds) Elsevier Science Publishers, Amsterdam-New York-Oxford. 427-432.

(3)

Galloway, S. M., Armstrong, M. J., Reuben, C., Colman, S., Brown, B., Cannon, C, Bloom, A. D., Nakamura, F., Ahmed, M., Duk, S., Rimpo, J., Margolin, G. H., Resnick, M. A., Andersen, G. and Zeiger, E. (1978), Chromosome aberration and sister chromatic exchanges in Chinese hamster ovary cells: Evaluation of 108 chemicals, Environs. Molec. Mutagen 10 (suppl. 10), 1-175.

(4)

Scott, D., Galloway, S. M., Marshall, R. R., Ishidate, M. Jr., Brusick, D., Ashby, J. and Myhr, B. C. (1991), Genotoxicity under Extreme Culture Conditions. A report from ICPEMC Task Group 9. Mutation Res.. 257, 147-204.

(5)

Morita, T., Nagaki, T., Fukuda, I. and Okumura, K. (1992), Clastogenicity of low pH to Various Cultured Mammalian Cells, Mutation Res., 268, 297-305.

(6)

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(7)

Maron, D. M. and Ames, B. N. (1983), Revised Methods for the Salmonella Mutagenicity Test, Mutation Res., 113, 173-215.

(1) (8)

Natarajan, A. T., Tates, A. D., van Buul, P. P. W., Meijers, M. and de Vogel, N. (1976), Cytogenetic Effects of Mutagen/Carcinogens after Activation in a Microsomal System In Vitro, J. Induction of Chromosome Aberrations and Sister Chromatid Exchange by Diethylnitrosamine (DEN) and Dimethylnitrosamine (DMN) in CHO Cells in the Presence of Rat-Liver Microsomes, Mutation Res., 37, 83-90.

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Galloway, S. M., Aardema, M. J., Ishidate, M. Jr., Iven, J. L, Kirkland, D. J., Morita, T., Mosesso, P., Sofuni, T. (1994), Report from Working Group on in In Vitro Tests for Chromosomal Aberrations, Mutation Res., 312, 241-261.

(13)

Richardson, C., Williams, D. A., Allen, J. A., Amphlett, G., Chanter, D. O. and Phillips, B. (1989), Analysis of Data from In Vitro Cytogenetic Assays, in: Statistical Evaluation of Mutagenicity Test Data, Kirkland, D. J., (ed) Cambridge University Press, Cambridge, 141-154.

(14)

Soper, K. A. and Galloway, S. M. (1994), Replicate Flasks are not Necessary for In Vitro Chromosome Aberration Assays in CHO Cells, Mutation Res, 312, 139-149.

(15)

Krahn, D. F., Barsky, F. C. and McCooey, K. T. (1982), CHO/HGPRT Mutation Assay: Evaluation of Gases and Volatile Liquids, in: Tice, R. R., Costa, D. L, Schaich, K. M. (eds), Genotoxic Effects of Airborne Agents, New York, Plenum, 91-103.

(16)

Zamora, P. O., Benson, J. M., Li, A. P. and Brooks, A. L. (1983), Evaluation of an Exposure System Using Cells Grown on Collagen Gels for Detecting Highly Volatile Mutagens in the CHO/HGPRT Mutation Assay, Environmental Mutagenesis, 5, 795-801.

(17)

Locke-Huhle, C. (198 3), Endoreduplication in Chinese hamster cells during alpha-radiation induced G2 arrest, Mutation Res., 119, 403-413.

(18)

Huang, Y., Change, C. and Trosko, J. E. (198 3), Aphidicolin-induced endoreduplication in Chinese hamster cells, Cancer Res., 43, 1362-1364.

B.11.   MUTAGENITÄT — IN-VIVO-TEST AUF CHROMOSOMENABERRATIONEN IN SÄUGETIERKNOCHENMARKZELLEN

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 475, Mammalian Bone Marrow Chromosome Aberration Test (1997).

1.1.   EINLEITUNG

Der In-vivo-Test auf Chromosomenaberrationen in Säugetierzellen dient zum Nachweis von strukturellen Chromosomenaberrationen, die von der Prüfsubstanz im Knochenmark von Säugetieren, in der Regel Nagetieren, ausgelöst werden (1) (2) (3) (4). Dabei ist zwischen strukturellen Chromosomen- und Chromatidentypaberrationen zu unterscheiden. Eine Zunahme der Polyploidie ist möglicherweise ein Hinweis darauf, dass ein chemischer Stoff numerische Aberrationen hervorzurufen vermag. Bei der Mehrzahl der chemischen Mutagene sind die Aberrationen dem Chromatidentyp zuzuordnen, doch kommen auch Chromosomentypaberrationen vor. Chromosomenmutationen und ähnliche Vorgänge sind die Ursache für zahlreiche humangenetische Erkrankungen. Es spricht manches dafür, dass Chromosomenmutationen und ähnliche Vorgänge, die Änderungen in Onkogenen und Tumorsuppressorgenen auslösen, an der Entstehung von Krebs bei Menschen und in Versuchssystemen beteiligt sind.

Bei dieser Prüfung werden routinemäßig Nagetiere eingesetzt. Zielgewebe ist dabei das Knochenmark, da es sich dabei um ein gefäßreiches Gewebe mit einer Population rasch proliferierender Zellen handelt, die sich leicht isolieren und aufarbeiten lassen. Andere Versuchstiere und Zielgewebe sind nicht Gegenstand dieser Methode.

Dieser Chromosomenaberrationstest ist insbesondere für die Bewertung der mutagenen Eigenschaften von Relevanz, da er die Berücksichtigung von Faktoren des In-vivo-Stoffwechsels, der Pharmakokinetik und der DNA-Reparaturprozesse ermöglicht, auch wenn diese bei den einzelnen Spezies und Geweben unterschiedlich sind. Ein In-vivo-Test ist auch für die weitere Untersuchung einer bei In-vitro-Prüfungen festgestellten mutagenen Wirkung von Nutzen.

Wenn Anzeichen dafür bestehen, dass die Prüfsubstanz oder ein reaktiver Metabolit das Zielgewebe nicht erreicht, ist dieser Test nicht geeignet.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Chromatidentypaberration: strukturelle Chromosomenanomalie, gekennzeichnet durch Bruch einzelner Chromatiden oder Bruch und Reunion zwischen Chromatiden.

Chromosomentypaberration: strukturelle Chromosomenanomalie, gekennzeichnet durch Bruch oder Bruch und Reunion beider Chromatiden an gleicher Position.

Endoreduplikation: Prozess, bei dem der Kern nach einer S-Phase der DNA-Replikation keine Mitose durchläuft, sondern in eine weitere S-Phase eintritt. Das Ergebnis sind Chromosomen mit 4, 8, 16 ... Chromatiden.

Gap: achromatische Läsion von geringerer Breite als eine Chromatide und mit minimaler Verlagerung der Chromatide(n).

Numerische Aberration: Abweichung der Chromosomenzahl vom Normalwert, der für die verwendeten Zellen charakteristisch ist.

Polyploidie: Vorhandensein von mehr als zwei haploiden Chromosomensätzen (n) (z. B. 3n, 4n. usw.).

Strukturelle Aberration: Veränderung der Chromosomenstruktur, nachweisbar durch mikroskopische Untersuchung des Metaphase-Stadiums der Zellteilung, äußert sich in Form von Deletionen und Fragmenten, intra-chromosalen oder reziproken Translokationen.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Tiere erhalten die Prüfsubstanz mittels einer geeigneten Expositionsform verabreicht und werden zu einem geeigneten Zeitpunkt nach der Behandlung getötet. Vor der Tötung werden die Tiere mit einem Spindelgift (z. B. Colchicin oder Colcemid® behandelt. Aus den Knochenmarkzellen werden dann Chromosomen präpariert und gefärbt, und die Metaphasezellen werden auf Chromosomenaberrationen untersucht.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitungen

1.4.1.1.   Versuchstiere

Gewöhnlich werden Ratten, Mäuse und chinesische Hamster verwendet, doch kommen auch andere geeignete Säugetierarten in Frage. Es sollten gesunde und geschlechtsreife junge Tiere üblicher Labortierstämme zum Einsatz kommen. Zu Beginn des Versuchs sollte die Abweichung des Körpergewichts der Tiere vom Mittelwert so gering wie möglich sein und bei beiden Geschlechtern nicht mehr als ± 20 % betragen.

1.4.1.2.   Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Es gelten die allgemeinen Bedingungen in der allgemeinen Einleitung zu Teil B, doch ist bei der Luftfeuchtigkeit ein Wert um 50-60 % anzustreben.

1.4.1.3.   Vorbereitung der Tiere

Gesunde und geschlechtsreife junge Tiere werden randomisiert und den einzelnen Kontroll- bzw. Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Käfige sind so anzuordnen, dass sich ihre Position möglichst wenig auswirkt. Es erfolgt eine Einzelidentifizierung der Tiere. Die Tiere werden über einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen unter Laborbedingungen eingewöhnt.

1.4.1.4.   Vorbereitung der Dosierung

Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Verabreichung an die Tiere in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfsubstanzen können direkt verabreicht oder zuvor verdünnt werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, es sei denn die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

1.4.2.   Prüfbedingungen

1.4.2.1.   Lösungsmittel/Vehikel

Das Lösungsmittel/Vehikel sollte bei den gewählten Dosierungen keine toxischen Wirkungen hervorrufen und nicht im Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen. Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Daten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen.

1.4.2.2.   Kontrollen

Für jeden Versuch und jedes Geschlecht sind gleichzeitig Positiv- und Negativ-(Lösungsmittel/Vehikel)-Kontrollen anzulegen. Bis auf die Verabreichung der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppen ebenso zu behandeln wie die Tiere der behandelten Gruppen.

Die Positivkontrollen sollten in vivo strukturelle Aberrationen bei Expositionskonzentrationen hervorrufen, die voraussichtlich eine erkennbare Zunahme gegenüber dem Hintergrund ergeben. Die Positivkontrollkonzentrationen sollten so gewählt werden, dass die Wirkungen eindeutig sind, aber beim Auswerten nicht sofort die Identität der kodierten Objektträger erkennen lassen. Es ist vertretbar, dass die Positivkontrolle auf anderem Wege als die Prüfsubstanz verabreicht wird und nur eine Probenahme erfolgt. Ggf. könnte eine zusätzliche Positivkontrolle herangezogen werden, die der gleichen chemischen Klasse angehört wie die zu prüfende Substanz. Es kommen beispielsweise folgende Positivkontrollsubstanzen in Frage:

Substanz

CAS-Nummer

EINECS-Nummer

Ethylmethansulfonat

62-50-0

200-536-7

Ethylnitrosoharnstoff

759-73-9

212-072-2

Mitomycin C

50-07-7

200-008-6

Cyclophosphamid

Cyclophosphamidmonohydrat

50-18-0

6055-19-2

200-015-4

Triethylenmelamin

51-18-3

200-083-5

Zu jedem Zeitpunkt der Probenahme sind Tiere der Negativkontrolle einzubeziehen, die nur ein Lösungsmittel erhalten und ansonsten ebenso wie die Behandlungsgruppen behandelt werden, soweit nicht aus historischen Kontrolldaten akzeptable Werte zur Variabilität der Tiere und Häufigkeit der Zellen mit Chromosomenaberrationen vorliegen. Erfolgt bei den Negativkontrollen nur eine einzige Probenahme, so ist dafür die erste Probenahme der günstigste Zeitpunkt. Darüber hinaus sollten auch unbehandelte Kontrolltiere verwendet werden, soweit nicht historische oder veröffentlichte Kontrolldaten belegen, dass das gewählte Lösungsmittel/Vehikel keine schädlichen oder mutagenen Wirkungen hervorruft.

1.5.   VERFAHREN

1.5.1.   Anzahl und Geschlecht der Tiere

Jede Behandlungs- und Kontrollgruppe muss pro Geschlecht mindestens 5 analysierbare Tiere umfassen. Wenn zum Zeitpunkt der Studie Daten aus Untersuchungen zur gleichen Spezies und Expositionsform vorliegen, die belegen, dass zwischen den Geschlechtern kein nennenswerter Unterschied der Toxizität feststellbar ist, reicht die Prüfung von Tieren nur eines Geschlechts aus. Sollte es sich beim Menschen um eine geschlechtsspezifische Exposition handeln, z. B. bei bestimmten pharmazeutischen Wirkstoffen, ist der Versuch an Tieren des betreffenden Geschlechts durchzuführen.

1.5.2.   Behandlungsplan

Die Prüfsubstanzen sind möglichst auf einmal zu verabreichen. Die Gabe kann aber auch in Form von zwei Teilmengen erfolgen, die am gleichen Tag im Abstand von wenigen Stunden verabreicht werden, wenn es sich um ein großes Materialvolumen handelt. Andere Verabreichungsschemata sollten wissenschaftlich begründet sein.

Wenn die Testsubstanz an einem Tag verabreicht wird, sollte zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten aufgearbeitet werden. Bei Nagern erfolgt die erste Probenahme im Anschluss an die Behandlung nach Ablauf eines Zeitraums, der der l,5-fachen Dauer des normalen Zellzyklus (der in der Regel 12 bis 18 Std. dauert) entspricht. Da die für die Aufnahme und Metabolisierung der Prüfsubstanz sowie für die Wirkung auf die Zellzykluskinetik benötigte Zeit den optimalen Zeitpunkt für die Feststellung von Chromosomenaberrationen beeinflussen kann, wird empfohlen, 24 Stunden nach der ersten Aufarbeitung eine weitere Aufarbeitung vorzunehmen. Werden Verabreichungsschemata gewählt, die über einen Tag hinausgehen, sollte die Probenahme im Anschluss an die letzte Behandlung nach Ablauf eines Zeitraums erfolgen, der der l,5-fachen Dauer des normalen Zellzyklus entspricht.

Vor der Tötung wird den Tieren intraperitoneal eine geeignete Dosis eines Spindelgifts (z. B. Colcemid® oder Colchicin) verabreicht. Die Tiere werden dann zu einem geeigneten Zeitpunkt aufgearbeitet. Bei Mäusen beträgt der Zeitabstand ca. 3 bis 5 Stunden, beim chinesischen Hamster ca. 4 bis 5 Stunden. Aus dem Knochenmark werden Zellen gewonnen und auf Chromosomenaberrationen untersucht.

1.5.3.   Dosierungen

Wird eine Studie zur Dosisfindung durchgeführt, weil keine geeigneten Daten verfügbar sind, so sollte sie im gleichen Labor unter Verwendung der gleichen Spezies, des gleichen Stammes und Geschlechts und der gleichen Behandlungsform wie im Hauptversuch erfolgen (5). Liegt Toxizität vor, so sind zum ersten Zeitpunkt der Aufarbeitung drei Dosisstufen zu verwenden. Die Dosisstufen sollten den Bereich vom Höchstwert bis zu geringer oder nicht vorhandener Toxizität umfassen. Bei der späteren Aufarbeitung muss nur die Höchstdosis verwendet werden. Unter der Höchstdosis ist jene Dosis zu verstehen, die so deutliche Toxizitätszeichen hervorruft, dass höhere Dosisstufen bei gleichem Verabreichungsschema voraussichtlich zum Tode führen. Substanzen mit spezifischen biologischen Aktivitäten bei geringen nichttoxischen Dosen (wie Hormone und Mitogene) entsprechen möglicherweise nicht den Dosierungskriterien und sollten anhand einer Einzelfallprüfung bewertet werden. Die Höchstdosis kann auch als jene Dosis definiert werden, die bestimmte Anzeichen von Toxizität im Knochenmark hervorruft (z. B. eine Reduzierung des Mitoseindex um mehr als 50 %).

1.5.4.   Limit-Test

Verursacht die Prüfung bei einer Dosis von mindestens 2 000 mg/kg Körpergewicht bei Einmalgabe oder Gabe von zwei Teilmengen am gleichen Tag keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Gentoxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen verzichtet werden. Bei Studien von längerer Dauer beträgt die Limit-Dosis 2 000 mg/kg Körpergewicht/Tag bei einer Behandlungsdauer von bis zu 14 Tagen und 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag bei einer Behandlungsdauer von mehr als 14 Tagen. Die voraussichtlichen Expositionswirkungen beim Menschen können aber beim Limit-Test eine höhere Dosis angezeigt erscheinen lassen.

1.5.5.   Verabreichung

Die Prüfsubstanz wird in der Regel mittels Magen- oder Schlundsonde bzw. durch intraperitoneale Injektion verabreicht. Auch andere Expositionsformen können bei entsprechender Begründung vertretbar sein. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das jeweils durch Sonde oder Injektion verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte 2 ml/100 g Körpergewicht nicht übersteigen. Die Verwendung eines höheren Volumens ist zu begründen. Abgesehen von reizenden oder ätzenden Stoffen, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine verstärkte Wirkung hervorrufen, ist die Variabilität des Prüfvolumens dadurch auf ein Minimum zu reduzieren, dass eine Konzentration gewählt wird, die auf allen Dosisstufen ein konstantes Volumen gewährleistet.

1.5.6.   Chromosomenpräparation

Unmittelbar nach der Tötung wird das Knochenmark gewonnen, mit hypotoner Lösung behandelt und fixiert. Die Zellen werden dann auf Objektträger aufgetropft und gefärbt.

1.5.7.   Analyse

Bei allen behandelten Tieren (einschließlich der Positivkontrollen) und unbehandelten Tieren der Negativkontrollgruppe ist der Mitoseindex als Gradmesser der Zytotoxizität in mindestens 1 000 Zellen pro Tier zu bestimmen.

Bei jedem Tier sind mindestens 100 Zellen zu analysieren. Eine Reduzierung dieser Zahl ist möglich, wenn eine hohe Zahl von Aberrationen beobachtet wird. Alle Objektträger, auch die für die Positiv- und Negativkontrollen, sind vor der mikroskopischen Untersuchung von unabhängiger Seite zu kodieren. Da es bei der Fixierung häufig zum Bruch eines Teils der Metaphasezellen unter Verlust von Chromosomen kommt, sollten die ausgewerteten Zellen daher eine Zentromerzahl enthalten, die der Zahl 2n ± 2 entspricht.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Die Daten für die einzelnen Tiere sind in tabellarischer Form darzustellen. Versuchseinheit ist das Tier. Für jedes Tier sind die Anzahl der bewerteten Zellen, die Zahl der Aberrationen pro Zelle und der Anteil der Zellen mit strukturellen Chromosomenaberrationen anzugeben. Für die Versuchs- und Kontrollgruppen sind die unterschiedlichen Typen struktureller Chromsomenaberrationen mit Anzahl und Häufigkeit aufzuführen. Gaps werden getrennt erfasst und angegeben, aber in der Regel nicht bei der Gesamthäufigkeit der Aberrationen berücksichtigt. Gibt es keine Anhaltspunkte für unterschiedliche Reaktionen der Geschlechter, so können die Daten für beide Geschlechter zur statistischen Analyse zusammengefasst werden.

2.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Es gibt mehrere Kriterien für die Bestimmung eines positiven Ergebnisses, wie z. B. eine dosisbezogene Zunahme der Anzahl der Zellen mit Chromosomenaberrationen oder eine eindeutige Zunahme der Anzahl der Zellen mit Aberrationen in einer bestimmten Dosisgruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt der Probenahme. Zunächst sollte die biologische Relevanz der Ergebnisse untersucht werden. Als Hilfsmittel bei der Bewertung der Versuchsergebnisse können statistische Methoden dienen (6). Die statistische Signifikanz sollte aber nicht der einzige bestimmende Faktor für eine positive Reaktion sein. Nicht eindeutige Ergebnisse sollten durch weitere Prüfungen abgeklärt werden, möglichst unter Abänderung der Versuchsbedingungen.

Eine zahlenmäßige Zunahme der Polyploidie deutet möglicherweise darauf hin, dass die Prüfsubstanz numerische Chromosomenaberrationen hervorzurufen vermag. Eine zahlenmäßige Zunahme der Endoreduplikation ist möglicherweise ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz die Zellzyklusprogression zu hemmen vermag (7) (8).

Eine Prüfsubstanz, bei denen die Ergebnisse nicht den oben genannten Kriterien entsprechen, gilt in diesem System als nichtmutagen.

Auch wenn die meisten Versuche eindeutig positive oder negative Ergebnisse liefern, erlaubt der Datensatz in seltenen Fällen keine definitive Aussage über die Aktivität der Prüfsubstanz. Es kommt vor, dass sich die Ergebnisse unabhängig davon, wie oft der Versuch wiederholt wird, weiterhin als nicht eindeutig oder als fragwürdig erweisen.

Positive Befunde des In-vivo-Chromosomenaberrationstests deuten darauf hin, dass die Prüfsubstanz im Knochenmark der untersuchten Spezies Chromosomenaberrationen hervorruft. Negative Befunde sind ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz unter diesen Versuchsbedingungen keine Chromosomenaberrationen im Knochenmark der untersuchten Spezies hervorruft.

Zu erörtern ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Prüfsubstanz oder ihre Metaboliten in den allgemeinen Blutkreislauf bzw. in das spezifische Zielgewebe gelangen (z. B. systemische Toxizität).

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

 

Lösungsmittel/Vehikel:

Begründung für die Wahl des Vehikels;

Löslichkeit und Stabilität der Prüfsubstanz im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt.

 

Versuchstiere:

Spezies/Stamm:

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

Gewicht der einzelnen Tiere bei Prüfungsbeginn, einschließlich Bereich des Körpergewichts, Mittelwert und Standardabweichung für jede Gruppe.

 

Prüfbedingungen:

Positiv- und Negativ-(Vehikel-/Lösungsmittel-)Kontrollen;

Daten aus einer ggf. durchgeführten Dosisfindungsstudie;

Begründung der gewählten Dosisstufen;

Angaben zur Zubereitung der Prüfsubstanz;

Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;

Begründung für den Verabreichungsweg;

ggf. Methoden zur Überprüfung, ob die Prüfsubstanz in den allgemeinen Kreislauf oder in das Zielgewebe gelangt;

ggf. Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Wasser (ppm) in die entsprechende Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag);

Angaben über Futter- und Wasserqualität;

nähere Angaben zum Behandlungs- und Stichprobenentnahmeplan;

Methoden zur Bestimmung der Toxizität;

Bezeichnung des Spindelgifts, Konzentration und Behandlungsdauer;

Methoden zur Präparation des Objektträgers;

Kriterien zur Bewertung von Aberrationen;

Anzahl der analysierten Zellen pro Tier;

Kriterien zur Einstufung der Studien als positiv, negativ oder nicht eindeutig.

 

Ergebnisse:

Toxizitätszeichen;

Mitoseindex;

Typ und Anzahl der Aberrationen, für jedes Tier gesondert anzugeben;

Gesamtzahl der Aberrationen pro Gruppe mit Mittelwerten und Standardabweichungen;

Anzahl der Zellen mit Aberrationen pro Gruppe mit Mittelwerten und Standardabweichungen;

ggf. beobachtete Veränderungen der Ploidie;

nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;

ggf. statistische Analysen;

Daten zu gleichzeitigen Negativkontrollen;

Daten zu historischen Negativkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen;

Daten zu gleichzeitigen Positivkontrollen

 

Diskussion der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Adler, I. D. (1984), Cytogenetic Tests in Mammals, in: Mutagenicity Testing: a Practical Approach, S. Venitt and J. M. Parry (eds.). IRL Press, Oxford, Washington D. C, 275-306.

(2)

Preston. R. J., Dean, B. I., Galloway, S., Holden, H., McFee, A. F. and Shelby, M. (1987), Mammalian In Vivo Cytogenetic Assays: Analysis of Chromosome Aberrations in Bone Marrow Cells, Mutation Res., 189. 157-165.

(3)

Richold, M., Chandly, A., Ashby, J., Gatehouse D. G., Bootman, J., and Henderson, L. (1990), In Vivo Cytogenetic Assays, in: D. J. Kirkland, (ed.), Basic Mutagenicity Tests, UKEMS Recommended Procedures. UKEMS Sub-Committee on Guidelines for Mutagenicity Testing Report. Part I revised, Cambridge University Press, Cambridge, New Cork, Port Chester, Melbourne, Sydney, 115-141.

(4)

Tice, R. R. Hayashi, M., MacGregor, J. T., Anderson, D., Blakey, D. H., Holden, H. E., Kirch-Volders, M., Oleson Jr., F. B., Paccierotti, F., Preston R. J., Romagna F., Shimada, H., Sutou, S. and Vannier, B. (1994), Report from the Working Group on the In Vivo Mammalian Bone Marrow Chromosomal Aberration Test, Mutation Res., 312, 305-312.

(5)

Fielder, R. J., Alleen, J. A., Boobis, A. R., Botham, P. A., Doe, J., Esdaile, D. J., Gatehouse, D. G., Hodson-Walker. G., Morton, D, B., Kirkland, D. J. and Richold, M. (1992), Report of British Toxicology Society/UK, Environmental Mutagen Society Working Group: Dose setting in In Vivo Mutagenicity Assays, Mutagenesis, 7, 313-319.

(6)

Lovell, D. P. Anderson, D., Albanese, R., Amphlett, G. E., Clare, G., Ferguson, R., Richold, M., Papworth, D. G. and Savage, J. R. K. (1989), Statistical Analysis of In Vivo Cytogenetic Assays, in: UKEMS Sub-Commitee on Guidelines for Mutagenicity Testing. Report Part III. Statistical Evaluation of Mutagenicity Test Data, D. J. Kirkland, (ed.) Cambridge University Press, Cambridge, 184-232.

(7)

Locke-Huhle, C. (1983), Endoreduplication in Chinese hamster cells during alpha-radiation-induced G2 arrest, Mutation Res. 119, 403-413.

(8)

Huang, Y., Change, C. and Trosko, J. E. (1983), Aphidicolin-induced endoreduplication in Chinese hamster cells, Cancer Res., 43, 1363-1364.

B.12.   MUTAGENITÄT — IN-VIVO-ERYTHROZYTEN-MIKROKERNTEST BEI SÄUGERN

1.   METHODE

Die Methode entspricht der OECD TG 474, Mammalian Erythrocyte Micronucleus Test (1997).

1.1.   EINLEITUNG

Der In-vivo-Mikrokerntest bei Säugern dient zum Nachweis einer von der Prüfsubstanz in den Chromosomen oder im mitotischen Apparat von Erythroblasten hervorgerufenen Schädigung durch Analyse der Erythrozyten aus dem Knochenmark und/oder dem peripheren Blut von Tieren, in der Regel Nagern.

Zweck des Mikrokerntests ist der Nachweis von Substanzen, die zytogenetische Schäden hervorrufen, durch die es zur Bildung von Mikrokernen mit zurückgebliebenen Chromosomenfragmenten oder ganzen Chromosomen kommt.

Wenn sich ein Knochenmarkerythroblast zu einem polychromatischen Erythrozyten entwickelt, wird der Hauptkern ausgestoßen. Dabei kann aber ein möglicherweise entstandener Mikrokern im ansonsten entkernten Zytoplasma verbleiben. Die Sichtbarmachung der Mikrokerne wird in diesen Zellen dadurch erleichtert, dass sie keinen Hauptkern aufweisen. Eine Zunahme der Häufigkeit von polychromatischen mikrokernhaltigen Erythrozyten in behandelten Tieren deutet auf die Verursachung einer Chromosomenschädigung hin.

Routinemäßig wird bei diesem Test das Knochenmark von Nagern verwendet, da in diesem Gewebe polychromatische Erythrozyten erzeugt werden. Zur Bestimmung von nicht ausgereiften (polychromatischen) mikrokernhaltigen Erythrozyten im peripheren Blut kann aber auch jede Spezies herangezogen werden, bei der erwiesenermaßen die Milz keine mikrokernhaltigen Erythrozyten abzubauen vermag oder eine ausreichende Sensibilität für den Nachweis von Agenzien, die strukturelle oder numerische Chromosomenaberrationen verursachen, gegeben ist. Mikrokerne lassen sich mit Hilfe einer Reihe von Kriterien differenzieren. Dazu zählen die Feststellung des Vorhandenseins oder Fehlens einer Kinetochor- bzw. Zentromer-DNA in den Mikrokernen. Hauptendpunkt ist die Häufigkeit der nicht ausgereiften (polychromatischen) mikrokernhaltigen Erythrozyten. Werden die Tiere kontinuierlich über einen Zeitraum von 4 Wochen oder länger behandelt, kommt aber auch der Anteil der Mikrokerne enthaltenden ausgereiften (normochromatischen) Erythrozyten an einer bestimmten Zahl ausgereifter Erythrozyten im peripheren Blut als Endpunkt des Tests in Betracht.

Der In-vivo-Mikrokerntest bei Säugetieren ist für die Bewertung des mutagenen Risikos von besonderer Bedeutung, da er die Berücksichtigung von Faktoren des In-vivo-Stoffwechsels, der Pharmakokinetik und der DNA-Reparaturprozesse ermöglicht, auch wenn diese bei den einzelnen Spezies, Gewebearten und genetischen Endpunkten unterschiedlich sind. Ein In-vivo-Versuch ist auch für weitere Untersuchungen der mittels In-vitro-System festgestellten mutagenen Wirkungen von Nutzen.

Gibt es Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz oder ein reaktiver Metabolit das Zielgewebe nicht erreicht, ist dieser Test nicht geeignet.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Zentromer (Kinetochor): Region(en) eines Chromosoms, an die während der Zellteilung die Spindelfasern anhaften, wodurch die ordnungsgemäße Beförderung der Tochterchromosomen zu den Polen der Tochterzellen ermöglicht wird.

Mikrokerne: kleine Kerne zusätzlich zu den Hauptkernen der Zellen und von diesen getrennt, die während der Telophase der Mitose (Meiose) durch zurückgebliebene Chromosomenteile oder ganze Chromosomen gebildet werden.

Normochromatischer Erythrozyt: reifer Erythrozyt, der keine Ribosomen aufweist und sich von unreifen polychromatischen Erythrozyten mit Hilfe ribosomenselektiver Farbstoffe unterscheiden lässt.

Polychromatischer Erythrozyt: unreifer Erythrozyt, der sich in seiner Zwischenstufe der Entwicklung befindet und noch Ribosomen enthält, so dass er sich mit Hilfe ribosomenselektiver Farbstoffe von reifen normochromatischen Erythrozyten unterscheiden lässt.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfsubstanz wird den Tieren über einen geeigneten Applikationsweg verabreicht. Bei Verwendung von Knochenmark werden sie zu einem geeigneten Zeitpunkt nach der Behandlung getötet. Das Knochenmark wird entnommen, präpariert und gefärbt (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7). Findet peripheres Blut Verwendung, so wird es zu geeigneten Zeitpunkten nach der Behandlung entnommen, und es werden Ausstrichpräparate hergestellt und gefärbt (4) (8) (9) (10). Bei Versuchen mit peripherem Blut sollte zwischen der letzten Exposition und der Zellgewinnung möglichst wenig Zeit vergehen. Die Präparate werden auf das Vorhandensein von Mikrokernen untersucht.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitungen

1.4.1.1.   Versuchstiere

Bei Verwendung von Knochenmark ist der Einsatz von Mäusen oder Ratten zu empfehlen, doch kommt jede geeignete Säugerspezies in Betracht. Wird peripheres Blut verwendet, so empfiehlt sich der Einsatz von Mäusen. Es kommt aber auch jede andere geeignete Säugerspezies in Frage, wenn es sich um eine Spezies handelt, bei der erwiesenermaßen die Milz keine mikrokernhaltigen Erythrozyten abbaut oder eine ausreichende Empfindlichkeit für den Nachweis von Agenzien, die strukturelle oder numerische Chromosomenaberrationen verursachen, gegeben ist. Es sollten junge gesunde Tiere üblicher Labortierstämme zum Einsatz kommen. Zu Beginn des Versuchs sollte die Abweichung des Körpergewichts der Tiere vom Mittelwert möglichst gering sein und bei beiden Geschlechtern nicht mehr als ± 20 % betragen.

1.4.1.2.   Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Es gelten die allgemeinen Bedingungen in der allgemeinen Einleitung zu Teil B, doch ist bei der Luftfeuchtigkeit ein Wert von 50-60 % anzustreben.

1.4.1.3.   Vorbereitung der Tiere

Gesunde und geschlechtsreife junge Tiere werden randomisiert und den einzelnen Kontroll- bzw. Behandlungsgruppen zugeteilt. Es erfolgt eine Einzelidentifizierung der Tiere. Die Tiere werden über einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen unter Laborbedingungen eingewöhnt. Die Käfige sind so anzuordnen, dass sich ihre Position möglichst wenig auswirkt.

1.4.1.4.   Vorbereitung der Dosierung

Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Verabreichung an die Tiere in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfsubstanzen können direkt verabreicht oder zuvor verdünnt werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

1.4.2.   Prüfbedingungen

1.4.2.1.   Lösungsmittel/Vehikel

Das Lösungsmittel/Vehikel sollte bei den gewählten Dosierungen keine toxischen Wirkungen hervorrufen und nicht in Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen. Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Referenzdaten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen.

1.4.2.2.   Kontrollen

Bei jedem Versuch sind gleichzeitig Positiv- und Negativkontrollen für jedes Geschlecht anzulegen. Bis auf die Verabreichung der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppen ebenso zu behandeln wie die Tiere der Behandlungsgruppen.

Die Positivkontrollen sollten in vivo Mikrokerne bei Expositionskonzentrationen hervorrufen, die voraussichtlich eine erkennbare Zunahme gegenüber dem Hintergrund ergeben. Die Positivkontrollkonzentrationen sollten so gewählt werden, dass die Wirkungen eindeutig sind, aber beim Auswerten nicht sofort die Identität der kodierten Objektträger erkennen lassen. Es ist vertretbar, dass die Positivkontrolle auf anderem Wege als die Prüfsubstanz verabreicht wird und nur eine Aufarbeitung erfolgt. Gegebenenfalls könnte eine zusätzliche Positivkontrolle herangezogen werden, die der gleichen chemischen Klasse angehört wie die zu prüfende Substanz. Es kommen beispielsweise folgende Positivkontrollsubstanzen in Frage:

Substanz

CAS-Nummer

EINECS-Nummer

Ethylmethansulfonat

62-50-0

200-536-7

N-ethyl-N-nitrosoharnstoff

759-73-9

212-072-2

Mitomycin C

50-07-7

200-008-6

Cyclophosphamid

Cyclophosphamidmonohydrat

50-18-0

6055-19-2

200-015-4

Triethylenmelamin

51-18-3

200-083-5

Zu jedem Zeitpunkt der Probenahme sind Tiere der Negativkontrolle einzubeziehen, die nur ein Lösungsmittel oder Vehikel erhalten und ansonsten ebenso wie die Behandlungsgruppen behandelt werden, soweit nicht aus historischen Kontrolldaten akzeptable Werte zur Variabilität der Tiere und Häufigkeit der Zellen mit Mikrokernen vorliegen. Erfolgt bei den Negativkontrollen nur eine einzige Aufarbeitung, so ist dafür die erste Aufarbeitung der günstigste Zeitpunkt. Darüber hinaus sollten auch unbehandelte Kontrolltiere verwendet werden, soweit nicht historische oder veröffentlichte Kontrolldaten belegen, dass das gewählte Lösungsmittel/Vehikel keine schädlichen oder mutagenen Wirkungen hervorruft.

Bei Verwendung von peripherem Blut ist als gleichzeitige Negativkontrolle möglicherweise auch eine vor der Behandlung entnommene Probe vertretbar, jedoch nur bei Kurzzeitstudien an peripherem Blut (z. B. 1 bis 3 Gaben) und unter der Voraussetzung, dass sich die gewonnenen Daten in dem Bereich bewegen, den die historische Kontrolle erwarten lässt.

1.5.   VERFAHREN

1.5.1.   Anzahl und Geschlecht der Tiere

Jede Behandlungs- und Kontrollgruppe muss pro Geschlecht mindestens 5 analysierbare Tiere umfassen (11). Wenn zum Zeitpunkt der Studie Daten aus Untersuchungen zur gleichen Spezies und Expositionsform vorliegen, die belegen, dass zwischen den Geschlechtern kein nennenswerter Unterschied der Toxizität feststellbar ist, reicht die Prüfung von Tieren nur eines Geschlechts aus. Sollte es sich beim Menschen um eine geschlechtsspezifische Exposition handeln, z. B. bei bestimmten pharmazeutischen Wirkstoffen, ist der Versuch an Tieren des betreffenden Geschlechts durchzuführen.

1.5.2.   Behandlungsplan

Es lässt sich kein Standard-Behandlungsplan (d. h. 1, 2 oder mehr Gaben im Abstand von 24 Stunden) empfehlen. Die bei längerer Verabreichung entnommenen Stichproben sind akzeptabel, solange für diese Studie ein positives Ergebnis nachgewiesen wurde bzw. solange bei einer negativen Studie Toxizität nachgewiesen oder die Limit-Testdosis verwendet wurde und die Verabreichung bis zum Zeitpunkt der Probenahme erfolgt Die Gabe kann aber auch in Form von zwei Teilmengen erfolgen, die am gleichen Tag im Abstand von wenigen Stunden verabreicht werden, wenn es sich um ein großes Materialvolumen handelt.

Die Prüfung kann auf zweierlei Weise durchgeführt werden:

a)

Die Tiere erhalten die Prüfsubstanz einmal. Knochenmark wird mindestens zweimal aufgearbeitet, wobei die erste Aufarbeitung frühestens 24 Stunden nach Applikation und die letzte spätestens 48 Stunden nach Applikation erfolgen muss. Zwischen den Aufarbeitungsweiten müssen angemessene Abstände sein. Wird eine Probe bereits früher als 24 Stunden nach der Behandlung entnommen, so ist dies zu begründen. Bei Verwendung peripheren Bluts werden mindestens zweimal Proben entnommen, wobei die erste Probenahme frühestens 36 Stunden nach der Behandlung und die letzte spätestens 72 Stunden nach der Behandlung zu erfolgen hat und nach der ersten Probenahme entsprechende Abstände einzuhalten sind. Wird bei einer Probenahme eine positive Reaktion verzeichnet, so ist die Entnahme weiterer Proben nicht erforderlich.

b)

Bei zwei oder mehr Gaben pro Tag (d. h. zwei oder mehr Gaben im Abstand von 24 Stunden) sind die Proben bei der Verwendung von Knochenmark einmal zwischen 18 und 24 Stunden nach der letzten Gabe und bei Verwendung von peripherem Blut einmal zwischen 36 und 48 Stunden nach der letzten Gabe zu entnehmen (12).

Bei Bedarf können zu anderen Zeitpunkten weitere Probenahmen erfolgen.

1.5.3.   Dosierungen

Wird eine Studie zur Dosisfindung durchgeführt, weil keine geeigneten Daten verfügbar sind, so sollte sie im gleichen Labor unter Verwendung der gleichen Spezies, des gleichen Stammes und Geschlechts und der gleichen Behandlungsform wie im Hauptversuch erfolgen (13). Liegt Toxizität vor, so sind zum ersten Zeitpunkt der Probenahme drei Dosisstufen zu verwenden. Die Dosisstufen sollten den Bereich vom Höchstwert bis zu geringer oder nicht vorhandener Toxizität umfassen. Bei der späteren Probenahme muss nur die Höchstdosis verwendet werden. Unter der Höchstdosis ist jene Dosis zu verstehen, die so deutliche Toxizitätszeichen hervorruft, dass höhere Dosisstufen bei gleichem Verabreichungsschema voraussichtlich zum Tode führen. Substanzen mit spezifischen biologischen Aktivitäten bei geringen nichttoxischen Dosen (wie Hormone und Mitogene) entsprechen möglicherweise nicht den Dosierungskriterien und sollten anhand einer Einzelfallprüfung bewertet werden. Die Höchstdosis kann auch als jene Dosis definiert werden, die bestimmte Anzeichen von Toxizität im Knochenmark hervorruft (z. B. eine Reduzierung des Anteils unreifer Erythrozyten an der Gesamtzahl der Erythrozyten im Knochenmark oder peripheren Blut).

1.5.4.   Limit-Test

Verursacht die Prüfung einer Dosis von mindestens 2 000 mg/kg Körpergewicht bei Einmalgabe oder Gabe von zwei Teilmengen am gleichen Tag keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist eine Gentoxizität angesichts von Daten für strukturverwandte Substanzen nicht zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen verzichtet werden. Bei Studien von längerer Dauer beträgt die Limit-Dosis 2 000 mg/kg Körpergewicht/Tag bei einer Behandlungsdauer von bis zu 14 Tagen und 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag bei einer Behandlungsdauer von mehr als 14 Tagen. Die voraussichtlichen Expositionswirkungen beim Menschen können aber beim Limit-Test eine höhere Dosis angezeigt erscheinen lassen.

1.5.5.   Verabreichung

Die Prüfsubstanz wird in der Regel mittels Magen- oder Schlundsonde bzw. durch intraperitoneale Injektion verabreicht. Auch andere Expositionsformen können bei entsprechender Begründung vertretbar sein. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das jeweils durch Sonde oder Injektion verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte 2 ml/100 g Körpergewicht nicht übersteigen. Die Verwendung eines höheren Volumens ist zu begründen. Abgesehen von reizenden oder ätzenden Stoffen, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine verstärkte Wirkung hervorrufen, ist die Variabilität des Prüfvolumens dadurch auf ein Minimum zu reduzieren, dass eine Konzentration gewählt wird, die auf allen Dosisstufen ein konstantes Volumen gewährleistet.

1.5.6.   Knochenmark/Blutpräparation

Die Knochenmarkzellen werden in der Regel unmittelbar nach der Tötung aus den Oberschenkel- oder Schienbeinknochen gewonnen. Dabei werden die Zellen gewöhnlich aus den Oberschenkel- oder Schienbeinknochen entnommen und unter Verwendung erprobter Methoden präpariert und gefärbt. Das periphere Blut wird aus der Schwanzvene oder einem anderen geeigneten Blutgefäß entnommen. Die Blutzellen werden sofort supravital gefärbt (8) (9) (10), oder es werden Ausstrichpräparate hergestellt und dann gefärbt. Durch Verwendung eines DNA-spezifischen Farbstoffs (z. B. Acridin Orange (14) oder Hoechst 33258 plus pyronin-Y (15)) lassen sich bestimmte Artefakte vermeiden, die bei Verwendung eines nicht DNA-spezifischen Farbstoffs auftreten. Trotz dieses Vorteils ist aber die Verwendung herkömmlicher Farbstoffe (z. B. Giemsa) nicht ausgeschlossen. Zusätzliche Systeme (z. B. Cellulosesäulen zur Entfernung kernhaltiger Zellen (16)) können ebenfalls verwendet werden, falls sich diese Systeme nachweislich bei der Mikrokernpräparation im Labor bewährt haben.

1.5.7.   Analyse

Der Anteil unreifer Erythrozyten an der Gesamtzahl (unreife + reife Erythrozyten) wird für jedes Tier bestimmt, indem bei Verwendung von Knochenmark mindestens 200 Erythrozyten und bei Verwendung von peripherem Blut mindestens 1 000 Erythrozyten gezählt werden (17). Alle Objektträger, auch die für Positiv und Negativkontrollen, sind vor der mikroskopischen Analyse von unabhängiger Seite zu kodieren. Je Tier werden mindestens 2 000 unreife Erythrozyten auf das Vorhandensein von unreifen mikrokernhaltigen Erythrozyten untersucht. Zusätzlichen Aufschluss kann die Untersuchung reifer Erythrozyten auf Mikrokerne geben. Bei der Analyse der Objektträger sollte der Anteil der unreifen Erythrozyten nicht weniger als 20 % des Kontrollwerts betragen. Werden die Tiere kontinuierlich über einen Zeitraum von 4 Wochen oder länger behandelt, können auch mindestens 2 000 reife Erythrozyten pro Tier auf das Vorhandensein von Mikrokernen untersucht werden. Automatisierte Analysesysteme (Bildanalyse und Zellsuspensions-Durchflusszytometrie) stellen bei entsprechender Begründung und Validierung vertretbare Alternativen zur manuellen Auswertung dar.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Die Daten für die einzelnen Tiere sind in tabellarischer Form darzustellen. Versuchseinheit ist das Tier. Für jedes Tier gesondert sind die Anzahl der bewerteten unreifen Erythrozyten, die Anzahl der unreifen mikrokernhaltigen Erythrozyten und der Anteil der unreifen Erythrozyten an der Gesamterythrozytenzahl anzugeben. Werden die Tiere kontinuierlich über einen Zeitraum von 4 Wochen oder länger behandelt, sollten auch die Daten über die reifen Erythrozyten angegeben werden, wenn sie erfasst wurden. Für jedes Tier wird der Anteil der unreifen Erythrozyten an der Gesamterythrozytenzahl und ggf. der Anteil der mikrokernhaltigen Erythrozyten angegeben. Gibt es keine Anhaltspunkte für unterschiedliche Reaktionen der Geschlechter, so können die Daten für beide Geschlechter zur statistischen Analyse zusammengefasst werden.

2.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Es gibt mehrere Kriterien für die Bestimmung eines positiven Ergebnisses, wie z. B. eine dosisbezogene Zunahme der Anzahl von Mikrokernzellen oder eine deutliche Zunahme der Anzahl von Mikrokernzellen in einer bestimmten Dosisgruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt der Probenahme. Zunächst sollte die biologische Relevanz der Ergebnisse untersucht werden. Als Hilfsmittel bei der Bewertung der Versuchsergebnisse können statistische Methoden dienen (18) (19). Die statistische Signifikanz sollte aber nicht der einzige bestimmende Faktor für eine positive Reaktion sein. Nicht eindeutige Ergebnisse sollten durch weitere Prüfungen abgeklärt werden, möglichst unter Abänderung der Versuchsbedingungen.

Eine Prüfsubstanz, bei der die Ergebnisse nicht den oben genannten Kriterien entsprechen, gilt bei diesem Test als nichtmutagen.

Auch wenn die meisten Versuche eindeutig positive oder negative Ergebnisse liefern, erlaubt der Datensatz in seltenen Fällen keine definitive Aussage über die Aktivität der Prüfsubstanz. Es kommt vor, dass sich die Ergebnisse unabhängig davon, wie oft der Versuch wiederholt wird, weiterhin als nicht eindeutig oder als fragwürdig erweisen.

Positive Ergebnisse des Mikrokerntests deuten darauf hin, dass die Prüfsubstanz Mikrokerne verursacht, die infolge einer Chromosomenschädigung oder einer Schädigung des mitotischen Apparats in den Erythroblasten der geprüften Spezies entstehen. Negative Befunde sind ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz unter diesen Versuchsbedingungen in den unreifen Erythrozyten der geprüften Spezies keine Mikrokerne verursacht.

Zu erörtern ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Prüfsubstanz oder ihre Metaboliten in den allgemeinen Blutkreislauf oder in das spezifische Zielgewebe gelangen (z. B. systemische Toxizität).

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

 

Lösungsmittel/Vehikel:

Begründung für die Wahl des Vehikels;

Löslichkeit und Stabilität der Prüfsubstanz im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt;

 

Versuchstiere:

Spezies/Stamm;

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

Gewicht der einzelnen Tiere bei Prüfungsbeginn, einschließlich Bereich des Körpergewichts, Mittelwert und Standardabweichung für jede Gruppe;

 

Prüfbedingungen:

Positiv- und Negativ-(Vehikel-/Lösungsmittel-)Kontrollen;

Daten aus einer ggf. durchgeführten Dosisfindungsstudie;

Begründung der gewählten Dosisstufen;

Angaben zur Zubereitung der Prüfsubstanz;

Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz:

Begründung für den Verabreichungsweg;

ggf. Methoden zur Überprüfung, ob die Prüfsubstanz in den allgemeinen Kreislauf oder in das Zielgewebe gelangt;

ggf. Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Wasser (ppm) in die entsprechende Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag);

Angaben über Futter- und Wasserqualität;

nähere Angaben zum Behandlungs- und Stichprobenentnahmeplan;

Methoden zur Präparation des Objektträgers;

Methoden zur Bestimmung der Toxizität;

Kriterien zur Bewertung unreifer mikrokernhaltiger Erythrozyten:

Zahl der analysierten Zellen pro Tier;

Kriterien zur Bewertung der Studien als positiv, negativ oder nicht eindeutig.

 

Ergebnisse:

Toxizitätszeichen;

Anteil der unreifen Erythrozyten an der Gesamtzahl der Erythrozyten;

Anzahl der unreifen mikrokernhaltigen Erythrozyten, für jedes Tier gesondert anzugeben;

Mittelwert ± Standardabweichung der unreifen mikrokernhaltigen Erythrozyten je Gruppe;

nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;

verwendete statistische Analysen und Methoden;

Daten zu gleichzeitigen und historischen Negativkontrollen;

Daten zu gleichzeitigen Positivkontrollen.

 

— Diskussion der Ergebnisse.

 

— Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Heddle, J. A. (1973), A Rapid In Vivo Test for Chromosomal Damage, Mutation Res., 18, 187-190.

(2)

Schmid, W. (1975), The Micronucleus Test, Mutation Res., 31, 9-15.

(3)

Heddle, J. A., Salamone, M. F., Hite, M., Kirkhart, B., Mavournin, K., MacGregor, J. G. and Newell, G. W. (1983), The Induction of Micronuclei as a Measure of Genotoxicity, Mutation Res. 123, 61-118.

(4)

Mavournin, K. H., Blakey, D. H., Cimino, M. C, Salamone, M. F. and Heddle, J. A. (1990), The In Vivo Micronucleus Assay in Mammalian Bone Marrow and Peripheral Blood. A report of the U.S. Environmental Protection Agency Gene-Tox Program, Mutation Res., 239, 29-80.

(5)

MacGregor, J. T., Schlegel, R., Choy, W. N., and Wehr, C. M. (1983), Micronuclei in Circulating Erythrocytes: A Rapid Screen for Chromosomal Damage During Routine Toxicity Testing in Mice, in: Developments in Science and Practice of Toxicology, ed. A. W. Hayes, R. C. Schnell and T. S. Miya, Elsevier, Amsterdam, 555-558.

(6)

MacGregor, J. T., Heddle, J. A. Hite, M., Margolin, G. H., Ramel, C., Salamone, M. F., Tice, R. R. and Wild, D. (1987), Guidelines for the Conduct of Micronucleus Assays in Mammalian Bone Marrow Erythrocytes, Mutation Res., 189, 103-112.

(7)

MacGregor, J. T., Wehr, C. M., Henika, P. R., and Shelby, M. E. (1990), The in vivo Erythrocyte Micronucleus Test: Measurement at Steady State Increases Assay Efficiency and Permits Integration with Toxicity Studies, Fund. Appl. Toxicol. 14, 513-522.

(8)

Hayashi, M., Morita, T., Kodama, Y., Sofuni, T. and Ishidate, M. Jr. (1990), The Micronucleus Assay with Mouse Peripheral Blood Reticulocytes Using Acridine Orange-Coated Slides, Mutation Res., 245, 245-249.

(9)

The Collaborative Study Group for the Micronucleus Test (1992). Micronucleus Test with Mouse Peripheral Blood Erythrocytes by Acridine Orange Supravital Staining: The Summary Report of the 5th Collaborative Study by CSGMT/JEMMS, MMS, Mutation Res., 278, 83-98.

(10)

The Collaborative Study Group for the Micronucleus Test (CSGMT/JEMMS, MMS: The Mammalian Mutagenesis Study Group of the Environmental Mutagen Society of Japan) (1995). Protocol recommended for the short-term mouse peripheral blood micronucleus test, Mutagenesis, 10, 153-159.

(11)

Hayashi, M., Tice, R. R., MacGregor, J. T., Anderson, D., Blackey, D. H., Kirsch-Volders, M., Oleson, Jr. F. B., Pacchicrotti, F., Romagna, F., Shimada, H., Sutou, S. and Vannier, B. (1994), In Vivo, Rodent Erythrocyte Micronucleus Assay, Mutation Res., 312, 293-304.

(12)

Higashikuni, N. and Sutou, S. (1995), An optimal, generalised sampling time of 30 ± 6 h after double dosing in the mouse peripheral blood micronucleus test, Mutagenesis, 10, 313-319.

(13)

Fielder, R. J., Allen, J. A., Boobis, A. R., Botham, P. A., Doe, J., Esdaile, D. J., Gatehouse, D. G., Hodson-Walker, G., Morton, D. B., Kirkland, D. J. and Rochold, M. (1992), Report of British Toxicology Society/UK Environmental Mutagen Society Working Group: Dose Setting in In Vivo Mutagenicity Assays, Mutagenesis, 7, 313-319.

(14)

Hayashi, M, Sofuni, T. and Ishidate, M. Jr. (1983), An Application of Acridine Orange Fluorescent Staining to the Micronucleus Test, Mutation Res., 120, 241-247.

(15)

MacGregor, J. T., Wehr, C M. and Langlois, R. G. (1983), A Simple Fluorescent Staining Procedure for Micronuclei and RNA in Erythrocytes Using Hoechst 33258 and Pyronin Y, Mutation Res., 120, 269-275.

(16)

Romagna, F. and Staniforth, C. D. (1989), The automated bone marrow micronucleus test. Mutation Res., 213, 91-104.

(17)

Gollapudi, B. and McFadden, L. G. (1995), Sample size for the estimation of polychromatic to normochromatic erythrocyte ratio in the bone marrow micronucleus test, Mutation Res., 347, 97-99.

(18)

Richold, M., Ashby, J., Bootman, J., Chandley, A., Gatehouse, D. G. and Henderson, L. (1990), In Vivo Cytogenetics Assay, in: D. J. Kirkland (ed.), Basic Mutagenicity tests. UKEMS Recommended Procedures. UKEMS Sub-Committee on Guidelines for Mutagenicity Testing. Report, Part I, revised, Cambridge University Press, Cambridge, New York, Port Chester, Melbourne, Sydney, 115-141.

(19)

Lovell, D. P., Anderson, D., Albanese, R., Amphlett, G. E., Clare, G., Ferguson, R., Richold, M., Papworth, D. G. and Savage, J. R. K. (1989), Statistical Analysis of in Vivo Cytogenetic Assays, in: D. J. Kirkland (ed.), Statistical Evaluation of Mutagenicity Test Data. UKEMS Sub-Committee on Guidelines for Mutagenicity Testing. Report, Part III, Cambridge University Press, Cambridge, New York, Port Chester, Melbourne, Sydney, 184-232.

B.13./14.   MUTAGENITÄT — RÜCKMUTATIONSTEST UNTER VERWENDUNG VON BAKTERIEN

1.   METHODE

Diese Methode entspricht den OECD TG 471, Bacterial Reverse Mutation Test (1997).

1.1.   EINLEITUNG

Beim Rückmutationstest an Bakterien werden Stämme von Salmonella typhimurium und Escherichia coli, die Aminosäure benötigen, zum Nachweis von Punktmutationen verwendet, die Substitution, Addition oder Deletion eines oder mehrerer DNA-Basenpaare umfassen (1) (2) (3). Der unter Verwendung von Bakterien durchgeführte Rückmutationstest beruht auf dem Nachweis von Mutationen, durch die Mutationen in den entsprechenden Stämmen rückgängig gemacht und die funktionale Kapazität der Bakterien zur Synthetisierung einer essenziellen Aminosäure wiederhergestellt wird. Die Revertanten-Bakterien lassen sich an ihrer Fähigkeit zum Wachstum ohne die vom Elternstamm benötigte Aminosäure erkennen.

Punktmutationen sind die Ursache für zahlreiche humangenetische Erkrankungen. Es spricht manches dafür, dass Punktmutationen in Onkogenen und Tumorsuppressorgenen somatischer Zellen an der Entstehung von Krebs bei Menschen und Versuchstieren beteiligt sind. Der Rückmutationstest an Bakterien ist wenig zeitaufwendig, kostengünstig und relativ leicht durchzuführen. Viele Versuchsstämme weisen mehrere Merkmale auf, die ihnen eine größere Empfindlichkeit beim Nachweis von Mutationen verleihen, darunter reaktive DNA-Sequenzen an den Reversionsorten, erhöhte Zelldurchlässigkeit gegenüber großen Molekülen und Eliminierung von DNA-Reparatursystemen oder Anstieg der fehlerhaften DNA-Reparaturprozesse. Die Spezifität der Versuchsstämme kann wertvollen Aufschluss über die Typen der von gentoxischen Agenzien ausgelösten Mutationen liefern. Für Rückmutationstests unter Verwendung von Bakterien steht ein sehr umfangreicher Bestand an Ergebnissen für eine Vielzahl von Strukturen zur Verfügung, und es wurden gründlich erprobte Methoden zur Prüfung von Chemikalien mit unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften, darunter flüchtige Verbindungen, entwickelt.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Ein Rückmutationstest bei Salmonella typhimurium oder Escherichia coli dient zum Nachweis von Mutationen, die in einem Stamm auftreten, der eine Aminosäure (Histidin bzw. Tryptophan) benötigt, und zur Bildung eines Stammes führen, der nicht auf eine Aminosäurezufuhr von außen angewiesen ist.

Basenpaaraustauschmutagene sind Agenzien, die in DNA eine Basenveränderung verursachen. Bei einem Reversionstest kann diese Veränderung am Ort der ursprünglichen Mutation oder an einem zweiten Ort des bakteriellen Genoms auftreten.

Rasterschubmutagene sind Agenzien, die eine Addition oder Deletion von einem oder mehreren Basenpaaren in der DNA verursachen, wodurch sich der Leseraster der RNS verändert.

1.3.   AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

Beim Rückmutationstest an Bakterien werden prokaryotische Zellen verwendet, die sich im Hinblick auf Faktoren wie Aufnahme. Stoffwechsel, Chromosomenstruktur und DNA-Reparaturprozesse von Säugetierzellen unterscheiden. In vitro durchgeführte Versuche erfordern in der Regel den Zusatz eines exogenen Fremdstoff-Metabolisierungssystems. Mit einem ln-vitro-Metabolisierungssystem lassen sich aber die In-vivo-Bedingungen bei Säugetieren nicht gänzlich nachvollziehen. Der Test gibt daher keinen direkten Aufschluss über das mutagene und kanzerogene Potential einer Substanz bei Säugetieren.

Der unter Verwendung von Bakterien durchgeführte Rückmutationstest dient in der Regel zur Erstuntersuchung auf gentoxische Aktivität, insbesondere auf Punktmutationen. Aus dem umfangreichen Datenbestand geht hervor, dass sich zahlreiche chemische Stoffe, die bei diesem Test einen positiven Befund ergeben, auch bei anderen Prüfungen als mutagen erweisen. Es gibt allerdings Beispiele dafür, dass mutagene Agenzien nicht durch diesen Test nachgewiesen werden. Zurückzuführen ist dies auf die spezifische Art des ermittelten Endpunkts und auf Unterschiede in der Stoffwechselaktivierung bzw. in der Bioverfügbarkeit. Andererseits können Faktoren, die eine verstärkte Empfindlichkeit des Rückmutationstests an Bakterien bewirken, zu einer Überbewertung der mutagenen Wirkung führen.

Der Rückmutationstest an Bakterien eignet sich möglicherweise nicht zur Bewertung bestimmter Klassen von chemischen Substanzen, so etwa von stark bakteriziden Verbindungen (z. B. bestimmten Antibiotika) und Stoffen, die vermutlich (oder nachweislich) in das Zellreplikationssystem von Säugetieren eingreifen (z. B. bestimmten Topoisomerasehemmern und Nucleosidanalogen). In diesen Fällen sind wohl Mutationstests an Säugetieren eher angebracht.

Zahlreiche Verbindungen, die bei diesem Test einen positiven Befund ergeben, haben zwar eine kanzerogene Wirkung auf Säugetiere, doch besteht keine absolute Korrelation. Ausschlaggebend ist die chemische Klasse, und bestimmte Kanzerogene sind durch diesen Test nicht nachweisbar, weil ihre Wirkung auf anderen, nicht gentoxischen Mechanismen oder in Bakterienzellen fehlenden Mechanismen beruht.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Suspensionen von Bakterienzellen werden mit und ohne ein exogenes Stoffwechselaktivierungssystem mit der Prüfsubstanz behandelt. Bei der Platteninkorporationsmethode werden die Suspensionen mit Schichtagar vermischt und unmittelbar danach auf einem Minimalmedium ausgestrichen. Bei der Vorinkubationsmethode wird das Prüfgemisch bebrütet und dann mit Schichtagar vermischt, bevor es auf einem Minimalmedium ausgestrichen wird. Bei beiden Verfahren wird nach einer Inkubationszeit von zwei oder drei Tagen die Anzahl der Revertanten-Kolonien bestimmt und mit der Anzahl der spontanen Revertanten-Kolonien auf den Lösungsmittel-Kontrollplatten verglichen.

Es wurden verschiedene Verfahren zur Durchführung des Rückmutationstests an Bakterien beschrieben. Zu den gebräuchlichsten Verfahren zählen die Platteninkorporationsmethode (1) (2) (3) (4), die Vorinkubationsmethode (2) (3) (5) (6) (7) (8), die Fluktuationsmethode (9) (10) und die Suspensionsmethode (11). Beschrieben wurden auch Abänderungen zur Untersuchung von Gasen oder Dämpfen (12).

Die hier beschriebenen Verfahren beziehen sich im Wesentlichen auf die Platteninkorporations- und Vorinkubationsmethode. Beide sind für die Durchführung von Versuchen mit und ohne Stoffwechselaktivierungssystem geeignet. Einige Substanzen lassen sich möglicherweise besser mit der Vorinkubationsmethode nachweisen. Sie gehören chemischen Klassen an, zu denen unter anderem kurzkettige aliphatische Nitrosamine, bivalente Metalle, Aldehyde, Azofarbstoffe und Diazoverbindungen, Pyrollizidinalkaloide, Allylverbindungen und Nitroverbindungen zählen (3). Dabei wird anerkannt, dass bestimmte Klassen von Mutagenen bei Anwendung von Standardverfahren wie der Platteninkorporations- oder Vorinkubationsmethode nicht immer nachweisbar sind. Diese sind als „Sonderfälle“ anzusehen, zu deren Nachweis unbedingt alternative Verfahren eingesetzt werden sollten. Es könnten sich die folgenden „Sonderfälle“ ergeben (mit Beispielen für möglicherweise geeignete Nachweisverfahren): Azofarbstoffe und Diazoverbindungen (3) (5) (6) (13), Gase und flüchtige chemische Stoffe (12) (14) (15) (16) sowie Glycoside (17) (18). Abweichungen von den Standardverfahren sind wissenschaftlich zu begründen.

1.5.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.5.1.   Vorbereitungen

1.5.1.1.   Bakterien

Frische Bakterienkulturen sollten bis zur späten exponentiellen oder frühen stationären Wachstumsphase kultiviert werden (ca. 109 Zellen pro ml). Kulturen, die sich im Spätstadium der stationären Phase befinden, sind nicht heranzuziehen. Entscheidend ist dabei, dass die zur Prüfung verwendeten Kulturen einen hohen Anteil an lebensfähigen Bakterien enthalten. Der Anteil lässt sich entweder anhand historischer Kontrolldaten über Wachstumskurven bestimmen oder aber für jeden Versuch gesondert durch Bestimmung der Anzahl lebensfähiger Zellen mittels eines Plattentests.

Die empfohlene Inkubationstemperatur beträgt 37 oC.

Es sind mindestens fünf Bakterienstämme zu verwenden. Dazu sollten vier Stämme von S. typhimurium (TA 1535; TA 1537 oder TA 97a oder TA 97; TA 98; und TA 100) gehören, die erwiesenermaßen zuverlässige und in anderen Labors reproduzierbare Ergebnisse liefern. Diese vier Stämme von S. typhimurium weisen am primären Reversionslocus GC-Basenpaare auf. Bekannt ist, dass möglicherweise bestimmte oxidierende Mutagene, cross-linking induzierende Agenzien und Hydrazine damit nicht nachzuweisen sind. Diese Substanzen lassen sich durch Stämme von E. Coli WP2 oder S. typhimurium TA 102 (19) nachweisen, die am primären Reversionslocus ein AT-Basenpaar aufweisen. Empfohlen wird daher eine Kombination folgender Stämme:

S. typhimurium TA 1535 und

S. typhimurium TA 1537 oder TA 97 oder TA 97a und

S. typhimurium TA 98 und

S. typhimurium TA 100 und

E. coli WP2 uvrA oder E. coli WP2 uvrA (pKMI01) oder S. typhimurium TA 102.

Zum Nachweis cross-linking induzierender Mutagene ist es vielleicht ratsam, TA 102 einzubeziehen oder einen reparatur-profizienten Stamm von E. coli (z. B. E. coli WP 2 oder E. coli WP2 (pKM101)) hinzuzugeben.

Zur Vorbereitung der Stammkulturen, zur Verifizierung der Marker und zur Lagerung sollten bewährte Verfahren verwendet werden. Der wachstumsbedingte Aminosäurebedarf ist für jedes tiefgefrorene Stammkulturpräparat nachzuweisen (Histidin bei Stämmen von S. typhimurium und Tryptophan bei Stämmen von E. coli). Auch andere phänotypische Merkmale sind zu überprüfen, so ggf. das Vorhandensein oder Fehlen von R-Faktor-Plasmiden (d. h. die Ampicillinresistenz bei den Stämmen TA 98, TA 10Ü und TA 97a oder TA 97, WP2 uvrA und WP2 uvrA (pKM101) und die Ampicillin- + Tetracyclinresistenz bei den Stämmen TA 102); das Vorhandensein charakteristischer Mutationen (d. h. rfa-Mutation bei S. typhimurium durch Empfindlichkeit gegenüber Kristallviolett und uvr A-Mutation bei E. coli oder uvrB-Mutation bei S. typhimurium durch Empfindlichkeit gegenüber ultraviolettem Licht) (2) (3). Zudem sollten die Stämme eine Anzahl von Spontan-Revertanten-Kolonien in Häufigkeitsbereichen aufweisen, die anhand der historischen Kontrolldaten des Labors zu erwarten sind, und möglichst innerhalb des in der Literatur angegebenen Bereichs liegen.

1.5.1.2.   Medium

Verwendet werden geeigneter Minimalagar (z. B. aus Vogel-Bonner-Minimalmedium E und Glucose) und Schichtagar mit Histidin und Biotin oder Tryptophan, damit mehrere Zellteilungen erfolgen können (1) (2) (9).

1.5.1.3.   Stoffwechselaktivierung

Die Behandlung der Bakterien mit der Prüfsubstanz sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines geeigneten Stoffwechselaktivierungssystems erfolgen. Das am häufigsten verwendete System ist eine durch Ko-Faktoren ergänzte post-mitochondriale Fraktion (S9) aus der Leber von Nagetieren, die mit enzyminduzierenden Agenzien wie Aroclor 1254 (1) (2) oder einem Gemisch aus Phenobarbital und β-Naphthoflavon (18) (20) (21) vorbehandelt wurden. Die post-mitochondriale Fraktion wird im S9-Gemisch in der Regel in Konzentrationen von 5 bis 30 % v/v verwendet. Wahl und Status des Stoffwechselaktivierungssystems sind möglicherweise von der geprüften chemischen Klasse abhängig. In bestimmten Fällen ist es ggf. zweckmäßig, mehr als eine Konzentration der post-mitochondrialen Fraktion zu verwenden. Bei Azofarbstoffen und Diazoverbindungen ist möglicherweise eher der Einsatz eines reduktiven Stoffwechselaktivierungssystems angebracht (6) (13).

1.5.1.4.   Prüfsubstanz/Zubereitung

Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Behandlung der Bakterien in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfsubstanzen können den Versuchssystemen vor der Behandlung direkt beigegeben und/oder verdünnt werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

Das Lösungsmittel/Vehikel sollte nicht im Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen, und es sollte mit dem Überleben der Bakterien und der S9-Aktivität kompatibel sein (22). Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Daten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen. Bei der Prüfung wasserinstabiler Substanzen sollten die verwendeten organischen Lösungsmittel frei von Wasser sein.

1.5.2.   Prüfbedingungen

1.5.2.1.   Versuchsstämme (siehe 1.5.1.1)

1.5.2.2.   Expositionskonzentrationen

Zu den Kriterien, die bei der Bestimmung der höchsten Konzentration der Prüfsubstanz zu berücksichtigen sind, zählen die Zytotoxizität und die Löslichkeit im Endgemisch.

Es ist möglicherweise sinnvoll, die Zytotoxizität und Unlöslichkeit in einem Vorversuch zu bestimmen. Aufschluss über die Zytotoxizität geben der zahlenmäßige Rückgang der Revertanten-Kolonien, der Wegfall bzw. die Verkleinerung des Hintergrundrasens oder die Überlebensrate der behandelten Kulturen. Die Zytotoxizität einer Substanz verändert sich möglicherweise bei Zusatz eines Stoffwechselaktivierungssystems. Die Unlöslichkeit sollte als Ausfällung im Endgemisch unter realen Prüfbedingungen ermittelt werden und mit dem bloßen Auge erkennbar sein.

Bei löslichen nicht zytotoxischen Substanzen wird eine maximale Prüfkonzentration von 5 mg/Platte bzw. 5 μl/Platte empfohlen. Im Falle nicht zytotoxischer Substanzen, die bei 5 mg/Platte bzw. 5 μl/Platte nicht löslich sind, sollte eine oder mehrere der geprüften Konzentrationen im Endgemisch unlöslich sein. Prüfsubstanzen, die sich bereits unter 5 mg/Platte bzw. 5 μl/Platte als zytotoxisch erweisen, sind bis zu einer zytotoxischen Konzentration zu prüfen. Die Ausfällung sollte die Bewertung nicht beeinträchtigen.

Es sind mindestens fünf verschiedene analysierbare Konzentrationen der Prüfsubstanz zu verwenden, wobei beim ersten Versuch der Abstand zwischen den Prüfpunkten etwa eine halbe Log-Phase (d. h. √10) beträgt. Kleinere Abstände sind ggf. angebracht, wenn eine Konzentrations-Effekt-Beziehung untersucht wird. Bei der Bewertung von Substanzen, die größere Mengen an potenziell mutagenen Verunreinigungen enthalten, ist die Prüfung bei Konzentrationen über 5 mg/Platte bzw. 5 μl/Platte in Betracht zu ziehen.

1.5.2.3.   Negativ- und Positivkontrollen

Für jeden Versuch sind gleichzeitig stammspezifische Positiv- und Negativ-(Lösungsmittel- oder Vehikel-)Kontrollen mit oder ohne Zusatz eines Stoffwechselaktivierungssystems anzulegen. Für die Positivkontrollen sind Konzentrationen zu wählen, die die Wirksamkeit des jeweiligen Versuchs belegen.

Bei Versuchen mit Stoffwechselaktivierungssystem sollten die Positivkontrollsubstanzen anhand der verwendeten Bakterienstämme ausgewählt werden.

Die folgenden Substanzen gelten als Beispiele für geeignete Positivkontrollen bei Versuchen mit Stoffwechselaktivierung:

Substanz

CAS-Nummer

EINECS-Nummer

9,10-Dimethylanthracen

781-43-1

212-308-4

7,12-Dimethylbenz[α]anthracen

57-97-6

200-359-5

Benzo[a]pyren

50-32-8

200-028-5

2-Aminoantracen

613-13-8

210-330-9

Cyclophosphamid

50-18-0

200-015-4

Cyclophosphamidmonohydrat

6055-19-2

 

Die folgende Substanz eignet sich als Positivkontrolle bei der reduktiven Stoffwechselaktivierungsmethode

Substanz

CAS-Nummer

EINECS-Nummer

Kongorot

573-58-0

209-358-4

2-Aminoantracen sollte nicht als alleiniger Gradmesser für die Wirksamkeit des S9-Gemischs dienen. Bei Verwendung von 2-Aminoanthracen sollte jede Charge von S9 ebenfalls durch ein Mutagen gekennzeichnet sein, das eine Stoffwechselaktivierung durch mikrosomale Enzyme, z. B. Benzo[a]pyren oder Dimethylbenzanthracen, erfordert.

Die folgenden Substanzen sind Beispiele für stammspezifische Positivkontrollen bei Versuchen ohne exogenes Stoffwechselaktivierungssystem:

Substanz

CAS-Nummer

EINECS-Nummer

Stamm

Natriumazid

26628-22-8

247-852-1

TA 1535 und TA 100

2-Nitrofluoren

607-57-8

210-138-5

TA 98

9-Aminoacridin

90-45-9

201-995-6

TA 1537, TA 97 und TA 97a

ICR 191

17070-45-0

241-129-4

TA 1537, TA 97 und TA 97a

Cumolhydroperoxid

80-15-9

201-254-7

TA 102

Mitomycin C

50-07-7

200-008-6

WP2uvrA und TA 102

N-ethyl-N-nitro-N-nitrosoguanidin

70-25-7

200-730-1

WP2, WP2uvrA und WP2uvrA (pKM101)

4-Nitroquinolin-l-oxid

56-57-5

200-281-1

WP2, WP2uvrA und WP2uvrA (pKM101)

Furylfuramid (AF2)

3688-53-7

 

Plasmide enthaltende Stämme

Es können auch andere geeignete Positivkontrollsubstanzen verwendet werden. Ggf. sollten Positivkontrollen herangezogen werden, die der gleichen chemischen Klasse angehören wie der Prüfstoff.

Es sind Negativkontrollen, die allein aus dem Lösungsmittel oder Vehikel ohne Prüfsubstanz bestehen und auf die gleiche Weise wie die Behandlungskulturen behandelt werden, anzulegen. Darüber hinaus sollten auch unbehandelte Kontrollen verwendet werden, wenn nicht historische Kontrolldaten belegen, dass das gewählte Lösungsmittel keine schädlichen oder mutagenen Wirkungen hervorruft.

1.5.3.   Verfahren

Bei der Platteninkorporationsmethode (1) (2) (3) (4) ohne Stoffwechselaktivierung werden gewöhnlich 0,05 ml oder 0,1 ml Prüflösung, 0,1 ml frische Bakterienkultur (mit ca. 108 lebensfähigen Zellen) und 0,5 ml sterile Pufferlösung mit 2,0 ml Schichtagar vermischt. Für Ansätze mit Stoffwechselaktivierung werden gewöhnlich 0,5 ml Stoffwechselaktivierungsgemisch, das eine ausreichende Menge post-mitochondrialer Fraktion (im Bereich von 5 bis 30 % v/v im Stoffwechselaktivierungsgemisch) enthält, mit Schichtagar (2,0 ml) und zugleich mit den Bakterien und der Prüfsubstanz/Prüflösung vermischt. Der Inhalt jedes Röhrchens wird vermischt und auf der Oberfläche einer Minimalagarplatte ausgegossen. Vor der Inkubation lässt man den Schichtagar verfestigen.

Bei der Vorinkubationsmethode (2) (3) (5) (6) wird die Prüfsubstanz/Prüflösung ca. 20 Minuten oder länger bei 30-37 oC mit dem Versuchsstamm (der ca. 108 lebensfähige Zellen enthält) und der sterilen Pufferlösung oder dem Stoffwechselaktivierungssystem (0,5 ml) vorinkubiert, bevor sie mit dem Schichtagar vermischt und auf der Oberfläche einer Minimalagarplatte ausgegossen wird. Gewöhnlich werden 0,05 oder 0,1 ml Prüfsubstanz/Prüflösung, 0,1 ml Bakterien und 0,5 ml S9-Gemisch oder sterile Pufferlösung mit 2,0 ml Schichtagar vermischt. Die Röhrchen sind während der Vorinkubation mit Hilfe eines Schüttlers zu belüften.

Um die Schwankungsbreite hinreichend beurteilen zu können, sind für jede Dosisstufe drei Platten anzulegen. Die Verwendung von zwei Platten ist vertretbar, wenn dies wissenschaftlich begründet wird. Durch den gelegentlichen Verlust einer Platte wird der Versuch nicht zwangsläufig entwertet.

Gasförmige oder flüchtige Substanzen sind mit Hilfe geeigneter Methoden zu prüfen, z. B. in hermetisch verschlossenen Gefäßen (12) (14) (15) (16).

1.5.4.   Inkubation

Sämtliche Platten des jeweiligen Versuchs sind 48 bis 72 Stunden bei 37 oC zu bebrüten. Nach Ablauf der Inkubationszeit wird die Anzahl der Revertanten-Kolonien je Platte ermittelt.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Die Daten sind als Anzahl der Revertanten-Kolonien je Platte anzugeben. Die Anzahl der Revertanten-Kolonien sowohl auf den Negativkontrollplatten (Lösungsmittelkontrolle und ggf. unbehandelte Kontrolle) als auch auf den Positivkontrollplatten ist ebenfalls zu dokumentieren. Für die Prüfsubstanz und die Positivkontrollen sowie Negativkontrollen (unbehandelte und/oder Lösungsmittelkontrollen) sind die Zahlenwerte der einzelnen Platten, die mittlere Anzahl der Revertanten-Kolonien je Platte und die Standardabweichung aufzuführen.

Bei einer eindeutigen positiven Reaktion ist eine Verifizierung nicht erforderlich. Nicht eindeutige Ergebnisse sind durch weitere Prüfungen abzuklären, möglichst unter Abänderung der Versuchsbedingungen. Negative Befunde sind durch Einzelfallprüfung zu bestätigen. In jenen Fällen, in denen eine Bestätigung negativer Befunde nicht für notwendig erachtet wird, ist dies zu begründen. Bei Folgeversuchen sollte die Abänderung der Studienparameter zur Erweiterung des Umfangs der bewerteten Bedingungen in Betracht gezogen werden. Zu den Studienparametern, die für eine Abänderung in Frage kommen, gehören die Abstände der Konzentrationen, die Prüfmethode (Platteninkorporation oder flüssige Vorinkubation) und der Stoffwechselaktivierungsstatus.

2.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Es gibt mehrere Kriterien für die Bestimmung eines positiven Ergebnisses, wie z. B. eine konzentrationsbezogene Zunahme im Prüfbereich und/oder eine reproduzierbare Zunahme der Anzahl der Revertanten-Kolonien je Platte bei einer oder mehreren Konzentrationen in mindestens einem Stamm mit oder ohne Stoffwechselaktivierungssystem (23). Zunächst sollte die biologische Relevanz der Ergebnisse untersucht werden. Als Hilfsmittel bei der Bewertung der Versuchsergebnisse können statistische Methoden dienen (24). Die statistische Signifikanz sollte aber nicht der einzige bestimmende Faktor für eine positive Reaktion sein.

Eine Prüfsubstanz, bei der die Ergebnisse nicht den oben genannten Kriterien entsprechen, gilt bei diesem Versuch als nichtmutagen.

Auch wenn die meisten Versuche eindeutig positive oder negative Ergebnisse liefern, erlaubt der Datensatz in seltenen Fällen keine definitive Aussage über die Aktivität der Prüfsubstanz. Es kommt vor, dass sich die Ergebnisse unabhängig davon, wie oft der Versuch wiederholt wird, weiterhin als nicht eindeutig oder als fragwürdig erweisen.

Positive Befunde beim Rückmutationstest an Bakterien deuten darauf hin, dass die Prüfsubstanz durch Basenaustausch oder Rasterverschiebungen Punktmutationen im Genom von Salmonella typhimurium und/oder Escherichia coli hervorruft. Negative Befunde sind ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz unter diesen Versuchsbedingungen bei den geprüften Spezies keine mutagene Wirkung auslöst.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

 

Lösungsmittel/Vehikel

Begründung für die Wahl des Vehikels;

Löslichkeit und Stabilität der Prüfsubstanz im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt.

 

Stämme:

verwendete Stämme;

Anzahl der Zellen je Kultur;

Merkmale des Stammes.

 

Prüfbedingungen:

Menge der Prüfsubstanz je Platte (mg/Platte oder μl/Platte) mit Begründung für die Wahl der Dosis und Anzahl der Platten je Konzentration;

verwendete Medien;

Art und Zusammensetzung des Stoffwechselaktivierungssystems einschließlich Eignungskriterien;

Behandlungsverfahren.

 

Ergebnisse:

Toxizitätszeichen;

Ausfällungszeichen;

Zählwerte der einzelnen Platten;

mittlere Anzahl der Revertanten-Kolonien je Platte und Standardabweichung;

nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;

ggf. statistische Analysen;

Daten zu gleichzeitigen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen;

Daten zu historischen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen.

 

Diskussion der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Arnes, B. N., McCann, J. and Yamasaki E. (1975), Methods for Detecting Carcinogens and Mutagens with the Salmonella/Mammalian-Microsome Mutagenicity Test, Mutation Res., 31, 347-364.

(2)

Maron, D. M. and Arnes, B. N. (1983), Revised Methods for the Salmonella Mutagenicity Test, Mutation Res., 113, 173-215.

(3)

Gatehouse, D., Haworth, S., Cebula, T., Gocke, E., Kier, L., Matsushima, T., Melcion, C., Nohmi, T., Venitt, S. and Zeiger, E. (1994), Recommendations for the Performance of Bacterial Mutation Assays, Mutation Res., 312, 217-233.

(4)

Kier, L. D., Brusick, D. J., Auletta, A. E., Von Halle, E. S., Brown, M. M., Simmon, V. F., Dunkel, V., McCann, J., Mortelmans, K., Prival, M., Rao, T. K. and Ray V. (1986), The Salmonella typhimurium/Mammalian Microsomal Assay: A Report of the U.S. Environmental Protection Agency Gene-Tox Program, Mutation Res., 168, 69-240.

(5)

Yahagi, T., Degawa, M., Seino, Y.Y., Matsushima, T., Nagao, M., Sugimura, T. and Hashimoto, Y. (1975), Mutagenicity of Carcinogen Azo Dyes and their Derivatives, Cancer Letters, 1, 91-96.

(6)

Matsushima, M., Sugimura, T., Nagao, M., Yahagi, T., Shirai, A. and Sawamura, M. (1980), Factors Modulating Mutagenicity Microbial Tests, in: Short-term Test Systems for Detecting Carcinogens, ed. Norpoth K. H. and Garner, R. C., Springer, Berlin-Heidelberg-New York, 273-285.

(7)

Gatehouse, D. G., Rowland, I. R., Wilcox, P., Callender, R. D. and Foster R. (1980), Bacterial Mutation Assays, in: Basic Mutagenicity Tests: UKEMS Part 1 Revised, ed. D. J. Kirkland, Cambridge University Press., 13-61.

(8)

Aeschacher. H. U., Wolleb, U. and Porchet, L. (1987), Liquid Preincubation Mutagenicity Test for Foods, J. Food Safety, 8, 167-177.

(9)

Green, M. H. L., Muriel, W. J. and Bridges, B. A. (1976), Use of a simplified fluctuation test to detect low levels of mutagens, Mutations Res., 38, 33-42.

(10)

Hubbard, S. A., Green, M. H. L., Gatehouse, D. and Bridges, J. W. (1984), The Fluctuation Test in Bacteria, in: Handbook of Mutagenicity Test Procedures, 2nd Edition, ed. Kilbey, B. J., Legator, M., Nichols, W. and Ramel, C. Elsevier, Amsterdam-New York-Oxford, 141-161.

(11)

Thompson, E. D. and Melampy, P. J. (1981), An Examination of the Quantitative Suspension Assay for Mutagenesis with Strains of Salmonella typhimurium, Environmental Mutagenesis, 3, 453-465.

(12)

Araki, A., Noguchi, T., Kato, F. and Matsushima, T. (1994), Improved Method for Mutagenicity Testing of Gaseous Compounds by Using a Gas Sampling Bag, Mutation Res., 307, 335-344.

(13)

Prival, M. J., Bell, S. J., Mitchell, V. D., Reipert, M. D. and Vaughan, V. L. (1984), Mutagenicity of Benzidine and Benzidine-Congener Dyes and Selected Monoazo Dyes in a Modified Salmonella Assay, Mutation Res., 136, 33-47.

(14)

Zeiger, E., Anderson B. E., Haworth, S., Lawlor, T. and Mortelmans, K. (1992), Salmonella Mutagenicity Tests. V. Results from the Testing of 311 Chemicals, Environ. Mol. Mutagen., 19, 2-141.

(15)

Simmon, V., Kauhanen K. and Tardiff, R. G. (1977), Mutagenic Activity of Chemicals Identified in Drinking Water, in Progress in Genetic Toxicology, D. Scott, B. Bridges and F. Sobels (eds.) Elsevier, Amsterdam, 249-258.

(16)

Hughes, T. J., Simmons, D. M., Monteith, I. G. and Claxton, L. D. (1987), Vaporisation Technique to Measure Mutagenic Activity of Volatile Organic Chemicals in the Ames/Salmonella Assay, Environmental Mutagenesis, 9, 421-441.

(17)

Matsushima, T., Matsumoto, A., Shirai, M., Sawamura, M. and Sugimura, T. (1979), Mutagenicity of the Naturally Occurring Carcinogen Cycasin and Synthetic Methylazoxy Methane Conjugates in Salomonella typhimurium, Cancer Res., 39, 3780-3782.

(18)

Tamura, G., Gold, C, Ferro-Luzzi, A. and Arnes, B. N. (1980), Fecalase: A Model for Activation of Dietary Glycosides to Mutagens by Intestinal Flora, Proc. Natl. Acad. Sa. USA, 77, 4961-4965.

(19)

Wilcox, P., Naidoo, A., Wedd, D. J. and Gatehouse, D. G. (1990), Comparison of Salmonella typhimurium TA 102 with Escherichia coli WP2 Tester strains, Mutagenesis, 5, 285-291.

(20)

Matsushima, T., Sawamura, M., Hara, K. and Sugimura T. (1976), A Safe Substitute for Polychlorinated Biphenyls as an Inducer or Metabolic Activation Systems, in: In Vitro Metabolic Activation in Mutagenesis Testing, eds. F. J. de Serres et al. Elsevier, North Holland, 85-88.

(21)

Elliot, B. M., Combes, R. D., Elcombe, C. R., Tatehouse, D. G., Gibson, G. G., Mackay, J. M. and Wolf, R. C. (1992), Alternatives to Aroclor 1254-induced S9 in in vitro Genotoxicity Assays, Mutagenesis, 7, 175-177.

(22)

Maron, D., Katzenellenbogen, J. and Arnes, B. N. (1981), Compatibility of Organic Solvents with the Salmonella/Microsome Test, Mutation Res., 88, 343-350.

(23)

Claxton, L. D., Allen J., Auletta, A., Mortelmans, K., Nestmann, E. and Zeiger, E. (1987), Guide for the Salmonella typhimurium/Mammalian Microsome Tests for Bacterial Mutagenicity, Mutation Res., 189, 83-91.

(24)

Mahon, G. A. T., Green, M. H. L, Middleton, B., Mitchell, I., Robinson, W. D. and Tweats, D. J. (1989), Analysis of Data from Microbial Colony Assays, in: UKEMS Sub-Committee on Guidelines for Mutagenicity Testing. Part II. Statistical Evaluation of Mutagenicity Test Data, ed. Kirkland, D. J., Cambridge University Press, 28-65.

B.15.   MUTAGENITÄT (EINSCHLIESSLICH PRESCREENING BETREFFEND KREBSERZEUGENDE EIGENSCHAFTEN) — GENMUTATION — SACCHAROMYCES CEREVISIAE

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Verschiedene haploide und diploide Stämme der Hefe Saccharomyces cerevisiae können zur Ermittlung chemisch induzierter Genmutationen verwendet werden. Die Versuche können sowohl mit oder ohne exogenes metabolisierendes System durchgeführt werden.

Vorwärtsmutationssysteme an haploiden Stämmen, wie die Messung der Mutation von roten, adeninabhängigen Mutanten (ade-1, ade-2) zu doppelt adeninabhängigen weißen Mutanten, und Selektivsysteme, wie die Induktion einer Cycloheximid- und Kanavaninresistenz, werden verwendet.

Bei dem am besten validierten Rückmutationssystem wird der haploide Stamm XV 185-14C verwendet. Er weist die „ochre“. Nonsense-Mutationen ade 2-1, arg 4-17, lys 1-1 und trp 5-48, die durch Basenaustauschmutagene, die ortsspezifische Mutationen oder „ochre“ -Suppressor-Mutationen induzieren, reversibel sind. XV 185-14C weist außerdem den Marker his 1-7, eine Missense-Mutation, die hauptsächlich durch Mutationen an einem zweiten Genort reversibel ist, sowie den Marker hom 3-10 auf, der durch Rasterschubmutagene reversibel ist.

Der einzige gut validierte Stamm ist D7, der für ilv 1-92 homozygot ist.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Die Prüfsubstanzen und die Kontroll- oder Bezugssubstanzen sind unmittelbar vor der Prüfung in einem geeigneten Lösungsmittel zu lösen. Bei wasserunlöslichen organischen Verbindungen sind organische Lösungsmittel wie Ethanol, Aceton und Dimethylsulfoxid (DMSO) zu verwenden, wobei die Konzentration 2 % v/v nicht überschreiten darf. Die Endkonzentration des Lösungsmittels soll die Überlebensrate und die Wachstumseigenschaften der Zellen nicht signifikant verändern.

Stoffwechselaktivierung

Die Behandlung der Zellen mit den Prüfsubstanzen sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines geeigneten exogenen Stoffwechselaktivierungssystems erfolgen.

Das am häufigsten verwendete System ist eine durch Ko-Faktoren ergänzte post-mitochondriale Fraktion aus Lebern von Nagetieren, die mit enzyminduzierenden Agenzien vorbehandelt wurden. Auch andere Arten, Gewebe, post-mitochondriale Fraktionen oder Verfahren können sich für die Stoffwechselaktivierung eignen.

Versuchsbedingungen

Versuchsstämme

In Genmutationsuntersuchungen werden am häufigsten der haploide Stamm XV 185-14 C und der diploide Stamm D7 verwendet. Auch andere Stämme können sich eignen.

Medien

Zur Bestimmung der Überlebensrate und Mutantenzahl sind geeignete Kulturmedien zu verwenden.

Verwendung von Negativ- und Positivkontrollen

Positivkontrollen, unbehandelte und Lösungsmittelkontrollen sind gleichzeitig anzulegen. Für jeden spezifischen Mutationsendpunkt sind geeignete Positivkontrollsubstanzen zu verwenden.

Konzentrationen

Es sind mindestens fünf deutlich unterschiedliche Konzentrationen der Prüfsubstanz zu verwenden. Bei toxischen Substanzen sollte die höchste Konzentration die Überlebensrate nicht unter 5 bis 10 % senken. Relativ wasserunlösliche Substanzen sind mit geeigneten Verfahren bis zur Löslichkeitsgrenze zu testen. Bei voll wasserlöslichen, nichttoxischen Substanzen ist die höchste Konzentration von Fall zu Fall festzulegen.

Inkubationsbedingungen

Die Platten werden für 4-7 Tage bei 28 bis 30o C im Dunkeln inkubiert.

Häufigkeiten von Spontanmutationen

Es sind Subkulturen zu verwenden, in denen sich die Spontanmutationshäufigkeiten im üblichen Rahmen bewegen.

Anzahl der Platten

Mindestens 3 Platten pro Konzentration sind für den Nachweis prototropher Zellen, die durch Genmutation erzeugt werden, und zur Ermittlung der Überlebensrate anzulegen. Bei Versuchen, die Marker wie hom 3-10 mit einer geringen Mutationsrate verwenden, ist die Anzahl gleich behandelter Platten zu erhöhen, um statistisch relevante Daten zu erhalten.

Versuchsdurchführung

Die Behandlung von S. cerevisiae-Stämmen wird im Allgemeinen mit einem Flüssigtest unter Verwendung von stationären oder wachsenden Zellen durchgeführt. Das Ausgangsexperiment sollte mit wachsenden Zellen durchgeführt werden. 1- bis 5-mal 107 Zellen/ml werden bis zu 18 Stunden bei 28 bis 37 oC gegenüber der Prüfsubstanz unter Schütteln exponiert. Während der Behandlung wird eine angemessene Menge des exogenen metabolisierenden Systems beigefügt. Nach der Behandlung werden die Zellen zentrifugiert, gewaschen und auf einem geeigneten Kulturmedium ausgesät. Nach der Inkubation wird die Überlebensrate und die Genmutationsinduktion auf den Platten quantitativ erfasst. Sind die Befunde des ersten Experiments negativ, so ist ein weiterer Versuch durchzuführen mit Zellen, die sich in der stationären Phase befinden. Sind die Befunde des ersten Experiments positiv, so ist dies durch einen geeigneten unabhängigen Versuch zu bestätigen.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form darzustellen. Anzugeben sind die Anzahl der gezählten Konidien, die Anzahl der Mutanten, die Überlebensrate und die Mutantenhäufigkeit. Alle Ergebnisse sind in einem unabhängigen Versuch zu bestätigen. Die Auswertung der Daten sollte unter Verwendung geeigneter statistischer Methoden erfolgen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendeter Stamm;

Versuchsbedingungen: Zellen der stationären Phase oder wachsende Zellen, Medienzusammensetzung, Inkubationstemperatur und -dauer, Stoffwechselaktivierungssysteme;

Behandlungsbedingungen: Konzentrationen, Behandlungsverfahren und -dauer, Behandlungstemperatur, Positiv- und Negativkontrollen;

Anzahl der gezählten Kolonien, Anzahl der Mutanten, Überlebensrate und Mutantenhäufigkeit, ggf. Dosis-Wirkungs-Beziehung, statistische Auswertung der Daten;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.16.   MITOTISCHE REKOMBINATION — SACCHAROMYCES CEREVISIAE

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Bei Saccharomyces cerevisiae lässt sich mitotische Rekombination zwischen verschiedenen Genen (oder allgemeiner zwischen einem Gen und dem Zentromer) und innerhalb eines Gens feststellen. Im ersten genannten Fall wird sie mitotisches Crossing-over genannt und erzeugt Reziprokprodukte, während sie im letzteren Fall meistens keine reziproken Ergebnisse hat und als Genkonversion bezeichnet wird. Das Crossing-over wird anhand der Bildung rezessiver homozygoter Kolonien oder Sektoren in einem heterozygoten Stamm bestimmt, die Genkonversion hingegen anhand der Bildung prototropher Revertanten mit zwei verschiedenen defekten Allelen des gleichen Gens in einem auxotrophen heteroallelen Stamm. Die am häufigsten zur Ermittlung der mitotischen Genkonversion verwendeten Stämme sind D4 (heteroallel für ade 2 und trp 5), BZ34 (heteroallel für arg 4), D7 (heteroallel für trp 5) und JD1 (heteroallel für his 4 und trp 5). Mitotisches Crossing-over, das rote (‚red‘) und rosafarbene (‚pink‘) homozygote Sektoren erzeugt, lässt sich mit D5 oder mit D7 (der auch zur Messung von mitotischer oder Genkonversion und von Rückmutationen an ilv 1-92 dient) ermitteln. Beide Stämme sind heteroallel in Bezug für einander komplimentierende Allele von ade 2.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Die Prüfsubstanzen und die Kontroll- und Bezugssubstanzen sind unmittelbar vor der Prüfung in einem geeigneten Lösungsmittel zu lösen. Bei wasserunlöslichen organischen Verbindungen sind organische Lösungsmittel wie Ethanol, Aceton oder Dimethylsulfoxid (DMSO) zu verwenden, wobei die Konzentration 2 % v/v nicht überschreiten darf. Die Endkonzentration des Lösungsmittels soll die Überlebensrate und die Wachstumseigenschaften der Zellen nicht signifikant verändern.

Stoffwechselaktivierung

Die Behandlung der Zellen mit den Prüfsubstanzen soll sowohl mit als auch ohne Zusatz eines geeigneten exogenen Stoffwechselaktivierungssystems erfolgen. Das am häufigsten verwendete System ist eine durch Ko-Faktoren ergänzte post-mitochondriale Fraktion aus Lebern von Nagetieren, die mit enzyminduzierenden Agenzien vorbehandelt wurden. Auch andere Arten, Gewebe, post-mitochondriale Fraktionen oder Verfahren können sich für die Stoffwechselaktivierung eignen.

Prüfbedingungen

Versuchsstämme

Die am häufigsten verwendeten Stämme sind die diploiden Stämme D4, D5, D7 und JD1. Auch andere Stämme können sich eignen.

Medien

Zur Bestimmung der Überlebensrate und der Häufigkeit der mitotischen Rekombination werden geeignete Kulturmedien verwendet.

Verwendung von Negativ- und Positivkontrollen

Positivkontrollen, unbehandelte und Lösungsmittelkontrollen sind gleichzeitig durchzuführen. Für jeden spezifischen Rekombinationsendpunkt sind geeignete Bezugssubstanzen zu verwenden.

Konzentrationen

Mindestens fünf deutlich unterschiedliche Konzentrationen der Prüfsubstanz sind zu verwenden. Unter anderem sind Zytotoxizität und Löslichkeit zu berücksichtigen. Die niedrigste Konzentration darf sich in keiner Weise auf die Überlebensrate der Zellen auswirken. Bei toxischen Substanzen sollte die höchste geprüfte Konzentration die Überlebensrate nicht unter 5 bis 10 % senken. Relativ wasserunlösliche Substanzen sind mit geeigneten Verfahren bis zur Löslichkeitsgrenze zu testen. Bei voll wasserlöslichen, nichttoxischen Substanzen ist die höchste Konzentration von Fall zu Fall festzulegen.

Zellen können entweder in der stationären oder in der Wachstumsphase bis zu 18 Stunden gegenüber der Prüfsubstanz exponiert werden. Wird für einen längeren Zeitraum exponiert, sind die Kulturen mikroskopisch auf Sporenbildung zu untersuchen, da deren Vorhandensein den Versuch invalidiert.

Inkubationsbedingungen

Die Platten werden im Dunkeln vier bis sieben Tage lang bei 28 bis 30 oC inkubiert. Die zur Bestimmung der durch mitotisches Crossing-over erzeugten roten (‚red‘) und rosafarbenen (‚pink‘) homozygoten Sektoren verwendeten Schalen sind weitere ein bis zwei Tage gekühlt (4 oC) zu halten, um die Entwicklung der entsprechenden pigmentierten Kolonien zu ermöglichen; erst dann sollte die quantitative Erfassung erfolgen.

Häufigkeit von Spontanmutationen

Es sind Subkulturen zu verwenden, bei denen sich die Häufigkeit spontaner mitotischer Rekombinationen im üblichen Rahmen bewegen.

Anzahl der Platten

Mindestens 3 Platten pro Konzentration sind für den Nachweis prototropher Zellen, die durch mitotische Genkonversion erzeugt wurden, und zur Bestimmung der Überlebensrate anzulegen. Bei der Bestimmung der durch mitotisches Crossing-over erzeugten rezessiven Homozygotie ist die Anzahl an Platten zu erhöhen, um eine geeignete Anzahl an Kolonien zu erhalten.

Versuchsdurchführung

Die Behandlung von S. cerevisiae-Stämmen erfolgt gewöhnlich in einem Flüssigtest unter Verwendung von stationären oder wachsenden Zellen. Das Ausgangsexperiment sollte mit wachsenden Zellen durchgeführt werden. 1- bis 5-mal 107 Zellen/ml werden bis zu 18 Stunden bei 28 bis 37 oC gegenüber der Prüfsubstanz unter Schütteln exponiert. Während der Behandlung wird eine angemessene Menge des exogenen metabolisierenden Systems zugegeben.

Nach der Behandlung werden die Zellen zentrifugiert, gewaschen und auf ein geeignetes Kulturmedium ausgesät. Nach der Inkubation wird die Überlebensrate und die Induktion mitotischer Rekombinationen quantitativ erfasst.

Sind die Befunde des ersten Experiments negativ, so ist ein weiterer Versuch durchzuführen mit Zellen, die sich in der stationären Phase befinden. Sind die Befunde des ersten Experiments positiv, so ist dies durch einen geeigneten unabhängigen Versuch zu bestätigen.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form unter Angabe der Anzahl der gezählten Konidien, der Anzahl der Rekombinationen, der Überlebensrate und der Rekombinationshäufigkeit darzustellen.

Alle Ergebnisse sind in einem unabhängigen Versuch zu bestätigen.

Die Auswertung der Daten sollte unter Verwendung geeigneter statistischer Verfahren erfolgen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendeter Stamm;

Versuchsbedingungen: Zellen der stationären Phase oder wachsende Zellen, Medienzusammensetzung, Inkubationstemperatur und -dauer, Stoffwechselaktivierungssystem;

Behandlungsbedingungen: Konzentrationen, Behandlungsverfahren und -dauer, Behandlungstemperatur, Positiv- und Negativkontrollen;

Anzahl der gezählten Kolonien, Anzahl der Rekombinanten, Überlebensrate und Rekombinationshäufigkeit, ggf. Dosis-Wirkungsbeziehung, statistische Auswertung der Daten;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.17.   MUTAGENITÄT — IN-VITRO-GENMUTATIONSTEST AN SÄUGETIERZELLEN

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 476, In Vitro Mammalian Cell Gene Mutation Test (1997).

1.1.   EINLEITUNG

Der In-vitro-Genmutationstest an Säugetierzellen kann zum Nachweis von chemisch induzierten Genmutationen herangezogen werden. Zu den geeigneten Zelllinien gehören Maus-Lymphomazellen L5178Y, die Zelllinien CHO, CHO-AS52 und V79 des chinesischen Hamsters und menschliche Lymphoblastoidzellen TK6 (1). Mit diesen Zelllinien werden in den gebräuchlichsten Systemen Mutationen an den Loci für Thymidinkinase (TK) und Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HPRT) sowie für ein Transgen von Xanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (XPRT) nachgewiesen. Durch den TK-, HPRT- und XPRT-Mutationstest lassen sich unterschiedliche Spektren genetischer Ereignisse ermitteln. Die Autosomenlokation von TK und XPRT ermöglicht ggf. den Nachweis genetischer Ereignisse (z. B. großer Deletionen), die nicht am HPRT-Locus auf den X-Chromosomen feststellbar sind (2) (3) (4) (5) (6).

Beim In-vitro-Genmutationstest an Säugetierzellen können Kulturen von etablierten Zelllinien oder Zellstämmen zum Einsatz kommen. Die verwendeten Zellen werden unter dem Gesichtspunkt der Wachstumsfähigkeit in Kultur und der Stabilität der Spontanmutationshäufigkeit ausgewählt.

In vitro durchgeführte Versuche erfordern in der Regel den Zusatz eines exogenen Fremdstoff-Metabolisierungssystems. Mit diesem System lassen sich aber die In-vivo-Bedingungen bei Säugetieren nicht gänzlich nachvollziehen. Es sind unbedingt Bedingungen zu vermeiden, bei denen positive Ergebnisse auftreten, die nicht die intrinsische Mutagenität widerspiegeln und möglicherweise aus Veränderungen des pH-Werts bzw. der Osmolalität oder hochgradiger Zytotoxizität herrühren (7).

Dieser Test dient zum Nachweis möglicher Mutagene und Karzinogene in Säugetierzellen. Viele chemische Verbindungen, bei denen der Test positiv ausfällt, haben eine karzinogene Wirkung auf Säugetiere, doch besteht keine absolute Korrelation zwischen Test und Karzinogenität. Die Korrelation ist von der chemischen Klasse abhängig, und es gibt zunehmende Anzeichen dafür, dass bestimmte Karzinogene durch diesen Test nicht nachweisbar sind, da ihre Wirkung anscheinend auf anderen, nicht gentoxischen Mechanismen oder in Bakterienzellen fehlenden Mechanismen beruht (6).

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Vorwärtsmutation: Genmutation vom Elterntyp zur mutierten Form, die eine Veränderung oder den Ausfall der Enzymaktivität der Funktion des kodierten Proteins bewirkt.

Basenpaaraustauschmutagene: Agenzien, die den Austausch eines oder mehrerer Basenpaare in der DNA verursachen.

Rasterschubmutagene: Agenzien, die die Addition oder Deletion von einem oder mehreren Basenpaaren im DNA-Molekül verursachen.

Expressionszeit des Phänotyps: Zeitraum, in dem aus neu mutierten Zellen unveränderte Genprodukte abgebaut werden.

Mutantenhäufigkeit: Verhältnis der Anzahl der mutierten Zellen zur Anzahl der lebensfähigen Zellen.

Relative Gesamtwachstumsrate: Anstieg der Zellpopulation im Zeitverlauf gegenüber einer Kontrollzellpopulation; ermittelt durch Multiplikation der Suspensionswachstumsrate im Verhältnis zur Negativkontrolle mit der Klonierungseffizienz im Verhältnis zur Negativkontrolle.

Relative Suspensionswachstumsrate: Anstieg der Zellpopulation während der Expressionszeit gegenüber der Negativkontrolle.

Lebensfähigkeit: Klonierungseffizienz der behandelten Zellen zum Zeitpunkt der Ausplattierung unter selektiven Bedingungen nach der Expressionszeit.

Überlebensrate: Klonierungseffizienz der behandelten Zellen beim Ausplattieren nach Ablauf der Behandlungszeit; die Überlebensrate wird gewöhnlich in Relation zur Überlebensrate der Kontrollzellpopulation angegeben.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Zellen, die infolge der Mutation TK+/- → TK-/- keine Thymidinkinase (TK) enthalten, sind gegenüber der zytotoxischen Wirkung des Pyrimidinanalogons Trifluorthymidin (TFT) resistent. Bei Anwesenheit von Thymidinkinase sind Zellen hingegen empfindlich gegenüber TFT, das die Hemmung des Zellstoffwechsels verursacht und eine weitere Zellteilung verhindert. So können die Mutantenzellen bei Anwesenheit von TFT proliferieren, während die normalen Zellen, die Thymidinkinase enthalten, nicht dazu in der Lage sind. In ähnlicher Weise werden HPRT- oder XPRT-defiziente Zellen durch Resistenz gegenüber 6-Thioguanin (TG) oder 8-Azaguanin (AG) selektiert. Die Eigenschaften der Prüfsubstanz sind sorgfältig zu beachten, wenn bei einem Genmutationstest an Säugetierzellen ein mit dem selektierenden Agens verwandtes Basenanalogon bzw. eine damit verwandte Verbindung geprüft wird. Beispielsweise sollte jedem Verdacht auf selektive Toxizität der Prüfsubstanz bei mutierenden und nichtmutierenden Zellen nachgegangen werden. Bei der Prüfung von Chemikalien, die strukturell mit dem selektierenden Agens verwandt sind, muss die Leistungsfähigkeit des Selektivsystems bzw. des selektierenden Agens bestätigt werden (8).

Zellen in Suspensions- oder Monoschichtkultur werden über einen angemessenen Zeitraum mit und ohne Metabolisierungssystem mit der Prüfsubstanz behandelt und subkultiviert, um die Zytotoxizität zu bestimmen und vor der Mutantenselektion die Expression des Phänotyps zu ermöglichen (9) (10) (11) (12) (13). Die Zytotoxizität wird gewöhnlich durch Bestimmung der relativen Klonierungseffizienz (Überlebensrate) oder des relativen Gesamtwachstums der Kulturen nach Ablauf der Behandlungszeit ermittelt. Die behandelten Kulturen werden für einen ausreichenden Zeitraum, der für den jeweils gewählten Locus und Zelltyp charakteristisch ist, in einem Wachstumsmedium gehalten, um eine annähernd optimale phänotypische Expression der induzierten Mutationen zu ermöglichen. Die Mutantenhäufigkeit wird bestimmt, indem man eine bekannte Anzahl von Zellen auf ein Medium mit dem selektierenden Agens zur Bestimmung der Mutantenzahl und auf ein Medium ohne selektierendes Agens zur Bestimmung der Klonierungseffizienz (Lebensfähigkeit) aufimpft. Nach einer geeigneten Inkubationszeit werden die Kolonien gezählt. Die Mutantenhäufigkeit wird aus der Anzahl der Mutantenkolonien im selektiven Medium und der Anzahl der Kolonien im nichtselektiven Medium berechnet.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitungen

1.4.1.1.   Zellen

Für diesen Versuch steht eine Reihe von Zelltypen zur Verfügung. Dazu gehören Subklone von L5178Y, CHO-, CHO-AS52-, V79- oder TK6-Zellen. Die bei diesem Test verwendeten Zelltypen sollten nachweislich eine Empfindlichkeit für chemische Mutagene, eine hohe Klonierungseffizienz und eine geringe Spontanmutationshäufigkeit aufweisen. Die Zellen sind auf Mycoplasmaverunreinigung zu überprüfen und bei Verunreinigung nicht heranzuziehen.

Der Test sollte so angelegt werden, dass er ausreichende Sensitivität hat. Die Anzahl der Zellen, die verwendeten Kulturen und Konzentrationen der Prüfsubstanz sollten den vorgegebenen Parametern entsprechen (14). Die Mindestzahl der lebensfähigen Zellen, die die Behandlung überstehen und im jeweiligen Stadium der Prüfung verwendet werden, sollte auf der Spontanmutationshäufigkeit beruhen. Als allgemeine Faustregel gilt die Verwendung einer Anzahl von Zellen, die mindestens dem Zehnfachen des reziproken Wertes der Spontanmutationshäufigkeit entspricht. Es wird aber empfohlen, mindestens 106 Zellen zu verwenden. Es sollten angemessene historische Daten zum verwendeten Zellsystem vorhanden sein, um die durchgängige Aussagefähigkeit des Tests zu belegen.

1.4.1.2.   Kulturmedien und Inkubationsbedingungen

Zur Kultivierung sind geeignete Kulturmedien und Inkubationsbedingungen (Kulturgefäße, CO2-Konzentration, Temperatur und Feuchtigkeit) zu verwenden. Die Medien sind entsprechend dem beim Test verwendeten Selektivsystem und Zelltyp auszuwählen. Vor allem ist für Inkubationsbedingungen zu sorgen, die ein optimales Zellwachstum während der Expressionszeit und die Fähigkeit der mutierenden und nichtmutierenden Zellen zur Koloniebildung gewährleisten.

1.4.1.3.   Vorbereitung der Kulturen

Die Zellen werden aus Stammkulturen gewonnen, auf das Kulturmedium aufgeimpft und bei 37 oC inkubiert. Vor der Verwendung bei diesem Test sind die Kulturen ggf. von bereits vorhandenen Mutantenzellen zu reinigen.

1.4.1.4.   Stoffwechselaktivierung

Die Behandlung der Bakterien mit der Prüfsubstanz sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines geeigneten Metabolisierungssystems erfolgen. Das am häufigsten verwendete System ist eine durch Ko-Faktoren ergänzte post-mitochondriale Fraktion (S9) aus der Leber von Nagetieren, die mit enzyminduzierenden Agenzien wie Aroclor 1254 (15) (16) (17) (18) oder einem Gemisch aus Phenobarbiton und β-Naphtoflavon (19) (20) vorbehandelt wurde.

Im Endmedium wird die post-mitochondriale Fraktion in der Regel in Konzentrationen von 1 bis 10 % v/v verwendet. Wahl und Bedingungen des Metabolisierungssystems können von der geprüften chemischen Klasse abhängig sein. In bestimmten Fällen ist es ggf. zweckmäßig, mehr als eine Konzentration der postmitochondrialen Fraktion zu verwenden.

Eine Reihe von Entwicklungen, darunter die Herstellung gentechnisch veränderter Zelllinien zur Expression spezifischer Aktivierungsenzyme, eröffnen vielleicht die Möglichkeit für eine endogene Aktivierung. Die Wahl der verwendeten Zelllinien sollte wissenschaftlich begründet sein (z. B. durch die Relevanz des Isoenzyms Cytochrom P450 für den Stoffwechsel der Prüfsubstanz).

1.4.1.5.   Prüfsubstanz/Zubereitung

Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Zellbehandlung in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfsubstanzen können den Versuchssystemen vor der Behandlung direkt beigegeben und/oder verdünnt werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

1.4.2.   Prüfbedingungen

1.4.2.1.   Lösungsmittel/Vehikel

Die Lösungsmittel/Vehikel sollten nicht im Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen, und sie sollten mit dem Überleben der Zellen und der S9-Aktivität kompatibel sein. Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Daten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen. Bei der Prüfung wasserinstabiler Substanzen sollten die verwendeten organischen Lösungsmittel frei von Wasser sein. Das Wasser lässt sich durch Zusatz eines Molekularsiebs entfernen.

1.4.2.2.   Expositionskonzentrationen

Zu den Kriterien, die bei der Bestimmung der höchsten Konzentration zu berücksichtigen sind, zählen die Zytotoxizität, die Löslichkeit im Versuchssystem und die Veränderungen des pH-Werts oder der Osmolalität.

Die Zytotoxizität sollte im Hauptversuch mit und ohne Stoffwechselaktivierung unter Verwendung eines geeigneten Indikators für Zellintegrität und -Wachstum wie relative Klonierungseffizienz (Überlebensrate) oder relatives Gesamtwachstum bestimmt werden. Es ist möglicherweise sinnvoll, die Zytotoxizität und Löslichkeit in einem Vorversuch zu bestimmen.

Es sind mindestens vier analysierbare Konzentrationen zu verwenden. Wenn Zytotoxizität auftritt, sollten diese Konzentrationen den Bereich vom Höchstwert bis zu geringer oder nicht vorhandener Toxizität umfassen. Im Normalfall bedeutet dies, dass sich die Konzentrationen maximal um einen Faktor zwischen 2 und 10 unterscheiden. Beruht die höchste Konzentration auf der Zytotoxizität, sollte sie eine relative Überlebensrate (relative Klonierungseffizienz) oder relative Gesamtwachstumsrate von ca. 10 bis 20 % (aber mindestens 10 %) ergeben. Bei relativ nichtzytotoxischen Substanzen sollte die maximale Prüfkonzentration 5 mg/ml, 5 μl/ml oder 0,01 M betragen, je nachdem, welcher Wert am niedrigsten ist.

Relativ unlösliche Substanzen sind unter Kulturbedingungen bis zur Löslichkeitsgrenze und darüber hinaus zu testen. Eine etwaige Unlöslichkeit ist im Endmedium zu bestimmen, dem die Zellen ausgesetzt werden. Möglicherweise ist es sinnvoll, die Löslichkeit zum Anfang und Abschluss der Behandlung zu bewerten, da sich die Löslichkeit im Versuchssystem während der Exposition aufgrund des Vorhandenseins von Zellen, S9, Serum usw. verändern kann. Die Unlöslichkeit ist mit dem bloßen Auge erkennbar. Die Ausfällung sollte die Bewertung nicht beeinträchtigen.

1.4.2.3.   Kontrollen

Für jeden Versuch sind gleichzeitig Positiv- und Negativ-(Lösungsmittel- oder Vehikel-)Kontrollen mit oder ohne Zusatz eines Stoffwechselaktivierungssystems anzulegen. Bei Stoffwechselaktivierung sollte die Positivkontrollsubstanz jene Substanz sein, die zur mutagenen Reaktion eine Aktivierung benötigt.

Es kommen beispielsweise folgende Positivkontrollsubstanzen in Frage:

Stoffwechselaktivierungsstatus

Ort

Substanz

CAS-Nummer

EINECS-Nummer

Ohne exogene Stoffwechselaktivierung

HPRT

Ethylmethansulfonat

62-50-0

200-536-7

Ethylnitrosoharnstoff

759-73-9

212-072-2

TK (kleine und große Kolonien)

Methylmethansulfonat

66-27-3

200-625-0

XPRT

Ethylmethansulfonat

62-50-0

200-536-7

Ethylnitrosoharnstoff

759-73-9

212-072-2

Mit exogener Stoffwechselaktivierung

HPRT

3-Methylcholanthren

56-49-5

200-276-4

N-Nitrosodimethylamin

62-75-9

200-549-8

7,12-Dimethylbenzanthracen

57-97-6

200-359-5

TK (kleine und große Kolonien)

Cyclophosphamid

50-18-0

200-015-4

Cyclophosphamidmonohydrat

6055-19-2

 

Benzo[a]pyren

50-32-8

200-028-5

3-Methylcholanthren

56-49-5

200-276-5

XPRT

N-Nitrosodimethylamin (für hohe Konzentrationen von S9)

62-75-9

200-549-8

Benzo[a]pyren

50-32-8

200-028-5

Es kommen auch andere geeignete Positivkontrollsubstanzen in Betracht. Wenn z. B. ein Labor über historische Datenbestände zu 5-Bromo 2’-deoxyuridin (CAS-Nummer 59-14-3, EINECS-Nummer 200-415-9) verfügt, könnte auch diese Bezugssubstanz zum Einsatz kommen. Gegebenenfalls sollten Positivkontrollen herangezogen werden, die der gleichen chemischen Klasse angehören wie der Prüfstoff.

Es sind Negativkontrollen zu verwenden, bei denen das Behandlungsmedium lediglich Lösungsmittel oder Vehikel enthält und die auf die gleiche Weise wie die Behandlungskulturen behandelt werden. Darüber hinaus sollten auch unbehandelte Kontrollen verwendet werden, wenn nicht historische Kontrolldaten belegen, dass das gewählte Lösungsmittel keine schädlichen oder mutagenen Wirkungen hervorruft.

1.4.3.   Verfahren

1.4.3.1.   Behandlung mit der Prüfsubstanz

Proliferierende Zellen werden mit und ohne Zusatz eines Metabolisierungssystems mit der Prüfsubstanz behandelt. Die Exposition sollte über einen geeigneten Zeitraum (gewöhnlich 3 bis 6 Stunden) erfolgen. Die Expositionszeit kann sich über einen oder mehrere Zellzyklen erstrecken.

Es sollten für jede überprüfte Konzentration behandelte Zweifach- oder Einfachkulturen herangezogen werden. Bei Einfachkulturen ist die Anzahl der Konzentrationen zu erhöhen, damit eine ausreichende Anzahl von Kulturen zur Analyse vorliegt (d. h. mindestens 8 analysierfähige Konzentrationen). Es sind zweifache Negativ-(Lösungsmittel-)Kontrollkulturen zu verwenden.

Gasförmige oder flüchtige Substanzen sind mit Hilfe geeigneter Methoden zu prüfen, z. B. in hermetisch verschlossenen Kulturgefäßen (21) (22).

1.4.3.2.   Bestimmung der Überlebensrate, der Lebensfähigkeit und der Mutantenhäufigkeit

Am Ende der Expositionszeit werden die Zellen gewaschen und kultiviert, um die Überlebensrate zu bestimmen und die Expression des Mutantenphänotyps zu ermöglichen. Die Bestimmung der Zytotoxizität durch Ermittlung der relativen Klonierungseffizienz (Überlebensrate) oder des relativen Gesamtwachstums der Kulturen erfolgt in der Regel nach Ablauf der Behandlungszeit.

Jeder Locus hat eine bestimmte Mindestzeit, um eine annähernd optimale phänotypische Expression der neu induzierten Mutanten zu ermöglichen (HPRT und XPRT benötigen mindestens 6 bis 8 Tage, TK mindestens 2 Tage). Die Zellen werden in Medien mit und ohne selektierende Agenzien kultiviert, um die Mutantenzahl bzw. die Klonierungseffizienz zu bestimmen. Die Bestimmung der Lebensfähigkeit (zur Berechnung der Mutantenhäufigkeit) erfolgt nach dem Ablauf der Expressionszeit durch Ausplattieren in einem nicht selektierenden Medium.

Wenn die Prüfsubstanz im L5178Y-TK+/--Test einen positiven Befund ergibt, sollte zumindest bei einer der Prüfkulturen (der höchsten positiven Konzentration) und bei den Negativ- und Positivkontrollen eine Größeneinteilung der Kolonien erfolgen. Ergibt die Prüfsubstanz beim L5178Y-TK+/--Test einen negativen Befund, so ist eine Koloniegrößeneinstufung bei den Negativ- und Positivkontrollen durchzuführen. Eine Koloniegrößeneinstufung ist ggf. auch bei Studien mit TK6TK+/- vorzunehmen.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Anzugeben sind die Zytotoxizität, die Lebensfähigkeit, die Koloniezahlen und die Mutantenhäufigkeit für die Prüf- sowie Kontrollkulturen. Ergibt der L5178/Y-TK+/--Test einen positiven Befund, werden die Kolonien bei mindestens einer Konzentration der Prüfsubstanz (der höchsten positiven Konzentration) sowie bei den Negativ- und Positivkontrollen nach dem Kriterium kleine oder große Kolonie ausgewertet. Die molekulare und zellgenetische Beschaffenheit von Mutanten mit Bildung großer und Mutanten mit Bildung kleiner Kolonien ist gründlich erforscht (23) (24). Beim TK+/--Test werden die Kolonien nach dem Kriterium normal wachsende (große) oder langsam wachsende (kleine) Kolonie eingestuft (25). Mutantenzellen mit einer erheblichen genetischen Schädigung weisen eine längere Generationszeit auf und bilden daher kleine Kolonien. Die Schädigung kann vom Verlust eines kompletten Gens bis zu karyotypisch erkennbaren Chromosomenaberrationen reichen. Mutanten mit der Bildung kleiner Kolonien treten vor allem bei Chemikalien auf, die starke Chromosomenaberrationen hervorrufen (26). Weniger stark betroffene Mutantenzellen wachsen in ähnlichem Tempo wie die Elternzellen und bilden große Kolonien.

Es ist die Überlebensrate (relative Klonierungseffizienz) oder das relative Gesamtwachstum anzugeben. Unter der Mutantenhäufigkeit ist der zahlenmäßige Anteil der Mutantenzellen an den überlebenden Zellen zu verstehen.

Es sind die Daten für die einzelnen Kulturen zu dokumentieren. Zusätzlich sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden.

Bei einer eindeutigen positiven Reaktion ist eine Verifizierung nicht erforderlich. Nicht eindeutige Ergebnisse sind durch weitere Prüfungen abzuklären, möglichst unter Abänderung der Versuchsbedingungen. Negative Ergebnisse sind durch Einzelfallprüfung zu bestätigen. In jenen Fällen, in denen eine Bestätigung negativer Ergebnisse nicht für notwendig erachtet wird, ist dies zu begründen. Bei Folgeversuchen sollte die Abänderung der Studienparameter zur Erweiterung des Umfangs der bewerteten Bedingungen in Betracht gezogen werden. Zu den Studienparametern, die für eine Abänderung in Frage kommen, gehören die Abstände der Konzentrationen und der Stoffwechselaktivierungsstatus.

2.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Es gibt mehrere Kriterien für die Bestimmung eines positiven Ergebnisses, wie z. B. eine konzentrationsbezogene Zunahme und/oder eine reproduzierbare Zunahme der Mutationsrate. Zunächst sollte die biologische Relevanz der Ergebnisse untersucht werden. Als Hilfsmittel bei der Bewertung der Versuchsergebnisse können statistische Methoden dienen. Die statistische Signifikanz sollte aber nicht der einzige bestimmende Faktor für eine positive Reaktion sein.

Eine Prüfsubstanz, bei der die Ergebnisse nicht den oben genannten Kriterien entsprechen, gilt bei diesem System als nichtmutagen.

Auch wenn die meisten Versuche eindeutig positive oder negative Ergebnisse liefern, erlaubt der Datensatz in seltenen Fällen keine definitive Aussage über die Aktivität der Prüfsubstanz. Es kommt vor, dass sich die Ergebnisse unabhängig davon, wie oft der Versuch wiederholt wird, weiterhin als nicht eindeutig oder als fragwürdig erweisen.

Positive Ergebnisse aus dem In-vitro-Genmutationstest an Säugetierzellen deuten darauf hin, dass die Prüfsubstanz in den verwendeten kultivierten Säugetierzellen Genmutationen hervorruft. Eine reproduzierbare positive Relation zwischen Konzentration und Wirkung ist sehr bedeutsam. Negative Ergebnisse sind ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz unter diesen Versuchsbedingungen in den verwendeten kultivierten Säugetierzellen keine Genmutation auslöst.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

 

Lösungsmittel/Vehikel:

Begründung für die Wahl des Vehikels/Lösungsmittels;

Löslichkeit und Stabilität der Prüfsubstanz im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt.

 

Zellen:

Typ und Herkunft der Zellen;

Anzahl der Zellkulturen;

ggf. Passagenanzahl;

ggf. zum Erhalt der Zellkultur verwendete Verfahren;

Nichtvorhandensein von Mycoplasma.

 

Prüfbedingungen:

Begründung für die Auswahl der Konzentrationen und die Anzahl der Kulturen, darunter z. B. Angaben zur Zytotoxizität und Löslichkeitsgrenze, falls vorhanden;

Medienzusammensetzung, CO2-Konzentration;

Konzentration der Prüfsubstanz;

Volumen des Vehikels und der beigegebenen Prüfsubstanz;

Inkubationstemperatur;

Inkubationszeit;

Behandlungsdauer;

Zelldichte während der Behandlung;

Art und Zusammensetzung des Stoffwechselaktivierungssystems einschließlich Eignungskriterien;

Positiv- und Negativkontrollen;

Dauer der Expressionszeit (ggf. einschließlich Anzahl der überimpften Zellen, Subkulturen und Medienwechsel);

selektierende Agenzien;

Kriterien zur Einstufung der Tests als positiv, negativ oder nicht eindeutig;

Methoden zur Zählung der lebensfähigen und mutierten Zellen;

Angaben zur Berücksichtigung der Kolonien nach Größe und Typ (ggf. einschließlich Kriterien für, kleine' und, große' Kolonien).

 

Ergebnisse:

Toxizitätszeichen;

Ausfällungszeichen;

Angaben zum pH-Wert und zur Osmolalität des Behandlungsmediums, falls ermittelt;

Koloniegröße, falls bewertet, zumindest für Negativ- und Positivkontrollen;

ggf. Voraussetzungen des Labors zur Bestimmung von Mutanten mit geringer Koloniebildung durch das L5178Y-TK+/--System;

nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;

ggf. statistische Analysen;

Daten zu gleichzeitigen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen;

Daten zu historischen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen;

Mutantenhäufigkeit.

 

Diskussion der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Moore, M.M., DeMarini, D. M., DeSerres, F. J. and Tindall, K. R. (eds.) (1987), Banbury Report 28: Mammalian Cell Mutagenesis, Cold Spring Harbor Laboratory, New York.

(2)

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(3)

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(4)

Moore, M. M., Harington-Brock, K, Doerr, C. L. and Dearfield, K. L. (1989), Differential Mutant Quantitation at the Mouse Lymphoma TK and CHO HGPRT Loci, Mutagenesis, 4, 394-403.

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(6)

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(10)

Li, A. P., Carver, J. H., Choy, W. N., Hsie, A. W., Gupta, R. S., Loveday, K. S., O'Neill, J. R, Riddle, J. C, Stankowski, L. F. Jr. and Yang, L. L. (1987), A Guide for the Performance of the Chinese Hamster Ovary Cell/Hypoxanthine-Cuanine Phosphoribosyl Transferase Gene Mutation Assay, Mutation Res., 189, 135-141.

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Liber, H. L, Yandell, D. W. and Little, J. B. (1989), A Comparison of Mutation Induction at the TSC and HPRT Loci in Human Lymphoblastoid Cells: Quantitative Differences are Due to an Additional Class of Mutations at the Autosomal TK Locus, Mutation Res., 216, 9-17.

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(13)

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(15)

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(16)

Arnes, B. N., McCann, J. and Yamasaki, E. (1975), Methods for Detecting Carcinogens and Mutagens with the Salmonella/Mammalian-Microsome Mutagenicity Test, Mutation Res., 31, 347-364.

(17)

Clive, D., Johnson, K. O., Spector, J. F. S., Batson, A. G. and Brown M. M. M. (1979), Validation and Characterisation of the L5178Y/TK+/- Mouse Lymphoma Mutagen Assay System, Mutat. Res., 59, 61-108.

(18)

Maron, D. M. and Arnes, B. N. (1983), Revised Methods for the Salmonella Mutagenicity Test, Mutation Res., 113, 173-215.

(19)

Elliott, B. M., Combes, R. D., Elcome, C. R., Gatehouse, D. G., Gibson, G. G., Mackay, J. M. and Wolf, R. C. (1992), Alternatives to Aroclor 1254-Induced S9 in In Vitro Genotoxicity Assays, Mutagenesis, 7, 175-177.

(20)

Matsushima, T., Sawamura, M., Hara, K. and Sugimura, T. (1976), A Safe Substitute for Polychlorinated Biphenyls as an Inducer of Metabolic Activation Systems, in In Vitro Metabolic Activation in Mutagenesis Testing, de Serres, F. J., Fouts, J. R., Bend, J. R. and Philpot. R. M. (eds.) Elsevier, North-Holland, 85-88.

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(22)

Zamora, P. O., Benson, J. M., Li, A. P. and Brooks, A. L. (1983), Evaluation of an Exposure System Using Cells Grown on Collagen Gels for Detecting Highly Volatile Mutagens in the CHO/HGPRT Mutation Assay, Environmental Mutagenesis, 5, 795-801.

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Yandell, D. W., Dryja, T. P. and Little, J. B. (1990), Molecular Genetic Analysis of Recessive Mutations at a Heterozygous Autosomal Locus in Human Cells, Mutation Res., 229, 89-102.

(26)

Moore, M. M. and Doerr, C. L. (1990), Comparison of Chromosome Aberration Frequency and Small Colony TK-Deficient Mutant Frequency in L5178Y/TK — 3.7.2C Mouse Lymphoma Cells, Mutagenesis 5, 609-614.

B.18.   DNS-SCHÄDIGUNG UND -REPARATUR — UNPLANMÄSSIGE DNS-SYNTHESE (UDS) — SÄUGETIERZELLEN — IN VITRO

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Mit dem Test zur unplanmäßigen DNS-Synthese (UDS)-Test wird die DNS-Reparatursynthese nach Ausschneiden und Entfernen des Abschnitts eines DNS-Strangs gemessen, in dem sich die durch chemische und physikalische Agenzien induzierte Schädigung befindet. Der UDS-Test eignet sich zur Ermittlung der „long patch“-Reparatur. Die „short patch“ -Reparatur oder Insertion einzelner Nukleotidbasen lässt sich damit nicht oder nur mit einem sehr geringen Empfindlichkeitsgrad feststellen. Der Test beruht auf dem Einbau von tritiummarkiertem Thymidin (3H-TdR) in die DNS von Säugetierzellen, die sich außerhalb der S-Phase des Zellzyklus befinden. Die 3H-TdR-Aufnahme lässt sich durch Autoradiografie oder eine Flüssigkeitsszintillationszählung (LSC = Liquid Scintillation Counting) der DNS behandelter Zellen bestimmen. Säugetierzellen in Kultur werden, sofern es sich nicht um primäre Rattenhepatozyten handelt, mit der Prüfsubstanz mit oder ohne Zusatz eines exogenen Stoffwechselaktivierungssystems behandelt. Die UDS lässt sich auch in In-vivo-Systemen messen.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Die Prüfsubstanzen und die Kontroll- oder Bezugssubstanzen sollten in Medien oder in geeigneten Lösungsmitteln gelöst oder suspendiert werden. Die endgültige Lösungsmittelkonzentration darf die Überlebensrate der Zellen nicht beeinträchtigen.

In diesem Versuch können primäre Kulturen von Rattenhepatozyten, menschlichen Lymphozyten oder etablierten Zelllinien (z. B. menschliche diploide Fibroblasten) verwendet werden.

Die Behandlung der Zellen mit der Prüfsubstanz sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines geeigneten Stoffwechselaktivierungssystems erfolgen.

Versuchsbedingungen

Anzahl der Kulturen

Für jeden experimentellen Punkt werden mindestens zwei Zellkulturen für die Autoradiografie verwendet und mindestens sechs Zellkulturen (wenn es wissenschaftlich begründbar ist, können weniger verwendet werden) für das LSC-Verfahren.

Verwendung von Negativ- und Positivkontrollen

Für jeden Versuch sind gleichzeitig Positiv- und (unbehandelte und/oder Lösungsmittel) Negativkontrollen mit oder ohne Zusatz eines Metabolisierungssystems anzulegen.

Beispiele für die Positivkontrollen für den Rattenhepatozytenversuch sind: 7,12-Dimethylbenzanthracen (7,12-DMBA) oder 2-Azetylaminofluoren (2-AAF). Werden etablierte Zelllinien verwendet, kann 4-Nitochinolin-N-oxid (4-NAO) als Positivkontrolle für Autoradiografie- und LSC-Versuche ohne Stoffwechselaktivierung dienen. Ein Beispiel für eine Positivkontrolle bei Verwendung von Stoffwechselaktivierungssystemen ist N-Dimethylnitrosamin.

Konzentrationen

Es sind mehrere unterschiedliche Konzentrationen der Prüfsubstanz zu verwenden. Die höchste Konzentration sollte zytotoxisch wirken. Relativ wasserunlösliche Verbindungen sind bis zur Löslichkeitsgrenze zu testen. Bei voll wasserlöslichen, nichttoxischen Substanzen ist die höchste Konzentration von Fall zu Fall festzulegen.

Zellen

Die Kulturen sind unter geeigneten Bedingungen (Wachstumsmedien, CO2-Konzentration, Temperatur und Feuchtigkeit) zu halten. Etablierte Zelllinien sind periodisch auf Mycoplasmaverunreinigung zu überprüfen. Weiterhin ist eine periodische Überprüfung der Zellen auf Karyotypstabilität ratsam.

Stoffwechselaktivierung

Bei primären Hepatozytenkulturen wird kein exogenes Stoffwechselaktivierungssystem verwendet. Die Behandlung etablierter Zelllinien und Lymphozyten mit der Prüfsubstanz erfolgt sowohl mit als auch ohne Zusatz eines geeigneten exogenen Stoffwechselaktivierungssystems.

Versuchsdurchführung

Vorbereitung der Kulturen

Etablierte Zelllinien werden aus Stammkulturen gewonnen (z. B. durch Trypsinierung bzw. Abschütteln), in Kulturgefäße in angemessener Zelldichte überimpft und bei 37 oC inkubiert.

Kurzzeitkulturen von Rattenhepatozyten werden dadurch angelegt, dass man es frisch gewonnenen Hepatozyten ermöglicht, sich in einem geeigneten Medium an die Wachstumsfläche festzuheften.

Kulturen von menschlichen Lymphozyten werden mit geeigneten Verfahren angelegt.

Behandlung der Kulturen mit der Prüfsubstanz

Primäre Rattenhepatozyten

Frisch isolierte Rattenhepatozyten werden in einem3H-TdR enthaltenden Medium während eines angemessenen Zeitraums mit der Prüfsubstanz behandelt. Nach Ende der Behandlung wird das Medium entfernt, die Zellen werden gewaschen, fixiert und getrocknet. Die Objektträger werden in Autoradiografieemulsion getaucht (alternativ dazu können ‚stripping‘-Filme verwendet werden), ‚belichtet‘, entwickelt, gefärbt und ausgewertet.

Etablierte Zelllinien und Lymphozyten

Autoradiografieverfahren: Die Zellkulturen werden jeweils während einer angemessenen Zeitdauer mit der Prüfsubstanz behandelt und dann mit3H-TdR behandelt. Die Zeiten richten sich nach Art der Substanz, Aktivität des Stoffwechselsystems und Zelltyp. Zur Ermittlung des UDS-Maximums ist3H-TdR entweder gleichzeitig mit der Prüfsubstanz oder innerhalb weniger Minuten danach zuzugeben. Für welches dieser beiden Verfahren man sich entscheidet, hängt von der Möglichkeit einer Interaktion zwischen Prüfsubstanz und3H-TdR ab. Um zwischen UDS und semikonservativer DNS-Replikation zu unterscheiden, kann letztere z. B. durch Verwendung eines argininfreien Mediums, durch geringen Serumgehalt oder Hydroxyharnstoff im Kulturmedium gehemmt werden.

Messungen der UDS mit dem LSC-Verfahren: Vor Behandlung mit der Prüfsubstanz sollte der Eintritt der Zellen in die S-Phase wie oben beschrieben blockiert werden. Anschließend sind die Zellen wie bei der Autoradiografie beschrieben mit der Prüfsubstanz zu behandeln. Nach Ende der Inkubationszeit extrahiert man die DNS aus den Zellen und bestimmt den gesamten DNS-Gehalt sowie die3H-TdR-Einbaurate.

Bei Verwendung nichtstimulierter menschlicher Lymphozyten erübrigen sich die oben genannten Verfahren zur Hemmung der semikonservativen DNS-Replikation.

Analyse

Autoradiografiebestimmung

Bei der Bestimmung der UDS an Zellen in Kultur werden die S-Phasen-Kerne nicht gezählt. Pro Konzentration sind bei der Zählung mindestens 50 Zellen zu erfassen. Die Objektträger sollten vor der Zählung kodiert werden. Auf jedem Objektträger sind mehrere weit auseinander liegende, nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Felder zu zählen. Das Ausmaß der Hintergrund-Markierung im Zytoplasma ist durch Zählung von drei Bereichen von der Größe eines Kerns im Zytoplasma jeder gezählten Zelle zu bestimmen.

Bestimmungen mit dem LSC-Verfahren

Bei Bestimmungen der UDS mit dem LSC-Verfahren ist eine angemessene Anzahl von Kulturen pro Konzentration und in den Kontrollen zu verwenden.

Alle Ergebnisse sind in einem unabhängigen Versuch zu bestätigen.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form darzustellen.

2.1.   AUTORADIOGRAFIEBESTIMMUNGEN

Das Ausmaß des3H-TdR-Einbaus im Zytoplasma und die Anzahl der Körner über dem Zellkern sind getrennt zu vermerken.

Zur Beschreibung der Verteilung der3H-TdR-Hintergrundmarkierung und der Anzahl der Granula pro Kern können Mittelwert, Medianwert und Modalwert verwendet werden.

2.2.   BESTIMMUNGEN MIT DEM LSC-VERFAHREN

Bei der Bestimmung mit dem LSC-Verfahren ist der3H-TdR-Einbau in dpm/μg DNS anzugeben. Zur Beschreibung der Einbauverteilung kann der Mittelwert für dpm/μg DNS mit Standardabweichung verwendet werden.

Die Auswertung der Daten sollte unter Verwendung geeigneter statistischer Verfahren erfolgen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendete Zellen, Dichte und Passagenanzahl und Zeitpunkt der Behandlung, Anzahl der Zellkulturen;

zur Erstellung der Zellkulturen verwendete Verfahren einschließlich Medium, Temperatur und CO2-Konzentrationen;

Prüfsubstanz, Lösungsmittelkonzentrationen und Begründung für die Wahl der in dem Versuch verwendeten Konzentrationen;

nähere Angaben zu den Stoffwechselaktivierungssystemen;

Behandlungsplan;

Positiv- und Negativkontrollen;

verwendetes Autoradiografieverfahren;

zur Blockierung des Eintritts der Zellen in die S-Phase verwendete Verfahren;

zur DNS-Extraktion und Bestimmung des gesamten DNS-Gehalts im Rahmen des LSC-Verfahrens verwendete Methoden;

ggf. Dosis-Wirkungs-Beziehung;

statistische Auswertung;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.19.   IN-VITRO-SCHWESTERCHROMATIDAUSTAUSCH-TEST

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Bei dem Schwesterchromatidaustausch-Test (SCE = Sister Chromatid Exchange) handelt es sich um einen Kurzzeittest zur Ermittlung reziproker Austausche der DNS zwischen zwei Schwesterchromatiden eines sich replizierenden Chromosoms. SCE stellt den Austausch von DNS-Replikationsprodukten an anscheinend homologen Loci dar. Der Austauschprozess umfasst vermutlich Bruch und Reunion der DNS-Stränge, aber über seine Molekulargrundlage ist wenig bekannt. Zur Erkennung des SCE ist es erforderlich, die Schwesterchromatiden unterschiedlich zu markieren, was sich durch Einbau von Bromdesoxyuridin (BrdU) in die Chromosomen-DNS während eines oder zwei Zellzyklen erreichen lässt.

Die Säugetierzellen werden in vitro mit und ohne Zusatz eines exogenen Säuger-Metabolisierungssystems mit der Prüfsubstanz behandelt und während eines oder zweier Replikationszyklen in BrdU enthaltendem Medium kultiviert. Nach Behandlung mit einem Spindelgift (z. B. Colchicin) zur Akkumulierung der Zellen in einem metaphasenähnlichen Stadium der Mitose (C-Metaphase) werden die Zellen gewonnen und Chromosomenpräparationen hergestellt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Für diese Versuche können Primärkulturen (z. B. menschliche Lymphozyten) oder etablierte Zelllinien (z. B. Ovarzellen des Chinesischen Hamsters) verwendet werden. Zelllinien sind auf Mycoplasmaverunreinigung zu überprüfen;

der Versuch ist mit geeigneten Kulturmedien und unter angemessenen Inkubationsbedingungen (z. B. Temperatur, Kulturgefäße, CO2-Konzentration und Feuchtigkeit) durchzuführen;

die Prüfsubstanzen können in Kulturmedien oder in geeigneten Lösungsmitteln gelöst oder suspendiert werden, bevor die Behandlung der Zellen beginnt. Die endgültige Konzentration eines Lösungsmittels im Kultursystem darf die Lebensfähigkeit der Zellen bzw. die Wachstumsrate nicht signifikant beeinflussen. Die Beeinflussung der SCE-Häufigkeit ist durch eine Lösungsmittelkontrolle zu überwachen;

die Behandlung der Zellen mit der Prüfsubstanz sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines exogenen Säuger-Metabolierungssystems erfolgen. Werden Zelltypen mit endogener Stoffwechselaktivität verwendet, sollte bekannt sein, dass die Substanzen der entsprechenden chemischen Klasse zu metabolisieren vermögen.

Versuchsbedingungen

Anzahl der Kulturen

Für jeden experimentellen Punkt sind mindestens zwei Kulturen zu verwenden.

Verwendung von Positiv- und Negativkontrollen

Bei jedem Versuch sind Positivkontrollen heranzuziehen sowohl unter Verwendung einer direkt wirksamen Substanz als auch einer Substanz, die eine Stoffwechselaktivierung erfordert. Auch eine Lösungsmittelkontrolle ist zu verwenden.

Folgende Substanzen können beispielsweise als Positivkontrollen verwendet werden:

direkt wirksame Verbindungen:

Ethylmethansulfonat,

indirekt wirksame Verbindungen:

Cyclophosphamid.

Gegebenenfalls kann eine zusätzliche Positivkontrolle mit einer Substanz durchgeführt werden, die der gleichen chemischen Klasse angehört wie die Prüfsubstanz.

Konzentrationen

Es sind mindestens drei geeignete Konzentrationen der Prüfsubstanz zu verwenden. Die höchste Konzentration sollte eine signifikant toxische Wirkung ausüben, muss jedoch noch eine adäquate Zellreplikation zulassen. Relativ wasserunlösliche Substanzen sind mit geeigneten Verfahren bis zur Löslichkeitsgrenze zu testen. Bei voll wasserlöslichen, nichttoxischen Substanzen ist die höchste Prüfsubstanzkonzentration von Fall zu Fall festzulegen.

Versuchsdurchführung

Vorbereitung der Kulturen

Zellen etablierter Zelllinien werden aus Stammkulturen isoliert (z. B. durch Trypsinierung bzw. Abschütteln), in Kulturgefäße in geeigneter Dichte ausgesät und bei 37 oC inkubiert. Bei einschichtigen Kulturen ist die Anzahl der Zellen pro Kulturgefäß so zu wählen, dass die Kulturen zum Zeitpunkt der Aufarbeitung zu nicht viel mehr als 50 % konfluent sind. Die Zellen können auch in einer Suspensionskultur gehalten werden. Kulturen von menschlichen Lymphozyten werden unter Verwendung geeigneter Verfahren mit heparinisiertem Blut angelegt und bei 37 oC inkubiert.

Behandlung

Zellen in der exponentiellen Wachstumsphase werden während einer angemessenen Zeitdauer mit der Prüfsubstanz behandelt. In den meisten Fällen reichen ein bis zwei Stunden aus, doch kann die Behandlungszeit in bestimmten Fällen auf maximal zwei vollständige Zellzyklen verlängert werden. Zellen ohne ausreichende Stoffwechselaktivität sind sowohl mit als auch ohne Zugabe eines geeigneten Metabolisierungssystems mit der Prüfsubstanz zu behandeln. Nach Ende der Behandlungszeit wird durch Waschen der Zellen die Prüfsubstanz entfernt. Die Zellen werden während eines oder zweier Replikationszyklen in Anwesenheit von BrdU kultiviert. Alternativ kann die Behandlung der Zellen während der gesamten Kultivierungszeit von zwei Zellzyklen mit der Prüfsubstanz und BrdU gleichzeitig erfolgen.

Kulturen von menschlichen Lymphozyten werden behandelt, während sie sich in semisynchronem Zustand befinden.

Die Aufarbeitung der Zellen erfolgt zum Zeitpunkt ihrer zweiten Teilung nach der Behandlung, wobei sicherzustellen ist, dass die empfindlichsten Stadien des Zellzyklus mit der Substanz behandelt wurden. An allen Kulturen, denen BrdU beigegeben wurde, sind die entsprechenden Verrichtungen bis zur Gewinnung der Zellen im Dunkeln oder bei entsprechend schwacher Beleuchtung vorzunehmen, um die Fotolyse von BrdU-haltiger DNS so gering wie möglich zu halten.

Gewinnung der Zellen

Ein bis vier Stunden vor der Aufarbeitung werden die Zellkulturen mit einem Spindelgift (z. B. Colchicin) behandelt. Jede Kultur wird einzeln gewonnen und getrennt zur Chromosomenpräparation aufgearbeitet.

Präparation und Färbung von Chromosomen

Die Chromosomenpräparate werden mit zytogenetischen Standardverfahren angefertigt. Die Färbung der Objektträger zur Darstellung der SCE ist mit verschiedenen Verfahren möglich (z. B. dem Fluoreszensplus-Giemsa-Verfahren).

Analyse

Die Anzahl der zu analysierenden Zellen ist unabhängig von der spontanen SCE-Häufigkeit. Normalerweise werden die SCE in mindestens 25 gut gespreiteten Metaphasen pro Kultur gezählt. Vor der Auswertung werden die Objektträger kodiert. Bei Verwendung menschlicher Lymphozyten wertet man nur die Metaphasen mit 46 Zentromeren aus. Bei Verwendung etablierter Zelllinien werden nur Metaphasen ausgewertet, deren Zentromerzahl dem häufigsten Wert ± 2 entspricht. Er ist anzugeben, ob Farbsprünge im Zentromerbereich als SCE gezählt wurden oder nicht. Alle Ergebnisse sind in einem unabhängigen Versuch zu bestätigen.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form darzustellen. Für alle behandelten und Kontrollkulturen sind die SCE-Anzahl pro Metaphase und die SCE-Anzahl pro Chromosom für jede Kultur getrennt anzugeben.

Die Auswertung der Daten sollte unter Verwendung geeigneter statistischer Verfahren erfolgen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendete Zellen, Zellkulturbedingungen;

Versuchsbedingungen: verwendete Medien, CO2-Konzentrationen, Konzentration der Prüfsubstanz, verwendete Lösungsmittel, Inkubationstemperatur, Inkubationsdauer, verwendetes Spindelgift (Konzentration und Behandlungsdauer), Typ des verwendeten Säugetier-Metabolisierungssystems, Positiv- und Negativkontrollen;

Anzahl der Zellkulturen für jeden experimentellen Punkt;

nähere Angaben über die Herstellung der Chromosomenpräparate;

Anzahl der analysierten Metaphasen (die Werte sind für jede Kultur getrennt anzugeben);

SCE-Anzahl pro Metaphase und pro Chromosom (die Werte sind für jede Kultur getrennt anzugeben);

Kriterien für die Auswertung der SCE;

Begründung der Dosierungswahl;

ggf. Dosis-Wirkungs-Beziehung;

statistische Auswertung;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.20.   TEST ZUR ERFASSUNG GESCHLECHTSGEBUNDENER REZESSIVER LETALMUTATIONEN AN DROSOPHILA MELANOGASTER

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Mit dem Test zur Erfassung geschlechtsgebundener rezessiver Letalmutationen (sex-linked recessive lethal test = SLRL-Test) an Drosophila melanogaster lassen sich Mutationen — sowohl Punktmutationen als auch kleine Deletionen — in der Keimbahn des Insekts feststellen. Es handelt sich um einen Vorwärtsmutationstest, mit dem eine Untersuchung auf Mutationen an etwa 800 Loci auf dem X-Chromosom (etwa 80 % aller X-Chromosom-Loci) möglich ist. Das X-Chromosom enthält etwa ein Fünftel des gesamten haploiden Genoms.

Mutationen im X-Chromosom von Drosophila melanogaster werden in männlichen Trägern des Mutantengens phänotypisch exprimiert. Wenn eine letale Mutation in hemizygotem Zustand vorliegt, fehlt eine der beiden Klassen männlicher Nachkommen, die ein heterozygotes Weibchen normalerweise hervorbringt. Im SLRL-Test erkennt man diese Tatsachen mit Hilfe besonders markierter und angeordneter Chromosomen.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Zuchten

Es können Männchen einer genau definierten Wildtypzucht und Weibchen der Zucht Muller-5 verwendet werden. Auch die Verwendung von anderen entsprechend markierten Weibchen mit multiplen invertierten X-Chromosomen ist möglich.

Prüfsubstanz

Die Prüfsubstanzen sind in Wasser zu lösen. Wasserunlösliche Substanzen können in geeigneten Lösungsmitteln (z. B. einer Mischung aus Ethanol und Tween-60 oder 80) gelöst oder suspendiert und dann vor der Verabreichung mit Wasser oder Kochsalzlösung verdünnt werden. Die Verwendung von Dimethylsulfoxid (DMSO) als Lösungsmittel ist zu vermeiden.

Anzahl der Tiere

Empfindlichkeit und Signifikanzgrad des Tests sind vorher festzulegen. Die Anzahl der zu analysierenden behandelten Chromosomen hängt in hohem Maß von der spontanen Mutationsrate in entsprechenden Kontrollen ab.

Behandlung

Die Verabreichung kann oral, durch Injektion oder durch Exposition gegenüber Gasen oder Dämpfen erfolgen. Bei oraler Verabreichung kann die Prüfsubstanz in Zuckerlösung gegeben werden. Erforderlichenfalls können die Substanzen in einer 0,7 %igen NaCl-Lösung gelöst und in Thorax oder Abdomen injiziert werden.

Verwendung von Negativ- und Positivkontrollen

Negativ-(Vehikel-) und Positivkontrollen sind zu verwenden. Stehen jedoch entsprechende Laborkontrollen zur Verfügung, sind keine gleichzeitigen Kontrollen erforderlich.

Konzentrationen

Es sind drei Konzentrationen zu verwenden. Zur vorläufigen Abschätzung kann eine einzige Konzentration verwendet werden, und zwar entweder die höchste noch verträgliche Konzentration der Prüfsubstanz oder eine Konzentration, die gewisse Toxizitätsanzeichen hervorruft. Bei nichttoxischen Substanzen sollte die Behandlung gegenüber der höchstmöglichen Konzentration erfolgen.

Versuchsdurchführung

Wildtypmännchen (3 bis 5 Tage alt) werden mit der Prüfsubstanz behandelt und einzeln mit mehreren jungfräulichen Weibchen aus der Muller-5-Zucht oder aus einer anderen entsprechend markierten Zucht (mit multiplen invertierten X-Chromosomen) gepaart. Die Weibchen werden alle zwei bis drei Tage durch neue jungfräuliche Tiere ersetzt, um den gesamten Keimzellzyklus abzudecken. Durch die Untersuchung der Nachkommen dieser Weibchen werden Letaleffekte in reifen Spermien, Spermatiden des mittleren oder späten Stadiums, frühen Spermatiden, Spermatozyten und Spermatogonien der behandelten Männchen erfasst.

Heterozygote F1-Weibchen aus den obigen Kreuzungen werden einzeln (d. h. ein Weibchen pro Flasche) mit ihren Brüdern gepaart. In der F2-Generation wird in jeder Kultur festgestellt, ob Wildtypmännchen auftreten oder nicht. Gelangt man aufgrund der Tatsache, dass in einer Kultur keine F2-Männchen mit dem behandelten Chromosom (Wildtyp) beobachtet werden, zu der Annahme, dass das F2-Weibchen Träger eines Letalgens im väterlichen X-Chromosom ist, sind die Töchter dieses Weibchens mit dem gleichen Genotyp zu testen, um festzustellen, ob die Letalität auch in der nächsten Generation wieder auftritt.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form darzustellen. Anzugeben ist die Anzahl der getesteten X-Chromosomen, die Anzahl der unfruchtbaren Männchen und die Anzahl der Letalmutationen für jede Konzentration, für jede Paarungsperiode und jedes behandelte Männchen. Auch sind Cluster verschiedener Größen pro Männchen anzugeben. Die Versuchsergebnisse sind in einem getrennten Versuch zu bestätigen.

Bei der Auswertung der SLRL-Tests sind geeignete statistische Verfahren zu verwenden. Cluster-Bildung rezessiver Letalmutationen, die von einem Männchen ausgehen, sind mit einem geeigneten statistischen Verfahren zu untersuchen und auszuwerten.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Zucht: verwendete Drosophila-Zuchten oder -Stämme, Alter der Insekten, Anzahl der behandelten Männchen, Anzahl der sterilen Männchen, Anzahl der etablierten F2-Kulturen, Anzahl der F2-Kulturen ohne Nachkommen, Anzahl der in den einzelnen Keimzellstadien festgestellten Chromosomen mit einer Letalmutation;

Kriterien für die Festlegung der Größe der behandelten Gruppen;

Versuchsbedingungen: eingehende Beschreibung des Behandlungs- und Stichprobenentnahmeplans, Expositionskonzentrationen, Toxitätsdaten, ggf. Negativ-(Lösungsmittel-) und Positivkontrollen;

Kriterien für die Erfassung der Letalmutationen;

ggf. Dosis-Wirkungs-Beziehung;

statistische Auswertung;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.21.   IN-VITRO-ZELLTRANSFORMATIONSTEST

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

KEINE.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Mit Säugetierzell-Kultursystemen können durch chemische Substanzen induzierte phänotypische Veränderungen in vitro ermittelt werden, die mit malignen Transformationen in vivo in Zusammenhang gebracht werden. Häufig verwendete Zellen sind: C3H10T 1/2, 3T3, SHE, Fisher-Ratten-Zellen. Die Tests beruhen auf Veränderungen der Zellmorphologie, Fokusbildung oder der Eigenschaft, im Weichagar wachsen zu können. Mit einigen weniger häufig verwendeten Systemen lassen sich andere physiologische oder morphologische Veränderungen der Zellen nach Exposition gegenüber karzinogenen Substanzen feststellen. Für keinen der In-vitro-Test-Endpunkte wurde eine kausale Beziehung zu Krebs nachgewiesen. Mit einigen der Testsysteme lassen sich Tumorpromotoren ermitteln. Die Zytotoxizität kann festgestellt werden anhand der Auswirkung der Prüfsubstanz auf das Koloniebildungsvermögen (Klonierungseffizienz) oder die Wachstumsraten der Kulturen. Durch Ermittlung der Zytotoxizität kann man feststellen, ob die Exposition gegenüber der Prüfsubstanz toxikologisch relevant war, man kann damit jedoch nicht in allen Versuchen die Transformationshäufigkeit berechnen, da bei einigen längere Inkubationszeiten und/oder Neuplattierungen erforderlich sind.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Zellen

Je nach verwendetem Transformationstest stehen verschiedene Zelllinien oder primäre Zellen zur Verfügung. Der Untersucher muss sicherstellen, dass die Zellen in dem durchzuführenden Versuch nach der Exposition gegenüber bekannten Karzinogenen die entsprechenden phänotypischen Veränderungen aufweisen und dass Validität und Zuverlässigkeit des Tests in seinem Labor nachgewiesen und dokumentiert wurden.

Medien

Die Medien und Versuchsbedingungen müssen für den durchzuführenden Transformationsversuch geeignet sein.

Prüfsubstanz

Die Prüfsubstanzen können in einem Kulturmedium oder in geeigneten Vehikeln gelöst oder suspendiert werden, bevor die Behandlung der Zellen beginnt. Die Endkonzentration des Lösungsmittels im Kultursystem darf weder die Überlebensrate noch die Wachstumsrate der Zellen oder die Transformationsinzidenz beeinflussen.

Stoffwechselaktivierung

Die Behandlung der Zellen mit der Prüfsubstanz sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines exogenen Säugetier-Metabolierungssystems erfolgen. Werden Zelltypen mit endogener Stoffwechselaktivität verwendet, sollte bekannt sein, dass diese Zellen Substanzen der entsprechenden chemischen Klasse zu metabolisieren vermögen.

Versuchsbedingungen

Verwendung von Positiv- und Negativkontrollen

Jeder Versuch sollte Positivkontrollen umfassen unter Verwendung sowohl einer direkt wirkenden Substanz als auch einer Substanz, bei der eine Stoffwechselaktivierung erforderlich ist. Auch eine Negativ-(Vehikel-)Kontrolle sollte angelegt werden.

Folgende Substanzen können beispielsweise als Positivkontrollen dienen:

Direkt wirksame Verbindungen:

Ethylmethansulfonat,

β-Propiolacton,

Verbindungen, bei denen eine Stoffwechselaktivierung erforderlich ist:

2-Acetylaminofluoren,

4-(Dimethylamino)-azobenzol,

7,12-Dimethylbenzanthracen.

Gegebenenfalls ist eine weitere Positivkontrolle erforderlich, die der gleichen chemischen Klasse angehört, wie die zu untersuchende Substanz.

Konzentrationen

Es sind mehrere Konzentrationen der Prüfsubstanz zu verwenden. Diese Konzentrationen sollten eine konzentrationsabhängige toxische Wirkung ausüben, wobei die höchste Konzentration eine geringe Überlebensrate ergibt und die Überlebensrate in der niedrigsten Konzentration etwa der in der negativen Kontrolle entspricht. Relativ wasserunlösliche Substanzen sind mit geeigneten Verfahren bis zur Löslichkeitsgrenze zu testen. Bei voll wasserlöslichen, nichttoxischen Substanzen ist die höchste Prüfkonzentration von Fall zu Fall festzulegen.

Versuchsdurchführung

Die Zellen sind je nach verwendetem Testsystem während einer angemessenen Zeitdauer zu exponieren; bei längerer Exposition kann deshalb eine Neudosierung mit Erneuerung des Mediums (und ggf. des Stoffwechselaktivierungsgemischs) erforderlich werden. Die Behandlung der Zellen ohne ausreichende eigene Stoffwechselaktivität mit der Prüfsubstanz sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines geeigneten Stoffwechselaktivierungssystems erfolgen. Nach Ende der Behandlungszeit wird die Prüfsubstanz durch Waschen von den Zellen entfernt. Dann werden die Zellen unter Bedingungen kultiviert, die es ermöglichen, den veränderten Phänotyp zu erfassen. Anschließend wird die Transformationsinzidenz ermittelt. Alle Ergebnisse sind in einem unabhängigen Versuch zu bestätigen.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form darzustellen. Je nach Versuch sind zum Beispiel Anzahl der Platten, Platten mit Transformation oder Anzahl der transformierten Zellen anzugeben. Gegebenenfalls ist die Überlebensrate als Prozentsatz der Überlebensrate in den Kontrollkulturen und die Transformationshäufigkeit als Anzahl der transformierten Zellen pro Anzahl der überlebenden Zellen auszudrücken. Die Daten sind unter Verwendung geeigneter statistischer Verfahren abzusichern.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendeter Zelltyp, Anzahl der Zellenkulturen, Zellkulturbedingungen;

Versuchsbedingungen, Konzentration der Prüfsubstanz, verwendetes Lösungsmittel, Inkubationstemperatur, Inkubationsdauer, Behandlungsdauer und -häufigkeit, Zelldichte während der Behandlung, Art des verwendeten exogenen Stoffwechselaktivierungs-Systems, Positiv- und Negativkontrollen, genaue Beschreibung des zu erfassenden Phänotyps, ggf. verwendetes Selektivsystem, Begründung für die Wahl der Konzentrationen;

das zur Zählung der lebenden und transformierten Zellen verwendete Verfahren;

statistische Auswertung;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.22.   SÄUGER-IN-VIVO-DOMINANT-LETAL-TEST

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Dominante Letaleffekte bewirken den Tod des Embryos bzw. des Fötus. Die Induktion dominanter Letalgene durch Behandlung mit einer chemischen Substanz weist darauf hin, dass die Substanz das Keimgewebe der Tierart geschädigt hat. Man geht allgemein davon aus, dass dominante Letalgene auf Chromosomenschäden (strukturelle und numerische Anomalien) zurückgehen. Das Absterben des Embryos in behandelten Weibchen kann auch durch toxische Effekte bedingt sein.

Im Allgemeinen werden die männlichen Tiere mit der Prüfsubstanz behandelt und dann mit unbehandelten jungfräulichen Weibchen gepaart. Die verschiedenen Keimzellstadien können durch Verwendung aufeinander folgender Paarungsintervalle getrennt getestet werden. Die Differenz zwischen der Anzahl der toten Implantate pro Weibchen in der behandelten Gruppe und der Anzahl toter Implantate pro Weibchen in der Kontrollgruppe entspricht dem Postimplantationsverlust. Der Präimplantationsverlust kann abgeschätzt werden auf der Grundlage der Corpora lutea oder durch den Vergleich der Gesamtimplantate pro Weibchen in der behandelten und der Kontrollgruppe. Der gesamte dominante Letaleffekt entspricht der Summe der Prä- und Postimplantationsverluste. Die Berechnung des gesamten dominanten Letaleffekts beruht auf einem Vergleich der Zahl der lebenden Implantate pro Weibchen in der Versuchsgruppe mit der Zahl der lebenden Implantate pro Weibchen in der Kontrollgruppe. Eine Verringerung der Implantatenanzahl in bestimmten Paarungsgruppen kann darauf zurückzuführen sein, dass Zellen (z. B. Spermatozyten und/oder Spermatogonien) abgetötet wurden.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Die Prüfsubstanzen sind möglichst in isotonischer Kochsalzlösung zu lösen oder zu suspendieren. Wasserunlösliche Substanzen können in geeigneten Vehikeln gelöst öder suspendiert werden. Das verwendete Vehikel darf weder die Wirkung der Prüfsubstanz beeinträchtigen noch eine toxische Wirkung ausüben. Es sind frische Lösungs- oder Suspensionsansätze zu verwenden.

Versuchsbedingungen

Verabreichungsweg

Die Prüfsubstanz sollte im Allgemeinen nur einmal verabreicht werden. Wenn toxikologische Gründe dafür sprechen, ist eine wiederholte Behandlung möglich. Die üblichen Verabreichungswege sind per os oder intraperitoneal. Auch andere Verabreichungswege können geeignet sein.

Versuchstiere

Als Versuchstiere werden Ratten oder Mäuse empfohlen. Gesunde, voll geschlechtsreife Tiere werden randomisiert und Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeordnet.

Anzahl und Geschlecht

Man sollte eine ausreichende Anzahl behandelter Männchen verwenden, um der spontanen Variation des auszuwertenden biologischen Merkmals Rechnung zu tragen. Die Entscheidung über die Anzahl sollte auf der vorher festgelegten Erkennungsgenauigkeit und gewünschten Signifikanz-Schranke beruhen. So sollte in einem typischen Versuch die Anzahl der Männchen in jeder Dosierungsgruppe ausreichen, um 30 bis 50 trächtige Weibchen pro Paarungsintervall zu erzielen.

Verwendung von Negativ- und Positivkontrollen

Normalerweise sind für jeden Versuch gleichzeitige Positiv- und Negativkontrollen erforderlich. Stehen Ergebnisse von positiven Kontrollen zur Verfügung, die in letzter Zeit im selben Labor erhoben wurden, so können anstelle einer gleichzeitigen Positivkontrolle diese Ergebnisse verwendet werden. Bekannte Mutagene sind als Positivkontrollen mit einer angemessenen niedrigeren Dosierung (z. B. MMS, i. p., mit 10 mg/kg) zum Nachweis der Testempfindlichkeit zu verwenden.

Dosierung

Normalerweise sind drei verschiedene Dosierungen zu verwenden. Die hohe Dosierung sollte Toxizitätsanzeichen oder verringerte Fruchtbarkeit bei den behandelten Tieren hervorrufen. In bestimmten Fällen kann eine einmalige hohe Dosierung ausreichen.

Limit-Test

Nichttoxische Substanzen sind mit 5 g/kg bei einmaliger Verabreichung oder mit 1 g/kg pro Tag bei mehrmaliger Verabreichung zu testen.

Versuchsdurchführung

Man kann nach verschiedenen Behandlungsplänen vorgehen. Am weitesten verbreitet ist die einmalige Verabreichung der Prüfsubstanz, doch kann man auch andere Behandlungspläne anwenden.

Einzelne Männchen werden in angemessenen Abständen der Behandlung mit einem oder zwei unbehandelten virginellen Weibchen verpaart. Die Weibchen und Männchen sollten mindestens während der Dauer eines Östruszyklus zusammenbleiben oder so lange, bis die Paarung stattgefunden hat. Eine erfolgte Paarung wird durch Anwesenheit von Sperma in der Vagina oder anhand eines Vaginalpfropfes festgestellt.

Die Anzahl der Paarungen nach der Behandlung richtet sich nach dem Behandlungsplan; sie muss ausreichen, um alle Keimzellenstadien nach der Behandlung zu erfassen.

Die Weibchen werden in der zweiten Hälfte der Trächtigkeit getötet. Der Uterusinhalt wird zur Bestimmung der Anzahl toter und lebender Implantate untersucht. Eine Untersuchung der Ovarien zur Bestimmung der Anzahl der Corpora lutea ist möglich.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form unter Angabe der Anzahl der Männchen, der Anzahl der trächtigen Weibchen und der Anzahl nicht trächtiger Weibchen darzustellen. Die Ergebnisse jeder Paarung einschließlich der Identität jedes Männchens und Weibchens sind einzeln durchzuführen. Für jedes Weibchen ist die Paarungswoche, die den Männchen verabreichte Dosis und die Häufigkeit der lebenden und der toten Implantate anzugeben.

Die Berechnung des gesamten dominanten Letaleffekts beruht auf einem Vergleich der Anzahl der lebenden Implantate pro Weibchen in der Versuchsgruppe mit der Anzahl der lebenden Implantate pro Weibchen in der Kontrollgruppe. Eine Analyse des Verhältnisses von toten und lebenden Implantaten aus der behandelten Gruppe verglichen mit dem gleichen Verhältnis aus der Kontrollgruppe ergibt den Postimplantationsverlust.

Werden frühes oder spätes Absterben gesondert erfasst, muss dies aus den Tabellen hervorgehen. Wird der Präimplantationsverlust berechnet, ist er anzugeben. Der Präimplantationsverlust kann als Differenz zwischen der Anzahl der Corpora lutea und der Anzahl der Implantate oder als Verringerung der Durchschnittsanzahl der Implantate pro Uterus gegenüber den Kontrollpaarungen berechnet werden.

Die Auswertung der Daten erfolgt mit geeigneten statistischen Verfahren.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Art, Stamm, Alter und Gewicht der verwendeten Tiere, Anzahl der Männchen und Weibchen in Versuchs- und Kontrollgruppen;

Prüfsubstanz, Lösungsmittel, getestete Dosierungen und Begründung für die Wahl der Dosierung, Negativ- und Positivkontrollen, Toxizitätsdaten;

Behandlungsart und -dauer;

Paarungsplan;

Verfahren zur Feststellung, ob die Paarung erfolgt ist;

Zeitpunkt der Tötung;

Kriterien für die Erfassung der dominanten Letaleffekte;

ggf. Dosis-Wirkungs-Beziehung;

statistische Auswertung;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.23.   SPERMATOGONIEN-CHROMOSOMENABERRATIONSTEST BEI SÄUGETIEREN

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 483, Mammalian Spermatogonial Chromosome Aberration Test (1997).

1.1.   EINLEITUNG

Der In-vivo-Spermatogenientest auf Chromosomenaberrationen bei Säugetieren dient zum Nachweis von Agenzien, die bei Säugetieren strukturelle Chromosomenaberrationen in den Spermatogonien auslösen (1) (2) (3) (4) (5). Dabei ist zwischen strukturellen Chromosomentyp- und Chromatidentypaberrationen zu unterscheiden. Bei der Mehrzahl der chemischen Mutagene sind die Aberrationen dem Chromatidentyp zuzuordnen, doch kommen auch Chromosomentypaberrationen vor. Allerdings ist diese Methode nicht zur Messung numerischer Aberrationen bestimmt und wird folglich auch nicht routinemäßig dafür eingesetzt. Chromosomenmutationen und ähnliche Vorgänge sind die Ursache für zahlreiche humangenetische Erkrankungen.

Mit diesem Test werden Chromosomenveränderungen in Spermatogonien ermittelt, so dass Prognosen zur Auslösung vererbbarer Mutationen in Keimzellen möglich sind.

Bei dieser Prüfung werden routinemäßig Nagetiere eingesetzt. Mit diesem zytogenetischen In-vivo-Test werden Chromosomenaberrationen in Mitosen von Spermatogonien ermittelt. Andere Zielzellen sind nicht Gegenstand dieser Methode.

Zum Nachweis von Chromatidentypaberrationen in Spermatogonien ist die erste mitotische Zellteilung nach der Behandlung zu untersuchen, bevor diese Läsionen bei anschließenden Zellteilungen verloren gehen. Die meiotische Chromosomenanalyse der Spermatozyten in der Diakinese-Metaphase I auf Chromosomenaberrationen nach Behandlung der Spermatogoniestammzellen kann weitere nützliche Informationen liefern.

Mit dem In-vivo-Test soll ermittelt werden, ob Mutagene für somatische Zellen auch in Keimzellen aktiv sind. Darüber hinaus ist der Keimzellentest für die Bewertung des mutagenen Risikos von Relevanz, da er die Berücksichtigung von Faktoren des in-vivo-Stoffwechsels, der Pharmakokinetik und der DNA-Reparaturprozesse ermöglicht.

In den Hoden finden sich mehrere Generationen von Spermatogonien mit einem Spektrum der Empfindlichkeit gegenüber chemischer Behandlung. Die festgestellten Aberrationen stellen also eine Gesamtreaktion der behandelten Spermatogoniepopulationen dar, wobei die zahlreicheren differenzierten Spermatogonien dominieren. Je nach ihrer Position im Hoden sind einzelne Generationen von Spermatogonien dem allgemeinen Kreislauf ausgesetzt oder nicht, und zwar wegen der physischen und physiologischen Sertoli-Zellen-Schranke und der Blut-Hoden-Schranke.

Wenn Anzeichen dafür bestehen, dass die Prüfsubstanz oder ein reaktiver Metabolit das Zielgewebe nicht erreicht, ist dieser Test nicht geeignet.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Chromatidentypaberration: strukturelle Chromosomenanomalie, gekennzeichnet durch Bruch einzelner Chromatiden oder Bruch und Reunion von Chromatiden.

Chromosomentypaberration: strukturelle Chromosomenanomalie, gekennzeichnet durch Bruch oder Bruch und Reunion beider Chromatiden an gleicher Position.

Lücke: achromatische Läsion von geringerer Breite als eine Chromatide und mit minimaler Verlagerung der Chromatiden.

Numerische Aberration: Abweichung der Chromosomenzahl vom Normalwert, der für die verwendeten Tiere charakteristisch ist.

Polyploidie: Vorhandensein von mehr als zwei haploiden Chromosomensätzen (n) (z. B. 3n, 4n usw.).

Strukturelle Aberration: Veränderung der Chromosomenstruktur, nachweisbar durch mikroskopische Untersuchung des Metaphase-Stadiums der Zellteilung, äußert sich in Form von Deletionen, intrachromosalen oder reziproken Translokationen.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Tiere erhalten die Prüfsubstanz mittels einer geeigneten Expositionsform verabreicht und werden zu einem geeigneten Zeitpunkt nach der Behandlung getötet. Vor der Tötung werden die Tiere mit einem Spindelgift (z. B. Colchicin oder Colcemid®) behandelt. Aus den Keimzellen werden dann Chromosomen präpariert und gefärbt, und die Metaphasezellen werden auf Chromosomenaberrationen untersucht.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitungen

1.4.1.1.   Versuchstiere

Gewöhnlich werden männliche chinesische Hamster und Mäuse verwendet, doch kommen auch männliche Tiere anderer geeigneter Säugetierarten in Frage. Es sollten junge gesunde und geschlechtsreife Tiere üblicher Labortierstämme zum Einsatz kommen. Zu Beginn des Versuchs sollte die Abweichung des Körpergewichts der Tiere vom Mittelwert so gering wie möglich sein und nicht mehr als ± 20 % betragen.

1.4.1.2.   Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Es gelten die allgemeinen Bedingungen in der allgemeinen Einleitung zu Teil B, doch ist bei der Luftfeuchtigkeit ein Wert von 50-60 % anzustreben.

1.4.1.3.   Vorbereitung der Tiere

Gesunde und geschlechtsreife junge Männchen werden randomisiert und den einzelnen Kontroll- bzw. Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Käfige sind so anzuordnen, dass sich ihre Position möglichst wenig auswirkt. Es erfolgt eine Einzelidentifizierung der Tiere. Die Tiere werden vor Beginn der Studie über einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen unter Laborbedingungen eingewöhnt.

1.4.1.4.   Vorbereitung der Dosierung

Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Verabreichung an die Tiere in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfsubstanzen können direkt verabreicht oder zuvor verdünnt werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

1.4.2.   Prüfbedingungen

1.4.2.1.   Lösungsmittel/Vehikel

Das Lösungsmittel/Vehikel sollte bei den gewählten Dosierungen keine toxischen Wirkungen hervorrufen und nicht im Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen. Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Referenzdaten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen.

1.4.2.2.   Kontrollen

Für jeden Versuch und jedes Geschlecht sind gleichzeitig Positiv- und Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen anzulegen. Bis auf die Verabreichung der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppen ebenso zu behandeln wie die Tiere der Behandlungsgruppen.

Die Positivkontrollen sollten in vivo strukturelle Chromosomenaberrationen in Spermatogonien hervorrufen, wenn sie in Expositionskonzentrationen verabreicht werden, die voraussichtlich eine erkennbare Zunahme gegenüber dem Hintergrund ergeben.

Die Positivkontrollkonzentrationen sollten so gewählt werden, dass die Wirkungen eindeutig sind, aber beim Ablesen nicht sofort die Identität der kodierten Objektträger erkennen lassen. Es ist vertretbar, dass die Positivkontrolle auf anderem Wege als die Prüfsubstanz verabreicht wird und nur eine Probenahme erfolgt. Gegebenenfalls könnte eine zusätzliche Positivkontrolle herangezogen werden, die der gleichen chemischen Klasse angehört wie die zu prüfende Substanz. Es kommen beispielsweise folgende Positivkontrollsubstanzen in Frage:

Substanz

CAS-Nummer

EINECS-Nummer

Cyclophosphamid

Cyclophosphamidmonohydrat

50-18-0

6055-19-2

200-015-4

Cyclohexylamin

108-91-8

203-629-0

Mitomycin C

50-07-7

200-008-6

Monomeres Acrylamid

79-06-1

201-173-7

Triethylenmelamin

51-18-3

200-083-5

Zu jedem Zeitpunkt der Probenahme sind Tiere der Negativkontrolle einzubeziehen, die lediglich ein Lösungsmittel oder Vehikel erhalten und ansonsten ebenso wie die Behandlungsgruppen behandelt werden, soweit nicht aus historischen Kontrolldaten akzeptable Werte zur Variabilität der Tiere und Häufigkeit der Zellen mit Chromosomenaberrationen vorliegen. Darüber hinaus sollten auch unbehandelte Kontrolltiere verwendet werden, soweit nicht historische oder veröffentlichte Kontrolldaten belegen, dass das gewählte Lösungsmittel/Vehikel keine schädlichen oder mutagenen Wirkungen hervorruft.

1.5.   VERFAHREN

1.5.1.   Anzahl der Tiere

Jede Behandlungs- und Kontrollgruppe muss mindestens 5 analysierbare Tiere umfassen.

1.5.2.   Behandlungsplan

Die Prüfsubstanzen sind möglichst als Einmal- oder Zweimalgabe zu verabreichen. Die Gabe kann in Form von zwei Teilmengen erfolgen, die am gleichen Tag im Abstand von wenigen Stunden verabreicht werden, wenn es sich um ein großes Materialvolumen handelt. Andere Verabreichungsschemata sollten wissenschaftlich begründet sein.

In der Gruppe mit der höchsten Dosis wird nach der Behandlung zu zwei verschiedenen Zeitpunkten eine Stichprobe entnommen. Da die Zellzykluskinetik von der Prüfsubstanz beeinflusst werden kann, erfolgt eine Probenahme ca. 24 Stunden und die andere ca. 48 Stunden nach der Behandlung. Bei den übrigen Dosen sollte die Probenahme 24 Stunden nach der Behandlung oder nach Ablauf eines Zeitraums erfolgen, der der l,5fachen Dauer des normalen Zellzyklus entspricht, wenn nicht ein anderer Zeitpunkt erwiesenermaßen zur Feststellung von Effekten günstiger ist (6).

Für die Probenahme kommen auch andere Zeitpunkte in Frage. Bei Chemikalien, die eine Chromosomenverzögerung bewirken oder S-unabhängige Effekte auslösen können, ist möglicherweise eine Probenahme zu einem früheren Zeitpunkt angebracht (1).

Die Zweckmäßigkeit einer wiederholten Behandlung ist im Einzelfall zu prüfen. Bei wiederholter Behandlung sind die Tiere 24 Stunden (l,5facher Zellzyklus) nach der letzten Gabe zu töten. Ggf. sind zusätzliche Zeiten für die Probenahme vorzusehen.

Vor der Tötung wird den Tieren intraperitoneal eine geeignete Dosis eines Spindelgiftes (z. B. Colcemid® oder Colchicin) verabreicht. Eine Stichprobe wird den Tieren danach zu einem geeigneten Zeitpunkt entnommen. Bei Mäusen beträgt der Zeitabstand ca. 3 bis 5 Stunden, bei chinesischen Hamstern ca. 4 bis 5 Stunden.

1.5.3.   Dosierungen

Wird eine Studie zur Dosisfindung durchgeführt, weil keine geeigneten Daten verfügbar sind, so sollte sie im gleichen Labor unter Verwendung der gleichen Spezies, des gleichen Stammes und Geschlechts und der gleichen Behandlungsform wie im Hauptversuch erfolgen (7). Liegt Toxizität vor, so sind zum ersten Zeitpunkt der Probenahme drei Dosisstufen zu verwenden. Die Dosisstufen sollten den Bereich vom Höchstwert bis zu geringer oder nicht vorhandener Toxizität umfassen. Bei der späteren Probenahme muss nur die Höchstdosis verwendet werden. Unter der Höchstdosis ist jene Dosis zu verstehen, die so deutliche Toxizitätszeichen hervorruft, dass höhere Dosisstufen bei gleichem Verabreichungsschema voraussichtlich zum Tode führen.

Substanzen mit spezifischen biologischen Aktivitäten bei geringen nichttoxischen Dosen (wie Hormone und Mitogene) entsprechen möglicherweise nicht den Dosierungskriterien und sollten anhand einer Einzelfallprüfung bewertet werden. Die Höchstdosis kann auch als jene Dosis definiert werden, die bestimmte Anzeichen von Toxizität in den Spermatogonien hervorruft (z. B. eine Reduzierung des Verhältnisses der Spermatogonienmitosen zur ersten und zweiten meiotischen Metaphase; diese Reduzierung sollte nicht mehr als 50 % betragen).

1.5.4.   Limit-Test

Verursacht die Prüfung einer Dosis von mindestens 2 000 mg/kg Körpergewicht bei Einmalgabe oder Gabe von zwei Teilmengen am gleichen Tag keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Gentoxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen verzichtet werden. Die voraussichtlichen Expositionswirkungen beim Menschen können aber beim Limit-Test eine höhere Dosis angezeigt erscheinen lassen.

1.5.5.   Verabreichung

Die Prüfsubstanz wird in der Regel mittels Magen- oder Schlundsonde bzw. durch intraperitoneale Injektion verabreicht. Auch andere Expositionsformen können bei entsprechender Begründung vertretbar sein. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das jeweils durch Sonde oder Injektion verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstieres ab. Das Volumen sollte 2 ml/100 g Körpergewicht nicht übersteigen. Die Verwendung eines höheren Volumens ist zu begründen. Abgesehen von Reizstoffen oder ätzenden Stoffen, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine verstärkte Wirkung hervorrufen, ist die Variabilität des Prüfvolumens dadurch auf ein Mindestmaß zu reduzieren, dass eine Konzentration gewählt wird, die auf allen Dosisstufen ein konstantes Volumen gewährleistet.

1.5.6.   Chromosomenpräparation

Unmittelbar nach der Tötung werden aus einem oder beiden Hoden Zellsuspensionen gewonnen, mit hypotoner Lösung behandelt und fixiert. Die Zellen werden dann auf Objektträger aufgetropft und gefärbt.

1.5.7.   Analyse

Es sind mindestens 100 gut gespreitete Metaphasen je Tier (d. h. mindestens 500 Metaphasen je Gruppe) zu analysieren. Eine zahlenmäßige Reduzierung ist möglich, wenn eine hohe Zahl von Aberrationen beobachtet wird. Alle Objektträger, auch die für die Positiv- und Negativkontrollen, sind vor der mikroskopischen Untersuchung von unabhängiger Seite zu kodieren. Da es bei der Fixierung häufig zum Bruch eines Teils der Metaphasezellen unter Verlust von Chromosomen kommt, sollten die ausgewerteten Zellen daher eine Zentromerzahl enthalten, die bei allen Zelltypen der Zahl 2n ± 2 entspricht.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Die Daten für die einzelnen Tiere sind in tabellarischer Form darzustellen. Versuchseinheit ist das Tier. Für jedes Tier sind die Anzahl der Zellen mit strukturellen Chromosomenaberrationen und die Anzahl der Chromosomenaberrationen je Zelle anzugeben. Für die Versuchs- und Kontrollgruppen sind die unterschiedlichen Typen struktureller Chromosomenaberrationen mit Anzahl und Häufigkeit aufzuführen. Lücken werden getrennt erfasst und angegeben, aber in der Regel nicht bei der Gesamthäufigkeit der Aberrationen berücksichtigt.

Wird Mitose sowie Meiose beobachtet, ist das Verhältnis der Spermatogonienmitosen zur ersten und zweiten meiotischen Metaphase als Gradmesser der Zytotoxizität bei allen behandelten Tieren und Tieren der Negativkontrolle in einer Gesamtstichprobe von 100 sich teilenden Zellen zu bestimmen, um eine mögliche zytotoxische Wirkung festzustellen. Wird nur Mitose beobachtet, so ist der Mitoseindex für mindestens 1 000 Zellen je Tier zu bestimmen.

2.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Es gibt mehrere Kriterien für die Bestimmung eines positiven Ergebnisses, wie z. B. eine dosisbezogene Zunahme der Anzahl der Zellen mit Chromosomenaberrationen oder eine eindeutige Zunahme der Anzahl der Zellen mit Aberrationen in einer bestimmten Dosisgruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt der Probenahme. Zunächst sollte die biologische Relevanz der Ergebnisse untersucht werden. Als Hilfsmittel bei der Bewertung der Versuchsergebnisse können statistische Methoden dienen (8). Die statistische Signifikanz sollte aber nicht der einzige bestimmende Faktor für eine positive Reaktion sein. Nicht eindeutige Ergebnisse sollten durch weitere Prüfungen abgeklärt werden, möglichst unter Abänderung der Versuchsbedingungen.

Eine Prüfsubstanz, bei der die Ergebnisse nicht den oben genannten Kriterien entsprechen, gilt bei diesem Versuch als nichtmutagen.

Auch wenn die meisten Versuche eindeutig positive oder negative Ergebnisse liefern, erlaubt der Datensatz in seltenen Fällen keine definitive Aussage über die Aktivität der Prüfsubstanz. Es kommt vor, dass sich die Ergebnisse unabhängig davon, wie oft der Versuch wiederholt wird, weiterhin als nicht eindeutig oder als fragwürdig erweisen.

Positive Befunde des In-vivo-Keimzellentests auf Chromosomenaberrationen deuten darauf hin, dass die Prüfsubstanz in den Keimzellen der untersuchten Spezies Chromosenaberrationen hervorruft. Negative Befunde sind ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz unter diesen Versuchsbedingungen keine Chromosomenaberrationen in den Keimzellen der untersuchten Spezies hervorruft.

Zu erörtern ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Prüfsubstanz oder ihre Metaboliten in das spezifische Zielgewebe gelangen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

 

Lösungsmittel/Vehikel:

Begründung für die Wahl des Vehikels;

Löslichkeit und Stabilität der Prüfsubstanz im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt.

 

Versuchstiere:

Spezies/Stamm;

Anzahl und Alter der Tiere;

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

Gewicht der einzelnen Tiere bei Prüfungsbeginn, einschließlich Bereich des Körpergewichts, Mittelwert und Standardabweichung für jede Gruppe.

 

Prüfbedingungen:

Daten aus einer ggf. durchgeführten Dosisfindungsstudie;

Begründung der gewählten Dosisstufen;

Begründung für den Verabreichungsweg;

Angaben zur Zubereitung der Prüfsubstanz;

Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;

Begründung für die Tötungszeiten;

ggf. Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Wasser (ppm) in die entsprechende Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag);

Angaben über Futter- und Wasserqualität;

nähere Angaben zum Behandlungs- und Stichprobenentnahmeplan;

Methoden zur Bestimmung der Toxizität;

Bezeichnung des Spindelgifts, Konzentration und Behandlungsdauer;

Methoden zur Präparation des Objektträgers;

Kriterien zur Bewertung von Aberrationen;

Anzahl der analysierten Zellen pro Tier;

Kriterien zur Einstufung der Studien als positiv, negativ oder nicht eindeutig.

 

Ergebnisse:

Toxizitätszeichen;

Mitoseindex;

Verhältnis der Spermatogenienmitosen zur ersten und zweiten meiotischen Metaphase;

Typ und Anzahl der Aberrationen, für jedes Tier gesondert anzugeben;

Gesamtzahl der Aberrationen pro Gruppe;

Anzahl der Zellen mit Aberrationen pro Gruppe;

nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;

ggf. statistische Analysen;

Daten zu gleichzeitigen Negativkontrollen;

Daten zu historischen Negativkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen;

Daten zu gleichzeitigen Positivkontrollen;

ggf. beobachtete Veränderungen der Ploidie.

 

Diskussion der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Adler, I. D. (1986), Clastogenic Potential in Mouse Spermatogonia of Chemical Mutagens Related to their Cell-Cycle Specifications, in: Genetic Toxicology of Environmental Chemicals, Part B: Genetic Effects and Applied Mutagenesis, Ramel, C, Lambert B., and Magnusson, J. (eds.) Liss, New York, 477-484.

(2)

Adler, I. D. (1984), Cytogenic tests in Mammals, in: Mutagenicity Testing: a Practical Approach, ed. S. Venitt and J. M. Parry, IRL Press, Oxford, Washington DC, 275-306.

(3)

Evans, E. P.. Breckon. G. and Ford, C. E. (1964), An Air-drying Method for Meiotic Preparations from Mammalian Testes, Cytogenetics and Cell Genetics. 3. 289-294.

(4)

Richold, M., Ashby, J., Chandley, A,, Gatehouse, D. G. and Henderson, L. (1990), In Vivo Cytogenetic Assays, in: D. J. Kirkland (ed.), Basic Mutagenicity Tests, UKEMS Recommended Procedures. UKEMS Subcommittee on Guidelines for Mutagenicity Testing. Report. Part I revised, Cambridge University Press, Cambridge, New York, Port Chester, Melbourne, Sydney, 115-141.

(5)

Yamamoto, K. and Kikuchi, Y. (1978), A New Method for Preparation of Mammalian Spermatogonial Chromosomes, Mutation Res., 52, 207-209.

(6)

Adler, I. D., Shelby. M. D., Bootman, J., Favor, J., Generoso, W., Pacchierotti, F., Shibuya, T. and Tanaka, N. (1994), International Workshop on Standardisation of Genotoxicity Test Procedures. Summary Report of the Working Group on Mammalian Germ Cell Tests, Mutation Res., 312, 313-318.

(7)

Fielder, R. J., Allen, J. A., Boobis, A. R., Botham, P. A., Doe, J., Esdaile, D.)., Gatehouse, D. G., Hodson- Walker, G., Morton, D. B., Kirkland D. J. and Richold, M. (1992), Report of British Toxicology Society/UK Environmental Mutagen Society Working Group: Dose setting in In Vivo Mutagenicity Assays, Mutagenesis, 7, 313-319.

(8)

Lovell, D. P., Anderson, D., Albanese, R., Amphlett, G. E., Clare, G., Ferguson, R., Richold, M, Papworth, D. G. and Savage, J. R. K. (1989), Statistical Analysis of In Vivo Cytogenetic Assays, in: D. J. Kirkland (ed.), Statistical Evaluation of Mutagenicity Test Data. UKEMS Subcommittee on Guidelines for Mutagenicity Testing, report, Part III, Cambridge University Press, Cambridge, New York, Port Chester, Melbourne, Sydney, 184-232.

B.24.   IN-VIVO-SÄUGER-FELLFLECKENTEST DER MAUS

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Es handelt sich um einen In-vivo-Test mit Mäusen, bei dem in der Entwicklung befindliche Embryonen in utero mit den Prüfsubstanzen behandelt werden. Die Zielzellen in diesen Embryonen sind die Melanoblasten, die Zielgene diejenigen Gene, die die Pigmentierung der Fellhaare steuern. Die in der Entwicklung befindlichen Embryonen sind heterozygot für eine Anzahl dieser Fellfarbgene. Eine Mutation oder der Verlust (ausgelöst durch verschiedene genetische Ereignisse) des dominanten Allels eines derartigen Gens in einem Melanoblasten führt zur Expression des rezessiven Phänotyps. Im Fell der aus dem Embryo entstandenen Maus ist an einer Stelle ein Fleck mit einer anderen Farbe zu sehen. Die Anzahl der Nachkommen mit andersfarbigen Flecken wird erfasst. Ihre Häufigkeit wird mit der Häufigkeit beim Nachkommen aus der Lösungsmittelkontrolle verglichen. Mit dem ‚Mouse Spot Test‘ lassen sich mutmaßliche somatische Mutationen in fetalen somatischen Zellen feststellen.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Die Prüfsubstanzen sind möglichst in isotonischer Kochsalzlösung zu lösen oder zu suspendieren. Wasserunlösliche Substanzen werden in geeigneten Lösungsmitteln gelöst oder suspendiert. Das verwendete Lösungsmittel darf weder die Wirkung der Prüfsubstanz beeinträchtigen noch eine toxische Wirkung ausüben. Es sind frische Lösungen oder Suspensionen der Prüfsubstanz zu verwenden.

Versuchstiere

Mäuse des Teststammes T (nonagouti, a/a; Chinchilla, pink eye, cch p/cch p; brown, b/b; dilute, short ear, d se/d se; piebald spotting, s/s) werden entweder mit dem Harwell-Test-Stamm HT (pallid, nonagouti, brachypodi, pa a bp/pa a bp; leaden, fuzzy, ln fz/ln fz; pearl pe/pe) oder mit C57 BL (nonagouti, a/a) gepaart. Auch andere geeignete Kreuzungen, wie zwischen NMRI (nonagouti, a/a; albino, c/c) und DBA (nonagouti, a/a; brown, b/b; dilute, d/d), können verwendet werden, sofern die nonagouti-Nachkommen hervorbringen.

Anzahl und Geschlecht

Es sind so viele trächtige Weibchen zu behandeln, dass für jede verwendete Dosierung eine geeignete Anzahl Nachkommen geboren wird. Welche Stichprobengröße angemessen ist, hängt von der an den behandelten Mäusen beobachteten Fleckenrate und der Größe der Kontrolldaten ab. Ein negatives Ergebnis ist nur dann annehmbar, wenn mindestens 300 Nachkommen von Weibchen, die mit der höchsten Dosierung behandelt wurden, erfasst worden sind.

Verwendung von Negativ- und Positivkontrollen

Es sollten gleichzeitig erhobene Kontrolldaten von Mäusen, die nur mit dem Lösungsmittel behandelt wurden (negative Kontrollen), verfügbar sein. Zur Erhöhung der Testempfindlichkeit können die Daten der in der Vergangenheit im selben Labor durchgeführten Kontrollen zusammengefasst werden, sofern sie homogen sind. Lässt sich eine Mutagenität der Prüfsubstanz nicht feststellen, sollten Positivkontrolldaten zur Verfügung stehen, die in letzter Zeit im selben Labor mit einer Substanz ermittelt wurden, deren Mutagenität sich nachweislich mit diesem Test feststellen lässt.

Verabreichungsweg

Normalerweise wird die Prüfsubstanz den trächtigen Weibchen per os oder intraperitoneal verabreicht. Ggf. erfolgt die Exposition durch Inhalation, oder es wird eine andere Verabreichung verwendet.

Dosierung

Es kommen mindestens zwei Dosierungen zur Anwendung, von denen eine Anzeichen von Toxizität hervorruft oder eine verringerte Wurfgröße bewirkt. Bei nichttoxischen Substanzen sollte die Behandlung mit der höchstmöglichen Dosierung erfolgen.

Versuchsdurchführung

Normalerweise erfolgt eine einmalige Behandlung an Tag 8, 9 oder 10 der Trächtigkeit, wobei als Tag 1 der Tag gewählt wird, an dem der Vaginalpfropf festgestellt wird. Diese Tage entsprechen 7,25, 8,25 und 9,25 Tagen nach Empfängnis. Es können sukzessive Behandlungen an diesen Tagen durchgeführt werden.

Analyse

Die Nachkommen werden kodiert und drei bis vier Wochen nach der Geburt auf Fellflecken untersucht. Man unterscheidet zwischen drei Kategorien von Flecken:

a)

weiße Flecken im Bereich von 5 mm um die mittlere Ventrallinie, die vermutlich auf das Abtöten von Zellen zurückzuführen sind (WMVS);

b)

gelbe, agouti-ähnliche Flecken im Mamma-, Genitalien-, vorderen Hals-, Axillar- und Inguinalbereich sowie auf der Mitte der Stirn, die vermutlich durch Fehldifferenzierung bedingt sind (MDS);

c)

über das gesamte Fell verteilt auftretende pigmentierte und weiße Flecken, die vermutlich auf somatische Mutationen zurückgehen (RS).

Alle drei Kategorien werden quantitativ erfasst, doch ist nur die letzte, die Kategorie RS, von genetischer Relevanz. Probleme bei der Unterscheidung zwischen MDS und RS lassen sich durch Fluoreszenzmikroskopie von Haarproben lösen.

Deutliche makroskopische morphologische Abnormalitäten der Nachkommen sind zu vermerken.

2.   DATEN

Anzugeben ist die Gesamtzahl der erfassten Nachkommen und die Anzahl der Nachkommen, die einen oder mehrere, vermutlich durch somatische Mutationen bedingte Flecken aufweisen. Die Daten, bezogen auf die Wurfgröße, sollten ebenfalls angegeben werden. Die Behandlungs- und Negativkontrolldaten werden mit geeigneten statistischen Verfahren verglichen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

die zur Kreuzung verwendeten Stämme;

Anzahl der trächtigen Weibchen in den Versuchs- und Kontrollgruppen;

die durchschnittliche Wurfgröße in den Versuchs- und Kontrollgruppen bei der Geburt und beim Absetzen;

Dosierung(en) der Prüfsubstanz;

verwendetes Lösungsmittel;

Tag der Trächtigkeit, an dem die Behandlung durchgeführt wurde;

Verabreichungsweg;

Gesamtzahl der erfassten Nachkommen und Anzahl der Nachkommen mit MWVS, MDS und RS in den Versuchs- und Kontrollgruppen;

makroskopische morphologische Abnormitäten;

ggf. Dosis-Wirkungs-Beziehung für RS;

statistische Auswertung;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.25.   IN-VIVO-SÄUGER-TRANSLOKATIONSTEST

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Mit dem Translokationstest der Maus lassen sich strukturelle und numerische Chromosomenveränderungen, die in Säugetier-Keimzellen auftreten, unter Nachkommen der ersten Generation ermitteln. Bei den beobachteten Chromosomenveränderungen handelt es sich um reziproke Translokationen und — bei weiblichen Nachkommen — um X-Chromosomenverlust. Träger von Translokationen und XO-Weibchen weisen eine verringerte Fertilität auf, die man zur Auswahl von F1-Nachkommen für die zytogenetische Analyse nutzt. Bestimmte Translokationstypen (X-Autosomentranslokation und Zentromer-/Telomer-Translokation) verursachen vollständige Sterilität. Translokationen werden zytogenetisch in meiotischen Zellen in der Diakinese-Metaphase I männlicher Tiere (entweder F1-Männchen oder Söhne von F1-Weibchen) beobachtet. Die XO-Weibchen lassen sich zytogenetisch aufgrund der Anwesenheit von 39 statt 40 Chromosomen in Knochenmarksmitosen identifizieren.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Die Prüfsubstanz wird in isotonischer Kochsalzlösung gelöst. Wasserunlösliche Substanzen werden in geeigneten Lösungsmitteln gelöst oder suspendiert. Es sind frisch zubereitete Lösungen oder Suspensionen der Prüfsubstanzen zu verwenden. Wird zur Erleichterung der Dosierung ein Lösungsmittel verwendet, darf dieses weder die Wirkung der Prüfsubstanz beeinträchtigen noch eine toxische Wirkung ausüben.

Verabreichungsweg

Die Prüfsubstanz wird normalerweise per os oder intraperitoneal verabreicht. Auch andere Verabreichungswege können geeignet sein.

Versuchstiere

Die Versuche werden an Mäusen durchgeführt, da deren Zucht und zytologische Untersuchung relativ einfach sind. Ein bestimmter Stamm ist nicht vorgeschrieben.

Bei Anwendung der Fertilitätsuntersuchung sollte jedoch die durchschnittliche Wurfgröße des verwendeten Stammes mehr als acht Junge betragen und relativ konstant sein. Es werden gesunde, geschlechtsreife Tiere verwendet.

Anzahl der Tiere

Die erforderliche Anzahl der Versuchstiere hängt von der spontanen Translokationshäufigkeit und der für ein positives Ergebnis erforderlichen Erhöhung der Translokationshäufigkeit ab.

Normalerweise umfasst der Test die Untersuchung der männlichen F1-Nachkommen. Pro Dosierungsgruppe sind mindestens 500 männliche F1-Nachkommen zu testen. Werden auch weibliche F1-Nachkommen berücksichtigt, sind 300 Männchen und 300 Weibchen erforderlich.

Verwendung von Negativ- und Positivkontrollen

Geeignete Daten gleichzeitig durchgeführter und historischer Kontrollen sollten vorliegen. Stehen Ergebnisse von Positivkontrollen zur Verfügung, die in letzter Zeit im selben Labor erhoben wurden, so können diese Ergebnisse anstelle einer gleichzeitigen Positivkontrolle verwendet werden.

Dosierung

Getestet wird eine Dosierung. Dabei handelt es sich normalerweise um die höchste Dosis, die eine minimale toxische Wirkung ausübt, ohne jedoch das reproduktive Verhalten oder die Überlebensrate der behandelten Tiere zu beeinträchtigen. Zur Erstellung einer Dosis-Wirkungs-Beziehung sind zwei zusätzliche niedrigere Dosierungen erforderlich. Bei nichttoxischen Substanzen sollte die Behandlung mit der höchstmöglichen Dosierung erfolgen.

Versuchsdurchführung

Behandlung und Paarung

Es stehen zwei Behandlungspläne zur Verfügung. Am häufigsten wird die einmalige Verabreichung der Prüfsubstanz gewählt. Auch die Verabreichung an 7 Tagen/Woche während 35 Tagen ist möglich. Die Anzahl der Paarungen nach der Behandlung richtet sich nach dem gewählten Behandlungsplan; es ist sicherzustellen, dass alle behandelten Keimzellstadien erfasst werden. Nach dem Ende der Paarungsperiode werden die Weibchen einzeln in Käfigen untergebracht. Für jeden Wurf werden Geburtsdatum, Wurfgröße und Geschlecht der Jungen aufgezeichnet. Alle männlichen Jungen werden abgesetzt, alle weiblichen Jungen ausgesondert, sofern sie nicht in dem Versuch verwendet werden.

Untersuchung auf Translokationsheterozygotie

Es stehen zwei Verfahren zur Auswahl:

Fertilitätsuntersuchung der F1-Nachkommen und anschließende Ermittlung möglicher Translokationsträger durch zytogenetische Analyse,

zytogenetische Analyse aller männlichen F1-Nachkommen ohne vorherige Auswahl der Fertilitätsuntersuchung.

a)

Fertilitätsuntersuchung

Die verringerte Fertilität eines F1-Tieres lässt sich durch Beobachtung der Wurfgröße bzw. Analyse des Uterusinhalts des mit diesem Tier gepaarten Weibchens feststellen.

Die Kriterien für die Bestimmung der normalen und reduzierten Fertilität sind jeweils für den verwendeten Mäusestamm festzulegen.

Beobachtung der Wurfgröße: Die zu untersuchenden F1-Männchen werden einzeln mit Weibchen aus dem gleichen Versuch oder aus der Kolonie gepaart. Die Käfige werden ab dem 18. Tag nach der Paarung täglich inspiziert. Wurfgröße und Geschlecht der F2-Nachkommen werden bei der Geburt aufgezeichnet; die Würfe werden danach ausgesondert. Bei der Untersuchung weiblicher F1-Nachkommen behält man die F2-Nachkommen kleiner Würfe zur weiteren Untersuchung. Weibliche Translokationsträger werden durch zytogenetischen Nachweis einer Translokation in wenigstens einem ihrer männlichen Nachkommen identifiziert. XO-Weibchen erkennt man daran, dass sich bei ihren Nachkommen das Geschlechtsverhältnis von 1:1 zu 1:2 (Männchen; Weibchen) ändert. Bei einem sequenziellen Verfahren werden normale F1-Tiere nicht weiter untersucht, wenn der erste F2-Wurf einen vorher festgelegten Normalwert erreicht oder überschreitet. Anderenfalls wird ein zweiter oder dritter F2-Wurf untersucht.

F1-Tiere, die nach Inspektion von bis zu drei F2-Würfen nicht als normal eingestuft werden können, werden entweder durch Analyse des Uterusinhaltes der mit ihnen gepaarten Weibchen weiter untersucht oder direkt einer zytogenetischen Analyse unterzogen.

Analyse des Uterusinhalts: Die Verringerung der Wurfgröße bei Translokationsträgern ist auf das Absterben von Embryonen zurückzuführen. Eine hohe Anzahl toter Implantate weist also auf eine Translokation in dem Versuchstier hin. Die zu untersuchenden F1-Männchen werden jeweils mit zwei oder drei Weibchen gepaart. Ob eine Empfängnis stattgefunden hat, wird durch tägliche Untersuchung auf Vaginalpfropf zwischen 8 und 10 Uhr morgens festgestellt. 14 bis 16 Tage danach werden die Weibchen getötet; die Anzahl der lebenden und toten Implantate in ihren Uteri wird aufgezeichnet.

b)

Zytogenetische Analyse

Es werden luftgetrocknete Hodenpräparate hergestellt. Translokationsträger lassen sich durch das Vorhandensein von Multivalentkonfigurationen in der Diakinese-Metaphase I in primären Spermatozyten identifizieren. Werden mindestens zwei Zellen mit Translokationsmultivalenten beobachtet, ist damit der erforderliche Nachweis erbracht, dass es sich bei dem untersuchten Tier um einen Translokationsträger handelt.

Erfolgt keine Zuchtauswahl, werden F1-Männchen zytogenetisch untersucht. Mindestens 25 Diakinese-Metaphasen I pro Männchen sind mikroskopisch auszuwerten. Bei F1-Männchen mit kleinen Hoden und Zusammenbruch der Meiose vor der Diakinese oder bei F1-Weibchen, bei denen XO-Verdacht besteht, ist eine Untersuchung der mitotischen Metaphasen in Spermatogonien oder im Knochenmark erforderlich. Das Vorhandensein eines ungewöhnlich langen und/oder kurzen Chromosoms in jeder von 10 Zellen beweist, dass eine bestimmte, für Männchen steril wirkende Translokation (Typ c/t) vorliegt. Einige X-Autosomentranslokationen, die männliche Sterilität verursachen, lassen sich nur durch Bandenanalyse mitotischer Chromosomen ermitteln. Das Vorhandensein von 39 Chromosomen in jeder von 10 Mitosen ist ein Beweis dafür, dass es sich um ein XO-Weibchen handelt.

2.   DATEN

Die Daten werden in tabellarischer Form dargestellt.

Für jeden Paarungsabschnitt sind die durchschnittliche Wurfgröße und das Geschlechtsverhältnis bei der Geburt und beim Absetzen anzugeben.

Die Angaben der Fertilitätsuntersuchung von F1-Tieren müssen die durchschnittliche Wurfgröße aus allen normalen Paarungen und die jeweiligen Wurfgrößen bei F1-Translokationsträgern umfassen. Zur Analyse des Uterininhalts sind die durchschnittliche Anzahl der lebenden und toten Implantate aus normalen Paarungen und die Anzahl der lebenden und toten Implantate aus jeder Paarung von F1-Translokationsträgern anzugeben.

Die Angaben zur zytogenetischen Analyse der Diakinese-Metaphase I sollten für jeden Translokationsträger die Anzahl der Multivalentkonfigurationstypen sowie die Gesamtzahl der Zellen umfassen.

Für sterile F1-Tiere sind die Gesamtzahl der Paarungen und die Dauer der Paarungsperiode anzugeben, ebenso die Hodengewichte und nähere Einzelheiten über die zytogenetische Analyse.

Für XO-Weibchen sind die durchschnittliche Wurfgröße, das Geschlechtsverhältnis unter den F2-Nachkommen und die Ergebnisse der zytogenetischen Analyse aufzuführen.

Erfolgt eine Vorauswahl möglicher F1-Translokationsträger aufgrund von Fertilitätsuntersuchungen, müssen die Tabellen auch Angaben darüber enthalten, bei wie vielen dieser Tiere die Translokationsheterozygotie bestätigt wurde.

Auch die Daten aus Negativkontrollen und die Positivkontrollversuche sind anzuführen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Mäusestamm, Alter der Tiere, Gewicht der behandelten Tiere;

Anzahl der Elterntiere beiderlei Geschlechts in Versuchs- und Kontrollgruppen;

Prüfbedingungen, genaue Beschreibung der Behandlung, Dosierungen, Lösungsmittel, Paarungsplan;

Anzahl und Geschlecht der Jungen pro Weibchen, Anzahl und Geschlecht der zur Translokationsanalyse aufgezogenen Jungen;

Zeitpunkt der und Kriterien für die Translokationsanalyse;

Anzahl und eingehende Beschreibung der Translokationsträger einschließlich Zuchtdaten und ggf. Daten über den Uterusinhalt;

Zytogenetische Verfahren und nähere Angaben über die mikroskopische Analyse, möglichst mit Abbildungen;

statistische Auswertung;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einhaltung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.26.   PRÜFUNG AUF SUBCHRONISCHE ORALE TOXIZITÄT — 90-TAGE-TOXIZITÄTSSTUDIE BEI WIEDERHOLTER ORALER VERABREICHUNG AN NAGETIEREN

1.   METHODE

Diese Methode zur Prüfung auf subchronische orale Toxizität entspricht der OECD TG 408 (1998).

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Beurteilung und Bewertung der toxischen Merkmale eines chemischen Stoffs kann die Bestimmung der subchronischen Toxizität bei wiederholter oraler Verabreichung von Wirkstoffgaben durchgeführt werden, nachdem erste Toxizitätsdaten anhand von Prüfungen auf akute Toxizität oder 28-Tage-Tests auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung erzielt wurden. Die 90-Tage-Studie liefert Informationen über mögliche gesundheitliche Schädigungen, die durch wiederholte Exposition über einen längeren Zeitraum, einschließlich der Entwicklung nach dem Abstillen bis zum Erwachsensein, entstehen können. Die Studie liefert ferner Informationen über die wichtigsten toxischen Wirkungen, zeigt die Zielorgane und eine mögliche Akkumulation auf und kann zur Ableitung einer NOAEL (NOAEL — Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) beitragen, die zur Wahl der Dosierungen für Untersuchungen der chronischen Toxizität und zur Festlegung von Sicherheitskriterien für die Humanexposition herangezogen werden kann.

Die Methode legt außerdem den Schwerpunkt auf neurologische Endpunkte und liefert Hinweise auf immunologische und fortpflanzungsspezifische Wirkungen. Ferner wird die Notwendigkeit sorgfältiger klinischer Beobachtung der Tiere hervorgehoben, um möglichst umfangreiche Informationen zu erhalten. Durch diese Studie sollten chemische Stoffe mit potenzieller neurotoxischer und immunologischer Wirkung sowie Wirkung auf die Fortpflanzungsorgane ermittelt werden, die gegebenenfalls weitergehende Untersuchungen erforderlich machen.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Dosis ist die Menge der verabreichten Prüfsubstanz. Die Dosis wird als Gewicht (g, mg) oder als Gewicht der Prüfsubstanz je Gewichtseinheit des Versuchstiers (z. B. mg/kg) oder als konstante Futterkonzentration (ppm) ausgedrückt.

Dosierung ist ein allgemeiner Begriff, der die Dosis, ihre Häufigkeit und die Dauer der Verabreichung umfasst.

NOAEL ist die Abkürzung für ‚no-observed-adverse-effect level‘ und entspricht der höchsten Dosis, bei der keine schädigenden behandlungsbedingten Wirkungen festgestellt werden.

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird täglich über einen Zeitraum von 90 Tagen in abgestuften Dosen an mehrere Gruppen von Versuchstieren verabreicht, und zwar eine Dosisstufe je Gruppe. Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere sorgfältig auf Toxizitätsanzeichen beobachtet. Während der Prüfung verendete oder getötete Tiere werden seziert. Am Ende der Prüfung werden alle noch lebenden Tiere getötet und ebenfalls seziert.

1.4.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.4.1.   Vorbereitung der Tiere

Zu verwenden sind gesunde Tiere, die mindestens fünf Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und bisher nicht für Tierversuche verwendet wurden. Von den Versuchstieren sollten Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und/oder Alter festgestellt werden. Die Tiere werden nach dem Zufallsprinzip in Kontroll- und Behandlungsgruppen eingeteilt. Die Käfige sind so aufzustellen, dass etwaige durch den Standort bedingte Auswirkungen so gering wie möglich sind. Jedes Versuchstier sollte zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer erhalten.

1.4.2.   Zubereitung der Dosen

Die Prüfsubstanz wird über eine Magensonde, mit der Nahrung oder dem Trinkwasser verabreicht. Die Methode der oralen Verabreichung hängt von dem Zweck der Studie und den physikalischen/chemischen Eigenschaften des Prüfmaterials ab.

Die Prüfsubstanz wird über eine Magensonde, mit der Nahrung oder dem Trinkwasser verabreicht. Die Methode der oralen Verabreichung hängt von dem Zweck der Studie und den physikalischen/chemischen Eigenschaften des Prüfmaterials ab.

1.4.3.   Prüfbedingungen

1.4.3.1.   Versuchstiere

Die bevorzugte Nagetierart ist die Ratte, doch können als Versuchstiere auch andere Nagetierarten, z. B. die Maus, verwendet werden. Es sind junge, gesunde und ausgewachsene Tiere üblicher Laborstämme zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Mit der Dosierung sollte möglichst bald nach der Entwöhnung begonnen werden, auf jeden Fall jedoch, bevor die Tiere neun Wochen alt sind. Bei Beginn der Studie sollten die Gewichtsunterschiede der Tiere möglichst gering sein und ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts nicht überschreiten. Wenn die Studie als Vorstudie für eine Langzeitstudie über chronische Toxizität durchgeführt wird, sollten in beiden Studien Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden.

1.4.3.2.   Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

Für jede Dosisstufe sind mindestens 20 Tiere (10 weibliche und 10 männliche) zu verwenden. Sollen im Verlauf der Prüfung Tiere getötet werden, ist die Zahl der Tiere um die Zahl zu erhöhen, die bereits vor Abschluss der Studie getötet werden sollen. Aufgrund bereits bekannter Wirkungen des chemischen Stoffs oder eines eng verwandten Analogons sollte darüber hinaus für die Kontrollgruppe und die Gruppe mit der höchsten Dosis die Aufnahme einer Satellitengruppe von 10 Tieren (fünf jeden Geschlechts) zwecks Behandlung und anschließender Beobachtung der Reversibilität oder Persistenz etwaiger toxischer Wirkungen erwogen werden. Die Dauer dieses Zeitraums nach der Behandlung sollte den beobachteten Wirkungen angemessen sein.

1.4.3.3.   Dosierung

Es sollten mindestens drei Dosierungen und eine gleichzeitige Kontrolle verwendet werden, es sei denn, ein Limit-Test wird durchgeführt (siehe 1.4.3.4). Die Dosierungen können auf der Grundlage der Ergebnisse von Studien mit wiederholter Verabreichung oder Studien zur Ermittlung des Dosisbereichs festgelegt werden und sollten sämtliche für die Prüfsubstanz oder verwandte Materialien verfügbaren toxikologischen und toxikokinetischen Daten berücksichtigen. Außer wenn dies wegen der physikalisch-chemischen Eigenschaften oder der biologischen Wirkungen der Prüfsubstanz unmöglich ist, sollte die höchste Dosierung gewählt werden, um Toxizität, jedoch nicht Tod oder schweres Leiden der Tiere zu induzieren. Zum Nachweis dosisabhängiger Reaktionen und einer NOAEL bei niedrigster Dosierung, sollten die Dosierungen in absteigender Folge verabreicht werden. Zwei- bis vierfache Abstände haben sich oft als optimale Dosisabstufungen erwiesen, auch ist meist eine vierte Testgruppe der Anwendung sehr großer Dosisabstände (z. B. mehr als ein Faktor von ca. 6-10) vorzuziehen.

Die Kontrollgruppe sollte eine unbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe sein, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollten die Tiere der Kontrollgruppe identisch mit denen der Testgruppen behandelt werden. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten verwendeten Volumen. Wird eine Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht, und führt dies zu einer verminderten Futteraufnahme, kann eine paarweise gefütterte Kontrollgruppe nützlich sein, wobei zwischen einer verminderten Futteraufnahme aus geschmacklichen Gründen oder wegen toxikologischer Veränderungen im Prüfmodell unterschieden wird.

Zu berücksichtigen sind gegebenenfalls folgende Merkmale des Vehikels und anderer Additive: Wirkungen auf die Absorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Retention der Prüfsubstanz; Wirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die zur Änderung von toxischen Eigenschaften führen können; ferner Wirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere.

1.4.3.4.   Limit-Test

Ergibt eine Prüfung bei einer einzigen Dosis von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag unter Anwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine adversen Effekte und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Stoffe keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test ist anzuwenden, außer wenn die Expositionswirkungen beim Menschen die Prüfung bei einer höheren Dosis erforderlich erscheinen lässt.

1.5.   VERSUCHSDURCHFÜHRUNG

1.5.1.   Verabreichung der Dosen

Die Versuchstiere erhalten die Prüfsubstanz an sieben Tagen der Woche über einen Zeitraum von 90 Tagen. Jede Abweichung von diesem Dosierungsplan, z. B. fünf Tage je Woche, ist zu begründen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies in einer einmaligen Dosis unter Verwendung einer Magensonde oder einer geeigneten Intubationskanüle erfolgen. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier mit einer Gabe verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte 1 ml/100g Körpergewicht nicht überschreiten, außer bei wässrigen Lösungen, von denen 2 ml/100g Körpergewicht gegeben werden können. Außer für Reizungen auslösende oder ätzende Stoffe, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine Verschlimmerung bewirken, sollte die Variabilität des Prüfvolumens durch Anpassung der Konzentration möglichst gering gehalten werden, um ein konstantes Volumen bei allen Dosen zu gewährleisten.

Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, können entweder eine konstante Futterkonzentration (ppm) oder eine konstante Dosierung in Relation zum Körpergewicht des Versuchstiers verwendet werden. Die angewandte Alternative ist zu spezifizieren. Eine mit einer Magensonde verabreichte Dosis sollte jeweils zu denselben Tageszeiten gegeben und so angepasst werden, dass eine konstante Dosis in Relation zum Körpergewicht aufrechterhalten wird. Wird eine 90-Tage-Studie als Vorstudie für eine Langzeitstudie über chronische Toxizität verwendet, sollte in beiden Studien die gleiche Nahrung gegeben werden.

1.5.2.   Beobachtungen

Der Beobachtungszeitraum sollte mindestens 90 Tage betragen. Tiere einer Satellitengruppe, die für Nachfolgebeobachtungen vorgesehen sind, sollten für einen angemessenen Zeitraum ohne Behandlung bleiben, um festzustellen, ob die toxischen Wirkungen fortbestehen oder sich als reversibel erweisen.

Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich, vorzugsweise zur selben Tageszeit, unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis zu erwarten ist, vorgenommen werden. Der klinische Zustand der Tiere ist zu dokumentieren. Alle Tiere sind mindestens zweimal täglich, in der Regel morgens und abends, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen.

Mindestens einmal vor der ersten Exposition (für intraindividuelle Vergleiche) und danach einmal pro Woche sollten bei allen Tieren eingehende klinische Beobachtungen vorgenommen werden. Diese Beobachtungen sollten außerhalb des Käfigs erfolgen, in dem die Tiere gehalten werden, und zwar vorzugsweise in einem Standardgehege jeweils zu denselben Zeiten. Sie sind sorgfältig zu dokumentieren, am besten nach einer speziell vom Prüflabor entwickelten Bewertungsskala. Es ist dafür zu sorgen, dass die Beobachtungsbedingungen möglichst konstant bleiben. Die Beobachtungen sollten sich insbesondere beziehen auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie auf autonome Reaktionen (z. B. Tränenfluss, Piloerektion, Pupillengröße, anormale Atmung). Gang- und Haltungsstörungen, ferner Reaktionen auf den Umgang mit den Tieren sowie etwaige klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z. B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten auch dokumentiert werden (1).

Ophthalmologische Untersuchungen unter Verwendung eines Ophthalmoskops oder eines entsprechenden geeigneten Geräts sollten vorgenommen werden, bevor die Prüfsubstanz verabreicht wird, sowie zum Abschluss der Studie, vorzugsweise an allen Tieren, doch zumindest in den höchstdosierten Gruppen und den Kontrollgruppen. Sofern Veränderungen an den Augen beobachtet werden, sollten alle Tiere untersucht werden.

Zum Ende des Expositionszeitraums, jedenfalls nicht früher als in der 11. Woche, sollten sensorische Reaktionen auf Reize verschiedener Art (1) (z. B. akustische, visuelle und propriozeptive Reize) (2) (3) (4) sowie die Greifstärke (5) und die motorische Aktivität (6) erfasst werden. Weitere Einzelheiten zu den möglichen Untersuchungen finden sich in der Literatur. Allerdings können auch andere als dort genannte Verfahren angewendet werden.

Funktionelle Beobachtungen zum Abschluss der Studie können entfallen, wenn Daten über funktionelle Beobachtungen aus anderen Studien vorliegen und die täglichen klinischen Beobachtungen keine Funktionsdefizite aufweisen.

In Ausnahmefällen können funktionelle Beobachtungen auch bei Gruppen entfallen, die so starke sonstige Toxizitätsanzeichen aufweisen, dass die Leistungen in Funktionstests dadurch signifikant beeinträchtigt würden.

1.5.2.1.   Körpergewicht und Futter-/Wasseraufnahme

Alle Tiere sollten mindestens einmal wöchentlich gewogen werden. Messungen der Futteraufnahme sollten mindestens wöchentlich vorgenommen werden. Wenn die Prüfsubstanz über das Trinkwasser verabreicht wird, sollte auch die Wasseraufnahme mindestens einmal wöchentlich gemessen werden. Die Wasseraufnahme kann auch in Fütterungsstudien oder in Studien mit Sondenapplikation berücksichtigt werden, bei denen sich das Trinkverhalten ändern kann.

1.5.2.2.   Hämatologische und klinisch-biochemische Untersuchungen

Die Blutproben sind an einer zu benennenden Stelle zu entnehmen und möglichst unter geeigneten Bedingungen zu lagern. Am Ende des Prüfzeitraums werden bei den Versuchstieren Blutproben kurz vor der Tötung oder als Teil des Tötungsvorgangs entnommen.

Folgende hämatologische Untersuchungen sind am Ende des Prüfzeitraums und bei etwaigen zwischenzeitlich entnommenen Blutproben durchzuführen: Hämatokritwert, Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Leukozytenzahl (Gesamt- und Differenzialblutbild), Thrombozytenzahl und Messung der Blutgerinnungszeit/Blutgerinnungsfähigkeit.

Klinisch-biochemische Bestimmungen zur Untersuchung der wichtigsten toxischen Wirkungen in Geweben, insbesondere der Wirkungen auf Nieren und Leber, sind an Blutproben durchzuführen, die von jedem Tier unmittelbar vor der Tötung oder als Teil des Tötungsvorgangs entnommen werden (dies gilt nicht für Tiere, die sterbend aufgefunden und/oder zwischenzeitlich getötet werden). Vergleichbar zu den hämatologischen Untersuchungen können klinisch-biochemische Untersuchungen bei den zwischenzeitlich entnommenen Blutproben durchgeführt werden. Es empfiehlt sich eine Futterkarenz der Tiere über Nacht, bevor die Blutproben entnommen werden (3). Die Plasma- oder Serumbestimmungen umfassen die Parameter Natrium, Kalium, Glukose, Gesamtcholesterin, Harnstoff, Harnstoff-Stickstoff im Blut, Kreatinin, Gesamtprotein und Albumin sowie mehr als zwei Enzyme, die auf hepatozelluläre Wirkungen (wie Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, alkalische Phosphatase, Gammaglutamyl-Transpeptidase und Sorbitoldehydrogenase) schließen lassen. Ferner kann die Bestimmung weiterer Enzyme (der Leber oder sonstiger Organe) und der Gallensäuren, die unter bestimmten Bedingungen ebenfalls nützliche Informationen liefern, durchgeführt werden.

Optional können in der letzten Woche der Studie am Urin, der zu festgelegten Zeiten gesammelt wird, folgende Analysebestimmungen durchgeführt werden: Aussehen, Volumen, Osmolalität oder spezifisches Gewicht, pH-Wert, Eiweiß, Glukose und Blut/Blutzellen.

Darüber hinaus sollten Untersuchungen zur Bestimmung von Serummarkern für eine allgemeine Gewebsschädigung erwogen werden. Des Weiteren sollten, wenn die bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz die entsprechenden Stoffwechselprofile beeinträchtigen können oder wenn mit einer solchen Beeinträchtigung zu rechnen ist, die Parameter Calcium, Phosphor, Nüchtern-triglyzeride, spezifische Hormone, Methämoglobin und Cholinesterase bestimmt werden. Die jeweiligen Parameter sind je nach Prüfsubstanzklasse bzw. von Fall zu Fall zu bestimmen.

Insgesamt jedoch ist je nach der Versuchstierart und den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen.

Bei unzureichender Datenlage zu den Normalwerten sollte die Bestimmung hämatologischer und klinisch-biochemischer Parameter gegebenenfalls auch vor Verabreichung der Prüfsubstanz erwogen werden. In der Regel empfiehlt es sich nicht, diese Daten vor der Behandlung zu bestimmen (7).

1.5.2.3.   Autopsie

Alle an der Studie beteiligten Tiere müssen einer vollständigen, eingehenden Autopsie unterzogen werden, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Leber, Nieren, Nebennieren, Hoden, Nebenhoden, Uterus, Eierstöcke, Thymus, Milz, Gehirn und Herz aller Tiere (außer der tot aufgefundenen und/oder zwischenzeitlich getöteten Tiere) sind in angemessener Form von anhaftendem Gewebe zu befreien, und ihr Nassgewicht ist so rasch wie möglich nach der Sektion festzustellen, um ein Austrocknen zu verhindern.

Die folgenden Gewebe sind in dem für Gewebsarten und die vorgesehene nachfolgende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmedium aufzubewahren: alle Gewebe mit makroskopischen Läsionen, Gehirn (repräsentative Bereiche, insbesondere Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons), Rückenmark (auf drei Ebenen: cervical, mittlerer Thoraxbereich, und lumbar), Hypophyse, Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Thymusdrüse, Speiseröhre, Speicheldrüsen, Magen, Dünn- und Dickdarm (einschließlich Peyer'schen Platten), Leber, Bauchspeicheldrüse, Nieren, Nebennieren, Milz, Herz, Luftröhre und Lungen (durch Inflation mit Fixiermittel und anschließende Immersion konserviert), Aorta, Gonaden, Uterus akzessorische Geschlechtsorgane, weibliche Brustdrüsen, Prostata, Harnblase, Gallenblase (Maus), Lymphknoten (vorzugsweise ein Lymphknoten des Verabreichungsweges und ein weiterer vom Verabreichungsweg entfernter Lymphknoten, um systemische Wirkungen abzudecken), periphere Nerven (N. ischiadicus oder N. tibialis), vorzugsweise in der Nähe des Muskels, ein Knochenmarksschnitt (und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat) Haut und Augen (sofern bei den ophthalmologischen Untersuchungen Veränderungen beobachtet wurden). Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebsuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als wahrscheinliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden.

1.5.2.4.   Histopathologische Untersuchungen

Bei allen Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosis sowie bei den Tieren der Kontrollgruppe ist eine umfassende histopathologische Untersuchung der konservierten Organe und Gewebe durchzuführen. Diese Untersuchungen sind auch auf die Tiere aller anderen Dosisgruppen auszudehnen, wenn behandlungsbedingte Veränderungen in der Gruppe mit der höchsten Dosis festgestellt werden.

Alle makroskopischen Läsionen sind zu untersuchen.

Umfasst eine Prüfung auch eine Satellitengruppe, sind bei den Tieren dieser Gruppe die Gewebe und Organe histopathologisch zu untersuchen, bei denen in den Behandlungsgruppen toxische Wirkungen aufgetreten sind.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   DATEN

Es sollten Daten für jedes einzelne Tier vorgelegt werden. Außerdem sollten alle Daten in Tabellenform zusammengefasst werden, aus denen für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Gründen des Tierschutzes getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des eingetretenen Todes oder der aus Tierschutzgründen vorgenommenen Tötung, die Zahl der Tiere, die Anzeichen von Toxizität aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizität, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, deren Dauer und Schweregrad, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und der Prozentsatz der davon betroffenen Tiere.

Wenn möglich sind die numerischen Daten durch eine geeignete allgemein annehmbare statistische Methode auszuwerten. Die statistischen Methoden und die zu analysierenden Daten sollten bei der Planung der Studie festgelegt werden.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

Physikalische Beschaffenheit, Reinheit und physikalisch-chemische Eigenschaften;

Identifizierungsdaten;

Vehikel (sofern zutreffend): Begründung der Wahl des Vehikel, sofern anders als Wasser.

2.2.2.   Versuchstierart

Tierart und Stamm;

Zahl, Alter und Geschlecht der Tiere;

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

individuelles Gewicht der Tiere zu Beginn der Prüfung.

2.2.3.   Prüfbedingungen

Begründung der Wahl der Dosisstufen;

Einzelheiten der Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung, erzielte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung;

Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;

tatsächliche Dosen (mg/kg Körpergewicht/Tag) und, sofern zutreffend, Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Trinkwasser (ppm) in die tatsächliche Dosis;

Einzelheiten der Futter- und Wasserqualität.

2.2.4.   Ergebnisse

Körpergewicht und Änderungen des Körpergewichts;

gegebenenfalls Angaben zur Futter- und Wasseraufnahme;

Daten der toxischen Wirkung nach Geschlecht und Dosis, einschließlich Toxizitätsanzeichen;

Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität);

Ergebnisse aus der ophthalmologischen Untersuchung;

Bewertung der Sensorik, Greifstärke und motorische Aktivität (sofern zutreffend);

hämatologische Tests mit entsprechenden Normalwerten;

klinisch-biochemische Tests mit entsprechenden Normalwerten;

terminales Körpergewicht, Organgewichte und Verhältnis Organ-/Körpergewicht;

Sektionsbefunde;

ausführliche Beschreibung aller histopathologischen

Befunde;

statistische Auswertung der Ergebnisse, wenn möglich.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

3.   LITERATUR

(1)

IPCS (1986). Principles and Methods for the Assessment of Neurotoxicity Associated with Exposure to Chemicals. Environmental Health Criteria Document No 60.

(2)

Tupper, D. E., Wallace, R.B. (1980). Utility of the Neurologic Examination in Rats. Acta Neurobiol. Exp., 40, 999-1003.

(3)

Gad, S. C. (1982). A Neuromuscular Screen for Use in Industrial Toxicology. J. Toxicol. Environ. Health, 9, 691-704.

(4)

Moser. V. C, Mc Daniel, K. M., Phillips, P. M. (1991). Rat Strain and Stock Comparisons Using a Functional Observational Battery: Baseline Values and Effects of Amitraz. Toxicol. Appl. Pharmacol 108, 267-283.

(5)

Meyer O. A., Tilson H. A., Byrd W. C, Riley M. T. (1979). A Method for the Routine Assessment of Fore- and Hind- limb grip Strength of Rats and Mice. Neurobehav. Toxivol., 1, 233-236.

(6)

Crofton K. M., Howard J. L., Moser V. C, Gill M. W., Reiter L. W., Tilson H. A., MacPhail R. C. (1991). Interlaboratory Comparison of Motor Activity Experiments: lmplication for Neurotoxicological Assessments. Neurotoxicol. Teratol, 13, 599-609.

(7)

Weingand K., Brown G., Hall R. et al (1996). ‘Harmonisation of Animal Clinic Pathology Testing in Toxicity and Safety Studies’, Fundam. & Appl. Toxicol., 29, 198-201.

B.27.   PRÜFUNG AUF SUBCHRONISCHE ORALE TOXIZITÄT — 90-TAGE-TOXIZITÄTSSTUDIE BEI WIEDERHOLTER ORALER VERABREICHUNG AN NICHT-NAGETIEREN

1.   METHODE

Diese Methode zur Prüfung auf subchronische orale Toxizität entspricht der OECD TG 409 (1998).

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Beurteilung und Bewertung der toxischen Merkmale eines chemischen Stoffs kann die Bestimmung der subchronischen Toxizität bei wiederholter oraler Verabreichung von Wirkstoffgaben durchgeführt werden, nachdem erste Toxizitätsdaten anhand von Prüfungen auf akute Toxizität oder 28-Tage-Tests auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung erzielt wurden. Die 90-Tage-Studie liefert Informationen über mögliche gesundheitliche Schädigungen, die durch wiederholte Exposition über einen Zeitraum des schnellen Wachstums bis zum frühen Stadium des Erwachsenseins entstehen können. Die Studie liefert ferner Informationen über die wichtigsten toxischen Wirkungen, zeigt die Zielorgane und eine mögliche Akkumulation auf und kann zur Ableitung einer NOAEL (NOAEL — Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) beitragen, die zur Wahl der Dosierungen für Untersuchungen der chronischen Toxizität und zur Festlegung von Sicherheitskriterien für die Humanexposition herangezogen werden kann.

Die Prüfmethode soll dazu beitragen, die schädigenden Wirkungen einer Exposition gegenüber Chemikalien bei Nicht-Nagetieren festzustellen und sollte nur in folgenden Fällen angewandt werden:

wenn in anderen Studien beobachtete Wirkungen eine Klärung/Charakterisierung an einer zweiten Tierart, den Nicht-Nagetieren, erforderlich machen;

wenn toxikokinetische Studien darauf hindeuten, dass die Verwendung einer spezifischen Art von Nicht-Nagetieren die relevanteste Wahl von Versuchstieren ist, oder

wenn andere spezifische Gründe die Verwendung einer Nicht-Nagetierart rechtfertigen.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Dosis ist die Menge der verabreichten Prüfsubstanz. Die Dosis wird als Gewicht (g, mg) oder als Gewicht der Prüfsubstanz je Gewichtseinheit des Versuchstiers (z. B. mg/kg) oder als konstante Futterkonzentration (ppm) ausgedrückt.

Dosierung ist ein allgemeiner Begriff, der die Dosis, ihre Häufigkeit und die Dauer der Verabreichung umfasst.

NOAEL ist die Abkürzung für no-observed-adverse-effect level und entspricht der höchsten Dosis, bei der keine schädigenden behandlungsbedingten Wirkungen festgestellt werden.

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird täglich über einen Zeitraum von 90 Tagen in abgestuften Dosen an mehrere Gruppen von Versuchstieren verabreicht, und zwar eine Dosisstufe je Gruppe, Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere sorgfältig auf Toxizitätsanzeichen beobachtet. Während der Prüfung verendete oder getötete Tiere werden seziert. Am Ende der Prüfung werden alle noch lebenden Tiere getötet und ebenfalls seziert.

1.4.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.4.1.   Auswahl von Versuchstierarten

Die am häufigsten verwendete Nicht-Nagetierart ist der Hund, der einer bestimmten Rasse angehören sollte. Häufig wird der Beagle verwendet. Ferner können Tierarten wie Schwein oder Minischwein verwendet werden. Primaten werden nicht empfohlen, und ihre Verwendung ist zu begründen. Es sollten junge und gesunde Tiere verwendet werden. Bei Hunden sollte mit der Dosierung vorzugsweise im Alter von vier bis sechs Monaten, jedoch nicht später als neun Monaten begonnen werden. Wird die Studie als Vorstudie für eine Langzeitstudie über chronische Toxizität durchgeführt, sollten in beiden Studien dieselbe Art/Rasse verwendet werden.

1.4.2.   Vorbereitung der Tiere

Zu verwenden sind gesunde Jungtiere, die an die Laborbedingungen gewöhnt und bisher nicht für Tierversuche verwendet wurden. Die Dauer der Gewöhnung hängt von der für die Prüfung gewählten Art und der Herkunft der Tiere ab. Empfohlen werden mindestens fünf Tage für Hunde oder für speziell zu diesem Zweck gezüchtete Schweine aus einer internen Kolonie und mindestens zwei Wochen für Tiere externer Herkunft. Von den Versuchstieren sollten Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und/oder Alter festgestellt werden. Die Tiere werden nach dem Zufallsprinzip in Kontroll- und Behandlungsgruppen eingeteilt. Die Käfige sind so aufzustellen, dass etwaige durch den Standort bedingte Auswirkungen möglichst gering sind. Jedes Versuchstier sollte zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer erhalten.

1.4.3.   Zubereitung der Dosen

Die Prüfsubstanz wird mit dem Futter oder im Trinkwasser über eine Magensonde oder in Kapseln verabreicht. Die Methode der oralen Verabreichung hängt von dem Zweck der Studie und den physikalisch-chemischen Eigenschaften des Prüfmaterials ab.

Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Medium gelöst oder suspendiert. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension, sodann eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in anderen Medien in Betracht zu ziehen. Bei anderen Medien als Wasser müssen seine toxischen Merkmale bekannt sein. Die Stabilität der Prüfsubstanz unter den Verabreichungsbedingungen ist festzustellen.

1.5.   VERSUCHSDURCHFÜHRUNG

1.5.1.   Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

Für jede Dosisstufe sind mindestens acht Tiere (vier weibliche und vier männliche) zu verwenden. Sollten im Verlauf der Prüfung Tiere getötet werden, ist die Zahl der Tiere um die Zahl zu erhöhen, die bereits vor Abschluss der Studie getötet werden sollen. Die Zahl der Tiere bei Beendigung der Studie muss für eine sinnvolle Bewertung der toxischen Wirkungen angemessen sein. Aufgrund bereits bekannter Wirkungen der Substanz oder eines eng verwandten Analogons sollte darüber hinaus für die Kontrollgruppe und die Gruppe mit der höchsten Dosis die Aufnahme einer Satellitengruppe von acht Tieren (vier jeden Geschlechts) zwecks Behandlung und anschließender Beobachtung der Reversibilität oder Persistenz etwaiger toxischer Wirkungen erwogen werden. Die Dauer dieses Zeitraums nach der Behandlung sollte den beobachteten Wirkungen angemessen sein.

1.5.2.   Dosierung

Es sollten mindestens drei Dosierungen und eine gleichzeitige Kontrolle verwendet werden, es sei denn, ein Limit-Test wird durchgeführt (siehe 1.4.3.4). Die Dosierungen können auf der Grundlage der Ergebnisse von Studien mit wiederholter Verabreichung oder Studien zur Ermittlung des Dosisbereichs festgelegt werden und sollten sämtliche für die Prüfsubstanz oder verwandte Materialien verfügbaren toxikologischen und toxikokinetischen Daten berücksichtigen. Außer wenn dies wegen der physikalisch-chemischen Eigenschaften oder der biologischen Wirkungen der Prüfsubstanz unmöglich ist, sollte die höchste Dosierung gewählt werden, um Toxizität, jedoch nicht Tod oder schweres Leiden der Tiere zu induzieren. Zum Nachweis dosis-abhängiger Reaktionen und einer NOAEL bei niedrigster Dosierung sollten die Dosierungen in absteigender Folge verabreicht werden. Zwei- bis vierfache Abstände haben sich oft als optimale Dosisabstufungen erwiesen, auch ist meist eine vierte Testgruppe der Anwendung sehr großer Dosisabstände (z. B. mehr als ein Faktor von ca. 6-10) vorzuziehen.

Die Kontrollgruppe sollte eine unbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe sein, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollten die Tiere der Kontrollgruppe identisch mit denen der Testgruppen behandelt werden. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten verwendeten Volumen. Wird eine Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht, und führt dies zu einer verminderten Futteraufnahme, kann eine paarweise gefütterte Kontrollgruppe nützlich sein, wobei zwischen einer verminderten Futteraufnahme aus geschmacklichen Gründen oder wegen toxikologischer Veränderungen im Prüfmodell unterschieden wird.

Zu berücksichtigen sind gegebenenfalls folgende Merkmale des Vehikels und anderer Additive: Wirkungen auf die Absorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Retention der Prüfsubstanz; Wirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die zur Änderung von toxischen Eigenschaften führen können; ferner Wirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere.

1.5.3.   Limit-Test

Ergibt eine Prüfung bei einer einzigen Dosis von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag unter Anwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine adversen Effekte und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Stoffe keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test ist anzuwenden, außer wenn die Expositionswirkungen beim Menschen die Prüfung bei einer höheren Dosis erforderlich erscheinen lässt.

1.5.4.   Verabreichung der Dosen

Die Versuchstiere erhalten die Prüfsubstanz an sieben Tagen der Woche über einen Zeitraum von 90 Tagen. Jede Abweichung von diesem Dosierungsplan, z. B. fünf Tage je Woche, ist zu begründen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies in einer einmaligen Dosis unter Verwendung einer Magensonde oder einer geeigneten Intubationskanüle erfolgen. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier mit einer Gabe verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Generell sollte das Volumen möglichst gering sein. Außer für Reizungen auslösende oder ätzende Stoffe, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine Verschlimmerung bewirken, sollte die Variabilität des Prüfvolumens durch Anpassung der Konzentration möglichst gering gehalten werden, um ein konstantes Volumen bei allen Dosen zu gewährleisten.

Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, können entweder eine konstante Futterkonzentration (ppm) oder eine konstante Dosierung in Relation zum Körpergewicht verwendet werden. Jede angewandte Alternative ist zu spezifizieren. Eine mit einer Magensonde oder in Kapseln verabreichte Substanz sollte jeweils zu denselben Tageszeiten gegeben und so angepasst werden, dass eine konstante Dosis in Relation zum Körpergewicht aufrechterhalten bleibt. Wird eine 90-Tage-Studie als Vorstudie für eine Langzeitstudie über chronische Toxizität verwendet, sollte in beiden Studien die gleiche Nahrung verabreicht werden.

1.5.5.   Beobachtungen

Der Beobachtungszeitraum sollte mindestens 90 Tage betragen. Tiere einer Satellitengruppe, die für Nachfolgebeobachtungen vorgesehen sind, sollten für einen angemessenen Zeitraum ohne Behandlung bleiben, um festzustellen, ob die toxischen Wirkungen fortbestehen oder sich als reversibel erweisen.

Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich, vorzugsweise zur selben Tageszeit, unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis zu erwarten ist, vorgenommen werden. Der klinische Zustand der Tiere ist zu dokumentieren. Alle Tiere sind mindestens zweimal täglich, in der Regel morgens und abends, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen.

Mindestens einmal vor der ersten Exposition (für intraindividuelle Vergleiche) und danach einmal pro Woche sollten bei allen Tieren umfassende klinische Beobachtungen vorgenommen werden. Diese Beobachtungen sollten, sofern praktisch durchführbar, außerhalb des Käfigs erfolgen, in dem die Tiere gehalten werden, und zwar vorzugsweise in einem Standardgehege jeweils zu denselben Zeiten. Die Beobachtungsbedingungen sollten möglichst konstant sein. Anzeichen von Toxizität sind sorgfältig zu dokumentieren, insbesondere Beginn, Schweregrad und Dauer. Die Beobachtungen sollten sich insbesondere beziehen auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie auf autonome Reaktionen (z. B. Tränenfluss, Piloerektion, Pupillengröße, anormale Atmung). Gang- und Haltungsstörungen, ferner Reaktionen auf den Umgang mit den Tieren sowie etwaige klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z. B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten auch dokumentiert werden.

Ophthalmologische Untersuchungen unter Verwendung eines Ophthalmoskops oder eines entsprechenden geeigneten Geräts sollten vorgenommen werden, bevor die Prüfsubstanz verabreicht wird, sowie zum Abschluss der Studie, vorzugsweise an allen Tieren, zumindest jedoch in den höchstdosierten Gruppen und den Kontrollgruppen. Sofern behandlungsbedingte Veränderungen an den Augen beobachtet werden, sollten alle Tiere untersucht werden.

1.5.5.1.   Körpergewicht und Futter-/Wasseraufnahme

Alle Tiere sollten mindestens einmal wöchentlich gewogen werden. Messungen der Futteraufnahme sollten mindestens wöchentlich vorgenommen werden. Wenn die Prüfsubstanz über das Trinkwasser verabreicht wird, sollte auch die Wasseraufnahme mindestens einmal wöchentlich gemessen werden. Die Wasseraufnahme kann auch in Fütterungsstudien oder in Studien mit Sondenapplikation berücksichtigt werden, bei denen sich das Trinkverhalten ändern kann.

1.5.5.2.   Hämatologische und klinisch-biochemische Untersuchungen

Die Blutproben sind an einer zu benennenden Stelle zu entnehmen und möglichst unter geeigneten Bedingungen zu lagern. Am Ende des Prüfzeitraums werden bei den Versuchstieren Blutproben kurz vor der Tötung oder als Teil des Tötungsvorgangs entnommen.

Hämatologische Untersuchungen sind zu Beginn der Studie und anschließend entweder monatlich oder zur Halbzeit und schließlich am Ende des Prüfzeitraums vorzunehmen: Hämatokritwert, Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Leukozytenzahl (Gesamt- und Differenzialblutbild), Thrombozytenzahl und Bestimmung des Gerinnungspotenzials, wie Gerinnungszeit, Prothrombinzeit oder Thromboplastinzeit.

Klinisch-biochemische Bestimmungen zur Untersuchung der wichtigsten toxischen Wirkungen in Geweben, insbesondere der Wirkungen auf Nieren und Leber, sind an Blutproben durchzuführen, die von jedem Tier zu Beginn und anschließend entweder monatlich oder zur Halbzeit und schließlich am Ende des Prüfzeitraums entnommen werden. Die Prüfungen sollten folgende Bereiche abdecken: Elektrolythaushalt, Kohlehydratstoffwechsel sowie Leber- und Nierenfunktion. Die Wahl der spezifischen Prüfungen hängt von den Beobachtungen über die Wirkungsweise der Prüfsubstanz ab. Vor der Blutentnahme empfiehlt sich eine der Tierart angemessene Futterkarenz. Es wird empfohlen, Bestimmungen insbesondere für folgende Parameter durchzuführen: Calcium, Phosphor, Chlor, Natrium, Kalium, Nüchternglukose, Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, Ornithindecarboxylase, Gammaglutamyl-Transpeptidase, Harnstoff-Stickstoff, Albumin, Blutkreatinin, Gesamtbilirubin und Messungen des Serum-Gesamtproteins.

Untersuchungen zur Urinanalyse sind zumindest zu Beginn, anschließend zur Halbzeit und schließlich zum Abschluss der Studie an zu festgelegten Zeiten gesammeltem Urin durchzuführen: Aussehen, Volumen, Osmolarität oder spezifisches Gewicht, pH-Wert, Glukose und Blut/Blutzellen. Sofern erforderlich, können zusätzliche Parameter verwendet werden, um die Untersuchung beobachteter Wirkungen zu erweitern.

Darüber hinaus sollten Untersuchungen zur Bestimmung von Serummarkern für eine allgemeine Gewebsschädigung erwogen werden. Sonstige Bestimmungen, die für eine angemessene toxikologische Bewertung erforderlich sein können, umfassen Analysen von Lipiden, Hormonen, Säure-/Basengleichgewicht, Methämoglobin und Cholinesteraseinhibitation. Weitere klinisch-biochemische Untersuchungen können, sofern erforderlich, durchgeführt werden, um die Untersuchung der beobachteten Wirkungen zu erweitern. Die jeweiligen Parameter sind je nach Prüfsubstanzklasse bzw. von Fall zu Fall zu bestimmen.

Insgesamt ist je nach Versuchstierart und den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen.

1.5.5.3.   Autopsie

Alle an der Studie beteiligten Tiere müssen einer vollständigen, eingehenden Autopsie unterzogen werden, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Leber und Gallenblase, Nieren, Nebennieren, Hoden, Nebenhoden, Uterus, Eierstöcke, Schilddrüse, (mit Nebenschilddrüse), Thymus, Milz, Gehirn und Herz aller Tiere (außer der tot aufgefundenen und/oder zwischenzeitlich getöteten Tiere) sind in angemessener Form von anhaftendem Gewebe zu befreien, und ihr Nassgewicht ist so rasch wie möglich nach der Sektion festzustellen, um ein Austrocknen zu verhindern.

Die folgenden Gewebe sind in dem für Gewebsarten und die vorgesehene nachfolgende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmedium aufzubewahren: alle Gewebe mit makroskopischen Läsionen, Gehirn (repräsentative Bereiche, insbesondere Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons), Rückenmark (auf drei Ebenen: cervical, mittlerer Thoraxbereich, und lumbar), Hypophyse, Augen, Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Thymusdrüse, Speiseröhre, Speicheldrüsen, Magen, Dünn- und Dickdarm (einschließlich Peyer'schen Platten), Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse, Nieren, Nebennieren, Milz, Herz, Luftröhre und Lungen, Aorta, Gonaden, Uterus, akzessorische Geschlechtsorgane, weibliche Brustdrüsen, Prostata, Harnblase, Lymphknoten (vorzugsweise ein Lymphknoten des Verabreichungswegs und ein weiterer vom Verabreichungsweg entfernter, um systemische Wirkungen abzudecken), periphere Nerven (N. ischiadicus oder N. tibialis), vorzugsweise in der Nähe des Muskels, ein Knochenmarksschnitt (und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat) und Haut. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebsuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden.

1.5.5.4.   Histopathologische Untersuchungen

Bei allen Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosis sowie bei den Tieren der Kontrollgruppe ist eine umfassende histopathologische Untersuchung der konservierten Organe und Gewebe durchzuführen. Diese Untersuchungen sind auch auf die Tiere aller Dosisgruppen auszudehnen, wenn behandlungsbedingte Veränderungen in der Gruppe mit der höchsten Dosis festgestellt werden.

Alle makroskopischen Läsionen sind zu untersuchen.

Umfasst eine Prüfung auch eine Satellitengruppe, sind bei den Tieren dieser Gruppe die Gewebe und Organe histopathologisch zu untersuchen, bei denen in den Behandlungsgruppen Wirkungen aufgetreten sind.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   DATEN

Es sollten Daten für jedes einzelne Tier vorgelegt werden. Außerdem sollten alle Daten in Tabellenform zusammengefasst werden, aus denen für jede Prüfgruppe folgende Daten hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Gründen des Tierschutzes getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des eingetretenen Todes oder der aus Tierschutzgründen vorgenommenen Tötung, die Zahl der Tiere, die Anzeichen von Toxizität aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizität, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, deren Dauer und Schweregrad, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und der Prozentsatz der davon betroffenen Tiere.

Wenn möglich, sind die numerischen Daten durch eine geeignete allgemein annehmbare statistische Methode auszuwerten. Die statistischen Methoden und die zu analysierenden Daten sollten bei der Planung der Studie festgelegt werden.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

Physikalische Beschaffenheit, Reinheit und physikalisch-chemische Eigenschaften;

Identifizierungsdaten;

Vehikel (sofern zutreffend): Begründung der Wahl des Vehikels, sofern anders als Wasser.

2.2.2.   Versuchstierart

Tierart und Stamm:

Zahl, Alter und Geschlecht der Tiere:

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

individuelles Gewicht der Tiere zu Beginn der Prüfung.

2.2.3.   Prüfbedingungen

Begründung der Wahl der Dosisstufen;

Einzelheiten der Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung, erzielte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung;

Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;

tatsächliche Dosen (mg/kg Körpergewicht/Tag) und, sofern zutreffend, Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Trinkwasser (ppm) in die tatsächliche Dosis;

Einzelheiten der Futter- und Wasserqualität.

2.2.4.   Ergebnisse

Körpergewicht und Änderungen des Körpergewichts;

gegebenenfalls Angaben zur Futter- und Wasseraufnahme;

Daten der toxischen Wirkung nach Geschlecht und Dosis, einschließlich Toxizitätsanzeichen;

Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität);

Ergebnisse aus der ophthalmologischen Untersuchung;

hämatologische Tests mit entsprechenden Normalwerten;

klinisch-biochemische Tests mit entsprechenden Normalwerten;

terminales Körpergewicht, Organgewichte und Verhältnis Organ-/Körpergewicht;

Sektionsbefunde;

ausführliche Beschreibung aller histopathologischen Befunde;

Absorptionsdaten, sofern zutreffend;

statistische Bearbeitung der Ergebnisse, wenn möglich.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen

B.28.   PRÜFUNG AUF SUBCHRONISCHE TOXIZITÄT NACH DERMALER APPLIKATION — 90-TAGE-TEST MIT NAGERN

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird mehreren Versuchstiergruppen täglich in abgestuften Dosierungen auf die Haut aufgetragen, und zwar eine Dosierung je Gruppe über einen Zeitraum von 90 Tagen. Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere täglich auf Vergiftungserscheinungen beobachtet. Tiere, die während des Versuchs sterben, sowie die bei Versuchsende überlebenden Tiere werden seziert.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor Versuchsbeginn werden gesunde junge Tiere randomisiert und den einzelnen Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeteilt. Kurz vor Beginn des Tests wird das Rückenfell der Versuchstiere geschoren. Ein Abrasieren des Fells ist ebenfalls möglich, sollte jedoch etwa 24 Stunden vor dem Versuch erfolgen. Das Scheren oder Rasieren muss normalerweise wöchentlich wiederholt werden. Es ist darauf zu achten, dass dabei die Haut nicht verletzt wird. Mindestens 10 % der Körperoberfläche wird für die Applikation der Prüfsubstanz vorbereitet. Bei der Bestimmung des zu scherenden Bereichs und der Applikationsfläche ist das Gewicht der Tiere zu berücksichtigen. Werden Versuche mit festen Stoffen durchgeführt, die ggf. pulverisiert werden können, sollte die Prüfsubstanz ausreichend mit Wasser oder, falls erforderlich, mit einem geeigneten Vehikel angefeuchtet werden, um einen guten Kontakt mit der Haut zu gewährleisten. Flüssige Prüfsubstanzen werden gewöhnlich unverdünnt angewendet. Die Applikation erfolgt normalerweise an fünf bis sieben Tagen pro Woche.

Versuchsbedingungen

Versuchstiere

Es können erwachsene Ratten, Kaninchen oder Meerschweinchen verwendet werden. Andere Tierarten sind ebenfalls geeignet, jedoch muss ihre Verwendung begründet werden. Zu Beginn des Versuchs sollte die Abweichung im Körpergewicht nicht mehr als ± 20 % vom Mittelwert betragen. Wird eine subchronische dermale Toxizitätsstudie einer Langzeitstudie vorgeschaltet, sollten in beiden Fällen die gleichen Tierarten bzw. Versuchstierstämme benutzt werden.

Anzahl und Geschlecht

Mindestens 20 Tiere (10 weibliche und 10 männliche) mit gesunder Haut sind für jede Dosierung zu verwenden. Die Weibchen dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muss die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen. Darüber hinaus kann eine zusätzliche Gruppe (Satellitengruppe) von 20 Tieren (10 Tiere pro Geschlecht) über 90 Tage mit der höchsten Dosierung behandelt werden, um während eines Zeitraums von 28 Tagen nach der Behandlung auf Reversibilität, Fortbestehen oder verzögertes Auftreten toxischer Wirkungen achten zu können.

Dosierungen

Es sind mindestens drei Dosisgruppen und eine Kontrollgruppe und — sofern ein Vehikel benutzt wird — eine Vehikelkontrollgruppe erforderlich. Die Applikation der Prüfsubstanz sollte täglich zur gleichen Zeit und in festgesetzten Intervallen (wöchentlich oder 14-tägig) erfolgen, um ein in Relation zum Körpergewicht des Tieres konstantes Dosierungsniveau zu gewährleisten. Abgesehen von der Applikation der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppe genauso zu behandeln wie die Versuchstiere. Wird zur Erleichterung der Verabreichung ein Vehikel benutzt, so ist dieses der entsprechenden Kontrollgruppe in gleicher Weise zu verabreichen wie den behandelten Tieren und zwar in der Menge, die die Gruppe mit der höchsten Dosierung erhält. Die höchste Dosierung ist so zu wählen, dass auf jeden Fall toxische Wirkungen eintreten, die Tiere jedoch nicht oder nur in geringer Zahl sterben. Die niedrigste Dosierung darf keine Anzeichen von Toxizität hervorrufen. Liegen brauchbare Schätzungen über die Höhe der Exposition beim Menschen vor, so sollte die niedrigste Dosierung diesen Wert nicht überschreiten. Nach Möglichkeit sollte die mittlere Dosierung nur geringe toxische Wirkungen verursachen. Werden mehrere Zwischendosierungen verabreicht, so sollten sie so gewählt werden, dass sich eine graduelle Abstufung der toxischen Wirkungen ergibt. In den Gruppen mit niedriger und mittlerer Dosierung sowie in den Kontrollgruppen sollte die Anzahl von Todesfällen gering sein, um eine aussagekräftige Bewertung der Ergebnisse zu ermöglichen.

Führt die Applikation der Prüfsubstanz zu schweren Hautreizungen, sollten die Konzentrationen herabgesetzt werden, was bei hoher Dosierung zu einer Verminderung oder einem Ausbleiben weiterer toxischer Wirkungen führen dürfte. Wurde die Haut stark beschädigt, ist es unter Umständen notwendig, den Versuch abzubrechen und mit einer niedrigeren Konzentration erneut zu beginnen.

Limit-Test

Hat im Rahmen einer Vorstudie die Verabreichung einer Dosis von 1 000 mg/kg bzw. einer höheren Dosis, die einer bekannten Exposition beim Menschen entspricht, keine toxischen Auswirkungen, so ist eine weitere Prüfung nicht erforderlich.

Beobachtungszeitraum

Alle Tiere sind täglich auf Vergiftungssymptome zu beobachten. Der Eintritt des Todes und der Zeitpunkt, zu dem Vergiftungssymptome auftreten und/oder wieder abklingen, sind festzuhalten.

Versuchsdurchführung

Die Tiere sind in Einzelkäfigen zu halten; die Prüfsubstanz wird ihnen vorzugsweise an 7 Tagen pro Woche während eines Zeitraums von 90 Tagen verabreicht.

Tiere einer Satellitengruppe, die für eine Nachbeobachtung vorgesehen sind, sollten für weitere 28 Tage ohne Behandlung gehalten werden, um die Reversibilität von toxischen Effekten bzw. deren Fortbestehen festzustellen. Die Expositionszeit beträgt 6 Stunden pro Tag.

Die Prüfsubstanz ist gleichmäßig auf einen Bereich, der etwa 10 % der Körperoberfläche entspricht, aufzutragen. Bei hochtoxischen Substanzen kann die behandelte Oberfläche kleiner sein, es sollte jedoch ein möglichst großer Bereich mit einer möglichst dünnen und einheitlichen Schicht bedeckt werden.

Die Prüfsubstanz ist während der Expositionszeit mittels eines porösen Mullverbandes und eines hautschonenden Pflasters in Kontakt mit der Haut zu halten. Die Versuchsfläche ist außerdem auf eine geeignete Art abzudecken, um den Mullverband und die Prüfsubstanz zu fixieren und sicherzustellen, dass die Tiere die Prüfsubstanz nicht verschlucken können. Zu diesem Zweck können ggf. Mittel zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit angewendet werden; eine vollständige Immobilisierung ist jedoch nicht zu empfehlen.

Nach Ablauf der Expositionszeit entfernt man — soweit möglich — den Rest der Prüfsubstanz mit Hilfe von Wasser oder eines anderen geeigneten Hautreinigungsverfahrens.

Alle Tiere müssen täglich beobachtet und Vergiftungssymptome sowie deren Beginn, Grad und Dauer aufgezeichnet werden. Die Beobachtungen sollten sich insbesondere auf Veränderungen von Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, des Atmungs- und Kreislaufssystems, des autonomen und zentralen Nervensystems sowie auf Somatomotorik und Verhaltensmuster erstrecken. Die Futteraufnahme und das Gewicht der Tiere werden wöchentlich bestimmt. Eine regelmäßige Beobachtung der Tiere ist erforderlich, um sicherzustellen, dass sich der Bestand an Tieren während der Studie nicht durch Kannibalismus, Autolyse der Gewebe bzw. Fehler beim Umsetzen der Tiere verringert. Nach Abschluss der Studie werden alle überlebenden Tiere, mit Ausnahme der Tiere der Satellitengruppe, seziert. Moribunde Tiere sollten ausgesondert, getötet und seziert werden.

Bei allen Tieren, einschließlich der Kontrolltiere, sind üblicherweise folgende Untersuchungen durchzuführen:

a)

Eine ophthalmologische Untersuchung mit Hilfe eines Ophthalmoskops oder eines gleichwertigen geeigneten Geräts sollte vor der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz und zum Abschluss der Studie — vorzugsweise bei allen Tieren, zumindest jedoch in der Gruppe mit der höchsten Dosierung und in der Kontrollgruppe — durchgeführt werden. Sind bei Versuchsende Veränderungen der Augen feststellbar, sind alle Tiere zu untersuchen.

b)

Am Ende des Versuchs sind hämatologische Untersuchungen, einschließlich Hämatokritwert und Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Leukozytenzahl, Differenzialblutbild, Messungen der Gerinnungsfähigkeit, z. B. Gerinnungszeit, Prothrombinzeit, Thromboplastinzeit oder Thrombozytenzahl, durchzuführen.

c)

Am Ende des Versuchs sind ebenfalls klinisch-chemische Untersuchungen des Blutes durchzuführen. Für diese Untersuchungen eignen sich folgende Analysen: Elektrolytbilanz, Kohlenhydratstoffwechsel, Leber- und Nierenfunktion. Die Durchführung spezifischer Analysen richtet sich nach der festgestellten Wirkungsweise der Prüfsubstanz. Vorgeschlagen werden folgende Bestimmungen: Kalzium, Phosphor, Chlorid, Natrium, Kalium, Nüchternglukose (mit auf die Tierart abgestimmter Fastenperiode), Serum-Glutamat-Pyruvat-Transaminase (4), Serum-Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (5), Ornithin-Dekarboxylase, Gamma-Glutamyl-transpeptidase, Harnstickstoff, Albumin, Blutkreatinin, Gesamtbilirubin- und -serumeiweißmessungen. Weitere Analysen, die gegebenenfalls für eine geeignete toxikologische Bewertung erforderlich sind, umfassen: Lipide, Hormone, Säuren-Basen-Gleichgewicht, Methämoglobin, Cholinesteraseaktivität. Zusätzliche klinisch-chemische Analysen können erforderlich sein, um die Untersuchung der beobachteten Wirkungen zu vertiefen.

d)

In der Regel ist eine Urinanalyse nicht notwendig, erscheint jedoch erforderlich, sofern eine toxische Wirkung zu erwarten oder zu beobachten ist.

Erweisen sich Daten aus vorangegangenen Versuchen als ungeeignet, sollte eine Bestimmung hämatologischer und klinisch-chemischer Parameter vor Versuchsbeginn in Betracht gezogen werden.

Autopsie

Bei allen im Versuch befindlichen Tieren wird eine vollständige Autopsie vorgenommen, einschließlich einer Untersuchung der Körperoberfläche, aller Körperöffnungen, sowie der Schädel, Brust- und Bauchhöhle einschließlich der jeweiligen Organe. Leber, Nieren, Nebennieren und Hoden werden so bald wie möglich nach der Sektion feucht gewogen, um ein Austrocknen zu verhindern. Die folgenden Organe und Gewebe sind für eine eventuelle spätere histopathologische Untersuchung in einem geeigneten Medium aufzubewahren: alle Organe mit makroskopischen Veränderungen, Gehirn, einschließlich Medulla/Pons, der Kleinhirn- und Großhirnrinde, der Hypophyse, der Schilddrüse/Nebenschilddrüse, des Thymusgewebes, von Trachea und Lungen, Herz, Aorta, (Speicheldrüse), Leber, Milz, Nieren, Nebennieren, Pankreas, Gonaden, Uterus, akzessorische Geschlechtsorgane, Gallenblase (sofern vorhanden), Oesophagus, Magen, Duodenum, Jejunum, Ileum, Coecum, Kolon, Rektum, Harnblase, repräsentative Lymphknoten (weibliche Brustdrüse), (Oberschenkelmuskulatur), Nerven des peripheren Systems, Brustbein mit Knochenmark (Augen), (Femur, einschließlich Gelenkoberfläche), (Wirbelsäule in drei Ebenen: Hals-, mittlerer Thorax- und Lendenbereich) sowie (extraorbitale Tränendrüse). Die in Klammern angegebenen Gewebe sind nur bei Anzeichen von Toxizität oder bei Einbeziehung des Zielorgans zu untersuchen.

Histopathologische Untersuchung

a)

Bei allen Tieren der Kontrollgruppe und den Tieren mit der höchsten Dosis ist eine vollständige histopathologische Untersuchung der behandelten und der unbehandelten Hautflächen sowie der Organe und Gewebe durchzuführen.

b)

Alle Organe mit makroskopischen Veränderungen sind zu untersuchen.

c)

Die Zielorgane der Tiere der anderen Dosisgruppen sind zu untersuchen.

d)

Werden Ratten benutzt, sind die Lungen der Tiere in der Gruppe mit niedriger und mittlerer Dosierung zur Feststellung einer möglichen Infektion histopathologisch so zu untersuchen, dass eine geeignete Beurteilung des Gesundheitszustandes der Tiere möglich ist. Weitere histopathologische Untersuchungen der Tiere dieser Gruppen sind routinemäßig nicht erforderlich, müssen jedoch bei den Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosierung stets für alle geschädigten Organe durchgeführt werden.

e)

Bei den Tieren der Satellitengruppe sind jene Organe und Gewebe histopathologisch zu untersuchen, die in den behandelten Gruppen auf die Prüfsubstanz reagierten.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus muss für jede Versuchsgruppe die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, die Zahl der Tiere mit Veränderungen, die Art der Veränderungen sowie der Prozentsatz der Tiere für jede Art der Veränderung hervorgehen. Die Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Hierzu ist eine anerkannte statistische Methode heranzuziehen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Tierarten, Tierstamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Fütterung;

Versuchsbedingungen;

Dosierungen (ggf. Vehikel) und Konzentrationen;

Daten über toxische Reaktionen nach Geschlecht und Dosierung;

nichttoxische Dosis, sofern möglich;

Zeitpunkt des Todes während des Versuchs bzw. Angabe, ob die Tiere den Versuch überlebten;

Beschreibung toxischer oder anderer Wirkungen;

Zeitpunkt der Beobachtung der einzelnen Vergiftungssymptome und deren weiterer Verlauf;

Angaben über Futterverbrauch und Körpergewichtsentwicklung;

ophthalmologische Befunde;

hämatologische Tests und deren Ergebnisse;

klinisch-chemische Tests und deren Ergebnisse (einschließlich Ergebnis einer evtl. Urinanalyse);

Sektionsbefunde;

detaillierte Beschreibung aller histopathologischen Befunde;

statistische Auswertung der Ergebnisse, sofern möglich;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.29.   PRÜFUNG AUF SUBCHRONISCHE TOXIZITÄT NACH INHALATION — 90-TAGE-TEST MIT NAGERN

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Mehrere Versuchstiergruppen werden der Prüfsubstanz täglich über einen bestimmten Zeitraum in abgestuften Konzentrationen ausgesetzt, wobei für jede Gruppe eine Konzentration zu verwenden ist. Wird ein Vehikel beigegeben, um die gewünschte Konzentration der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen, ist eine Vehikelkontrollgruppe einzusetzen. Während des Versuchszeitraums werden die Tiere täglich auf Vergiftungserscheinungen beobachtet. Tiere, die während des Versuchs sterben, sowie die bei Versuchsende überlebenden Tiere werden seziert.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen eingewohnt. Vor Versuchsbeginn werden gesunde junge Tiere randomisiert und den einzelnen Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeteilt. Falls notwendig, kann der Prüfsubstanz ein geeignetes Vehikel beigegeben werden, um die gewünschte Konzentration der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen. Wird zur Vereinfachung der Dosierung ein Vehikel oder ein sonstiger Zusatz verwendet, muss dessen nichttoxische Wirkung gesichert sein. Dazu können gegebenenfalls Daten aus vorangegangenen Versuchen herangezogen werden.

Versuchsbedingungen

Versuchstiere

Soweit keine besonderen Gründe vorliegen, ist die Ratte zu bevorzugen. Es sind junge gesunde Tiere bekannter Versuchstierstämme zu verwenden. Die Schwankung im Körpergewicht sollte zu Beginn des Versuchs nicht mehr als ± 20 % vom anpassenden Mittelwert betragen. Wird eine subchronische Inhalationsstudie einer Langzeitstudie vorgeschaltet, sollten in beiden Fällen die gleichen Tierarten bzw. Versuchstierstämme benutzt werden.

Anzahl und Geschlecht

Mindestens 20 Tiere (10 weibliche und 10 männliche) sind für jede Versuchsgruppe zu verwenden. Die Weibchen dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muss die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen. Darüber hinaus kann eine zusätzliche Gruppe (Satellitengruppe) von 20 Tieren (10 Tiere pro Geschlecht) über 90 Tage mit der höchsten Dosierung behandelt werden, um während eines Zeitraums von 28 Tagen nach der Behandlung auf Reversibilität, Fortbestehen oder verzögertes Auftreten toxischer Wirkungen achten zu können.

Expositionskonzentration

Es sind mindestens drei Konzentrationen und eine Kontrollgruppe erforderlich; sofern ein Vehikel benutzt wird, ist eine zugehörige Kontrollgruppe (entsprechend der Konzentration des Vehikels bei der höchsten Expositionskonzentration) hinzuzuziehen. Abgesehen von der Applikation der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppe genauso zu behandeln wie die Versuchstiere. Die höchste Konzentration ist so zu wählen, dass auf jeden Fall eine toxische Wirkung eintritt, die Tiere jedoch nicht oder nur in geringer Zahl sterben. Die niedrigste Konzentration darf keine Anzeichen von Toxizität verursachen. Liegen brauchbare Schätzungen über die Höhe der Exposition beim Menschen vor, so muss die niedrigste Dosierung diesen Wert überschreiten. Nach Möglichkeit sollte die mittlere Dosierung nur geringe toxische Wirkungen verursachen. Werden mehrere Zwischenkonzentrationen verabreicht, so sollten sie so gewählt werden, dass sich eine graduelle Abstufung der toxischen Wirkungen ergibt. In den Gruppen mit niedriger und mittlerer Konzentration sowie in den Kontrollgruppen sollte die Anzahl von Todesfällen gering sein, um eine aussagekräftige Bewertung der Ergebnisse zu ermöglichen.

Expositionszeit

Die tägliche Expositionszeit sollte sechs Stunden betragen, wobei eine ausgeglichene Verteilung der Kammerkonzentration gewährleistet sein muss. Bei spezifischen Erfordernissen sind auch andere Expositionszeiten möglich.

Ausrüstung

Für die Tierversuche sollte eine Inhalationsanlage benutzt werden, die einen dynamischen Luftstrom mit einem Luftwechsel von mindestens 12 Mal pro Stunde ermöglicht, um einen adäquaten Sauerstoffgehalt und eine gleichmäßig verteilte Expositionsatmosphäre zu gewährleisten. Wird eine Kammer verwendet, so ist sie so zu gestalten, dass die Versuchstiere möglichst wenig zusammengedrängt werden und die Exposition durch Inhalation der Prüfsubstanz maximiert wird. Um die Stabilität der Atmosphäre in der Inhalationskammer sicherzustellen, sollte grundsätzlich das ‚Gesamtvolumen‘ der Versuchstiere 5 % des Kammervolumens nicht überschreiten. Möglich ist auch eine Exposition des Mund-Nasen-Bereichs, des Kopfes oder des ganzen Körpers in Inhalationskammern; der Vorteil der beiden ersten Expositionsarten besteht darin, die Aufnahme der Prüfsubstanz auf anderen Wegen einzuschränken.

Beobachtungszeitraum

Die Versuchstiere sind während des gesamten Behandlungszeitraums und der Erholungsphase täglich auf Vergiftungssymptome zu beobachten. Der Eintritt des Todes und der Zeitpunkt, zu dem Vergiftungssymptome auftreten und/oder wieder abklingen, sind festzuhalten.

Versuchsdurchführung

Die Tiere werden der Prüfsubstanz täglich an 5 bis 7 Tagen pro Woche über einen Zeitraum von 90 Tagen ausgesetzt. Die Tiere der Satellitengruppe, die für eine Nachbeobachtung vorgesehen sind, sollten für weitere 28 Tage ohne Exposition gehalten werden, um die Reversibilität der toxischen Wirkungen bzw. deren Fortbestehen feststellen zu können. Die Temperatur soll während des Versuchs 22 oC ±oC betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit soll zwischen 30 und 70 % liegen, was in einigen Fällen (z. B. Versuche mit Aerosolen) jedoch nicht durchführbar sein dürfte. Während der Exposition werden weder Futter noch Wasser verabreicht.

Es soll ein dynamisches Inhalationssystem mit einem geeigneten analytischen Verfahren zur Bestimmung der Konzentration benutzt werden. Um brauchbare Expositionskonzentrationen zu erhalten, wird ein Vorversuch empfohlen. Die Luftdurchflussrate ist so einzustellen, dass die Bedingungen in der gesamten Expositionskammer einheitlich sind. Das System soll gewährleisten, dass konstante Expositionsbedingungen so schnell wie möglich erreicht werden.

Folgende Messungen oder Überwachungen sind durchzuführen:

a)

Luftdurchflussrate (kontinuierlich);

b)

die tatsächliche Konzentration der Prüfsubstanz wird im Atembereich gemessen. Während der täglichen Expositionsdauer darf die Konzentration nicht um mehr als ± 15 % vom Mittelwert variieren. Bei Stäuben und einigen Aerosolen, wo dieser Wert nicht erreichbar ist, wird ein größerer Streubereich akzeptiert. Während der gesamten Versuchsdauer ist die Konzentration von Tag zu Tag so konstant wie möglich zu halten. Während des Versuchsaufbaus sollte eine Teilchengrößenanalyse durchgeführt werden, um die Konstanz der Aerosolkonzentrationen zu bestimmen. Während der Expositionszeit ist die Analyse so oft wie möglich zu wiederholen, um die Konstanz der Teilchengrößenverteilung zu kontrollieren;

c)

Temperatur und Luftfeuchtigkeit;

d)

während und nach der Exposition werden die Tiere beobachtet und die Befunde aufgezeichnet und im Bericht für jedes Tier festgehalten. Alle Tiere sollen täglich auf Anzeichen toxischer Effekte beobachtet und deren Auftreten, Grad und Dauer aufgezeichnet werden. Die Beobachtungen der Tiere sollten sich insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, des Atmungs- und Kreislaufsystems, des autonomen und des zentralen Nervensystems sowie auf Somatomotorik und Verhaltensmuster erstrecken. Die Menge des aufgenommenen Futters und das Gewicht der Tiere werden wöchentlich bestimmt. Eine regelmäßige Beobachtung der Tiere ist erforderlich, um so weit wie möglich sicherzustellen, dass sich der Bestand an Tieren während des Versuchs nicht durch Kannibalismus, Autolyse der Gewebe bzw. Fehler beim Umsetzen der Tiere verringert. Nach Abschluss der Expositionsphase werden alle überlebenden Tiere, mit Ausnahme der Tiere der Satellitengruppe, seziert. Moribunde Tiere sollten ausgesondert, getötet und seziert werden.

Bei allen Tieren, einschließlich der Kontrolltiere, sind üblicherweise folgende Untersuchungen durchzuführen:

a)

Eine ophtalmologische Untersuchung mit Hilfe eines Ophthalmoskops oder eines gleichwertigen geeigneten Geräts sollte vor der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz und zum Abschluss der Studie — vorzugsweise bei allen Tieren, zumindest jedoch in der Gruppe mit der höchsten Dosierung und in der Kontrollgruppe — durchgeführt werden. Sind bei Versuchsende Veränderungen an den Augen feststellbar, sind alle Tiere zu untersuchen.

b)

Am Ende des Versuchs sind hämatologische Untersuchungen einschließlich Hämatokritwert und Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Leukozytenzahl, Differenzialblutbild, Messungen der Gerinnungsfähigkeit, z. B. Gerinnungszeit, Prothrombinzeit, Thromboplastinzeit oder Thrombozytenzahl, durchzuführen.

c)

Am Ende des Versuchs sind ebenfalls klinisch-chemische Analysen des Blutes durchzuführen. Für diese Untersuchungen eignen sich folgende Analysen: Elektrolytbilanz, Kohlenhydratstoffwechsel, Leber- und Nierenfunktion. Die Durchführung spezifischer Analysen richtet sich nach der festgestellten Wirkungsweise der Prüfsubstanz. Vorgeschlagen werden folgende Bestimmungen: Kalzium, Phosphor, Chlorid, Natrium, Kalium, Nüchternglukose (mit auf die Tierart abgestimmter Fastenperiode), Serum-Glutamat-Pyruvat-Transaminase (4), Serum-Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (4), Ornithin-Dekarboxylase, Gamma-Glutamyl-transpeptidase, Harnstickstoff, Albumin, Kreatinin, Gesamtbilirubin- und -serumeiweißmessungen. Weitere Analysen, die gegebenenfalls für eine geeignete toxikologische Bewertung erforderlich sind, umfassen: Lipide, Hormone, Säuren-Basen-Gleichgewicht, Methämoglobin, Cholinesteraseaktivität. Zusätzliche klinisch-chemische Analysen können erforderlich sein, um die Untersuchung der beobachteten Wirkungen zu vertiefen.

d)

In der Regel ist eine Urinanalyse nicht notwendig, erscheint jedoch erforderlich, sofern eine toxische Wirkung zu erwarten oder zu beobachten ist.

Erweisen sich Daten aus vorangegangenen Versuchen als ungeeignet, sollte eine Bestimmung hämatologischer und klinisch-chemischer Parameter vor Versuchsbeginn in Betracht gezogen werden.

Autopsie

Bei allen im Versuch befindlichen Tieren wird eine vollständige Autopsie vorgenommen, einschließlich einer Untersuchung der Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel, Brust- und Bauchhöhle einschließlich der jeweiligen Organe. Leber, Nieren, Nebennieren und Hoden werden sobald wie möglich nach der Sektion feucht gewogen, um ein Austrocknen zu verhindern. Die folgenden Organe und Gewebe sind für eine eventuelle spätere histopathologische Untersuchung in einem geeigneten Medium aufzubewahren: alle Organe mit makroskopischen Veränderungen, Lungen, die vollständig und unversehrt entnommen, gewogen und mit einem geeigneten Fixiermittel konserviert werden, um die Lungenstruktur zu erhalten (als geeignetes Verfahren gilt die Perfusion der Lunge mit einer Fixierflüssigkeit), Gewebe von Nase und Pharynx, Gehirn, einschließlich Medulla/Pons, der Kleinhirn- und Großhirnrinde, der Hypophyse, der Schilddrüse/Nebenschilddrüse, des Thymusgewebes, von Trachea, Herz, Aorta, Speicheldrüse, Leber, Milz, Nieren, Nebennieren, Pankreas, Gonaden, Uterus (akzessorische Geschlechtsorgane), (Haut), Gallenblase (sofern vorhanden), Oesophagus, Magen, Duodenum, Jejunum, Ileum, Coecum, Kolon, Rektum, Harnblase, repräsentative Lymphknoten (weiblich Brustdrüse), (Oberschenkelmuskulatur), Nerven des peripheren Systems (Augen), Brustbein mit Knochenmark (Femur, einschließlich Gelenkoberfläche), (Wirbelsäule in drei Ebenen: Hals-, mittlerer Thorax- und Lendenbereich) sowie (extraorbitale Tränendrüse). Die in Klammern angegebenen Gewebe sind nur bei Anzeichen von Toxizität oder bei Einbeziehung des Zielorgans zu untersuchen.

Histopathologische Untersuchung

a)

Bei allen Tieren der Kontrollgruppe und den Tieren mit der höchsten Dosis ist eine vollständige histopathologische Untersuchung des Respirationstraktes sowie sonstiger Organe und Gewebe durchzuführen.

b)

Alle Organe mit makroskopischen Veränderungen sind zu untersuchen.

c)

Die Zielorgane der Tiere der anderen Dosisgruppen sind zu untersuchen.

d)

Werden Ratten benutzt, sind die Lungen der Tiere in der Gruppe mit niedriger und mittlerer Dosierung zur Feststellung einer möglichen Infektion histopathologisch so zu untersuchen, dass eine geeignete Beurteilung des Gesundheitszustandes der Tiere möglich ist. Weitere histopathologische Untersuchungen der Tiere dieser Gruppen sind routinemäßig nicht erforderlich, müssen jedoch bei den Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosierung stets für alle geschädigten Organe durchgeführt werden.

e)

Bei den Tieren der Satellitengruppe sind jene Organe und Gewebe histopathologisch zu untersuchen, die in den behandelten Gruppen auf die Prüfsubstanz reagierten.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus muss für jede Versuchsgruppe die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, die Zahl der Tiere mit Veränderungen, die Art der Veränderung sowie der Prozentsatz der Tiere für jede Art der Veränderung, hervorgehen. Die Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Hierzu ist eine anerkannte statistische Methode heranzuziehen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Tierarten, Tierstamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Fütterung;

Versuchsbedingungen:

Beschreibung des Expositionsapparats einschließlich Gestaltung, Typ, Abmessungen, Luftquelle, System zur Partikel- und Aerosolerzeugung, Klimatisierungssystem, Behandlung der Abluft und Art der Unterbringung der Tiere in einer Versuchskammer. Die Geräte zur Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und ggf. Konstanz der Aerosolkonzentration oder Teilchengröße sind zu beschreiben.

Expositionsdaten Diese Daten sind in tabellarischer Form unter Angabe von Mittelwerten und Berücksichtigung der Schwankung (z. B. Standardabweichung) zusammenzufassen. Sie müssen folgende Angaben enthalten:

a)

Luftdurchflussrate in der Inhalationsanlage,

b)

Temperatur und Luftfeuchtigkeit,

c)

nominale Konzentration (Gesamtmenge der Prüfsubstanz, die in die Inhalationsanlage eingegeben wird, dividiert durch das Luftvolumen),

d)

ggf. Art des Vehikels,

e)

tatsächliche Konzentrationen im Atembereich,

f)

mittlere Teilchengrößen (sofern erforderlich);

Daten über toxische Reaktionen nach Geschlecht und Konzentration;

nichttoxische Konzentration, sofern möglich;

Zeitpunkt des Todes während des Versuchs bzw. Angabe, ob die Tiere den Versuch überlebten;

Beschreibung toxischer oder anderer Wirkungen;

Zeitpunkt der Beobachtung der einzelnen Vergiftungssymptome und deren weiterer Verlauf;

Angaben über Futterverbrauch und Körpergewichtsentwicklung;

ophthalmologische Befunde;

hämatologische Tests und deren Ergebnisse;

klinisch-chemische Tests und deren Ergebnisse (einschließlich Ergebnisse einer evtl. Urinanalyse);

Sektionsbefunde;

detaillierte Beschreibung aller histopathologischen Befunde;

statistische Auswertung der Ergebnisse, sofern möglich;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.30.   PRÜFUNG AUF CHRONISCHE TOXIZITÄT

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird normalerweise für einen größeren Teil der Lebensdauer den Versuchstiergruppen an 7 Tagen pro Woche auf einem geeigneten Verabreichungsweg appliziert, und zwar jeweils eine Dosierung je Gruppe. Während und nach der Exposition werden die Versuchstiere täglich auf Vergiftungserscheinungen beobachtet.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor Versuchsbeginn werden gesunde junge Tiere randomisiert und der erforderlichen Anzahl von Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeteilt.

Versuchsbedingungen

Versuchstiere

Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte.

Auf der Grundlage der Ergebnisse vorangegangener Studien können jedoch andere Tierarten (Nager oder Nicht-Nager) verwendet werden. Die Tests sind mit jungen gesunden Tieren gebräuchlicher Versuchstierstämme durchzuführen; mit der Verabreichung der Prüfsubstanz sollte in einem geeigneten Zeitraum nach der Entwöhnung vom Muttertier begonnen werden.

Bei Versuchsbeginn sollte die Variabilität des Körpergewichts der Tiere nicht mehr als ± 20 % vom Mittelwert betragen. Wird eine subchronische orale Toxizitätsstudie einer Langzeitstudie vorgeschaltet, sollten in beiden Fällen die gleichen Tierarten bzw. Versuchstierstämme benutzt werden.

Anzahl und Geschlecht

Bei Nagern sollten mindestens 40 Tiere (20 weibliche und 20 männliche) für jede Dosierung und die entsprechende Kontrollgruppe verwendet werden. Die Weibchen dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muss die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen.

Bei Nicht-Nagern ist eine geringerer Anzahl an Tieren, mindestens jedoch 4 pro Geschlecht und Dosisgruppe zulässig.

Dosierungen und Expositionshäufigkeit

Es sind mindestens drei Dosisgruppen und eine Kontrollgruppe zu verwenden. Die höchste Dosierung ist so zu wählen, dass auf jeden Fall toxische Wirkungen auftreten, jedoch keine übermäßig hohe Todesrate eintritt.

Die niedrigste Dosierung darf keine Anzeichen von Toxizität hervorrufen. Die mittlere Dosierung liegt zwischen der höchsten und der niedrigsten Dosierung.

Bei der Auswahl der Dosierungen sind Daten aus vorangegangenen Versuchen zu berücksichtigen.

Normalerweise erfolgt die Exposition täglich. Wird die Substanz im Trinkwasser verabreicht oder mit dem Futter vermischt, müssen Wasser bzw.

Futter den Tieren jederzeit zugänglich sein.

Kontrollgruppen

Die Kontrollgruppe muss, abgesehen von der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz, in jeder Hinsicht den Versuchstiergruppen entsprechen.

Unter besonderen Bedingungen, wie z. B. bei Verwendung eines Aerosols bei Inhalationsstudien oder eines Emulgators mit unbekannter biologischer Wirkung bei oralen Toxizitätsstudien, empfiehlt sich der Einsatz einer zusätzlichen unbehandelten Kontrollgruppe. Diese Gruppe wird in gleicher Weise behandelt wie alle übrigen Versuchstiere, darf jedoch weder der Prüfsubstanz noch irgendeinem Vehikel gegenüber exponiert werden.

Verabreichungsweg

Es finden in der Hauptsache die orale und die inhalative Verabreichung Anwendung. Die Wahl des Verabreichungswegs hängt von den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und der voraussichtlichen Art der Exposition beim Menschen ab.

Der dermale Verabreichungsweg wirft erhebliche praktische Probleme auf. Eine chronische systematische Toxizität als Folge einer perkutanen Absorption lässt sich normalerweise aus den Ergebnissen der oralen Toxizitätsstudie und der Kenntnis über den aus vorangegangenen perkutanen Toxizitätsbestimmungen ermittelten Umfang der perkutanen Absorption ableiten.

Orale Applikation

Wird die Prüfsubstanz vom Magen-Darm-Trakt absorbiert und ist eine Exposition beim Menschen auf oralem Wege möglich, sollte, sofern keine Kontraindikationen vorliegen, der orale Verabreichungsweg gewählt werden. Den Tieren sollte die Prüfsubstanz im Futter, gelöst im Trinkwasser oder in Kapseln zugeführt werden. Wünschenswert ist eine tägliche Verabreichung an sieben Tagen pro Woche, da bei einem fünftägigen Rhythmus die verabreichungsfreie Zeit eine Erholung bzw. einen Rückgang von Vergiftungserscheinungen ermöglicht und so das Ergebnis und die Bewertung beeinflussen kann. Aus praktischen Überlegungen ist jedoch ein fünftägiger Verabreichungsrhythmus als annehmbar zu betrachten.

Inhalative Applikation

Da Studien über die inhalative Applikation im Vergleich zu den sonstigen Verabreichungswegen größere technische Probleme aufwerfen, soll hier eine ausführlichere Anleitung gegeben werden. Es wird darauf hingewiesen, dass die intratracheale Instillation in besonderen Fällen durchaus eine gültige Alternative darstellt.

Bei langfristigen Expositionen legt man üblicherweise entweder eine angenommene Exposition beim Menschen zugrunde, wobei die Tiere bei einheitlicher Testkammerkonzentration 5 Tage lang täglich 6 Stunden exponiert werden (intermittierende Exposition). Oder man geht von einer möglichen Umweltexposition aus, bei der die Tiere an 7 Tagen jeweils 22 bis 24 Stunden der Prüfsubstanz ausgesetzt sind (kontinuierliche Exposition) und wobei pro Tag jeweils zur gleichen Zeit eine Stunde zur Fütterung und Wartung der Kammer vorgesehen ist.

In beiden Fällen werden die Tiere normalerweise einer festgesetzten Konzentration der Prüfsubstanz ausgesetzt. Der Hauptunterschied, der zwischen der intermittierenden und der kontinuierlichen Exposition zu berücksichtigen ist, liegt darin, dass sich die Tiere im ersteren Falle während einer 17- bis 18-stündigen expositionsfreien Periode und während des noch längeren Zeitraums am Wochenende möglicherweise von den Auswirkungen der täglichen Exposition erholen.

Welche der beiden Expositionsformen gewählt wird, hängt von den Zielsetzungen der jeweiligen Studie sowie von den beim Menschen gegebenen Voraussetzungen ab, die mit dem Test simuliert werden sollen. Einige technische Schwierigkeiten müssen jedoch berücksichtigt werden. So dürfte z. B. der Vorteil der kontinuierlichen Exposition bei der Simulierung von Umgebungsbedingungen sowohl durch die Notwendigkeit aufgehoben werden, die Tiere mit Wasser und Futter zu versorgen als auch durch den Bedarf an besser entwickelten (und zuverlässigeren) Aerosol- sowie Dampferzeugungs- und Überwachungstechniken zu warten.

Expositionskammern

Für die Tierversuche sollte eine Inhalationsanlage benutzt werden, die eine dynamische Luftgeschwindigkeit mit einer Luftwechselrate von mindestens 12 Mal pro Stunde ermöglicht, um einen adäquaten Sauerstoffgehalt und eine gleichmäßige Verteilung der Prüfsubstanz in der Atmosphäre zu gewährleisten. Die Testkammern für die Kontroll- wie für die Versuchstiere sollten in Konzeption und Ausführung identisch sein, um in jeder Hinsicht — mit Ausnahme der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz — vergleichbare Voraussetzungen zu schaffen. Üblicherweise wird in der Testkammer ein geringer Unterdruck erzeugt, um ein Entweichen der Prüfsubstanz aus der Kammer zu vermeiden. Die Testkammern sollten gewährleisten, dass die Versuchstiere möglichst wenig zusammengedrängt werden. Um die Stabilität der Atmosphäre in der Inhalationskammer sicherzustellen, sollte das Gesamtvolumen der Versuchstiere grundsätzlich 5 % des Kammervolumens nicht überschreiten.

Folgende Messungen oder Kontrollen sind durchzuführen:

a)

Luftströmung: Die Luftdurchflussrate innerhalb der Testkammer sollte vorzugsweise kontinuierlich überwacht werden;

b)

während der täglichen Expositionsdauer darf die Konzentration nicht um mehr als ± 15 % des Mittelwerts variieren;

c)

Temperatur und Luftfeuchtigkeit: Bei Nagern soll die Temperatur 22 oC (± 2 oC) betragen und die Luftfeuchtigkeit innerhalb der Kammer zwischen 30 und 70 % liegen, es sei denn, die Prüfsubstanz wird mit Hilfe von Wasser in der Testkammer suspendiert. Es empfiehlt sich, beide Größen kontinuierlich zu überwachen;

d)

Teilchengrößenmessungen: Sowohl für Flüssig- als auch für Feststoffaerosole ist eine Bestimmung der Teilchengrößenverteilung in der Kammeratmosphäre vorzunehmen. Die Aerosolteilchen müssen für die Versuchstiere lungengängig sein. Stichproben sind in der Atemzone der Tiere zu entnehmen. Sie müssen repräsentativ für die Teilchenverteilung sein, der die Tiere ausgesetzt sind, und sollten außerdem alle suspendierten Aerosole, auch wenn sie zum Großteil nicht lungengängig sind, gravimetrisch erfassen. Beim Aufbau der Versuchsanlage muss die Teilchengröße-Analyse so oft wie nötig wiederholt werden, um die Stabilität der Aerosolkonzentration zu gewährleisten. Während der folgenden Expositionen ist eine Wiederholung nur so oft erforderlich, wie es für eine angemessene Bestimmung der Konsistenz der Teilchenverteilung, der die Tiere ausgesetzt waren, notwendig ist.

Versuchsdauer

Der Verabreichungszeitraum sollte mindestens 12 Monate betragen.

Verfahren

Beobachtungen

Mindestens einmal am Tag ist eine sorgfältige klinische Untersuchung vorzunehmen. Eine zusätzliche tägliche Beobachtung der Tiere ist außerdem erforderlich, um sicherzustellen, dass der Tierverlust für den Versuch so gering wie möglich bleibt, z. B. durch Autopsie oder Kühlung der tot aufgefundenen Tiere sowie durch Isolierung oder Tötung schwacher bzw. kranker Tiere. Eine sorgfältige Beobachtung ist angezeigt, um den Beginn und die Weiterentwicklung von Vergiftungserscheinungen festzustellen und um Verluste des Tierbestands aufgrund von Krankheiten, Autolyse oder Kannibalismus weitestgehend einschränken zu können.

Klinische Symptome, einschließlich neurologischer und Augenveränderungen sowie Mortalität sind für alle Tiere aufzuzeichnen. Der Zeitpunkt des Auftretens und der Weiterentwicklung des toxischen Zustands, einschließlich der Bildung verdächtiger Tumoren, ist ebenfalls festzuhalten.

Das Körpergewicht jedes Einzeltiers ist während der ersten 13 Wochen des Tests einmal wöchentlich und anschließend mindestens einmal alle vier Wochen festzustellen. Die Nahrungsaufnahme wird während der ersten 13 Wochen der Studie und anschließend in etwa dreimonatigen Abständen bestimmt, sofern nicht der Gesundheitszustand oder das Körpergewicht der Tiere andere Maßnahmen erforderlich machen.

Hämatologische Untersuchung

Eine hämatologische Untersuchung (z. B. Hämoglobingehalt, Hämatokritwert, Gesamtzahl der roten Blutkörperchen, Gesamtzahl der weißen Blutkörperchen, Blutplättchen oder sonstige Messungen der Gerinnungsfähigkeit) anhand der Blutproben von allen Nicht-Nagern und von 10 Ratten/Geschlecht aus allen Dosisgruppen sollte nach 3 Monaten, nach 6 Monaten und anschließend in etwa sechsmonatigen Abständen sowie nach Abschluss der Studie durchgeführt werden. Sofern durchführbar, sollten diese Blutproben bei jeder Untersuchung von den gleichen Ratten stammen. Zusätzlich ist Nicht-Nagern vor Beginn des Versuchs eine Blutprobe zu entnehmen.

Lässt die klinische Beobachtung auf eine Verschlechterung des Gesundheitszustands der Tiere im Verlauf der Studie schließen, kann ein Differenzialblutbild der erkrankten Tiere erstellt werden.

Das Differenzialblutbild wird aus den Blutproben von Tieren der höchsten Dosisgruppe und von Tieren der Kontrollgruppe erstellt. Für die Tiere der niedrigeren Dosisgruppe(n) ist die Erstellung eines Differenzialblutbildes nur erforderlich, wenn zwischen der höchsten Dosisgruppe und der Kontrollgruppe erhebliche Abweichungen bestehen oder wenn die pathologische Untersuchung dies nahe legt.

Urinanalyse

Urinproben sind von den Nicht-Nagern und von 10 Ratten/Geschlecht von allen Dosisgruppen möglichst in den gleichen zeitlichen Abständen wie bei der vorstehend beschriebenen hämatologischen Untersuchung zu entnehmen. Bei Nagern sollten die folgenden Analysen entweder von jedem Einzeltier oder auf der Grundlage einer Sammelprobe Geschlecht/Gruppe durchgeführt werden:

Aussehen: Volumen und spezifisches Gewicht für jedes Einzeltier;

Protein, Glukose, Ketone, Blut (semiquantitativ);

Urinsediment (semiquantitativ).

Klinische Chemie

In etwa halbjährlichen Abständen und bei Abschluss der Untersuchung werden von allen Nicht-Nagern und von 10 Ratten/Geschlecht aus allen Dosisgruppen — wenn möglich jeweils von den gleichen Ratten — Blutproben zu klinisch-chemischen Messungen entnommen. Zusätzlich sollte vor dem Versuch von allen Nicht-Nagern eine Blutprobe entnommen werden. Mit dem aus diesen Proben gewonnenen Plasma werden folgende Analysen durchgeführt:

Gesamtproteinkonzentration;

Albuminkonzentration;

Leberfunktionstests (wie alkalische Phosphatase, Glutamat-Pyruvat-Transaminase (4) und Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (4), Gamma-Glutamyl-Transpeptidase, Ornithin-Dekarboxylase;

Kohlenhydratstoffwechsel, z. B. Nüchternglukose;

Nierenfunktionstest, z. B. Harnstickstoff im Blut.

Autopsie

An allen Tieren, einschließlich der während des Versuchs gestorbenen bzw. aus Krankheitsgründen getöteten Tiere, wird eine vollständige Autopsie vorgenommen. Zuvor sollten von allen Tieren Blutproben zur Erstellung eines Differenzialblutbilds entnommen werden. Alle Gewebe mit makroskopischen Veränderungen, Tumoren oder tumorverdächtige Veränderungen müssen fixiert werden. Man sollte versuchen, die Beobachtungen der Autopsiebefunde mit den Ergebnissen der mikroskopischen Untersuchung zu korrelieren.

Alle Organe und Gewebe sind für die mikroskopische Untersuchung zu fixieren. Hierzu zählen gewöhnlich folgende Organe und Gewebe: Gehirn (6) (Medulla/Pons, Kleinhirn- und Großhirnrinde), Hypophyse, Schilddrüse (einschließlich Nebenschilddrüse), Thymus, Lungen (einschließlich Trachea), Herz, Aorta, Speicheldrüse, Leber (6), Milz, Nieren (6), Nebennieren (6), Oesophagus, Magen, Duodenum, Jejunum, Ileum, Caecum, Kolon, Rektum, Uterus, Harnblase, Lymphknoten, Pankreas, Gonaden (6), akzessorische Geschlechtsorgane, weibliche Brustdrüse, Haut, Muskulatur, Nerven des peripheren Systems, Wirbelsäule (Hals-, Thorax-, Lendenbereich), Brustbein mit Knochenmark und Femur (einschließlich Gelenk) und Augen. Die Instillierung der Lungen und der Harnblase mit Fixierlösung stellt die optimale Konservierung dieser Gewebe dar; bei Inhalationsstudien ist eine derartige Aufblähung der Lungen Voraussetzung zur Durchführung einer geeigneten histopathologischen Untersuchung. Bei Spezialuntersuchungen wie Inhalationsstudien muss der gesamte Respirationstrakt einschließlich Nase, Pharynx und Larynx untersucht werden.

Werden sonstige klinische Untersuchungen durchgeführt, sollten die daraus gewonnenen Ergebnisse vor der mikroskopischen Untersuchung vorliegen, da sie dem Pathologen wichtige Hinweise geben können.

Histopathologie

Alle sichtbaren Veränderungen, insbesondere Tumoren oder sonstige Veränderungen an Organen, sind mikroskopisch zu untersuchen. Zusätzlich werden folgende Verfahren empfohlen:

a)

mikroskopische Untersuchung aller fixierten Organe und Gewebe mit vollständiger Beschreibung aller nachgewiesenen Veränderungen bei

1.

allen Tieren, die im Verlauf der Studie starben oder getötet wurden, und

2.

allen Tieren aus der höchsten Dosisgruppe und aus den Kontrollgruppen;

b)

in den niedrigeren Dosisgruppen sind auch die Organe und Gewebe zu untersuchen, welche Veränderungen aufweisen, die eindeutig oder möglicherweise auf die Prüfsubstanz zurückzuführen sind;

c)

wenn die Ergebnisse des Versuchs zeigen, dass die normale Lebensdauer des Tieres wesentlich beeinflusst wird oder dass es zu Folgeerscheinungen kommt, die die toxische Reaktion beeinflussen, muss die nächstniedrigere Dosisgruppe in der zuvor beschriebenen Weise untersucht werden;

d)

Information über die Häufigkeit wie Spontanveränderungen, die normalerweise innerhalb des Bestands der benutzten Tiere (unter identischen Laborbedingungen, d. h. unter Berücksichtigung historischer Kontrollen) auftreten, ist für eine korrekte Bewertung der Signifikanz der bei den exponierten Tieren beobachteten Veränderungen unerlässlich.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus muss für jede Versuchsgruppe die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, die Zahl der Tiere mit Veränderungen, die Art der Veränderungen sowie der Prozentsatz der Tiere pro Veränderung hervorgehen. Die Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Hierzu ist eine anerkannte statistische Methode heranzuziehen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Tierarten, Tierstamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Fütterung;

Versuchsbedingungen:

Beschreibung des Expositionsapparats

einschließlich Gestaltung, Typ, Abmessungen, Luftquelle, System zur Partikel- und Aerosolerzeugung, Klimatisierungssystem, Behandlung der Abluft und Art der Unterbringung der Tiere in der Versuchskammer während der Durchführung der Versuche. Die Geräte zur Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und gegebenenfalls Stabilität der Aerosolkonzentration oder der Teilchengröße sind zu beschreiben.

Expositionsdaten

Diese Daten sind in tabellarischer Form unter Angabe von Mittelwerten und Berücksichtigung der Schwankung (z. B. Standardabweichung) zusammenzufassen. Sie müssen folgende Angaben enthalten:

a)

Luftdurchflussrate in der Inhalationsanlage,

b)

Temperatur und Luftfeuchtigkeit,

c)

nominale Konzentration (Gesamtmenge der Prüfsubstanz, die in die Inhalationsanlage eingegeben wird, dividiert durch das Luftvolumen),

d)

gegebenenfalls Art des Vehikels,

e)

tatsächliche Konzentration im Atembereich,

f)

mittlere Teilchengröße (sofern erforderlich);

Dosierungen (gegebenenfalls Vehikel, sofern benutzt) und Konzentrationen;

Daten über toxische Reaktionen nach Geschlecht und Dosierung;

nichttoxische Dosis;

Zeitpunkt des Todes während des Versuchs bzw. Angabe, ob die Tiere bis zum Abschluss des Versuchs überlebten;

Beschreibung toxischer und anderer Wirkungen;

Zeitpunkt der Beobachtung der jeweiligen Vergiftungssymptome und deren weiterer Verlauf;

Angaben über Futterverbrauch und Körpergewichtsentwicklung;

ophthalmologische Befunde;

hämatologische Tests und deren Ergebnisse;

klinisch-chemische Tests und deren Ergebnisse (einschließlich Ergebnisse einer evtl. Urinanalyse);

Sektionsbefunde;

dataillierte Beschreibung aller histopathologischen Befunde;

statistische Auswertung der Ergebnisse;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.31.   STUDIE ZUR PRÜFUNG AUF PRÄNATALE ENTWICKLUNGSTOXIZITÄT

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 414 (2001).

1.1.   EINLEITUNG

Die vorliegende Methode zur Prüfung auf Entwicklungstoxizität ist darauf ausgerichtet, allgemeine Informationen über die Auswirkungen einer pränatalen Exposition auf das trächtige Versuchstier und den sich im Uterus entwickelnden Organismus zu liefern; dabei können sowohl Auswirkungen auf das Muttertier als auch Tod, strukturelle Abnormitäten oder Wachstumsstörungen im Fetus untersucht werden. Die Erfassung funktioneller Defizite ist kein integraler Bestandteil dieser Prüfmethode, auch wenn funktionelle Aspekte einen wichtigen Teil der Entwicklung darstellen. Diese können in einer gesonderten Studie untersucht oder als Ergänzung zu der vorliegenden Studie behandelt werden unter Einsatz der Methode zur Prüfung auf Entwicklungsneurotoxizität. Zur Information über die Prüfung auf Funktionsmängel und andere postnatale Auswirkungen ist gegebenenfalls die Methode zur Prüfung der Reproduktion über zwei Generationen sowie die Studie über die Entwicklungsneurotoxizität heranzuziehen.

In Einzelfällen bei Vorliegen spezieller Kenntnisse, z. B. über physikalisch-chemische oder toxikologische Eigenschaften der Prüfsubstanz, können bei dieser Prüfmethode besondere Anpassungen erforderlich sein. Eine solche Anpassung ist dann akzeptabel, wenn überzeugende wissenschaftliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Prüfung durch die Anpassung aussagekräftiger wird. Diese wissenschaftlichen Anhaltspunkte sind in einem solchen Fall im Prüfbericht sorgfältig zu dokumentieren.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Entwicklungstoxikologie: ist die Untersuchung schädigender Wirkungen auf den sich entwickelnden Organismus, die aus einer Einwirkung vor der Empfängnis, während der pränatalen Entwicklung oder postnatal bis zur Geschlechtsreife auftreten können. Entwicklungstoxizität äußert sich in der Hauptsache durch 1) den Tod des Organismus, 2) strukturelle Abnormitäten, 3) Wachstumsstörungen und 4) Funktionsdefizite. Entwicklungstoxikologie wurde früher häufig als Teratologie bezeichnet.

Schädigende Wirkung; behandlungsbedingte Veränderung gegenüber dem Normalzustand, bei der die Fähigkeit eines Organismus zu überleben, sich fortzupflanzen oder an die Umwelt anzupassen beeinträchtigt wird. Im weitesten Sinne sind im Begriff Entwicklungstoxikologie auch alle Wirkungen mit eingeschlossen, die die normale Entwicklung des Conceptus vor und auch nach der Geburt stören.

Wachstumsstörung: Veränderung von Organ- oder Körpergröße oder -gewicht der Nachkommen.

Veränderungen (Anomalien): strukturelle Veränderungen in der Entwicklung, zu denen sowohl Fehlbildungen als auch Variationen gehören (28).

Fehlbildung/größere Abnormität: strukturelle Veränderung, die als für das Tier schädlich angesehen wird (und auch zum Tode führen kann) und im Allgemeinen in seltenen Fällen auftritt.

Variation/kleinere Abnormität: strukturelle Veränderung, bei der man von geringen oder gar keinen schädlichen Auswirkungen auf das Tier ausgeht; dabei kann es sich um eine vorübergehende Erscheinung handeln, und sie kann in der Kontrollpopulation relativ häufig vorkommen.

Conceptus: die Summe der Derivate eines befruchteten Eis zu jedem Zeitpunkt der Entwicklung von der Befruchtung bis zur Geburt, dazu gehören auch die extraembryonalen Membranen sowie der Embryo oder der Fetus.

Implantation (Einnistung): Anhaftung der Blastozyste an der Epithelauskleidung der Gebärmutter; dazu gehört auch die Wanderung der Blastozyste durch das Gebärmutterepithel und deren Einbettung in der Gebärmutterschleimhaut.

Embryo: das Frühstadium oder Entwicklungsstadium eines jeden Organismus, speziell das sich entwickelnde Produkt aus der Befruchtung eines Eis nach dem Entstehen der Längsachse und bis alle größeren Strukturen vorhanden sind.

Embryotoxizität: schädigend für die normale Struktur, die Entwicklung, das Wachstum und/oder die Lebensfähigkeit eines Embryos.

Fetus: der ungeborene Nachkomme in der postembryonalen Phase.

Fetotoxizität: schädigend für die normale Struktur, die Entwicklung, das Wachstum und/oder die Lebensfähigkeit eines Fetus.

Abort: die vorzeitige Ausstoßung der Empfängnisprodukte aus der Gebärmutter, d. h. des Embryos oder eines nicht lebensfähigen Fetus.

Resorption: ein Conceptus, der nach der Einnistung in der Gebärmutter abgestorben ist und resorbiert wird oder bereits resorbiert wurde.

Frühresorption: Anzeichen für eine Implantation, ohne dass ein Embryo/Fetus erkennbar ist.

Spätresorption: Toter Embryo oder Fetus mit äußeren degenerativen Veränderungen.

NOAEL: Abkürzung für no-observed-adverse-effect level und entspricht der höchsten Dosis oder Exposition, bei der keine schädigenden behandlungsbedingten Wirkungen festgestellt werden.

1.3.   REFERENZSTOFF

Keiner.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Im Normalfall wird die Prüfsubstanz trächtigen Tieren mindestens vom Zeitpunkt der Implantation bis einen Tag vor der geplanten Tötung verabreicht, welche möglichst unmittelbar vor dem normalen Tag der Geburt erfolgen soll, und ohne dabei Gefahr zu laufen, Daten infolge vorzeitiger Geburt zu verlieren. Mit der Prüfmethode sollen nicht nur die Phase der Organogenese (z. B. Tag 5 bis 15 bei Nagern und Tag 6 bis 18 bei Kaninchen), sondern auch Wirkungen während der Zeit vor der Einnistung, soweit angebracht, und über die gesamte Dauer der Gravidität bis zum Tag vor dem Kaiserschnitt untersucht werden. Kurz vor dem Kaiserschnitt werden die Weibchen getötet, der Gebärmutterinhalt untersucht und die Feten im Hinblick auf äußerlich erkennbare Anomalien sowie auf Veränderungen an Weichteilen und Skelett beurteilt.

1.5.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.5.1.   Auswahl der Versuchstierarten

Es wird empfohlen, die Prüfung mit den geeignetsten Tierarten durchzuführen und Labortierspezies und -stämme zu verwenden, die üblicherweise bei Untersuchungen zur pränatalen Entwicklungstoxizität zum Einsatz kommen. Die bevorzugte Nagerart ist die Ratte, die bevorzugte Nicht-Nagerart ist das Kaninchen, Wird eine andere Tierart eingesetzt, ist dies zu begründen.

1.5.2.   Haltung und Fütterung

Die Temperatur im Versuchstierraum soll bei Nagern 22 oC (± 3 oC) und bei Kaninchen 18 oC (± 3 oC) betragen. Obwohl die relative Luftfeuchte wenigstens 30 % betragen sollte und außer bei Reinigung des Raumes 70 % nicht übersteigen sollte, sollte sie vorzugsweise bei 50 bis 60 % liegen. Es ist eine künstliche Beleuchtung vorzusehen, wobei ein Hell-Dunkel-Zyklus von jeweils 12 Stunden eingehalten werden soll. Zur Fütterung kann übliches Laborfutter verwendet werden, und Trinkwasser kann in unbeschränkter Menge gegeben werden.

Die Verpaarung erfolgt in für diese Zwecke geeigneten Käfigen. Auch wenn verpaarte Tiere nach Möglichkeit einzeln untergebracht werden sollten, so ist auch eine Unterbringung in kleinen Gruppen akzeptabel.

1.5.3.   Vorbereitung der Tiere

Zu verwenden sind gesunde Tiere, die mindestens fünf Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und zuvor nicht für andere Experimente verwendet wurden. Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und/oder Alter der Versuchstiere sind anzugeben. Die Tiere aller Testgruppen sollen so weit wie möglich gleiches Gewicht und Alter aufweisen. Jede Dosierung ist an jungen ausgewachsenen Weibchen einzusetzen, die vorher noch nicht geworfen haben. Die Weibchen werden mit Männchen derselben Art und desselben Stamms verpaart, die Verpaarung von Geschwistern ist zu vermeiden. Bei Nagern ist der Tag 0 der Gravidität der Tag, an dem ein Vaginalpfropf und/oder Spermien beobachtet werden; bei Kaninchen ist der Tag 0 im Allgemeinen der Tag des Koitus oder der künstlichen Befruchtung, sofern dieses Verfahren zum Einsatz kommt. Die Käfige sind so aufzustellen, dass etwaige durch den Standort bedingte Auswirkungen möglichst gering sind. Jedes Versuchstier erhält zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer. Nach der Verpaarung werden die Weibchen nach dem Zufallsprinzip auf die Kontroll- und Behandlungstiergruppen verteilt; erfolgt die Verpaarung der Weibchen in Gruppen, werden die Tiere in jeder Gruppe gleichmäßig auf die vorstehend genannten Gruppen verteilt. Entsprechend werden Weibchen, die von demselben Männchen begattet wurden, gleichmäßig auf die Gruppen verteilt.

1.6.   VERFAHREN

1.6.1   Anzahl und Geschlecht der Versuchstiere

Jede Versuchs- und Kontrollgruppe soll eine ausreichende Zahl von Weibchen enthalten, so dass etwa 20 Weibchen mit Implantationsstellen bei der Sektion zur Verfügung stehen. Gruppen mit weniger als 16 Tieren mit Implantationsstellen sind unter Umständen unzureichend. Durch Mortalität bei den Muttertieren wird die Studie nicht zwangsläufig invalide, sofern diese nicht mehr als etwa 10 % beträgt.

1.6.2.   Zubereitung der Dosen

Wird ein Vehikel oder ein anderer Zusatz zur leichterer Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet, sind die folgenden Merkmale zu berücksichtigen: Auswirkungen auf die Absorption, die Verteilung, den Stoffwechsel und die Retention oder Exkretion der Prüfsubstanz; Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können; ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere. Das Vehikel soll weder entwicklungstoxisch sein noch Auswirkungen auf die Reproduktion haben.

1.6.3   Dosierung

Normalerweise soll die Prüfsubstanz täglich ab der Implantation (z. B. Tag 5 nach der Verpaarung) bis zum Tag vor dem geplanten Kaiserschnitt verabreicht werden. Sofern aus eventuell vorliegenden Vorstudien kein hohes Risiko eines Präimplantationsverlusts hervorgeht, kann die Behandlung auf die gesamte Graviditätszeit von der Verpaarung bis zum Tag vor der geplanten Tötung ausgeweitet werden. Bekanntermaßen kann eine unangemessene Behandlung oder Stress während der Gravidität zu pränatalen Verlusten führen. Zum Schutz vor pränatalen Verlusten durch nicht behandlungsbedingte Faktoren sind die unnötige Handhabung von trächtigen Tieren sowie Stress infolge von äußeren Faktoren, wie Lärm, zu vermeiden.

Mindestens drei Dosen und eine gleichzeitige Kontrolle werden verwendet. Gesunde Tiere werden nach dem Zufallsprinzip auf die Kontroll- und Behandlungstiergruppen verteilt. Die Dosierungen sollten so gewählt werden, dass eine Abstufung der toxischen Wirkungen erkennbar ist. Soweit keine Beschränkungen aufgrund der physikalischen/chemischen Beschaffenheit oder der biologischen Eigenschaften der Prüfsubstanz bestehen, wird die höchste Dosis so gewählt, dass zwar eine gewisse Entwicklungstoxizität und/oder maternale Toxizität (klinische Anzeichen oder eine Abnahme des Körpergewichts), jedoch kein Tod oder schweres Leiden herbeigeführt wird. Mindestens eine unter der höchsten Dosis liegende Dosis soll zu minimalen wahrnehmbaren toxischen Auswirkungen führen. Die niedrigste Dosis soll keine Anzeichen von Toxizität bei den Muttertieren oder Entwicklungstoxizität hervorrufen. Eine absteigende Folge von Dosierungen sollte so ausgewählt werden, dass die Dosisabhängigkeit der Reaktion und ein NOAEL belegt werden können. Dosisintervalle mit dem Faktor 2 bis 4 haben sich für die Festlegung absteigender Dosierungen häufig als optimal erwiesen. Gegenüber der Verwendung sehr großer Intervalle (z. B. mehr als Faktor 10) ist die Hinzunahme einer vierten Testgruppe häufig vorzuziehen. Auch wenn die Bestimmung eines NOAEL für die Muttertiere das Ziel ist, können auch Studien, bei denen eine solche Dosis nicht ermittelt wird, akzeptiert werden (1).

Bei der Auswahl der Dosierungen sollen eventuell vorliegende Toxizitätsdaten sowie zusätzliche Informationen über den Stoffwechsel und die Toxikokinetik der Prüfsubstanz oder verwandter Stoffe berücksichtigt werden. Diese Angaben sind außerdem nützlich, die Angemessenheit des Dosierungsplans zu belegen.

Eine gleichzeitige Kontrollgruppe soll verwendet werden. Diese Kontrollgruppe soll eine scheinbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe sein, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Allen Gruppen ist die gleiche Menge der Prüfsubstanz beziehungsweise des Vehikels zu verabreichen. Tiere der Kontrollgruppe(n) werden genauso behandelt wie die Tiere in der Prüfgruppe. Vehikelkontrollgruppen erhalten das Vehikel in der höchsten verwendeten Menge (wie die Behandlungsgruppe mit der niedrigsten Dosierung).

1.6.4.   Limit-Test

Ergibt eine Prüfung mit einer einzigen Dosierung von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag bei oraler Verabreichung nach den für diese Studie beschriebenen Verfahren keine wahrnehmbare Toxizität bei den trächtigen Tieren oder deren Nachkommen und ist aufgrund von vorliegenden Daten Struktur- und/oder stoffwechselverwandter Stoffe keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Ist eine Exposition des Menschen zu erwarten, kann die Notwendigkeit einer höheren oralen Dosis im Limit-Test angezeigt sein. Bei anderen Arten der Verabreichung, wie z. B. Inhalation oder dermale Applikation, kann durch die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz häufig die maximal erreichbare Expositionsdosis vorbestimmt und somit limitiert sein (beispielsweise soll ein Auftragen auf die Haut keine schwere lokale Toxizität verursachen).

1.6.5.   Verabreichung der Dosen

Die Prüfsubstanz oder das Lösungsmittel wird im Allgemeinen oral durch Schlundsonde verabreicht. Wird eine andere Form der Verabreichung gewählt, hat der Prüfer seine Wahl zu begründen, unter Umständen sind dann entsprechende Änderungen erforderlich (2) (3) (4). Die Prüfsubstanz ist jeden Tag in etwa zur selben Zeit zu verabreichen.

Die Dosis für das einzelne Tier beruht normalerweise auf dessen zuletzt bestimmtem Körpergewicht. Vorsicht ist jedoch bei der Anpassung der Dosis im letzten Trimester der Gravidität geboten. Zur Vermeidung von übermäßiger Toxizität bei den Muttertieren sind vorliegende Daten bei der Dosisauswahl heranzuziehen. Wird bei den behandelten Muttertieren übermäßige Toxizität festgestellt, sind diese Tiere auf humane Weise zu töten. Weisen verschiedene trächtige Tiere Anzeichen von übermäßiger Toxizität auf, ist die Tötung der ganzen Dosisgruppe zu erwägen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so soll dies möglichst in einer einmaligen Dosis unter Verwendung einer Magensonde oder einer geeigneten Intubationskanüle erfolgen. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen soll 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten, außer bei wässrigen Lösungen, bei denen 2 ml/100 g Körpergewicht gegeben werden können. Bei Verwendung von Maisöl als Lösungsmittel soll das Volumen 0,4 ml/100 g Körpergewicht nicht übersteigen. Schwankungen beim Applikationsvolumen sind durch entsprechende Dosierung so gering wie möglich zu halten, so dass bei allen Dosen ein gleich bleibendes Volumen gewährleistet ist.

1.6.6.   Beobachtung der Muttertiere

Klinische Beobachtungen sollen mindestens einmal täglich, vorzugsweise zum gleichen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis zu erwarten ist, vorgenommen und protokolliert werden. Der Zustand der Tiere ist dabei festzuhalten, d. h. Mortalität, Siechtum, relevante Verhaltensänderungen und alle Anzeichen akuter Toxizität.

1.6.7.   Körpergewicht und Futteraufnahme

Die Tiere sind am Tag 0 der Gravidität beziehungsweise nicht später als am Tag 3 der Gravidität, wenn gepaarte Tiere von einem externen Züchter unter Angabe der Paarungszeit geliefert werden, zu wiegen; weiterhin am ersten Tag der Verabreichung, mindestens alle drei Tage während der Verabreichungszeit und am Tag der geplanten Tötung.

Der Futterverbrauch ist in Abständen von drei Tagen zu protokollieren, an denselben Tagen ist auch das Körpergewicht zu bestimmen.

1.6.8.   Autopsie

Die Weibchen sind einen Tag vor der erwarteten Geburt zu töten. Weibchen, bei denen Anzeichen für einen Abort oder eine vorzeitige Geburt vor der geplanten Tötung vorliegen, sind zu töten und sorgfältig makroskopisch zu untersuchen.

Zum Zeitpunkt der Tötung oder bei vorzeitigem Tod im Verlauf der Studie ist das Muttertier makroskopisch auf etwaige strukturelle Abnormitäten oder pathologische Veränderungen zu untersuchen. Die Beurteilung der Muttertiere während des Kaiserschnitts und die anschließenden Untersuchungen der Feten sollen möglichst ohne Kenntnis der Behandlungsgruppe erfolgen, um etwaige Einflüsse durch Befangenheit so gering wie möglich zu halten.

1.6.9.   Untersuchung des Uterusinhalts

Unmittelbar nach der Tötung beziehungsweise so bald wie möglich nach dem Tod ist der Uterus zu entfernen und der Trächtigkeitsstatus des Tiers zu erheben. Weist der Uterus keine Anzeichen von Trächtigkeit auf, ist dieser weiter zu untersuchen (z. B. Färbung mit Ammoniumsulfid bei Nagern oder Salewski-Färbung oder ein geeignetes alternatives Verfahren für Kaninchen), um den nichtträchtigen Zustand zu bestätigen (5).

Der schwangere Uterus einschließlich der Zervix des trächtigen Tiers ist zu wiegen. Bei Tieren, die während der Studie tot aufgefunden werden, ist dieses Gewicht nicht zu bestimmen.

Bei den trächtigen Tieren ist die Anzahl der Gelbkörper zu bestimmen.

Der Uterusinhalt ist auf die Anzahl toter Embryonen oder Feten und lebensfähiger Feten zu untersuchen. Der Grad der Resorption ist zu beschreiben, um den relativen Todeszeitpunkt des Conceptus (siehe 1.2) zu bestimmen.

1.6.10.   Untersuchung der Feten

Für jeden Fetus sind Geschlecht und Körpergewicht zu bestimmen.

Jeder Fetus ist auf äußere Veränderungen zu untersuchen (6).

Die Feten sind auf Veränderungen an Skelett und Weichteilen (z. B. Abweichungen und Fehlbildungen oder Anomalien) zu untersuchen (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18) (19) (20) (21) (22) (23) (24). Nach Möglichkeit ist eine Kategorisierung fetaler Veränderungen vorzunehmen, auch wenn dies nicht zwingend erforderlich ist. Erfolgt eine Kategorisierung, sind die Kriterien zur Bestimmung jeder Kategorie eindeutig anzugeben. Besondere Beachtung erfordert der Reproduktionstrakt, der auf Anzeichen für eine veränderte Entwicklung zu untersuchen ist.

Bei Nagern sollte etwa eine Hälfte jedes Wurfs präpariert und auf Veränderungen am Skelett untersucht werden. Der Rest ist zu präparieren und auf Veränderungen an den Weichteilen zu untersuchen, wobei akzeptierte oder geeignete Methoden der Serienschnittherstellung oder sorgfältige makroskopische Schnitttechniken anzuwenden sind.

Bei anderen Tieren als Nagern, z. B. Kaninchen, sind sämtliche Feten sowohl auf Weichteil- als auch auf Skelettveränderungen zu untersuchen. Die Körper dieser Feten werden sorgfältig seziert und auf Weichteilveränderungen untersucht; das kann auch Verfahren zur weiteren Beurteilung der inneren Herzstruktur umfassen (25). Bei der Hälfte der auf diese Weise untersuchten Feten entfernt man die Köpfe und präpariert sie zur Untersuchung auf Weichteilveränderungen (einschließlich Augen, Hirn, Nasenwege und Zunge) unter Verwendung von Standardschnitttechniken (26) oder eines gleichermaßen empfindlichen Verfahrens. Die Körper dieser Feten und der übrigen intakten Feten werden präpariert und mit denselben Methoden wie für Nager beschrieben auf Skelettveränderungen untersucht.

2.   DATEN

2.1.   VERARBEITUNG DER ERGEBNISSE

Für die Muttertiere und deren Nachkommen werden die Daten jeweils einzeln protokolliert und in tabellarischer Form zusammengefasst; dabei werden für jede Prüfgruppe die Anzahl der Tiere zu Beginn der Prüfung, die Anzahl der während der Prüfung tot aufgefundenen Tiere beziehungsweise der aus humanen Gründen getöteten Tiere, der jeweilige Zeitpunkt des Todes beziehungsweise der Tötung, die Anzahl der trächtigen Weibchen, die Anzahl der Tiere mit Anzeichen von Toxizität, eine Beschreibung der beobachteten Anzeichen von Toxizität, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen eingetreten sind, deren Dauer und Schweregrad, die Arten von Beobachtungen an Embryonen/Feten und alle relevanten Daten zu den Würfen angegeben.

Numerische Ergebnisse werden mit Hilfe eines geeigneten statistischen Verfahrens ausgewertet, wobei als Bezugsgröße für die Datenanalyse der Wurf verwendet wird. Anzuwenden ist ein allgemein anerkanntes statistisches Verfahren; die statistischen Verfahren sind im Rahmen der Studienplanung auszuwählen und zu begründen. Auch Daten über Tiere, die nicht bis zur geplanten Tötung überlebt haben, sind zu protokollieren, Soweit relevant, können solche Daten in Gruppenmittelwerten berücksichtigt werden. Die Relevanz der von solchen Tieren stammenden Daten und demzufolge deren Einbeziehung in oder Ausschluss aus (einem) etwaig(en) Gruppenmittelwert(en) sind zu begründen und jeweils im Einzelfall zu beurteilen.

2.2.   BEWERTUNG DER ERGEBNISSE

Die Befunde der Studie zur pränatalen Entwicklungstoxizität sind anhand der beobachteten Wirkungen zu beurteilen. Die Bewertung soll die folgenden Informationen beinhalten:

Ergebnisse von Prüfungen an Muttertieren und Embryonen/Feten, einschließlich Bewertung des bestehenden beziehungsweise nicht bestehenden Zusammenhangs zwischen der Exposition der Tiere gegenüber der Prüfsubstanz und der Häufigkeit und Schwere alter Befunde;

Kriterien, die zur Kategorisierung von äußerlichen Veränderungen sowie von Weichteil- und Skelettveränderungen bei Feten herangezogen wurden, sofern eine Kategorisierung erfolgte;

falls angebracht, historische Kontrolldaten zur besseren Interpretation der Studienergebnisse;

die Zahlen, die bei der Berechnung alter Prozentangaben oder Indizes verwendet wurden;

eine angemessene statistische Analyse der Studienbefunde, soweit angebracht, wobei hinreichende Informationen über die Analysemethode anzugeben sind, so dass ein unabhängiger Überprüfer/Statistiker die Analyse nachbewerten und nachvollziehen kann.

Für Prüfungen, bei denen keine toxischen Wirkungen nachgewiesen werden, sind weitere Untersuchungen zur Bestimmung von Absorption und Bioverfügbarkeit der Prüfsubstanz in Erwägung zu ziehen.

2.3.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Eine Studie zur Prüfung auf pränatale Entwicklungstoxizität liefert Informationen über die Auswirkungen einer wiederholten Exposition gegenüber einer Substanz während der Trächtigkeit auf die Muttertiere und auf die intrauterine Entwicklung ihrer Nachkommen. Die Ergebnisse der Studie sind in Verbindung mit Befunden aus Studien zur subchronischen Toxizität, Reproduktionstoxizität und Toxikokinetik sowie anderen Studien zu interpretieren. Da der Schwerpunkt sowohl auf allgemeine Toxizität im Sinne maternaler Toxizität als auch auf die Entwicklungstoxizität gelegt wird, bieten die Ergebnisse der Studie zu einem bestimmten Maß die Möglichkeit zur Unterscheidung zwischen Auswirkungen auf die Entwicklung, die nur bei Dosierungen ausgelöst werden, die auch für das Muttertier toxisch sind, und solchen ohne allgemeine Toxizität.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden konkreten Angaben enthalten: Prüfsubstanz:

 

Physikalische Beschaffenheit und, soweit relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften;

Identifizierung einschließlich CAS-Nummer, sofern bekannt/festgelegt;

Reinheit.

Vehikel (sofern zutreffend):

 

Begründung der Wahl des Vehikels, sofern nicht Wasser verwendet wurde.

Versuchstiere:

 

Art und Stamm;

Zahl und Alter der Versuchstiere;

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

Einzelgewicht der Tiere zu Beginn der Prüfung.

Prüfbedingungen:

 

Begründung der Wahl der Dosisabstufung;

Einzelheiten der Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung, erzielte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung;

Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;

Umrechnung der Prüfsubstanzkonzentration in Futter/Trinkwasser (ppm) auf die tatsächliche Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag), soweit zutreffend;

Umgebungsbedingungen;

Einzelheiten zur Futter- und Wasserqualität.

Ergebnisse:

 

Dosisbezogene Daten zur toxischen Reaktion der Muttertiere, unter anderem:

 

Anzahl der Tiere zu Beginn der Prüfung, Anzahl der überlebenden Tiere, Anzahl der trächtigen Tiere sowie Anzahl der Aborte und Anzahl der Frühgeburten;

Tag des Todes im Verlauf der Studie oder Angabe, ob Tiere bis zum Schluss überlebt haben;

Daten von Tieren, die nicht bis zur geplanten Tötung überlebten, sind zwar zu protokollieren, nicht jedoch in die gruppenübergreifenden statistischen Vergleiche mit einzubeziehen;

Tag der Beobachtung jedes anormalen klinischen Anzeichens und dessen weiterer Verlauf;

Körpergewicht, Veränderung des Körpergewichts und Gewicht des Uterus in trächtigem Zustand, wahlweise einschließlich Veränderung der Körpergewichts korrigiert um das Gewicht des Uterus in trächtigem Zustand;

Futteraufnahme und, sofern gemessen, Wasseraufnahme;

Sektionsbefunde einschließlich Uterusgewicht;

NOAEL-Werte für Auswirkungen auf die Muttertiere und auf die Entwicklung sind anzugeben.

Dosisbezogene Entwicklungsparameter für Würfe mit Implantationen, einschließlich:

 

Anzahl Gelbkörper;

Anzahl Implantationen, Anzahl und prozentualer Anteil von lebenden und toten Feten sowie von Resorptionen;

Anzahl und prozentualer Anteil von Prä- und Postimplantationsverlusten.

Dosisbezogene Entwicklungsparameter für Würfe mit lebenden Feten einschließlich:

 

Anzahl und prozentualer Anteil lebender Nachkommen;

Verhältnis der Geschlechter;

fetales Körpergewicht, möglichst jeweils getrennt nach Geschlechtern und für beide Geschlechter

zusammen;

äußere Weichteil- und Skelettmissbildungen und sonstige relevante Veränderungen;

Kriterien für die Kategorisierung, sofern zutreffend;

Gesamtanzahl und prozentualer Anteil von Feten und Würfen mit äußerlichen Veränderungen, Weichteil- oder Skelettveränderungen sowie Arten und Häufigkeiten einzelner Anomalien und sonstiger relevanter Veränderungen.

 

Diskussion der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Kavlock R.J. et al. (1996) A Simulation Study of the Influence of Study Design on the Estimation of Benchmark Doses for Developmental Toxicity, Risk Analysis 16; 399-410.

(2)

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(3)

Wong, B.A., et al. (1997) Developing Specialized Inhalation Exposure Systems to Address Toxicological Problems. CIIT Activities 17; 1-8.

(4)

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(5)

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Wise, D.L. et al. (1997) Terminology of Developmental Abnormalities in Common Laboratory Mammals (Version 1) Teratology 55; 249-292.

B.32.   PRÜFUNG AUF KANZEROGENITÄT

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird normalerweise für einen größeren Teil der Lebensdauer den Versuchstiergruppen an 7 Tagen pro Woche auf einem geeigneten Verabreichungsweg appliziert, und zwar jeweils eine Dosierung je Gruppe. Während und nach der Exposition werden die Versuchstiere täglich auf Vergiftungserscheinungen, insbesondere auf die Entwicklung von Tumoren, beobachtet.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor Versuchsbeginn werden gesunde junge Tiere randomisiert und der erforderlichen Anzahl von Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeteilt.

Versuchstiere

Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte. Auf der Grundlage der Ergebnisse vorangegangener Studien können jedoch auch andere Tierarten (Nager oder Nicht-Nager) verwendet werden. Die Tests sind mit jungen gesunden Tieren gebräuchlicher Versuchstierstämme durchzuführen; mit der Verabreichung der Prüfsubstanz sollte in einem geeigneten Zeitraum nach der Entwöhnung vom Muttertier begonnen werden.

Bei Versuchsbeginn sollte die Variabilität des Körpergewichts der Tiere nicht mehr als ± 20 % vom Mittelwert betragen. Wird eine subchronische orale Toxizitätsbestimmung einer Langzeitstudie vorgeschaltet, sollten in beiden Fällen die gleichen Tierarten bzw. Versuchstierstämme benutzt werden.

Anzahl und Geschlecht

Bei Nagern sind mindestens 100 Tiere (50 weibliche und 50 männliche) für jede Dosierung und die entsprechende Kontrollgruppe zu verwenden. Die Weibchen dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muss die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen.

Dosierungen und Expositionshäufigkeit

Es sind mindestens drei Dosisgruppen und eine zusätzliche Kontrollgruppe zu verwenden. Die höchste Dosierung ist so zu wählen, dass nur geringgradige Vergiftungserscheinungen auftreten, wie etwa eine verzögerte Körpergewichtsentwicklung (weniger als 10 %). Die normale Lebensdauer der Tiere sollte jedoch nicht durch andere als durch tumorbedingte Folgeerscheinungen beeinträchtigt werden.

Die niedrigste Dosierung sollte den normalen Verlauf von Wachstum und Entwicklung sowie die Lebensdauer der Tiere nicht beeinträchtigen und keinerlei Anzeichen einer toxischen Wirkung hervorrufen. Sie sollte normalerweise nicht weniger als 10 % der höchsten Dosierung betragen.

Die mittlere Dosierung liegt zwischen der höchsten und der niedrigsten Dosierung.

Bei der Auswahl der Dosierungen sind Daten aus vorangegangenen Versuchen zu berücksichtigen.

Die Exposition erfolgt normalerweise täglich.

Wird die Substanz im Trinkwasser verabreicht oder mit dem Futter vermischt, müssen Wasser bzw. Futter den Tieren jederzeit zugänglich sein.

Kontrollgruppen

Die Kontrollgruppe muss, abgesehen von der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz, in jeder Hinsicht den Versuchstiergruppen entsprechen.

Unter besonderen Bedingungen, wie z. B. bei Verwendung eines Aerosols bei Inhalationsstudien oder eines Emulgators mit unbekannter biologischer Wirkung bei oralen Toxizitätsstudien, empfiehlt sich der Einsatz einer zusätzlichen unbehandelten Kontrollgruppe, der das Vehikel nicht appliziert werden darf.

Verabreichungsweg

In der Hauptsache finden die orale, die dermale und die inhalative Verabreichung Anwendung. Die Wahl des Verabreichungswegs hängt von den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und der Art der Exposition beim Menschen ab.

1.6.5.1.   Orale Applikation

Wird die Prüfsubstanz vom Magen-Darm-Trakt absorbiert und ist eine Exposition beim Menschen auf oralem Weg möglich, sollte, sofern keine Kontraindikationen vorliegen, der orale Verabreichungsweg gewählt werden. Den Tieren sollte die Prüfsubstanz im Futter, gelöst im Trinkwasser oder in Kapseln zugeführt werden.

Wünschenswert ist eine tägliche Verabreichung an 7 Wochentagen, da bei einem fünftägigen Rhythmus während der verabreichungsfreien Zeit eine Erholung oder ein Rückgang von Vergiftungserscheinungen möglich ist und so das Ergebnis und die Bewertung beeinflussen kann. Aus praktischen Überlegungen ist jedoch ein fünftägiger Verabreichungsrhythmus als annehmbar zu betrachten.

1.6.5.2.   Dermale Applikation

Die kutane Exposition durch Auftragen auf die Haut kann gewählt werden, um eine der wichtigen Expositionsarten beim Menschen zu simulieren; sie dient gleichzeitig als Modell für die Induzierung von Hautveränderungen.

1.6.5.3.   Inhalative Applikation

Da Studien über die inhalative Applikation im Vergleich zu den sonstigen Verabreichungswegen größere technische Probleme aufwerfen, soll hier eine ausführlichere Anleitung gegeben werden. Es wird darauf hingewiesen, dass die intratracheale Instillation in besonderen Fällen durchaus eine gültige Alternative darstellt.

Bei langfristigen Expositionen legt man üblicherweise entweder eine angenommene Exposition beim Menschen zugrunde, wonach die Tiere bei einheitlicher Testkammerkonzentration 5 Tage lang täglich 6 Stunden exponiert werden (intermittierende Exposition). Oder man geht von einer möglichen Umweltexposition aus, bei der die Tiere an 7 Tagen jeweils 22 bis 24 Stunden der Prüfsubstanz ausgesetzt sind (kontinuierliche Exposition) und pro Tag jeweils zur gleichen Zeit eine Stunde zur Fütterung und zur Wartung der Kammer vorgesehen ist. In beiden Fällen werden die Tiere normalerweise einer festgesetzten Konzentration der Prüfsubstanz ausgesetzt. Der Hauptunterschied, der zwischen der intermittierenden und der kontinuierlichen Exposition zu berücksichtigen ist, liegt darin, dass sich im ersten Falle die Tiere während einer 17- bis 18stündigen expositionsfreien Periode und während des noch längeren Zeitraums am Wochenende möglicherweise von den Auswirkungen der täglichen Exposition erholen.

Welche der beiden Expositionsformen gewählt wird, hängt von den Zielsetzungen der jeweiligen Studie sowie von den beim Menschen gegebenen Voraussetzungen ab, die mit dem Test simuliert werden sollen. Einige technische Schwierigkeiten müssen jedoch berücksichtigt werden. So dürfte z. B. der Vorteil der kontinuierlichen Exposition bei der Simulierung von Umgebungsbedingungen sowohl durch die Notwendigkeit aufgehoben werden, die Tiere mit Wasser und Futter zu versorgen, als auch durch den Bedarf an besser entwickelten (und zuverlässigeren) Aerosol- sowie Dampferzeugungs- und Überwachungstechniken zu warten.

Expositionskammern

Für die Tierversuche sollte eine Inhalationsanlage benutzt werden, die eine dynamische Luftgeschwindigkeit mit einer Luftwechselrate von mindestens 12-mal pro Stunde ermöglicht, um einen adäquaten Sauerstoffgehalt und eine gleichmäßige Verteilung der Prüfsubstanz in der Atmosphäre zu gewährleisten. Die Testkammern für die Kontroll- wie für die Versuchstiere sollten in Konzeption und Ausführung identisch sein, um in jeder Hinsicht — mit Ausnahme der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz — vergleichbare Voraussetzungen zu schaffen. Üblicherweise wird in der Testkammer ein geringer Unterdruck erzeugt, um ein Entweichen der Prüfsubstanz aus der Kammer zu vermeiden. Die Testkammern sollten gewährleisten, dass die Versuchstiere möglichst wenig zusammengedrängt werden. Um die Stabilität der Atmosphäre in der Inhalationskammer sicherzustellen, sollte grundsätzlich das Gesamtvolumen der Versuchstiere 5 % des Kammervolumens nicht überschreiten.

Folgende Messungen oder Kontrollen sind durchzuführen:

a)

Luftströmung: die Luftdurchflussrate innerhalb der Testkammer sollte vorzugsweise kontinuierlich überwacht werden.

b)

Während der täglichen Expositionsdauer darf die Konzentration nicht um mehr als ± 15 % des Mittelwertes variieren. Während der gesamten Versuchsdauer ist die tägliche Konzentration so konstant wie möglich zu halten.

c)

Temperatur und Luftfeuchtigkeit: Bei Nagern soll die Temperatur 22 oC (± 2 oC) betragen und die Luftfeuchtigkeit innerhalb der Kammer zwischen 30 und 70 % liegen, es sei denn, die Prüfsubstanz wird mit Hilfe von Wasser in der Testkammer suspendiert. Es empfiehlt sich, beide Größen kontinuierlich zu überwachen.

d)

Teilchengrößenmessungen: Sowohl für Flüssig- als auch für Feststoffaerosole ist eine Bestimmung der Teilchengrößenverteilung in der Kammeratmosphäre vorzunehmen. Die Aerosolteilchen müssen für die Versuchstiere lungengängig sein. Stichproben sind in der Atemzone der Tiere zu entnehmen. Diese Stichproben müssen repräsentativ für die Teilchenverteilung sein, der die Tiere ausgesetzt sind, und sollten außerdem alle suspendierten Aerosole, auch wenn sie zum Großteil nicht lungengängig sind, gravimetrisch erfassen. Beim Aufbau der Versuchsanlage muss die Teilchengröße-Analyse so oft wie nötig wiederholt werden, um die Stabilität der Aerosolkonzentration zu gewährleisten. Während der folgenden Expositionen ist eine Wiederholung nur so oft erforderlich, wie es für eine angemessene Bestimmung der Konsistenz der Teilchenverteilung, der die Tiere ausgesetzt wurden, notwendig ist.

Versuchsdauer

Die Dauer der Karzinogenitätsstudie umfasst den größten Teil der Lebensdauer der Versuchstiere. Bei Mäusen und Hamstern sollte die Studie nach 18 Monaten, bei Ratten nach 24 Monaten abgeschlossen werden; bei bestimmten Tierstämmen mit längerer Lebensdauer und/oder geringer spontaner Tumorrate sollte die Studie jedoch erst nach 24 Monaten (Mäuse und Hamster) bzw. 30 Monaten (Ratten) beendet werden. Andererseits ist es vertretbar, eine derart verlängerte Studie dann abzuschließen, wenn die Überlebensrate in der niedrigsten Dosisgruppe oder der Kontrollgruppe 25 % erreicht. Ist ein offensichtlich geschlechtsspezifischer Unterschied in der Reaktion erkennbar, sollten im Hinblick auf den Abschluss der Studie die Versuchstiere in nach Geschlechtern getrennte Gruppen aufgeteilt und gesondert berücksichtigt werden. Ist allein in der hohen Dosisgruppe eine offensichtlich auf die toxische Wirkung zurückzuführende, vorzeitige hohe Sterberate festzustellen, muss dies nicht zwangsläufig den Abschluss der Studie zur Folge haben, vorausgesetzt, die toxische Wirkung wirft in den anderen Dosisgruppen keine schwerwiegenden Probleme auf. Von einem negativen Testergebnis kann nur dann ausgegangen werden, wenn sich der Bestand der Tiere in jeder Gruppe durch Autolyse, Kannibalismus oder durch labortechnische Probleme um nicht mehr als 10 % verringert und bei einer 18-monatigen (Mäuse und Hamster) bzw. 24-monatigen Studiendauer (Ratten) die Überlebensrate in allen Gruppen nicht unter 50 % liegt.

Verfahren

Beobachtungen

Bei der täglichen Beobachtung der Tiere sollte insbesondere auf Veränderungen von Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, des Atmungs- und Kreislaufsystems, des autonomen und des Zentralnervensystems sowie auf Somatomotorik und Verhaltensmuster geachtet werden.

Eine regelmäßige Beobachtung der Tiere ist notwendig, um so weit wie möglich sicherzustellen, dass sich der Bestand an Tieren während der Studie nicht durch Kannibalismus, Autolyse der Gewebe bzw. Fehler beim Umsetzen der Tiere verringert. Moribunde Tiere sollten ausgesondert, getötet und seziert werden.

Klinische Symptome und Mortalität sind für jedes Tier aufzuzeichnen. Die Entwicklung von Tumoren ist mit besonderer Aufmerksamkeit zu verfolgen, dabei sind der Zeitpunkt der Entstehung, die Lokalisierung, das Ausmaß, das Erscheinungsbild und die Progression jedes deutlich sichtbaren oder fühlbaren Tumors festzuhalten.

Die Nahrungsaufnahme (und der Wasserverbrauch, sofern die Prüfsubstanz mit dem Trinkwasser verabreicht wird) sind während der ersten 13 Wochen der Studie wöchentlich und anschließend in dreimonatigen Abständen zu bestimmen, sofern der Gesundheitszustand oder das Körpergewicht der Tiere nicht andere Maßnahmen erfordern.

Das Körpergewicht jedes Einzeltiers ist während der ersten 13 Wochen des Tests einmal wöchentlich und anschließend mindestens einmal alle vier Wochen aufzuzeichnen.

Klinische Untersuchungen

Hämatologie

Lässt die Beobachtung der Tiere auf eine Verschlechterung des Gesundheitszustands im Verlauf der Studie schließen, ist ein Differenzialblutbild der erkrankten Tiere zu erstellen.

Nach 12 Monaten, 18 Monaten und vor der Tötung wird von allen Tieren ein Blutausstrich angefertigt. Ein Differenzialblutbild wird von Tieren der höchsten Dosisgruppe und der Kontrollgruppe erstellt. Wenn es die Ergebnisse aus dieser, insbesondere jedoch aus der letzten, vor der Tötung vorgenommenen Analyse oder die Daten aus pathologischen Untersuchungen angezeigt erscheinen lassen, ist auch für die nächstniedrigere(n) Gruppe(n) ein Differenzialblutbild anzufertigen.

Autopsie

An allen Tieren, einschließlich der während des Versuchs gestorbenen bzw. aus Krankheitsgründen getöteten Tiere, wird eine vollständige Autopsie vorgenommen. Alle erkennbaren Tumore oder Gewebe mit tumorverdächtigen Veränderungen müssen asserviert werden.

Die folgenden Organe und Gewebe sind in einem geeigneten Medium für eine etwaige spätere histopathologische Untersuchung zu asservieren: alle auffälligen Veränderungen, Gehirn — einschließlich Gewebschnitte von Medulla/Pons, Kleinhirn- und Großhirnrinde, Hypophyse, Schilddrüse/Nebenschilddrüse, Thymusgewebe, Trachea und Lungen, Herz, Aorta, Speicheldrüsen, Leber, Milz, Nieren, Nebennieren, Pankreas, Gonaden, Uterus, sonstige Geschlechtsorgane, Haut, Oesophagus, Magen, Duodenum, Jejunum, Ileum, Caecum, Colon, Rektum, Blase, repräsentative Lymphknoten, weibliche Brustdrüse, Oberschenkelmuskulatur, Nerven des peripheren Systems, Brustbein mit Knochenmark, Femur — einschließlich Gelenkoberfläche, Wirbelsäule, Hals, Thorax- und Lendenbereich, Augen.

Die Instillierung der Lungen und der Harnblase mit Fixierlösung stellt die optimale Konservierung dieser Gewebe dar; bei Inhalationsstudien ist eine derartige Fixierungsmethode der Lungen Voraussetzung für eine optimale histopathologische Untersuchung. Bei Inhalationsstudien muss der gesamte Respirationstrakt, einschließlich Nase, Pharynx und Larynx asserviert werden.

Histopathologie

a)

Die Organe aller Tiere, die während des Tests sterben bzw. getötet werden, sowie aller Tiere der Kontrollgruppen und der hohen Dosisgruppen werden einer vollständigen histopathologischen Untersuchung unterzogen;

b)

alle deutlich sichtbaren Tumoren oder tumorverdächtigen Veränderungen in allen Gruppen sollten mikroskopisch untersucht werden;

c)

besteht zwischen der höchsten Dosisgruppe und der Kontrollgruppe ein signifikanter Unterschied in der Häufigkeit neoplastischer Veränderungen, sollte das betreffende Organ bzw. Gewebe auch in den anderen Dosisgruppen einer histopathologischen Untersuchung unterzogen werden;

d)

ist die Überlebensrate in der höchsten Dosisgruppe wesentlich geringer als in der Kontrollgruppe, ist die nächstniedrigere Dosisgruppe vollständig zu untersuchen;

e)

lassen sich in der höchsten Dosisgruppe toxische Wirkungen nachweisen, die gegebenenfalls Einfluss auf die Tumorentwicklung haben, ist die nächstniedrigere Dosisgruppe vollständig zu untersuchen.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Versuchsgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, die Zahl der Tiere mit während des Tests festgestellten Tumoren, der Zeitpunkt der Feststellung und die Anzahl der Tiere, bei denen nach der Autopsie ein Tumor nachgewiesen wurde. Die Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Hierzu kann eine anerkannte statistische Methode herangezogen werden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Tierarten, Tierstamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Fütterung,

Versuchsbedingungen:

Beschreibung des Expositionsapparats

einschließlich Gestaltung, Typ, Abmessungen, Luftquelle, System zur Partikel- und Aerosolerzeugung, Klimatisierungssystem, Behandlung der Abluft und Art der Unterbringung der Tiere in der Versuchskammer während der Durchführung der Versuche. Die Geräte zur Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und gegebenenfalls Stabilität der Aerosolkonzentration oder der Teilchengröße sind zu beschreiben.

Expositionsdaten

Diese Daten sind in tabellarischer Form unter Angabe von Mittelwerten und Berücksichtigung der Schwankungen (z. B. Standardabweichung) zusammenzufassen. Sie müssen folgende Angaben enthalten:

a)

Luftdurchflussrate in der Inhalationsanlage,

b)

Temperatur und Luftfeuchtigkeit,

c)

nominale Konzentrationen (Gesamtmenge der Prüfsubstanz, die in die Inhalationsanlage eingegeben wird, dividiert durch das Luftvolumen),

d)

gegebenenfalls Art des Vehikels,

e)

tatsächliche Konzentration im Atembereich,

f)

mittlere Teilchengröße (sofern erforderlich);

Dosierungen (gegebenenfalls Vehikel, sofern benutzt) und Konzentrationen;

Daten über die Häufigkeit von Tumoren, gegliedert nach Geschlecht, Dosierung und Art des Tumors;

Zeitpunkt des Todes während der Studie bzw. Angabe, ob die Tiere bis zum Abschluss des Versuchs überlebten;

Daten über toxische Reaktionen nach Geschlecht und Dosierung;

Beschreibung toxischer oder anderer Wirkungen;

Zeitpunkt der Beobachtung der jeweiligen Vergiftungssymptome und deren weiterer Verlauf;

Angaben über Futterverbrauch und Körpergewichtsentwicklung;

hämatologische Tests und deren Ergebnisse;

Sektionsbefunde;

detaillierte Beschreibung aller histopathologischen Befunde;

statistische Auswertung der Ergebnisse mit Beschreibung des angewandten Verfahrens;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.33.   KOMBINIERTE STUDIE ZUR PRÜFUNG AUF KANZEROGENITÄT UND CHRONISCHE TOXIZITÄT

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Das Ziel einer kombinierten Toxizitäts-Kanzerogenitätsbestimmung liegt in der Ermittlung der chronischen und kanzerogenen Wirkungen, die eine Substanz nach lang dauernder Exposition bei einem Säugetier hervorruft.

Aus diesem Grund wird die Kanzerogenitätsstudie um mindestens eine zusätzliche behandelte Satellitengruppe und eine Kontroll-Satellitengruppe erweitert. Die Dosis der behandelten Satellitengruppe kann höher liegen als die höchste Dosis für den Kanzerogenitätsversuch. Die Versuchstiere der Kanzerogenitätsstudie werden auf allgemeine Vergiftungserscheinungen und Tumoren untersucht, die Tiere in der behandelten Satellitengruppe auf allgemeine Vergiftungserscheinungen.

Die Prüfsubstanz wird normalerweise für einen größeren Teil der Lebensdauer den Versuchstiergruppen an 7 Tagen pro Woche auf einem geeigneten Verabreichungsweg appliziert, und zwar jeweils eine Dosierung je Gruppe. Während und nach der Exposition werden die Versuchstiere täglich auf Vergiftungserscheinungen, insbesondere auf die Entwicklung von Tumoren, beobachtet.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor Versuchsbeginn werden gesunde junge Tiere randomisiert und der erforderlichen Anzahl von Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeteilt.

Versuchstiere

Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte. Auf der Grundlage der Ergebnisse vorangegangener Studien können jedoch auch andere Tierarten (Nager oder Nicht-Nager) verwendet werden. Die Tests sind mit jungen gesunden Tieren gebräuchlicher Versuchstierstämme durchzuführen; mit der Verabreichung der Prüfsubstanz sollte in einem geeigneten Zeitraum nach der Entwöhnung vom Muttertier begonnen werden.

Bei Versuchsbeginn sollte die Variabilität des Körpergewichts der Tiere nicht mehr als ± 20 % vom Mittelwert betragen. Wird eine subchronische orale Toxizitätsbestimmung einer Langzeitstudie vorgeschaltet, sollten in beiden Fällen die gleichen Tierarten bzw. Versuchstierstämme benutzt werden.

Anzahl und Geschlecht

Bei Nagern sind mindestens 100 Tiere (50 weibliche und 50 männliche) für jede Dosisgruppe und für jede entsprechende Kontrollgruppe zu verwenden. Die Weibchen dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muss die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen.

Die behandelte(n) Satellitengruppe(n), die der Bewertung pathologischer Anzeichen mit Ausnahme von Tumoren dient (dienen), sollte(n) 20 Tiere je Geschlecht enthalten, während in der Satellitenkontrollgruppe lediglich 10 Tiere pro Geschlecht erforderlich sind.

Dosierungen und Häufigkeit der Exposition

Zur Kanzerogenitätsbestimmung sind mindestens drei Dosisgruppen und eine zusätzliche Kontrollgruppe zu verwenden. Die höchste Dosierung ist so zu wählen, dass nur geringgradige Vergiftungserscheinungen auftreten, wie etwa eine verzögerte Körpergewichtsentwicklung (weniger als 10 %), ohne jedoch die normale Lebensdauer der Tiere durch andere als durch tumorbedingte Folgeerscheinungen zu beeinträchtigen.

Die niedrigste Dosierung sollte den normalen Verlauf von Wachstum und Entwicklung sowie die Lebensdauer der Tiere nicht beeinträchtigen und keinerlei Anzeichen einer toxischen Wirkung hervorrufen. Sie sollte normalerweise nicht weniger als 10 % der höchsten Dosierung betragen.

Die mittlere Dosierung liegt zwischen der höchsten und der niedrigsten Dosierung.

Bei der Auswahl der Dosierungen sind Daten aus vorangegangenen Versuchen zu berücksichtigen.

Zur Bestimmung der chronischen Toxizität werden zusätzlich behandelte Versuchstiergruppen sowie eine entsprechende Kontroll-Satellitengruppe in die Studie einbezogen. In der behandelten Satellitengruppe sollte die applizierte Dosis so gewählt werden, dass eindeutige Vergiftungserscheinungen auftreten.

Die Exposition erfolgt normalerweise täglich.

Wird die Substanz im Trinkwasser verabreicht oder mit dem Futter vermischt, müssen Wasser bzw. Futter den Tieren jederzeit zugänglich sein.

Kontrollgruppen

Die Kontrollgruppe muss, abgesehen von der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz, in jeder Hinsicht den Versuchstiergruppen entsprechen.

Unter besonderen Bedingungen, wie z. B. bei Verwendung eines Aerosols bei Inhalationsstudien oder eines Emulgators mit unbekannter biologischer Wirkung bei oralen Toxizitätsstudien, empfiehlt sich der Einsatz einer zusätzlichen unbehandelten Kontrollgruppe, der das Vehikel nicht appliziert werden darf.

Verabreichungsweg

Im Wesentlichen finden die orale, die dermale und die inhalative Verabreichung Anwendung. Die Wahl des Verabreichungswegs hängt von den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und der Art der Exposition beim Menschen ab.

Orale Applikation

Wird die Prüfsubstanz vom Magen-Darm-Trakt absorbiert und ist eine Exposition beim Menschen auf oralem Weg möglich, sollte, sofern keine Kontraindikationen vorliegen, der orale Verabreichungsweg gewählt werden. Den Tieren sollte die Prüfsubstanz im Futter, gelöst im Trinkwasser oder in Kapseln zugeführt werden.

Wünschenswert ist eine tägliche Verabreichung an 7 Wochentagen, da bei einem 5-tägigen Rhythmus während der verabreichungsfreien Zeit eine Erholung oder ein Rückgang von Vergiftungserscheinungen möglich ist und so das Ergebnis und die Bewertung beeinflussen kann. Aus praktischen Überlegungen ist jedoch ein 5-tägiger Verabreichungsrhythmus als annehmbar zu betrachten.

Dermale Applikation

Die kutane Exposition durch Auftragen auf die Haut kann gewählt werden, um eine der wichtigsten Expositionsarten beim Menschen zu simulieren; sie dient gleichzeitig als Modell für die Induzierung von Hautveränderungen.

Inhalative Applikation

Da Studien über die inhalative Applikation im Vergleich zu den sonstigen Verabreichungswegen weit größere technische Probleme aufwerfen, soll hier eine ausführlichere Anleitung gegeben werden. Es wird darauf hingewiesen, dass die intratracheale Instillation in besonderen Fällen durchaus eine gültige Alternative darstellt.

Bei langfristigen Expositionen legt man üblicherweise entweder eine angenommene Exposition beim Menschen zugrunde, wonach die Tiere bei einheitlicher Testkammerkonzentration 5 Tage lang täglich sechs Stunden exponiert werden (intermittierende Exposition). Oder man geht von einer möglichen Exposition in der Umwelt aus, bei der die Tiere an 7 Tagen jeweils 22 bis 24 Stunden der Prüfsubstanz ausgesetzt sind (kontinuierliche Exposition) und pro Tag jeweils zur gleichen Zeit eine Stunde zur Fütterung und zur Wartung der Kammer vorgesehen ist. In beiden Fällen werden die Tiere normalerweise einer festgesetzten Konzentration der Prüfsubstanz ausgesetzt. Der Hauptunterschied, der zwischen der intermittierenden und der kontinuierlichen Exposition zu berücksichtigen ist, liegt darin, dass sich im ersten Falle die Tiere während der 17- bis 18-stündigen expositionsfreien Periode und während des noch längeren Zeitraums am Wochenende möglicherweise von den Auswirkungen der täglichen Exposition erholen.

Welche der beiden Expositionsformen gewählt wird, hängt von den Zielsetzungen der jeweiligen Studie sowie von den beim Menschen gegebenen Voraussetzungen ab, die mit dem Test simuliert werden sollen. Einige technische Schwierigkeiten müssen jedoch berücksichtigt werden. So dürfte z. B. der Vorteil der kontinuierlichen Exposition bei der Simulierung von Umgebungsbedingungen sowohl durch die Notwendigkeit aufgehoben werden, die Tiere mit Wasser und Futter zu versorgen, als auch durch den Bedarf an besser entwickelten (und zuverlässigeren) Aerosol- sowie Dampferzeugungs- und Überwachungstechniken.

Expositionskammern

Für die Tierversuche sollte eine Inhalationsanlage benutzt werden, die eine dynamische Luftgeschwindigkeit mit einer Luftwechselrate von mindestens 12 Mal pro Stunde ermöglicht, um einen adäquaten Sauerstoffgehalt und eine gleichmäßige Verteilung der Prüfsubstanz in der Atmosphäre zu gewährleisten. Die Testkammern für die Kontroll- wie für die Versuchstiere sollten in Konzeption und Ausführung identisch sein, um in jeder Hinsicht — mit Ausnahme der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz — vergleichbare Voraussetzungen zu schaffen. Üblicherweise wird in der Testkammer ein geringer Unterdruck erzeugt, um ein Entweichen der Prüfsubstanz aus der Kammer zu vermeiden. Die Testkammern sollten gewährleisten, dass die Versuchstiere möglichst wenig zusammengedrängt werden. Um die Stabilität der Atmosphäre in der Inhalationskammer sicherzustellen, sollte das Gesamtvolumen der Versuchstiere grundsätzlich 5 % des Kammervolumens nicht überschreiten.

Folgende Messungen oder Kontrollen sind durchzuführen:

a)

Luftströmung: Die Luftdurchflussrate innerhalb der Testkammer sollte vorzugsweise kontinuierlich überwacht werden;

b)

während der täglichen Expositionsdauer darf die Konzentration nicht um mehr als ± 15 % des Mittelwerts variieren. Während der gesamten Versuchsdauer ist die tägliche Konzentration so konstant wie möglich zu halten;

c)

Temperatur und Luftfeuchtigkeit: Bei Nagern soll die Temperatur 22 oC (± 2 oC) betragen und die Luftfeuchtigkeit innerhalb der Kammer zwischen 30 und 70 % liegen, es sei denn, die Prüfsubstanz wird mit Hilfe von Wasser in der Testkammer suspendiert. Es empfiehlt sich, beide Größen kontinuierlich zu überwachen;

d)

Teilchengrößenmessungen: Sowohl für Flüssig- als auch für Feststoffaerosole ist eine Bestimmung der Teilchengrößenverteilung in der Kammeratmosphäre vorzunehmen. Die Aerosolteilchen müssen für die Versuchstiere lungengängig sein. Stichproben sind in der Atemzone der Tiere zu entnehmen. Diese Stichproben müssen repräsentativ für die Teilchenverteilung sein, der die Tiere ausgesetzt sind, und sollten außerdem alle suspendierten Aerosole, auch wenn sie zum Großteil nicht lungengängig sind, gravimetrisch erfassen. Beim Aufbau der Versuchsanlage muss die Teilchengrößenanalyse so oft wie nötig wiederholt werden, um die Stabilität der Aerosolkonzentration zu gewährleisten. Während der folgenden Expositionen ist eine Wiederholung nur so oft erforderlich, wie es für eine angemessene Bestimmung der Konsistenz der Teilchenverteilung, der die Tiere ausgesetzt wurden, notwendig ist.

Versuchsdauer

Die Dauer der Kanzerogenitätsstudie umfasst den größten Teil der Lebensdauer der Versuchstiere. Bei Mäusen und Hamstern sollte die Studie nach 18 Monaten, bei Ratten nach 24 Monaten abgeschlossen werden; bei bestimmten Tierstämmen mit längerer Lebensdauer und/oder geringer spontaner Tumorrate sollte die Studie jedoch erst nach 24 Monaten (Mäuse und Hamster) bzw. 30 Monaten (Ratten) beendet werden. Andererseits ist es vertretbar, eine derart verlängerte Studie dann abzuschließen, wenn die Überlebensrate in der niedrigsten Dosisgruppe oder der Kontrollgruppe 25 % erreicht. Ist ein offensichtlich geschlechtsspezifischer Unterschied in der Reaktion erkennbar, sollten die Versuchstiere im Hinblick auf den Abschluss der Studie in nach Geschlechtern getrennte Gruppen aufgeteilt werden. Ist lediglich in der hohen Dosisgruppe vorzeitig eine offensichtlich auf die toxische Wirkung zurückzuführende, hohe Sterberate festzustellen, muss dies nicht zwangsläufig den Abschluss der Studie zur Folge haben, vorausgesetzt, die toxische Wirkung wirft in den anderen Dosisgruppen keine schwerwiegenden Probleme auf. Von einem negativen Testergebnis kann nur dann gesprochen werden, wenn sich der Bestand der Tiere in jeder Gruppe durch Autolyse, Kannibalismus oder durch labortechnische Probleme um nicht mehr als 10 % verringert und die Überlebensrate in allen Gruppen bei einer 18-monatigen (Mäuse und Hamster) bzw. 24-monatigen Studiendauer (Ratten) nicht unter 50 % liegt.

Die zur Prüfung auf chronische Toxizität eingesetzten 20 exponierten Tiere pro Geschlecht und die dazugehörigen 10 Kontrolltiere pro Geschlecht sollten für mindestens 12 Monate in der Studie belassen werden. Durch Autopsie dieser Tiere soll festgestellt werden, ob sich, unabhängig vom Alterungsprozess, prüfsubstanzbezogene pathologische Erscheinungsformen entwickelt haben.

Verfahren

Beobachtungen

Bei der täglichen Beobachtung der Tiere sollte insbesondere auf Veränderungen von Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, des Atmungs- und Kreislaufsystems, des autonomen und des Zentralnervensystems sowie auf Somatomotorik und Verhaltensmuster geachtet werden.

Die Tiere in der (den) behandelten Satellitengruppe(n) sollten in angemessenen Zeitabständen klinisch untersucht werden,

Eine regelmäßige Beobachtung der Tiere ist notwendig, um so weit wie möglich sicherzustellen, dass sich der Bestand an Tieren während der Studie nicht durch Kannibalismus, Autolyse der Gewebe bzw. Fehler beim Umsetzen der Tiere verringert. Moribunde Tiere sollten ausgesondert, getötet und seziert werden.

Klinische Symptome, einschließlich neurologischer und Augenveränderungen sowie Mortalität, sind für jedes Tier aufzuzeichnen. Die Entwicklung von Tumoren ist mit besonderer Aufmerksamkeit zu verfolgen; dabei sind der Zeitpunkt der Entstehung und Entwicklung toxischer Symptome ebenso aufzuzeichnen wie der Zeitpunkt der Entstehung, die Lokalisierung, das Ausmaß, das Erscheinungsbild und die Progression jedes deutlich sichtbaren oder fühlbaren Tumors festzuhalten.

Die Nahrungsaufnahme (und der Wasserverbrauch, sofern die Prüfsubstanz mit dem Trinkwasser verabreicht wird), sind während der ersten 13 Wochen der Studie wöchentlich und anschließend in dreimonatigen Abständen zu bestimmen, sofern nicht der Gesundheitszustand oder das Körpergewicht der Tiere andere Maßnahmen erfordern.

Das Körpergewicht jedes Einzeltiers ist während der ersten 13 Wochen des Tests einmal wöchentlich und anschließend mindestens einmal alle vier Wochen aufzuzeichnen.

Klinische Untersuchungen

Hämatologische Untersuchung

Eine hämatologische Untersuchung (z. B. Hämoglobingehalt, Hämatokritwert, Gesamtzahl der roten Blutkörperchen, Gesamtzahl der weißen Blutkörperchen, Blutplättchen oder sonstige Messungen der Gerinnungsfähigkeit) der Blutproben von 10 Ratten/Geschlecht aus allen Dosisgruppen sollte nach drei Monaten, nach sechs Monaten und anschließend in etwa sechsmonatigen Abständen sowie nach Abschluss der Studie durchgeführt werden. Sofern durchführbar, sollten diese Blutproben bei jeder Untersuchung von der gleichen Ratte stammen.

Lässt die Beobachtung der Tiere im Verlauf der Studie auf eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustands schließen, ist ein Differenzialblutbild der erkrankten Tiere zu erstellen. Das Differenzialblutbild wird aus Blutproben von Tieren der höchsten Dosisgruppe und von Tieren aus den Kontrollgruppen erstellt. Für die Tiere der niedrigeren Dosisgruppe(n) ist die Erstellung eines Differenzialblutbilds nur erforderlich, wenn zwischen der höchsten Dosisgruppe und der Kontrollgruppe erhebliche Abweichungen bestehen oder wenn die pathologische Untersuchung dies angezeigt erscheinen lässt.

Urinanalyse

Urinproben sind von 10 Ratten/Geschlecht aus allen Dosisgruppen möglichst in den gleichen zeitlichen Abständen wie bei der vorstehend beschriebenen hämatologischen Untersuchung zu entnehmen. Bei Nagern sollten die folgenden Analysen entweder bei jedem Einzeltier oder auf der Grundlage einer Sammelprobe/Geschlecht/Gruppe durchgeführt werden:

Aussehen: Volumen und spezifisches Gewicht für jedes Einzeltier;

Protein, Glukose, Ketone, Blut (semiquantitativ);

Urinsediment (semiquantitativ).

Klinische Chemie

In etwa halbjährlichen Abständen und bei Abschluss der Untersuchung werden von allen Nicht-Nagern und von 10 Ratten/Geschlecht aus allen Dosisgruppen — wenn möglich jeweils von der gleichen Ratte — Blutproben zu klinisch-chemischen Messungen entnommen. Zusätzlich sollte vor Beginn des Versuchs von allen Nicht-Nagern eine Probe entnommen werden. Mit dem aus diesen Proben gewonnenen Plasma werden folgende Analysen durchgeführt:

Gesamtproteinkonzentration;

Albuminkonzentration;

Leberfunktionstests (wie alkalische Phosphatase, Glutamat-Pyruvat-Transaminase (4) und Glutamat-Oxalazetat-Transaminase (4), Gamma-Glutamyl-Transpeptidase, Ornithin-Dekarboxylase;

Kohlehydratstoffwechsel, z. B. Nüchternglukose;

Nierenfunktionstest, z. B. Harnstickstoff im Blut.

Autopsie

An allen Tieren, einschließlich der während des Versuchs gestorbenen bzw. aus Krankheitsgründen getöteten Tiere, wird eine vollständige Autopsie vorgenommen. Zuvor sollten von allen Tieren Blutproben zur Erstellung eines Differenzialblutbilds entnommen werden. Alle Gewebe mit makroskopischen Veränderungen, Tumoren oder tumorverdächtigen Veränderungen müssen fixiert werden. Man sollte versuchen, die Beobachtungen der Autopsiebefunde mit den Ergebnissen der mikroskopischen Untersuchung zu korrelieren.

Alle Organe und Gewebe sind für die mikroskopische Untersuchung zu fixieren. Hierzu zählen gewöhnlich folgende Organe und Gewebe: Gehirn (7) (Medulla/Pons, Kleinhirn- und Großhirnrinde), Hypophyse, Schilddrüse (einschließlich Nebenschilddrüse), Thymus, Lungen (einschließlich Trachea), Herz, Aorta, Speicheldrüsen, Leber (7), Milz, Nieren (7), Nebennieren (7), Oesophagus, Magen, Duodenum, Jejunum, Ileum, Caecum, Kolon, Rektum, Uterus, Harnblase, Lymphknoten, Pankreas, Gonaden (7), akzessorische Geschlechtsorgane, weibliche Brustdrüse, Haut, Muskulatur, Nerven des peripheren Systems, Wirbelsäule (Hals-, Thorax-, Lendenbereich), Brustbein mit Knochenmark und Femur (einschließlich Gelenk) und Augen.

Die Instillierung der Lungen und der Harnblase mit Fixierlösung stellt die optimale Konservierung dieser Gewebe dar; bei Inhalationsstudien ist eine derartige Aufblähung der Lungen Voraussetzung zur Durchführung einer geeigneten histopathologischen Untersuchung. Bei Spezialuntersuchungen wie Inhalationsstudien muss der gesamte Respirationstrakt, einschließlich Nase, Pharynx und Larynx untersucht werden.

Werden sonstige klinische Untersuchungen durchgeführt, sollten die daraus gewonnenen Ergebnisse vor der mikroskopischen Untersuchung vorliegen, da sie dem Pathologen wichtige Hinweise geben können.

Histopathologie

Für den Studienabschnitt chronische Toxizität

Sämtliche asservierten Organe aller Tiere aus den Satellitengruppen mit hoher Dosierung und aus den Kontrollgruppen sind eingehend zu untersuchen. Werden in der Satellitengruppe mit hoher Dosierung prüfsubstanzbedingte pathologische Befunde festgestellt, müssen auch die Zielorgane aller übrigen Tiere in jeder anderen behandelten Satellitengruppe einer umfassenden und ausführlichen histologischen Untersuchung unterzogen werden. Die gleiche Untersuchung ist bei allen Tieren der behandelten Gruppen aus dem der Kanzerogenitätsbestimmung gewidmeten Teil der Studie vorzunehmen.

Für den Studienabschnitt Kanzerogenität

a)

Die Organe aller Tiere, die während des Tests sterben bzw. getötet werden, sowie aller Tiere der Kontrollgruppen und der Gruppen mit hoher Dosierung werden einer vollständigen histopathologischen Untersuchung unterzogen;

b)

alle Tumoren oder tumorverdächtigen Veränderungen an allen Organen sind in allen Dosisgruppen zu untersuchen;

c)

besteht zwischen der Gruppe mit der höchsten Dosierung und der Kontrollgruppe ein signifikanter Unterschied in der Häufigkeit neoplastischer Veränderungen, so sollte das betreffende Organ bzw. Gewebe auch in den anderen Dosisgruppen einer histopathologischen Untersuchung unterzogen werden;

d)

ist die Überlebensrate in der Gruppe mit der höchsten Dosierung deutlich geringer als in der Kontrollgruppe, ist die nächstniedrigere Dosisgruppe vollständig zu untersuchen;

e)

lassen sich in der Gruppe mit der höchsten Dosierung toxische oder sonstige Wirkungen nachweisen, die ggf. Einfluss auf die Tumorentwicklung haben, ist die nächstniedrigere Dosisgruppe vollständig zu untersuchen.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Versuchsgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, die Zahl der Tiere mit während des Tests festgestellten Tumoren oder Vergiftungserscheinungen, der Zeitpunkt der Feststellung und die Anzahl der Tiere, bei denen nach der Autopsie ein Tumor nachgewiesen wurde. Die Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Hierzu eignet sich jede anerkannte statistische Methode.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Tierarten, Tierstamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Fütterung.

Versuchsbedingungen:

Beschreibung des Expositionsapparats

einschließlich Gestaltung, Typ, Abmessungen, Luftquelle, System zur Partikel- und Aerosolerzeugung, Klimatisierungssystem, Behandlung der Abluft und Art der Unterbringung der Tiere in einer Versuchskammer, sofern eine benutzt wird. Die Geräte zur Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und gegebenenfalls Stabilität der Aerosolkonzentration oder der Teilchengröße sind zu beschreiben.

Expositionsdaten

Diese Daten sind in tabellarischer Form unter Angabe von Mittelwerten und Berücksichtigung der Schwankung (z. B. Standardabweichung) zusammenzufassen. Sie müssen folgende Angaben enthalten:

a)

Luftdurchflussrate in der Inhalationsanlage,

b)

Temperatur und Luftfeuchtigkeit,

c)

nominale Konzentrationen (Gesamtmenge der Prüfsubstanz, die in die Inhalationsanlage eingegeben wird, dividiert durch das Luftvolumen),

d)

gegebenenfalls Art des Vehikels,

e)

tatsächliche Konzentration im Atembereich,

f)

mittlere Teilchengröße (sofern erforderlich);

Dosierungen (gegebenenfalls Vehikel, sofern benutzt) und Konzentrationen;

Daten über die Häufigkeit von Tumoren, gegliedert nach Geschlecht, Dosierung und Art des Tumors;

Zeitpunkt des Todes während der Studie bzw. Angabe, ob die Versuchstiere, einschließlich der Tiere der Satellitengruppe, bis zum Abschluss des Versuchs überlebten;

Daten über toxische Reaktionen nach Geschlecht und Dosierung;

Beschreibung toxischer oder anderer Wirkungen;

Zeitpunkt der Beachtung der jeweiligen Vergiftungssymptome und deren weiterer Verlauf;

ophthalmologische Befunde;

Angaben über Futterverbrauch und Körpergewichtsentwicklung;

hämatologische Tests und deren Ergebnisse;

klinisch-chemische Tests und deren Ergebnisse (einschließlich einer evtl. Urinanalyse);

Sektionsbefunde;

detaillierte Beschreibung aller histopathologischen Befunde;

statistische Auswertung der Ergebnisse mit Beschreibung des angewandten Verfahrens;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.34.   PRÜFUNG AUF REPRODUKTIONSTOXIZITÄT WÄHREND EINER GENERATION

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird mehreren Gruppen männlicher und weiblicher Versuchstiere in abgestuften Dosierungen verabreicht. Den männlichen Tieren wird die Prüfsubstanz während der Wachstumsperiode und mindestens eines vollständigen Spermatogenesezyklus (etwa 56 Tage bei der Maus und 70 Tage bei der Ratte) verabreicht, um auf diese Weise negative Wirkungen der Prüfsubstanz auf die Spermiogenese feststellen zu können.

Den weiblichen Tieren der P-Generation wird die Prüfsubstanz während mindestens zweier vollständiger Östruszyklen verabreicht, um negative Wirkungen der Prüfsubstanz auf den Östrus beurteilen zu können, Anschließend werden die Tiere verpaart. Während der Paarungszeit wird die Prüfsubstanz beiden Geschlechtern verabreicht, anschließend nur den weiblichen Tieren während der Gravidität und der Laktation. Bei inhalativer Exposition sind Änderungen der Methode erforderlich.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitungen

Vor Testbeginn werden gesunde, junge, ausgewachsene Tiere randomisiert und den Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Tiere werden dann für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen vor dem Test unter versuchsnahen Unterbringungs- und Fütterungsbedingungen gehalten. Es wird empfohlen, die Prüfsubstanz mit dem Futter oder im Trinkwasser zu verabreichen. Andere Verabreichungswege sind ebenfalls zulässig. Während des eigentlichen Versuchsteils muss allen Tieren die Prüfsubstanz auf dem gleichen Wege appliziert werden. Wird ein Vehikel oder ein sonstiger Zusatz zur Erleichterung der Verabreichung benutzt, muss deren nichttoxische Wirkung gesichert sein. Die Verabreichung erfolgt an 7 Tagen pro Woche.

Versuchstiere

Auswahl der Tierarten

Bevorzugte Tierarten sind Ratte oder Maus. Tierstämme mit geringer Fruchtbarkeit sind auszuschließen und nur gesunde Tiere, die bisher noch keinen Versuchen unterzogen worden waren, einzusetzen. Die Versuchstiere sind nach Tierart, Tierstamm, Geschlecht, Gewicht und/oder Alter auszuwählen.

Um die Fruchtbarkeit ausreichend beurteilen zu können, müssen sowohl männliche als auch weibliche Tiere untersucht werden. Alle Versuchs- und Kontrolltiere müssen vor Verabreichung der Prüfsubstanz vom Muttertier entwöhnt sein.

Anzahl und Geschlecht

Jede Versuchstier- und Kontrollgruppe muss so viele Tiere enthalten, dass darin etwa 20 trächtige Weibchen kurz vor bzw. zum Zeitpunkt der Geburt enthalten sind.

Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass genügend Graviditäten und Nachkommen erzeugt werden, um eine aussagekräftige Bewertung des Schädigungspotenzials der Prüfsubstanz für die Fertilität, Schwangerschaft, Verhalten des Muttertiers in der P-Generation sowie Säugen, Wachstum und Entwicklung der F1-Generation von der Konzeption bis zum Absetzen vom Muttertier vornehmen zu können.

Versuchsbedingungen

Futter und Wasser ist den Tieren ad libitum bereitzustellen. Kurz vor dem Geburtstermin werden die trächtigen Weibchen einzeln in Geburtskäfigen untergebracht, die gegebenenfalls mit Nestmaterial ausgestattet sind.

Dosierungen

Es sollten mindestens drei Behandlungs- und eine Kontrollgruppe eingesetzt werden. Wird ein Vehikel benutzt, muss die Kontrollgruppe das in der höchsten Dosierung applizierte Volumen erhalten. Wird die Nahrungsaufnahme oder -verwertung durch die Prüfsubstanz beeinträchtigt, könnte der Einsatz einer entsprechend restriktiv gefütterten Kontrollgruppe sinnvoll sein. Sofern die physikalisch-chemischen Eigenschaften bzw. die biologische Wirkungsweise der Prüfsubstanz es zulassen, sollte die höchste Dosierung möglichst so gewählt werden, dass bei den Elterntieren (P) zwar Vergiftungserscheinungen auftreten, aber keine Mortalität verursacht wird. Im günstigsten Falle sollte(n) die mittlere(n) Dosierung(en) minimale prüfsubstanzbedingte Vergiftungserscheinungen bewirken, die niedrigste Dosierung hingegen weder bei den Elterntieren noch bei den Nachkommen feststellbare negative Auswirkungen zeigen. Wird die Prüfsubstanz per Magensonde oder in Form von Kapseln verabreicht, muss die jeweilige Dosis entsprechend dem Körpergewicht unter Berücksichtigung der Veränderungen des Körpergewichts wöchentlich angepasst werden. Während der Gravidität kann die Dosierung bei den weiblichen Tieren entweder aufgrund des Körpergewichts am Tag 0 oder am Tag 6 der Gravidität bestimmt werden.

Limit-Test

Wenn im Falle einer Prüfsubstanz mit geringer Toxizität eine Dosierung von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht nachweisbar keinen Einfluss auf die Reproduktionsfähigkeit hat, sind Untersuchungen mit anderen Dosierungen nicht notwendig. Konnten in einer Vorstudie mit hoher Dosierung, die eindeutige, prüfsubstanzbedingte Vergiftungserscheinungen beim Muttertier hervorrief, keinerlei nachteilige Auswirkungen auf die Fertilität festgestellt werden, können auch hier Untersuchungen mit anderen Dosierungen als nicht notwendig erachtet werden.

Versuchsdurchführung

Vorgehensweise

Die tägliche Verabreichung der Prüfsubstanz an die männlichen Elterntiere (P) sollte nach der Entwöhnung vom Muttertier und einer mindestens 5-tägigen Akklimatisierung im Alter von 5 bis 9 Wochen beginnen. Bei den Ratten wird die Applikation für weitere 10 Wochen (bei Mäusen 8 Wochen) bis zur Paarungszeit fortgesetzt. Die männlichen Tiere werden nach der Verpaarung entweder getötet und untersucht oder weiterhin bei der Versuchsdiät belassen, um gegebenenfalls zur Erzeugung eines zweiten Wurfs zur Verfügung zu stehen, sollten jedoch noch vor Abschluss der Studie getötet und untersucht werden. Die weiblichen Elterntiere (P) erhalten die Prüfsubstanz nach einer mindestens 5-tägigen Akklimatisierung bis mindestens 2 Wochen vor der Paarung. Die Behandlung der P-Weibchen wird während der 3-wöchigen Paarungszeit, der gesamten Gravidität bis zur Entwöhnung der F1-Nachkommen fortgesetzt. Eine Änderung des Verabreichungsschemas kann aufgrund sonstiger verfügbarer Informationen über die Prüfsubstanz, z. B. über Stoffwechselmechanismen oder Bioakkumulation, erforderlich sein.

Verpaarung

Bei Reproduktionsstudien über die toxikologischen Auswirkungen kann die Verpaarung entweder im Verhältnis 1:1 (ein männliches und ein weibliches Tier) oder 1:2 (ein männliches und zwei weibliche Tiere) erfolgen.

Bei der 1:1-Verpaarung wird das weibliche mit einem männlichen Tier bis zum Eintritt der Gravidität oder bis nach Ablauf von 3 Wochen zusammengebracht. Jeden Morgen werden die weiblichen Tiere auf Sperma oder Vaginalpfröpfe untersucht. Als Tag 0 der Gravidität gilt der Tag, an dem Vaginalpfröpfe oder Sperma festgestellt werden konnten.

Bei erfolgloser Verpaarung sollten die entsprechenden Tiere zur Beurteilung der Ursache für die Unfruchtbarkeit untersucht werden.

Dies bedeutet gegebenenfalls eine weitere Verpaarung mit einem Tier mit nachgewiesener Fruchtbarkeit, die mikroskopische Untersuchung der Reproduktionsorgane und die Untersuchung der Östruszyklen oder der Spermiogenese.

Wurfgrößen

Die während der Fruchtbarkeitsstudie behandelten Tiere können ihre Jungen auf natürlichem Wege zur Welt bringen und ohne jeden äußeren Eingriff bis zum Zeitpunkt der Entwöhnung großziehen.

Soll die Anzahl der geworfenen Jungtiere reduziert werden, wird folgendes Verfahren vorgeschlagen: Zwischen Tag 1 und Tag 4 nach der Geburt werden aus jedem Wurf so viele Jungtiere ausgesondert, bis möglichst 4 männliche und 4 weibliche Tiere verbleiben.

Ist es aufgrund der Geschlechter-Verteilung nicht möglich, in jedem Wurf 4 männliche und 4 weibliche Junge zu belassen, so ist eine partielle Anpassung zulässig (z. B. 5 männliche und 3 weibliche Tiere). Für Würfe mit weniger als 8 Jungtieren gilt diese Anpassung nicht.

Beobachtungen

Während der gesamten Testperiode werden die Tiere mindestens einmal täglich beobachtet. Auffallende Verhaltensstörungen, Anzeichen einer schweren oder verzögerten Geburt, alle Vergiftungserscheinungen, einschließlich Mortalität, sind aufzuzeichnen. Vor und während der Paarungszeit ist die Futteraufnahme wöchentlich zu bestimmen. Wahlweise kann die tägliche Bestimmung der Nahrungsaufnahme auch während der Gravidität durchgeführt werden. Nach der Geburt und während der Stillperiode soll die Bestimmung der Nahrungsaufnahme (und der Wasseraufnahme, sofern die Prüfsubstanz mit dem Trinkwasser verabreicht wird) am gleichen Tag wie das Wiegen der Jungtiere erfolgen. Männliche und weibliche Tiere der P-Generation müssen am ersten Tag der Behandlung und anschließend in wöchentlichen Abständen gewogen werden. Die Beobachtungen sind für jedes erwachsene Tier einzeln aufzuzeichnen.

Die Trächtigkeitsdauer wird vom Tag 0 der Gravidität an berechnet. Jeder Wurf ist so bald wie möglich nach der Geburt zu untersuchen, um die Anzahl und das Geschlecht der Nachkommen, Lebend- und Totgeburten und auffallende Anomalien feststellen zu können.

Tote und am Tag 4 getötete Jungtiere müssen asserviert und auf mögliche Fehlbildungen untersucht werden. Die lebend geborenen Jungtiere werden gezählt und der gesamte Wurf und die einzelnen Tiere am Morgen nach der Geburt, an den Tagen 4 und 7 und anschließend in wöchentlichen Abständen gewogen.

Bei den Muttertieren oder den Nachkommen zu beobachtende körperliche Anomalien oder Verhaltensstörungen müssen aufgezeichnet werden.

Pathologie

Autopsie

Die Tiere der P-Generation sollten zum Zeitpunkt der Tötung bzw. bei Eintritt des Todes während der Studie makroskopisch auf Anomalien oder pathologische Veränderungen, unter besonderer Berücksichtigung der Fortpflanzungsorgane, untersucht werden. Auch tote oder kranke Jungtiere sind auf Fehlbildungen zu untersuchen.

Histopathologie

Eierstöcke, Uterus, Zervix, Vagina, Hoden, Nebenhoden, Samenbläschen, Prostata, Koagulationsdrüse, Hirnanhangdrüse und Zielorgan(e) aller Tiere der P-Generation werden für die mikroskopische Untersuchung asserviert. Sollten diese Organe bisher nicht im Rahmen einer sonstigen Studie mit Mehrfachdosierung untersucht worden sein, ist in allen Versuchstiergruppen mit hoher Dosierung, bei den Kontrolltieren und den während der Studie gestorbenen Tieren — sofern durchführbar — eine mikroskopische Untersuchung vorzunehmen.

Alle Organe, die bei dieser Untersuchung pathologische Veränderungen aufweisen, müssen anschließend ebenfalls bei allen übrigen Tieren der P-Generation untersucht werden. In diesem Fall sollte eine mikroskopische Untersuchung aller Gewebe mit auffallenden pathologischen Veränderungen erfolgen.

Wie bereits im Abschnitt über die Verpaarung vorgeschlagen, sollten die Fortpflanzungsorgane aller Tiere bei Verdacht auf Unfruchtbarkeit mikroskopischen Untersuchungen unterzogen werden.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Versuchsgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Anzahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, die Anzahl der fruchtbaren männlichen Tiere, die Anzahl der trächtigen Weibchen, die jeweilige Art der Veränderungen und der Prozentsatz der Tiere mit der jeweiligen Veränderung.

Sofern möglich, sollten die numerischen Ergebnisse anhand eines geeigneten statistischen Verfahrens bewertet werden. Hierzu ist eine anerkannte statistische Methode heranzuziehen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendete Tierarten/Tierstamm;

Daten über toxische Reaktionen nach Geschlecht und Dosierung, einschließlich Fruchtbarkeit, Trächtigkeit und Lebensfähigkeit;

Zeitpunkt des Todes während der Studie bzw. Angabe, ob die Tiere bis zur geplanten Tötung bzw. zum Abschluss der Studie überlebten;

Tabelle mit Gewichtsangaben für jeden Wurf, das durchschnittliche Gewicht der Jungtiere sowie das individuelle Gewicht der Jungtiere bei Abschluss der Studie;

toxische oder andere Auswirkungen auf die Reproduktion, die Nachkommenschaft, das postnatale Wachstum usw.;

Zeitpunkt der Beobachtung der jeweiligen Vergiftungssymptome und deren weiterer Verlauf;

Körpergewicht der Tiere der P-Generation;

Sektionsbefunde;

detaillierte Beschreibung der mikroskopischen Befunde;

statistische Auswertung der Ergebnisse, sofern möglich;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.35.   ZWEIGENERATIONENSTUDIE ZUR PRÜFUNG AUF REPRODUKTIONSTOXIZITAT

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 416 (2001).

1.1.   EINLEITUNG

Diese Methode zur Prüfung der Reproduktion über zwei Generationen ist darauf ausgerichtet, allgemeine Informationen über die Auswirkungen einer Prüfsubstanz auf die Integrität und die Leistung des männlichen und weiblichen Fortpflanzungssystems zu liefern; dazu gehören die Funktion der Keimdrüsen, der Östruszyklus, das Paarungsverhalten, die Empfängnis, die Gravidität, der Geburtsvorgang, das Säugen und Entwöhnen sowie das Wachstum und die Entwicklung der Nachkommen. Die Studie kann außerdem Informationen über die Auswirkungen der Prüfsubstanz auf die neonatale Morbidität und Mortalität sowie vorläufige Daten über die prä- und postnatale Entwicklungstoxizität erbringen und als Richtschnur für Anschlussprüfungen dienen. Neben der Untersuchung von Wachstum und Entwicklung der F1-Generation soll diese Prüfmethode des Weiteren dazu dienen, Integrität und Leistung des männlichen und weiblichen Fortpflanzungssystems sowie Wachstum und Entwicklung der F2-Generation zu beurteilen. Im Hinblick auf weitere Informationen über die Entwicklungstoxizität oder Funktionsdefizite können zusätzliche Studiensegmente in dieses Protokoll aufgenommen werden, wobei gegebenenfalls die Methode für die Prüfung auf pränatale Entwicklungstoxizität und/oder die Studie auf Entwicklungsneurotoxizität heranzuziehen sind; diese Endpunkte könnten aber auch mit Hilfe geeigneter Prüfmethoden in gesonderten Studien untersucht werden.

1.2.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfsubstanz wird verschiedenen Gruppen von männlichen und weiblichen Tieren in abgestuften Dosen verabreicht. Männchen der P-Generation (Elterntiere) erhalten die Dosen während des Wachstums und mindestens über einen vollständigen Spermatogenesezyklus hinweg (etwa 56 Tage bei der Maus und 70 Tage bei der Ratte), um etwaige schädigende Wirkungen auf die Spermatogenese zu klären. Auswirkungen auf die Samenzellen werden anhand verschiedener Spermienparameter (beispielsweise Spermienmorphologie und -motilität) und anhand von Gewebepräparaten mit ausführlicher histopathologischer Untersuchung bestimmt. Liegen Daten zur Spermatogenese aus einer früheren Studie mit wiederholter Verabreichung von hinreichender Dauer vor, beispielsweise einer 90-Tage-Studie, müssen Männchen der P-Generation nicht mit in die Beurteilung einbezogen werden. Empfohlen wird allerdings, Proben oder digitale Aufzeichnungen von Spermien der P-Generation für eine eventuelle spätere Beurteilung aufzuheben. Weibchen der P-Generation erhalten die Dosen während des Wachstums und über mehrere vollständige Östruszyklen hinweg, um eventuelle schädigende Auswirkungen auf den normalen Östruszyklus durch die Prüfsubstanz festzustellen. Die Prüfsubstanz wird den Elterntieren (P) während der Verpaarung, während der daraus entstehenden Trächtigkeit und während der Entwöhnung ihrer F1-Nachkommen verabreicht. Nach der Entwöhnung wird die Substanz den F1-Nachkommen während des Wachstums bis zum Erwachsenenalter, während der Paarung und Produktion einer F2-Generation weiter verabreicht, bis die F2-Generation entwöhnt wird.

Bei allen Tieren erfolgen klinische Beobachtungen und pathologische Untersuchungen auf Anzeichen für Toxizität; einen besonderen Schwerpunkt bilden dabei die Auswirkungen auf die Integrität und Leistung des männlichen und weiblichen Fortpflanzungssystems sowie auf das Wachstum und die Entwicklung der Nachkommen.

1.3.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.3.1.   Auswahl der Versuchstierarien

Die bevorzugte Versuchstierart ist die Ratte. Die Verwendung anderer Tierarten ist zu begründen und entsprechende Änderungen sind vorzunehmen. Stämme mit geringer Fruchtbarkeit oder bekannter hoher Häufigkeit von Entwicklungsdefekten sind nicht zu verwenden. Bei Beginn der Studie sollen die Gewichtsunterschiede der Tiere möglichst gering sein und 20 % des geschlechtsspezifischen mittleren Gewichts nicht überschreiten.

1.3.2.   Haltung und Fütterung

Die Temperatur im Versuchstierraum soll 22 oC (± 3 oC) betragen. Obwohl die relative Luftfeuchte wenigstens 30 % betragen sollte und außer bei Reinigung des Raumes 70 % nicht übersteigen sollte, sollte sie vorzugsweise bei 50 bis 60 % liegen. Es ist eine künstliche Beleuchtung vorzusehen, wobei ein Hell-Dunkel-Zyklus von jeweils 12 Stunden eingehalten werden soll. Zur Fütterung kann übliches Laborfutter verwendet werden, und Trinkwasser kann in unbeschränkter Menge gegeben werden. Die Auswahl des Futters kann dadurch beeinflusst werden, dass eine geeignete Beimischung einer Prüfsubstanz gewährleistet werden muss, wenn diese über das Futter verabreicht wird.

Die Tiere können einzeln oder in Käfigen mit kleinen Gruppen von Tieren gleichen Geschlechts untergebracht werden. Die Verpaarung erfolgt in für diesen Zweck geeigneten Käfigen. Wenn Anhaltungspunkte für die stattgefundene Kopulation vorliegen, sind die verpaarten Weibchen jeweils einzeln in Geburtskäfigen oder speziellen Käfigen für Muttertiere zu halten. Ratten können nach der Verpaarung auch in kleinen Gruppen gehalten und einen oder zwei Tage vor der Geburt getrennt werden. Kurz vor der Geburt soll verpaarten Tieren geeignetes und definiertes Material für den Nestbau zur Verfügung gestellt werden.

1.3.3.   Vorbereitung der Tiere

Zu verwenden sind junge gesunde Tiere, die mindestens 5 Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und zuvor nicht für Experimente verwendet wurden. Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und/oder Alter der Versuchstiere sind anzugeben. Geschwisterbeziehungen unter den Tieren sollten bekannt sein, so dass eine Verpaarung von Geschwistern vermieden wird. Die Tiere sind den Kontroll- und Behandlungsgruppen nach dem Zufallsprinzip zuzuordnen (empfohlen wird eine körpergewichtsabhängige Gruppenbildung). Die Käfige sind so aufzustellen, dass etwaige durch den Standort bedingte Auswirkungen möglichst gering sind. Jedes Versuchstier erhält zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer. Für die P-Generation erfolgt dies, bevor mit der Behandlung begonnen wird. Für die F1-Generation wird dies nach Absetzen der Tiere, die für die Verpaarung ausgewählt wurden, durchgeführt. Für alle ausgewählten F1-Tiere sind Aufzeichnungen, aus denen der Wurf, dem sie entstammen, hervorgeht, zu führen. Darüber hinaus wird eine einzelne Kennzeichnung der Jungen so bald wie möglich nach der Geburt empfohlen, wenn ein Wiegen der einzelnen Jungen oder Funktionsprüfungen erwogen werden.

Die Elterntiere (P) sind bei Beginn der Verabreichung etwa 5 bis 9 Wochen alt. Die Tiere aller Testgruppen sollen so weit wie möglich gleiches Gewicht und Alter aufweisen.

1.4.   VERFAHREN

1.4.1.   Anzahl und Geschlecht der Versuchstiere

Jede Prüf- und Kontrollgruppe soll eine ausreichende Anzahl von Tieren umfassen, damit möglichst nicht weniger als 20 trächtige Weibchen, die gebären oder kurz davor stehen, vorhanden sind. Bei Substanzen, die unerwünschte behandlungsbedingte Wirkungen hervorrufen (z. B. Sterilität, übermäßige Toxizität bei hoher Dosis), ist dies unter Umständen nicht möglich. Es sollen genügend trächtige Weibchen vorhanden sein, so dass eine aussagekräftige Bewertung des Potenzials der Substanz, Fruchtbarkeit, Trächtigkeit, Verhalten des Muttertiers und Säugen, Wachstum und Entwicklung der F1-Generation von der Empfängnis bis zur Reife sowie die Entwicklung von deren Nachkommen (F2) bis zur Entwöhnung zu beeinträchtigen, sichergestellt ist. Wird die gewünschte Zahl an trächtigen Tieren (d. h. 20) nicht erreicht, bedeutet dies daher nicht notwendigerweise, dass die Studie invalide ist, dies ist jeweils von Fall zu Fall zu beurteilen.

1.4.2.   Zubereitung der Dosen

Empfohlen wird, die Prüfsubstanz oral (im Futter oder Trinkwasser oder über eine Magensonde) zu verabreichen, sofern nicht eine andere Form (z. B. Auftragen auf die Haut oder Einatmen) für besser geeignet gehalten wird.

Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässerigen Lösung/Suspension, dann eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in einem anderen Vehikel in Betracht zu ziehen. Bei anderen Vehikeln als Wasser müssen dessen toxische Merkmale bekannt sein. Die Stabilität der Prüfsubstanz in dem Vehikel ist zu bestimmen.

1.4.3.   Dosierung

Mindestens drei Dosen und eine entsprechende Kontrolle werden verwendet. Soweit keine Beschränkungen aufgrund der physikalisch-chemischen Beschaffenheit oder der biologischen Wirkungen der Prüfsubstanz bestehen, ist die höchste Dosierung so zu wählen, dass zwar Toxizität, jedoch nicht Tod oder schweres Leiden der Tiere herbeigeführt wird. Im Falle unerwarteter Mortalität wären Studien mit einer Mortalitätsrate von weniger als etwa 10 % bei den Elterntieren (P) normalerweise immer noch annehmbar. Eine absteigende Folge von Dosierungen sollte so ausgewählt werden, dass die Dosisabhängigkeit der Reaktion und ein NOAEL belegt werden können. Dosisintervalle mit dem Faktor 2 bis 4 haben sich für die Festlegung absteigender Dosierungen häufig als optimal erwiesen. Gegenüber der Verwendung sehr großer Intervalle (z. B. mehr als Faktor 10) ist die Hinzunahme einer vierten Testgruppe häufig vorzuziehen. Bei Fütterungsstudien soll der Konzentrationsunterschied nicht mehr als das Dreifache betragen. Bei der Auswahl der Dosen sind vorliegende Toxizitätsdaten, insbesondere Ergebnisse aus Studien mit wiederholter Dosierung, zu berücksichtigen. Vorhandene Informationen über den Stoffwechsel und die Kinetik der Prüfsubstanz oder verwandter Stoffe sind ebenfalls in Betracht zu ziehen. Diese Angaben helfen außerdem, die Angemessenheit des Dosierungsplans nachzuweisen. Die Kontrollgruppe ist eine unbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollen die Tiere der Kontrollgruppe genauso wie die Tiere in den Testgruppen behandelt werden. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten verwendeten Volumen. Wird eine Prüfsubstanz zusammen mit dem Futter verabreicht und führt dies zu einer geringeren Futteraufnahme oder -Verwertung, ist unter Umständen eine paarweise Fütterungskontrolle erforderlich. Alternativ können Daten aus kontrollierten Studien zur Bewertung der Auswirkungen einer verringerten Futteraufnahme auf Reproduktionsparameter anstelle einer gleichzeitigen paarweisen Fütterungskontrolle herangezogen werden.

Zu berücksichtigen sind die folgenden Merkmale des Vehikels und anderer Zusätze: Auswirkungen auf die Absorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Retention der Prüfsubstanz; Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können; ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere.

1.4.4.   Limit-Test

Ergibt eine orale Prüfung mit einer einzigen Dosierung von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag oder bei einer Verabreichung in Futter oder Trinkwasser ein gleichwertiger prozentualer Anteil im Futter oder Trinkwasser nach den für diese Studie beschriebenen Verfahren keine wahrnehmbare Toxizität bei den Elterntieren oder deren Nachkommen und ist aufgrund von Daten struktur- und/oder stoffwechselverwandter Stoffe keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit verschiedenen Dosisabstufungen gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test kann angebracht sein, es sei denn, die Exposition beim Menschen lässt die Prüfung bei einer höheren oralen Dosis angezeigt erscheinen. Bei anderen Arten der Verabreichung, wie z. B. Inhalation oder dermale Applikation, kann die maximal erreichbare Expositionsdosis in vielen Fällen gegebenenfalls durch die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, wie beispielsweise die Löslichkeit, vorbestimmt und somit limitiert sein.

1.4.5.   Verabreichung der Dosen

Den Tieren ist die Prüfsubstanz an 7 Tagen pro Woche zu verabreichen. Die Prüfsubstanz soll möglichst oral (im Futter oder Trinkwasser oder über eine Magensonde) verabreicht werden. Die Verwendung einer anderen Form der Verabreichung ist zu begründen und es sind unter Umständen entsprechende Änderungen vorzunehmen. Allen Tieren sind die Dosen während des entsprechenden Versuchszeitraums nach derselben Methode zu verabreichen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, ist eine Magensonde zu verwenden. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht wird, soll 1 ml/100 g Körpergewicht (maximal 0,4 ml/100 g Körpergewicht bei Maisöl) nicht übersteigen; bei wässrigen Lösungen können 2 ml/100 g Körpergewicht verabreicht werden. Außer für reizende oder ätzende Stoffe, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine Verschlimmerung der Wirkungen hervorrufen, soll die Veränderlichkeit des Prüfvolumens durch die Dosierung möglichst gering gehalten werden, um ein konstantes Volumen bei allen Dosen zu gewährleisten. Bei Studien, bei denen die Prüfsubstanz über eine Magensonde verabreicht wird, erhalten die Jungtiere die Prüfsubstanz im Normalfall nur indirekt über die Milch, bis für sie die direkte Verabreichung bei ihrer Entwöhnung beginnt. Bei Studien, bei denen die Prüfsubstanz über das Futter oder Trinkwasser verabreicht wird, erhalten die Jungtiere außerdem die Prüfsubstanz direkt, wenn sie selbst in der letzten Woche der Laktationszeit zu fressen beginnen.

Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz den normalen Nahrungs- oder Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, kann entweder auf eine konstante Futterkonzentration (ppm) oder eine konstante Dosierung im Verhältnis zum Körpergewicht des Versuchstiers geachtet werden. Welche Methode angewandt wird, ist zu spezifizieren. Eine mit einer Magensonde verabreichte Dosis soll jeweils zu denselben Tageszeiten gegeben und mindestens einmal pro Woche so angepasst werden, dass eine konstante Dosis im Verhältnis zum Körpergewicht aufrechterhalten wird. Bei einer Anpassung der über die Magensonde verabreichten Dosis an das Gewicht sind Informationen über die Verteilung in der Plazenta zu berücksichtigen.

1.4.6.   Versuchsablauf

Die Verabreichung der täglichen Dosis an die Männchen und Weibchen der Elterngeneration (P) beginnt, wenn diese zwischen 5 und 9 Wochen alt sind. Die Verabreichung der täglichen Dosis an die Männchen und Weibchen der F1-Generation beginnt bei der Entwöhnung; nicht vergessen werden sollte, dass bei einer Verabreichung der Prüfsubstanz über das Futter oder Trinkwasser F1-Nachkommen möglicherweise der Prüfsubstanz bereits während der Säugezeit unmittelbar ausgesetzt werden. Bei beiden Geschlechtern (P- und F1-Generation) wird die Verabreichung über einen Zeitraum von mindestens 10 Wochen vor der Paarungszeit durchgeführt. Die Verabreichung wird bei beiden Geschlechtern während der 2-wöchigen Paarungszeit fortgesetzt. Die Männchen sind, wenn sie für die Beurteilung der Auswirkungen auf die Fortpflanzung nicht mehr benötigt werden, auf humane Weise zu töten und zu untersuchen. Bei den Weibchen der Elterngeneration (P) wird die Verabreichung während der Gravidität bis zur Entwöhnung der F1-Nachkommen fortgesetzt. Gegebenenfalls sind Änderungen am Dosierungsplan vorzunehmen aufgrund von vorliegenden Informationen über die Prüfsubstanz, wie z. B. vorhandene Toxizitätsdaten, Induktion des Stoffwechsels oder Bioakkumulation. Die Dosis für einzelne Tiere beruht normalerweise auf deren zuletzt bestimmtem Körpergewicht. Vorsicht ist allerdings bei der Anpassung der Dosis im letzten Trimester der Gravidität geboten.

Die Behandlung der Männchen und Weibchen der P- und F1-Generation wird fortgesetzt, bis die Tiere getötet werden. Alle ausgewachsenen Männchen und Weibchen der P- und F1-Generation werden auf humane Weise getötet, wenn sie zur Beurteilung der Auswirkungen auf die Fortpflanzung nicht mehr benötigt werden. F1-Nachkommen, die nicht für die Verpaarung ausgewählt werden, und alle F2-Nachkommen werden nach der Entwöhnung auf humane Weise getötet.

1.4.7.   Verpaarung

1.4.7.1.   Verpaarung der Elterngeneration (P)

Für die Verpaarung wird jedes Weibchen zusammen mit einem Männchen, das die gleiche Dosierung erhallen hat (1:1-Paarung), zusammengebracht, bis es zur Kopulation kommt beziehungsweise ein Zeitraum von 2 Wochen verstrichen ist. Die Weibchen werden täglich auf vorhandene Spermien oder Vaginalpfropfen hin untersucht. Der Tag 0 der Trächtigkeit ist definiert als der Tag, an dem ein Vaginalpfropf oder Spermien gefunden werden. Bei einer erfolglosen Verpaarung kann gegebenenfalls die erneute Verpaarung von Weibchen mit bewährten Männchen der gleichen Gruppe erwogen werden. Miteinander verpaarte Paare sind in den Daten eindeutig zu kennzeichnen. Eine Verpaarung von Geschwistern ist zu vermeiden.

1.4.7.2.   Verpaarung der F1-Generation

Bei der Verpaarung der F1-Nachkommen werden mindestens ein Männchen und ein Weibchen zum Zeitpunkt der Entwöhnung aus jedem Wurf zur Verpaarung mit Jungtieren, die die gleiche Dosis erhalten haben, jedoch aus einem anderen Wurf stammen, für die Zeugung der F2-Generation ausgewählt. Die Auswahl der Jungtiere aus jedem Wurf erfolgt nach dem Zufallsprinzip, wenn sich die Tiere eines Wurfs in Bezug auf Körpergewicht oder Erscheinungsbild nicht nennenswert voneinander unterscheiden. Werden solche Unterschiede beobachtet, sind aus jedem Wurf die besten Vertreter auszuwählen. Pragmatisch erfolgt dies am besten anhand des Körpergewichts, unter Umständen kann jedoch das Erscheinungsbild besser geeignet sein. Eine Verpaarung der F1-Nachkommen soll erst dann erfolgen, wenn sie die volle Geschlechtsreife erreicht haben.

Bei Paaren ohne Nachkommen ist, soweit möglich, die Ursache der Unfruchtbarkeit zu ermitteln. Dazu können Verfahren wie zusätzliche Verpaarungsgelegenheiten mit anderen bewährten Vater- oder Muttertieren, eine mikroskopische Untersuchung der Fortpflanzungsorgane und die Untersuchung der Östruszyklen oder der Spermatogenese eingesetzt werden.

1.4.7.3.   Zweite Verpaarung

Unter gewissen Umständen wie z. B. bei behandlungsbedingten Veränderungen an der Wurfgröße oder der Beobachtung unklarer Auswirkungen bei der ersten Verpaarung wird eine zweite Verpaarung der ausgewachsenen P- oder F1-Tiere empfohlen, um einen zweiten Wurf zu produzieren. Empfohlen wird, Weibchen oder Männchen, die keinen Wurf gezeugt haben, mit Tieren des jeweils anderen Geschlechts erneut zu verpaaren, die ihre Fortpflanzungsfähigkeit unter Beweis gestellt haben. Wird ein zweiter Wurf in einer Generation für notwendig befunden, sind die Tiere etwa eine Woche nach der Entwöhnung des letzten Wurfs erneut zu verpaaren.

1.4.7.4.   Wurfgröße

Man lässt die Tiere normal werfen und ihre Nachkommen bis zur Entwöhnung aufziehen. Wahlweise kann eine Standardisierung der Wurfgrößen vorgenommen werden. Sofern standardisiert wird, ist das dabei verwendete Verfahren im Einzelnen zu beschreiben.

1.5.   BEOBACHTUNGEN

1.5.1.   Klinische Beobachtungen

Allgemeine klinische Beobachtungen sind einmal täglich vorzunehmen; wird die Dosis über die Magensonde verabreicht, ist der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis bei der Wahl des Zeitpunkts zu berücksichtigen. Änderungen am Verhalten, Anzeichen für eine schwere oder langwierige Geburt sowie alle Anzeichen für Toxizität sind zu protokollieren. Darüber hinaus ist jedes Tier mindestens einmal pro Woche gründlicher zu untersuchen, dies kann beim Wiegen des Tiers erfolgen. Zweimal pro Tag, am Wochenende einmal täglich, soweit zutreffend, sind alle Tiere auf Morbidität und Mortalität zu überprüfen.

1.5.2.   Körpergewicht und Futter-/Wasseraufnahme der Elterntiere

Die Elterntiere (P und F1) werden am ersten Tag der Verabreichung und anschließend mindestens einmal pro Woche gewogen. Weibchen der Elterngeneration (P und F1) werden mindestens an den Graviditätstagen 0, 7, 14 und 20 oder 21 und während der Laktationszeit an den gleichen Tagen wie die Würfe sowie an dem Tag gewogen, an dem die Tiere getötet werden. Diese Beobachtungen sind für jedes ausgewachsene Tier einzeln zu protokollieren. In der Zeit vor der Verpaarung und während der Gravidität ist die Futteraufnahme mindestens einmal pro Woche zu messen. Sofern die Prüfsubstanz im Wasser verabreicht wird, ist die Wasseraufnahme zumindest einmal pro Woche zu messen.

1.5.3   Östruszyklus

Bei den Weibchen der Generation P und F1 werden Länge und normaler Verlauf des Östruszyklus mit Hilfe von Vaginalabstrichen vor der Verpaarung und optional während der Verpaarung beurteilt, bis Anhaltspunkte für eine stattgefundene Besamung gefunden werden. Vaginal-/Zervixzellen sind vorsichtig zu entnehmen, damit die Schleimhäute nicht gestört und dadurch anschließend eine Scheinträchtigkeit hervorgerufen wird (1).

1.5.4.   Spermienparameter

Bei allen Männchen der P- und F1-Generation wird das Gewicht von Hoden und Nebenhoden protokolliert, jeweils ein Organ wird für eine histopathologische Untersuchung konserviert (siehe 1.5.7 und 1.5.8.1). Von einer Teilmenge von mindestens 10 Männchen jeder Gruppe von P- und F1-Männchen werden die übrigen Hoden und Nebenhoden zur Zählung der homogenisierungsresistenten Spermatiden beziehungsweise der Spermien aus den Samenspeichern im Nebenhodenschwanz verwendet. Bei derselben Teilmenge von Männchen werden Spermien aus dem Nebenhodenschwanz oder dem Samenleiter zur Beurteilung von Spermienmotilität und -morphologie entnommen. Werden behandlungsbedingte Auswirkungen beobachtet oder liegen Anhaltspunkte für mögliche Auswirkungen auf die Spermatogenese aus anderen Studien vor, ist die Spermienuntersuchung an allen Männchen jeder Dosisgruppe durchzuführen; andernfalls kann die Zählung auf die P- und F1-Männchen der Kontrollgruppe und der Gruppe mit der hohen Prüfsubstanzdosis beschränkt werden.

Die Gesamtanzahl an homogenisierungsresistenten Hodenspermatiden und Spermien aus dem Nebenhodenschwanz ist zu bestimmen (2) (3). Samenspeicher im Nebenhodenschwanz lassen sich anhand von Spermienkonzentration und -volumen in der Suspension, die zur Vervollständigung der qualitativen Beurteilungen verwendet wird, und der Anzahl der Spermien ableiten, die bei der anschließenden Zerkleinerung und/oder Homogenisierung des restlichen Nebenhodenschwanzgewebes gewonnen werden. Die Zählung ist an der ausgewählten Teilmenge von Männchen aus allen Dosisgruppen unmittelbar nach der Tötung der Tiere vorzunehmen, ausgenommen es werden Videobilder oder digitale Aufzeichnungen gemacht oder die Proben werden eingefroren und später analysiert. Unter diesen Umständen können die Kontrolltiere und die Gruppe mit der hohen Dosierung zuerst analysiert werden. Werden keine behandlungsbedingten Auswirkungen (z. B. Auswirkungen auf Spermienzahl, -motilität oder -morphologie) festgestellt, brauchen die anderen Dosierungsgruppen nicht untersucht zu werden. Sind bei der Gruppe mit der hohen Dosierung behandlungsbedingte Auswirkungen festzustellen, dann sind auch die Gruppen mit den niedrigen Dosierungen zu beurteilen.

Die Motilität von Nebenhodenspermien (oder Spermien aus dem Samenleiter) ist unmittelbar nach der Tötung zu beurteilen oder auf Video aufzunehmen. Bei der Gewinnung der Spermien ist darauf zu achten, dass diese so wenig wie möglich geschädigt werden; für die Motilitätsanalyse sind die Spermien nach anerkannten Verfahren zu verdünnen (4). Der prozentuale Anteil an progressiv motilen Spermien ist subjektiv oder objektiv zu bestimmen. Bei einer computerunterstützten Spermienbewegungsanalyse (5) (6) (7) (8) (9) (10) beruht die Ableitung der progressiven Motilität auf benutzerdefinierten Schwellen für die durchschnittliche Streckengeschwindigkeit und Direktheit oder einem linearen Index. Werden zum Zeitpunkt der Sektion die Proben auf Video (11) aufgenommen oder die Bilder auf andere Weise aufgezeichnet, kann die Analyse der P- und F1-Männchen der Kontrollgruppe und der Gruppe, der die hohe Dosis verabreicht wurde, anschließend vorgenommen werden, es sei denn, behandlungsbedingte Auswirkungen wurden beobachtet; in diesem Fall sind auch die Gruppen mit den niedrigeren Dosierungen zu beurteilen. Liegt kein Video- oder digitales Bildmaterial vor, sind alle Proben aus allen Behandlungsgruppen bei der Sektion zu analysieren.

An einer Probe von Nebenhodenspermien (oder Spermien aus dem Samenleiter) ist eine morphologische Untersuchung durchzuführen. Dabei sind die Spermien (mindestens 200 je Probe) als fixierte Nasspräparate (12) zu untersuchen und als normal oder abnorm zu klassifizieren. Beispiele für morphologische Spermienabnormitäten sind Verschmelzungen, isolierte Köpfe und missgebildete Köpfe und/oder Schwänze. Die Untersuchungen sind an der ausgewählten Teilmenge von Männchen aller Dosisgruppen entweder unmittelbar nach der Tötung der Tiere oder zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen, sofern Videobilder oder digitale Aufzeichnungen vorliegen. Fixierte Abstriche können ebenfalls später ausgewertet werden. Unter diesen Umständen können die Kontrolltiere und die Gruppe mit der hohen Dosierung zuerst analysiert werden. Werden keine behandlungsbedingten Auswirkungen (z. B. Auswirkungen auf die Spermienmorphologie) festgestellt, brauchen die anderen Dosierungsgruppen nicht untersucht zu werden. Sind bei der Gruppe mit der hohen Dosierung behandlungsbedingte Auswirkungen festzustellen, dann sind auch die Gruppen mit den niedrigen Dosierungen zu beurteilen.

Wurden oben genannte Spermienparameter bereits im Rahmen einer systemischen Toxizitätsstudie von einer Dauer von mindestens 90 Tagen untersucht, kann auf eine Wiederholung in der Zweigenerationenstudie verzichtet werden. Empfohlen wird allerdings, Proben oder digitale Aufzeichnungen von Spermien der P-Generation für eine eventuell später erforderliche Beurteilung aufzuheben.

1.5.5.   Nachkommen

Jeder Wurf ist so bald wie möglich nach der Geburt (Laktationstag 0) zu untersuchen, um Anzahl und Geschlecht der Jungtiere, Tot- und Lebendgeburten sowie eventuell vorhandene makroskopische Anomalien festzustellen. Jungtiere, die am Tag 0 tot aufgefunden werden und noch nicht mazeriert sind, sind möglichst auf Defekte und die Todesursache zu untersuchen und zu konservieren. Lebende Jungtiere sind zu zählen und jeweils einzeln bei der Geburt (Laktationstag 0) oder am Tag 1 und danach regelmäßig z. B. am Laktationstag 4, 7, 14 und 21 zu wiegen. Beobachtete körperliche oder Verhaltensabnormitäten bei den Muttertieren oder Nachkommen sind zu protokollieren.

Die körperliche Entwicklung der Nachkommen ist in der Hauptsache anhand der Körpergewichtszunahme festzuhalten. Andere körperliche Parameter (z. B. Öffnung von Ohren und Augen, Zahndurchbruch, Haarwachstum) können zwar zusätzliche Informationen bieten, diese Daten sind aber möglichst im Zusammenhang mit Daten zur Geschlechtsreife zu bewerten (z. B. Alter und Körpergewicht zum Zeitpunkt der Vaginalöffnung oder der Balano-Präputial-Separation) (13). Funktionelle Untersuchungen der F1-Nachkommen (z. B. Motorik, Sensorik und Reflexontogenese) vor und/oder nach der Entwöhnung, insbesondere solche, die mit der Geschlechtsreife in Zusammenhang stehen, werden empfohlen, sofern derartige Untersuchungen nicht Bestandteil gesonderter Studien sind. Bei entwöhnten F1-Tieren, die für die Verpaarung ausgewählt wurden, ist das Alter zum Zeitpunkt der Vaginalöffnung und der Präputial-Separation zu bestimmen. Bei F2-Nachkommen ist der Anogenitalabstand am Tag 0 nach der Geburt zu messen, wenn Veränderungen am Verhältnis der Geschlechter in der F1-Generation oder dem Zeitpunkt der Geschlechtsreife aufgetreten sind.

Bei Gruppen, die ansonsten eindeutige Anzeichen für schädigende Auswirkungen aufweisen (z. B. signifikante Verminderung der Gewichtszunahme usw.), kann von funktionellen Beobachtungen Abstand genommen werden. Sofern funktionelle Untersuchungen erfolgen, sind sie nicht an den Jungtieren vorzunehmen, die für die Verpaarung ausgewählt wurden.

1.5.6.   Nekropsie

Bei der Tötung oder bei vorzeitigem Tod im Verlauf der Studie werden alle Elterntiere (P und F1) und alle Jungtiere mit äußeren Abnormitäten oder klinischen Anzeichen sowie jeweils ein nach dem Zufallsprinzip ausgewähltes Jungtier/Geschlecht/Wurf sowohl aus der F1- als auch aus der F2-Generation makroskopisch auf strukturelle Abnormitäten oder pathologische Veränderungen untersucht. Besondere Beachtung ist dabei den Fortpflanzungsorganen zu schenken. Auf humane Weise getötete moribunde Jungtiere und noch nicht mazerierte tote Jungtiere werden auf mögliche Defekte und/oder die Todesursache untersucht und konserviert.

Die Gebärmutter aller erstgebärenden Weibchen wird auf Vorhandensein und Anzahl von Implantationsstellen in einer Weise untersucht, die keine Auswirkungen auf die histopathologische Bewertung hat.

1.5.7.   Organgewichte

Bei der Tötung werden das Körpergewicht und das Gewicht der folgenden Organe bei allen P- und F1-Elterntieren bestimmt (paarweise vorhandene Organe sind einzeln zu wiegen):

Uterus; Ovarien,

Hoden und Nebenhoden (gesamt und Schwanzteil),

Prostata,

Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen und deren Flüssigkeiten und Prostata (als eine Einheit),

Gehirn, Leber, Nieren, Milz, Hypophyse, Schilddrüse und Nebennieren sowie bekannte Zielorgane.

Bei den F1- und F2-Jungtieren, die für die Nekropsie ausgewählt werden, ist das Körpergewicht bei der Tötung zu bestimmen. Das Gewicht folgender Organe ist an je einem Jungtier/Geschlecht/Wurf (siehe 1.5.6) zu bestimmen, das nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wurde: Gehirn, Milz und Thymusdrüse.

Die Ergebnisse der Nekropsie und die Organgewichte sind, sofern möglich, im Zusammenhang mit Beobachtungen aus anderen Studien mit wiederholter Exposition zu bewerten.

1.5.8.   Histopathologische Untersuchungen

1.5.8.1.   Elterntiere

Die folgenden Organe und Gewebe von Elterntieren (P und Fl) beziehungsweise repräsentative Proben hiervon sind für die histopathologische Untersuchung zu fixieren und in einem geeigneten Medium aufzubewahren:

Vagina, Uterus mit Zervix, Ovarien (konserviert in einem geeigneten Fixativ),

ein Hoden (konserviert in Bouinschem Fixiermittel oder einem vergleichbaren Fixativ), ein Nebenhoden, Samenbläschen, Prostata und Koagulationsdrüse,

zuvor ermittelte(s) Zielorgan(e) von allen P- und F1-Tieren, die für die Verpaarung ausgewählt wurden.

Eine vollständige histopathologische Untersuchung der oben genannten konservierten Organe und Gewebe ist bei allen P-und F1-Tieren aus der Gruppe mit der hohen Dosis und der Kontrollgruppe durchzuführen, die für die Verpaarung ausgewählt wurden. Die Untersuchung der Ovarien der P-Tiere kann wahlweise durchgeführt werden. Organe, bei denen man behandlungsbedingte Veränderungen feststellt, sind auch bei Tieren aus den Gruppen mit der niedrigen und mittleren Dosis zu untersuchen, um bei der Ermittlung des NOAEL zu helfen. Des weiteren sind die Fortpflanzungsorgane von Tieren mit der niedrigen und der mittleren Dosis, die im Verdacht einer verringerten Fertilität stehen, einer histopathologischen Untersuchung zu unterziehen, beispielsweise die Tiere, die sich nicht gepaart haben, die nicht empfangen oder gezeugt oder gesunde Nachkommen geboren haben oder bei denen die Regelmäßigkeit des Östruszyklus oder die Spermienanzahl, -motilität oder -morphologie beeinträchtigt waren. Alle makroskopischen Läsionen wie Atrophien oder Tumore sind zu untersuchen.

An den Hoden ist eine eingehende histopathologische Untersuchung vorzunehmen (z. B. Verwendung des Bouinschen Fixiermittels, Einbettung in Paraffin und transversale Schnitte von 4 bis 5 μm Dicke), um behandlungsbedingte Auswirkungen wie Retention von Spermatiden, fehlende Keimzellenschichten oder -typen, mehrkernige Riesenzellen oder die Ablösung von spermatogenen Zellen in das Lumen festzustellen (14). Bei der Untersuchung des intakten Nebenhodens sind Kopf, Körper und Schwanz mit einzubeziehen; dies kann durch Beurteilung eines Längsschnitts erfolgen. Der Nebenhoden ist auf die Infiltration mit Leukozyten, Veränderungen in der Prävalenz von Zelltypen, aberrante Zellarten und Phagozytose von Spermien zu untersuchen. Für die Untersuchung der männlichen Fortpflanzungsorgane kann eine PAS- und Hämatoxylinfärbung verwendet werden.

Nach Absetzen der Jungtiere sollte der Eierstock Primordialfollikel und wachsende Follikel sowie die großen Gelbkörper der Laktationsperiode enthalten. Bei der histopathologischen Untersuchung sollte die Abnahme der Primordialfollikel qualitativ erfasst werden. Bei den F1-Weibchen ist eine quantitative Beurteilung der Primordialfollikel vorzunehmen; die Anzahl der Tiere, die Auswahl der Eierstockquerschnitte und die Querschnittprobengröße sollten dabei für das herangezogene Bewertungsverfahren statistisch angemessen sein. Untersucht wird unter anderem die Anzahl der Primordialfollikel, die mit kleinen wachsenden Follikeln zusammengenommen werden können; dabei werden die Eierstöcke von behandelten Tieren und Kontrolltieren miteinander verglichen (15) (16) (17) (18) (19).

1.5.8.2.   Entwöhnte Tiere

Makroskopisch abnorme Gewebe und Zielorgane von allen Jungtieren mit äußerlich sichtbaren Abnormitäten oder klinischen Anzeichen sowie von je einem nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Jungtier/Geschlecht/Wurf aus der F1- und der F2-Generation, die nicht für die Paarung ausgewählt wurden, werden für die histopathologische Untersuchung fixiert und in einem geeigneten Medium aufbewahrt. An dem konservierten Gewebe ist eine vollständige histopathologische Untersuchung durchzuführen, wobei besonderes Schwergewicht auf die Fortpflanzungsorgane gelegt wird.

2.   DATEN

2.1.   VERARBEITUNG DER ERGEBNISSE

Die Daten sind jeweils einzeln zu protokollieren und in tabellarischer Form zusammenzufassen; dabei werden für jede Prüfgruppe und für jede Generation die Anzahl der Tiere zu Beginn der Prüfung, die Anzahl der während der Prüfung tot aufgefundenen Tiere beziehungsweise der aus humanen Gründen getöteten Tiere, der jeweilige Zeitpunkt des Todes beziehungsweise der Tötung, die Anzahl der fruchtbaren Tiere, die Anzahl der trächtigen Weibchen, die Anzahl der Tiere mit Anzeichen von Toxizität, eine Beschreibung der beobachteten Anzeichen von Toxizität, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen eingetreten sind, deren Dauer und Schweregrad, die Arten von Beobachtungen an Elterntieren und Nachkommen, die Arten von histopathologischen Veränderungen und alle relevanten Daten zu den Würfen angegeben.

Zur Auswertung der numerischen Ergebnisse wird ein allgemein anerkanntes statistisches Verfahren angewendet; die statistischen Verfahren sind im Rahmen der Studienplanung auszuwählen und zu begründen. Für die Analyse der Daten können Verfahren zur Modellierung der Dosis-Wirkungs-Beziehung hilfreich sein. Der Bericht sollte hinreichende Informationen über das herangezogene Analyseverfahren und das verwendete Computerprogramm beinhalten, so dass ein unabhängiger Überprüfer/Statistiker die Analyse nachbewerten und nachvollziehen kann.

2.2.   BEWERTUNG DER ERGEBNISSE

Die Befunde dieser Zweigenerationenstudie zur Reproduktionstoxizität sind im Hinblick auf die beobachteten Wirkungen, einschließlich Nekropsie- und Mikroskopiebefunde, zu bewerten. Die Bewertung beinhaltet den vorhandenen beziehungsweise nicht vorhandenen Zusammenhang zwischen der Prüfsubstanzdosis und vorhandenen beziehungsweise nicht vorhandenen Abnormitäten sowie deren Häufigkeit und Schwere, einschließlich der makroskopischen Läsionen, identifizierten Zielorgane, beeinträchtigten Fertilität, klinischen Abnormitäten, beeinträchtigten Reproduktions- und Wurfleistungen, Körpergewichtsveränderungen, Auswirkungen auf die Mortalität und etwaige sonstige toxische Auswirkungen. Die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und Daten zur Toxikokinetik, soweit verfügbar, sind bei der Bewertung der Prüfergebnisse zu berücksichtigen.

Aus einer ordnungsgemäß durchgeführten Prüfung der Reproduktionstoxizität sollte der NOAEL in angemessener Weise abgeschätzt werden können und sollten schädigende Wirkungen auf Reproduktion, Geburtsvorgang, Laktation, postnatale Entwicklung einschließlich Wachstum und Geschlechtsentwicklung klar werden.

2.3.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Eine Zweigenerationenstudie zur Reproduktionstoxizität liefert Informationen über die Auswirkungen einer wiederholten Exposition gegenüber einem Stoff während aller Phasen des Reproduktionszyklus. Die Studie vermittelt insbesondere Informationen über die Reproduktionsparameter sowie über Entwicklung, Wachstum, Reifung und Überleben der Nachkommen. Die Ergebnisse der Studie sind in Verbindung mit Befunden aus Studien zur subchronischen Toxizität, pränatalen Entwicklungstoxizität und Toxikokinetik sowie anderen vorliegenden Studien zu interpretieren. Die Ergebnisse dieser Studie können bei der Beurteilung der Frage, ob Bedarf an einer weiteren Prüfung einer Chemikalie besteht, herangezogen werden. In gewissem Grad ist auch eine Extrapolation der Studienergebnisse auf den Menschen zulässig. Sie sind am besten für Informationen über NOAEL-Werte und zulässige Expositionen für den Menschen zu verwenden (20) (21) (22) (23).

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

 

Prüfsubstanz:

physikalische Beschaffenheit und, soweit relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften,

Daten zur Identifikation;

Reinheit.

 

Vehikel (sofern zutreffend):

Begründung der Wahl des Vehikels, sofern nicht Wasser verwendet wurde.

 

Versuchstiere:

Art und Stamm;

Zahl, Alter und Geschlecht der Tiere;

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter, Material für den Nestbau usw.;

Einzelgewicht der Tiere zu Beginn der Prüfung.

 

Prüfbedingungen:

Begründung der Wahl der Dosisabstufung;

nähere Angaben zur Prüfsubstanzformulierung/Futterzubereitung, erreichte Konzentrationen;

Stabilität und Homogenität der Zubereitung;

Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;

Umrechnung der Prüfsubstanzkonzentration in Futter/Trinkwasser (ppm) auf die tatsächliche Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag), soweit zutreffend;

Einzelheiten zur Futter- und Wasserqualität.

 

Ergebnisse:

Futter- und Wasseraufnahme, soweit vorhanden, Futtereffizienz (Zunahme des Körpergewichts je Gramm aufgenommenes Futter) und Prüfsubstanzaufnahme bei P- und F1-Tieren, ausgenommen in der Zeit der Kohabitation und mindestens des letzten Drittels der Laktationszeit;

Absorptionsdaten, soweit vorhanden;

Körpergewichtsdaten für P- und F1-Tiere, die für die Verpaarung ausgewählt wurden;

Gewichtsdaten für Wurf und Jungtiere;

Körpergewicht bei Tötung sowie absolute und relative Organgewichtsdaten für die Elterntiere;

Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität);

Zeitpunkt des Todes im Verlauf der Studie oder Angabe, ob Tiere bis zum Schluss überlebt haben;

Angaben zur geschlechts- und dosisspezifischen toxischen Reaktion, einschließlich Indizes zu Verpaarung, Fertilität, Gravidität, Geburt, Lebensfähigkeit und Laktation; der Bericht beinhaltet die Zahlen, die bei der Berechnung dieser Indizes verwendet wurden;

toxische oder sonstige Wirkungen auf Reproduktion, Nachkommen, postnatales Wachstum usw.;

Sektionsbefunde;

ausführliche Beschreibung aller histopathologischen Befunde;

Anzahl der P- und F1-Weibchen mit normalem Zyklusverlauf und Zykluslänge;

Gesamtanzahl von Spermien im Nebenhodenschwanz, progressiv motile Spermien in Prozent, morphologisch normale Spermien in Prozent und abnorme Spermien in Prozent mit Angabe der jeweiligen festgestellten Abnormität;

Zeit bis zur Besamung, einschließlich Anzahl Tage bis zur Besamung;

Graviditätslänge;

Anzahl Implantationen, Gelbkörper, Wurfgröße;

Anzahl Lebendgeburten und Postimplantationsverluste;

Anzahl Jungtiere mit makroskopisch erkennbaren Abnormitäten; sofern ermittelt, ist die Anzahl der Kümmerlinge eines Wurfs anzugeben;

Daten zu physischen Entwicklungsmerkmalen bei Jungtieren und sonstige Daten zur postnatalen Entwicklung, physische Entwicklungsmerkmale, die erhoben wurden, sind zu begründen;

Daten zu funktionellen Beobachtungen an Jungtieren und Erwachsenen, soweit machbar;

statistische Bearbeitung der Ergebnisse, soweit angebracht.

 

Diskussion der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen einschließlich NOAEL-Werte für Auswirkungen bei Elterntieren und Nachkommen.

4.   LITERATURHINWEISE

(l)

Sadleir, R.M.F.S. (1979). Cycles and Seasons, In: Reproduction in Mammals: I. Germ Cells and Fertilization, C.R. Auston and R.V. Short (eds.), Cambridge, New York.

(2)

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(3)

Robb, G.W. et al. (1978). Daily Sperm Production and Epididymal Sperm Reserves of Pubertal and Adult Rats. Journal of Reproduction and Fertility 54, 103-107.

(4)

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Slott, V.L. et al. (1991). Rat Sperm Motility Analysis: Methodologic Considerations. Reproductive Toxicology 5, 449-458.

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Slott, V.L. and Perreault, S.D., (1993). Computer-Assisted Sperm Analysis of Rodent Epididymal Sperm Motility Using the Hamilton-Thorn Motility Analyzer. In: Methods in Toxicology, Part A., Academic, Orlando, Florida, 319-333.

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Toth, G.P. et al. (1989). The Automated Analysis of Rat Sperm Motility Following Subchronic Epichlorhydrin Administration: Methodologic and Statistical Considerations. Journal of Andrology 10, 401-415.

(11)

Working, P.K. and M. Hurtt (1987). Computerized Videomicrographic Analysis of Rat Sperm Motility. Journal of Andrology 8, 330-337.

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Linder, R.E. et al. (1992). Endpoints of Spermatoxicity in the Rat After Short Duration Exposures to Fourteen Reproductive Toxicants. Reproductive Toxicology 6, 491-505.

(10) (13)

Korenbrot, C.C. et al. (1977). Preputial Separation as an External Sign of Pubertal Development in the Male Rat. Biological Reproduction 17, 298303.

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Russell, L.D. et al. (1990). Histological and Histopathological Evaluation of the Testis, Cache River Press, Clearwater, Florida.

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Heindel, J.J. and R.E. Chapin, (eds.) (1993). Part B. Female Reproductive Systems, Methods in Toxicology, Academic, Orlando, Florida.

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Manson, J.M. and Y.J. Kang (1989). Test Methods for Assessing Female Reproductive and Developmental Toxicology. In: Principles and Methods of Toxicology, A.W. Hayes (ed.), Raven, New York.

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Smith, B.J. et al. (1991). Comparison of Random and Serial Sections in Assessment of Ovarian Toxicity. Reproductive Toxicology 5, 379-383.

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Heindel, J.J. (1999). Oocyte Quantitation and Ovarian Histology. In: An Evaluation and Interpretation of Reproductive Endpoints for Human Health Risk Assessment, G. Daston, and C.A. Kimmel, (eds.), ILSI Press, Washington, DC.

(20)

Thomas, J. A. (1991). Toxic Responses of the Reproductive System. In: Casarett and Doull's Toxicology, M.O. Amdur, J. Doull, and C.D. Klaassen (eds.), Pergamon, New York.

(21)

Zenick, H. and E.D. Clegg (1989). Assessment of Male Reproductive Toxicity: A Risk Assessment Approach. In: Principles and Methods of Toxicology, A.W. Hayes (ed.), Raven Press, New York.

(22)

Palmer, A.K. (1981). In: Developmental Toxicology, Kimmel, C.A. and J. Buelke-Sam (eds.), Raven Press, New York.

(23)

Palmer, A.K. (1978). In Handbook of Teratology, Vol. 4, J.G. Wilson and F.C. Fraser (eds.), Plenum Press, New York.

B.36.   TOXIKOKINETIK

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird auf einem geeigneten Weg verabreicht. Je nach Zweck der Untersuchung kann die Substanz einmalig oder in bestimmten Zeitabständen wiederholter Dosierung einer oder mehreren Gruppen von Versuchstieren verabreicht werden. Anschließend werden je nach Art der Untersuchung die Substanz und/oder ihre Metaboliten in den Körperflüssigkeiten, Gewebe und/oder Ausscheidungen bestimmt.

Die Untersuchungen können mit ‚unmarkierter‘ oder ‚markierter‘ Prüfsubstanz erfolgen. Wird eine radioaktive Markierung verwendet, sollte sie in der Substanz in der Form enthalten sein, dass sie möglichst viele Informationen über das Schicksal der Verbindung liefert.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Gesunde, junge, ausgewachsene Tiere werden mindestens 5 Tage vor dem Versuch an die Laborbedingungen akklimatisiert. Vor Beginn des Versuchs werden die Tiere randomisiert und in Behandlungsgruppen eingeteilt. Für bestimmte Fragestellungen können sehr junge, trächtige oder vorbehandelte Tiere verwendet werden.

Versuchsbedingungen

Versuchstiere

Toxikokinetische Untersuchungen können an einer oder mehreren geeigneten Tierarten durchgeführt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob diese Tierarten in anderen toxikologischen Untersuchungen mit der gleichen Substanz verwendet wurden oder verwendet werden sollen. Dienen Nager als Versuchstiere, sollten die Gewichtsschwankungen ± 20 % vom Durchschnittsgewicht nicht überschreiten.

Anzahl und Geschlecht

Für die Untersuchungen zu Absorption und Exkretion sollte jede Dosierungsgruppe zu Beginn 4 Tiere umfassen. Eine geschlechtsspezifische Auswahl ist nicht erforderlich, doch kann es unter bestimmten Umständen notwendig sein, beide Geschlechter zu untersuchen. Treten geschlechtsspezifische Unterschiede auf, sollten vier Tiere beider Geschlechter untersucht werden. Bei Untersuchungen an Nicht-Nagern reicht auch eine geringere Anzahl von Tieren aus.

Für die Untersuchung zur Verteilung sollten bei der Festlegung der anfänglichen Gruppengröße sowohl die Anzahl der zu den verschiedenen Untersuchungszeitpunkten zu tötenden Tiere als auch die Anzahl der Untersuchungszeitpunkte berücksichtigt werden. Für die Untersuchung zum Metabolismus ist die Zahl der Tiere pro Gruppe entsprechend zu erhöhen. Bei Untersuchungen mit mehreren Dosierungen und mehreren Untersuchungszeitpunkten sind bei der Festlegung der Zahl der Tiere die Anzahl der Untersuchungszeitpunkte und geplanten Tötungen zu berücksichtigen. Jede Gruppe pro Zeitpunkt der Untersuchung muss jedoch aus mindestens 2 Tieren bestehen. Die Zahl der Tiere sollte ausreichen, um hinlängliche Informationen über Aufnahme, Plateau und Abnahme (je nach Bedarf) der Prüfsubstanz und/oder ihrer Metaboliten zu liefern.

Dosierungen

Bei einmaliger Verabreichung sind mindestens zwei Dosierungen zu wählen; eine niedrige Dosierung, bei der keine toxischen Wirkungen zu beobachten sind, und eine hohe Dosierung, bei der Veränderung der toxikokinetischen Parameter auftreten können oder bei der eine toxische Wirkung eintritt.

Bei mehrmaliger Verabreichung reicht die niedrige Dosis normalerweise aus, doch kann unter bestimmten Umständen auch eine hohe Dosis erforderlich sein.

Verabreichungsweg

Bei den toxikokinetischen Untersuchungen ist der gleiche Verabreichungsweg und ggf. das gleiche Vehikel zu verwenden wie bei anderen schon durchgeführten oder geplanten Toxizitätsuntersuchungen. Die Prüfsubstanz wird im Allgemeinen den Versuchstieren in festgelegten Zeiträumen oral mit einer Magensonde oder im Futter, durch Inhalation oder dermal verabreicht. Die intravenöse Verabreichung der Prüfsubstanz kann zur Bestimmung der relativen Absorptionsrate bei einer anderen Applikationsroute sinnvoll sein. Außerdem lassen sich bald nach der intravenösen Verabreichung einer Prüfsubstanz Informationen über das Verteilungsmuster ermitteln.

Die Möglichkeit einer Interferenz zwischen Vehikel und Prüfsubstanz ist zu berücksichtigen. Es ist darauf zu achten, ob die Absorptionsrate bei Verabreichung der Prüfsubstanz mit der Magensonde Unterschiede im Vergleich zur Verabreichung im Futter aufweist und dass die Dosis genau bestimmt wird, vor allem bei Verabreichung der Prüfsubstanz im Futter. Die Dosierung — vor allem bei Verabreichung der Prüfsubstanz im Futter — muss genau bestimmt werden können.

Beobachtungszeitraum

Alle Tiere sind täglich zu beobachten; Zeichen von Toxizität sowie relevante klinische Beobachtungen und deren Beginn, Ausmaß und Dauer sind aufzuzeichnen.

Verfahren

Nach Feststellen des Körpergewichts der Versuchstiere wird die Prüfsubstanz auf geeignetem Wege verabreicht. Falls erforderlich, sollten die Tiere die Prüfsubstanz nüchtern erhalten.

Absorption

Geschwindigkeit und Ausmaß der Absorption der verabreichten Substanz lassen sich mit verschiedenen Methoden mit und ohne Referenzgruppen (8) bestimmen, z. B. durch

Bestimmung der Menge der Prüfsubstanz und/oder ihrer Metaboliten in den Exkreten, z. B. im Urin, Gallenflüssigkeit, Fäzes, Atemluft sowie im Körper der getöteten Tiere;

Vergleich der biologischen Wirkung (z. B. Untersuchungen zur akuten Toxizität) bei Versuchs- und Kontroll- und/oder Referenzgruppen;

Vergleich der über die Nieren ausgeschiedenen Substanz und/oder ihrer Metaboliten bei Versuchs- und Referenzgruppen;

Bestimmung der Fläche unter der Plasma-Spiegel-Kurve der Prüfsubstanz und/oder ihrer Metaboliten und deren Vergleich mit Daten von Referenzgruppen.

Verteilung

Zur Analyse der Verteilungsmuster stehen derzeit zwei Möglichkeiten zur Verfügung, die einzeln oder gemeinsam eingesetzt werden können:

qualitative Informationen liefern Ganzkörper-Autoradiografieverfahren;

quantitative Informationen erhält man durch Tötung der Tiere zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Exposition und Bestimmung von Konzentration und Menge der Prüfsubstanz und/oder ihrer Stoffwechselprodukte in Geweben und Organen.

Exkretion

Bei den Exkretionsuntersuchungen werden Urin, Fäzes und Atemluft und — unter bestimmten Umständen — Gallenflüssigkeit gesammelt. Die Menge der Prüfsubstanz und/oder ihrer Stoffwechselprodukte in diesen Ausscheidungen ist zu verschiedenen Zeiten nach der Exposition zu messen, bis etwa 95 % der verabreichten Dosis ausgeschieden wurde (höchstens jedoch 7 Tage lang).

In besonderen Fällen kann es notwendig sein, auch die Exkretion der Prüfsubstanz in der Milch säugender Versuchstiere zu berücksichtigen.

Stoffwechsel

Zur Bestimmung von Stoffwechselintensität und -muster sind biologische Proben durch geeignete Verfahren zu analysieren. Wenn sich aus vorangegangenen toxikologischen Untersuchungen Fragen ergeben, dann sind Strukturen von Metaboliten zu klären und entsprechende Stoffwechselwege aufzuzeigen. In-vitro-Untersuchungen können sich zur Ermittlung von Informationen über Stoffwechselwege als nützlich erweisen.

Weitere Angaben über die Beziehung zwischen Stoffwechsel und Toxizität können biochemische Untersuchungen liefern, z. B. die Bestimmung der Beeinflussung metabolisierender Enzymsysteme, die Abnahme endogener Nicht-Eiweißartiger-Sulphydryl-Verbindungen und die Bindung der Substanz an Makromoleküle.

2.   DATEN

Je nach Art der durchgeführten Untersuchung sind die Daten in tabellarischer Form, ggf. ergänzt durch grafische Darstellungen, zusammenzufassen. Soweit sinnvoll, sind für jede Versuchsgruppe die durchschnittlichen und statistischen Schwankungen in Relation zu Zeit, Dosierung, Gewebe und Organen anzugeben. Absorptionsrate und Ausscheidungsmenge und -geschwindigkeit sind durch geeignete Verfahren zu bestimmen. Bei Stoffwechseluntersuchungen ist die Struktur der ermittelten Metaboliten anzugeben; mögliche Stoffwechselwege sind aufzuzeichnen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Tierarten, Tierstamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Fütterung;

Merkmale der markierten Stoffe, sofern verwendet;

Dosierungen und zeitliche Abstände zwischen den Verabreichungen;

Verabreichungsweg(e) und evtl. verwendete Vehikel;

toxische und andere beobachtete Wirkungen;

Verfahren zur Bestimmung der Prüfsubstanz und/oder ihrer Stoffwechselprodukte in biologischen Proben einschließlich Atemluft;

tabellarische Darstellung der Messungen nach Geschlecht, Dosierung, Futter, Zeit, Geweben und Organen;

Angaben über Absorptionsrate und Exkretion über die Zeit;

Verfahren zur Beschreibung und Identifizierung von Stoffwechselprodukten in biologischen Proben;

Verfahren für biologische Stoffwechselmessungen;

vorgeschlagene Stoffwechselwege;

Diskussion der Ergebnisse;

Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATURHINWEISE

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.37.   VERZÖGERTE NEUROTOXIZITÄT PHOSPHORORGANISCHER SUBSTANZEN NACH AKUTER EXPOSITION

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Abschätzung und Bewertung der toxischen Wirkungen von Substanzen muss auch das Potenzial bestimmter Substanzklassen für spezifische neurotoxische Wirkungen, die in anderen Toxizitätsstudien möglicherweise nicht nachweisbar sind, untersucht werden. Bei einigen phosphororganischen Verbindungen wurden verzögerte neurotoxische Wirkungen beobachtet, diese Substanzen kommen für eine Untersuchung mit der vorliegenden Methode in Frage.

In-vitro-Screening-Tests könnten verwendet werden, um Substanzen zu identifizieren, die eine verzögerte Polyneuropathie hervorrufen können; allerdings lassen negative Ergebnisse von In-vitro-Studien nicht darauf schließen, dass die Prüfsubstanz kein Neurotoxikum ist.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Zu den phosphororganischen Substanzen zählen ungeladene phosphororganische Ester, Thioester oder Anhydride von Phosphinsäuren, Phosphonsäuren bzw. Phosphoramidsäuren oder die engverwandten Thiophosphinsäuren, Thiophosphonsäuren bzw. Thiophosphoramidsäuren oder sonstige Substanzen, welche die bei dieser Substanzklasse bisweilen zu beobachtende verzögerte Neurotoxizität aufweisen können.

Verzögerte Neurotoxizität ist ein Syndrom, das mit langsamem, verzögertem Auftreten von Ataxien, distalen Axonopathien in Rückenmarks- und peripheren Nerven sowie einer Hemmung und Alterung der Neuropathy Target Esterase (NTE) im Nervengewebe verbunden ist.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Eine Referenzsubstanz kann mit einer positiven Kontrollgruppe getestet werden, um nachzuweisen, dass sich die Reaktion der geprüften Spezies unter den Laborversuchsbedingungen nicht wesentlich verändert hat.

Ein Beispiel für ein weit verbreitetes Neurotoxikum ist das Tri-o-tolylphosphat (CAS 78-30-8, EINECS 201-103-5, CAS-Bezeichnung: Tris(2-methylphenyl)phosphorsäureester), das auch als Tris-o-cresylphosphat bezeichnet wird.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfsubstanz wird oral als Einmalgabe an Haushühner verabreicht, die ggf. gegen akute cholinergische Wirkungen geschützt wurden. Die Tiere werden für die Dauer von 21 Tagen auf Verhaltensauffälligkeiten, Ataxien und Paralysen hin beobachtet. Biochemische Parameter, insbesondere die Neuropathy Target Esterase (NTE), werden im allgemeinen 24 und 48 Stunden nach Verabreichung bei Hennen bestimmt, die nach Zufallskriterien aus jeder Gruppe ausgewählt werden. 21 Tage nach der Exposition werden die verbliebenen Hennen getötet, und ausgewählte Nervengewebe werden histopathologisch untersucht.

1.5.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.5.1.   Vorbereitungen

Gesunde junge erwachsene Hennen, die frei von störenden Viruserkrankungen und Arzneimitteln sind und keine Gangstörungen aufweisen, werden randomisiert, der Behandlungs- oder der Kontrollgruppe zugeteilt und für die Dauer von mindestens 5 Tagen vor Beginn der Studie an die Laborbedingungen akklimatisiert.

Die Käfige oder Gehege sollten so groß sein, dass sich die Tiere frei bewegen können und ihr Gangbild gut zu beobachten ist.

Die Gabe der Prüfsubstanz erfolgt normalerweise auf oralem Wege mittels Magensonde, Gelatinekapseln oder einer vergleichbaren Methode. Flüssigkeiten können unverdünnt oder aufgelöst in einem geeigneten Vehikel wie z. B. Maisöl verabreicht werden. Feste Substanzen sollten nach Möglichkeit aufgelöst werden, da größere Dosen fester Stoffe in Gelatinekapseln möglicherweise nicht wirksam resorbiert werden. Bei nichtwässrigen Vehikeln sollten deren toxische Eigenschaften bekannt sein. Ist dies nicht der Fall, müssen sie vor der Prüfung bestimmt werden.

1.5.2.   Prüfbedingungen

1.5.2.1.   Versuchstiere

Junge erwachsene Legehennen (Gallus gallus domesticus) im Alter von 8 bis 12 Monaten werden für den Test empfohlen. Normalgroße Rassen sollten verwendet werden, und die Hennen sollten in der Regel unter Bedingungen aufgewachsen sein, unter denen sie sich frei bewegen konnten.

1.5.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Neben der Behandlungsgruppe sollte eine Vehikelkontrollgruppe und eine positive Kontrollgruppe getestet werden. Die Vehikelkontrollgruppe ist, abgesehen von der Verabreichung der Prüfsubstanz, genauso zu behandeln wie die Behandlungsgruppe.

Die Anzahl der Tiere in jeder Gruppe sollte so bemessen sein, dass mindestens sechs Tiere zur Bestimmung biochemischer Parameter (jeweils drei Tiere zu zwei Beobachtungszeitpunkten) getötet werden können und sechs Tiere für die pathologische Untersuchung bis zum 21. Tag überleben.

Die positive Kontrollgruppe kann gleichzeitig getestet werden oder es kann sich um eine bereits zuvor untersuchte Kontrollgruppe handeln. Die Gruppe sollte aus mindestens sechs Hennen bestehen, die mit einem bekannten verzögerten Neurotoxikum behandelt wurden. Drei der Tiere sind für biochemische, drei für pathologische Untersuchungen nach Ende des Tests vorgesehen. Es empfiehlt sich eine regelmäßige Aktualisierung der Archivdaten. Neue positive Kontrolldaten sollten erarbeitet werden, wenn ein wesentlicher Aspekt des Testablaufs (z. B. Rasse, Futter, Haltungsbedingungen) vom durchführenden Labor geändert wurde.

1.5.2.3.   Dosierungen

In einer Vorstudie an einer geeigneten Zahl von Tieren und Dosisgruppen ist die in der Hauptstudie zu verwendende Dosis zu ermitteln. Hierbei sind in der Regel einige Todesfälle erforderlich, um eine angemessene Dosis für die Hauptstudie festlegen zu können. Um aber Todesfälle durch akute cholinerge Wirkungen zu vermeiden, kann Atropin oder ein anderer schützender Wirkstoff, von dem man weiß, dass er keinen Einfluss auf verzögerte neurotoxische Wirkungen hat, verabreicht werden. Zur Abschätzung der maximalen nicht letalen Dosis der Prüfsubstanz stehen eine Reihe verschiedener Methoden zur Auswahl (siehe Methode B.1 bis). Bereits vorliegende frühere Daten für Hennen oder andere toxikologische Daten können ebenfalls bei der Wahl der Dosis von Bedeutung sein.

Die Dosis der Prüfsubstanz in der Hauptstudie sollte unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Vorstudie zur Dosisfindung sowie der oberen Grenzdosis von 2 000 mg/kg Körpergewicht möglichst hoch sein. Auch wenn Todesfälle auftreten, sollten bis zum 21. Tag genügend Tiere für die biochemischen (sechs) und die histologischen Untersuchungen (sechs) überleben. Um Todesfälle infolge akuter cholinergischer Wirkungen auszuschließen, sollte Atropin oder ein anderer schützender Wirkstoff, der nachgewiesenermaßen keinen Einfluss auf verzögerte neurotoxische Wirkungen hat, gegeben werden.

1.5.2.4.   Limit-Test

Verursacht die Prüfung einer Dosis von mindestens 2 000 mg/kg Körpergewicht pro Tag unter Verwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine Studie mit einer höheren Dosis gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test findet allerdings keine Anwendung, wenn die Expositionswirkungen beim Menschen die Prüfung in einer höheren Dosis angezeigt erscheinen lassen.

1.5.2.5.   Beobachtungszeitraum

Der Beobachtungszeitraum sollte 21 Tage betragen.

1.5.3.   Versuchsdurchführung

Nach Verabreichung eines schützenden Wirkstoffs zur Verhinderung von Todesfällen durch akute cholinergische Wirkungen wird die Prüfsubstanz als Einmalgabe verabreicht.

1.5.3.1.   Allgemeine Beobachtungen

Die Beobachtungen sollten unmittelbar nach der Exposition beginnen. Alle Hennen sind in den ersten beiden Tagen mehrmals am Tag und danach bis zum 21. Tag oder bis zur vorgesehenen Tötung mindestens einmal täglich zu beobachten. Alle Toxizitätszeichen, einschließlich Zeitpunkt des Beginns, Art, Schweregrad und Dauer von Verhaltensauffälligkeiten, sind zu dokumentieren. Die Ataxie wird auf einer Ordinalskala aus mindestens vier Stufen bewertet, und Paralysen werden dokumentiert. Mindestens zweimal wöchentlich sollten die für die pathologische Untersuchung vorgesehenen Hennen aus dem Käfig genommen und für einen bestimmten Zeitraum zu verstärkter motorischer Aktivität, z. B. durch Begehen einer Leiter, gezwungen werden, um die Beobachtung bereits geringster toxischer Wirkungen zu erleichtern. Moribunde Tiere und Tiere, bei denen schweres Leiden oder starke Schmerzen festgestellt werden, sollten ausgesondert, unter Verwendung einer tierschutzgerechten Methode getötet und seziert werden.

1.5.3.2.   Körpergewicht

Alle Hennen müssen unmittelbar vor der Verabreichung der Prüfsubstanz und danach mindestens einmal wöchentlich gewogen werden.

1.5.3.3.   Biochemische Untersuchungen

Je sechs Hennen, die nach Zufallskriterien aus der Behandlungs- und der Vehikelkontrollgruppe ausgewählt werden, sowie drei Hennen aus der positiven Kontrollgruppe (wenn diese Gruppe gleichzeitig getestet wird), sollten einige Tage nach der Gabe der Prüfsubstanz getötet werden, um Gehirn und lumbales Rückenmark zu präparieren und auf hemmende Aktivität gegen Neuropathy Target Esterase zu untersuchen. Auch die Präparation und Untersuchung des Ischiasnervengewebes auf hemmende Aktivität gegen Neuropathy Target Esterase kann aufschlussreich sein. In der Regel werden drei Tiere der Negativkontrolle sowie jeder Behandlungsgruppe nach 24 Stunden und drei nach 48 Stunden getötet, während die drei Hennen der Positivkontrolle nach 24 Stunden getötet werden sollten. Zeigt die Beobachtung der klinischen Zeichen der Intoxikation (z. B. durch Beobachtung des zeitlichen Beginns der cholinergen Zeichen), dass der toxische Wirkstoff möglicherweise ausgesprochen langsam eliminiert wird, empfiehlt es sich gegebenenfalls, von je drei Tieren zu jeweils zwei Zeitpunkten innerhalb von 24 bis spätestens 72 Stunden nach der Verabreichung der Prüfsubstanz Gewebeproben zu entnehmen.

An diesen Proben können auch Bestimmungen der Acetylcholinesterase (AChE) vorgenommen werden, wenn dies angezeigt erscheint. Allerdings kann es in vivo zur spontanen Reaktivierung von AChE kommen, so dass die Wirksamkeit der Prüfsubstanz als AChE-Hemmer unterschätzt wird.

1.5.3.4.   Autopsie

Alle Versuchstiere (sowohl die nach Plan getöteten als auch die aufgrund ihres moribunden Zustands getöteten) werden einer Autopsie zur Untersuchung von Gehirn und Rückenmark unterzogen.

1.5.3.5.   Histopathologische Untersuchung

Nervengewebe von Tieren, die die Beobachtungsdauer überleben und nicht für biochemische Untersuchungen vorgesehen sind, wird mikroskopisch untersucht. Die Gewebe werden in situ mittels Perfusionsverfahren fixiert. Gewebeschnitte werden unter anderem von Cerebellum (mittlere Längsebene), Medulla oblongata, Rückenmark und peripheren Nerven angefertigt. Die Rückenmarkschnitte sind vom oberen Halswirbelsegment, der mittleren thorakalen und der lumbosakralen Region zu entnehmen. Auch vom distalen Bereich des Nervus tibialis und seiner Verzweigungen zum Musculus gastrocnemius sowie vom Nervus sciaticus sollten Schnitte angefertigt werden. Die Schnitte werden mit geeigneten myelin- und axonspezifischen Färbemitteln angefärbt.

2.   DATEN

Negative Ergebnisse für die in dieser Methode gewählten Endpunkte (Biochemie, Histopathologie und Verhaltensbeobachtung) erfordern normalerweise keine weiteren Untersuchungen auf eine verzögerte Neurotoxizität. Zweifelhafte oder unklare Ergebnisse für diese Endpunkte erfordern ggf. weitere Untersuchungen.

Die Daten für die einzelnen Tiere sollten aufgeführt werden. Ferner sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Daraus müssen für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Anzahl der verwendeten Tiere bei Beginn der Prüfung, die Anzahl der Tiere mit Läsionen, verhaltensbezogenen oder biochemischen Wirkungen, die Arten und Schweregrade dieser Läsionen bzw. Wirkungen sowie der Anteil der von den verschiedenen Arten und Schweregraden der Läsionen bzw. Wirkungen betroffenen Tiere.

Die Ergebnisse dieser Studie sind im Hinblick auf Häufigkeit, Schweregrad und Korrelation der verhaltensbezogenen, biochemischen und histopathologischen Wirkungen sowie sonstiger verzeichneter Wirkungen in den Behandlungs- und Kontrollgruppen zu bewerten.

Die numerischen Daten sind nach Möglichkeit durch geeignete und allgemein akzeptierte statistische Verfahren auszuwerten. Diese statistischen Verfahren sollten bei der Festlegung des Designs der Studie ausgewählt werden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht soll nach Möglichkeit folgende Angaben enthalten:

Versuchstiere:

verwendete Rasse;

Anzahl und Alter;

Herkunft, Haltungsbedingungen usw.;

Gewicht der einzelnen Tiere bei Prüfungsbeginn.

Prüfbedingungen:

Angaben zur Zubereitung der Prüfsubstanz, zur Stabilität und ggf. zur Homogenität;

Begründung für die Wahl des Vehikels;

Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;

Angaben über Futter- und Wasserqualität;

Begründung für die Wahl der Dosis;

Angabe der verabreichten Dosen mit Angaben zu Vehikel, Volumen und physikalischer Form des verabreichten Stoffes;

Identität und Angaben zur Verabreichung eventueller schützender Wirkstoffe.

3.3.

Ergebnisse:

Angaben zum Körpergewicht;

Daten der toxischen Reaktionen nach Gruppen, einschließlich Todesfälle;

Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität);

ausführliche Beschreibung der biochemischen Methoden und Befunde;

Sektionsbefunde;

ausführliche Beschreibung aller histopathologischen Befunde;

ggf. statistische Auswertung der Ergebnisse.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATUR

Diese Methode entspricht der OHCD TG 418.

B.38.   VERZÖGERTE NEUROTOXIZITÄT PHOSPHORORGANISCHER SUBSTANZEN BEI WIEDERHOLTER GABE ÜBER 28 TAGE

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Abschätzung und Bewertung der toxischen Wirkungen von Substanzen muss auch das Potenzial bestimmter Substanzklassen für spezifische neurotoxische Wirkungen, die in anderen Toxizitätsstudien möglicherweise nicht nachweisbar sind, untersucht werden. Bei einigen phosphororganischen Verbindungen wurden verzögerte neurotoxische Wirkungen beobachtet; diese Substanzen kommen für eine Untersuchung mit der vorliegenden Methode in Frage.

In-vitro-Screening-Tests könnten verwendet werden, um Substanzen zu identifizieren, die eine verzögerte Polyneuropathie hervorrufen können; allerdings lassen negative Ergebnisse von In-vitro-Studien nicht darauf schließen, dass die Prüfsubstanz kein Neurotoxikum ist.

Diese Prüfung auf verzögerte Neurotoxizität nach 28-tägiger Gabe gibt Aufschluss über mögliche Gesundheitsgefahren infolge wiederholter Exposition über einen begrenzten Zeitraum. Die Prüfung erlaubt Rückschlüsse auf die Dosis-Wirkungs-Beziehung und ermöglicht die Abschätzung einer Schwellendosis, unterhalb der keine toxische Wirkung mehr feststellbar ist (NOAEL). Mit Hilfe des NOAEL lassen sich Sicherheitskriterien für die Exposition beim Menschen festlegen.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Zu den phosphororganischen Substanzen zählen ungeladene phosphororganische Ester, Thioester oder Anhydride von Phosphinsäuren, Phosphonsäuren bzw. Phosphoramidsäuren oder die eng verwandten Thiophosphinsäuren, Thiophosphonsäuren bzw. Thiophosphoramidsäuren oder sonstige Substanzen, welche die bei dieser Substanzklasse bisweilen zu beobachtende verzögerte Neurotoxizität hervorrufen können.

Verzögerte Neurotoxizität ist ein Syndrom, das mit langsamem, verzögertem Auftreten von Ataxien, distalen Axonopathien in Rückenmarks- und peripheren Nerven sowie einer Hemmung und Alterung der Neuropathy Target Esterase (NTE) im Nervengewebe verbunden ist.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfsubstanz wird 28 Tage lang einmal täglich oral an Haushühner verabreicht. Die Tiere werden bis 14 Tage nach der letzten Gabe mindestens einmal täglich auf auffälliges Verhalten, Ataxie und Paralysen hin beobachtet. Biochemische Parameter, insbesondere die Neuropathy Target Esterase (NTE), werden im allgemeinen 24 und 48 Stunden nach Verabreichung der letzten Dosis bei Hennen bestimmt, die nach Zufallskriterien aus jeder Gruppe ausgewählt werden. Zwei Wochen nach der letzten Gabe werden die verbliebenen Hennen getötet, und ausgewählte Nervengewebe werden histopathologisch untersucht.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitungen

Gesunde junge erwachsene Hennen, die frei von störenden Viruserkrankungen und Arzneimitteln sind und keine Gangstörungen aufweisen, werden randomisiert, der Behandlungs- oder der Kontrollgruppe zugeteilt und für die Dauer von mindestens 5 Tagen vor Beginn der Studie an die Laborbedingungen akklimatisiert.

Die Käfige oder Gehege sollten so groß sein, dass sich die Tiere frei bewegen können und ihr Gangbild gut zu beobachten ist.

Die orale Gabe der Prüfsubstanz an 7 Tagen in der Woche sollte vorzugsweise mittels Magensonde oder Verabreichung von Gelatinekapseln erfolgen. Flüssigkeiten können unverdünnt oder aufgelöst in einem geeigneten Vehikel wie z. B. Maisöl verabreicht werden. Feste Substanzen sollten nach Möglichkeit aufgelöst werden, da größere Dosen fester Stoffe in Gelatinekapseln möglicherweise nicht wirksam resorbiert werden. Bei nichtwässrigen Vehikeln sollten deren toxische Eigenschaften bekannt sein. Ist dies nicht der Fall, müssen sie vor der Prüfung bestimmt werden.

1.4.2.   Prüfbedingungen

1.4.2.1.   Versuchstiere

Junge erwachsene Legehennen (Gallus gallus domesticus) im Alter von 8 bis 12 Monaten werden für den Test empfohlen. Normalgroße Rassen sollten verwendet werden, und die Hennen sollten normalerweise unter Bedingungen aufgewachsen sein, unter denen sie sich frei bewegen konnten.

1.4.2.2.   Anzahl und Geschlecht

In der Regel sollten mindestens drei Behandlungsgruppen sowie eine Vehikelkontrollgruppe getestet werden. Die Vehikelkontrollgruppe ist, abgesehen von der Verabreichung der Prüfsubstanz, genauso zu behandeln wie die Behandlungsgruppen.

Die Anzahl der Tiere in jeder Gruppe sollte so bemessen sein, dass mindestens sechs zur Bestimmung biochemischer Parameter (jeweils drei Tiere zu zwei Beobachtungszeitpunkten) getötet werden können und mindestens sechs Tiere für die pathologische Untersuchung bis 14 Tage nach der letzten Gabe überleben.

1.4.2.3.   Dosierungen

Bei der Wahl der Dosisstufen sind die Ergebnisse einer Akutprüfung auf verzögerte Neurotoxizität sowie weitere vorliegende Daten zur Toxizität oder Kinetik der Prüfsubstanz berücksichtigt worden. Die höchste Dosis sollte so gewählt werden, dass zwar toxische Wirkungen, vorzugsweise eine verzögerte Neurotoxizität, aber keine Todesfälle oder schweres Leiden hervorgerufen werden. Anschließend sollte eine absteigende Folge von Dosisstufen gewählt werden, um dosisabhängige Wirkungen und die niedrigste Dosis ohne zu beobachtende unerwünschte Wirkungen nachzuweisen.

1.4.2.4.   Limit-Test

Verursacht die Prüfung einer Dosis von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht pro Tag unter Verwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine Studie mit einer höheren Dosis gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test findet allerdings keine Anwendung, wenn die Expositionswirkungen beim Menschen die Prüfung in einer höheren Dosis angezeigt erscheinen lassen.

1.4.2.5.   Beobachtungszeitraum

Alle Tiere werden während der Expositionsdauer und bis 14 Tage danach mindestens täglich beobachtet, sofern sie nicht für die Sektion vorgesehen sind.

1.4.3.   Versuchsdurchführung

Die Tiere erhalten die Prüfsubstanz für die Dauer von 28 Tagen an 7 Tagen in der Woche.

1.4.3.1.   Allgemeine Beobachtungen

Die Beobachtungen sollten unmittelbar nach Behandlungsbeginn beginnen. Alle Hennen sind an jedem der 28 Behandlungstage und an den 14 Tagen nach der letzten Gabe oder bis zur vorgesehenen Tötung mindestens einmal täglich zu beobachten. Alle Toxizitätszeichen, einschließlich Zeitpunkt ihres Beginns sowie Art, Schweregrad und Dauer, sind zu dokumentieren. Die Beobachtungen sollten auch, jedoch nicht nur, Verhaltensauffälligkeiten einschließen. Die Ataxie wird auf einer Ordinalskala aus mindestens vier Stufen bewertet, und Paralysen werden ebenfalls dokumentiert. Mindestens zweimal wöchentlich sollten die Hennen aus dem Käfig genommen und für einen bestimmten Zeitraum zu verstärkter motorischer Aktivität, z. B. durch Begehen einer Leiter, gezwungen werden, um die Beobachtung bereits geringster toxischer Wirkungen zu erleichtern. Moribunde Tiere und Tiere, bei denen schweres Leiden oder starke Schmerzen festgestellt werden, sollten ausgesondert, unter Verwendung einer tierschutzgerechten Methode getötet und seziert werden.

1.4.3.2.   Körpergewicht

Alle Hennen müssen unmittelbar vor der ersten Gabe der Prüfsubstanz und danach mindestens einmal wöchentlich gewogen werden.

1.4.3.3.   Biochemische Untersuchungen

Je sechs Hennen, die nach Zufallskriterien aus der Behandlungs- und der Vehikelkontrollgruppe ausgewählt werden, sollten einige Tage nach der letzten Gabe der Prüfsubstanz getötet werden, um Gehirn und lumbales Rückenmark zu präparieren und auf hemmende Aktivität gegen Neuropathy Target Esterase (NTE) zu untersuchen. Auch die Präparation und Untersuchung des Ischiasnervengewebes auf hemmende Aktivität gegen Neuropathy Target Esterase kann aufschlussreich sein. In der Regel werden drei Tiere der Kontrollgruppe sowie jeder Behandlungsgruppe nach 24 Stunden und drei 48 Stunden nach der letzten Dosis getötet. Sind aufgrund der Daten aus der Akutstudie oder aus anderen Untersuchungen (z. B. zur Toxikokinetik) andere Tötungszeiten nach der letzten Gabe der Prüfsubstanz angezeigt, sollte entsprechend vorgegangen und das geänderte Vorgehen begründet werden.

An diesen Proben können auch Bestimmungen der Acetylcholinesterase (AChE) vorgenommen werden, wenn dies angezeigt erscheint. Allerdings kann es in vivo zur spontanen Reaktivierung von AChE kommen, so dass die Wirksamkeit der Prüfsubstanz als AChE-Hemmer unterschätzt wird.

1.4.3.4.   Autopsie

Alle Versuchstiere (sowohl die nach Plan getöteten als auch die aufgrund ihres moribunden Zustands getöteten) werden einer Autopsie zur Untersuchung von Gehirn und Rückenmark unterzogen.

1.4.3.5.   Histopathologische Untersuchung

Nervengewebe von Tieren, die die Beobachtungsdauer überleben und nicht für biochemische Untersuchungen vorgesehen sind, wird mikroskopisch untersucht. Die Gewebe werden in situ mittels Perfusionsverfahren fixiert. Gewebeschnitte werden unter anderem von Cerebellum (mittlere Längsebene), Medulla oblongata, Rückenmark und peripheren Nerven angefertigt. Die Rückenmarkschnitte sind vom oberen Halswirbelsegment, der mittleren thorakalen und der lumbosakralen Region zu entnehmen. Auch vom distalen Bereich des Nervus tibialis und seiner Verzweigungen zum Musculus gastrocnemius sowie vom Nervus sciaticus sollten Schnitte angefertigt werden. Die Schnitte werden mit geeigneten myelin- und axonspezifischen Färbemitteln angefärbt. Die mikroskopischen Untersuchungen sind zunächst an den konservierten Geweben aller Tiere in der Kontrollgruppe sowie der höchsten Dosisgruppe vorzunehmen. Ergeben sich Anhaltspunkte für Wirkungen in der höchsten Dosisgruppe, sollte die mikroskopische Untersuchung auch bei den Hennen aus der mittleren und niedrigen Dosisgruppe erfolgen.

2.   DATEN

Negative Ergebnisse für die in dieser Methode gewählten Endpunkte (Biochemie, Histopathologie und Verhaltensbeobachtung) erfordern normalerweise keine weiteren Untersuchungen auf eine verzögerte Neurotoxizität. Zweifelhafte oder unklare Ergebnisse für diese Endpunkte erfordern ggf. weitere Untersuchungen.

Die Daten für die einzelnen Tiere sollten aufgeführt werden. Ferner sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Daraus müssen für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Anzahl der verwendeten Tiere bei Beginn der Prüfung, die Anzahl der Tiere mit Läsionen, verhaltensbezogenen oder biochemischen Wirkungen, die Arten und Schweregrade dieser Läsionen bzw. Wirkungen sowie der Anteil der von den verschiedenen Arten und Schweregraden der Läsionen bzw. Wirkungen betroffenen Tiere.

Die Ergebnisse dieser Studie sind im Hinblick auf Häufigkeit, Schweregrad und Korrelation der verhaltensbezogenen, biochemischen und histopathologischen Wirkungen sowie sonstiger verzeichneter Wirkungen in den Behandlungs- und Kontrollgruppen zu bewerten.

Die numerischen Daten sind nach Möglichkeit durch geeignete und allgemein akzeptierte statistische Verfahren auszuwerten. Diese statistischen Verfahren sollten bei der Festlegung des Designs der Studie ausgewählt werden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht soll nach Möglichkeit folgende Angaben enthalten:

Versuchstiere:

verwendete Rasse;

Anzahl und Alter der Tiere;

Herkunft, Haltungsbedingungen usw.;

Gewicht der einzelnen Tiere bei Prüfungsbeginn.

Prüfbedingungen:

Angaben zur Zubereitung der Prüfsubstanz, zur Stabilität und zur Homogenität;

Begründung für die Wahl des Vehikels;

Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;

Angaben über Futter- und Wasserqualität;

Begründung für die Wahl der Dosis;

Angabe der verabreichten Dosen mit Angaben zu Vehikel, Volumen und physikalischer Form des verabreichten Stoffes;

Begründung für die Wahl anderer Zeitpunkte zur Bestimmung der biochemischen Parameter (falls nicht nach 24 und 48 Stunden).

Ergebnisse:

Angaben zum Körpergewicht;

Daten der toxischen Reaktionen nach Dosisstufen, einschließlich Todesfälle;

NOAEL;

Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität);

ausführliche Beschreibung der biochemischen Methoden und Befunde;

Sektionsbefunde;

ausführliche Beschreibung aller histopathologischen Befunde;

ggf. statistische Auswertung der Ergebnisse.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATUR

Diese Methode entspricht der OECD TG 419.

B.39.   IN-VIVO-TEST ZUR UNPLANMÄSSIGEN DNA-SYNTHESE (UDS) IN SÄUGETIERLEBERZELLEN

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 486, Unscheduled DNA Synthesis (UDS) Test with Mammalian Liver Cells In Vivo (1997).

1.1.   EINLEITUNG

Der In-vivo-Test zur unplanmäßigen DNA-Synthese in Säugetierleberzellen dient zum Nachweis von Agenzien, die in den Leberzellen der behandelten Tiere eine DNA-Reparatur auslösen (1) (2) (3) (4).

Dieser In-vivo-Test ermöglicht die Untersuchung der gentoxischen Wirkung von Chemikalien in der Leber. Der ermittelte Endpunkt deutet auf eine DNA-Schädigung und anschließende Reparatur in Leberzellen hin. Die Leber ist in der Regel Hauptort des Stoffwechsels der resorbierten Verbindungen. Sie eignet sich also gut zur In-vivo-Bestimmung einer DNA-Schädigung.

Wenn Anzeichen dafür bestehen, dass die Prüfsubstanz das Zielgewebe nicht erreicht, ist dieser Test nicht geeignet.

Der Endpunkt der unplanmäßigen DNA-Synthese (UDS) wird durch die Bestimmung der Aufnahme markierter Nukleoside in Zellen, die keine planmäßige (S-Phasen-)DNA-Synthese durchlaufen, ermittelt. Das gängigste Verfahren ist die Bestimmung der Aufnahme von tritiummarkiertem Thymidin3H-TdR) durch Autoradiografie. Für In-vivo-UDS-Tests wird vorzugsweise die Leber von Ratten verwendet. Neben Lebergewebe kann auch anderes Gewebe Verwendung finden, doch ist dieses nicht Gegenstand dieser Methode.

Der Nachweis einer UDS-Reaktion hängt von der Zahl der ausgeschnittenen und ersetzten DNA-Basen am Ort der Schädigung ab. Der UDS-Test eignet sich daher insbesondere zum Nachweis der von einer Substanz induzierten ‚Long-patch‘-Reparatur (20-30 Basen). Die ‚Short-patch‘-Reparatur (1-3 Basen) lässt sich hingegen nur mit einem wesentlich geringeren Empfindlichkeitsgrad feststellen. Zudem können mutagene Ereignisse aus der Nichtreparatur, fehlerhaften Reparatur oder fehlerhaften Replikation der DNA-Läsionen herrühren. Das Ausmaß der UDS-Reaktion gibt keinen Aufschluss über die Genauigkeit des Reparaturprozesses. Darüber hinaus ist es möglich, dass ein Mutagen mit der DNA reagiert, die DNA-Schädigung aber nicht über einen Exzisionsreparaturprozess behoben wird. Die Tatsache, dass der UDS-Test keine spezifischen Informationen zur mutagenen Aktivität liefert, wird durch die potenzielle Empfindlichkeit dieses Endpunkts kompensiert, denn er wird im gesamten Genom ermittelt.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

In Reparatur befindliche Zellen: Nettokörnerzahl über dem Zellkern (NNG) oberhalb eines vorher festgelegten Schwellenwerts, der von dem jeweiligen Labor zu begründen ist.

Nettokörnerzahl über dem Zellkern (NNG): quantitative Maßzahl der UDS-Aktivität von Zellen bei autoradiografischen UDS-Tests, errechnet durch Subtraktion der durchschnittlichen Körnerzahl über kernäquivalenten Bereichen des Zytoplasmas (CG) von der Körnerzahl über dem Zellkern (NG): NNG = NG — CG. Die NNG wird für einzelne Zellen bestimmt, dann für alle Zellen in einer Kultur, in Parallelkulturen usw.

Unplanmäßige DNA-Synthese (UDS): DNA-Reparatursynthese nach Ausschneiden und Entfernen des Abschnitts eines DNA-Strangs, der eine Region mit einer durch chemische Substanzen oder physikalische Agenzien induzierten Schädigung enthält.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Der In-vivo-UDS-Test an Säugetierleberzellen erbringt den Nachweis einer DNA-Reparatursynthese nach Ausschneiden und Entfernen eines DNA-Abschnitts, der eine Region mit einer durch chemische Substanzen oder physikalische Agenzien induzierten Schädigung enthält. Der Test beruht gewöhnlich auf dem Einbau von3H-TdR in die DNA von Leberzellen, wo sich nur wenige Zellen in der S-Phase des Zellzyklus befinden. Die Aufnahme von3H-TdR wird in der Regel durch Autoradiografie bestimmt, da dieses Verfahren nicht so anfällig für eine Einwirkung durch S-Phasen-Zellen ist wie beispielsweise die Flüssigkeitsszintillationszählung (LSC).

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitungen

1.4.1.1.   Versuchstiere

Gewöhnlich werden Ratten verwendet, doch kommen auch andere geeignete Säugetierarten in Frage. Es sollten junge gesunde und geschlechtsreife Tiere üblicher Labortierstämme zum Einsatz kommen. Zu Beginn des Versuchs sollte die Abweichung des Körpergewichts der Tiere vom Mittelwert so gering wie möglich sein und bei beiden Geschlechtern nicht mehr als ± 20 % betragen.

1.4.1.2.   Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Es gelten die allgemeinen Bedingungen in der allgemeinen Einleitung zu Teil B, doch ist bei der Luftfeuchtigkeit ein Wert von 50-60 % anzustreben.

1.4.1.3.   Vorbereitung der Tiere

Gesunde und geschlechtsreife junge Tiere werden randomisiert und den einzelnen Kontroll- bzw. Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Käfige sind so anzuordnen, dass sich ihre Position möglichst wenig auswirkt. Es erfolgt eine Einzelidentifizierung der Tiere. Vor Beginn der Studie werden die Tiere in ihren Käfigen über einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter Laborbedingungen eingewöhnt.

1.4.1.4.   Prüfsubstanz/Vorbereitung

Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Verabreichung an die Tiere in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfsubstanzen können direkt verabreicht oder zuvor verdünnt werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, wenn die Stabilitätsdaten gegen eine Lagerung sprechen.

1.4.2.   Prüfbedingungen

1.4.2.1.   Lösungsmittel/Vehikel

Das Lösungsmittel/Vehikel sollte bei den gewählten Dosierungen keine toxischen Wirkungen hervorrufen und nicht im Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen. Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Referenzdaten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen.

1.4.2.2.   Kontrollen

Für jeden gesondert vorgenommenen Teil des Versuchs sind gleichzeitig Positiv- und Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen anzulegen. Bis auf die Verabreichung der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppe ebenso zu behandeln wie die Tiere der Behandlungsgruppen.

Die als Positivkontrollen verwendeten Substanzen sollten erwiesenermaßen eine UDS bei Expositionskonzentrationen hervorrufen, die voraussichtlich eine erkennbare Zunahme gegenüber dem Hintergrund ergeben. Positivkontrollen, die eine Stoffwechselaktivierung benötigen, sollten in Dosen verwendet werden, die eine mäßige Reaktion hervorrufen (4). Die Dosen sollten so gewählt werden, dass die Wirkungen eindeutig sind, aber beim Auswerten nicht sofort die Identität der kodierten Objektträger erkennen lassen. Es kommen beispielsweise folgende Positivkontrollsubstanzen in Frage:

Zeitpunkt der Probenahme

Substanz

CAS-Nr.

EINECS-Nr.

Früh (2-4 Std.)

N-Nitrosodimethylamin

62-75-9

200-249-8

Spät (12-16 Std.)

N-2-Fluorenylacetamid (2-AAF)

53-96-3

200-188-6

Auch andere geeignete Positivkontrollsubstanzen kommen in Betracht. Es ist vertretbar, dass die Positivkontrolle auf anderem Weg als die Prüfsubstanz verabreicht wird.

1.5.   VERFAHREN

1.5.1.   Anzahl und Geschlecht der Tiere

Es ist eine ausreichende Anzahl von Tieren zu verwenden, um die natürliche biologische Schwankungsbreite der Testreaktion zu berücksichtigen. Jede Gruppe sollte mindestens 3 analysierbare Tiere umfassen. Liegt ein größerer Bestand an historischen Daten vor, so sind für die gleichzeitigen Negativ- und Positivkontrollgruppen nur 1 oder 2 Tiere erforderlich.

Wenn zum Zeitpunkt der Studie Daten aus Untersuchungen zur gleichen Spezies und Expositionsform vorliegen, die belegen, dass zwischen den Geschlechtern kein nennenswerter Unterschied der Toxizität feststellbar ist, reicht die Prüfung von Tieren nur eines — vorzugsweise des männlichen — Geschlechts aus. Sollte es sich beim Menschen um eine geschlechtsspezifische Exposition handeln, z. B. bei bestimmten pharmazeutischen Wirkstoffen, ist der Versuch an Tieren des betreffenden Geschlechts durchzuführen.

1.5.2.   Behandlungsplan

Die Prüfsubstanzen werden in der Regel als Einmalgabe verabreicht.

1.5.3.   Dosierungen

Im Normalfall sind mindestens zwei Dosisstufen zu verwenden. Unter der Höchstdosis ist jene Dosis zu verstehen, die so deutliche Toxizitätszeichen hervorruft, dass höhere Dosisstufen bei gleichem Verabreichungsschema voraussichtlich zum Tode führen. Die geringere Dosis sollte in der Regel 50 % bis 25 % der hohen Dosis entsprechen.

Substanzen mit spezifischen biologischen Aktivitäten bei geringen nichttoxischen Dosen (wie Hormone und Mitogene) entsprechen möglicherweise nicht den Dosierungskriterien und sollten anhand einer Einzelfallprüfung bewertet werden. Wird eine Studie zur Dosisfindung durchgeführt, weil keine geeigneten Daten verfügbar sind, so sollte sie im gleichen Labor unter Verwendung der gleichen Spezies, des gleichen Stammes und Geschlechts und der gleichen Behandlungsform wie im Hauptversuch erfolgen.

Die Höchstdosis kann auch als jene Dosis definiert werden, die bestimmte Anzeichen von Toxizität in der Leber hervorruft (z. B. pyknotische Kerne).

1.5.4.   Limit-Test

Verursacht die Prüfung einer Dosis von mindestens 2 000 mg/kg Körpergewicht bei Einmalgabe oder Gabe von zwei Teilmengen am gleichen Tag keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Gentoxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie verzichtet werden. Die voraussichtlichen Expositionswirkungen beim Menschen können aber beim Limit-Test eine höhere Dosis angezeigt erscheinen lassen.

1.5.5.   Verabreichung

Die Prüfsubstanz wird in der Regel mittels Magen- oder Schlundsonde verabreicht. Auch andere Expositionsformen können bei entsprechender Begründung vertretbar sein. Eine intraperitoneale Injektion ist allerdings nicht zu empfehlen, da die Leber damit möglicherweise der Prüfsubstanz direkt und nicht über das Kreislaufsystem ausgesetzt wird. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das jeweils durch Sonde oder Injektion verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte 2 ml/100 g Körpergewicht nicht übersteigen. Die Verwendung eines höheren Volumens ist zu begründen. Abgesehen von Reizstoffen oder ätzenden Stoffen, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine verstärkte Wirkung hervorrufen, ist die Variabilität des Prüfvolumens dadurch auf ein Mindestmaß zu reduzieren, dass eine Konzentration gewählt wird. die auf allen Dosisstufen ein konstantes Volumen gewährleistet.

1.5.6.   Präparation der Leberzellen

Die Präparation der Leberzellen behandelter Tiere erfolgt in der Regel 12-16 Stunden nach der Verabreichung. Im Allgemeinen ist zusätzlich eine frühere Aufarbeitung (gewöhnlich 2-4 Stunden nach der Behandlung) erforderlich, wenn nicht nach 12-16 Stunden eine eindeutige positive Reaktion vorliegt. Auf der Grundlage der toxikokinetischen Daten sind aber bei entsprechender Begründung auch Aufarbeitungen zu anderen Zeitpunkten möglich.

Kurzzeitkulturen von Säugetier-Leberzellen werden in der Regel dadurch angelegt, dass eine Perfusion der Leber in situ mit Collagenase erfolgt und es frisch gewonnenen Leberzellen ermöglicht wird, sich an eine geeignete Wachstumsfläche festzuheften. Die Leberzellen von Tieren der Negativkontrollgruppe sollten eine Lebensfähigkeit (5) von mindestens 50 % aufweisen.

1.5.7.   Bestimmung der UDS

Frisch isolierte Säugetier-Leberzellen werden über einen angemessenen Zeitraum, z. B. 3-8 Stunden, in einem3H-TdR enthaltenden Medium inkubiert. Nach Ablauf der Inkubationszeit sollte das Medium aus den Zellen entfernt werden, die dann mit einem überschüssiges unmarkiertes Thymidin enthaltenden Medium inkubiert werden können, um die nicht inkorporierte Radioaktivität zu verringern (‚cold chase‘). Anschließend werden die Zellen gewaschen, fixiert und getrocknet. Bei längeren Inkubationszeiten ist eine ‚cold chase‘ möglicherweise nicht erforderlich. Die Objektträger werden in Autoradiografieemulsion getaucht, im Dunkeln ‚belichtet‘ (z. B. gekühlt für 7-14 Tage), entwickelt und gefärbt, und es werden die belichteten Silberkörner gezählt. Von jedem Tier werden zwei bis drei Objektträger hergestellt.

1.5.8.   Analyse

Die Objektträgerpräparate sollten eine ausreichende Anzahl von morphologisch normalen Zellen enthalten, um eine aussagefähige Bewertung der UDS zu ermöglichen. Die Präparate werden mikroskopisch auf Zeichen offener Zytotoxizität (z. B. Pyknose, verringerte Werte der radioaktiven Markierung) untersucht.

Vor der Bestimmung der Körnerzahl sind die Objektträger zu kodieren. In der Regel werden je Tier 100 Zellen von mindestens zwei Objektträgern ausgewertet. Die Auswertung von weniger als 100 Zellen/Tier ist zu begründen. Bei der Körnerzahlbestimmung erfolgt keine Zählung der S-Phasen-Kerne, doch kann der Anteil der S-Phasen-Zellen erfasst werden.

Das Ausmaß des3H-TdR-Einbaus im Zellkern und Zytoplasma morphologisch normaler Zellen, das an der Ablagerung von Silberkörnern ablesbar ist, sollte durch geeignete Verfahren ermittelt werden.

Die Körnerzahl wird über dem Zellkern (NG) und über kernäquivalenten Bereichen des Zytoplasmas (CG) ermittelt. Als CG-Wert kommt entweder die für den am stärksten markierten Bereich des Zytoplasmas ermittelte Körnerzahl oder der Durchschnittswert von zwei bis drei nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Bereichen in Nähe des Zellkerns in Frage. Auch andere Zählverfahren (z. B. Ganzzellenzählung) können bei entsprechender Begründung angewendet werden (6).

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Es sind die Daten für die einzelnen Objektträger und Tiere zu dokumentieren. Zusätzlich sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Die Nettokörnerzahl über dem Zellkern (NNG) ist für jede Zelle, für jedes Tier und für jede Dosis und jeden Zeitpunkt zu bestimmen, indem der CG-Wert vom NG-Wert subtrahiert wird. Werden die ‚in Reparatur befindlichen Zellen‘ gezählt, so sollten die Kriterien für die Definition der ‚in Reparatur befindlichen Zellen‘ begründet werden und auf historischen oder gleichzeitigen Negativkontrolldaten beruhen. Numerische Ergebnisse können mit Hilfe statistischer Verfahren bewertet werden. Kommen statistische Tests zur Anwendung, so sind sie vor Durchführung der Studie auszuwählen und zu begründen.

2.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Als Beispiele für Kriterien zur Bestimmung positiver/negativer Reaktionen seien genannt:

positiv

i)

NNG Werte oberhalb eines vorher festgelegten Schwellenwerts, der auf der Grundlage von historischen Daten des Labors zu begründen ist; oder

 

ii)

NNG Werte, die deutlich über den Werten der gleichzeitigen Kontrolle liegen;

negativ

i)

NNG Werte, die unterhalb des historisch begründeten Schwellenwerts liegen; oder

 

ii)

NNG Werte, die nicht wesentlich über den Werten der gleichzeitigen Kontrolle liegen.

Es ist die biologische Relevanz der Daten zu untersuchen, d. h., es sind Parameter wie Variabilität der Tiere, Dosis-Wirkungs-Verhältnis und Zytotoxizität zu berücksichtigen. Als Hilfsmittel bei der Bewertung der Versuchsergebnisse können statistische Methoden dienen. Die statistische Signifikanz sollte aber nicht der einzige bestimmende Faktor für eine positive Reaktion sein.

Auch wenn die meisten Versuche eindeutig positive oder negative Ergebnisse liefern, erlaubt der Datensatz in seltenen Fällen keine definitive Aussage über die Aktivität der Prüfsubstanz. Es kommt vor, dass sich die Ergebnisse unabhängig davon, wie oft der Versuch wiederholt wird, weiterhin als nicht eindeutig oder als fragwürdig erweisen.

Ein positiver Befund des In-vivo-UDS-Tests an Säugetierleberzellen deutet darauf hin, dass die Prüfsubstanz in vivo bei Säugetierleberzellen eine DNA-Schädigung hervorruft, die in vitro durch unplanmäßige DNA-Synthese repariert werden kann. Ein negativer Befund ist ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz unter diesen Versuchsbedingungen keine mit diesem Test nachweisbare DNA-Schädigung induziert.

Zu erörtern ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Prüfsubstanz in den allgemeinen Blutkreislauf bzw. in das spezifische Zielgewebe gelangt (z. B. systemische Toxizität).

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

 

Lösungsmittel/Vehikel:

Begründung für die Wahl des Vehikels;

Löslichkeit und Stabilität der Prüfsubstanz im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt.

 

Versuchstiere:

Spezies/Stamm;

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

Gewicht der einzelnen Tiere bei Prüfungsbeginn, einschließlich Bereich des Körpergewichts, Mittelwert und Standardabweichung für jede Gruppe.

 

Prüfbedingungen:

Positiv- und Negativ-(Vehikel-/Lösungsmittel-)Kontrollen;

Daten aus einer ggf. durchgeführten Dosisfindungsstudie;

Begründung der gewählten Dosisstufen;

Angaben zur Zubereitung der Prüfsubstanz;

Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;

Begründung für den Verabreichungsweg;

ggf. Methoden zur Überprüfung, ob die Prüfsubstanz in den allgemeinen Kreislauf oder in das Zielgewebe gelangt;

ggf. Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Wasser (ppm) in die entsprechende Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag);

Angaben über Futter- und Wasserqualität;

nähere Angaben zum Behandlungs- und Stichprobenentnahmeplan;

Methoden zur Bestimmung der Toxizität;

Methoden zur Leberzellenpräparation und -kultur;

verwendetes autoradiografisches Verfahren;

Anzahl der präparierten Objektträger und der ausgewerteten Zeilen;

Bewertungskriterien;

Kriterien zur Einstufung der Studien als positiv, negativ oder nicht eindeutig.

 

Ergebnisse:

Mittelwerte der Körnerzahlen über dem Zellkern und über dem Zytoplasma sowie der Nettokörnerzahlen über dem Zellkern für jeden einzelnen Objektträger, jedes Tier und jede Gruppe;

nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;

ggf. statistische Auswertung;

Toxizitätszeichen;

Daten zur gleichzeitigen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen;

Daten zu historischen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen;

Anzahl der ‚in Reparatur befindlichen Zellen‘, falls ermittelt;

Anzahl der S-Phasen-Zellen, falls ermittelt;

Lebensfähigkeit der Zellen.

 

Diskussion der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Ashby, J., Lefevre, P. A., Burlinson, B. and Penman, M. G. (1985), An Assessment of the In Vivo Rat Hepatocyte DNA Repair Assay, Mutation Res., 156, 1-18.

(2)

Butterworth, B. E., Ashby, J., Bermudez, E., Casciano, D., Mirsalis, J., Probst G. and Williams, G. (1987), A Protocol and Guide for the In Vivo Rat Hepatocyte DNA-Repair Assay, Mutation Res., 189, 123-133.

(3)

Kennelly. J. C, Waters, R., Ashby, J., Lefevre, P. A., Burlinson B., Benford, D. J., Dean, S. W. and Mitchell I. de G. (1993), In Vivo Rat Liver UDS Assay, in: Kirkland D. J. and Fox M., (eds.), Supplementary Mutagenicity Tests: UKEM Recommended Procedures. UKEMS Subcommittee on Guidelines for Mutagenicity Testing Report. Part II revised, Cambridge University Press, Cambridge, New York, Port Chester, Melbourne, Sydney, 52-77.

(4)

Madle, S., Dean, S. W., Andrae, U., Brambilla, G., Burlinson, B., Doolittle, D. J., Furihata, C., Hertner, T., McQueen, C. A. and Mori, H. (1993), Recommendations for the Performance of UDS Tests In Vitro and In Vivo. Mutations Res., 312, 263-285.

(5)

Fautz, R., Hussain, B., Efstathiou, E. and Hechenberger-Freudl, C. (1993), Assessment of the Relation Between the Initital Viability and the Attachment of Freshly Isolated Rat Hepatocytes Used for the In Vivo/ln Vitro DNA Repair Assay (UDS), Mutation Res., 291, 21-27.

(6)

Mirsalis, J. C, Tyson, C. K. and Butterworth, B. E. (1982), Detection of Genotoxic Carcinogens in the In Vivo/In Vitro Hepatocyte DNA Repair Assay, Environ Mutagen, 4, 553-562.

B.40.   IN-VITRO-PRÜFUNG AUF HAUTÄTZENDE WIRKUNG: TER-TEST (TRANSCUTANEOUS ELECTRICAL RESISTANCE TEST)

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht OECD TG 430 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Unter hautätzender Wirkung versteht man die irreversible Schädigung eines getesteten Gewebes nach Anwendung eines Testmaterials (gemäß Definition im Weltweit harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von chemischen Substanzen und Gemischen (GHS — Globally Harmonised System for the Classification and Labelling of Chemical Substances and Mixtures)) (1). Die vorliegende Methode umfasst ein Verfahren, nach dem die Beurteilung der hautätzenden Wirkung nicht an lebenden Tieren durchgeführt wird.

Bei der Beurteilung der hautätzenden Wirkung wurden üblicherweise Labortiere als Versuchstiere eingesetzt (2). Bedenken hinsichtlich der Schmerzen und Leiden der hierfür verwendeten Tiere wurden bei der Überarbeitung von Testmethode B.4 berücksichtigt, mit der die hautätzende Wirkung durch alternative In-vitro-Methoden ermittelt werden kann und somit unnötige Schmerzen und Leiden vermieden werden.

Als erster Schritt auf dem Weg zur Erarbeitung alternativer Tests, die unter gesetzgeberischen Aspekten für die Prüfung auf hautätzende Wirkung eingesetzt werden können, werden Vorvalidierungsstudien (3) durchgeführt. Im Anschluss hieran erfolgte eine formelle Validierungsstudie von In-vitro-Methoden zur Beurteilung der hautätzenden Wirkung (4) (5) (6) (7) (8). Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Studien sowie weiterer Veröffentlichungen erging die Empfehlung, die nachstehenden Tests als geeignet für die In-vivo-Beurteilung auf hautätzende Wirkung einzustufen (9) (10) (11): der Test mit einem menschlichen Hautmodell (siehe Testmethode B.40 bis) sowie der TER-Test (transcutaneous electrical resistance test — die hier beschriebene Methode).

In einer Validierungsstudie und weiteren veröffentlichten Studien wurde festgestellt, dass beim TER-Test (transcutaneous electrical resistance assay) an Ratten (12) (13) zuverlässig zwischen bekannten hautätzenden Stoffen und solchen, die diese Eigenschaften nicht aufweisen, unterschieden werden kann (5) (9).

Der in der vorliegenden Methode beschriebene Test ermöglicht die Feststellung ätzend wirkender chemischer Stoffe und Gemische. Außerdem können damit Stoffe und Gemische festgestellt werden, die keine ätzende Wirkung aufweisen, wenn dies durch eine Weight-of-Evidence-Ermittlung unter Auswertung anderer vorliegender Informationen untermauert wird (z. B. pH-Struktur-Wirkungs-Beziehungen, menschliche und/oder tierische Daten) (1) (2) (11) (14). Informationen zu Hautreizungen vermittelt dieser Test nicht; außerdem ermöglicht er auch nicht die Unterkategorisierung hautätzender Stoffe gemäß den Zulässigkeitskriterien des GHS-Systems (1).

Zur umfassenden Beurteilung lokaler Wirkungen auf die Haut nach einmaliger dermaler Exposition wird empfohlen, die sequenzielle Teststrategie einzuhalten, die in der Anlage zu Testmethode B.4 (2) und im GHS-System (1) festgelegt ist. Diese Teststrategie umfasst die Durchführung von In-vitro-Tests auf hautätzende Wirkung (wie sie in dieser Methode beschrieben werden) und Hautreizungen, bevor Tests an lebenden Tieren in Betracht gezogen werden.

1.2.   DEFINITION

In-vivo-Prüfung auf hautätzende Wirkung: Herbeiführung irreversibler Schädigung des Hautgewebes: sichtbare Nekrose durch die Epidermis und in die Dermis nach Auftragen eines Teststoffs über einen Zeitraum von bis zu vier Stunden. Hautätzende Reaktionen sind typischerweise begleitet von Geschwüren, Blutungen, blutigem Schorf sowie am Ende des 14-tägigen Beobachtungszeitraums von Verfärbungen als Folge der Ausbleichung der Haut, Bereichen vollständiger Alopezie sowie Narbenbildung. Bei der Beurteilung fragwürdiger Schädigungen ist die Histopathologie mit zu berücksichtigen.

TER (Transcutaneous Electrical Resistance): ein Maß für den elektrischen Widerstand der Haut, angegeben als Widerstand in Ohm. Ein einfaches und stabiles Verfahren zur Beurteilung der Sperrfunktion, indem der Ionendurchtritt durch die Haut mithilfe einer Wheatstone-Messbrücke aufgezeichnet wird.

1.3.   REFERENZSTOFFE

Tabelle 1

Referenzchemikalien

Bezeichnung

EINECS-Nr.

CAS-Nr.

 

1,2-Diaminopropan

201-155-9

78-90-0

Stark hautätzend

Acrylsäure

201-177-9

79-10-7

Stark hautätzend

2-tert. Butylphenol

201-807-2

88-18-6

Hautätzend

Kaliumhydroxid(10 %)

215-181-3

1310-58-3

Hautätzend

Schwefelsäure (10 %)

231-639-5

7664-93-9

Hautätzend

Octansäure (Caprylsäure)

204-677-5

124-07-02

Hautätzend

4-Amino-1,2,4-Triazol

209-533-5

584-13-4

Nicht hautätzend

Eugenol

202-589-1

97-53-0

Nicht hautätzend

Phenethylbromid

203-130-8

103-63-9

Nicht hautätzend

Tetrachlorethylen

204-825-9

27-18-4

Nicht hautätzend

Isostearinsäure

250-178-0

30399-84-9

Nicht hautätzend

4-(Methylthio)-Benzaldehyd

222-365-7

3446-89-7

Nicht hautätzend

Die meisten der in obiger Liste angegebenen Chemikalien wurden der Liste der für die internationale Validierungsstudie der CEVMA ausgewählten Chemikalien entnommen (4). Die Auswahl stützt sich auf folgende Kriterien:

i)

gleiche Anzahl hautätzender und nicht hautätzender Stoffe,

ii)

gewerblich erhältliche Stoffe, die die meisten maßgeblichen chemischen Klassen abdecken,

iii)

Aufnahme sowohl stark hautätzender als auch weniger hautätzender Stoffe, um eine Unterscheidung nach dem Grad der hautätzenden Wirkung zu ermöglichen,

iv)

Auswahl von Chemikalien, die für eine Laborverwendung geeignet sind, ohne dass dabei — außer der hautätzenden Wirkung — anderweitige schwer wiegende Gefahren auftreten.

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Das Testmaterial wird in einem Zweikammersystem bis zu 24 Stunden lang auf den Epidermisflächen von Hautstücken aufgebracht, wobei die Hautstücke als Trennwand zwischen den beiden Kammern fungieren. Die Hautstücke werden 28-30 Tage alten Ratten entnommen, die zuvor tierschutzgerecht getötet wurden. Hautätzende Materialien werden anhand ihrer Fähigkeit ermittelt, einen Verlust der normalen Beschaffenheit und Sperrfunktion der Hornhaut (Stratum Corneum) herbeizuführen, welcher als Senkung des TER unter einen bestimmten Schwellenwert (12) gemessen wird. Beim TER von Ratten wurde ein Grenzwert von 5 kΩ auf der Grundlage umfangreicher Datenbestände für ein breites Spektrum unterschiedlicher Chemikalien gewählt, wobei die überwiegende Mehrzahl der Werte entweder eindeutig deutlich oberhalb dieses Grenzwerts lag (oft > 10 kΩ) oder aber deutlich unterhalb dieses Werts (oft < 3 kΩ) (12). Im Allgemeinen sinkt der TER bei Materialien, die bei Tieren nicht hautätzend wirken, aber hautreizende bzw. nicht hautreizende Eigenschaften aufweisen, nicht bis unter diesen Schwellenwert. Außerdem kann sich durch die Verwendung anderer Hautherstellungen oder anderer Testgeräte der Schwellenwert verändern, wodurch eine zusätzliche Validierung notwendig wird.

Im Testverfahren ist zur Bestätigung der Tests auf positive Ergebnisse im TER (einschließlich Werten um ca. 5 kΩ) ein Farbbindungsschritt vorgesehen. Durch den Farbbindungsschritt wird festgestellt, ob die steigende Ionenpermeabilität auf die materielle Zerstörung der Hornhaut (Stratum Corneum) zurückzuführen ist. Durch die TER-Methode mit Rattenhaut konnte eine gute Vorhersagegenauigkeit der hautätzenden In-vivo-Wirkung bei dem nach Testmethode B.4 (2) untersuchten Kaninchen nachgewiesen werden. Zu beachten ist dabei, dass der In-vivo-Test an Hasen hinsichtlich der hautätzenden Wirkung und Hautreizung im Vergleich zum Test mit menschlichen Hautstücken ausgesprochen konservativ angelegt ist (15).

1.5.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.5.1.   Tiere

Für diesen Test werden Ratten verwendet, da die Empfindlichkeit der Haut dieser Tiere gegenüber Chemikalien in diesem Test bereits früher nachgewiesen wurde (10). Alter (wenn sich die Haut vollständig gebildet hat) und Abstammung der Ratte sind von besonderer Bedeutung, damit gewährleistet ist, dass sich die Fellfollikel in der Ruhephase befinden, bevor das Fellwachstum der erwachsenen Tiere beginnt.

An den jungen, ca. 22 Tage alten männlichen oder weiblichen Ratten (Wistar-Ratten oder vergleichbare Abstammung) wird das Fell am Rücken und an den Flanken mit einem geeigneten Instrument sorgfältig geschoren. Anschließend werden die Tiere mit vorsichtigen Wischbewegungen gewaschen, wobei die geschorenen Flächen in eine Antibiotikalösung getaucht werden (die Lösung enthält beispielsweise Streptomycin, Penicillin, Chloramphenicol und Amphotericin in Konzentrationen, die ein bakterielles Wachstum verhindern). Die Tiere werden dann am dritten oder vierten Tag nach dem ersten Waschvorgang erneut gewaschen und innerhalb von 3 Tagen nach dem zweiten Waschvorgang verwendet, wenn sich die Hornhaut vom Schervorgang erholt hat.

1.5.2.   Gewinnung der Hautstücke

Die Versuchstiere werden im Alter von 28-30 Tagen tierschutzgerecht getötet; dieses Alter ist von entscheidender Bedeutung. Die dorsal-laterale Haut der Tiere wird entfernt und von überschüssigem subkutanem Fett befreit, das von der Haut sorgfältig abgeschält wird. Es werden Hautstücke mit einem Durchmesser von je ca. 20 mm entnommen. Die Haut kann vor der Verwendung der Hautstücke eingelagert werden, wenn es sich zeigt, dass die positiven und negativen Kontrolldaten mit den an frischer Haut ermittelten Daten übereinstimmen.

Jedes Hautstück wird so über das Ende eines PTFE-(Polytetrafluorethylen)-Rohres gelegt, dass die Epidermisoberfläche auf dem Ende des Rohres aufliegt. Zur Fixierung des Hautstücks wird ein O-Ring aus Gummi straff über das Rohrende gezogen, so dass die Haut fixiert wird, und überflüssiges Hautgewebe wird abgeschnitten. Die Abmessungen des Rohrs und des O-Rings sind in Abbildung 2 angegeben. Der O-Ring wird sodann mit gereinigter Naturvaseline zum Ende des PTFE-Rohrs hin gründlich abgedichtet. Das Rohr wird durch eine Federklemme in einer Rezeptorkammer gehalten, die Magnesiumsulfatlösung (154 mM) enthält (Abbildung 1). Das Hautstück ist vollständig in die MgSO4-Lösung einzutauchen. Aus einer einzigen Rattenhaut können bis zu 10-15 Hautstücke entnommen werden.

Vor Beginn der Tests wird zu Qualitätssicherungszwecken bei jeder Tierhaut der elektrische Widerstand an zwei Hautstücken gemessen. Beide Hautstücke müssen einen Widerstand von mehr als 10 kΩ für die übrigen für den Test verwendeten Hautstücke aufweisen. Liegt der Widerstand unter 10 kΩ, sind die übrigen Hautstücke der betreffenden Tierhaut zu vernichten.

1.5.3.   Aufbringen der Test- und Kontrollsubstanzen

Für jede Studie sind gleichzeitige Positiv- und Negativ-Kontrollen zu verwenden, um eine angemessene Eignung des Experimentalmodells sicherzustellen. Es sind Hautstücke eines einzigen Tieres zu verwenden. Als Positiv- und Negativ-Kontrollsubstanzen werden 10 M Chlorwasserstoffsäure bzw. destilliertes Wasser zu verwenden.

Die flüssigen Testsubstanzen (150 μl) werden im Rohrinneren gleichmäßig auf die epidermale Oberfläche aufgebracht. Bei Tests an Feststoffen wird eine ausreichende Menge des Feststoffs gleichmäßig auf das Hautstück aufgebracht, so dass gewährleistet ist, dass die gesamte Epidermisoberfläche bedeckt ist. Auf den Feststoff wird entionisiertes Wasser (150 μl) aufgebracht und das Rohr vorsichtig bewegt. Um optimalen Kontakt der Testsubstanzen mit der Haut zu erreichen, müssen einige Feststoffe gegebenenfalls auf 30 oC erwärmt werden, so dass die Testsubstanz schmilzt oder weich wird, oder die Testsubstanz muss zu einem Granulat oder Pulver zermahlen werden.

Für jede Test- und Kontrollsubstanz werden je drei Hautstücke verwendet. Die Testsubstanzen werden 24 Stunden lang bei 20-23 oC aufgebracht. Die Testsubstanz wird durch Waschen unter fließendem Wasser bei maximal 30 oC gewaschen, bis kein weiteres Material mehr entfernt werden kann.

1.5.4.   TER-Messungen

Der Hautwiderstand wird als TER mit einer Wheatstone'schen Wechselstrom-Messbrücke mit niedriger Spannung gemessen (13). Die Kenndaten der Messbrücke lauten: Betriebsspannung 1-3 Volt, sinus- oder rechteckförmiger Wechselstrom mit 50-1 000 Hz, Messbereich mindestens 0,1-30 kΩ. Die in der Validierungsstudie verwendete Datenbrücke misst Induktivität, Kapazität und Widerstand bis 2 000 H, 2 000 μF bzw. 2 MΩ bei Frequenzen von 100 Hz oder 1 kHz unter Verwendung serieller oder paralleler Werte. Für die TER-Messungen werden Messungen der hautätzenden Wirkung in Widerständen bei einer Frequenz von 100 Hz und unter Verwendung serieller Werte verwendet. Vor der Messung des elektrischen Widerstands wird die Oberflächenspannung der Haut durch Zugabe einer ausreichenden Menge von 70 %igem Ethanol verringert, so dass die Epidermis bedeckt ist. Nach einigen Sekunden wird das Ethanol aus dem Rohr entfernt und das Hautgewebe durch Hinzufügen von 3 ml MgSO4-Lösung (154 mM) befeuchtet. Zur Messung des Widerstands in kΩ/Hautstück (Abbildung 1) werden die Elektroden der Datenbrücke auf beiden Seiten des Hautstücks angebracht. Die Gesamtabmessungen der Elektroden sowie die Länge der Elektrode unterhalb der Abgreifklemmen sind in Abbildung 2 dargestellt. Die an der Innenelektrode angebrachte Abgreifklemme liegt während der Widerstandsmessung oben auf dem PTFE-Rohr auf, so dass stets eine gleich bleibende Elektrodenlänge in die MgSO4-Lösung eingetaucht bleibt. Die äußere Elektrode ist in der Rezeptorkammer so angeordnet, dass sie am Kammerboden ansteht. Der Abstand zwischen der Federklemme und dem unteren Ende des PTFE-Rohrs bleibt konstant (Abbildung 2), da dieser Abstand den erzielten Widerstandswert beeinflusst. Folglich muss auch der Abstand zwischen der Innenelektrode und dem Hautstück konstant und möglichst gering sein (1-2 mm).

Ist der gemessene Widerstand größer als 20 kΩ, so kann dies daran liegen, dass ein Rest der Testsubstanz die Epidermisoberfläche des Hautstücks bedeckt. Zur weiteren Entfernung dieser Schicht kann beispielsweise versucht werden, das PTFE-Rohr mit dem durch einen Gummihandschuh geschützten Daumen zu verschließen und das Rohr ca. 10 Sekunden lang zu schütteln; anschließend wird die MgSO4–Lösung weggeschüttet und die Widerstandsmessung mit frischer MgSO4-Lösung wiederholt.

Eigenschaften und Abmessungen der Testapparatur und das verwendete Versuchsverfahren können die ermittelten TER-Werte beeinflussen. Der Schwellenwert von 5 kΩ für hautätzende Wirkung wurde aus Daten entwickelt, die mit der/dem in dieser Methode beschriebenen speziellen Versuchsanordnung und Versuchsverfahren ermittelt wurden. Abweichende Schwellen- und Kontrollwerte gelten möglicherweise, wenn sich die Testbedingungen ändern oder eine andere Versuchsanordnung verwendet wird. Daher müssen die Schwellenwerte für die Methodik und den Widerstand durch Prüfung einer Reihe von Referenznormalen kalibriert werden, die aus den in der Validierungsstudie (4) (5) verwendeten Chemikalien ausgewählt wurden, oder aus Chemikalienklassen, die den untersuchten Chemikalien ähneln. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über geeignete Referenzchemikalien.

1.5.5.   Farbbindungsmethoden

Bei bestimmten nicht hautätzenden Materialien, denen die Haut ausgesetzt ist, kann der Widerstand unter den Schwellenwert von 5 kΩ sinken, wodurch es zum Ionendurchtritt durch die Hornhaut kommt und der elektrische Widerstand absinkt (5). So können beispielsweise neutrale organische Stoffe und Chemikalien mit oberflächenaktiven Eigenschaften (u. a. Detergenzien, Emulgatoren und andere Tenside) die Hautlipide entziehen, wodurch die Trennschicht ionendurchlässiger wird. Liegen die TER-Werte der Testsubstanzen also unter oder um 5 kΩ und sind keine optischen Anzeichen einer Schädigung zu erkennen, ist eine Beurteilung des Farbeindringvermögens an den Kontroll- und behandelten Hautgeweben durchzuführen, um festzustellen, ob die ermittelten TER-Werte durch gestiegene Hautpermeabilität oder durch hautätzende Wirkung zustande kamen (3) (5). In letzterem Fall dringt, wenn eine Unterbrechung der Hornhaut vorliegt, der auf die Hautoberfläche aufgetragene Farbstoff Sulforhodamin B rasch ein und verursacht eine Verfärbung des darunter liegenden Hautgewebes. Dieser Farbstoff ist gegenüber einer breiten Palette von Chemikalien stabil und wird durch das nachstehend beschriebene Extraktionsverfahren nicht beeinflusst.

1.5.5.1.   Anwendung und Entfernung von Sulforhodamin-B-Farbstoff

Nach der Beurteilung der TER-Tests wird das Magnesiumsulfat aus dem Röhrchen abgeschüttet und die Haut sorgfältig auf erkennbare Schäden untersucht. Sind keine erkennbaren größeren Schädigungen festzustellen, wird Farbstoff Sulforhodamin B (Acid Red 52; C.I. 45100; EINECS-Nummer 222-529-8; CAS-Nummer 3520-42-1), 150 μl in einer 10 %igen (w/v) Verdünnung in destilliertem Wasser 2 Stunden lang auf die Epidermisoberfläche jedes Hautstücks aufgetragen. Diese Hautstücke werden anschließend bei einer Temperatur bis zur Raumtemperatur unter fließendem Wasser ca. 10 Sekunden lang abgewaschen, um überschüssige/ungebundene Farbe zu entfernen. Jedes Hautstück wird sorgfältig vom PTFE-Rohr entfernt und in ein Gefäß (z. B. ein 20-ml-Szintillationsfläschchen) eingelegt, das entionisiertes Wasser (8 ml) enthält. Die Fläschchen werden 5 Minuten lang vorsichtig geschüttelt, um restliche ungebundene Farbe zu entfernen. Nach Wiederholung des Spülvorgangs werden die Hautstücke entnommen und in Fläschchen eingelegt, die 5 ml 30 %iges (w/v) Natriumdodecylsulfat (SDS) in destilliertem Wasser enthalten, und über Nacht bei 60 oC aufbewahrt.

Nach dieser Inkubation werden die einzelnen Hautstücke entnommen und entsorgt und die verbleibende Lösung 8 Minuten lang bei 21 oC zentrifugiert (relative Zentrifugalkraft ~175 × g). Eine 1-ml-Probe des oberflächenaktiven Stoffs wird 1:5 (v/v) (d. h. 1 ml + 4 ml) mit 30 %igem (w/v) SDS in destilliertem Wasser verdünnt. Die optische Dichte (OD) der Lösung wird bei 565 nm gemessen.

1.5.5.2.   Berechnung des Farbgehalts

Der Gehalt an Sulforhodamin-B-Farbstoff je Hautstück wird mittels der OD-Werte (5) berechnet (molarer Extinktionskoeffizient von Sulforhodamin B bei 565 nm = 8,7 × 104, Molekulargewicht = 580). Der Farbstoffgehalt wird für jedes der drei Hautstücke durch eine entsprechende Kalibrierungskurve bestimmt und dann der mittlere Farbstoffgehalt für die Wiederholungs-Gleichtests berechnet.

2.   DATEN

Die Widerstandswerte (kΩ) und ggf. der mittlere Farbstoffgehalt (μg/Hautstück) für das Testmaterial sowie für Positiv- und Negativkontrollen sind in Tabellenform (Einzelversuchsdaten und Mittelwerte ± statistische Abweichung) einschließlich der Daten für Wiederholungs-Gleichtests und Mehrfachbestimmungen sowie der Mittelwerte und Einzelwerte in Berichten zusammenzufassen.

2.1.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Die mittleren TER-Werte werden akzeptiert, wenn die Ergebnisse der gleichzeitigen Positiv- und Negativkontrollen innerhalb der akzeptablen Bereiche für die Methode im Testlabor liegen. Die akzeptablen Widerstandsbereiche für die oben beschriebene Methode und Versuchsanordnung lauten wie folgt:

Kontrolle

Substanz

Widerstandsbereich (kΩ)

Positiv

10M Chlorwasserstoffsäure

0,5 - 1,0

Negativ

Destilliertes Wasser

10-25

Die ermittelten Mittelwerte der Farbbindung werden nur akzeptiert, sofern die Ergebnisse der gleichzeitig getesteten Kontrollen innerhalb definierter Akzeptanzgrenzen der betreffenden Methode liegen. Für die Kontrollsubstanzen der oben beschriebenen Methodik und Versuchsanordnung werden folgende Akzeptanzbereiche vorgeschlagen:

Kontrolle

Substanz

Farbgehaltsbereich (μg/Hautstück)

Positiv

10M Chlorwasserstoffsäure

40-100

Negativ

Destilliertes Wasser

15-35

Die Testsubstanz gilt als nicht hautätzend:

i)

wenn der Mittelwert des für die Testsubstanz ermittelten TER-Werts größer als 5 kΩ ist oder

ii)

wenn der Mittelwert des TER-Werts gleich 5 kΩ oder kleiner ist und

das Hautstück keine wahrnehmbaren Veränderungen erkennen lässt, und

der mittlere Farbstoffgehalt des Hautstücks deutlich unter dem mittleren Farbstoffgehalt des Hautstücks der gleichzeitig mit 10M HCl durchgeführten Positivkontrolle liegt.

Die Testsubstanz gilt als hautätzend:

i)

wenn der Mittelwert des TER-Werts gleich 5 kΩ oder kleiner ist und das Hautstück offensichtliche Schädigungen aufweist oder

ii)

wenn der Mittelwert des TER-Werts gleich 5 kΩ oder kleiner ist und

das Hautstück keine offensichtlichen Schädigungen aufweist, aber

der mittlere Farbstoffgehalt größer oder gleich dem mittleren Farbstoffgehalt der gleichzeitig mit 10M HCl ermittelten Positivkontrolle ist.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Informationen enthalten:

 

Test- und Kontrollsubstanzen:

chemische Bezeichnung(en) wie IUPAC oder CAS-Bezeichnung und CAS-Nummer, sofern bekannt;

Reinheit und Zusammensetzung der Substanz oder Zubereitung (in Gewichts- %), physikalische Eigenschaften;

physikalisch-chemische Eigenschaften wie physikalischer Zustand, pH-Wert, Stabilität, Wasserlöslichkeit, die für die Durchführung der Untersuchung relevant sind;

Behandlung der Test-/Kontrollsubstanzen vor dem Test, sofern relevant (z. B. Erwärmen, Mahlen);

Stabilität, sofern bekannt.

 

Versuchstiere:

Abstammung und Geschlecht;

Alter der Tiere zum Zeitpunkt der Verwendung als Spendertiere;

Herkunft, Unterbringungsbedingungen, Ernährung usw.;

Details der Herstellung der Hautstücke.

 

Testbedingungen:

Eichkurven für die Versuchsapparaturen;

Eichkurven für die Durchführung des Farbbindungstests;

Details des Testverfahrens für die TER-Messungen;

Details des Testverfahrens für die Beurteilung der Farbbindefähigkeit (sofern relevant);

Beschreibung etwaiger an den Testverfahren vorgenommener Änderungen;

Beschreibung der zugrunde gelegten Beurteilungskriterien.

 

Ergebnisse:

Darstellung der Daten der TER- und Farbbindungstests in Tabellenform (sofern relevant) für Einzeltiere und einzelne Hautproben;

Beschreibung etwaiger beobachteter Wirkungen.

 

Diskussion der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

OECD (2001) Harmonised Integrated Classification System for Human Health and Environmental Hazards of Chemical Substances and Mixtures. OECD Series on Testing and Assessment Number 33. ENV/JM/MONO(2001)6, Paris. http://www.olis.oecd.org/olis/2001doc.nsf/LinkTo/env-jm-mono(2001)6.

(2)

Testmethode B.4. Acute Toxicity: Dermal Irritation/Corrosion (Akute Toxizität: Hautreizung/hautätzende Wirkung).

(3)

Botham, P.A., Chamberlain, M., Barratt, M.D., Curren, R.D., Esdaile, D.J., Gardner, J.R., Gordon, V.C., Hildebrand, B., Lewis, R.W., Liebsch, M., Logemann, P., Osborne, R., Ponec, M., Regnier, J.F., Steiling, W., Walker, A.P., and Balls, M. (1995). A prevalidation study on in vitro skin corrosivity testing. The report and recommendations of ECVAM Workshop 6. ATLA 23, 219-255.

(4)

Barratt, M.D., Brantom, P.G., Fentem, J.H., Gerner, I., Walker, A.P., and Worth, A.P. (1998). The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 1. Selection and distribution of the test chemicals. Toxic. in Vitro 12, 471-482.

(5)

Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Holzhütter, H.-G., and Liebsch, M. (1998). The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team. Toxic. in Vitro 12, 483-524.

(6)

OECD (1996). Final Report of the OECD Workshop on Harmonization of Validation and Acceptance Criteria for Alternative Toxicological Test Methods, 62 S.

(7)

Balls, M., Blaauboer, B.J., Fentem. J.H., Bruner. L., Combes, R.D., Ekwall, B., Fielder. R.J., Guillouzo, A., Lewis, R.W., Lovell, D.P., Reinhardt, C.A., Repetto, G., Sladowski. D., Spielmann, H., and Zucco, F. (1995). Practical aspects of the validation of toxicity test procedures. The report and recommendations of ECVAM workshops. ATLA 23, 129-147.

(8)

ICCVAM (Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods). (1997). Validation and Regulatory Acceptance of Toxicological Test Methods. NIH Publication No. 97-3981. National Institute of Environmental Health Sciences, Research Triangle Park, NC, USA. http://iccvam.niehs.nih.gov/docs/guidelines/validate.pdf.

(9)

ECVAM (1998). ECVAM News & Views. ATLA 26, 275-280.

(10)

ICCVAM (Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods). (2002). ICCVAM evaluation of EpiDermTM, EPISKINTM (EPI-200), and the Rat Skin Transcutaneous Electrical Resistance (TER) assay: In Vitro test methods for assessing dermal corrosivity potential of chemicals. NIH Publication No. 02-4502. National Toxicology Program Interagency Center for the Evaluation of Alternative Toxicological Methods, National Institute of Environmental Health Sciences, Research Triangle Park, NC, USA. http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/epiddocs/epis_brd.pdf.

(11)

OECD (2002) Extended Expert Consultation Meeting on The In Vitro Skin Corrosion Test Guideline Proposal, Berlin, 1st –2nd November 2001, Secretariat's Final Summary Report, 27. März 2002, OECD ENV/EHS; auf Anfrage beim Sekretariat erhältlich.

(12)

Oliver, G.J.A., Pemberton, M.A. and Rhodes, C. (1986). An in vitro skin corrosivity test — modifications and validation. Fd. Chem. Toxicol. 24, 507-512.

(13)

Botham, P.A., Hall, T.J., Dennett, R., McCall, J.C., Basketter, D.A., Whittle, E., Cheeseman, M., Esdaile, D.J. and Gardner, J. (1992). The skin corrosivity test in vitro: results of an interlaboratory trial. Toxic, in Vitro 6, 191-194.

(14)

Worth A.P, Fentem J.H., Balls M, Botham P.A, Curren R.D, Earl L.K, Esdaile D.J, Liebsch M. (1998). An Evaluation of the Proposed OECD Testing Strategy for Skin Corrosion. ATLA 26: 709-720.

(15)

Basketter, D.A., Chamberlain, M., Griffiths, H.A., Rowson, M., Whittle, E., York, M. (1997). The classification of skin irritants by human patch test. Fd. Chem. Toxicol. 35, 845-852.

(16)

Oliver G.J.A, Pemberton M.A. and Rhodes C. (1988). An In Vitro model for identifying skin-corrosive chemicals. I. Initial Validation. Toxic, in Vitro. 2, 7-17.

Abbildung 1

Apparatur für den TER-Test mit Rattenhaut

Image

Abbildung 2

Abmessungen der Polytetrafluorethylen- (PFTE-) und Rezeptorrohre und der verwendeten Elektroden

Image

Kritische Faktoren der obigen Apparaturen

Innendurchmesser des PTFE-Rohrs,

Länge der Elektroden in Relation zum PTFE-Rohr und zum Rezeptorrohr, so dass die Hautscheibe nicht mit den Elektroden in Kontakt kommt und die Elektrode auf einer Standardlänge mit der MgSO4-Lösung in Kontakt steht,

die Menge an MgSO4-Lösung im Rezeptorrohr muss in Relation zum Füllstand im PTFE-Rohr den in Abbildung 1 dargestellten Flüssigkeitsstand ergeben,

das Hautstück muss so am PTFE-Rohr befestigt sein, dass der elektrische Widerstand ein richtiges Maß für die Hauteigenschaften darstellt.

B.40.bis.   IN-VITRO-PRÜFUNG AUF HAUTÄTZENDE WIRKUNG: TEST MIT MENSCHLICHEM HAUTMODELL

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht OECD TG 431 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Unter hautätzender Wirkung versteht man die irreversible Schädigung eines getesteten Gewebes nach Anwendung eines Testmaterials (gemäß Definition im weltweit harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von chemischen Substanzen und Gemischen (GHS — Globally Harmonised System for the Classification and Labelling of Chemical Substances and Mixtures)) (1). Bei dieser Testmethode ist die Verwendung lebender Tiere oder tierischen Gewebes für die Beurteilung der hautätzenden Wirkung nicht erforderlich.

Bei der Beurteilung der hautätzenden Wirkung wurden üblicherweise Labortiere als Versuchstiere eingesetzt (2). Bedenken hinsichtlich der Schmerzen und Leiden der hierfür verwendeten Tiere wurden bei der Überarbeitung von Testmethode B.4 berücksichtigt, mit der die hautätzende Wirkung durch alternative In-vitro-Methoden ermittelt werden kann und somit unnötige Schmerzen und Leiden vermieden werden.

Als erster Schritt auf dem Weg zur Erarbeitung alternativer Tests, die unter gesetzgeberischen Aspekten für die Prüfung auf hautätzende Wirkung eingesetzt werden können, wurden Vorvalidierungsstudien (3) durchgeführt. Im Anschluss hieran erfolgte eine formelle Validierungsstudie von In-vitro-Methoden zur Beurteilung der hautätzenden Wirkung (4) (5) (6) (7) (8). Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Studien sowie weiterer Veröffentlichungen (9) erging die Empfehlung, die nachstehenden Tests als geeignet für die In-vivo-Beurteilung auf hautätzende Wirkung einzustufen (10) (11) (12) (13): den Test mit einem menschlichen Hautmodell (die hier beschriebene Testmethode) sowie den TER-Test (transcutaneous electrical resistance test — siehe Testmethode B.40).

In Validierungsstudien wurde festgestellt, dass bei Tests mit dem menschlichen Hautmodell (3) (4) (5) (9) zuverlässig zwischen bekannten hautätzenden Stoffen und solchen, die diese Eigenschaften nicht aufweisen, unterschieden werden kann. Das Testprotokoll kann auch Angaben zur Unterscheidung zwischen stark und weniger stark hautätzend wirkenden Substanzen liefern.

Der in der vorliegenden Methode beschriebene Test ermöglicht die Feststellung ätzend wirkender chemischer Stoffe und Gemische. Außerdem können damit Stoffe und Gemische festgestellt werden, die keine ätzende Wirkung aufweisen, wenn dies durch eine Weight-of-Evidence-Ermittlung unter Auswertung anderer vorliegender Informationen untermauert wird (z. B. pH, Struktur-Wirkungs-Beziehungen, menschliche und/oder tierische Daten) (1) (2) (13) (14). Informationen zu Hautreizungen vermittelt dieser Test normalerweise nicht; außerdem ermöglicht er auch nicht die Unterkategorisierung hautätzender Stoffe gemäß den Zulässigkeitskriterien des GHS-Systems (1).

Zur umfassenden Beurteilung lokaler Wirkungen auf die Haut nach einmaliger dermaler Exposition wird empfohlen, die sequenzielle Teststrategie einzuhalten, die in der Anlage zu Testmethode B.4 (2) und im GHS-System (1) festgelegt ist. Diese Teststrategie umfasst die Durchführung von In-vitro-Tests auf hautätzende Wirkung (wie sie in dieser Methode beschrieben werden) und Hautreizungen, bevor Tests an lebenden Tieren in Betracht gezogen werden.

1.2.   DEFINITIONEN

In-vivo-Prüfung auf hautätzende Wirkung: Herbeiführung irreversibler Schädigung des Hautgewebes: sichtbare Nekrose durch die Epidermis und in die Dermis nach Auftragen eines Teststoffs über einen Zeitraum von bis zu 4 Stunden. Hautätzende Reaktionen sind typischerweise begleitet von Geschwüren, Blutungen, blutigem Schorf sowie am Ende des 14-tägigen Beobachtungszeitraums von Verfärbungen als Folge der Ausbleichung der Haut, Bereichen vollständiger Alopezie sowie Narbenbildung. Bei der Beurteilung fragwürdiger Schädigungen ist die Histopathologie mit zu berücksichtigen.

Viabilität der Zellen: Parameter zur Messung der Gesamtaktivität einer Zellenpopulation (z. B. Fähigkeit der zellulären mitochondrialen Dehydrogenasen, die lebenswichtige Farbstoff-MTT zu reduzieren), die je nach gemessenem Endpunkt und verwendetem Testaufbau mit der Gesamtzahl und/oder Vitalität der Zellen korreliert.

1.3.   REFERENZSTOFFE

Tabelle 1

Referenzchemikalien

Bezeichnung

EINECS-Nr.

CAS-Nr.

 

1,2-Diaminopropan

201-155-9

78-90-0

Stark hautätzend

Acrylsäure

201-177-9

79-10-7

Stark hautätzend

2-tert. Butylphenol

201-807-2

88-18-6

Hautätzend

Kaliumhydroxid (10 %)

215-181-3

1310-58-3

Hautätzend

Schwefelsäure (10 %)

231-639-5

7664-93-9

Hautätzend

Octansäure (Caprylsäure)

204-677-5

124-07-02

Hautätzend

4-Amino-1,2,4-Triazol

209-533-5

584-13-4

Nicht hautätzend

Eugenol

202-589-1

97-53-0

Nicht hautätzend

Phenethylbromid

203-130-8

103-63-9

Nicht hautätzend

Tetrachlorethylen

204-825-9

27-18-4

Nicht hautätzend

Isostearinsäure

250-178-0

30399-84-9

Nicht hautätzend

4-(Methylthio)-Benzaldehyd

222-365-7

3446-89-7

Nicht hautätzend

Die meisten der in obiger Liste angegebenen Chemikalien wurden der Liste der für die internationale Validierungsstudie der CEVMA ausgewählten Chemikalien entnommen (4). Die Auswahl stützt sich auf folgende Kriterien:

i)

gleiche Anzahl hautätzender und nicht hautätzender Stoffe,

ii)

gewerblich erhältliche Stoffe, die die meisten maßgeblichen chemischen Klassen abdecken,

iii)

Aufnahme sowohl stark hautätzender als auch weniger hautätzender Stoffe, um eine Unterscheidung nach dem Grad der hautätzenden Wirkung zu ermöglichen,

iv)

Auswahl von Chemikalien, die für eine Laborverwendung geeignet sind, ohne dass dabei — außer der hautätzenden Wirkung — anderweitige schwer wiegende Gefahren auftreten.

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Die Testsubstanz wird topisch auf ein dreidimensionales Modell menschlicher Haut aufgebracht, das mindestens eine rekonstruierte Epidermis mit funktionsfähiger Hornhaut aufweist. Ätzende Materialien werden aufgrund ihrer Fähigkeit ermittelt, bei einer spezifischen Expositionsdauer eine Verringerung der Viabilität (Lebensfähigkeit) der Zellen (dies kann beispielsweise mit dem MTT-Reduktionstest festgestellt werden (15)) unter festgelegte Schwellenwerte herbeizuführen. Dieses Testprinzip basiert auf der Hypothese, dass ätzende Chemikalien in der Lage sind, durch Diffusion oder Erosion die Hornhaut zu durchdringen, und darüber hinaus eine zytotoxische Wirkung auf die darunter liegenden Zellschichten ausüben.

1.4.1.   Testverfahren

1.4.1.1.   Modelle menschlicher Haut

Modelle menschlicher Haut können gewerblich aufgebaut oder bezogen werden (z. B. die Modelle EpiDerm™ und EPISKIN™) (16) (17) (18) (19) oder im Versuchslabor entwickelt oder aufgebaut werden (20) (21). Es versteht sich, dass die Verwendung menschlicher Haut einzelstaatlichen und internationalen ethischen Kriterien und Auflagen unterliegt. Jedes neue Modell ist zu validieren (mindestens in dem unter 1.4.1.1.2 beschriebenen Umfang). Modelle menschlicher Haut, die für diese Tests verwendet werden, müssen folgende Auflagen erfüllen:

1.4.1.1.1.   Allgemeine Bedingungen für die Modelle

Die Epithelschicht ist aus menschlichen Keratinozyten aufzubauen. Unter der funktionsfähigen Hornhaut müssen mehrere Lagen lebensfähiger Epithelzellen vorhanden sein. Das Hautmodell kann außerdem eine Schicht aus Stromalkomponenten aufweisen. Die Hornhaut muss aus mehreren Schichten bestehen und das notwendige Lipidprofil für den Aufbau einer funktionsfähigen Sperre aufweisen, die gegen das rasche Durchdringen zytotoxischer Markerstoffe beständig ist. Die Rückhalteeigenschaften des Modells müssen so gestaltet sein, dass der Durchtritt von Material rund um die Hornhaut in das lebensfähige Gewebe verhindert wird. Durch den Durchtritt der Testchemikalien um die Hornhaut kommt es zu einer mangelhaften Modellierung der Einwirkung auf die Haut. Das Hautmodell muss frei von bakterieller Kontamination (einschließlich Mykoplasma) und Pilzkontamination sein.

1.4.1.1.2.   Bedingungen für das Funktionsmodell

Die Größenordnung der Viabilität wird normalerweise durch die MTT oder andere metabolisch konvertierte vitale Farbstoffe quantifiziert. In diesen Fällen muss die optische Dichte (OD) des extrahierten (solubilisierten) Farbstoffs des negativen Kontrollgewebes mindestens dem Zwanzigfachen der OD des Extraktionslösemittels entsprechen (siehe Übersicht unter (22)). Das negative Kontrollgewebe muss während der Testexpositionsdauer in der Kultur stabile Eigenschaften aufweisen (d. h. zu ähnlichen Viabilitätsmessergebnissen führen). Die Hornhaut muss so robust sein, dass sie gegen das rasche Eindringen bestimmter zytotoxischer Markerchemikalien (z. B. 1 % Triton X-100) ausreichend beständig ist. Diese Eigenschaft kann anhand der Expositionszeit bestimmt werden, die notwendig ist, um die Zellviabilität um 50 % (ET50) zu reduzieren (bei den Modellen EpiDerm™ und EPISKIN™ liegt sie beispielsweise bei > 2 Stunden). Die Reproduktionsfähigkeit des Gewebes muss im zeitlichen Verlauf und vorzugsweise zwischen den Labors nachgewiesen werden. Darüber hinaus muss das Gewebe sich für die Vorhersage der hautätzenden Eigenschaften der Referenzchemikalien (siehe Tabelle 1) bei Verwendung im ausgewählten Testprotokoll eignen.

1.4.1.2.   Anwendung der Test- und Kontrollsubstanzen

Für jede Behandlung (Expositionszeit) einschließlich der Kontrollen werden zwei Wiederholungs-Gleichtests des Gewebes verwendet. Bei flüssigen Materialien muss eine ausreichende Menge der Testsubstanz gleichmäßig aufgetragen werden, so dass die Hautoberfläche bedeckt ist; hierfür ist eine Mindestmenge von 25 μl/cm2 zu verwenden. Bei Feststoffen ist eine ausreichende Menge der Testsubstanz gleichmäßig aufzutragen, so dass die Haut gleichmäßig bedeckt ist, und anschließend mit entionisiertem oder destilliertem Wasser zu befeuchten, so dass guter Kontakt mit der Haut gewährleistet ist. Soweit zweckmäßig, sind Feststoffe vor der Applikation zu einem Pulver zu mahlen. Es ist eine für die Testsubstanz geeignete Applikationsmethode zu wählen (siehe beispielsweise (5)). Am Ende der Expositionszeit ist das Testmaterial mit einer geeigneten Pufferlösung oder 0,9 %iger NaCl-Lösung sorgfältig von der Hautoberfläche abzuwaschen.

Zu jeder Studie sind gleichzeitige Positiv- und Negativkontrollen durchzuführen, damit eine angemessene Eignung des Experimentalmodells gewährleistet ist. Als Substanz für die Positivkontrolle wird Eisessig oder 8N KOH empfohlen. Als Substanz für die Negativkontrollen wird 0,9 %ige NaCl-Lösung oder Wasser empfohlen.

1.4.1.3.   Messungen der Zellviabilität

Zur Messung der Zellviabilität dürfen nur quantitative, validierte Methoden eingesetzt werden. Außerdem muss das Maß für die Viabilität mit der Verwendung in einem dreidimensionalen Gewebekonstrukt kompatibel sein. Eine unspezifische Farbstoffbindung darf die Viabilitätsmessung nicht beeinträchtigen. Protein-Bindefarbstoffe und solche Farbstoffe, bei denen keine metabolische Konversion erfolgt (z. B. Neutralrot), sind daher nicht geeignet. Der am häufigsten verwendete Test ist die MTT-Reduktion — 3-(4,5-Dimethylthiazol-2yl)-2,5-Diphenyltetrazol-Bromid, Thiazolylblau: EINECS-Nummer 206-069-5, CAS-Nummer 298-93-1 —, die nachweislich genaue und reproduzierbare Ergebnisse liefert (5); allerdings ist auch die Verwendung anderer Substanzen zulässig. Die Hautprobe wird ca. 3 Stunden in eine MTT-Lösung geeigneter Konzentration (z. B. 0,3-1 mg/ml) bei einer geeigneten Inkubationstemperatur eingelegt. Die blaue Formazonausfällung wird anschließend mit einem Lösemittel (Isopropanol) extrahiert und die Formazonkonzentration durch Bestimmung des OD-Wertes bei einer Wellenlänge zwischen 540 und 595 nm gemessen.

Die chemische Wirkung des Testmaterials auf den Vitalfarbstoff kann die Wirkung des Zellmetabolismus nachahmen, wodurch es zu falschen Viabilitätsschätzungen kommen kann. Derartige Erscheinungen wurden in Fällen beobachtet, in denen das Testmaterial durch Spülen nicht vollständig von der Haut entfernt wurde (9). Wenn das Testmaterial direkt auf den Vitalfarbstoff wirkt, ist durch zusätzliche Kontrollen festzustellen, ob die Testsubstanzen die Viabilitätsmessungen beeinflussen (9) (23), und es sind ggf. entsprechende Korrekturen vorzunehmen.

2.   DATEN

Für jedes Gewebe sind die OD-Werte und die berechnete prozentuale Zellviabilität des Testmaterials, Positiv- und Negativkontrollen in Tabellenform im Bericht anzugeben, einschließlich der Daten von Mehrfachbestimmungen und Wiederholungstests sowie der Mittelwerte und Einzeldaten.

2.1.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Die für jede Testprobe ermittelten OD-Werte können zur Berechnung einer prozentualen Viabilität im Vergleich zur Negativkontrolle herangezogen werden, die willkürlich gleich 100 % gesetzt wird. Der Schwellenwert der prozentualen Zellviabilität, der zur Unterscheidung zwischen ätzenden und nicht ätzenden Testsubstanzen verwendet wird (bzw. zur Differenzierung des ätzenden Potenzials in weiteren Unterklassen), oder die statistischen Verfahren zur Beurteilung der Ergebnisse und Bestimmung ätzender Materialien müssen in eindeutiger Form definiert und dokumentiert werden, und es muss die Richtigkeit dieser Werte bestätigt werden. Im Allgemeinen werden diese Schwellenwerte bei der Testoptimierung festgelegt, während einer Vorvalidierungsphase getestet und in einer Validierungsstudie bestätigt. Die Vorhersage der hautätzenden Wirkung beim EpiDerm™-Modell lautet beispielsweise (9):

Die Testsubstanz gilt als ‚hautätzend‘:

i)

wenn die Viabilität nach einer 3-minütigen Exposition weniger als 50 % beträgt oder

ii)

wenn die Viabilität nach einer 3-minütigen Exposition gleich 50 % oder höher ist und die Viabilität nach einer einstündigen Exposition weniger als 15 % beträgt.

Die Testsubstanz gilt als ‚nicht hautätzend‘:

i)

wenn die Viabilität nach einer 3-minütigen Exposition gleich 50 % oder höher ist und die Viabilität nach einer einstündigen Exposition gleich 15 % oder höher ist.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Informationen enthalten:

 

Test- und Kontrollsubstanzen:

chemische Bezeichnung(en) wie IUPAC oder CAS-Bezeichnung und CAS-Nummer, sofern bekannt;

Reinheit und Zusammensetzung der Substanz oder Zubereitung (in Gewichtsprozent);

physikalisch-chemische Eigenschaften wie physikalischer Zustand, pH-Wert, Stabilität, Wasserlöslichkeit, die für die Durchführung der Untersuchung relevant sind;

Behandlung der Test-/Kontrollsubstanzen vor dem Test, sofern relevant (z. B. Erwärmen, Mahlen);

Stabilität, sofern bekannt.

 

Begründung für das verwendete Hautmodell und Protokoll.

 

Testbedingungen:

verwendetes Zellsystem;

Eichdaten für das zur Messung der Zellviabilität verwendete Messgerät (z. B. Spektrofotometer);

umfassende Begleitinformationen für das verwendete spezifische Hautmodell (einschließlich der Validität des Modells);

Details zum verwendeten Testverfahren;

verwendete Testdosen;

Beschreibung etwaiger Änderungen am Testverfahren;

Verweis auf historische Verlaufsdaten zu dem Modell.

Beschreibung der zugrunde gelegten Beurteilungskriterien.

 

Ergebnisse:

tabellarische Darstellung der Daten aus Einzelproben;

Beschreibung sonstiger beobachteter Wirkungen.

 

Diskussion der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   HINWEISE

(1)

OECD (2001) Harmonised Integrated Classification System for Human Health and Environmental Hazards of Chemical Substances and Mixtures. OECD Series on Testing and Assessment Number 33. ENV/JM/MONO(2001)6, Paris. http://www.olis.oecd.org/olis/2001 doc.nsf/LinkTo/env-jm-mono(2001)6.

(2)

Testing Method B.4. Acute Toxicity: Dermal Irritation/Corrosion (akute Toxizität: Hautreizung/hautätzende Wirkung).

(3)

Botham, P.A., Chamberlain, M., Barratt, M.D., Curren, R.D., Esdaile, D.J., Gardner, J.R., Gordon, V.C., Hildebrand, B., Lewis, R.W., Liebsch, M., Logemann, P., Osborne, R., Ponec, M., Regnier, J.F., Steiling, W., Walker, A.P., and Balls, M. (1995). A prevalidation study on in vitro skin corrosivity testing. The report recommendations of ECVAM Workshop 6 ATLA 23, 219-255.

(4)

Barratt, M.D., Brantom, P.G., Fentem, J.H., Gerner, I., Walker, A.P., and Worth, A.P. (1998). The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 1. Selection and distribution of the test chemicals. Toxic. In Vitro 12, 471-482.

(5)

Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Holzhutter, H.G. and Liebsch, M. (1998). The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team Toxic. In Vitro 12, 483-524.

(6)

OECD (1996). Final Report of the OECD Workshop on Harmonization of Validation and Acceptance Criteria for Alternative Toxicological Test Methods, 62 S.

(7)

Balls, M., Blaauboer, B.J., Fentem, J.H., Bruner, L., Combes, R.D., Ekwall, B., Fielder, R.J., Guillouzo, A., Lewis, R.W., Lovell, D.P., Reinhardt, CA., Repetto, G., Sladowski, D., Spielmann, H., and Zucco, F. (1995). Practical aspects of the validation of toxicity test procedures. Test report and recommendations of ECVAM workshops. ATLA 23, 129-147.

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B.41.   IN-VITRO-3T3-NRU-FOTOTOXIZITÄTSTEST

1.   METHODE

Diese Methode entspricht OECD TG 432 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Unter Fototoxizität versteht man die toxische Reaktion eines auf den Körper aufgebrachten chemischen Stoffs, die bei anschließender Lichtexposition (in einer bei niedrigerer Dosierung wahrnehmbaren Form) entsteht oder verstärkt wird oder die durch Bestrahlung der Haut nach systematischer Verabreichung eines chemischen Stoffs induziert wird.

Der In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest dient zur Erfassung des fototoxischen Potenzials einer Testsubstanz, das nach Lichtexposition durch die erkannte Chemikalie induziert wird. Bei diesem Test wird die Fotozytotoxizität anhand der relativen Reduktion der Viabilität der Zellen, die der Chemikalie ausgesetzt sind, unter Einwirkung bzw. Nichteinwirkung von Licht beurteilt. Die durch diesen Test festgestellten Substanzen zeigen nach systemischer Verabreichung und Aufbringung auf der Haut oder nach topischer Anwendung in vivo voraussichtlich fototoxische Wirkung.

Fototoxische Wirkung wurde bei zahlreichen Arten von Chemikalien beobachtet (1) (2) (3) (4). Gemeinsames Merkmal dieser Chemikalien ist, dass sie Lichtenergie im Sonnenlichtbereich absorbieren können. Nach dem ersten fotochemischen Gesetz (dem Grotthaus-Draperschen-Gesetz) ist für eine Fotoreaktion eine ausreichende Lichtquantenabsorption erforderlich. Bevor biologische Tests in Frage kommen, muss daher nach OECD Test Guideline 101 ein UV/vis-Absorptionsspektrum der Testchemikalie ermittelt werden. Es wird davon ausgegangen, dass — wenn der molare Extinktions-/Absorptionskoeffizient unter 10 Liter × mol-1 × cm-1 liegt — der chemische Stoff kein fotoreaktives Potenzial besitzt. Diese Chemikalie braucht dann evtl. nicht durch den In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest oder einen anderen biologischen Test auf schädliche fotochemische Wirkungen getestet zu werden (1) (5). Siehe auch Anlage 1.

Zuverlässigkeit und Relevanz des In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstests wurden in neuerer Zeit untersucht (6) (7) (8) (9). Es wurde nachgewiesen, dass mit dem In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest akute fototoxische Wirkungen bei Tieren und Menschen in vivo vorhergesagt werden können. Der Test ist nicht für die Vorhersage schädlicher Wirkungen ausgelegt, die sich aus einer kombinierten Wirkung eines chemischen Stoffs und von Licht ergeben, d. h., Fotogenotoxizität, Fotoallergie oder Fotokarzinogenität und andere Erscheinungen werden durch diesen Test nicht erfasst, und auch die Beurteilung der fototoxischen Potenz ist damit nicht möglich. Auch indirekte Mechanismen der Fototoxizität, Wirkungen der Stoffwechselprodukte der Testsubstanz oder Wirkungen der Gemische deckt dieser Test nicht ab.

Die Verwendung von metabolisierenden Systemen ist bei sämtlichen In-vitro-Tests eine generelle Voraussetzung für die Vorhersage des genotoxischen und karzinogenen Potenzials; allerdings liegen bis jetzt in der Fototoxikologie nur seltene Fälle vor, in denen eine metabolische Transformation erforderlich ist, damit die Chemikalie als In-vivo- oder In-vitro-Fototoxin wirken kann. Daher ist es derzeit weder notwendig noch wissenschaftlich gerechtfertigt, dass der vorliegende Test mit einem Stoffwechselaktivierungssystem durchgeführt wird.

1.2.   DEFINITIONEN

Bestrahlungsstärke: die Intensität des auf eine Oberfläche auftreffenden ultravioletten (UV) oder sichtbaren Lichts, gemessen in W/m2 oder mW/cm2.

Lichtdosis: die Menge (= Intensität × Zeit) der auf eine Oberfläche auftreffenden ultravioletten (UV) oder sichtbaren Strahlung, ausgedrückt in Joule (= W × s) je Fläche, z. B. J/m2 oder J/cm2.

UV-Licht, Bandbreiten: Die von der Internationalen Beleuchtungskommission (CIE) empfohlenen Bezeichnungen sind: UVA (315-400 nm), UVB (280-315 nm) und UVC (100-280 nm). Andere Bezeichnungen werden ebenfalls verwendet; die Trennung zwischen UVB und UVA erfolgt oft bei 320 nm; UVA kann in UV-A1 und UV-A2 unterteilt werden, wobei die Trennung bei ca. 340 nm liegt.

Zellviabilität: Parameter zur Messung der Gesamtaktivität einer Zellpopulation (z. B. Aufnahme des Vitalfarbstoffs ‚Neutralrot‘ in Zell-Lysosomen), die je nach dem gemessenen Endpunkt und der angewandten Versuchsauslegung mit der Gesamtzahl und/oder der Vitalität der Zellen korreliert.

Relative Zellviabilität: Zellviabilität, ausgedrückt in Relation zu Negativkontrollen (Lösemittel), die das gesamte Testverfahren (entweder +Irr oder –Irr) durchlaufen, jedoch nicht mit einer Testchemikalie behandelt wurden.

PIF (Fotoirritationsfaktor): ein Faktor, der durch Vergleich von zwei gleich wirksamen zytotoxischen Konzentrationen (IC50) der chemischen Testsubstanz in Abwesenheit (–Irr) und in Anwesenheit (+Irr) nicht zytotoxischer Strahlung mit UVA/vis-Licht ermittelt wird.

IC 50 : Konzentration der Testchemikalie, bei der die Zellviabilität um 50 % reduziert wird.

MPE (Mean Photo Effect): eine Messgröße, die von einer mathematischen Analyse der Konzentrations-Wirkungs-Kurven hergeleitet wurde, die in Abwesenheit (–Irr) und in Anwesenheit (+Irr) nicht zytotoxischer Strahlung mit UVA/vis-Licht erzielt wurden.

Fototoxizität: eine akute toxische Reaktion, die nach der ersten Exposition der Haut mit bestimmten chemischen Stoffen bei anschließender Lichtexposition eintritt oder die auf ähnliche Weise durch Bestrahlung der Haut nach systemischer Verabreichung eines chemischen Stoffs induziert wird.

1.3.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Der In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest basiert auf dem Vergleich der Zytotoxizität eines chemischen Stoffs, der mit Exposition und ohne Exposition einer nicht zytotoxischen Dosis simulierten Sonnenlichts getestet wird. Die Zytotoxizität wird bei diesem Test ausgedrückt als konzentrationsabhängige Reduktion der Aufnahme des Vitalfarbstoffs Neutralrot, wenn diese 24 Stunden nach der Behandlung mit der Testchemikalie und Bestrahlung gemessen wird (10). Neutralrot (NR) ist ein schwach kationischer Farbstoff, der durch Nichtdiffusion rasch in Zellmembranen eindringt und sich intrazellulär in Lysosomen ansammelt. Veränderungen der Zellenoberfläche der sensitiven Lysosomalmembran führen zu lysosomaler Fragilität und weiteren Veränderungen, die nach und nach irreversibel werden. Derartige, durch die Wirkung von Xenobiotika verursachte Veränderungen bewirken eine verringerte Aufnahme und Bindung von Neutralrot (NR). Auf diese Weise ist eine Unterscheidung zwischen lebensfähigen (viablen), geschädigten und toten Zellen möglich; auf dieser Unterscheidung baut auch der hier beschriebene Test auf.

Balb/c-3T3-Zellen werden zwecks Bildung eines Monolayers 24 Stunden kultiviert. Zwei ‚96-well‘-Platten je Testchemikalie werden sodann mit acht verschiedenen Konzentrationen der Chemikalie 1 Stunde lang vorinkubiert. Daraufhin wird eine der zwei Platten mit der höchsten nicht zytotoxischen Bestrahlungsdosis bestrahlt, während die andere Platte im Dunkeln aufbewahrt wird. In beiden Platten wird dann das Behandlungsmedium durch ein Kulturmedium ersetzt, und nach weiteren 24 Stunden Inkubation wird die Zellviabilität anhand der Neutralrot-Aufnahme bestimmt. Die Zellviabilität, ausgedrückt als Prozentsatz unbehandelter Lösemittelkontrollen, wird für jede Testkonzentration berechnet. Um das fototoxische Potenzial vorherzusagen, wird die mit und ohne Strahlung erzielte Konzentrations-Wirkungs-Kurve verglichen, in der Regel für den IC50-Wert (d. h. die Konzentration, die die Zellviabilität gegenüber unbehandelten Kontrollen um 50 % vermindert).

1.4.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.4.1.   Zubereitungen

1.4.1.1.   Zellen

Eine permanente Mäuse-Fibroblastenzelllinie — Balb/c 3T3, Klon 31 — entweder von der American Type Culture Collection (ATCC), Manassas, VA, USA, oder von der European Collection of Cell Cultures (ECACC), Salisbury, Wiltshire, Vereinigtes Königreich — wurde in der Validierungsstudie verwendet und wird daher zur Beschaffung aus einem qualifizierten Zellendepot empfohlen. Andere Zellen oder Zelllinien können erfolgreich mit demselben Testverfahren verwendet werden, wenn die Kulturbedingungen den spezifischen Bedürfnissen der Zellen angepasst werden, jedoch muss die gleichwertige Eignung der Zellen nachgewiesen werden.

Zellen sollten regelmäßig auf die Abwesenheit von Mykoplasma-Kontamination hin geprüft und nur verwendet werden, wenn keine derartige Kontamination festgestellt wird (11).

Die UV-Empfindlichkeit der Zellen muss regelmäßig nach den in der vorliegenden Verfahrensbeschreibung dargestellten Qualitätssicherungsverfahren kontrolliert werden. Da die UVA-Sensitivität von Zellen mit der erreichbaren Passagenzahl zunehmen kann, sollten Balb/c-3T3-Zellen mit einer möglichst niedrigen Passagenzahl, vorzugsweise weniger als 100, verwendet werden (siehe 1.4.2.2.2 und Anlage 2).

1.4.1.2.   Medien und Kulturbedingungen

Für Routine-Zellpassagen und während des Testverfahrens sollten geeignete Kulturmedien und Inkubationsbedingungen angewendet werden. Bei Balb/c-3T3-Zellen sind dies DMEM (Dulbecco's Modified Eagle's Medium) mit einem Zusatz von 10 % Serum neugeborener Kälber, 4 mM Glutamin, Penicillin (100 IU) und Streptomycin (100 (μg/ml) sowie Feuchtinkubation bei 37 oC, 5-7,5 % CO2 (je nach Puffer, siehe Abschnitt 1.4.1.4, zweiter Absatz). Es ist dabei besonders wichtig, dass die Zell-Kulturbedingungen eine Zellzykluszeit innerhalb des normalen historischen Bereichs der verwendeten Zellen oder Zelllinien sicherstellen.

1.4.1.3.   Ansetzen der Kulturen

Zellen aus tiefgefrorenen Mutterkulturen werden in einem Kulturmedium in angemessener Dichte ausgesät und mindestens einmal vor ihrer Verwendung im In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest passagiert.

Für den Fototoxizitätstest werden Zellen in einem Kulturmedium in einer geeigneten Dichte ausgesät, die sicherstellt, dass die Kulturen zum Ende des Tests, d. h. wenn die Zellviabilität 48 Stunden nach dem Aussäen der Zellen bestimmt wird, ihre maximale Dichte (Konfluenz) noch nicht erreicht haben. Für Balb/c 3-T3-Zellen, die in ‚96-well‘-Platten kultiviert werden, beträgt die empfohlene Zelldichte 1 × 104 Zellen je ‚well‘.

Für jede Testchemikalie werden Zellen identisch in zwei separate ‚96-well‘-Platten ausgesät, die sodann gleichzeitig während des gesamten Testverfahrens unter identischen Kulturbedingungen behandelt werden, abgesehen von dem Zeitraum, in dem eine der Platten (+Irr) bestrahlt und die andere im Dunkeln (–Irr) aufbewahrt wird.

1.4.1.4.   Zubereitung der Testsubstanzen

Testchemikalien müssen unmittelbar vor ihrer Verwendung frisch zubereitet werden, es sei denn, Haltbarkeitsdaten rechtfertigen eine Lagerung der Präparation. Es wird empfohlen, die Behandlung sämtlicher Chemikalien und die Erstbehandlung der Zellen unter Ausleuchtungsbedingungen durchzuführen, bei denen eine Fotoaktivierung oder Degradation der Testsubstanz vor der Bestrahlung vermieden wird.

Die Testchemikalien sollten in einer gepufferten Salzlösung, z. B. EBSS (Earle's Balanced Salt Solution), oder anderen physiologisch ausgewogenen Pufferlösungen, gelöst werden, die, um Interferenzen während der Bestrahlung zu vermeiden, frei sein müssen von Proteinbestandteilen und Licht absorbierenden Bestandteilen (z. B. pH-Indikationsfarben und Vitaminen). Da die Zellen während der Bestrahlung ca. 50 Minuten lang außerhalb des CO2-Inkubators aufbewahrt werden, ist sorgfältig darauf zu achten, dass eine Alkalisierung vermieden wird. Werden schwache Pufferlösungen wie EBSS verwendet, lässt sich dies erreichen, indem die Inkubation der Zellen unter 7,5 %igem CO2 erfolgt. Werden die Zellen bei nur 5 %igem CO2 inkubiert, ist eine stärkere Pufferlösung zu verwenden.

Testchemikalien mit eingeschränkter Wasserlöslichkeit sind in einem geeigneten Lösemittel zu lösen. Wird ein Lösemittel verwendet, muss es in allen Kulturen mit konstantem Volumen vorhanden sein, d. h. in den Negativkontrollen (Lösemittelkontrollen) sowie in sämtlichen Konzentrationen der Testchemikalie, und darf bei dieser Konzentration keine zytotoxische Wirkung zeigen. Die Konzentrationen der Testchemikalien sind so zu wählen, dass Ausfällungen oder Trübungen der Lösung vermieden werden.

Dimethylsulfoxid (DMSO) und Ethanol (EtOH) werden als Lösemittel empfohlen. Andere Lösemittel mit geringer Zytotoxizität sind unter Umständen ebenfalls geeignet. Vor der Verwendung sind jedoch alle Lösemittel sorgfältig auf spezifische Eigenschaften zu untersuchen, wie Reaktion mit der Testchemikalie, Auslöschen der fototoxischen Wirkung, Einfangen von Radikalen und/oder Stabilität der Chemikalie im Lösemittel.

Wirbelmischung (Vortex) und/oder Anwendung von Ultraschall und/oder Erwärmung auf geeignete Temperaturen kommen als Möglichkeiten in Betracht, um die Löslichkeit zu fördern, sofern hierdurch nicht die Stabilität der Testchemikalie beeinträchtigt wird.

1.4.1.5.   Bestrahlungsbedingungen

1.4.1.5.1.   Lichtquelle

Die Wahl der geeigneten Lichtquelle und geeigneter Filter ist ein kritischer Faktor bei den Fototoxizitätstests. Für fototoxische In-vivo-Reaktionen sind in der Regel UVA und sichtbare Bereiche verantwortlich (3) (12), während UVB weniger relevant, aber selbst hochgradig zytotoxisch ist, da seine Zytotoxizität zwischen 313 und 280 nm um ein Tausendfaches zunimmt (13). Kriterien für die Wahl einer geeigneten Lichtquelle müssen die wesentliche Voraussetzung einschließen, dass die Lichtquelle Wellenlängen aussendet, die von der chemischen Testsubstanz absorbiert werden (Absorptionsspektrum), und dass die (in einer akzeptablen Zeit erreichbare) Lichtdosis für den Nachweis bekannter fotozytotoxischer Chemikalien ausreichen muss. Darüber hinaus dürfen die jeweils verwendeten Wellenlängen und Dosen, z. B. der Wärmeemission (Infrarotbereich), für das Testsystem nicht unnötig schädlich sein.

Die Simulierung von Sonnenlicht mit Solarsimulatoren wird als optimale Kunstlichtquelle betrachtet. Die Strahlungsleistungsverteilung des gefilterten Solarsimulators muss der in (14) dargestellten Verteilung von Tageslicht im Freien entsprechen. Sowohl Xenon-Lichtbogenlampen als auch (dotierte) Quecksilber-Metallhalogenid-Lichtbogenlampen werden in Solarsimulatoren verwendet (15). Letztere haben den Vorteil, dass sie weniger Wärme emittieren und preiswerter sind, doch ist die Übereinstimmung mit dem Sonnenlicht weniger perfekt als bei Xenon-Lichtbogenlampen. Da alle Solarsimulatoren signifikante Mengen UVB aussenden, müssen sie mit geeigneten Filtern versehen werden, um die hoch zytotoxischen UVB-Wellenlängen zu mindern. Da die Kunststoffmaterialien für Zellkulturen UV-Stabilisatoren enthalten, muss das Spektrum durch den gleichen ‚96-well‘-Plattendeckel gemessen werden, wie er auch in dem Versuch verwendet wird. Unabhängig von Maßnahmen zur Dämpfung eines Teils des Spektrums durch Filterung oder durch unvermeidbare Filtereffekte der Testeinrichtungen darf das unterhalb dieser Filter aufgezeichnete Spektrum nicht vom standardisierten Tageslicht im Freien abweichen (14). Die spektrale Energieverteilung des in der Validierungsstudie zum In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest verwendeten gefilterten Solarsimulators wurde als Beispiel veröffentlicht (8) (16). Siehe dazu auch Anlage 2, Abbildung 1.

1.4.1.5.2.   Dosimetrie

Die Lichtintensität (Bestrahlungsstärke) sollte regelmäßig vor jedem Fototoxizitätstest unter Verwendung eines geeigneten Breitband-UV-Meters geprüft werden. Die Lichtintensität ist durch die gleiche Ausführung der ‚96-well‘-Plattendeckel zu messen, wie sie auch in dem Versuch verwendet wird. Das UV-Meter muss für die Lichtquelle kalibriert sein. Die Leistungsfähigkeit des UV-Meters ist sicherzustellen. Zu diesem Zweck wird die Verwendung eines zweiten Referenz-UV-Meters des gleichen Typs und der gleichen Kalibrierung empfohlen. Im Idealfall sollte in größeren Abständen mit einem Spektroradiometer die spektrale Energieverteilung der gefilterten Lichtquelle gemessen und die Kalibrierung des Breitband-UV-Meters geprüft werden.

Eine Dosis von 5 J/cm2 (im UVA-Bereich gemessen) wurde als nicht zytotoxisch gegenüber Balb/c-3T3-Zellen und als ausreichend stark ermittelt, um fototoxische Chemikalien zu erkennen und damit fototoxische Reaktionen auszulösen (6) (17); so wurde beispielsweise die Bestrahlungsstärke auf 1,7 mW/cm2 eingestellt, um innerhalb von 50 Minuten 5 J/cm2 zu erreichen. Siehe hierzu Anlage 2, Abbildung 2. Wenn eine andere Zelllinie oder eine unterschiedliche Lichtquelle verwendet wird, muss die UVA-Dosis ggf. so angepasst werden, dass Unschädlichkeit gegenüber Zellen und eine ausreichende Stärke zur Erkennung von Standardfototoxinen gegeben ist. Die Zeit der Lichtexposition wird auf folgendem Wege berechnet:

Formula

(1 J = 1 Wsec)

1.4.2.   Testbedingungen

1.4.2.1.   Konzentrationen der Testsubstanz

Die in Anwesenheit (+Irr) und in Abwesenheit (–Irr) von Licht zu testenden Konzentrationsbereiche eines chemischen Stoffs sollten in Dosis-Vorversuchen auf angemessene Weise ermittelt werden. Ggf. empfiehlt es sich, die Löslichkeit eingangs und nach 60 min (bzw. nach der jeweils zugrunde gelegten Behandlungszeit) zu ermitteln, da sich die Löslichkeit zeitabhängig oder im Belichtungsverlauf ändern kann. Um eine durch ungeeignete Bedingungen der Kulturen oder hochgradig saure oder alkalische Chemikalien verursachte Toxizität zu vermeiden, muss der pH-Wert der Zellkulturen mit zugesetzter Testchemikalie im Bereich zwischen 6,5 und 7,8 liegen.

Die höchste Konzentration der Testsubstanz muss innerhalb der physiologischen Testbedingungen liegen, d. h., osmotischer Stress und pH-Stress sind zu vermeiden. Je nach Testchemikalie sind ggf. andere physikalisch-chemische Eigenschaften als Faktoren in Betracht zu ziehen, durch die die höchste Testkonzentration begrenzt wird. Bei relativ unlöslichen Substanzen, die bei Konzentrationen bis zum Sättigungspunkt nicht toxisch sind, ist die höchste erreichbare Konzentration zu verwenden. Grundsätzlich ist eine Ausfällung der Testchemikalie bei einer der Testkonzentrationen zu vermeiden. Die Maximalkonzentration der Testsubstanz darf 1 000 (μg/ml nicht überschreiten; die Osmolalität darf 10 mmol nicht überschreiten. Es ist eine geometrische Verdünnungsreihe von 8 Testsubstanzenkonzentrationen mit konstantem Verdünnungsfaktor zu verwenden (siehe Abschnitt 2.1, zweiter Absatz).

Liegen (aus Vorversuchen) Informationen darüber vor, dass die Testchemikalie bis zur Grenzkonzentration im Dunkelversuch (–Irr) nicht zytotoxisch ist, aber bei Bestrahlung (+Irr) hochgradig zytotoxisch ist, können die Konzentrationsbereiche, die für den (+Irr)-Versuch zugrunde gelegt werden müssen, von den Bereichen für den (–Irr)-Versuch abweichen, damit die Forderung einer ausreichenden Datenqualität erfüllt ist.

1.4.2.2.   Kontrollen

1.4.2.2.1.   Strahlungsempfindlichkeit der Zellen, Ermittlung historischer Daten

Die Zellen sind regelmäßig (etwa jede fünfte Passage) auf Empfindlichkeit gegenüber der Lichtquelle zu kontrollieren; dazu wird ihre Viabilität nach Belichtung mit steigenden Strahlungsdosen beurteilt. Bei dieser Beurteilung sind mehrere verschiedene Strahlungsdosen — einschließlich Dosen, die deutlich über denen des 3T3-NRU-Fototoxizitätstests liegen — zu verwenden. Eine Quantifizierung dieser Dosen ist am einfachsten durch Messung der UV-Anteile der Lichtquelle möglich. Die Zellen werden mit der im In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest verwendeten und am darauf folgenden Tag bestrahlten Dichte ausgesät. Die Zellviabilität wird einen Tag später anhand der Aufnahme von Neutralrot ermittelt. Es muss sich nachweisen lassen, dass die resultierende höchste nicht zytotoxische Dosis (z. B. in der Validierungsstudie: 5 J/cm2 (UVA)) für eine korrekte Klassifizierung der Referenzchemikalien (Tabelle 1) ausreicht.

1.4.2.2.2.   Strahlungsempfindlichkeit, Kontrolle des laufenden Tests

Der Test erfüllt die Qualitätskriterien, wenn die bestrahlten Negativ-/Lösemittelkontrollen im Vergleich zu nicht bestrahlten Negativ-/Lösemittelkontrollen eine Viabilität von mehr als 80 % aufweisen.

1.4.2.2.3.   Viabilität der Lösemittelkontrollen

Die absolute optische Dichte (OD540 NRU) des aus den Lösemittelkontrollen extrahierten Neutralrot gibt an, ob die je ‚well‘ ausgesäten 1 × 104 Zellen bei normaler Verdopplungszeit während der zwei Tages des Tests gut gewachsen sind. Der Test erfüllt die Akzeptanzkriterien, wenn der mittlere OD540 NRU der unbehandelten Kontrollen > 0,4 ist (d. h. rund das Zwanzigfache des Hintergrund-Lösemittelabsorptionsmaßes).

1.4.2.2.4.   Positivkontrolle

Ein bekannter fototoxischer chemischer Stoff soll zeitgleich mit jedem In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest getestet werden. Chlorpromazin (CPZ) wird empfohlen. Für mit dem Standardprotokoll im In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest getestetes CPZ wurden folgende Test-Akzeptanzkriterien festgelegt: bestrahltes CPZ (+Irr): IC50 = 0,1 bis 2,0 μg/ml, nicht bestrahltes CPZ (–Irr): IC50 = 7,0 bis 90,0 μg/ml. Der Fotoirritationsfaktor (PIF) sollte > 6 sein. Das historische Verhalten der Positivkontrolle ist zu überwachen.

Andere bekannte, für die Chemikalienklasse oder Löslichkeitsmerkmale der bewerteten Chemikalie geeignete fototoxische Chemikalien können an Stelle von Chlorpromazin als gleichzeitige Positivkontrollen verwendet werden.

1.4.3.   Testverfahren (6) (7) (8) (16) (17)

1.4.3.1.   l. Tag

100 μl Kulturmedium werden in die peripheren ‚wells‘ einer ‚96-well‘-Gewebekultur-Mikrotiterplatte gegeben (= Blindproben). In die übrigen ‚wells‘ werden 100 μl der Zellsuspension von 1 × 105 Zellen/ml (= 1 × 104 Zellen/well) pipettiert. Für jede Reihe einzelner Testsubstanzkonzentrationen werden zwei Platten zubereitet; eine weitere Platte wird für die Lösemittel- und Positivkontrollen zubereitet.

Die Zellen werden 24 Stunden lang (siehe 1.4.1.2) inkubiert, bis sie einen halbkonfluenten Monolayer bilden. Diese Inkubationszeit ermöglicht die Erholung der Zellen, das Anhaften und ein exponentielles Wachstum.

1.4.3.2.   2. Tag

Nach der Inkubation wird das Kulturmedium dekantiert. Darauf folgt ein Waschgang mit der für die Inkubation verwendeten Pufferlösung. 100 μl der Pufferlösung, welche die geeignete Konzentration der Testchemikalie oder des Lösemittels (Lösemittelkontrolle) enthält, werden hinzugefügt. Es sind 8 verschiedene Konzentrationen der Testchemikalie zu verwenden. Die Zellen werden mit der Testchemikalie im Dunkeln 60 Minuten lang inkubiert (siehe Abschnitt 1.4.1.2 und Abschnitt 1.4.1.4, zweiter Absatz).

Aus den zwei für jede Reihe der Testsubstanzkonzentrationen und Kontrollen vorbereiteten Platten wird — normalerweise willkürlich — eine Platte für die Bestimmung der Zytotoxizität (–Irr) ausgewählt (d. h. die Kontrollplatte) sowie eine Platte (die Behandlungsplatte) für die Bestimmung der Fotozytotoxizität (+Irr).

Zur Durchführung der +Irr-Belichtung werden die Zellen bei Raumtemperatur 50 Minuten lang durch den Deckel der ‚96-well‘-Platte mit der höchsten Strahlungsdosis bestrahlt, die nicht zytotoxisch ist (siehe auch Anlage 2). Nicht bestrahlte Platten (–Irr) werden 50 Minuten lang (= Lichtexpositionszeit) bei Raumtemperatur in einem dunklen Kasten gehalten.

Die Testflüssigkeit wird dekantiert. Es folgen zwei Waschgänge mit 150 μl der für die Inkubation verwendeten Pufferlösung, jedoch ohne das Testmaterial. Die Pufferlösung wird durch ein Kulturmedium ersetzt und über Nacht (18-22 h) inkubiert (siehe 1.4.1.2).

1.4.3.3.   3. Tag

1.4.3.3.1.   Mikroskopische Evaluierung

Die Zellen werden unter einem Phasen-Kontrast-Mikroskop auf Wachstum, Morphologie und Intaktheit der Monolayer untersucht. Morphologische Veränderungen der Zelle und Wirkungen auf das Zellwachstum sind aufzuzeichnen.

1.4.3.3.2.   Neutralrot-Aufnahme-Test

Die Zellen werden mit 150 μl vorgewärmter Pufferlösung gewaschen. Die Waschlösung wird durch vorsichtiges Absaugen entfernt. 100 μl einer 50 μg/ml Neutralrotsubstanz (NR) (3-Amino-7-Dimethylamino-2-Methylphenazin-Hydrochlorid, EINECS-Nummer 209-035-8, CAS-Nummer 553-24-2, C.I. 50040) in einem Medium ohne Serum werden hinzugefügt (16) und 3 Stunden lang gemäß den Angaben in Abschnitt 1.4.1.2 inkubiert. Nach der Inkubation wird das NR-Medium entfernt, und die Zellen werden mit 150 μl Pufferlösung gewaschen. Die überschüssige Pufferlösung wird vollkommen dekantiert und durch Absaugen oder Zentrifugieren entfernt.

Es werden genau 150 μl NR-Desorptionslösung (frisch zubereitet aus 49 Teilen Wasser + 50 Teilen Ethanol + 1 Teil Essigsäure) hinzugefügt.

Die Mikrotiter-Platte wird 10 Minuten lang auf einem Mikrotiter-Platten-Schüttler vorsichtig geschüttelt, bis das NR aus den Zellen extrahiert ist und eine homogene Lösung bildet.

Die optische Dichte der NR-Extrakte wird bei 540 nm in einem Spektralfotometer gemessen, wobei die Blindproben als Referenz verwendet werden. Die Daten sind in angemessenem Dateiformat für spätere Analysen aufzuzeichnen.

2.   DATEN

2.1.   QUALITÄT UND QUANTITÄT DER DATEN

Die Testdaten sollten eine sinnvolle Analyse der in Anwesenheit und in Abwesenheit von Strahlung ermittelten Konzentrations-Wirkungs-Reaktionen sowie, wenn möglich, die Konzentration der Testchemikalien, bei der die Zellviabilität auf 50 % (IC50) sinkt, ermöglichen. Sofern Zytotoxizität festgestellt wird, sollten sowohl der Konzentrationsbereich als auch der Abstand einzelner Konzentrationen so gewählt sein, dass die experimentellen Daten in einer Kurve dargestellt werden können.

Bei klar positiven und klar negativen Ergebnissen (siehe Abschnitt 2.3, erster Absatz) ist gegebenenfalls der Hauptversuch — begleitet von einem oder mehreren Vorversuchen — ausreichend.

Mehrdeutige, grenzwertige oder unklare Ergebnisse sind durch weitere Tests abzuklären (siehe hierzu auch Abschnitt 2.4, zweiter Absatz). In derartigen Fällen ist auch eine Änderung der Versuchsbedingungen in Betracht zu ziehen. Zu den Versuchsbedingungen, die geändert werden könnten, zählen der Konzentrationsbereich und -raum, die Vorinkubationszeit und die Strahlungsexpositionszeit. Für Chemikalien, die in Wasser instabil sind, ist evtl. eine kürzere Expositionszeit ausreichend.

2.2.   ERGEBNISBEWERTUNG

Zur Evaluierung der Daten kann ein Fotoirritationsfaktor (PIF) oder der Mean Photo Effect (MPE) berechnet werden.

Zur Berechnung der Maße für die Fotozytotoxizität (siehe unten) müssen die Dosis-Wirkungs-Werte näherungsweise durch eine geeignete kontinuierliche Dosis-Wirkungs-Kurve (Modell) dargestellt werden. Die Anpassung der Kurve an die Daten erfolgt normalerweise nach dem nichtlinearen Regressionsverfahren (18). Zur Beurteilung des Einflusses der Datenvariabilität auf die angepasste Kurve wird die Verwendung eines Bootstrap-Verfahrens empfohlen.

Der Fotoirritationsfaktor (PIF) wird nach der folgenden Formel berechnet:

Formula

Ist die Berechnung von IC50 bei Anwesenheit oder Abwesenheit von Licht nicht möglich, kann der PIF des Testmaterials nicht ermittelt werden. Der MPE (Mean Photo Effect) basiert auf dem Vergleich der vollständigen Konzentrations-Wirkungs-Kurven (19). Er wird definiert als der gewichtete Durchschnitt einer repräsentativen Gruppe von Fotoeffektwerten.

Formula

Der Fotoeffekt PEc bei einer beliebigen Konzentration C ist definiert als das Produkt des Wirkungseffekts REc und des Dosiseffekts DEc, d. h. PEc = REc × DEc. Der Wirkungseffekt REc bezeichnet die Differenz zwischen den bei Abwesenheit und Anwesenheit von Licht ermittelten Wirkungen, d. h. REc = Rc (–Irr) — Rc (+Irr). Der Dosiseffekt wird ausgedrückt durch

Formula

Dabei stellt C* die Äquivalenzkonzentration dar, d. h. die Konzentration, bei der die +Irr-Wirkung der –Irr-Wirkung bei Konzentration C entspricht. Kann C* nicht ermittelt werden, weil die Wirkungswerte der +Irr-Kurve systematisch über oder unter RC(–Irr) liegen, wird der Dosiseffekt gleich 1 gesetzt. Die Gewichtungsfaktoren wi werden durch den höchsten Wirkungswert ausgedrückt, d. h. wi = MAX {Ri (+Irr), Ri (–Irr)}. Das Konzentrationsgitter Ci wird so gewählt, dass die gleiche Anzahl Punkte in jedes der Konzentrationsintervalle fällt, die durch die im Versuch verwendeten Konzentrationswerte definiert sind. Die Berechnung von MPE wird auf den maximalen Konzentrationswert beschränkt, bei dem mindestens eine der beiden Kurven noch einen Wirkungswert von mindestens 10 % aufweist. Liegt diese Maximalkonzentration über der höchsten Konzentration, die im +Irr-Versuch verwendet wurde, wird der restliche Teil der +Irr-Kurve gleich dem Wirkungswert ‚0‘ gesetzt. Je nachdem, ob der MPE-Wert größer als ein auf geeignete Weise gewählter Schwellenwert (MPEc = 0,15) ist oder nicht, wird die Chemikalie als fototoxisch eingestuft.

Ein Softwarepaket für die Berechnung von PIF und MPE ist bei (20) erhältlich.

2.3.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Nach der Validierungsstudie (8) bedeutet eine Testsubstanz mit PIF < 2 oder MPE < 0,1 die Prognose ‚keine Fototoxizität‘. Ein PIF > 2 und < 5 oder ein MPE > 0,1 und < 0,15 entspricht der Prognose: ‚Fototoxizität wahrscheinlich‘; ein PIF > 5 oder ein MPE > 0,15 bedeutet: ‚Fototoxizität‘.

Bei jedem Labor, das den einleitenden Aufbau dieses Versuchs vornimmt, sind die in Tabelle 1 aufgeführten Referenzmaterialien zu testen, bevor die Testsubstanzen zur fototoxischen Beurteilung getestet werden. Die PIF- oder MPE-Werte müssen in Nähe der in Tabelle 1 angegebenen Werte liegen.

Tabelle 1

Bezeichnung der Chemikalie

EINECS-Nr.

CAS-Nr.

PIF

MPE

Absorptionspeak

Lösemittel (9)

Amiodaron HCl

243-293-2

[19774-82-4]

>3,25

0,27 - 0,54

242 nm

300 nm

(Schulter)

Ethanol

Choloropromazin HCl

200-701-3

[69-09-0]

>14,4

0,33 - 0,63

309 nm

Ethanol

Norfloxacin

274-614-4

[70458-96-7]

>71,6

0,34 - 0,90

316 nm

Acetonitril

Anthracen

204-371-1

[120-12-7]

>18,5

0,19 - 0,81

356 nm

Acetonitril

Protoporphyrin IX, Dinatrium

256-815-9

[50865-01-5]

>45,3

0,54 - 0,74

402 nm

Ethanol

L-Histidin

 

[7006-35-1]

kein PIF

0,05 - 0,10

211 nm

Wasser

Hexacholorophen

200-733-8

[70-30-4]

1,1 - 1,7

0,00 - 0,05

299 nm

317 nm

(Schulter)

Ethanol

Natriumlaurylsulfat

205-788-1

[151-21-3]

1,0 - 1,9

0,00 - 0,05

Keine Absorption

Wasser

2.4.   INTERPRETATION DER DATEN

Werden fototoxische Wirkungen nur bei der höchsten Testkonzentration festgestellt (insbesondere bei wasserlöslichen Testchemikalien), sind zur Gefahrenbeurteilung evtl. noch weitere Gesichtspunkte in Betracht zu ziehen, so z. B. Daten zur Absorption über die Haut sowie zur Ansammlung der Chemikalie in der Haut und/oder Daten aus anderen Tests, z. B. In-vitro-Tests der Chemikalie auf tierischer bzw. menschlicher Haut oder Hautmodellen.

Wird keine Toxizität nachgewiesen (+Irr und –Irr) und sind die Konzentrationen, die getestet werden können, durch mangelhafte Löslichkeit begrenzt, ist die Vergleichbarkeit der Testsubstanz mit dem durchgeführten Test zweifelhaft; in diesem Fall ist die Durchführung konfirmativer Tests, z. B. mit einem anderen Modell, in Betracht zu ziehen.

3.   BERICHTERSTATTUNG

TESTBERICHT

Der Testbericht muss mindestens folgende Informationen umfassen:

 

Testsubstanz:

Kenndaten, übliche generische Namen und IUPAC- und CAS-Nummern, sofern bekannt,

physikalische Eigenschaften und Reinheit,

physikalisch-chemische Eigenschaften, die für die Durchführung der Studie relevant sind,

UV/vis-Absorptionsspektrum,

Stabilität und Fotostabilität, sofern bekannt;

 

Lösemittel:

Begründung der Wahl des Lösemittels,

Löslichkeit der Testchemikalie in diesem Lösemittel,

Prozentsatz des in dem Behandlungsmedium vorhandenen Lösemittels;

 

Zellen:

Art und Quelle der Zellen,

Fehlen von Mykoplasma,

Zahl der Zellpassagen, sofern bekannt,

Strahlungssensitivität von Zellen, bestimmt mit dem im In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest verwendeten Bestrahlungsgerät;

 

Testbedingungen (1); Inkubation vor und nach der Behandlung:

Art und Zusammensetzung des Kulturmediums,

Inkubationsbedingungen (CO2-Konzentration, Temperatur, Feuchtigkeit),

Inkubationsdauer (Vorbehandlung, Nachbehandlung);

 

Testbedingungen (2); Behandlung mit der Chemikalie:

Begründung der Wahl der in Anwesenheit und in Abwesenheit von Strahlungseinwirkung verwendeten Konzentrationen der Testchemikalie,

im Falle beschränkter Löslichkeit der Testchemikalie und bei Abwesenheit von Zytotoxizität: Begründung der höchsten getesteten Konzentration,

Art und Zusammensetzung des Behandlungsmediums (gepufferte Salzlösung),

Dauer der chemischen Behandlung;

 

Testbedingungen (3); Bestrahlung:

Begründung der Wahl der verwendeten Lichtquelle,

Hersteller und Art der Lichtquelle und des Radiometers,

Charakterisierung der spektralen Energieverteilung der Lichtquelle,

Durchlass-/Absorptionsmerkmale des bzw. der verwendeten Filter

Merkmale des Strahlenmessgeräts und Einzelheiten der Kalibrierung,

Abstand der Lichtquelle vom Testsystem,

UVA-Strahlung bei dieser Entfernung, ausgedrückt in mW/cm2,

Dauer der UV/vis-Lichtexposition,

UVA-Dosis (Strahlung × Zeit), ausgedrückt in J/cm2,

Temperatur der Zellkulturen während der Bestrahlung und der gleichzeitig im Dunkeln gehaltenen Zellkulturen;

 

Testbedingungen (4); Neutralrot-Viabilitätstest:

Zusammensetzung des Neutralrot-Mediums,

Dauer der Neutralrot-Inkubation,

Inkubationsbedingungen (CO2-Konzentration, Temperatur, Feuchtigkeit),

Neutralrot-Extraktionsbedingungen (Extraktionsmittel, Dauer),

Wellenlänge, die für die fotometrische Messung der optischen Dichte von Neutralrot verwendet wurde,

zweite Referenzwellenlänge, sofern verwendet,

Inhalt der fotometrischen Referenz (Blindprobe), sofern verwendet;

 

Ergebnisse:

bei den einzelnen Konzentrationen der Testchemikalie ermittelte Zellviabilität, ausgedrückt als Prozentsatz der mittleren Viabilität der Lösemittelkontrollen,

Konzentrations-Wirkungs-Kurven (Konzentration der Testchemikalie vs. relative Zellviabilität) der gleichzeitig durchgeführten +Irr- und –Irr-Versuche,

Analyse der Konzentrations-Wirkungs-Kurven: sofern möglich, Angabe der IC50(+Irr)- und IC50(–Irr)-Werte,

Vergleich der zwei in Anwesenheit und in Abwesenheit von UVA/vis-Bestrahlung ermittelten Konzentrations-Wirkungs-Kurven entweder durch Berechnung des Fotoirritationsfaktors (PIF) oder durch Berechnung des Mean Photo Effect (MPE),

Testakzeptanzkriterien; Lösemittelkontrolle des Tests,

absolute Viabilität (optische Dichte des NR-Extrakts) von bestrahlten und nicht bestrahlten Zellen,

historische Daten zur Negativkontrolle, Mittelwerte und Standardabweichungen,

Testakzeptanzkriterien, Positivkontrolle des Tests,

IC50(+Irr) und IC50(–Irr) und PIF/MPE der Positivkontroll-Chemikalie,

historische Daten zur Positivkontroll-Chemikalie: IC50(+Irr) und IC50(–Irr) und PIF/MPE, Mittelwerte und Standardabweichungen;

 

Diskussion der Ergebnisse;

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Lovell W.W. (1993). A scheme for in vitro screening of substances for photoallergenic potential. Toxic. In Vitro 7, 95-102.

(2)

Santamaria, L. and Prino, G. (1972). List of the photodynamic substances. In ‚Research Progress in Organic, Biological and Medicinal Chemistry‘ Vol. 3 part 1. North Holland Publishing Co. Amsterdam, XI-XXXV.

(3)

Spielmann, H., Lovell, W.W., Hölzle, E., Johnson, B.E., Maurer, T., Miranda, M.A., Pape, W.J.W., Sapora, O., and Sladowski, D. (1994). In vitro phototoxicity testing: The report and recommendations of ECVAM Workshop 2. ATLA, 22, 314-348.

(4)

Spikes, J.D. (1989). Photosensitization. In ‚The science of Photobiology‘ Edited by K.C. Smith. Plenum Press, New York. 2nd edition, 79-110.

(5)

OECD (1997) Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment No.7 ‚Guidance Document On Direct Phototransformation Of Chemicals In Water‘ Environment Directorate, OECD, Paris.

(6)

Spielmann, H., Balls, M., Döring, B., Holzhütter, H.G., Kalweit, S., Klecak, G., L'Eplattenier, H., Liebsch, M., Lovell, W.W., Maurer, T., Moldenhauer. F. Moore. L., Pape, W., Pfannbecker, U., Potthast, J., De Silva, O., Steiling, W., and Willshaw, A. (1994). EEC/COLIPA project on in vitro phototoxicity testing: First results obtained with a Balb/c 3T3 cell phototoxicity assay. Toxic. In Vitro 8, 793-796.

(7)

Anon (1998). Statement on the scientific validity of the 3T3 NRU PT test (an in vitro test for phototoxicity), European Commission, Joint Research Centre: ECVAM and DGXI/E/2, 3. November 1997, ATLA, 26, 7-8.

(8)

Spielmann, H., Balls, M., Dupuis, J., Pape, W.J.W., Pechovitch, G. De Silva, O., Holzhütter, H.G., Clothier, R., Desolle, P., Gerberick, F., Liebsch, M., Lovell, W.W., Maurer, T., Pfannenbecker, U., Potthast, J. M., Csato, M., Sladowski, D., Steiling, W., and Brantom, P. (1998). The international EU/COLIPA In vitro phototoxicity validation study: results of phase II (blind trial), part 1: the 3T3 NRU phototoxicity test. Toxic. In Vitro 12, 305-327.

(9)

OECD (2002) Extended Expert Consultation Meeting on The In Vitro 3T3 NRU Phototoxicity Test Guideline Proposal, Berlin, 30th-31th October 2001, Secretariat's Final Summary Report, 15th March 2002, OECD ENV/EHS; auf Anfrage beim Sekretariat erhältlich.

(10)

Borenfreund, E., and Puerner, J.A. (1985). Toxicity determination in vitro by morphological alterations and neutral red absorption. Toxicology Lett., 24, 119-124.

(11)

Hay, RJ. (1988) The seed stock concept and quality control for cell lines. Analytical Biochemistry 171, 225-237.

(12)

Lambert L.A, Warner W.G., and Kornhauser A. (1996) Animal models for phototoxicity testing. In ‚Dermatotoxicology‘, edited by F.N. Marzulli and H.I. Maibach. Taylor & Francis, Washington DC. 5th Edition, 515-530.

(13)

Tyrrell R.M., Pidoux M (1987) Action spectra for human skin cells: estimates of the relative cytotoxicity of the middle ultraviolet, near ultraviolet and violet regions of sunlight on epidermal keratinocytes. Cancer Res., 47, 1825-1829.

(14)

ISO 10977. (1993). Photography — Processed photographic colour films and paper prints — Methods for measuring image stability.

(15)

Sunscreen Testing (UV.B) TECHNICALREPORT, CIE, International Commission on Illumnation, Publication No. 90, Vienna, 1993, ISBN 3900734275

(16)

ZEBET/ECVAM/COLIPA — Standard Operating Procedure: In Vitro 3T3 NRU Phototoxicity Test. Final Version, 7 September, 1998. 18 S.

(17)

Spielmann, H., Balls, M., Dupuis, J., Pape, W.J.W., De Silva, O., Holzhütter, H.G., Gerberick, F., Liebsch, M., Lovell, W.W., and Pfannenbecker, U. (1998) A study on UV filter chemicals from Annex VII of the European Union Directive 76/768/EEC, in the in vitro 3T3 NRU phototoxicity test. ATLA 26, 679-708.

(18)

Holzhütter, H.G., and Quedenau, J. (1995) Mathematical modeling of cellular responses to external signals. J. Biol. Systems 3, 127-138.

(19)

Holzhütter, H.G. (1997). A general measure of in vitro phototoxicity derived from pairs of dose-response curves and its use for predicting the in vivo phototoxicity of chemicals. ATLA, 25, 445-462.

(20)

http://www.oecd.org/document/55/0.2340.en_2649_34377_2349687_l_l_l_1.00. html

Anlage 1

Rolle des 3T3 NRU-PT in einer sequenziellen Prüfstrategie für Fototoxizitätstests von Chemikalien

Image

Anlage 2

Abbildung 1

Spektrale Leistungsverteilung eines gefilterten Solarsimulators

Image

(Siehe 1.4.1.5, zweiter Absatz)

Abbildung 1 zeigt ein Beispiel für eine akzeptable spektrale Leistungsverteilung eines gefilterten Solarsimulators. Sie stammt aus der Quelle mit dotiertem Metallhalid, die im Validierungsversuch des 3T3-NRU-PT verwendet wurde (6) (8) (17). Die Wirkung der beiden verschiedenen Filter und der zusätzliche Filtereffekt des Deckels einer „96-well“-Zellkulturplatte werden hier dargestellt. Der H2-Filter wurde nur mit Testsystemen verwendet, die eine größere UVB-Menge tolerieren können (Hautmodelltest und Fotohämolysetest mit roten Blutzellen). Im 3T3-NRU-PT wurde der H1-Filter verwendet. Die Abbildung zeigt, dass der zusätzliche Filtereffekt des Plattendeckels in erster Linie im UVB-Bereich beobachtet wurde, so dass im Bestrahlungsspektrum noch genug UVB verbleibt, um Chemikalien zu erkennen, die typischerweise im UVB-Bereich absorbiert werden, z. B. Amiodaron (siehe Tabelle 1).

Abbildung 2

Bestrahlungsempfindlichkeit von Balb/c-3T3-Zellen (im UVA-Bereich gemessen)

Zellviabilität (Aufnahme von Neutralrot in % bei Dunkelkontrollen)

Image

(Siehe 1.4.1.5.2, zweiter Absatz, 1.4.2.2.1, 1.4.2.2.2)

Empfindlichkeit der Balb/c-3T3-Zellen gegen Bestrahlung durch den Solarsimulator, der im Validierungsversuch des 3T3-NRU-Fototoxizitätstests (nach Messung im UVA-Bereich) verwendet wird. Die Abbildung zeigt die in sieben verschiedenen Labors in der Vorvalidierungsstudie ermittelten Ergebnisse (1). Die beiden Kurven mit offenen Symbolen wurden mit gealterten Zellen ermittelt (hohe Passagenzahl), die durch neue Zellenbestände ersetzt werden mussten. Die Kurven mit fett gedruckten Symbolen zeigen Zellen mit einer ausreichenden Bestrahlungstoleranz.

Aus diesen Daten wurde die höchste nicht zytotoxische Bestrahlungsdosis von 5 J/cm2 abgeleitet (senkrechte gestrichelte Linie). Die waagerechte gestrichelte Linie zeigt zusätzlich die in Abschnitt 1.4.2.2 angegebene maximal zulässige Bestrahlungswirkung.

B.42.   SENSIBILISIERUNG DER HAUT: LOKALER LYMPHKNOTENTEST

1.   METHODE

Diese Prüfmethode entspricht der OECD TG 429 (2002).

1.1.   EINLEITUNG

Der lokale Lymphknoten test (local lymph node assay = LLNA) ist hinreichend validiert worden und kann daher als eigenständige Methode akzeptiert werden (1) (2) (3). Damit steht eine zweite Methode zur Bewertung des Hautsensibilisierungspotenzials von chemischen Stoffen bei Tieren zur Verfügung. Die andere Prüfmethode (B.6), namentlich der Meerschweinchen-Maximierungstest und der Bühler-Test, stützt sich auf Tests am Meerschweinchen (4).

Mit dem LLNA steht eine alternative Methode, zum Nachweis von Chemikalien mit hautsensibilisierenden Eigenschaften zur Verfügung. Ebenso wird diese Methode auch eingesetzt, um nachzuweisen, dass Chemikalien kein signifikantes Hautsensibilisierungspotenzial besitzen können. Dies bedeutet notwendigerweise nicht, dass der LLNA zwingend in jedem Fall anstelle der Meerschweinchentests eingesetzt werden muss. Vielmehr erweist sich der LLNA als gleichermaßen wertvoller Test und kann als Alternative gewählt werden, bei der im Allgemeinen keine weitere Bestätigung von positiven wie auch negativen Ergebnissen erforderlich ist.

Der LLNA bietet bestimmte Vorteile, was den wissenschaftlichen Fortschritt und Belange des Tierschutzes angeht. Bei dem LLNA wird die Induktionsphase der Hautsensibilisierung untersucht, und der Test liefert quantitative Daten für die Bewertung von Dosis-Wirkungs-Beziehungen. Einzelheiten zur Validierung des LLNA und ein Bericht über die Arbeit auf diesem Gebiet sind veröffentlicht worden (5) (6) (7) (8). Zudem ist festzustellen, dass die leichten/mittelgradigen Sensibilisatoren, die als zweckmäßige positive Kontrollsubstanzen für die Tests am Meerschweinchen empfohlen werden, auch für den LLNA geeignet sind (6) (8) (9).

Beim LLNA handelt es sich um eine In-vivo-Methode. Das bedeutet, dass die kontaktsensibilisierenden Eigenschaften weiterhin an Tieren bewertet werden, allerdings kann deren Anzahl meist reduziert werden. Es kommt hinzu, dass der LLNA eine substanzielle Verfeinerung der Prüfung auf Hautsensibilisierung darstellt. Der LLNA beruht auf Überlegungen, dass während der Induktionsphase der Sensibilisierung immunologische Reaktionen durch chemische Stoffe ausgelöst werden. Anders als beim Meerschweinchentest wird beim LLNA keine Provokationsbehandlung durchgeführt. Außerdem wird beim LLNA im Gegensatz zum Meerschweinchen-Maximierungstest auf den Einsatz eines Adjuvans verzichtet. Beim LLNA erleiden die Versuchstiere weniger Qualen. Trotz der Vorteile, die der LLNA gegenüber den herkömmlichen Tests am Meerschweinchen aufweist, sollte nicht verkannt werden, dass er auch mit gewissen Einschränkungen behaftet ist, die die Verwendung eines traditionellen Meerschweinchentests erforderlich machen können (z. B. falsch negative Ergebnisse bei bestimmten Metallen, falsch positive Resultate bei bestimmten hautreizenden Stoffen) (10).

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Der LLNA beruht auf dem Prinzip, dass sensibilisierende Stoffe eine primäre Lymphozytenproliferation im drainierenden Lymphknoten an der Stelle der Applikation des chemischen Stoffes induzieren. Die Proliferation verläuft proportional zur applizierten Dosis (und zur Wirksamkeit des Allergens) und bietet sich als einfache Möglichkeit an, eine objektive quantitative Messung der Sensibilisierung zu erhalten. Mit Hilfe des LLNA wird die Proliferation als Dosis-Wirkungs-Beziehung bewertet. Zu diesem Zweck wird die Proliferation in den Testgruppen mit der in den mit Vehikel behandelten Gruppen verglichen. Der als Stimulationsindex bezeichnete Proliferationsquotient zwischen den Testgruppen und den mit Vehikel behandelten Gruppen wird ermittelt und muss mindestens 3 betragen, ehe eine Prüfsubstanz für eine weitere Bewertung als potenzieller Hautsensibilisator infrage kommt. Die hier beschriebenen Methoden beruhen auf der Nutzung der radioaktiven Markierung Zur Messung der Zellproliferation. Allerdings kann man sich bei der Bewertung der Proliferation auch auf andere Endpunkte stützen, sofern dies gerechtfertigt und entsprechend wissenschaftlich begründet ist. Dazu gehören auch vollständige Zitate und die Beschreibung der Methodik.

1.3.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.3.1.   Vorbereitungen

1.3.1.1.   Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Die Tiere sollen einzeln gehalten werden. Die Temperatur im Versuchstierraum soll 22 oC (± 3 oC) betragen. Obwohl die relative Luftfeuchtigkeit mindestens 30 % betragen und zu anderen Zeiten als während der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen soll, ist ein Wert von 50-60 % anzustreben. Der Raum soll künstlich beleuchtet sein, wobei die Beleuchtung im 12-Stunden-Rhythmus ein- und ausgeschaltet werden soll. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist.

1.3.1.2.   Vorbereitung der Versuchstiere

Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zwecks Identifizierung markiert (aber nicht am Ohr) und für die Dauer von mindestens 5 Tagen vor Versuchsbeginn in ihren Käfigen gehalten, damit sie sich an die Laborbedingungen gewöhnen können. Vor Behandlungsbeginn werden alle Tiere auf sichtbare Hautverletzungen untersucht.

1.3.2.   Versuchsbedingungen

1.3.2.1.   Versuchstiere

Für diesen Test ist die Maus die Spezies der Wahl, wobei junge erwachsene weibliche Mäuse (CBA/Ca- bzw. CBA/J-Stamm) verwendet werden, die weder geworfen haben noch trächtig sind. Bei Versuchsbeginn sollen die Tiere 8-12 Wochen alt sein, die Gewichtsunterschiede minimal sein und 20 % des mittleren Gewichts nicht übersteigen. Tests an anderen Stämmen und männlichen Tieren können erfolgen, wenn anhand von hinlänglich großen Datenangaben nachgewiesen werden kann, dass keine signifikanten stamm- oder geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Reaktion auf den LLNA bestehen.

1.3.2.2.   Überprüfung der Zuverlässigkeit

Anhand von positiven Kontrollen werden die ordnungsgemäße Durchführung des Tests und die Fähigkeit des Labors nachgewiesen, den Test erfolgreich durchzuführen. Die positive Kontrolle soll eine positive Reaktion auf den LLNA bei einem Expositionsniveau hervorrufen, das einen Anstieg des Stimulationsindex (SI >3 im Vergleich zur negativen Kontrollgruppe) bewirkt. Die positive Kontrolldosis soll so gewählt werden, dass die Induktion deutlich, aber nicht exzessiv ist. Bevorzugte Stoffe sind Hexylcinnaminaldehyd {CAS-Nr. 101-86-0, EINECS-Nr. 202-983-3) und Mercaptobenzothiazol (CAS-Nr. 149-30-4, EINECS-Nr. 205-736-8). Unter bestimmten Umständen können in ausreichend begründeten Fällen andere Kontrollsubstanzen eingesetzt werden, die den genannten Kriterien entsprechen. Obwohl üblicherweise für jeden Test eine positive Kontrollgruppe erforderlich ist, können die Prüflabors unter Umständen auf bereits vorhandene positive Kontrolldaten zurückgreifen, die belegen, dass eine zufriedenstellende Reaktion über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten durchgängig gegeben ist. In diesen Fällen könnten Tests mit positiven Kontrollen in größeren Abständen ausreichen, wobei zwischen zwei Tests nicht mehr als 6 Monate liegen sollen. Zwar soll die positive Kontrollsubstanz in dem Vehikel geprüft werden, von dem bekannt ist, dass es eine gleich bleibende Reaktion hervorruft (z. B. Aceton/Olivenöl), doch können aufgrund bestimmter zulassungsrechtlicher Anforderungen auch Tests in einem Nichtstandard-Vehikel (klinisch/chemisch relevante Zubereitung) erforderlich sein. In diesen Fällen soll die mögliche Interaktion einer positiven Kontrolle mit diesem unüblichen Vehikel geprüft werden.

1.3.2.3.   Anzahl der Versuchstiere, Dosierungen und Auswahl des Vehikels

Mindestens 4 Tiere pro Dosisgruppe mit jeweils mindestens drei Konzentrationen der Prüfsubstanz werden benötigt; zusätzlich braucht man eine negative Kontrollgruppe, die nur mit dem Vehikel für die Prüfsubstanz behandelt wird, und gegebenenfalls auch eine positive Kontrolle. Sofern Daten auf Einzeltierbasis erhoben werden sollen, werden mindestens 5 Tiere pro Dosierungsgruppe benötigt. Außer der Behandlung mit Prüfsubstanz sollen die Tiere in den Kontrollgruppen genauso behandelt werden wie die Tiere in den Behandlungsgruppen.

Die Auswahl der Dosierung und des Vehikels soll anhand der Empfehlungen in (1) erfolgen. Für die Dosierungen werden folgende abgestufte Konzentrationen gewählt: 100 %, 50 %, 25 %, 10 %, 5 %, 2,5 %, 1 %, 0,5 % usw. Vorhandene Angaben über die akute Toxizität und Hautreizung sollten bei der Festlegung von drei aufeinander folgenden Konzentrationen berücksichtigt werden, so dass bei der höchsten Konzentration einerseits die Exposition maximiert und andererseits eine systemische Toxizität und eine übermäßige lokale Hautreizung vermieden werden (2) (11).

Das Vehikel sollte so gewählt werden, dass die Testkonzentrationen und die Löslichkeit maximiert und gleichzeitig eine für das Applizieren der Prüfsubstanz geeignete Lösung/Suspension hergestellt werden können. Vorzugsweise werden folgende Vehikel in der genannten Reihenfolge eingesetzt: Aceton/Olivenöl (4:1, v/v), Dimethylformamid, Methylethylketon, Propylenglycol und Dimethylsulfoxid (2) (10), wobei auch andere Vehikel verwendet werden können, sofern dies hinlänglich wissenschaftlich begründet wird. Unter bestimmten Umständen muss möglicherweise ein klinisch relevantes Lösungsmittel oder die handelsübliche Zubereitung, die die Prüfsubstanz enthält, als zusätzliche Kontrolle genutzt werden. Besondere Sorgfalt sollte darauf verwendet werden, zu gewährleisten, dass in das Vehikelsystem hydrophile Stoffe eingearbeitet werden, die die Haut befeuchten und nicht sofort ablaufen. Folglich sind vollständig wässrige Vehikel zu vermeiden.

1.3.3.   Prüfmethode

1.3.3.1.   Versuchsplan

Der Versuchsplan ist wie folgt:

 

Tag 1:

Jedes Tier wird einzeln gekennzeichnet und gewogen und das Gewicht protokolliert. Es werden 25 μl der Prüfsubstanz in der jeweiligen Verdünnung, des Vehikels alleine bzw. (gegebenenfalls) der positiven Kontrolle offen auf die Rückseite jedes Ohrs appliziert.

 

Tag 2 und 3:

Die am Tag 1 durchgeführte Applikationsprozedur wird wiederholt.

 

Tag 4 und 5:

Keine Behandlung.

 

Tag 6:

Jedes Tier wird gewogen und das Gewicht protokolliert. Es werden 250 μl phosphatgepufferte Kochsalzlösung (PBS) mit 20 μCi (7,4E + 8Bq) von3H-Methylthymidin in die Schwanzvenen der Mäuse in den Test- und Kontrollgruppen injiziert, oder es können auch 250 μl PBS mit 2 μCi (7,4E + 7Bq) von 125I-Ioddeoxyuridin und 10-5 M Fluordeoxyuridin injiziert werden. 5 Stunden später werden die Tiere getötet.

Die drainierenden aurikulären Lymphknoten werden entfernt und für jede der Versuchsgruppen in PBS gepoolt (Methode der gepoolten Behandlungsgruppe); wahlweise können die Lymphknoten einzelner Tiere paarweise entfernt und für jedes Tier in PBS gepoolt werden (Einzeltiermethode). Weitere Einzelheiten und Diagramme der Lymphknotenidentifizierung und -dissektion sind Anlage 1 zu (10) zu entnehmen.

1.3.3.2.   Herstellung der Zellsuspensionen

Durch vorsichtigen mechanischen Aufschluss in einem Edelstahlfilter (Maschenweite: 200 μm) wird eine einzige Zellsuspension aus den Lymphknotenzellen (LKZ) der gepoolten Behandlungsgruppen bzw. aus den einzelnen Tieren paarweise entnommenen LKZ hergestellt. Die Lymphknotenzellen werden zweimal mit einem Überschuss an PBS gewaschen und bei 4 oC 18 Stunden lang mit 5 %iger Trichloressigsäure (TCA) ausgefällt. Die Pellets werden entweder in 1 ml TCA resuspendiert und in Szintillationsfläschchen eingetragen, die 10 ml einer Szintillationsflüssigkeit für die3H-Zählung enthalten, oder direkt in Gammazähler zur 125I-Bestimmung überführt.

1.3.3.3.   Bestimmung der Zellproliferation (aufgenommenen Radioaktivität)

Die Aufnahme von 3H-Methylthymidin wird mittels β-Szintillationszählung als Zerfallsereignisse pro Minute (disintegrations per minute = DPM) gemessen. Die Aufnahme von 25I-Ioddeoxyuridin wird mittels 125I-Zählung bestimmt und ebenfalls als DPM angegeben. In Abhängigkeit von der genutzten Methode wird die Aufnahme als DPM pro Behandlungsgruppe (Methode der gepoolten Behandlungsgruppe) oder als DPM pro Tier (Einzeltiermethode) angegeben.

1.3.3.4.   Beobachtungen

1.3.3.4.1.   Klinische Beobachtungen

Einmal täglich sollten die Tiere sorgfältig auf klinische Zeichen, d. h. lokale Reizung an der Applikationsstelle oder auf systemische Toxizität, untersucht werden. Sämtliche Beobachtungen werden systematisch in Einzelprotokollen dokumentiert, die für jedes Tier geführt werden.

1.3.3.4.2.   Körpergewicht

Im Abschnitt 1.3.3.1 wurde bereits ausgeführt, dass das Körpergewicht der einzelnen Tiere zu Versuchsbeginn und zum Zeitpunkt der Tötung der Tiere laut Versuchsplan ermittelt werden soll.

1.3.4.   Berechnung der Ergebnisse

Die Ergebnisse werden als Stimulationsindex (SI) angegeben. Bei Einsatz der Methode mit der gepoolten Behandlungsgruppe erhält man den SI, indem die für jede Behandlungsgruppe ermittelte Gesamtaufnahme an Radioaktivität durch die Aufnahme in der gepoolten Vehikelkontrollgruppe dividiert wird; dadurch erhält man den mittleren SI. Bei Anwendung der Einzeltiermethode ergibt sich der SI durch Teilen der mittleren DPM pro Tier innerhalb jeder Behandlungsgruppe und der Positivkontrollgruppe durch die mittleren DPM pro Tier für die Vehikelkontrollgruppe. Der durchschnittliche SI beträgt für die mit Vehikel behandelten Kontrollen demnach 1.

Wird zur Berechnung des SI die Einzeltiermethode herangezogen, kann eine statistische Analyse der Daten durchgeführt werden. Bei der Auswahl einer geeigneten Methode für die statistische Analyse sollte sich der Prüfer möglicher ungleicher Varianzen und anderer damit zusammenhängender Probleme stets bewusst sein, denn diese erfordern unter Umstanden eine Datentransformation oder ein nichtparametrisches statistisches Verfahren. Ein angemessener Ansatz zur Interpretation der Daten besteht darin, alle Einzeldaten der behandelten und der mit Vehikel behandelten Kontrollen auszuwerten und daraus die am besten angepasste Dosis-Reaktions-Kurve abzuleiten, wobei die Vertrauensgrenzen zu berücksichtigen sind (8) (12) (13). Jedoch sollte der Prüfer auf mögliche ‚Ausreißer‘- Reaktionen bei einzelnen Tieren innerhalb einer Gruppe achten, die unter Umständen die Verwendung eines anderen Gradmessers für die Reaktion (z. B. Median anstelle des Mittelwerts) oder die Eliminierung des ‚Ausreißers‘ erforderlich machen.

Der Entscheidungsprozess hinsichtlich einer positiven Reaktion umfasst einen Stimulationsindex von > 3 sowie die Berücksichtigung der Dosiswirkung und gegebenenfalls auch der statistischen Signifikanz (3) (6) (8) (12) (14).

Sofern Klärungsbedarf in Bezug auf die Ergebnisse besteht, sollten die verschiedenen Eigenschaften der Prüfsubstanz. beachtet werden, wobei es unter anderem zu klären gilt, ob ein struktureller Zusammenhang mit bekannten Hautsensibilisatoren besteht, ob sie eine übermäßig starke Hautreizung hervorruft und wie die festgestellte Art der Reaktion bezüglich der Dosis ist. Diese und weitere Aspekte werden an anderer Stelle ausführlich erörtert (7).

2.   DATEN

Die Daten sollten in tabellarischer Form zusammengefasst werden und sowohl den Mittelwert und die DPM-Einzelwerte als auch die Stimulationsindizes für die einzelnen Dosierungsgruppen (einschließlich der mit Vehikel behandelten Kontrollgruppe) umfassen.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten: Prüfsubstanz:

 

Angaben zur Identität (z. B. CAS-Nummer, falls vorhanden; Bezugsquelle; Reinheit; bekannte Verunreinigungen; Chargennummer);

physikalische Beschaffenheit und physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. Flüchtigkeit, Stabilität, Löslichkeit);

bei Mischungen Zusammensetzung und relative Anteile der Bestandteile in Prozent.

Vehikel:

 

Angaben zur Identität (Reinheit, ggf. Konzentration, Einsatzvolumen);

Begründung der Auswahl des Vehikels.

Versuchstiere:

 

verwendeter Mäusestamm;

mikrobiologischer Status der Tiere, sofern bekannt;

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;

Herkunft der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.

Prüfbedingungen:

 

Angaben zur Herstellung und Applikation der Prüfsubstanz;

Begründung der gewählten Dosierung mit Ergebnissen des eventuell durchgeführten Dosisfindungstests; Konzentrationen des Vehikels und der Prüfsubstanz sowie Gesamtmenge der applizierten Substanz;

Angaben zur Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Herkunft des Wassers).

Zuverlässigkeitsprüfung:

 

zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse der letzten Zuverlässigkeitsprüfung mit Angaben zu verwendeten Substanzen, Konzentrationen und Vehikel;

übereinstimmende und/oder frühere positive und negative Kontrolldaten für das Prüflabor.

Ergebnisse:

 

Gewicht der einzelnen Tiere bei Beginn der Prüfung und zum Zeitpunkt der Tötung gemäß Versuchsplan;

tabellarische Darstellung der mittleren (Methode der gepoolten Behandlungsgruppe) oder individuellen (Einzeltiermethode) DPM-Werte sowie die Bandbreite beider Methoden und der Stimulationsindizes für die einzelnen Dosierungsgruppen (einschließlich der mit Vehikel behandelten Kontrollgruppe);

gegebenenfalls statistische Analyse;

zeitlicher Verlauf des Einsetzens der Toxizität und Anzeichen der Toxizität, einschließlich einer möglichen

Hautreizung an der Applikationsstelle, bei jedem Tier.

 

Diskussion der Ergebnisse:

kurze Auswertung der Ergebnisse, der Dosis-Wirkungs-Beziehung und gegebenenfalls statistische Analysen mit Schlussfolgerungen zur Frage, ob die Prüfsubstanz als Hautsensibilisator eingestuft werden soll.

4.   LITERATUR

(1)

Kimber, L, and Basketter, D.A. (1992). The murine local lymph node assay; collaborative studies and new directions:-A commentary. Food and Chemical Toxicology 30, 165-169.

(2)

Kimber, I., Derman, R.J., Scholes, E.W., and Basketier, D.A. (1994). The local lymph node assay: developments and applications. Toxicology, 93, 13-31.

(3)

Kimber, J., Hilton, X, Dearman, R.J., Gerberick, G.F., Ryan, CA., Basketter, D.A., Lea, L., House, R.V., Ladies, G.S., Loveless, S.E., Hastings, K.L. (1998). Assessment of the skin sensitisation potential of topical medicaments, using the local lymph node assay: An interlaboratory exercise, Journal of Toxicology and Environmental Health, 53, 563-79.

(4)

Prüfmethode B.6.

(5)

Chamberlain, M., and Basketter, D.A. (1996). The local lymph node assay: status of validation. Food and Chemical Toxicology, 34, 999-1002.

(6)

Baskelter, D.A., Gerberick, G.F., Kimber, I., and Loveless, S.E (1996). The local lymph node assay- A viable alternative to currently accepted skin sensitisation tests. Food and Chemical Toxicology, 34, 985- 997.

(7)

Basketter, D.A., Gerberick, G.F., and Kimber, 1. (1998). Strategies for identifying false positive responses in predictive sensitisation tests. Food and Chemical Toxicology. 36, 327-33.

(8)

Van Och, F.M.M., Slob, W., De Jong, W.H., Vandebriel, R.J., Van Loveren, H. (2000). A quantitative method for assessing the sensitising potency of low molecular weight chemicals using a local lymph node assay: employement of a regression method that includes determination of uncertainty margins. Toxicology, 146, 49-59.

(9)

Dearman, R.J., Hilton, J., Evans, P., Harvey, P., Basketter, D.A., and Kimber, I. (1998). Temporal stability of local lymph node assay responses to hexyl cinnamic aldehyde. Journal of Applied Toxicology, 18, 281-4.

(10)

National Institute of Environmental Health Sciences (1999). The Murine Local Lymph Node Assay: A Test Method for Assessing the Allergic Contact Dermatitis Potential of Chemicals/Compounds: The Results of an Independent Peer Review Evaluation Coordinated by the Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods (ICCVAM) and the National Toxicology Program Center for the Evaluation of Alternative Toxicological Methods (NICETAM). NIH Publication No: 99-4494, Research Triangle Park, N.C. (http://iccvam.niehs.nth.gov).

(11)

Prüfmethode B.4.

(12)

Basketter, D.A., Selbie, E., Scholes, E.W., Lees, D., Kimber, I., and Botham, P.A. (1993). Results with OECD recommended positive control sensitisers in the maximisation, Buehler and local lymph node assays. Food and Chemical Toxicology, 31, 63-67.

(13)

Basketter, D.A., Lea, L.J.. Dickens, A., Briggs, D., Pate, I., Dearman, R.J., Kimber, I. (1999). A comparison of statistical approaches to the derivation of EC3 values from local lymph node assay dose responses, J. Appl, Toxicology, 19, 261-266.

(14)

Basketter, D.A, Blaikie, L, Derman, R.J., Kimber, I., Ryan, C.A., Gerberick, G.F., Harvey, P., Evans, P., White, IR., and Rycroft, R.T.G. (2000). Use of local lymph node assay for the estimation of relative contact allergenic potency. Contact Dermatitis 42, 344-48.

B.43.   PRÜFUNG AUF NEUROTOXIZITÄT BEI NAGETIEREN

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 424 (1997).

Diese Prüfmethode wurde zur Gewinnung von Informationen entwickelt, die benötigt werden, um die potenzielle Neurotoxizität von Chemikalien bei ausgewachsenen Tieren zu bestätigen oder näher zu charakterisieren. Sie kann entweder mit bestehenden Testmethoden für Prüfungen auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung kombiniert oder als Einzelstudie durchgeführt werden. Es wird empfohlen, das OECD Guidance Document on Neurotoxicity Testing Strategies and Methods (1) als Hilfe hinzuzuziehen, wenn auf der Basis dieser Prüfmethode Studien entwickelt werden. Dies ist besonders dann wichtig, wenn Änderungen der für die routinemäßige Anwendung dieser Methode empfohlenen Beobachtungen und Testverfahren in Betracht gezogen werden. Das Guidance Document wurde erarbeitet, um die Auswahl abweichender Testverfahren für spezifische Anwendungsbedingungen zu vereinfachen.

Die Beurteilung einer Entwicklungs-Neurotoxizität ist nicht Ziel dieser Methode.

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Beurteilung und Bewertung der toxischen Eigenschaften von Chemikalien muss das Potenzial für neurotoxische Wirkungen berücksichtigt werden. Die Prüfmethode für systemische Toxizität bei wiederholter Verabreichung umfasst bereits Untersuchungen, mit denen auf potenzielle Neurotoxizität getestet wird. Diese Prüfmethode kann zur Entwicklung einer Studie eingesetzt werden, die zu weiteren Informationen über neurotoxische Wirkungen führt, die bei den Studien zur systemischen Toxizität bei wiederholter Verabreichung beobachtet wurden, oder diese Wirkungen bestätigt. Überlegungen zur potenziellen Neurotoxizität bestimmter Chemikalienklassen können jedoch zu der Vermutung führen, dass mit Hilfe dieser Methode eine zweckmäßigere Auswertung möglich ist, auch wenn vorherige Studien zur systemischen Toxizität bei wiederholter Verabreichung nicht auf eine potenzielle Neurotoxizität dieser Chemikalien hingewiesen haben. Anhaltspunkte für Überlegungen dieser Art können beispielsweise sein:

Beobachtung neurologischer Anzeichen oder neuropathologische Befunde bei anderen Toxizitätsstudien als Studien zur systemischen Toxizität bei wiederholter Verabreichung oder

strukturelle Verwandtschaft mit bekannten neurotoxischen Substanzen oder sonstige Informationen, durch die sie mit diesen in Verbindung gebracht werden.

Darüber hinaus sind weitere Fälle vorstellbar, in denen die Anwendung dieser Prüfmethode sinnvoll ist (siehe (1)).

Bei der Entwicklung dieser Methode wurde darauf geachtet, dass sie in spezielle Anforderungen angepasst werden kann, um die spezifische histopathologische und verhaltensbezogene Neurotoxizität einer Chemikalie zu bestätigen und eine Charakterisierung und Quantifizierung der neurologischen Wirkungen zu ermöglichen.

In der Vergangenheit wurde Neurotoxizität mit Neuropathie in Form von neuropathologischen Befunden oder neurologischen Funktionsstörungen wie Krämpfen, Lähmungen oder Tremor gleichgesetzt. Neuropathie ist eine wichtige Ausprägung einer neurotoxischen Wirkung; heute ist jedoch unstrittig, dass noch viele weitere Anzeichen toxischer Wirkungen auf das Nervensystem in Betracht kommen (z. B. Verlust der motorischen Koordination, sensorische Defizite, Funktionsstörungen hinsichtlich Lernfähigkeit und Gedächtnis), die in der Neuropathie oder in anderweitigen Studien eventuell nicht berücksichtigt werden.

Diese Methode zur Prüfung auf Neurotoxizität wurde für die Erkennung deutlicher verhaltensbezogener und neuropathologischer Wirkungen bei ausgewachsenen Nagetieren entwickelt. Verhaltensbezogene Wirkungen können einen schädlichen Einfluss auf den Organismus widerspiegeln, selbst wenn keine morphologischen Veränderungen auftreten; nicht aber alle Verhaltensänderungen sind für das Nervensystem spezifisch. Daher sollen alle beobachteten Änderungen im Zusammenhang mit korrelierenden histopathologischen, hämatologischen oder biochemischen Daten sowie mit Daten zu anderen Arten systemischer Toxizität ausgewertet werden. Die Untersuchungen, die bei dieser Methode zur Charakterisierung und Quantifizierung der neurotoxischen Wirkungen erforderlich sind, beinhalten spezifische histopathologische und verhaltensbezogene Verfahren, die durch elektrophysiologische und/oder biochemische Untersuchungen (1) (2) (3) (4) weiter unterstützt werden können.

Innerhalb des Nervensystems können neurotoxische Stoffe über eine Vielzahl von Mechanismen und auf eine Anzahl verschiedener Zielgewebe wirken. Da keine einzelne Versuchsreihe in der Lage ist, das neurotoxische Potenzial sämtlicher Substanzen umfassend zu testen, kann der Einsatz weiterer In-vivo- oder In-vitro-Tests erforderlich sein, die für den beobachteten oder erwarteten Typ einer Neurotoxizität spezifisch sind.

Diese Prüfmethode kann auch in Verbindung mit den Hinweisen im OECD Guidance Document on Neurotoxicity Testing Strategies and Methods (1) für die Entwicklung von Studien verwendet werden, welche die Dosis-Wirkungs-Quantifizierung näher charakterisieren oder ihre Empfindlichkeit erhöhen sollen, um eine Dosis ohne beobachtete schädliche Wirkungen (NOAEL) besser abschätzen oder bekannte oder vermutete Gefahren einer Chemikalie bestätigen zu können. Beispielsweise können Studien entwickelt werden, die zur Ermittlung und Beurteilung der neurotoxischen Mechanismen oder zur Ergänzung der aus der Anwendung grundlegender verhaltensbezogener und neuropathologischer Beobachtungsverfahren bereits gewonnenen Daten dienen. Derartige Studien sollen keine Daten replizieren, die bei der Anwendung der in dieser Methode empfohlenen Standardverfahren gewonnen würden, wenn entsprechende Daten bereits vorliegen und nicht als erforderlich für die Interpretation der Ergebnisse der Studie angesehen werden.

Diese Prüfung auf Neurotoxizität führt, sowohl für sich allein als auch in Kombination mit anderen Studien, zu Informationen,

mit denen beurteilt werden kann, ob das Nervensystem durch die getestete Chemikalie dauerhaft oder reversibel geschädigt wird,

die dazu beitragen können, die Veränderungen des Nervensystems zu charakterisieren, die mit der Exposition gegenüber der Chemikalie in Verbindung stehen, und die zugrunde liegenden Mechanismen zu verstehen, und

die helfen können, den Zusammenhang zwischen Dosis/Zeit und Dosis/Wirkung zu bestimmen, um eine Dosis ohne beobachtete schädliche Wirkungen (NOAEL) abzuschätzen (die dann für die Festlegung von Sicherheitskriterien für die betreffende Chemikalie genutzt werden kann).

Bei dieser Prüfmethode wird die Testsubstanz oral verabreicht. Andere Verabreichungswege (z. B. dermal oder inhalativ) können besser geeignet sein und eine Modifizierung der empfohlenen Verfahren erforderlich machen. Überlegungen zur Wahl des Verabreichungswegs sind vom menschlichen Expositionsprofil und von den verfügbaren toxikologischen oder kinetischen Informationen abhängig.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Schädliche Wirkung: jede behandlungsbedingte Abweichung von den Basiswerten, welche die Fähigkeit eines Organismus herabsetzt, zu überleben, sich zu vermehren oder sich an die Umgebung anzupassen.

Dosis: verabreichte Menge der Testsubstanz; die Dosis wird als Gewicht (g, mg), als Gewicht der Testsubstanz, pro Gewichtseinheit des Versuchstiers (z. B. mg/kg) oder als konstante Konzentration in der Nahrung (ppm) angegeben.

Dosierung: ein genereller Begriff, der sich aus Dosis, Häufigkeit und Dauer der Verabreichung zusammensetzt.

Neurotoxizität: schädliche Veränderung der Struktur oder Funktion des Nervensystems, die infolge der Exposition gegenüber einem chemischen, biologischen oder physikalischen Agens entsteht.

Neurotoxisches Agens: jedes chemische, biologische oder physikalische Agens, das neurologisch wirken kann.

NOAEL: ist die Abkürzung für ‚No-Observed-Adverse-Effect Level‘ (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung); entspricht der höchsten Dosis, bei der keine behandlungsbedingten schädigenden Wirkungen festgestellt werden.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Testchemikalie wird bei oralem Applikationsweg in einer Reihe von Dosierungen mehreren Gruppen von Labor-Nagetieren verabreicht. In der Regel ist eine wiederholte Gabe erforderlich, wobei der Dosierungszeitplan 28 Tage, 90 Tage (subchronisch) oder 1 Jahr und mehr (chronisch) abdecken kann. Das für diese Prüfmethode beschriebene Verfahren kann auch für eine Studie zur akuten Neurotoxizität angewandt werden. Durch die Tests an den Versuchstieren soll die Erkennung oder Charakterisierung von verhaltensbezogenen und/oder neurologischen Anomalien ermöglicht werden. In jedem Beobachtungszeitraum wird eine Reihe von Verhaltensmerkmalen beurteilt, die durch ein neurotoxisches Agens beeinträchtigt werden könnten. Am Ende des Versuchs wird aus jeder Gruppe eine Teilmenge von Tieren beiderlei Geschlechts in situ mittels Perfusion fixiert, und es werden Gewebeschnitte von Gehirn, Rückenmark und peripheren Nerven angefertigt und untersucht.

Wenn die Untersuchung als Einzelstudie durchgeführt wird, um eine Prüfung auf Neurotoxizität durchzuführen oder um neurotoxische Wirkungen zu charakterisieren, können die Tiere in jeder Gruppe, die nicht für eine Perfusionsfixation und anschließende Histopathologie verwendet werden (siehe Tabelle 1), für spezifische verhaltensbezogene, neuropathologische, neurochemische oder elektrophysiologische Verfahren eingesetzt werden, die als Ergänzung zu den Daten dienen können, die bei den für diese Methode erforderlichen Standarduntersuchungen gewonnen wurden (1). Diese ergänzenden Verfahren können dann besonders nützlich sein, wenn empirische Beobachtungen oder erwartete Wirkungen auf einen spezifischen Typ oder ein spezifisches Zielgewebe für die Neurotoxizität einer Chemikalie hindeuten. Alternativ können die verbleibenden Tiere für Auswertungen verwendet werden, wie sie bei Prüfmethoden an Nagetieren zur Prüfung der Toxizität bei wiederholter Verabreichung erforderlich sind.

Wenn die Verfahren dieser Prüfmethode mit denen anderer Prüfungen kombiniert werden, muss die Anzahl der Versuchstiere ausreichend groß sein, um die Anforderungen für die Untersuchungen beider Studien zu erfüllen,

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Auswahl der Tierspezies

Die bevorzugte Nagetierspezies ist die Ratte, es können aber bei entsprechender Begründung auch andere Spezies verwendet werden. Es sind junge, gesunde, ausgewachsene Tiere üblicher Laborstämme zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch trächtig sein. Die Verabreichung soll normalerweise so bald wie möglich nach der Entwöhnung beginnen, vorzugsweise spätestens im Alter von 6 Wochen, in jedem Fall aber vor dem Alter von 9 Wochen. Wenn diese Studie allerdings mit anderen Studien kombiniert wird, müssen diese Altersanforderungen eventuell angepasst werden. Zu Beginn der Studie sollen die Gewichtsunterschiede zwischen den Tieren ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts nicht überschreiten. Wenn eine kurzzeitige Studie mit wiederholter Verabreichung als Vorstudie für eine Langzeitstudie durchgeführt wird, sollen bei beiden Studien Tiere des gleichen Stamms und derselben Herkunft verwendet werden.

1.4.2.   Haltung und Fütterung

Die Temperatur im Versuchstierraum soll 22 oC (± 3 oC) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit soll mindestens 30 % betragen und außer während der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen; anzustreben ist ein Wert von 50-60 %. Die Beleuchtung soll künstlich sein, und die Heil- und Dunkelphasen sollen sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. Kurzzeitige laute Geräusche sollen auf ein Minimum reduziert werden. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung der Testsubstanz sichergestellt werden muss, wenn die Testsubstanz auf diese Art verabreicht werden soll. Die Tiere können entweder einzeln oder in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen in Käfigen untergebracht werden.

1.4.3.   Vorbereitung der Versuchstiere

Für die Behandlungs- und Kontrollgruppen werden gesunde Jungtiere nach Zufallskriterien ausgewählt. Die Käfige sollen so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Die Tiere werden eindeutig gekennzeichnet und für eine Dauer von mindestens 5 Tagen vor Versuchsbeginn in ihren Käfigen gehalten, damit sie sich an die Laborbedingungen gewöhnen können.

1.4.4.   Verabreichungsweg und Vorbereitung der Testsubstanz

Diese Prüfmethode behandelt ausdrücklich die orale Verabreichung der Testsubstanz. Die orale Verabreichung kann per Sondenfütterung (‚gavage‘), im Futter, im Trinkwasser oder in Form von Kapseln erfolgen. Andere Verabreichungswege (z. B. dermal oder inhalativ) können ebenfalls verwendet werden, machen aber eventuell eine Modifizierung der empfohlenen Verfahren erforderlich. Die Wahl des Verabreichungswegs ist vom zu erwartenden menschlichen Expositionsprofil und von den verfügbaren toxikologischen oder kinetischen Informationen abhängig. Die Entscheidung für einen geeigneten Verabreichungsweg sowie entsprechende Änderungen der Verfahrensweisen bei dieser Prüfmethode sind zu begründen.

Im Bedarfsfall kann die Testsubstanz gelöst oder in einem geeigneten Vehikel suspendiert werden. Es wird empfohlen, zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension in Betracht zu ziehen, dann eine Lösung/Suspension in Öl (z. B. Maisöl) und erst an dritter Stelle eine Lösung/Suspension in einem anderen Vehikel. Die toxischen Eigenschaften des Vehikels müssen bekannt sein. Darüber hinaus sollen die folgenden Eigenschaften des Vehikels berücksichtigt werden: Wirkungen des Vehikels auf Absorption, Verteilung, Verstoffwechslung oder Retention der Testsubstanz, durch die sich ihre toxischen Eigenschaften ändern können, sowie Wirkungen auf den Futter- oder Trinkwasserverzehr oder den Ernähungszustand der Tiere.

1.5.   VERSUCHSDURCHFÜHRUNG

1.5.1.   Anzahl und Geschlecht der Tiere

Wenn die Untersuchung als Einzelstudie durchgeführt wird, sind mindestens 20 Tiere (10 weibliche und 10 männliche Tiere) in jeder Dosierungs- und Kontrollgruppe zur Auswertung der detaillierten klinischen und funktionsbezogenen Beobachtungen einzusetzen. Mindestens 5 männliche und 5 weibliche Tiere, die aus diesen 10 männlichen und 10 weiblichen Tieren ausgewählt wurden, sollen am Ende der Studie in situ mittels Perfusion fixiert und für eine ausführliche Neurohistopathologie verwendet werden. In Fällen, wo nur eine begrenzte Anzahl von Tieren in einer bestimmten Dosierungsgruppe Anzeichen für neurotoxische Wirkungen zeigt, sollte erwogen werden, diese Tiere gleichfalls in die Gruppe der für die Perfusionsfixation ausgewählten Tiere aufzunehmen. Wenn die Studie in Verbindung mit einer Prüfung auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung durchgeführt wird, sollte die Anzahl der Versuchstiere groß genug sein, um die Zielvorgaben beider Studien erfüllen zu können. Die Mindestzahl der Tiere pro Gruppe ist in Tabelle 1 für verschiedene Kombinationen von Studien angegeben, Wenn zwischenzeitliche Tötungen oder Erholungsgruppen zur Beobachtung von Reversibilität, Persistenz oder verzögertem Auftreten von toxischen Wirkungen nach der Behandlung vorgesehen sind oder wenn ergänzende Untersuchungen erwogen werden, sollte die Anzahl der Versuchstiere erhöht werden, um zu gewährleisten, dass genügend Tiere zur Beobachtung und für die Histopathologie zur Verfügung stehen.

1.5.2.   Behandlungs- und Kontrollgruppe

Es sollen mindestens drei Dosierungsgruppen und eine Kontrollgruppe eingesetzt werden; wenn aber angesichts der Beurteilung anderer Daten bei einer wiederholten Dosis von 1 000 mg pro kg Körpergewicht und Tag keine Wirkungen zu erwarten sind, kann ein Limit-Test durchgeführt werden. Wenn keine geeigneten Daten zur Verfügung stehen, kann als Hilfe zur Ermittlung der zu verwendenden Dosierungen eine Dosisfindungsstudie durchgeführt werden. Abgesehen von der Behandlung mit der Testsubstanz sollen die Tiere in der Kontrollgruppe unter identischen Bedingungen behandelt werden wie die Versuchstiere in der Testgruppe. Wenn bei der Verabreichung der Testsubstanz ein Vehikel verwendet wird, sollte die Kontrollgruppe die gröβte verwendete Volumenmenge des Vehikels erhalten.

1.5.3.   Überprüfung der Zuverlässigkeit

Das Labor, das die Untersuchung durchführt, soll Daten vorlegen, die seine Befähigung zur Durchführung der Studie sowie die Empfindlichkeit der eingesetzten Verfahren belegen. Diese Daten sollen zeigen, dass Änderungen bei den verschiedenen für die Beobachtung empfohlenen Endpunkten erkannt und quantifiziert weiden können, z. B. autonome Anzeichen, sensorisches Reaktionsvermögen, Greifkraft der Extremitäten und motorische Aktivität. Informationen zu Chemikalien, die neurotoxische Reaktionen verschiedener Art auslösen und als positive Kontrollsubstanzen eingesetzt werden können, sind den Quellen (2) bis (9) zu entnehmen. Historische Kontrolldaten können verwendet werden, wenn die wesentlichen Aspekte der Versuchsabläufe gleich bleiben. Eine regelmäßige Aktualisierung der historischen Kontrolldaten wird empfohlen. Wenn ein wesentliches Element der Versuchsdurchführung oder der Verfahrensweisen durch das ausführende Labor verändert wurde, sollen neue Daten erarbeitet werden, welche die unveränderte Empfindlichkeit der Verfahren belegen.

1.5.4.   Wahl der Dosierungen

Bei der Wahl der Dosierungen sollen zuvor ermittelte toxikologische und kinetische Daten berücksichtigt werden, die für die zu testende Verbindung oder verwandte Materialien zur Verfügung stehen, Die höchste Dosis solle mit dem Ziel gewählt werden, neurotoxische Wirkungen oder deutliche systemische toxische Wirkungen auszulösen. Anschließend soll eine absteigende Folge von Dosierungsstufen ausgewählt werden, um dosisabhängige Wirkungen und die niedrigste Dosis ohne zu beobachtende schädliche Wirkungen (NOAEL) zu bestimmen. Grundsätzlich sollen die Dosierungen so gewählt werden, dass primäre toxische Wirkungen auf das Nervensystem von Wirkungen in Zusammenhang mit systemischer Toxizität unterschieden werden können. Häufig sind zwei bis drei Intervalle das Optimum, und die Ergänzung durch eine vierte Testgruppe ist häufig der Anwendung sehr langer Intervalle (d. h. größer als Faktor 10) zwischen den Verabreichungen vorzuziehen. Sofern eine realistische Expositionsabschätzung für Menschen vorhanden ist, soll diese ebenfalls berücksichtigt weiden.

1.5.5.   Limit-Test

Wenn bei einer Untersuchung mit einer Dosierung von mindestens 1 000 mg pro kg Körpergewicht und Tag bei Anwendung der beschriebenen Verfahren keine neurotoxischen Wirkungen festzustellen und aufgrund der Daten für strukturverwandte Verbindungen keine toxischen Wirkungen zu erwarten sind, ist eine vollständige Untersuchung mit drei Dosierungen eventuell nicht erforderlich. Je nach der für Menschen zu erwartenden Exposition kann die Verwendung einer höheren oralen Dosierung beim Limit-Test notwendig sein. Bei anderen Verabreichungsformen, z. B. Inhalation oder dermale Applikation, wird der maximal erzielbare Expositionsgrad in vielen Fällen durch die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Testsubstanz bestimmt. Bei der Durchführung einer Studie zur akuten oralen Toxizität soll die Dosis für einen Limit-Test mindestens 2 000 mg/kg betragen,

1.5.6.   Verabreichung der Dosen

Die Testsubstanz wird den Tieren mindestens 28 Tage lang, sieben Tage pro Woche, täglich verabreicht. Wenn eine Verabreichung an nur fünf Tagen pro Woche oder eine kürzere Expositionsdauer gewählt wird, muss dies begründet werden. Wenn die Testsubstanz per Sondenfütterung verabreicht wird, soll dies in Form einer Einzeldosis über einen Magenschlauch oder eine geeignete Intubationskanüle erfolgen. Welches Flüssigkeitsvolumen jeweils höchstens auf einmal verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen soll 1 ml pro 100 g Körpergewicht nicht überschreiten. Bei wässrigen Lösungen kann jedoch auch die Verwendung von bis zu 2 ml pro 100 g Körpergewicht in Betracht gezogen werden. Außer bei reizenden oder ätzenden Stoffen, die bei höheren Konzentration normalerweise heftigere Wirkungen hervorrufen, sollen Veränderungen des Testvolumens durch Anpassung der Konzentration so minimiert werden, dass bei allen Dosierungen ein gleich bleibendes Volumen gewährleistet ist.

Bei Substanzen, die im Futter oder Trinkwasser verabreicht werden, ist es wichtig, sicherzustellen, dass die eingesetzte Menge der Testsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigt. Wenn die Testsubstanz im Futter verabreicht wird, kann entweder eine konstante Konzentration im Futter (ppm) oder eine konstante Dosis, bezogen auf das Körpergewicht des Tieres, verwendet werden; die jeweils gewählte Verfahrensweise muss angegeben werden. Bei Verabreichung der Prüfsubstanz durch Sondenfütterung soll die Dosis jeden Tag zu ähnlichen Zeiten gegeben und nach Bedarf angepasst werden, um, bezogen auf das Körpergewicht der Tiere, eine konstante Dosierung einzuhalten, Wenn eine Prüfung mit wiederholter Verabreichung als Vorbereitung zu einer Langzeituntersuchung durchgeführt wird, soll bei beiden Studien ein ähnliches Futter verwendet werden. Bei Studien zur akuten Toxizität kann die Dosis, sofern die Verabreichung als Einzeldosis nicht möglich ist, über einen Zeitraum von maximal 24 Stunden in kleineren Teilmengen verabreicht werden,

1.6.   BEOBACHTUNGEN

1.6.1.   Häufigkeit der Beobachtungen und Untersuchungen

Bei Prüfungen mit wiederholter Verabreichung soll der Beobachtungszeitraum den gesamten Verabreichungszeitraum abdecken. Bei Studien zur akuten Toxizität soll ein Zeitraum von 14 Tagen nach der Behandlung beobachtet werden. Bei Tieren in Satelittengruppen, die wahrend eines auf die Behandlung folgenden Zeitraums ohne Exposition gehalten werden, sollen die Beobachtungen diesen Zeitraum ebenfalls abdecken.

Die Beobachtungen sollen ausreichend häufig erfolgen, damit verhaltensbezogene und/oder neurologische Anomalien mit möglichst großer Wahrscheinlichkeit erkannt werden. Die Beobachtungen sollen vorzugsweise jeden Tag zur gleichen Uhrzeit erfolgen, wobei die Zeit der nach der Verabreichung erwarteten maximalen Wirkungen zu berücksichtigen ist. Die Häufigkeit der klinischen Beobachtungen und Funktionstests ist in Tabelle 2 zusammengefasst. Wenn kinetische oder andere Daten, die aus einer früheren Studie gewonnen wurden, es notwendig erscheinen lassen, abweichende Beobachtungs- oder Testzeitpunkte oder andere Zeiträume nach der Beobachtung zu verwenden, sollte ein alternativer Zeitplan verwendet werden, um möglichst viele Informationen gewinnen zu können. Änderungen des Zeitplans sollen begründet werden.

1.6.1.1.   Beobachtungen zum allgemeinen Gesundheitszustand und zur Mortalität/Morbidität

Alle Versuchstiere sollen mindestens einmal täglich gründlich auf ihren Gesundheitszustand sowie mindestens zweimal täglich auf Morbidität und Mortalität untersucht werden.

1.6.1.2.   Detaillierte klinische Beobachtungen

Detaillierte klinische Beobachtungen sollen an allen für diesen Zweck ausgewählten Tieren durchgeführt werden (siehe Tabelle 1), und zwar einmal vor der ersten Exposition (um Vergleiche zwischen den Versuchstieren zu ermöglichen) sowie anschließend je nach Dauer der Untersuchung in unterschiedlichen Intervallen (siehe Tabelle 2). Am Ende des Erholungszeitraums sollen detaillierte klinische Beobachtungen an den Satellitengruppen vorgenommen werden. Die detaillierten klinischen Beobachtungen sollen außerhalb des Unterbringungskäfigs in einer üblichen Untersuchungsumgebung erfolgen. Diese Beobachtungen sollen anhand von Bewertungssystemen sorgfältig registriert werden, die Kriterien oder Bewertungsskalen für jede bei den Beobachtungen vorgenommene Messung enthalten. Die verwendeten Kriterien oder Skalen sollen vom Versuchslabor explizit festgelegt werden. Es soll versucht werden, dafür zu sorgen, dass Abweichungen der Versuchsbedingungen minimal sind (und nicht systematisch mit der Behandlung in Verbindung stehen) und dass die Beobachtungen von geschulten Beobachtern durchgeführt werden, denen die Behandlung des gegenwärtig beobachteten Tieres nicht bekannt ist.

Es wird empfohlen, die Beobachtungen in einer strukturierten Form durchzuführen, wobei auf jedes Versuchstier zu jedem Beobachtungszeitpunkt genau definierte Kriterien (einschließlich der Definition des ‚Normalbereichs‘) auf systematische Weise angewandt werden. Der ‚Normalbereich‘ soll auf geeignete Weise dokumentiert werden. Alle beobachteten Anzeichen sollen registriert werden. Wann immer möglich, sollte auch die Größenordnung der beobachteten Anzeichen registriert werden. Die klinischen Beobachtungen sollen mindestens, aber nicht ausschließlich Veränderungen an Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten sowie das Auftreten von Sekreten, Ausscheidungen und autonomen Aktivitäten umfassen (z. B. Tränenfluss, Haaraufrichtung, Pupillengröβe, ungewöhnliche Atemmuster und/oder Mundatmung, ungewöhnliche Anzeichen von Urin- oder Kotabsonderung sowie Urin mit Farbabweichungen).

Ungewöhnliche Reaktionen hinsichtlich Körperhaltung, Aktivitätsgrad (z. B. verminderte oder verstärkte Erkundung der üblichen Untersuchungsumgebung) sowie Bewegungskoordination sollen ebenfalls vermerkt werden. Veränderungen des Gangs (z. B. watschelnder Gang, Ataxie), der Haltung (z. B. Buckelhaltung) und des Reaktionsverhaltens beim Aufnehmen oder Umsetzen des Versuchstiers oder anderen Umgebungsstimuli sowie Auftreten von klonischen oder tonischen Bewegungen, Krämpfen oder Tremors, Stereotypien (z. B. übermäßige Fellpflege, ungewöhnliche Kopfbewegungen, repetitives Laufen im Kreis) oder auffälliges Verhalten (z. B. Beißen oder übermäßiges Lecken, Selbstverstümmelung, Rückwärtslaufen, Lautäußerungen) oder Aggressionen sollen registriert werden.

1.6.1.3.   Funktionstests

Ähnlich wie die detaillierten klinischen Beobachtungen sollen auch die Funktionstests bei allen für diesen Zweck ausgewählten Versuchstieren einmal vor der ersten Exposition und mehrmals danach durchgeführt werden (siehe Tabelle 1). Die Häufigkeit der Funktionstests ist ebenfalls von der Dauer der Studie abhängig (siehe Tabelle 2). Zusätzlich zu den in Tabelle 2 genannten Beobachtungszeiträumen sollen auch funktionsbezogene Beobachtungen an weiteren Erholungsgruppen so nahe wie möglich am Zeitpunkt der endgültigen Tötung erfolgen. Funktionstests sollen die sensorische Reaktionsfähigkeit auf Stimuli verschiedener Art (z. B. akustische, visuelle und propriozeptive Stimuli (5) (6) (7)) berücksichtigen und die Beurteilung der Greifkraft der Extremitäten (8) sowie die Beurteilung der motorischen Aktivität (9) beinhalten. Die motorische Aktivität soll mit Hilfe eines automatischen Geräts gemessen werden, mit dem sowohl eine Abnahme als auch eine Zunahme der Aktivität festgestellt werden kann. Wenn ein anderes definiertes System eingesetzt wird, sollte es quantitativ ausgerichtet sein; Empfindlichkeit und Zuverlässigkeit des Systems sollen nachgewiesen werden. Jedes Gerät soll getestet. werden, um die Langzeit-Zuverlässigkeit und die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Geräte sicherzustellen. Weitere Informationen zu den anwendbaren Verfahren sind den jeweiligen Literaturhinweisen zu entnehmen. Wenn keine Daten (z. B. Strukturaktivität, epidemiologische Daten, weitere toxikologische Studien) vorhanden sind, die auf potenzielle neurotoxische Wirkungen hindeuten, soll die Einbeziehung speziellerer Tests der sensorischen und motorischen Funktionen sowie der Lern- und Gedächtnisfähigkeit in Betracht gezogen werden, um diese möglichen Wirkungen gründlicher zu untersuchen. Weitere Informationen über speziellere Tests und ihre Anwendung sind (1) zu entnehmen.

Im Ausnahmefall können Tiere, die Anzeichen für Toxizität in einem Maß aufweisen, das die Funktionstests deutlich beeinträchtigen würde, von dem betreffenden Test ausgeschlossen werden. Wenn einzelne Tiere von einem Funktionstest ausgeschlossen wurden, sollte hierfür eine Begründung angegeben werden.

1.6.2.   Körpergewicht und Futter-/Trinkwasserverbrauch

Bei Prüfungen mit einer Dauer von bis zu 90 Tagen sollen alle Tiere mindestens einmal wöchentlich gewogen werden, und es sollen mindestens in wöchentlichem Abstand Messungen des Futterverbrauchs (sowie des Wasserverbrauchs, wenn die Testsubstanz auf diesem Wege verabreicht wird) durchgeführt werden. Bei Langzeitstudien sollen alle Tiere während der ersten 13 Wochen mindestens einmal wöchentlich sowie anschließend mindestens einmal alle 4 Wochen gewogen werden. Messungen des Futterverbrauchs (sowie des Wasserverbrauchs, wenn die Testsubstanz auf diesem Wege verabreicht wird) sollen während der ersten 13 Wochen mindestens einmal sowie anschließend in etwa dreimonatigem Abstand durchgeführt werden, sofern der Gesundheitszustand oder Veränderungen des Körpergewichts nicht ein anderes Vorgehen erforderlich machen.

1.6.3.   Ophthalmologie

Bei Prüfungen mit einer Dauer von über 28 Tagen soll vor der Verabreichung der Testsubstanz und am Ende der Studie eine ophthalmologische Untersuchung mit einem Ophthalmoskop oder einem vergleichbaren Instrument durchgeführt werden; die Untersuchung soll vorzugsweise bei allen Versuchstieren, zumindest aber bei den Tieren in der Gruppe mit hoher Dosierung und in der Kontrollgruppe vorgenommen werden. Wenn Veränderungen an den Augen festgestellt werden oder wenn klinische Anzeichen dies erforderlich erscheinen lassen, sollen alle Tiere untersucht werden. Bei Langzeitstudien soll außerdem nach 13 Wochen eine ophthalmologische Untersuchung durchgeführt werden. Ophthalmologische Untersuchungen sind nicht erforderlich, wenn diese Daten bereits aus anderen Studien mit ähnlicher Dauer und ähnlichen Dosierungen zur Verfügung stehen.

1.6.4.   Hämatologie und klinische Biochemie

Wenn die Prüfung auf Neurotoxizität in Verbindung mit einer Studie zur systemischen Toxizität bei wiederholter Verabreichung durchgeführt wird, sollen hämatologische Untersuchungen und klinische biochemische Untersuchungen durchgeführt werden, wie in der entsprechenden Methode für die Prüfung auf systemische Toxizität beschrieben. Die Werte sollen so erfasst werden, dass potenzielle verhaltensbezogene Wirkungen minimiert werden.

1.6.5.   Histopathologie

Die neuropathologische Untersuchung soll darauf abzielen, die während der In-vivo-Phase der Studie gemachten Beobachtungen zu ergänzen und zu erweitern. Gewebeproben von mindestens 5 Tieren pro Geschlecht und Gruppe (siehe Tabelle 1 und nächsten Abschnitt) sollen mit Hilfe allgemein anerkannter Perfusions- und Fixierungsverfahren in situ perfundiert und fixiert werden (siehe (3), Kapitel 5, und (4), Kapitel 50). Alle erkennbaren makroskopischen Veränderungen sollen registriert werden. Wenn die Studie als Einzeltest auf Neurotoxizität oder zur Charakterisierung von neurotoxischen Wirkungen durchgeführt wird, können die restlichen Tiere entweder für spezifische verhaltensbezogene (10) (11), neuropathologische (10) (11) (12) (13), neurochemische (10) (11) (14) (15) oder elektrophysiologische (10) (11) (16) (17) Untersuchungen verwendet werden, die eine Ergänzung zu den hier beschriebenen Verfahren und Untersuchungen bilden, oder für histopathologische Untersuchungen eingesetzt werden, um die Anzahl der Versuchstiere zu vergrößern. Diese ergänzenden Untersuchungen sind dann besonders sinnvoll, wenn empirische Beobachtungen oder erwartete Wirkungen auf einen bestimmten Typ oder ein bestimmtes Zielgewebe für die Neurotoxizität einer Chemikalie hindeuten (2) (3). Alternativ können die verbleibenden Tiere auch für pathologische Routineauswertungen verwendet werden, wie bei der Methode für Studien mit wiederholter Verabreichung beschrieben.

Bei allen in Paraffin eingebetteten Gewebeproben soll ein übliches Färbeverfahren, z. B. Hämatoxylin und Eosin (H&E), angewandt und eine mikroskopische Untersuchung durchgeführt werden. Wenn Anzeichen einer peripheren Neuropathie beobachtet oder vermutet werden, sollen an Kunststoff eingebettete Proben des peripheren Nervengewebes untersucht werden. Klinische Anzeichen können auch auf weitere zu untersuchende Bereiche hinweisen oder die Anwendung von speziellen Färbeverfahren nahelegen. Hinweise zu weiteren zu untersuchenden Bereichen finden sich in (3) (4). Geeignete Spezial-Färbeverfahren zur Sichtbarmachung bestimmter pathologischer Veränderungen können ebenfalls nützlich sein (18).

Repräsentative Gewebeschnitte aus dem zentralen und peripheren Nervensystem sollen histologisch untersucht werden (siehe (3), Kapitel 5, und (4), Kapitel 50). Dabei sollen normalerweise die folgenden Bereiche untersucht werden: Vorderhirn, Mitte des Großhirns einschließlich eines Anschnitts durch den Hippokampus, Mittelhirn, Kleinhirn, Brücke, verlängertes Mark, Auge mit Sehnerv und Netzhaut, Rückenmark an den zervikalen und lumbalen Verdickungen, dorsale Wurzelganglien, dorsale und ventrale Nervenwurzelfasern, proximaler Ischiasnerv, proximaler Schienbeinnerv (am Knie) und Wadenmuskel-Äste des Schienbeinnervs. Die Gewebeschnitte durch Rückenmark und peripheres Nervengewebe sollen sowohl Quer- als auch Längsschnitte umfassen. Auf die Gefäßversorgung des Nervensystems soll geachtet werden. Es soll auch eine Probe eines Skelettmuskels, insbesondere eines Wadenmuskels, untersucht werden. Bereiche mit Zell- und Faserstruktur und -muster im ZNS und PNS, bei denen eine besondere Anfälligkeit für neurotoxische Stoffe bekannt ist, sollen besonders beachtet werden.

Anmerkungen zu neuropathologischen Veränderungen, die typischerweise durch Exposition gegenüber neurotoxischen Stoffen entstehen, sind den Quellen (3) (4) zu entnehmen. Es wird eine schrittweise Untersuchung der Gewebeproben empfohlen, wobei zunächst Gewebeschnitte aus der Gruppe mit hoher Dosis mit denen der Kontrollgruppe verglichen werden. Wenn bei den Proben aus diesen Gruppen keine neuropathologischen Veränderungen festgestellt werden, ist eine anschließende Analyse nicht erforderlich. Wenn bei der Gruppe mit hoher Dosis neuropathologische Veränderungen beobachtet werden, soll anschließend eine Probe von jedem der potenziell betroffenen Gewebebereiche aus der Gruppe mit mittlerer und niedriger Dosis kodiert und nacheinander untersucht werden.

Wenn sich bei der qualitativen Untersuchung ein Hinweis auf neuropathologische Veränderungen ergibt, sollte in allen Bereichen des Nervensystems, die diese Veränderungen zeigen, eine zweite Untersuchung durchgeführt werden, Gewebeschnitte aus allen Dosierungsgruppen und aus jeder der potenziell betroffenen Regionen sollen kodiert und ohne Kenntnis des Kodes nach Zufallskriterien untersucht werden. Die Häufigkeit und der Schweregrad jedes Befunds sollen registriert werden. Nachdem in allen Dosierungsgruppen sämtliche Regionen bewertet wurden, kann die Kodierung aufgehoben und eine statistische Analyse durchgeführt werden, um die Dosis-Wirkungs-Beziehungen auszuwerten. Beispiele für die unterschiedlichen Schweregrade der einzelnen Befunde sollen beschrieben werden.

Die neuropathologischen Ergebnisse sollen in Zusammenhang mit verhaltensbezogenen Beobachtungen und Messungen sowie mit anderen Daten ausgewertet werden, die aus vorausgegangenen und gleichzeitig durchgeführten Studien zur systemischen Toxizität der Testsubstanz stammen.

2.   DATEN

2.1.   BEHANDLUNG DER ERGEBNISSE

Es sollen Einzeldaten zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sollen sämtliche Daten in Form einer Tabelle zusammengefasst werden, die für jede Test- oder Kontrollgruppe die folgenden Informationen enthält: die Anzahl der Tiere zu Beginn des Tests, die Anzahl der Tiere, deren Tod während des Tests festgestellt wurde oder die aus Gründen des Tierschutzes getötet wurden, sowie der jeweilige Todes- oder Tötungszeitpunkt, die Anzahl der Tiere mit Anzeichen einer toxischen Wirkung, eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen einschließlich des Zeitpunkts des Einsetzens, der Dauer und des Schweregrads etwaiger toxischer Wirkungen, die Anzahl der Tiere, die pathologische Befunde aufweisen, einschließlich der Art und des Schweregrads.

2.2.   AUSWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Die Ergebnisse der Studie sollen hinsichtlich Häufigkeit, Schweregrad und Wechselbeziehung der verhaltensbezogenen und neuropathologischen Wirkungen (auch der neurochemischen oder elektrophysiologischen Wirkungen, sofern ergänzende Untersuchungen ebenfalls durchgeführt wurden) sowie im Hinblick auf sonstige beobachtete schädliche Wirkungen ausgewertet werden. Wenn möglich, sollen die numerischen Ergebnisse mittels einer geeigneten und allgemein anerkannten statistischen Methode ausgewertet werden. Die statistische Methode soll in der Entwurfsphase der Studie ausgewählt werden.

3.   BERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

 

Testsubstanz:

physikalische Beschaffenheit (einschließlich Isomerie, Reinheit und physikalisch-chemischen Eigenschaften);

Identifizierungsdaten.

 

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung für die Wahl des Vehikels.

 

Versuchstiere:

verwendete Spezies/Stamm;

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;

Herkunft/Züchter der Tiere, Haltungsbedingungen, Eingewöhnung, Futter usw.;

Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn.

 

Testbedingungen:

Angaben über die Zubereitung der Testsubstanz/Futterzubereitung, erzielte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung;

Angabe zu den verabreichten Dosen, einschließlich Angaben über Vehikel, Volumen und physikalische Form des verabreichten Materials;

Angaben über die Verabreichung der Testsubstanz;

Begründung für die gewählten Dosierungen;

Begründung für den gewählten Applikationsweg und die Dauer der Exposition;

Umrechnung von der Konzentration der Testsubstanz im Futter/Trinkwasser (ppm) auf die tatsächliche Dosis (mg pro kg Körpergewicht und Tag), wenn maßgeblich;

Angaben über die Futter- und Trinkwasserqualität.

 

Beobachtungen- und Testverfahren:

Angaben über die Zuordnung der Tiere in den einzelnen Gruppen zu den Untergruppen für die Perfusionsfixation;

Angaben über die Bewertungssysteme, einschließlich der Kriterien und Bewertungsskalen für jede Messung im Rahmen der detaillierten klinischen Beobachtungen;

Angaben zu den Funktionstests für die sensorische Reaktionsfähigkeit auf Stimuli verschiedener Art (z. B. akustisch, visuell und propriozeptiv), für die Beurteilung der Greifkraft der Extremitäten, für die Beurteilung der motorischen Aktivität (einschließlich Angaben über automatische Geräte zur Aktivitätserkennung) sowie Angaben zu anderen eingesetzten Verfahren;

Angaben zu ophthalmologischen Untersuchungen und gegebenenfalls hämatologischen Untersuchungen und klinischen biochemischen Tests mit den entsprechenden Nominalwerten;

Angaben zu den einzelnen verhaltensbezogenen, neuropathologischen, neurochemischen oder elektrophysiologischen Untersuchungen.

 

Ergebnisse:

Körpergewicht/Änderungen des Körpergewichts einschließlich Körpergewicht zum Zeitpunkt der Tötung;

Futterverbrauch und Trinkwasserverbrauch, wenn maßgeblich;

Daten zur toxischen Wirkung nach Geschlecht und Dosierung, einschließlich Anzeichen für Toxizität oder Mortalität;

Art, Schweregrad und Dauer (Zeitpunkt des Einsetzens und weiterer Verlauf) der detaillierten klinischen Beobachtungen (reversibel oder irreversibel);

detaillierte Beschreibung sämtlicher Ergebnisse der Funktionstests;

Sektionsbefunde;

ausführliche Beschreibung sämtlicher verhaltensbezogenen, neuropathologischen und neurochemischen oder neurophysiologischen Ergebnisse, sofern verfügbar;

Angaben zur Resorption und Metabolismus, sofern verfügbar;

statistische Auswertung der Ergebnisse, wenn möglich.

 

Diskussion der Ergebnisse:

Dosis-Wirkungs-Informationen;

Zusammenhang zwischen anderen toxischen Wirkungen und einer Schlussfolgerung bezüglich des neurotoxischen Potenzials der Testchemikalie;

Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkungen (NOAEL).

 

Schlussfolgerungen:

Eine konkrete Aussage über die Gesamt-Neurotoxizität der Testchemikalie ist wünschenswert.

4.   LITERATUR

(1)

OECD Guidance Document on Neurotoxicity Testing Strategies and Test Methods. OECD, Paris, in Vorbereitung.

(2)

Test Guideline for a Developmental Neurotoxicity Study, OECD Guidelines for the Testing of Chemicals, in Vorbereitung.

(3)

World Health Organization (WHO) (1986). Environmental Health Criteria document 60: Principles and Methods for the Assessment of Neurotoxicity associated with Exposure to Chemicals.

(4)

Spencer, P.S. and Schaumburg, H.H. (1980) Experimental and Clinical Neurotoxicology, Eds. Spencer, P.S. and Schaumburg, H.H. eds, Williams and Wilkins, Baltimore/London.

(5)

Tupper, D.E. and Wallace, R.B. (1980). Utility of the Neurological Examination in Rats. Acta Neurobiol. Exp., 40, 999-1003.

(6)

Gad, S.C. (1982). A Neuromuscular Screen for Use in Industrial Toxicology. J. Toxicol. Environ. Health, 9, 691704.

(7)

Moser, V.C., McDaniel, K.M. and Phillips, P.M. (1991). Rat Strain and Stock Comparisons Using a Functional Observational Battery: Baseline Values and Effects of amitraz. Toxic. Appl. Pharmacol., 108, 267-283.

(8)

Meyer, O.A., Tilson, H.A., Byrd, W.C. and Riley, M.T. (1979). A Method for the Routine Assessment of Fore- and Hind- limb Grip Strength of Rats and Mice. Neurobehav. Toxicol., 1, 233-236.

(9)

Crofton, K.M., Haward, J.L., Moser, V.C., GUI, M.W., Reirer, L.W., Tilson, H.A. and MacPhail, R.C. (1991) Interlabotatory Comparison of Motor Activity Experiments: Implication for Neurotoxicological Assessments, Neurotoxicol. Teratol., 13, 599-609.

(10)

Tilson, H.A., and Mitchell, C.L. eds. (1992). Neurotoxicology Target Organ Toxicology Series. Raven Press, New York.

(11)

Chang, L.W., ed. (1995). Principles of Neurotoxicology. Marcel Dekker, New York.

(12)

Broxup, B. (1991). Neuopathology as a screen for Neurotoxicity Assessment. J. Amer. Coll, Toxicol., U), 689-695.

(13)

Moser, V.C, Anthony, D.C., Sette, W.R and MacPhail, R.C, (1992). Comparison of Subchronic Neurotoxicity of 2- Hydroxyethyl Acrylate and Acrylamide in Rats. Fund. Appl.Toxicol., 18, 343-352.

(14)

O'Callaghan, J.P. (1988). Neurorypic and Gliotypic Proteins as Biochemical Markers of Neurotoxicity. Eurotoxicol. Teratol., 10, 445-452.

(15)

O'Callaghan J.P. and Miller, D.B. (1988). Acute Exposure of the Neonatal Rat to Triethyltin Results in Persistent Changes in Neurotypic and Gliotypic Proteins. J. Pharmacol. Exp. Ther., 244, 368-378.

(16)

Fox. D.A., Lowndes, H.E. and Birkamper, G.G. (1982). Electrophysiological Techniques in Neurotoxicology. In: Nervous System Toxicology. Mitchell, C.L. ed. Raven Press, New York, pp 299-335.

(17)

Johnson, B.L. (1980). Electrophysiological Methods in neuroloxicity Testing. In: Experimental and Clinical Neurotoxicology. Spencer, P.S. and Schaumburg, H.H. eds., Williams and Wilkins Co., Baltimore/London, 726- 742.

(18)

Bancroft, J.D. and Steven A. (1990). Theory and Pratice of Histological Techniques. Chapter 17, Neuropathological Techniques. Lowe, James and Cox, Gordon eds. Churchill Livingstone.

Tabelle 1

Benötigte Mindestanzahl der Tiere pro Gruppe, abhängig davon, ob die Prüfung auf Neurotoxizität als Einzelstudie oder in Verbindung mit anderen Studien durchgeführt wird

 

DURCHFÜHRUNG DER PRÜFUNG AUF NEUROTOXIZITÄT ALS:

Einzelstudie

Kombinierte Prüfung in Verbindung mit 28-Tage-Studie

Kombinierte Prüfung in Verbindung mit 90-Tage-Studie

Kombinierte Prüfung in Verbindung mit Studie zur chronischen Toxizität

Gesamtzahl der Tiere pro Gruppe

10 männliche und 10 weibliche Tiere

10 männliche und 10 weibliche Tiere

15 männliche und 15 weibliche Tiere

25 männliche und 25 weibliche Tiere

Anzahl der für Funktionstests einschließlich detaillierter klinischer Beobachtungen ausgewählten Tiere

10 männliche und 10 weibliche Tiere

10 männliche und 10 weibliche Tiere

10 männliche und 10 weibliche Tiere

10 männliche und 10 weibliche Tiere

Anzahl der für ln-situ-Perfusionsfixation und Neurohistopathologie ausgewählten Tiere

5 männliche und 5 weibliche Tiere

5 männliche und 5 weibliche Tiere

5 männliche und 5 weibliche Tiere

5 männliche und 5 weibliche Tiere

Anzahl der für die Beobachtungen (Toxizität bei wiederholter Verabreichung/subchronische Toxizität/chronische Toxizität, Hämatologie, klinische Biochemie, Histopathologie usw.) ausgewählten Tiere, wie in den entsprechenden Prüfrichtlinien (Guidelines) angegeben

 

5 männliche und 5 weibliche Tiere

10 männliche (10) und 10 weibliche Tiere (10)

20 männliche (10) und 20 weibliche Tiere (10)

Ergänzende Beobachtungen nach Bedarf

5 männliche und 5 weibliche Tiere

 

 

 


Tabelle 2

Häufigkeit der klinischen Beobachtungen und Funktionstests

Art der Beobachtung

Dauer der Studie

Akut

28 Tage

90 Tage

Chronisch

Bei allen Tieren

Allgemeiner Gesundheitszustand

Täglich

Täglich

Täglich

Täglich

Mortalität/Morbidität

Zweimal täglich

Zweimal täglich

Zweimal täglich

Zweimal täglich

Bei den für Funktionsbeobachtungen ausgewählten Tieren

Detaillierte klinische Beobachtungen

vor der ersten Exposition

binnen 8 Stunden nach Verabreichung zum Zeitpunkt der erwarteten maximalen Wirkung

am 7 und 14. Tag nach Verabreichung

vor der ersten Exposition

anschließend einmal wöchentlich

vor der ersten Exposition

einmal während der ersten oder zweiten Expositionswoche

anschließend monatlich

vor der ersten Exposition

einmal am Ende des ersten Expositionsmonats

anschließend alle drei Monate

Funktionstests

vor der ersten Exposition

binnen 8 Stunden nach Verabreichung zum Zeitpunkt der erwarteten maximalen Wirkung

am 7. und 14. Tag nach Verabreichung

vor der ersten Exposition

während der vierten Behandlungswoche möglichst nahe am Ende des Expositionszeitraums

vor der ersten Exposition

einmal während der ersten oder zweiten Expositionswoche

anschließend monatlich

vor der ersten Exposition

einmal am Ende des ersten Expositionsmonats

anschließend alle drei Monate

B.44.   HAUTRESORPTION: IN-VIVO-METHODE

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht OECD TG 427 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Die meisten Chemikalien wirken über die Haut auf den Körper ein, während bei den meisten an Labortieren durchgeführten toxikologischen Studien die Chemikalie oral verabreicht wird. Die in dieser Richtlinie beschriebene Untersuchung der perkutanen In-vivo-Resorption stellt die Verbindung her, die bei der Sicherheitsbewertung im Anschluss an dermale Exposition für die Extrapolation der Ergebnisse oraler Studien notwendig ist.

Eine Substanz muss eine große Zahl von Hautschichten durchdringen, bevor sie in den Kreislauf gelangen kann. Bei den meisten Substanzen wird die Penetrationsgeschwindigkeit durch die aus toten Zellen bestehende Hornhaut (Stratum Corneum) bestimmt. Die Permeabilität der Haut wird sowohl von der Lipophilie der Chemikalie als auch von der Dicke der äußeren Epidermisschicht sowie durch Faktoren wie dem Molgewicht und der Stoffkonzentration bestimmt. Im Allgemeinen ist die Haut von Ratten und Hasen permeabler als die menschliche Haut, während die Permeabilität der Haut von Meerschweinchen und Affen der Permeabilität der menschlichen Haut ähnelt.

Die Methoden zur Messung der perkutanen Resorption lassen sich in zwei Kategorien einteilen: in vivo und in vitro. Die In-vivo-Methode liefert bei unterschiedlichen Labortierarten gute Informationen zur Hautresorption. In jüngerer Zeit wurden ergänzend In-vitro-Methoden entwickelt. Bei diesen wird der Transport durch die menschliche oder tierische Haut in ihrer vollständigen oder teilweisen Dicke in einem Flüssigkeitsbehälter untersucht. Die In-vitro-Methode wird in einer separaten Testverfahrensbeschreibung (1) beschrieben. Es wird empfohlen, das OECD Guidance Document for the Conduct of Skin Absorption Studies (2) als Hilfe bei der Wahl der für den jeweiligen Fall geeignetsten Methode zu Rate zu ziehen; dieses Dokument enthält nähere Angaben zur Eignung der In-vivo- und In-vitro-Methoden.

Die hier beschriebene In-vivo-Methode ermöglicht die Bestimmung der Penetration der Testsubstanz durch die Haut in den Kreislauf. Dieses Verfahren findet seit Jahren weithin Anwendung (3) (4) (5) (6) (7). Zwar sind In-vitro-Studien zur perkutanen Resorption in zahlreichen Fällen geeignet, doch können die benötigten Daten in bestimmten Fällen nur durch In-vivo-Studien gewonnen werden.

Die Vorteile der In-vivo-Methode bestehen darin, dass dabei ein physiologisch und metabolisch intaktes System und eine zahlreichen Toxizitätsstudien gemeinsame Tierart verwendet wird und dass diese Methode für die Verwendung mit anderen Arten modifiziert werden kann. Nachteile sind die Verwendung lebender Tiere und die Notwendigkeit, radioaktiv markiertes Material einzusetzen, damit zuverlässige Ergebnisse gewährleistet sind, ferner Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Frühresorptionsphase und die unterschiedliche Permeabilität der Haut der bevorzugt verwendeten Art (Ratten) und der menschlichen Haut. Tierische Haut ist im Allgemeinen durchlässiger, d. h., die perkutane Resorption der menschlichen Haut könnte demzufolge überschätzt werden (6) (8) (9). Ätzende Materialien sollten an lebenden Tieren nicht getestet werden.

1.2.   DEFINITIONEN

Unresorbierte Dosis: Dies entspricht der nach der Exposition von der Hautoberfläche abgewaschenen Dosis sowie der ggf. in der nicht okkludierten Abdeckung enthaltenen Dosis, einschließlich etwaiger Dosen, bei denen nachgewiesen wird, dass sie sich während der Exposition auf der Haut verflüchtigen.

Resorbierte Dosis (in vivo): Diese umfasst die im Urin, in Käfigreinigungsrückständen, Fäzes, ausgeatmeter Luft (soweit diese gemessen wird), im Blut, Gewebe (sofern erfasst) und dem übrigen Körper verbliebene Dosis nach Entfernung der Haut an der Stelle, an der die Substanz aufgetragen wurde.

Resorbierbare Dosis: Diese stellt die nach dem Waschen auf oder in der Haut vorhandene Dosis dar.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Testsubstanz wird — möglichst in radioaktiv markierter Form — in einer oder mehreren geeigneten Dosierungen als repräsentative praktische Präparation auf der geschorenen Haut der Tiere aufgebracht. Die Testpräparation bleibt während einer bestimmten Zeitdauer unter einer geeigneten (nicht okklusiven, semi-okklusiven oder okklusiven) Abdeckung mit der Haut in Kontakt. Am Ende des Expositionszeit wird die Abdeckung entfernt und die Haut mit einem geeigneten Reinigungsmittel gereinigt; Abdeckung und Reinigungsmittel werden zur Analyse aufbewahrt, und es wird eine frische Abdeckung angebracht. Die Tiere werden vor, während und nach der Expositionszeit in Stoffwechsel-Einzelkäfigen untergebracht, und die während dieses Zeitraums anfallenden Exkremente und die ausgeatmete Luft werden zu Analysezwecken gesammelt. Die Sammlung der ausgeatmeten Luft kann entfallen, wenn ausreichende Angaben darüber vorliegen, dass nur wenig oder gar keine flüchtigen radioaktiven Stoffwechselprodukte gebildet werden. Im Rahmen der Studien werden normalerweise mehrere Tiergruppen der Testpräparation ausgesetzt. Eine Gruppe wird am Ende der Expositionszeit getötet. Andere Gruppen werden zu festgelegten späteren Zeitpunkten getötet (2). Am Ende der Probenahmephase werden die verbleibenden Tiere getötet, Blut zu Analysezwecken entnommen, die Auftragsstelle zur Analyse entnommen und der Körper auf etwaige nicht ausgeschiedene Stoffe untersucht. Die Stichproben werden durch entsprechende Mittel untersucht und der Grad der perkutanen Resorption näherungsweise ermittelt (6) (8) (9).

1.4.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.4.1.   Auswahl von Versuchstierarten

Üblicherweise werden Ratten verwendet, allerdings können auch haarlose Stämme und Arten, deren Hautresorptionsrate denen der menschlichen Haut näherkommt, verwendet werden (3) (6) (7) (8) (9). Es sind junge, ausgewachsene und gesunde Tiere gleichen Geschlechts (standardmäßig männliche Tiere) üblicherweise verwendeter Laborstämme zu verwenden. Zu Beginn der Studie dürfen die Gewichtsunterschiede der verwendeten Tiere eine Grenze von ± 20 % des mittleren Gewichts nicht überschreiten. So sind beispielsweise männliche Ratten mit einem Gewicht von 200-250 g geeignet, insbesondere Tiere in der oberen Hälfte dieses Gewichtsbereichs.

1.4.2.   Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

Zur Vorbereitung des Tests und für jeden Beendigungszeitpunkt ist je eine Gruppe von mindestens 4 Tieren gleichen Geschlechts zu verwenden. Jede Gruppe von Tieren wird nach unterschiedlichen Zeitintervallen getötet, beispielsweise nach Ende der Expositionszeit (typischerweise 6 oder 24 Stunden) bzw. zu späteren Zeitpunkten (z. B. nach 48 und 72 Stunden). Liegen Daten vor, anhand deren erhebliche Unterschiede der dermalen Toxizität bei männlichen und weiblichen Tieren nachgewiesen werden, ist das empfindlichere Geschlecht zu wählen. Liegen keine diesbezüglichen Daten vor, ist die Wahl des Geschlechts freigestellt.

1.4.3.   Unterbringungs- und Fütterungsbedingungen

Die Temperatur im Tierversuchsraum muss 22 oC (± 3 oC) betragen. Die relative Luftfeuchte muss mindestens 30 % betragen und sollte 70 % — außer beim Reinigen des Raums — nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchte von 50-60 %. Für die Beleuchtung ist Kunstlicht zu verwenden und so zu schalten, dass sich 12 Stunden Licht mit 12 Stunden Dunkelheit abwechseln. Zur Ernährung sind herkömmliche Labornahrungsmittel zu verwenden, die unrationiert mit einer unbegrenzten Menge Trinkwasser zur Verfügung stehen sollten. Während der Studie sowie vorzugsweise auch während der Eingewöhnungsphase werden die Tiere einzeln in Stoffwechselkäfigen untergebracht. Da die Ergebnisse durch verschüttetes Nahrungsmittel und Wasser beeinträchtigt würden, ist die Wahrscheinlichkeit derartiger Störungen zu minimieren.

1.4.4.   Präparation der Tiere

Die Tiere werden markiert, damit sie einzeln identifiziert werden können. Vor Beginn der Studie werden sie mindestens 5 Tage lang in ihren Käfigen gehalten, so dass eine Gewöhnung an die Laborbedingungen erfolgen kann.

Nach der Akklimatisierungsphase und rund 24 Stunden vor der Verabreichung der Dosis wird an jedem Tier ein Hautbereich im Schulter- und Rückenbereich geschoren. Da geschädigte Haut andere Permeationseigenschaften als intakte Haut aufweist, ist Abrieb der Hautoberfläche zu vermeiden. Nach der Schur und rund 24 Stunden vor Auftragen der Testsubstanz auf die Haut (siehe Abschnitt 1.4.7) ist die Hautoberfläche mit Aceton abzuwischen, um das Sebum zu entfernen. Zusätzliches Waschen mit Seife und Wasser ist nicht zu empfehlen, da Seifenrückstände die Resorption der Testsubstanz fördern könnten. Der Bereich muss so groß sein, dass eine zuverlässige Berechnung der resorbierten Menge der Testchemikalie je cm2 Haut gewährleistet ist, vorzugsweise also mindestens 10 cm2. Ein solcher Bereich kann an Ratten mit einem Körpergewicht von 200-250 g hergestellt werden. Nach der Vorbereitung werden die Tiere wieder in die Stoffwechselkäfige platziert.

1.4.5.   Testsubstanz

Als Testsubstanz wird der Stoff verwendet, dessen Penetrationseigenschaften untersucht werden sollen. Idealerweise ist die Testsubstanz radioaktiv zu markieren.

1.4.6.   Testpräparation

Die Präparation der Testsubstanz (z. B. reines, verdünntes oder formuliertes Material, das die auf der Haut aufgetragene Testchemikalie enthält) muss der Substanz entsprechen (oder ein realistisches Surrogat hiervon bilden), der Menschen oder andere betroffene Gruppen ausgesetzt sein können. Etwaige Abweichungen von der in der Praxis verwendeten Präparation sind zu begründen. Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Medium gelöst oder suspendiert. Bei anderen Trägermedien als Wasser müssen die Resorptionseigenschaften und mögliche Wechselwirkungen mit der Testsubstanz bekannt sein

1.4.7.   Aufbringen auf die Haut

Auf der Hautoberfläche wird eine Applikationsstelle mit einer bestimmten Fläche festgelegt. Eine bekannte Menge der Testpräparation wird gleichmäßig auf dieser Stelle aufgetragen. Diese Menge muss im Regelfall die potenzielle Exposition wiedergeben, der der Mensch ausgesetzt ist, typischerweise bei Feststoffen 1-5 mg/cm2 oder bei Flüssigkeiten bis zu 10 μl/cm2. Abweichende Mengen müssen aufgrund der zu erwartenden Verwendungsbedingungen, der Untersuchungsziele oder der physikalischen Eigenschaften der Testpräparation gerechtfertigt sein. Nach dem Auftrag ist die behandelte Stelle gegen Überstreichen zu schützen. Eine typische Vorrichtung hierfür ist in Abbildung 1 dargestellt; normalerweise wird die Hautstelle, an der der Auftrag erfolgte, durch eine nicht okklusive Abdeckung geschützt (z. B. eine permeable Nylongazeabdeckung). Bei infiniter Applikation ist die Applikationsstelle jedoch zu okkludieren. Falls durch die Verdunstung semiflüchtiger Testsubstanzen die Rückgewinnungsrate der Testsubstanz in einem inakzeptablen Maß verringert wird (siehe auch Abschnitt 1.4.10, erster Absatz), muss die verdunstete Substanz in einem Aktivkohlefilter über der Applikationsvorrichtung aufgefangen werden (siehe Abbildung 1). Derartige Vorrichtungen dürfen die Haut nicht schädigen und die Testpräparation weder absorbieren noch mit ihr reagieren. Die Tiere werden anschließend wieder in ihre Stoffwechsel-Einzelkäfige gesetzt, damit die Exkremente aufgefangen werden können.

1.4.8.   Dauer der Exposition und Probenahme

Die Expositionsdauer entspricht der Zeitdauer zwischen Auftrag und Entfernung der Testpräparation durch Waschen der Haut. Dabei ist eine aussagefähige Expositionszeit (normalerweise 6 oder 24 Stunden) entsprechend der beim Menschen zu erwartenden Expositionsdauer einzuhalten. Nach der Expositionsdauer verbleiben die Tiere bis zum planmäßigen Ende der Studie in den Stoffwechselkäfigen. Während der gesamten Dauer der Studie sind die Tiere in regelmäßigen Intervallen auf Anzeichen toxischer Wirkungen/abnormaler Reaktionen zu beobachten. Am Ende der Expositionszeit ist die behandelte Hautfläche auf sichtbare Anzeichen einer Reizung zu untersuchen.

Die Stoffwechselkäfige müssen so eingerichtet sein, dass Urin und Fäzes während der gesamten Untersuchungsdauer separat gesammelt werden können. Die Sammlung von 14C-Kohlendioxid und flüchtigen 14C-Kohlenstoffverbindungen muss möglich sein; diese Verbindungen sind, wenn sie in entsprechender Menge anfallen (> 5 %), zu analysieren. Urin, Exkremente und in der Auffangvorrichtung zurückgehaltene Flüssigkeiten (z. B. 14C-Kohlendioxid und flüchtige 14C-Verbindungen) sind zu den einzelnen Probenahmezeitpunkten aus jeder Gruppe einzeln zu sammeln. Liegen ausreichende Angaben darüber vor, dass kaum oder keine flüchtigen radioaktiven Stoffwechselprodukte gebildet werden, können auch offene Käfige verwendet werden.

Die Exkremente werden während der Dauer der Exposition, bis zu 24 Stunden nach dem erstmaligen Hautkontakt und anschließend täglich bis zum Ende des Versuchs gesammelt. Normalerweise sind drei Intervalle für die Sammlung von Exkrementen ausreichend, je nach beabsichtigtem Zweck der Testpräparation oder vorliegenden kinetischen Daten können jedoch auch geeignetere oder zusätzliche Zeitpunkte für eine Untersuchung in Betracht kommen.

Am Ende des Expositionszeitraums wird die Schutzvorrichtung von den Tieren entfernt und separat zur weiteren Analyse verwahrt. An allen Tieren ist die behandelte Haut mindestens dreimal mit geeigneten Tupfern zu waschen. Dabei ist darauf zu achten, dass keine anderen Körperteile kontaminiert werden. Das Reinigungsmittel muss typisch für die bei normaler Körperhygiene verwendeten Produkte sein, z. B. eine wässrige Seifenlösung. Abschließend ist die Haut zu trocknen. Sämtliche Tupfer und Waschrückstände sind zur Analyse aufzubewahren. Bei Tieren jener Gruppen, die bis zu einem späteren Zeitpunkt untersucht werden, ist zum Schutz der behandelten Hautstelle eine neue Abdeckung anzubringen, bevor diese wieder in ihre Einzelkäfige verbracht werden.

1.4.9.   Abschließende Schritte

Die Tiere der einzelnen Gruppen sind zum festgelegten Zeitpunkt zu töten, und das Blut ist zur Analyse aufzufangen. Die Schutzvorrichtung bzw. -abdeckung ist zur Analyse zu entfernen. Die Haut an der Applikationsstelle und ein ähnlicher Bereich unbehandelter, rasierter Haut sind zur separaten Analyse bei jedem Tier zu entfernen. Die Applikationsstelle kann zerlegt werden, wobei das Stratum corneum von der darunter liegenden Epidermis getrennt wird und daraus weitere Informationen zur Verteilung der Testchemikalie gewonnen werden. Durch die Ermittlung der Ablagerung über einen bestimmten Zeitraum nach der Expositionszeit lassen sich Angaben zum Verbleib bzw. Verhalten der einzelnen Testchemikalien im Stratum corneum gewinnen. Um die Fraktionierung der Haut zu erleichtern (nachdem die Haut letztmalig gewaschen und das Tier getötet wurde), werden die einzelnen Schutzabdeckungen entfernt. Die Applikationsstelle auf der Haut sowie ein angrenzender ringförmiger Hautbereich werden aus dem Rattenkörper herausgeschnitten und auf einer Unterlage befestigt. Ein Klebestreifen wird mit leichtem Druck auf der Hautoberfläche angedrückt und das Klebeband zusammen mit einem Teil des Stratum corneum abgezogen. Anschließend werden weitere Klebestreifen aufgebracht, bis das Klebeband nicht mehr an der Hautoberfläche haftet; dann ist das gesamte Stratum corneum entfernt. Sämtliche Klebestreifen eines jeden Tieres können in einem einzigen Behälter gemeinsam verwahrt werden; diesem Behälter wird ein Gewebeauflösungsmittel zur Auflösung des Stratum corneum zugesetzt. Bestimmte für die Untersuchung bestimmte Gewebe können zur separaten Messung entnommen werden, bevor der Tierkörper auf die resorbierte Körperdosis untersucht wird. Die Körper der einzelnen Tiere sind zu Analysezwecken aufzubewahren. Normalerweise reicht die Analyse des Gesamtgehalts aus. Zur Untersuchung vorgesehene Organe können zur separaten Analyse entnommen werden (wenn dies durch andere Studien angezeigt ist). Der zum Zeitpunkt der Tötung in der Blase enthaltene Urin ist zu dem zuvor gesammelten Urin zu geben. Nachdem die Exkremente zum Zeitpunkt der Tötung aus den Stoffwechselkäfigen gesammelt wurden, sind die Käfige und ihre Auffangvorrichtungen mit einem geeigneten Lösemittel zu waschen. Andere möglicherweise verunreinigte Geräte sind ebenfalls zu analysieren.

1.4.10.   Analyse

In allen Studien ist eine ausreichende Rückgewinnung (d. h. ein Mittelwert von 100 ± 10 % der Radioaktivität) anzustreben. Rückgewinnungsraten außerhalb dieses Sollbereichs sind zu begründen. Die Menge der in jeder Probe verabreichten Dosis ist durch in geeigneter Weise validierte Verfahren zu analysieren.

Als Teil der statistischen Untersuchung ist bei den Wiederholungen jeder Anwendung ein Maß für die Streuung zu berücksichtigen.

2.   DATEN

An sämtlichen Tieren sind bei jeder Probenahme der Testchemikalie und/oder der Stoffwechselprodukte die unten stehenden Messungen durchzuführen. Zusätzlich zu Einzeldaten sind die entsprechend den Probenahmezeiten zu Gruppen zusammengefassten Daten als Mittelwerte in den Bericht aufzunehmen:

Menge, die den Schutzvorrichtungen zugeordnet wird,

Menge, die aus der Haut gelöst werden kann,

Menge in/auf der Haut, die nicht von der Haut abgewaschen werden kann,

Menge in der Blutprobe,

Menge in den Exkrementen und der ausgeatmeten Luft (falls maßgeblich),

im Körper und in zu separaten Analysen entnommenen Organen verbleibende Menge.

Anhand der in den Exkrementen, der ausgeatmeten Luft, im Blut und im Körper enthaltenen Menge der Testsubstanz und/oder der Metaboliten kann die zu den jeweiligen Zeitpunkten resorbierte Gesamtmenge bestimmt werden. Außerdem ist eine Berechnung der Menge der Testchemikalie möglich, die je cm2 der während der Expositionszeit der Testsubstanz ausgesetzten Haut resorbiert wurde.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   ABSCHLUSSBERICHT

Der Testbericht muss die im Protokoll festgelegten Anforderungen einschließlich einer Begründung für das verwendete Testsystem sowie folgende Angaben enthalten:

 

Prüfsubstanz

Kenndaten, z. B. CAS-Nummer, sofern vorhanden, Quelle, Reinheit (radiochemische Reinheit), bekannte Verunreinigungen, Partienummer;

physikalische Beschaffenheit, physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. pH-Wert, Flüchtigkeit, Löslichkeit, Stabilität, Molgewicht und log Pow).

 

Testpräparation:

Formulierung und Begründung für die Verwendung;

Details der Testpräparation, aufgetragene Menge, erreichte Konzentration, Vehikel, Stabilität und Homogenität.

 

Versuchstier:

Art/Stamm;

Zahl, Alter und Geschlecht der Tiere;

Herkunft der Tiere, Unterbringungsbedingungen, Ernährung usw.;

Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn.

 

Prüfbedingungen :

Details zur Verabreichung der Testpräparation (Applikationsort, Testmethoden, Okklusion/Nicht-Okklusion, Volumen, Extraktion, Nachweis);

Angaben zu Futter- und Wasserqualität.

 

Ergebnisse:

etwaige Anzeichen von Toxizität;

in Tabellenform dargestellte Resorptionsdaten (angegeben als Geschwindigkeit, Menge oder Prozentwert);

Gesamtrückgewinnungsrate aus dem Versuch;

Auswertung der Ergebnisse, Vergleich mit bereits vorliegenden Daten zur perkutanen Resorption der Testverbindung.

 

Erörterung der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

1.

Testing Method B.45. Skin Absorption: In vitro Method.

2.

OECD (2002). Guidance Document for the Conduct of Skin Absorption Studies. OECD, Paris.

3.

ECETOC (1993) Percutaneous Absorption. European Centre for Ecotoxicology and Toxicology of Chemicals, Monograph No. 20.

4.

Zendzian R.P. (1989) Skin Penetration Method suggested for Environmental Protection Agency Requirements. J. Am. Coll. Toxicol. 8(5), 829-835.

5.

Kemppainen B.W., Reifenrath W.G. (1990) Methods for skin absorption. CRC Press Boca Raton, FL, USA.

6.

EPA (1992) Dermal Exposure Assessment: Principles and Applications. Exposure Assessment Group, Office of Health and Environmental Assessment.

7.

EPA (1998) Health Effects Test Guidelines, OPPTS 870-7600, Dermal Penetration. Office of Prevention, Pesticides and Toxic Substances.

8.

Bronaugh R.L., Wester R.C., Bucks D., Maibach H.I. and Sarason R. (1990) In vivo percutaneous absorption of fragrance ingredients in reshus monkeys and humans. Fd. Chem. Toxic. 28, 369-373.

9.

Feldman R.J. and Maibach H.I. (1970) Absorption of some organic compounds through the skin in man. J. Invest Dermatol. 54, 399-404.

Abbildung 1

Beispiel für die Gestaltung einer typischen Vorrichtung zur Begrenzung und zum Schutz der dermalen Applikationsstelle bei In-vivo-Studien zur perkutanen Resorption

Image

B.45.   HAUTRESORPTION: IN-VITRO-METHODE

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht OECD TG 428 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Diese Methode soll Aufschluss über die Resorption einer auf ein ausgeschnittenes Hautstück aufgebrachten Testsubstanz geben. Sie kann entweder mit der Hautresorptionsmethode: In-vivo-Methode (1) kombiniert oder separat durchgeführt werden. Für die Gestaltung von Studien auf der Grundlage dieser Methode wird empfohlen, das OECD Guidance Document for the Conduct of Skin Absorption Studies (2) zu Rate zu ziehen. Diese Richtlinie soll Hilfestellung bei der Wahl geeigneter In-vitro-Verfahren für bestimmte Anwendungsfälle leisten, damit die Zuverlässigkeit der durch dieses Verfahren gewonnenen Ergebnisse gewährleistet ist.

Die Methoden zur Messung der Hautresorption und des dermalen Eintrags lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: in vivo und in vitro. In-vivo-Methoden zur Untersuchung der Hautresorption sind seit langem etabliert und liefern pharmakokinetische Angaben zu verschiedenen Tierarten. Eine In-vivo-Methode wird in einer weiteren Testmethode (1) beschrieben. In-vitro-Methoden werden seit Jahren ebenfalls zur Messung der Hautresorption eingesetzt. Offizielle Validierungsstudien der In-vitro-Methoden, die unter die vorliegende Testmethode fallen, wurden zwar nicht durchgeführt, doch wurde von den OECD-Experten im Jahr 1999 festgestellt, dass der Umfang der evaluierten Daten als Bestätigung der In-vitro-Methode ausreicht (3). Weitere Details zur Untermauerung dieser Bestätigung — darunter umfangreiche direkte Vergleiche von In-vitro- und In-vivo-Methoden — sind in der unter (2) angegebenen Richtlinie (Guidance Document) enthalten. Dieses Thema wurde bereits in zahlreichen Monografien dargestellt, die auch ausführliche Hintergrundinformationen zum Einsatz von In-vitro-Methoden enthalten (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12). Mit In-vitro-Methoden wird die Diffusion von Chemikalien in und durch die Haut in einen Flüssigkeitstank gemessen, wobei an nicht lebensfähiger Haut die reine Diffusion oder an frischer, stoffwechselaktiver Haut gleichzeitig Diffusion und Hautstoffwechsel gemessen werden können. Derartige Methoden finden insbesondere Verwendung als Raster für den Vergleich des Eintrags von Chemikalien aus unterschiedlichen Formulierungen in und durch die Haut und bieten sich darüber hinaus als nützliche Modelle für die Beurteilung der perkutanen Resorption beim Menschen an.

Die In-vitro-Methode eignet sich möglicherweise nicht für sämtliche Situationen und Chemikalienklassen. Möglicherweise kann die In-vitro-Testmethode zur einleitenden qualitativen Evaluierung der Penetration durch die Haut verwendet werden. In bestimmten Fällen muss dies durch In-vivo-Daten untermauert werden. Zur weiteren Vertiefung jener Fälle, in denen die In-vitro-Methode geeignet wäre, ist die unter (2) angegebene Richtlinie (Guidance Document) heranzuziehen. Weitere detaillierte Informationen zur Untermauerung der Entscheidungsfindung sind in (3) nachzulesen.

Die hier beschriebene Methode gibt Aufschluss über die grundlegenden Prinzipien der Messung der dermalen Resorption und des Eintrags einer Testsubstanz auf ausgeschnittenen Hautstücken. Hierfür können Hautproben zahlreicher Säugetierarten — auch menschliche Haut — verwendet werden. Die Permeabilitätseigenschaften der Haut bleiben nach dem Ausschneiden des Hautstücks aus dem Körper erhalten, da die abgestorbene Hornhaut (Stratum corneum) die Hauptdiffusionssperre bildet; ein aktiver Transport von Chemikalien durch die Haut wurde nicht festgestellt. Es wurde nachgewiesen, dass die Haut in der Lage ist, bei der perkutanen Resorption bestimmte Chemikalien in Stoffwechselprodukte umzusetzen (6); allerdings tritt bei diesem Prozess hinsichtlich der tatsächlich resorbierten Dosis keine Begrenzung der Geschwindigkeit ein, jedoch kann die Art des in den Blutkreislauf gelangenden Materials davon beeinflusst werden.

1.2.   DEFINITIONEN

Unresorbierte Dosis: Dies entspricht der nach der Exposition von der Hautoberfläche abgewaschenen Dosis sowie der ggf. in der nicht okkludierten Abdeckung enthaltenen Dosis, einschließlich etwaiger Dosen, bei denen nachgewiesen wird, dass sie sich während der Exposition auf der Haut verflüchtigen.

Resorbierte Dosis (in vitro): Masse der Testsubstanz, die innerhalb einer bestimmten Zeit in den Rezeptor-Flüssigkeits- oder -Systemkreislauf gelangt.

Resorbierbare Dosis (in vitro): die nach dem Abwaschen auf oder in der Haut vorhandene Dosis.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Testsubstanz, die radioaktiv markiert werden kann, wird auf die Oberfläche eines Hautprobestücks aufgetragen, das die beiden Kammern einer Diffusionszelle voneinander trennt. Die Chemikalie verbleibt unter festgelegten Bedingungen eine bestimmte Zeit lang auf der Haut, bevor sie durch ein geeignetes Reinigungsverfahren entfernt wird. Von der Rezeptorflüssigkeit werden zu bestimmten Zeitpunkten während des Versuchs Proben genommen und auf die Testchemikalie und/oder Metaboliten analysiert.

Bei Verwendung stoffwechselaktiver Systeme können die Metaboliten der Testchemikalie durch geeignete Verfahren analysiert werden. Am Ende des Experiments werden die Verteilung der Testchemikalie und ggf. deren Metaboliten quantifiziert.

Unter entsprechenden Bedingungen, die in der vorliegenden Methode und in Richtlinie (2) beschrieben sind, wird durch Analyse der Rezeptorflüssigkeit und der behandelten Haut die während eines bestimmten Zeitraums erfolgte Resorption einer Testsubstanz gemessen. Die auf der Haut verbleibende Testsubstanz ist als resorbiert zu betrachten, es sei denn, es kann nachgewiesen werden, dass die Resorption anhand der Werte der Rezeptorflüssigkeit alleine ermittelt werden kann. Anhand der Analyse der übrigen Bestandteile (von der Haut abgewaschenes und zwischen den Hautschichten verbleibendes Material) kann eine weitere Evaluierung der Daten vorgenommen werden, unter anderem auch die Gesamtverteilung der Testsubstanz und die prozentuale Rückgewinnung.

Als Nachweis für die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Testsystems müssen die Ergebnisse der relevanten Referenzchemikalien vorliegen und mit dem veröffentlichten Schrifttum zu der verwendeten Methode übereinstimmen. Diese Anforderung könnte erfüllt werden, indem die Tests mit einer geeigneten Referenzsubstanz (deren Lipophilie vorzugsweise den Werten der Testsubstanz näherungsweise entsprechen sollte) zeitgleich mit der Testsubstanz durchgeführt werden oder indem ausreichende historische Daten für verschiedene Referenzsubstanzen unterschiedlicher Lipophilie vorgelegt werden (z. B. Koffein, Benzoesäure und Testosteron).

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Diffusionszelle

Die Diffusionszelle besteht aus einer Spenderkammer und einer Rezeptorkammer, zwischen denen die Haut angeordnet wird (ein Beispiel für einen typischen Aufbau einer solchen Kammer ist in Abbildung 1 dargestellt). Die Zelle muss so aufgebaut werden, dass die Haut dicht umschlossen wird, die Probenahme auf einfache Weise möglich ist und eine gute Durchmischung der Rezeptorlösung erreicht wird, die mit der Hautunterseite in Berührung kommt, und außerdem eine gute Temperaturregelung der Zelle und ihres Inhalts möglich ist. Es sind sowohl statische Diffusionszellen als auch Durchfluss-Diffusionszellen zulässig. Normalerweise sind die Spenderkammern bei der Exposition gegenüber einer finiten Dosis einer Testpräparation nicht okkludiert. Bei infiniten Applikationen und bestimmten bei finiten Dosen vorkommenden Szenarien können die Spenderkammern jedoch auch okkludiert werden.

1.4.2.   Rezeptorflüssigkeit

Vorzugsweise ist eine physiologisch geeignete Rezeptorflüssigkeit zu verwenden, allerdings sind auch andere Flüssigkeitsarten zulässig, sofern deren Verwendung begründet werden kann. Die genaue Zusammensetzung der Rezeptorflüssigkeit ist anzugeben. Eine ausreichende Löslichkeit der Testchemikalie in der Rezeptorflüssigkeit ist nachzuweisen, damit sie nicht als Resorptionssperre wirkt. Außerdem darf die Rezeptorflüssigkeit die Intaktheit des Hautstücks nicht beeinträchtigen. In einem Durchflusssystem darf die Durchflussgeschwindigkeit die Diffusion der Testsubstanz in die Rezeptorflüssigkeit nicht behindern. In einem statischen Zellensystem muss die Flüssigkeit ständig umgerührt werden, und es sind regelmäßig Proben zu entnehmen. Wird der Stoffwechsel untersucht, muss die Rezeptorflüssigkeit so beschaffen sein, dass die Viabilität der Haut während des gesamten Verlaufs des Experiments unterstützt wird.

1.4.3.   Herstellung der Hautstücke

Es kann menschliche oder tierische Haut verwendet werden. Natürlich unterliegt die Verwendung menschlicher Haut einzelstaatlichen und internationalen ethischen Kriterien und Auflagen. Vorzugsweise sollte lebensfähige Haut verwendet werden, allerdings ist auch die Verwendung von abgestorbener Haut zulässig, sofern die Intaktheit der Haut nachgewiesen werden kann. Es sind entweder Epidermismembranen (die durch Enzyme, durch Wärme oder auf chemischem Wege separiert wurden) oder geteilte Hautlagen (typischerweise mit einer Dicke von 200-400 μm), die mit einem Dermatom hergestellt wurden, zulässig. Es kann auch die volle Hautdicke verwendet werden, allerdings ist eine übermäßige Hautdicke (ca. > 1 mm) zu vermeiden, sofern dies nicht zur Feststellung der Testchemikalie in den einzelnen Hautlagen erforderlich ist. Die Wahl der Arten, die anatomische Entnahmestelle und das Präparationsverfahren sind zu begründen. Es müssen akzeptable Daten aus mindestens vier Wiederholungs-Gleichtests je Testpräparation vorliegen.

1.4.4.   Intakte Beschaffenheit des hergestellten Hautstücks

Eine sachgemäße Herstellung des Hautstücks ist von größter Bedeutung. Durch unsachgemäße Handhabung kann die Hornhaut (Stratum corneum) beschädigt werden; daher ist das hergestellte Hautstück auf intakte Beschaffenheit zu kontrollieren. Bei der Untersuchung des Hautstoffwechsels ist die frisch ausgeschnittene Haut möglichst zeitnah und unter Bedingungen, die nachgewiesenermaßen eine Stoffwechselaktivität unterstützen, zu verwenden. Als Richtwert gilt dabei, dass frisch ausgeschnittene Haut innerhalb von 24 Stunden zu verwenden ist; die zulässige Lagerungsdauer kann jedoch je nach dem an der Metabolisierung beteiligten Enzymsystem und den Lagertemperaturen variieren (13). Wurden die hergestellten Hautstücke vor der Verwendung gelagert, ist nachzuweisen, dass die Barrierefunktion erhalten bleibt.

1.4.5.   Testsubstanz

Als Testsubstanz gilt der Stoff, dessen Penetrationseigenschaften untersucht werden sollen. Idealerweise sollte die Testsubstanz radioaktiv markiert werden.

1.4.6.   Testpräparation

Die Präparation der Testsubstanz (z. B. reines, verdünntes oder formuliertes Material, das die auf der Haut aufgetragene Testchemikalie enthält) muss der Substanz entsprechen (oder ein realistisches Surrogat hiervon bilden), der Menschen oder andere mögliche Zielarten ausgesetzt sein können. Etwaige Abweichungen von der in der Praxis verwendeten Präparation sind zu begründen.

1.4.7.   Konzentrationen und Formulierungen von Testsubstanzen

Normalerweise wird mehr als eine Konzentration der Testsubstanz verwendet; dies deckt die Obergrenze der potenziell beim Menschen auftretenden Expositionswerte ab. Analog ist die Durchführung von Tests mit verschiedenen typischen Formulierungen in Betracht zu ziehen.

1.4.8.   Aufbringen auf die Haut

Unter den normalen Bedingungen der Chemikalienexposition beim Menschen kommen üblicherweise finite Dosen vor. Bei Applikationen, bei denen die Exposition beim Menschen nachgestellt wird, sind bei Feststoffen normalerweise 1-5 mg/cm2 Haut und bei Flüssigkeiten bis zu 10 μl/cm2 anzusetzen. Die verwendete Menge ist durch die zu erwartenden Einsatzbedingungen, die Ziele der Studie und die physikalischen Kenngrößen der Testpräparation zu begründen. So kann das Aufbringen auf die Haut beispielsweise in infiniter Form erfolgen, wenn größere Volumina je Flächeneinheit aufgebracht werden.

1.4.9.   Temperatur

Die passive Diffusion der Chemikalien (und damit ihre Hautresorption) wird durch die Temperatur beeinflusst. Die Diffusionskammer und die Haut müssen auf konstanter Temperatur in Nähe der normalen Hauttemperatur von 32 ±1 oC gehalten werden. Bei unterschiedlichem Zellaufbau sind auch unterschiedliche Wasserbad- oder Heizblocktemperaturen erforderlich, damit sich der Rezeptor bzw. die Haut innerhalb der physiologischen Normbedingungen befindet. Die Luftfeuchte sollte möglichst zwischen 30 und 70 % liegen.

1.4.10.   Dauer der Exposition und Probenahme

Die Exposition der Haut gegenüber der Testpräparation kann sich über die gesamte Versuchsdauer oder über kürzere Zeiträume erstrecken (z. B. zur Nachahmung einer bestimmten Expositionsart beim Menschen). Überschüssige Rückstände der Testpräparation sind mit einem geeigneten Reinigungsmittel von der Haut abzuwaschen und die Spülrückstände zur Analyse aufzufangen. Das Verfahren zur Entfernung der Testpräparation ist von den erwarteten Einsatzbedingungen abhängig und ist zu begründen. Normalerweise ist eine 24-stündige Probenahmephase erforderlich, um das Resorptionsprofil angemessen charakterisieren zu können. Da bereits nach 24 Stunden eine Verschlechterung der Hautbeschaffenheit eintreten kann, sollte die Probenahmedauer normalerweise einen Zeitraum von 24 Stunden nicht überschreiten. Bei Testsubstanzen, die rasch in die Haut eindringen, ist dies möglicherweise nicht erforderlich, bei Testsubstanzen mit einer sehr langsamen Penetrationsgeschwindigkeit ist evtl. ein längerer Untersuchungszeitraum erforderlich. Die Probenahmefrequenz der Rezeptorflüssigkeit muss so ausgelegt sein, dass das Resorptionsprofil der Testsubstanz grafisch dargestellt werden kann.

1.4.11.   Abschließende Schritte

Alle Komponenten des Testsystems sind zu analysieren, und die Rückgewinnungsrate ist zu ermitteln. Hierin einbezogen werden die Spenderkammer, die Spülung der Hautoberfläche, das hergestellte Hautstück und die Rezeptorflüssigkeit/-kammer. In bestimmten Fällen kann die Haut in den der Testsubstanz ausgesetzten Hautbereich und den Hautbereich unter dem Zellenflansch sowie zu separaten Analysen in die Hornhaut, die Epidermis und die Dermis aufgeteilt werden.

1.4.12.   Analyse

In sämtlichen Studien sollte eine angemessene Rückgewinnungsrate angestrebt werden (anzustreben ist ein Mittelwert von 100 ± 10 % der radioaktiven Substanz; etwaige Abweichungen sind zu begründen). Die Menge der Testsubstanz in der Rezeptorflüssigkeit, in dem hergestellten Hautstück, den Waschrückständen von der Hautoberfläche und dem Spülwasser aus dem Versuchsaufbau sind durch ein geeignetes Verfahren zu analysieren.

2.   DATEN

Die Analyse der Rezeptorflüssigkeit, die Verteilung der Testsubstanz im Testsystem und der zeitliche Verlauf des Resorptionsprofils sind darzustellen. Im Fall einer Exposition mit finiten Dosen sind die von der Haut abgewaschene Menge, die der Haut zugeordnete Menge (und die Menge in den verschiedenen Lagen der Haut, sofern diese analysiert werden) und die in der Rezeptorflüssigkeit enthaltene Menge (Geschwindigkeit und Menge bzw. Prozentsatz der applizierten Dosis) zu berechnen. Die Hautresorption kann in bestimmten Fällen auch nur anhand der Rezeptorflüssigkeitsdaten alleine ausgedrückt werden. Verbleibt die Testsubstanz am Ende der Studie jedoch in der Haut, muss sie evtl. in die resorbierte Gesamtmenge einbezogen werden (siehe Abschnitt 66 in Quelle (3)). Im Fall einer Exposition mit infiniten Dosen kann mithilfe der Daten die Permeabilitätskonstante (Kp) ermittelt werden. Unter den letzteren Bedingungen ist der resorbierte Prozentsatz nicht relevant.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   ABSCHLUSSBERICHT

Der Testbericht muss die im Protokoll angegebenen Anforderungen erfüllen und eine Begründung für das verwendete Testsystem sowie folgende Einzelangaben enthalten:

 

Testsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, physikalisch-chemische Eigenschaften (zumindest Molgewicht und log Pow), Reinheit (radiochemische Reinheit);

Kenndaten (z. B. Chargennummer);

Löslichkeit in der Rezeptorflüssigkeit.

 

Testpräparation:

Formulierung und Begründung für die Verwendung;

Homogenität.

 

Prüfbedingungen:

Herkunft und Lage der Haut, Herstellungsmethode, Lagerungsbedingungen vor der Verwendung, etwaige Vorbehandlung (Reinigung, Antibiotikabehandlungen usw.), Messung der Unversehrtheit der Haut, Stoffwechselstatus, Begründung der Verwendung;

Zellenaufbau, Zusammensetzung der Rezeptorflüssigkeit, Durchflussrate der Rezeptorflüssigkeit bzw. Probenahmezeiten und -verfahren;

Details für die Aufbringung der Testpräparation und Quantifizierung der aufgebrachten Dosis;

Expositionsdauer;

Details zur Entfernung der Testpräparation von der Haut, z. B. Spülen der Haut;

Details zur Hautanalyse und zu den zum Nachweis der Verteilung in der Haut verwendeten Fraktionierungstechniken;

Verfahren zum Waschen der Zelle und der Geräte;

Testmethoden, Extraktionsverfahren, Detektionsgrenzen und Validierung der Analysenmethoden.

 

Ergebnisse:

Gesamtrückgewinnungsrate aus dem Experiment (aufgebrachte Dosis = Waschrückstände von der Haut + Haut + Rezeptorflüssigkeit + Waschrückstände aus der Zelle);

tabellarische Darstellung der rückgewonnenen Mengen für die einzelnen Zellen in jeder Zellenkammer;

Resorptionsprofil;

tabellarische Darstellung der Resorptionsdaten (als Rate, Betrag oder Prozentwert angegeben).

 

Erörterung der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

1.

Testing Method B.44. Skin Absorption: In vivo Method.

2.

OECD (2002). Guidance Document for the Conduct of Skin Absorption Studies. OECD, Paris.

3.

OECD (2000). Report of the Meeting of the OECD Extended Steering Committee for Percutaneous Absorption Testing, Annex 1 to ENV/JM/TG(2000)5. OECD, Paris.

4.

Kemppainen B.W and Reifenrath W.G. (1990). Methods for skin absorption. CRC Press, Boca Raton.

5.

Bronaugh R.L. and Collier, S.W. (1991). Protocol for In vitro Percutaneous Absorption Studies, in In vitro Percutaneous Absorption: Principles, Fundamentals and Applications, R.L. Bronaugh and H.I. Maibach, Eds., CRC Press, Boca Raton, 237-241.

6.

Bronaugh R.L. and Maibach H.I.. (1991). In vitro Percutaneous Absorption: Principles, Fundamentals and Applications. CRC Press, Boca Raton.

7.

European Centre for Ecotoxicology and Toxicology of Chemicals (1993). Monograph No. 20, Percutaneous Absorption, ECETOC, Brussels.

8.

Diembeck W., Beck H., Benech-Kieffer F., Courtellemont P., Dupuis J., Lovell W., Paye M., Spengler J., Steiling W. (1999). Test Guidelines for In Vitro Assessment of Dermal Absorption and Percutaneous Penetration of Cosmetic Ingredients, Fd Chem Tox, 37, 191-205.

9.

Recommended Protocol for In vitro Percutaneous Absorption Rate Studies (1996). US Federal Register, Vol. 61, No. 65.

10.

Howes D., Guy R., Hadgraft J., Heylings J.R. et al. (1996). Methods for assessing Percutaneous absorption. ECVAM Workshop Report ATLA 24, 81 R10.

11.

Schaefer H. and Redelmeier T.E. (1996). Skin barrier: principles of percutaneous absorption. Karger, Basel.

12.

Roberts M.S. and Walters K.A. (1998). Dermal absorption and toxicity assessment. Marcel Dekker, New York.

13.

Jewell, C., Heylings, J.R., Clowes, H.M. and Williams, F.M. (2000). Percutaneous absorption and metabolism of dinitrochlorobenzene in vitro. Arch Toxicol 74: 356-365.

Abbildung 1

Beispiel für den typischen Aufbau einer statischen Diffusionszelle für perkutane In-vitro-Resorptionsstudien

Image


(1)  Die Größe des von der Hornhauttrübung betroffenen Areals soll dokumentiert werden.

(2)  Bei einer Reihe von Bestimmungen im Serum und Plasma, insbesondere der Glukose, ist eine Futterkarenz über Nacht zu empfehlen. Der Hauptgrund dafür ist, dass die erhöhte Variabilität, die sich notwendigerweise bei fehlender Futterkarenz zeigen würde, weniger ausgeprägte Wirkungen verdecken und damit die Interpretation erschweren könnte. Andererseits jedoch kann die nächtliche Nahrungskadenz den allgemeinen Stoffwechsel der Tiere beeinflussen und, insbesondere in Futterstudien, die tägliche Exposition gegenüber der Prüfsubstanz beeinträchtigen. Wenn man sich für die nächtliche Futterkarenz entscheidet, sollten die klinisch-biochemischen Parameter nach Durchführung der funktionellen Beobachtungen in Woche 4 der Studie bestimmt werden.

(3)  Für eine Reihe von Serum- und Plasmabestimmungen, insbesondere der Glukose, ist eine Futterkarenz der Tiere über Nacht zu empfehlen. Der Hauptgrund dafür ist, dass die bei fehlender Futterkarenz unweigerlich zunehmende Variabilität zu einer Maskierung subtilerer Wirkungen führen und die Interpretation erschweren konnte. Andererseits könnte jedoch eine nächtliche Futterkarenz den allgemeinen Stoffwechsel der Tiere, insbesondere in Futterstudien, die tägliche Exposition gegenüber der Prüfsubstanz beeinträchtigen. Wenn man sich für die nächtliche Futterkarenz entscheidet, sollten die klinisch-biochemischen Parameter nach Durchführung der funktionellen Beobachtungen der Studie bestimmt werden.

(4)  Neuerdings als Serum-Alanin-Aminotransferase bezeichnet.

(5)  Neuerdings als Serum-Aspartat-Aminotransferase bezeichnet.

(6)  Diese Organe, entnommen von 10 Tieren pro Geschlecht/Gruppe der Nager und von allen Nicht-Nagern, einschließlich der Schilddrüse (mit Nebenschilddrüse) von allen Nicht-Nagern, sind außerdem zu wiegen.

(7)  Diese Organe sind von 10 Nagetieren pro Geschlecht/Gruppe zu wiegen.

(8)  Bei der Referenzgruppe handelt es sich um eine Gruppe, der die Prüfsubstanz auf einem anderen Wege verabreicht wird und die die vollständige Verfügbarkeit der Dosis gewährleistet.

(9)  Lösemittel für die Messung der Absorption.

(10)  

Einschließlich 5 Tiere, die für Funktionstests und detaillierte klinische Beobachtungen im Rahmen der Neurotoxizitätsstudie ausgewählt werden.


TEIL C: METHODEN ZUR BESTIMMUNG DER ÖKOTOXIZITÄT

INHALTSVERZEICHNIS

C.1.

AKUTE TOXIZITÄT FÜR FISCHE

C.2.

DAPHNIA-SP.-TEST AUF AKUTE SCHWIMMUNFÄHIGKEIT

C.3.

ALGENINHIBITIONSTEST

C.4.

BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT — BESTIMMUNG DER „LEICHTEN“ BIOLOGISCHEN ABBAUBARKEIT

TEIL I.

ALLGEMEINES

TEIL II.

DOC-DIE-AWAY–TEST — ABNAHME VON GELÖSTEM ORGANISCHEM KOHLENSTOFF (DOC) (Methode C.4-A)

TEIL III.

MODIFIZIERTER OECD-SCREENING-TEST (Methode C.4-B)

TEIL IV.

CO2-ENTWICKLUNGSTEST (Methode C.4-C)

TEIL V.

MANOMETRISCHER RESPIRATIONSTEST (Methode C.4-D)

TEIL VI.

GESCHLOSSENER FLASCHENTEST (Methode C.4-E)

TEIL VII.

MITI-TEST (Methode C.4-F)

C.5.

ABBAUBARKEIT — BIOCHEMISCHER SAUERSTOFFBEDARF

C.6.

ABBAUBARKEIT — CHEMISCHER SAUERSTOFFBEDARF

C.7.

ABBAUBARKEIT — ABIOTISCHER ABBAU: HYDROLYSE IN ABHÄNGIGKEIT VOM pH-WERT

C.8.

TOXIZITÄT FÜR REGENWÜRMER

C.9.

BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT — ZAHN-WELLENS-TEST

C.10.

BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT — SIMULATIONSTEST MIT BELEBTSCHLAMM

C.11.

BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT — BELEBTSCHLAMM: PRÜFUNG DER ATMUNGSHEMMUNG

C.12.

BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT — MODIFIZIERTER SCAS-TEST

C.13.

BIOKONZENTRATION: DURCHFLUSS-FISCHTEST

C.14.

WACHSTUMSTEST AN JUNGFISCHEN

C.15.

FISCHE, KURZFRISTIGE TOXIZITÄTSPRÜFUNG AN EMBRYONEN UND JUNGFISCHEN MIT DOTTERSACK

C.16.

HONIGBIENEN — AKUTE ORALE TOXIZITÄTSPRÜFUNG

C.17.

HONIGBIENEN — AKUTE KONTAKTTOXIZITÄTSPRÜFUNG

C.18.

ADSORPTION/DESORPTION NACH EINER SCHÜTTELMETHODE

C.19.

SCHÄTZUNG DES ADSORPTIONSKOEFFIZIENTEN (Koc) IM BODEN UND IN KLÄRSCHLAMM MITTELS DER HOCHDRUCK- FLÜSSIGCHROMATOGRAFIE (HPLC)

C.20.

DAPHNIA-MAGNA-REPRODUKTIONSTEST

C.21.

BODENMIKROORGANISMEN: STICKSTOFFTRANSFORMATIONSTEST

C.22.

BODENMIKROORGANISMEN: KOHLENSTOFFTRANSFORMATIONSTEST

C.23.

AEROBE UND ANAEROBE TRANSFORMATION IM BODEN

C.24.

AEROBE UND ANAEROBE TRANSFORMATION IN WASSER-SEDIMENT-SYSTEMEN

C.1.   AKUTE TOXIZITÄT FÜR FISCHE

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Mit diesem Test soll die akute letale Toxizität einer Substanz für Fische in Süßwasser bestimmt werden. So weit wie möglich sollten Angaben über die Wasserlöslichkeit, den Dampfdruck, die chemische Stabilität, die Dissoziationskonstanten und die biologische Abbaubarkeit der Substanz vorhanden sein, um die Auswahl der am besten geeigneten Prüfmethode (statisch, semistatisch oder im Durchfluss) zur Sicherstellung ausreichend konstanter Konzentrationen der Prüfsubstanz während des gesamten Prüfzeitraums zu erleichtern.

Weitere Angaben (z. B. Strukturformel, Reinheitsgrad, Art und Prozentanteil signifikanter Verunreinigungen, Vorhandensein und Menge von Zusätzen, sowie der n-Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizient) sind sowohl bei der Planung der Prüfung als auch bei der Interpretation der Prüfergebnisse zu berücksichtigen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Unter akuter Toxizität wird die deutlich erkennbare schädigende Wirkung verstanden, die in einem Organismus innerhalb kurzer Zeit (Tage) durch Einwirkung (Exposition) eines Stoffes hervorgerufen wird. In der vorliegenden Prüfung wird die akute Toxizität als die mittlere letale Konzentration (LC50) ausgedrückt; das ist die Konzentration im Wasser, die 50 % einer Prüfgruppe von Fischen innerhalb einer anzugebenden ununterbrochenen Einwirkungsdauer tötet.

Alle Konzentrationen der Prüfsubstanz sind in Gewicht/Volumen (mg/l) anzugeben. Sie können auch als Gewichtsanteile (mg/kg) angegeben werden.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Eine Referenzsubstanz kann geprüft werden, um nachzuweisen, dass sich die Reaktion des Prüfsystems unter den Bedingungen der Prüfeinrichtung nicht wesentlich geändert hat.

Referenzsubstanzen sind für diesen Test noch nicht festgelegt.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Es kann ein Limit-Test mit 100 mg.l-1 durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die LC50 über dieser Konzentration liegt.

Die Fische werden der dem Wasser zugesetzten Prüfsubstanz für einen Zeitraum von 96 Stunden verschiedenen Konzentrationen ausgesetzt. Die Mortalitäten werden mindestens alle 24 Stunden erfasst; soweit möglich, werden bei jeder Beobachtung auch die Konzentrationen berechnet, die 50 % der Fische töten (LC50).

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Qualitätskriterien gelten für den Limit-Test wie auch für das vollständige Prüfverfahren.

Die Mortalität darf bei den Kontroll-Prüfsystemen am Ende der Prüfung 10 % (bzw. einen Fisch, wenn weniger als 10 verwendet werden) nicht überschreiten.

Die Sauerstoffkonzentration muss über die gesamte Prüfdauer mehr als 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts betragen:

Die Konzentrationen der Prüfsubstanz sollen über den gesamten Prüfzeitraum bei bis zu 80 % der Anfangskonzentrationen gehalten werden.

Bei Substanzen, die im Prüfmedium leicht löslich sind und stabile Lösungen ergeben, d. h. Lösungen, die sich nicht in signifikantem Maße verflüchtigen oder nicht in einem solchen Maße abgebaut, hydrolisiert oder adsorbiert werden, kann die Anfangskonzentration als der nominalen Konzentration gleichwertig angesehen werden. Es ist nachzuweisen, dass die Konzentrationen über den gesamten Prüfzeitraum aufrechterhalten und die Qualitätskriterien erfüllt worden sind.

Bei Substanzen, die

i)

im Prüfmedium schwer löslich sind oder

ii)

stabile Emulsionen oder Dispersionen bilden können oder

iii)

in wässrigen Lösungen nicht stabil sind,

soll die Anfangskonzentration diejenige Konzentration sein, die bei Prüfbeginn in der Lösung (oder, wenn dies aus technischen Gründen nicht möglich ist, in der Wassersäule) gemessen worden ist. Die Konzentration soll nach einer Zeit der Äquilibrierung, jedoch vor Einbringen der Prüforganismen, bestimmt werden.

In all diesen Fällen müssen weitere Messungen im Verlauf der Prüfung durchgeführt werden, um zu bestätigen, dass die Expositionskonzentrationen tatsächlich erreicht und die Qualitätskriterien erfüllt worden sind.

Der pH-Wert darf nicht um mehr als eine Einheit schwanken.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Für die Durchführung der Prüfung aufgrund der vorliegenden Methode sind drei Verfahren möglich:

Statisches Verfahren

Toxizitätsprüfung, wobei das Prüfmedium während der Prüfdauer nicht erneuert wird.

Semistatisches Verfahren

Das Prüfmedium wird regelmäßig nach einem längeren Zeitraum (z. B. 24 Stunden) vollständig ausgewechselt.

Durchflussverfahren

Das Prüfmedium wird ständig erneuert, wobei die Prüfsubstanz mit dem Wasser für die Erneuerung des Prüfmediums eingebracht wird.

1.6.1.   Reagenzien

1.6.1.1.   Lösungen der Prüfsubstanzen

Die Stammansätze in den erforderlichen Konzentrationen werden durch Lösung der Prüfsubstanz in deionisiertem Wasser oder Wasser entsprechend 1.6.1.2 hergestellt.

Die gewählten Prüfkonzentrationen werden durch Verdünnung des Stammansatzes zubereitet. Bei hohen Konzentrationen kann die Prüfsubstanz unmittelbar im Verdünnungswasser gelöst werden.

Die Substanzen sollen im Allgemeinen nur bis zur Löslichkeitsgrenze geprüft werden. Bei einigen Substanzen (z. B. bei solchen mit geringer Wasserlöslichkeit oder hohem Pow oder solchen, die im Wasser eher eine stabile Dispersion als eine echte Lösung bilden), kann es angezeigt sein, eine Prüfkonzentration zu verwenden, die oberhalb der Löslichkeitsgrenze der Substanz liegt, um sicherzustellen, dass die höchste lösliche/stabile Konzentration erreicht worden ist. Wichtig ist jedoch, dass diese Konzentration das Prüfsystem nicht auf sonstige Weise stört (z. B. durch Bildung eines Substanzfilms auf der Wasseroberfläche, durch den die Anreicherung des Wassers mit Sauerstoff verhindert wird).

Durch Ultraschalldispersion, Verwendung organischer Lösungsmittel und emulgierender oder dispergierender Mittel können Stammansätze von Prüfsubstanzen mit geringer Wasserlöslichkeit hergestellt oder deren Dispersion im Prüfmedium gefördert werden. Werden derartige Hilfsstoffe verwendet, müssen alle Prüfkonzentrationen die gleiche Menge des Hilfsstoffes enthalten, und zusätzliche Kontroll-Fische müssen derselben Konzentration an Hilfsstoffen ausgesetzt werden, wie sie in der Prüfreihe verwendet wurde. Die Konzentration derartiger Hilfsstoffe sollte niedrig gehalten werden, in keinem Fall jedoch 100 mg.l-1 im Prüfmedium überschreiten.

Die Prüfung ist ohne eine Einstellung des pH-Wertes durchzuführen. Gibt es Anzeichen für eine deutliche Änderung des pH-Wertes, wird empfohlen, die Prüfung mit einer pH-Wert-Einstellung zu wiederholen und die Ergebnisse entsprechend zu protokollieren. In diesem Fall ist der pH-Wert des Stammansatzes auf den pH-Wert des Verdünnungswassers einzustellen, falls nicht bestimmte Gründe dagegen sprechen. Hierzu sind möglichst HCl und NaOH zu verwenden. Die pH-Wert-Einstellung muss so erfolgen, dass sich die Konzentration der Prüfsubstanz im Stammansatz nicht wesentlich ändert. Sollte sich durch die Einstellung eine chemische Reaktion oder eine physikalische Ausfüllung der Prüfsubstanz ergeben, so muss diese Beobachtung im Prüfbericht protokolliert werden.

1.6.1.2.   Hälterungs- und Verdünnungswasser

Verwendet werden kann Leitungswasser (Trinkwasser) (nicht verunreinigt durch potenziell schädliche Konzentrationen an Chlor, Schwermetallen oder anderen Substanzen), einwandfreies natürliches Wasser oder zubereitetes Wasser (siehe Anlage 1). Am besten geeignet sind Wasserqualitäten mit einer Gesamthärte zwischen 10 und 250 mg.l-1 (bezogen auf CaCO3) und einem pH-Wert zwischen 6,0 und 8,5.

1.6.2.   Geräte

Alle Geräte müssen aus chemisch inertem Material bestehen:

Einrichtungen zur automatischen Verdünnung (für das Durchfluss-Verfahren),

Sauerstoffmessgerät,

Gerät zur Bestimmung der Wasserhärte,

geeignetes Gerät zur Temperaturmessung,

pH-Messgerät.

1.6.3.   Prüforganismen

Die Fische müssen in guter gesundheitlicher Verfassung sein und dürfen keine offensichtlichen Missbildungen aufweisen.

Es wird empfohlen, die verwendeten Arten nach so wichtigen praktischen Kriterien wie ihrer Verfügbarkeit im ganzen Jahr, ihrer problemlosen Hälterung, ihrer Eignung für Prüfzwecke, ihrer relativen Empfindlichkeit gegenüber Chemikalien sowie anderen ökonomisch, biologisch oder ökologisch bedeutsamen Faktoren auszuwählen. Außerdem sollten bei der Auswahl der Fischarten die Notwendigkeit der Vergleichbarkeit der erhaltenen Daten und die bestehende internationale Harmonisierung (vgl. (1)) berücksichtigt werden.

Eine Liste der für die Prüfung empfohlenen Fischarten ist in Anlage 2 enthalten; bevorzugt verwendet werden Zebrabärblinge und Regenbogenforelle.

1.6.3.1.   Hälterung

Die Fische sollten möglichst aus einer einzigen Charge bei etwa gleicher Länge und gleichem Alter stammen. Sie müssen mindestens 12 Tage unter folgenden Bedingungen gehältert werden:

Besatz

Entsprechend dem Verfahren (Umwälzanlage oder Durchfluss) und der Fischart.

Wasser

Siehe 1.6.1.2.

Beleuchtung

12 bis 16 Stunden Beleuchtungsdauer täglich.

Konzentration an gelöstem Sauerstoff

Mindestens 80 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts.

Fütterung

Dreimal wöchentlich oder täglich, Aussetzung der Fütterung 24 Stunden vor Beginn der Fütterung.

1.6.3.2.   Mortalität

Nach einer Eingewöhnungszeit von 48 Stunden wird die Mortalität unter Anwendung folgender Kriterien erfasst:

bei mehr als 10 % der Population in sieben Tagen:

Die Charge ist nicht verwendbar für den Test;

zwischen 5 und 10 % der Population:

Die Hälterungszeit ist weitere sieben Tage fortzusetzen.

Treten keine weiteren Sterbefälle auf, ist die Charge für die Prüfung verwendbar, ansonsten nicht;

bei 5 % und weniger der Population:

Die Charge ist für die Prüfung verwendbar.

1.6.4.   Anpassung

Alle Fische sind für eine Mindestdauer von sieben Tagen vor ihrem Einsatz in der Prüfung in Wasser derselben Qualität und bei der gleichen Temperatur einzusetzen, wie es in der Prüfung verwendet wird.

1.6.5.   Durchführung der Prüfung

Ein Vorversuch kann der eigentlichen Prüfung vorangehen. Dieser Vorversuch liefert Informationen über den in der eigentlichen Prüfung zu verwendenden Konzentrationsbereich.

Zusätzlich zu den Konzentrationen der Prüfsubstanz sind eine Kontrolle ohne die Prüfsubstanz und ggf. eine Kontrolle mit dem Hilfsstoff einzusetzen.

In Abhängigkeit von den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz ist zur Erfüllung der Qualitätskriterien eine Prüfung in einem statischen, semistatischen oder Durchfluss-Verfahren auszuwählen.

Die Fische werden der Prüfsubstanz, wie im Folgenden beschrieben, ausgesetzt:

Dauer: 96 Stunden;

Anzahl der Tiere: mindestens 7 je Konzentration;

Behälter: geeignetes Fassungsvermögen im Verhältnis zum empfohlenen Besatz;

Besatz: Als Höchstbesatz werden im statischen und semistatischen Verfahren 1,0 g.l-1 empfohlen; im Durchfluss-Verfahren ist ein höherer Besatz möglich;

Prüfkonzentration: mindestens fünf Konzentrationen, die sich durch einen konstanten Faktor unterscheiden, der 2,2 nicht überschreiten darf, und die den Bereich von 0 % bis 100 % Mortalität so weit wie möglich umfassen;

Wasser: siehe 1.6.1.2;

Beleuchtung: 12 bis 16 Stunden Beleuchtungsdauer täglich;

Temperatur: entsprechend der Fischart (Anlage 2), jedoch innerhalb ± 1 oC bei jeder einzelnen Prüfung;

Konzentration an gelöstem Sauerstoff: nicht unter 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts bei der gewählten Temperatur;

Fütterung: keine.

Die Fische werden nach den ersten 2 bis 4 Stunden und mindestens alle 24 Stunden beobachtet. Ein Fisch gilt als tot, wenn bei Berührung des Schwanzansatzes keine Reaktion erfolgt und wenn keine Atembewegungen erkennbar sind. Tote Fische sind, sobald sie bemerkt werden, zu entfernen und entsprechend zu protokollieren. Für den Prüfbericht sind außerdem weitere sichtbare Veränderungen zu erfassen (z. B. Gleichgewichtsverlust, Änderungen des Schwimmverhaltens, der Atmung, der Pigmentierung usw.).

Messungen des pH-Wertes, des Gehalts an gelöstem Sauerstoff und der Temperatur müssen täglich erfolgen.

Limit-Test

Unter Verwendung der bei diesem Prüfverfahren beschriebenen Methoden kann ein Limit-Test mit 100 mg.l-1 durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die LC50 über dieser Konzentration liegt.

Wenn die Substanz so beschaffen ist, dass eine Konzentration von 100 mg/l im Prüfwasser nicht erreicht werden kann, ist der Limit-Test mit einer Konzentration durchzuführen, die der Löslichkeit der Substanz (oder der höchsten Konzentration, die eine stabile Dispersion bildet) im verwendeten Medium entspricht (vgl. auch Abschnitt 1.6.1.1).

Im Limit-Test sollten 7 bis 10 Fische untersucht und die gleiche Anzahl als Kontrollen verwendet werden. (Nach dem Binomischen Lehrsatz liegt bei Verwendung von 10 Fischen mit Null-Mortalität die Wahrscheinlichkeit bei 99,9 %, dass die LC50 höher ist als die im Limit-Test verwendete Konzentration. Bei 7, 8 oder 9 Fischen ergibt eine Null-Mortalität eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 99 %, dass die LC50 höher ist als die verwendete Konzentration.)

Bei Vorliegen von Sterbefällen ist das vollständige Verfahren anzuwenden. Wenn subletale Wirkungen beobachtet werden, sind diese zu protokollieren.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

Die Mortalität wird für jeden Zeitraum, in dem Beobachtungen protokolliert wurden (24, 48, 72 und 96 Stunden), für jede empfohlene Expositionsdauer auf Wahrscheinlichkeits-(Probit-)papier (mit logarithmischer Einteilung) gegen die Konzentration aufgetragen.

Soweit möglich, sollten die LC50 und der jeweilige Vertrauensbereich (p = 0,05) für jeden Beobachtungszeitraum nach Standardverfahren ermittelt werden. Diese Werte sind auf eine oder höchstens zwei signifikante Stelle(n) zu runden (Beispiele für das Runden auf zwei Stellen: 170 für 173,5; 0,13 für 0,127; 1,2 für 1,21).

Sollte der Verlauf der Konzentrations-Wirkungs-Kurve für eine Berechnung der LC50 zu steil sein, so reicht eine grafische Abschätzung dieses Wertes.

Ergeben zwei unmittelbar aufeinander folgende Konzentrationen, die sich durch den Faktor 2,2 unterscheiden, nur 0 % und 100 % Mortalität, so werden diese beiden Werte zur Angabe des Bereichs, in den die LC50 fällt, herangezogen.

Wird beobachtet, dass die Stabilität oder Homogenität der Prüfsubstanz nicht aufrechterhalten werden kann, so ist dies im Prüfbericht mitzuteilen und bei der Interpretation der Ergebnisse entsprechend zu berücksichtigen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Angaben über die verwendeten Fische (wissenschaftlicher Name, Stamm, Züchter oder Bezugsquelle, Vorbehandlungen, Größe und Anzahl der einzelnen Prüfkonzentrationen);

Herkunft des Verdünnungswassers und wichtige chemische Eigenschaften (pH-Wert, Härte, Temperatur);

Bei Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit: Angabe der Methode zur Herstellung des Stammansatzes und der Prüflösungen;

Konzentration aller Hilfsstoffe;

Liste der verwendeten Konzentrationen sowie alle vorhandenen Informationen über die Stabilität der Prüfsubstanz in der Prüflösung bei den verwendeten Konzentrationen;

bei Durchführung chemischer Analysen: Angabe der verwendeten Methoden und der Ergebnisse;

ggf. Ergebnisse des Limit-Tests;

Gründe für die Auswahl und Einzelheiten der Durchführung der Prüfung (z. B. statisch, semistatisch, Dosierungsrate, Durchflussrate, ob belüftet, Fischbesatz usw.);

Beschreibung der Prüfgeräte;

Beleuchtungsverhältnisse;

Konzentrationen des gelösten Sauerstoffs, pH-Werte, Temperaturen in den Prüflösungen alle 24 Stunden;

Nachweis, dass die Qualitätskriterien erfüllt sind;

Tabelle der kumulativen Mortalität bei jeder Konzentration und bei der Kontrolle (ggf. auch bei der Kontrolle mit dem Hilfsstoff) zu den empfohlenen Beobachtungszeitpunkten;

grafische Darstellung der Konzentrations-Wirkungs-Kurve am Ende der Prüfung;

wenn möglich, die LC50-Werte für jeden empfohlenen Beobachtungszeitpunkt (möglichst mit 95 % Vertrauensbereich);

verwendete statistische Verfahren zur Bestimmung der LC50-Werte;

bei Verwendung einer Referenzsubstanz: Angabe der Ergebnisse;

höchste eingesetzte Prüfkonzentrationen ohne Mortalität im Prüfzeitraum;

niedrigste eingesetzte Prüfkonzentration mit 100 % Mortalität im Prüfzeitraum.

4.   LITERATUR

(1)

OECD, Paris, 1981, Test Guideline 203, Decision of the Council C(81) 30 final and Updates.

(2)

AFNOR — Determination of the acute toxicity of a substance to Brachydanio rerio — Static and Flow Through methods — NFT 90-303 June 1985.

(3)

AFNOR — Determination of the acute toxicity of a substance to Salmo gairdneri — Static and Flow Through methods — NFT 90-305 June 1985.

(4)

ISO 7364/1,/2 and/3 — Water Quality — Determination of the acute lethal toxicity of substances to a fresh water fish (Brachydanio rerio Hamilton-Buchanan — Teleostei, Cyprinidae). Part 1: Static method. Part 2: Semi-static method. Part 3: Flow-through method.

(5)

Eidgenössisches Department des Innern, Schweiz: Richtlinien für Probenahme und Normung von Wasseruntersuchungsmethoden — Part II 1974.

(6)

DIN-Testverfahren mit Wasserorganismen, 38 412 (L1) und L (15).

(7)

JIS K 0102, Acute toxicity test for fish.

(8)

NEN 6506 — Water — Bepaling van de akute toxiciteit met behulp van Poecilia reticulata, 1980.

(9)

Environmental Protection Agency, Methods for the acute toxicity tests with fish, macroinvertebrates and amphibians. The Commitee on Methods for Toxicity Tests with Aquatic Organisms, Ecological Research Series EPA-660-75-009, 1975.

(10)

Environmental Protection Agency, Environmental monitoring and support laboratory, Office of Research and Development, EPA-600/4-78-012, January 1978.

(11)

Environmental Protection Agency, Toxic Substance Control, Part IV, 16 March 1979.

(12)

Standard methods for the examination of water and wastewater, 14th edition, APHA-AWWA-WPCF, 1975.

(13)

Commission of the European Communities, Inter-Laboratory test programme concerning the study of the ecotoxicity of a chemical substance with respect to the fish. EEC study D.8368, 22 March 1979.

(14)

Verfahrensvorschlag des Umweltbundesamtes zum akuten Fisch-Test. Rudolph, P. und Boje, R., Ökotoxikologie, Grundlagen für die ökotoxikologische Bewertung von Umweltchemikalien nach dem Chemikaliengesetz, ecomed 1986.

(15)

Lichtfield, J, T. and Wilcoxon, F., A simplified method for evaluating dose effects experiments, J. Phare, Exp. Therap., 1949, vol. 96,99.

(16)

Finney, D. J. Statistical Methods in Biological Assay. Griffin, Weycombe, U. K., 1978.

(17)

Sprague, J. B. Measurement of pullutant toxicity to fish. I Bioassay methods for acute toxicity. Water Res., 1969, vol. 3,793-821.

(18)

Sprague, J. B. Measurement of pollutant toxicity to fish. II Utilising and applying bioassay results. Water Res., 1970, vol. 4, 3-32.

(19)

Stephan, C. E. Methods for calculating an LC450. In Aquatic Toxicology and Hazard Evaluation (edited by F.I. Mayer and J.L. Hamelinck). American Society for Testing and Materials. ASTM STP 634,1977, 65-84.

(20)

Stephan, C. E., Busch, K. A., Smith, R., Burke, J. and Andrews, R. W. A Computer program for calculating an LC50. US EPA.

Anlage 1

Zubereitetes Wasser

Beispiel für ein geeignetes Verdünnungswasser

Alle Chemikalien müssen analysenrein sein.

Das Wasser muss einwandfreies destilliertes oder deionisiertes Wasser mit einer Leitfähigkeit von weniger als 5 μScm-1 sein.

Die für die Destillation von Wasser verwendete Apparatur darf keine Kupferteile enthalten.

Stammlösungen

CaCl2· 2H2O (Calciumchlorid-Dihydrat)

in Wasser lösen und mit Wasser auf 1 Liter auffüllen

11,76 g

MgSO4· 7H2O (Magnesiumsulfat-Heptahydrat)

in Wasser lösen und mit Wasser auf 1 Liter auffüllen

4,93 g

NaHCO3 (Natriumhydrogencarbonat)

in Wasser lösen und mit Wasser auf 1 Liter auffüllen

2,59 g

KCl (Kaliumchlorid)

in Wasser lösen und mit Wasser auf 1 Liter auffüllen

0,23 g

Zubereitetes Verdünnungswasser

Je 25 ml der vier Stammlösungen mischen und mit Wasser auf 1 Liter auffüllen.

So lange belüften, bis die Konzentration an gelöstem Sauerstoff dem Luftsauerstoff-Sättigungswert entspricht.

Der pH-Wert muss 7,8 ± 0,2 betragen.

Falls erforderlich, ist der pH-Wert mit NaOH (Natronlauge) oder HCl (Salzsäure) einzustellen.

Dieses Verdünnungswasser lässt man 12 Stunden stehen; eine weitere Belüftung ist nicht erforderlich.

Die Summe der Ca- und Mg-Ionen in dieser Lösung beträgt 2,5 mmol.l-1. Das Verhältnis der Ca- zu den Mg-Ionen beträgt 4:1 und das der Na- zu den K-Ionen 10:1. Die Gesamtalkalinität dieser Lösung liegt bei 0,8 mmol.l-1.

Eine abweichende Zubereitung des Verdünnungswassers darf die Zusammensetzung oder die Eigenschaften des Wassers nicht verändern.

Anlage 2

Für die Prüfung empfohlene Fischarten

Empfohlene Art

Empfohlener Bereich der Prüftemperatur ( oC)

Empfohlene Gesamtlänge der Fische (cm)

Brachydanio rerio (Teleostei, Cyprinidae) (Hamilton-Buchanan) Zebrabärbling

20 bis 24

3,0 ± 0,5

Pimephales promelas (Teleostei, Cyprinidae) (Rafinesque) Amerikanische Elnitze

20 bis 24

5,0 ± 2,0

Cyprinus carpio (Teleostei, Cyprinidae) (Linnaeus 1758) Karpfen

20 bis 24

6,0 ± 2,0

Oryzias latipes (Teleostei, Poeciliiae) Cyprinodontidae (Tomminck et Schlegel 1850) Japanischer Reisfisch

20 bis 24

3,0 ± 1,0

Poecilia reticulata (Teleostei, Poeciliidae) (Peters 1859) Guppy

20 bis 24

3,0 ± 1,0

Lepomis macrochirus (Teleostei, Centrarchidae) (Rafinesque Linnaeus 1758) Blauer Sonnenbarsch

20 bis 24

5,0 ± 2,0

Onchorhynchus mykiss (Teleostei, Salmonidae) (Walbaum 1988) Regenbogenforelle

12 bis 17

6,0 ± 2,0

Leuciscus idus (Teleostei, Cyprinidae) (Linnaeus 1758) Goldorfe

20 bis 24

6,0 ± 2,0

Beschaffung

Die oben aufgeführten Fischarten lassen sich leicht züchten und/oder sind das ganze Jahr über weitgehend verfügbar. Sie lassen sich in Fischzuchtbetrieben oder in Prüfeinrichtungen unter Bedingungen züchten und aufziehen, die eine Kontrolle über Krankheiten und Parasiten erlauben, so dass sie für eine Prüfung gesund und von bekannter Herkunft sind. Diese Fischarten sind in vielen Teilen der Welt erhältlich.

Anlage 3

Beispiel für eine Konzentrations-Mortalitätskurve

Beispiel für die Bestimmung der LC50 auf Wahrscheinlichkeitspapier

Image

C.2.   DAPHNIA-Sp.-TEST AUF AKUTE SCHWIMMUNFÄHIGKEIT

1.   METHODE

Diese Methode für die Untersuchung auf akute Schwimmunfähigkeit entspricht OECD TG 202 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Durch diese Methode wird ein akuter Toxizitätstest beschrieben, mit dem die Wirkung von Chemikalien auf Daphnien bewertet wird. Soweit möglich, wurden bestehende Testmethoden herangezogen (1) (2) (3).

1.2.   DEFINITIONEN

Im Rahmen der vorliegenden Testmethode werden folgende Definitionen verwendet:

 

EC 50: die geschätzte Konzentration, bei der 50 % der Daphnien innerhalb einer festgelegten Expositionszeit schwimmunfähig werden. Wird eine abweichende Definition verwendet, ist dies zusammen mit der Quelle im Bericht anzugeben.

 

Schwimmunfähigkeit: Tiere, die nicht innerhalb von 15 Sekunden nach vorsichtigem Umrühren des Testgefäßes schwimmen können, gelten als schwimmunfähig (auch wenn sie noch ihre Antennen bewegen können).

1.3.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Junge Daphnien, die zu Beginn des Tests weniger als 24 Stunden alt sind, werden 48 Stunden lang der Testsubstanz bei unterschiedlichen Konzentrationen ausgesetzt. Die Schwimmunfähigkeit wird nach 24 Stunden und 48 Stunden aufgezeichnet und mit Kontrollwerten verglichen. Die Ergebnisse werden zur Berechnung der nach 48 Stunden herrschenden EC50 analysiert (siehe Definition in 1.2). Die Ermittlung der EC50 nach 24 Stunden ist freigestellt.

1.4.   INFORMATIONEN ZUR TESTSUBSTANZ

Wasserlöslichkeit und Dampfdruck der Testsubstanz müssen bekannt sein, und es muss eine zuverlässige Analysenmethode zur Quantifizierung der Substanz in den Testlösungen zur Verfügung stehen, mit der der festgestellte Rückgewinnungsgrad und die Bestimmungsgrenze angegeben werden können. Zu den zweckmäßigen Angaben zählen Strukturformel, Reinheit der Substanz, Stabilität in Wasser oder Licht, Pow und die Ergebnisse eines Tests auf leichte biologische Abbaubarkeit (siehe Methode C.4).

Hinweis: Richtlinien für Tests an Substanzen, deren Test aufgrund ihrer physikalisch-chemischen Eigenschaften schwierig ist, sind in (4) enthalten.

1.5.   REFERENZSUBSTANZEN

Die Referenzsubstanz kann auf EC50 getestet werden, um auf diese Weise die Zuverlässigkeit der Testbedingungen zu gewährleisten. Hierfür wird die Verwendung von Giftstoffen empfohlen, die in internationalen Ringtests (1) (5) verwendet werden (1). Test(s) mit einer Referenzsubstanz sind möglichst monatlich, mindestens aber zweimal jährlich durchzuführen.

1.6.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Tests sind gültig, wenn die folgenden Durchführungskriterien eingehalten werden:

In den Kontrollen — einschließlich der Kontrolle, die das Lösemittel enthält — dürfen nicht mehr als 10 % der Daphnien schwimmunfähig geworden sein;

die Konzentration des gelösten Sauerstoffs muss in den Kontroll- und Testgefäßen bei Testende > 3 mg/l sein.

Hinweis: Beim ersten Kriterium dürfen nicht mehr als 10 % der dem Kontrolltest unterzogenen Daphnien Schwimmunfähigkeit oder sonstige Anzeichen von Erkrankungen oder Stress zeigen, z. B. Verfärbungen oder ungewöhnliches Verhalten wie Einschluss an der Wasseroberfläche.

1.7.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.7.1.   Geräte

Die Testgefäße und sonstigen Geräte, die mit den Testlösungen in Kontakt kommen, müssen vollständig aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Material bestehen. Als Testgefäße werden normalerweise Reagenzgläser oder Bechergläser verwendet; diese müssen vor jeder Verwendung nach den üblichen Laborverfahren gereinigt werden. Die Testgefäße sind locker abzudecken, um Wasserverlust durch Verdunstung zu verringern und Staubeintritt in die Lösungen zu verhindern. Flüchtige Substanzen sind in vollständig gefüllten, geschlossenen Behältern zu testen, die ausreichend groß sein müssen, so dass verhindert wird, dass durch Sauerstoffmangel eine drosselnde Wirkung eintritt oder der Sauerstoffgehalt zu gering wird (siehe Abschnitt 1.6 und ersten Absatz von Abschnitt 1.8.3).

Zusätzlich werden einige oder alle der folgenden Geräte verwendet: Sauerstoffmessgerät (mit Mikroelektrode oder anderen geeigneten Vorrichtungen für die Messung von gelöstem Sauerstoff in Proben mit geringem Probengehalt), pH-Messgerät, geeignete Geräte für die Temperaturregelung, Geräte für die Ermittlung des Gesamtgehalts an organischen Kohlenstoffverbindungen (TOC), Geräte für die Ermittlung des chemischen Sauerstoffbedarfs (COD) und Geräte für die Härtebestimmung usw.

1.7.2.   Testorganismen

Daphnia magna Straus ist die vorzugsweise verwendete Art; allerdings können auch andere Arten der Daphnia für diese Tests verwendet werden (z. B. Daphnia pulex). Zu Beginn des Tests müssen die Tiere weniger als 24 Stunden alt sein; zur Begrenzung von Variabilitäten wird dringend empfohlen, keine Daphnien aus der ersten Nachkommenschaft einer Brut zu verwenden. Die Tiere müssen aus einem gesunden Bestand stammen (d. h., sie dürfen keine Anzeichen von Stress aufweisen, z. B. hohe Mortalität, Vorhandensein von männlichen Tieren und Ephippien, verzögerte Produktion der ersten Brut, Verfärbungen an den Tieren usw.). Alle für einen bestimmten Test verwendeten Organismen müssen aus Kulturen stammen, die aus dem gleichen Daphnienbestand entnommen wurden. Die Elterntiere müssen unter Kulturbedingungen (Licht, Temperatur, Medium) gehalten werden, die den Testbedingungen ähneln. Wird für den Test der Daphnien ein anderes Kulturmedium verwendet als bei den routinemäßigen Daphnienkulturen, sollte dem Test eine Eingewöhnungsphase als Vortest vorausgehen. Hierzu sind die Zuchtdaphnien vor Testbeginn mindestens 48 Stunden lang bei Testtemperatur in Verdünnungswasser zu halten.

1.7.3.   Halte- und Verdünnungswasser

Natürliches Wasser (Oberflächen- oder Grundwasser), zubereitetes Wasser oder entchlortes Leitungswasser sind als Halte- und Verdünnungswasser zulässig, wenn die Daphnien hierin während der Zucht-, Akklimatisations- und Testphase ohne Stressanzeichen überleben. Alle Wassersorten, die den chemischen Eigenschaften von zugelassenem Verdünnungswasser gemäß Anlage 1 entsprechen, sind als Testwasser geeignet. Das Wasser muss während der gesamten Testdauer eine gleich bleibende Qualität aufweisen. Zubereitetes Wasser kann durch Zugabe bestimmter Mengen von analysenreinen Reagenzien zu entionisiertem oder destilliertem Wasser hergestellt werden. Beispiele für zubereitetes Wasser sind in (1), (6) und in Anlage 2 enthalten. Dabei ist zu beachten, dass Medien, die bekannte Chelatbildner enthalten, z. B. die Medien M4 und M7 aus Anlage 2, für Tests an metallhaltigen Substanzen zu vermeiden sind. Der pH-Wert muss sich in einem Bereich zwischen 6 und 9 bewegen. Eine Härte zwischen 140 und 250 mg/l (wie CaCO3) wird für Daphnia Magna empfohlen, für andere Daphnia-Arten ist ggf. auch eine geringere Härte geeignet. Das Verdünnungswasser kann vor Verwendung für den Test belüftet werden, bis die Konzentration an gelöstem Sauerstoff die Sättigungsgrenze erreicht hat.

Wird natürliches Wasser verwendet, sind die Qualitätsparameter mindestens zweimal jährlich bzw. immer dann zu messen, wenn der Verdacht besteht, dass sich diese Eigenschaften erheblich verändert haben (siehe vorigen Abschnitt und Anlage 1). Außerdem ist eine Messung auf Schwermetalle (z. B. Cu, Pb, Zn, Hg, Cd, Ni) durchzuführen. Wird entchlortes Leitungswasser verwendet, empfiehlt sich eine tägliche Chloranalyse. Wird Verdünnungswasser aus einer Oberflächenwasser- oder Grundwasserquelle verwendet, sind Leitfähigkeit und der Gesamtgehalt an organischen Kohlenstoffverbindungen (TOC) oder der chemische Sauerstoffbedarf (COD) zu messen.

1.7.4.   Testlösungen

Die Testlösungen in der festgelegten Konzentration werden normalerweise durch Verdünnung des Stammansatzes hergestellt. Der Stammansatz ist vorzugsweise durch Lösung der Testsubstanz im Verdünnungswasser herzustellen. Die Verwendung von Lösemitteln, Emulgatoren oder Dispergiermitteln sollte möglichst vermieden werden. Allerdings sind derartige Verbindungen in bestimmten Fällen zur Herstellung eines ausreichend konzentrierten Stammansatzes erforderlich. Richtlinien für geeignete Lösemittel, Emulgatoren und Dispergiermittel sind in (4) nachzulesen. Grundsätzlich darf die Testsubstanz in den Testlösungen die Löslichkeitsgrenze im Verdünnungswasser nicht überschreiten.

Der Test ist ohne Korrektur des pH-Werts durchzuführen. Bleibt der pH-Wert nicht im Bereich zwischen 6 und 9, ist ein zweiter Test durchzuführen, bei dem der pH-Wert des Stammansatzes auf den pH-Wert des Verdünnungswassers vor Zugabe der Testsubstanz korrigiert wird. Die pH-Korrektur muss so erfolgen, dass sich die Konzentration des Stammansatzes nicht nennenswert verändert und keine chemische Reaktion oder Ausfällung der Testsubstanz eintritt. Vorzugsweise sollten HCl und NaOH verwendet werden.

1.8.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.8.1.   Expositionsbedingungen

1.8.1.1.   Testgruppen und Kontrollen

Die Testgefäße werden mit Verdünnungswasser und Lösungen der Testsubstanz in geeigneten Volumenanteilen gefüllt. Das Luft-Wasser-Volumenverhältnis im Gefäß muss bei den Test- und Kontrollgruppen identisch sein. Anschließend werden die Daphnien in die Testgefäße eingelegt. Für jede Testkonzentration und für die Kontrollen sind mindestens 20 Tiere zu verwenden, die vorzugsweise in vier Gruppen mit je fünf Tieren aufgeteilt werden sollten. Je Tier sind mindestens 2 ml der Testlösung bereitzustellen (d. h. ein Volumen von 10 ml für fünf Daphnien je Testgefäß). Der Test ist mit einem semistatischen Erneuerungs- oder Durchflusssystem durchzuführen, wenn die Konzentration der Testsubstanz nicht stabil ist.

Zusätzlich zu den Behandlungsreihen sind eine Kontrollreihe mit Verdünnungswasser sowie — sofern relevant — eine Kontrollreihe, die das Solubilisierungsmittel enthält, durchzuführen.

1.8.1.2.   Testkonzentrationen

Zur Ermittlung des Konzentrationsbereichs für den endgültigen Test kann ein Vortest durchgeführt werden, sofern nicht Angaben zur Toxizität der Testsubstanz vorliegen. Hierzu werden die Daphnien einer Reihe von weit auseinander liegenden Konzentrationen der Testsubstanz ausgesetzt. Jeder Testkonzentration werden fünf Daphnien über einen Zeitraum von 48 Stunden oder weniger ausgesetzt; wiederholte Gleichtests sind nicht notwendig. Die Expositionsdauer kann verkürzt werden (z. B. auf 24 Stunden oder weniger), wenn über eine kürzere Zeitdauer geeignete Daten für den Vortest ermittelt werden können.

Es sind mindestens fünf Testkonzentrationen zu verwenden. Sie sind in einer geometrischen Reihe mit einem Separierungsfaktor anzuordnen, der einen Wert von 2,2 möglichst nicht überschreiten sollte. Werden weniger als fünf Konzentrationen verwendet, ist eine Begründung vorzulegen. Die höchste getestete Konzentration sollte vorzugsweise eine 100 %ige Schwimmunfähigkeit ergeben, die niedrigste getestete Konzentration sollte vorzugsweise keine wahrnehmbare Wirkung zeigen.

1.8.1.3.   Inkubationsbedingungen

Die Temperatur muss im Bereich zwischen 18 oC und 22 oC liegen; für jeden Einzeltest ist die Temperatur auf ± 1 oC konstant zu halten. Es wird ein Zyklus mit 16 Stunden Licht und 8 Stunden Dunkelphase empfohlen. Völlige Dunkelheit ist ebenfalls zulässig, vor allem bei unter Lichteinwirkung instabilen Testsubstanzen.

Die Testgefäße dürfen während des Tests nicht belüftet werden. Der Test wird ohne pH-Korrektur durchgeführt. Die Daphnien dürfen während des Tests nicht gefüttert werden.

1.8.1.4.   Testdauer

Die Testdauer beträgt 48 Stunden.

1.8.2.   Beobachtungen

Jedes Testgefäß ist 24 und 48 Stunden nach Testbeginn auf schwimmunfähige Daphnien zu kontrollieren (siehe Definitionen in 1.2). Neben der festgestellten Schwimmunfähigkeit sind etwaige Verhaltensauffälligkeiten oder äußerliche Veränderungen im Bericht anzugeben.

1.8.3.   Analysemessungen

Der gelöste Sauerstoff und der pH-Wert sind zu Beginn und Ende des Tests in den Kontrollen und in der höchsten Konzentration der Testsubstanz zu messen. Die Konzentration des gelösten Sauerstoffs in den Kontrollen muss dem Validitätskriterium entsprechen (siehe 1.6). Der pH-Wert darf in einem einzigen Test normalerweise nicht um mehr als 1,5 Einheiten variieren. Die Temperatur wird normalerweise in Kontrollgefäßen oder in Umgebungsluft gemessen und ist vorzugsweise durchgehend während des gesamten Tests bzw. zumindest zu Anfang und Ende des Tests aufzuzeichnen.

Die Konzentration der Testsubstanz ist mindestens bei der höchsten und niedrigsten Testkonzentration und zu Beginn und Ende des Tests zu messen (4). Es wird empfohlen, bei den Ergebnissen die gemessenen Konzentrationen zugrunde zu legen. Lässt sich aber nachweisen, dass die Konzentration der Testsubstanz während des gesamten Tests in zufriedenstellender Weise innerhalb von ± 20 % der nominellen oder gemessenen Anfangskonzentration gehalten wurde, können bei den Ergebnissen die nominellen oder gemessenen Anfangswerte zugrunde gelegt werden.

1.9.   LIMIT-TEST

Anhand der in dieser Testmethode beschriebenen Verfahren kann ein Limit-Test mit 100 mg/l der Testsubstanz oder bis zum Erreichen der Löslichkeitsgrenze (je nachdem, welcher Wert niedriger ist) durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die EC50 über dieser Konzentration liegt. Der Limit-Test ist an 20 Daphnien (die vorzugsweise in vier Gruppen zu je fünf Tieren aufgeteilt werden sollten) und einer gleichen Anzahl Tiere in den Kontrollgruppen durchzuführen. Wird eine Schwimmunfähigkeit festgestellt, ist eine umfassende Untersuchung durchzuführen. Etwaige beobachtete anormale Verhaltensweisen sind aufzuzeichnen.

2.   DATEN

Die Daten sind in Tabellenform zusammenzufassen, wobei für jede der Behandlung unterzogenen Gruppe und Kontrollgruppe die Zahl der verwendeten Daphnien und die bei jeder Beobachtung festgestellte Schwimmunfähigkeit angegeben werden. Der prozentuale Anteil der nach 24 Stunden bzw. 48 Stunden schwimmunfähig gewordenen Tiere wird anhand der Testkonzentrationen grafisch dargestellt. Die Daten werden durch geeignete statistische Verfahren (z. B. Probitanalyse) analysiert, mit denen die Steigung der Kurven und die EC50 mit einer Vertrauensgrenze von 95 % berechnet werden kann (p = 0,05) (7) (8).

Können die Standardmethoden für die Berechnung der EC50 nicht auf die ermittelten Daten angewandt werden, sind die höchste Konzentration, bei der keine Schwimmunfähigkeit eintritt, und die niedrigste Konzentration, die zu 100 %iger Schwimmunfähigkeit führt, als Näherungswerte für die EC50 (die das geometrische Mittel dieser beiden Konzentrationen ausdrückt) zugrunde zu legen.

3.   BERICHTER ATTUNG

3.1.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Angaben enthalten:

Testsubstanz

physikalische Beschaffenheit und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften,

chemische Kenndaten (einschließlich Angabe der Reinheit).

Getestete Art

Herkunft und Art der Daphnia, Züchter (sofern bekannt) und Kulturbedingungen (einschließlich Herkunft, Art und Menge der Nahrung, Häufigkeit der Fütterung).

Testbedingungen

Beschreibung der Testgefäße: Art der Gefäße, Volumen der Lösung, Zahl der Daphnien je Testgefäß, Zahl der Testgefäße (wiederholte Gleichtests) je Konzentration,

Verfahren zur Herstellung des Stammansatzes und der Testlösungen einschließlich der verwendeten Lösemittel oder Dispergiermittel, verwendete Konzentrationen,

Details zum Verdünnungswasser: Herkunft und Kenndaten für die Wasserqualität (pH-Wert, Härte, Ca/Mg-Verhältnis, Na/K-Verhältnis, Alkalinität, Leitfähigkeit usw.), Zusammensetzung des zubereiteten Wassers (sofern diese Wassersorte verwendet wird),

Inkubationsbedingungen: Temperatur, Lichtstärke und -dauer, gelöster Sauerstoff, pH-Wert usw.

Ergebnisse

Zahl und prozentualer Anteil der Daphnien, die schwimmunfähig wurden oder anderweitige negative Wirkungen zeigen (einschließlich Verhaltensauffälligkeiten), in den Kontrollen sowie in den einzelnen behandelten Gruppen zu den jeweiligen Beobachtungszeitpunkten; ferner eine Beschreibung der Art der beobachteten Wirkungen,

Ergebnisse und Datum des mit der Referenzsubstanz (sofern vorhanden) durchgeführten Tests,

nominale Testkonzentrationen und Ergebnis sämtlicher Analysen für die Ermittlung der Konzentration der Testsubstanz in den Testgefäßen; der Rückgewinnungsgrad der Methode und die Bestimmungsgrenze sind ebenfalls im Bericht anzugeben,

sämtliche während des Tests durchgeführten physikalisch-chemischen Messungen von Temperatur, pH-Wert und gelöstem Sauerstoff,

Schwimmunfähigkeitswert EC50 nach 48 h mit Vertrauensintervallen und grafischen Darstellungen des für die Berechnung verwendeten Modells, Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurven und des Standardfehlers, statistische Verfahren zur Ermittlung von EC50 (diese Größen sind, sofern sie gemessen wurden, auch für die Schwimmunfähigkeit nach 24 h anzugeben),

Erläuterung etwaiger Abweichungen von der Testmethode sowie der Angabe, ob die Abweichung sich auf die Testergebnisse ausgewirkt hat.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

ISO 6341 (1996). Water quality — Determination of the inhibition of the mobility of Daphnia magna Straus (Cladocera, Crustacea) — Acute toxicity test (Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der Wirkung von Wasserinhaltsstoffen auf die Bewegungsfähigkeit von Daphnia magna Straus (Cladocera, Crustacea) — Akuter Toxizitätstest). Third edition, 1996.

(2)

EPA OPPTS 850.1010 (1996). Ecological Effects Test Guidelines — Aquatic Invertebrate Acute Toxicity Test, Freshwater daphnids.

(3)

Environment Canada (1996). Biological test method. Acute Lethality Test Using Daphnia spp. EPS 1/RM/11. Environment Canada, Ottawa, Ontario, Canada.

(4)

Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures. OECD Environmental Health and Safety Publication. Series on Testing and Assessment. No. 23. Paris 2000.

(5)

Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Study D8369 (1979). Inter-laboratory Test Programme concerning the study of the ecotoxicity of a chemical substance with respect to Daphnia (Laborübergreifendes Testprogramm zur Untersuchung der Ökotoxizität einer chemischen Substanz für Daphnia).

(6)

OECD Guidelines for the Testing of Chemicals. Guideline 211: Daphnia magna Reproduction Test, adopted September 1998.

(7)

Stephan, C.E (1977). Methods for calculating an LC50. In Aquatic Toxicology and Hazard Evaluation (edited by F.I. Mayer and J.L. Hamelink). ASTM STP 634 — American Society for Testing and Materials, 65-84.

(8)

Finney, D.J (1978). Statistical Methods in Biological Assay. 3rd ed. London. Griffin/Weycombe, UK.

Anlage 1

CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN EINER GEEIGNETEN ZUSAMMENSETZUNG VON VERDÜNNUNGSWASSER

Substanz

Konzentration

Partikel

< 20 mg/l

Gesamtgehalt an organischen Kohlenstoffen

< 2 mg/l

Nicht ionisierter Ammoniak

< 1 μg/l

Chlorüberschuss

< 10 μg/l

Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden

< 50 ng/l

Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden plus polychlorierten Biphenylen

< 50 ng/l

Gesamtgehalt an organischem Chlor

< 25 ng/l

Anlage 2

BEISPIELE FÜR GEEIGNETES ZUBEREITETES TESTWASSER

ISO-Testwasser (1)

Stammansatz (Einzelsubstanz)

Zur Herstellung von zubereitetem Wasser werden auf 1 Liter Wasser folgende Mengen des Stammansatzes zugesetzt (2)

Substanz

1 Liter Wasser zugesetzte Menge (2)

Kalziumchlorid

CaCl2·2H2O

11,76 g

25 ml

Magnesiumsulfat

MgSO4·7H2O

4,93 g

25 ml

Natriumbicarbonat

NaHCO3

2,59 g

25 ml

Kaliumchlorid

KCl

0,23 g

25 ml

Elendt M7- und M4-Medium

Gewöhnung an die Medien Elendt M4 und M7

In verschiedenen Labors sind Schwierigkeiten bei der direkten Umsetzung von Daphnien in die Medien M4 und M7 aufgetreten. Als erfolgreich erwies sich jedoch eine schrittweise Eingewöhnung, d. h. beim Wechsel aus dem eigenen Medium in 30 %iges Elendt-Medium, dann in 60 %iges Elendt-Medium und schließlich in ein 100 %iges Elendt-Medium. Die erforderliche Eingewöhnungszeit kann bis zu einem Monat betragen.

Herstellung

Spurenelemente

Gesonderte Stammansätze (I) einzelner Spurenelemente werden zuerst in Wasser geeigneter Reinheit (d. h. entionisiert, destilliert oder aus Umkehrosmose) hergestellt. Aus diesen unterschiedlichen Stammansätzen (I) wird ein zweiter alleiniger Stammansatz (II) hergestellt, der sämtliche Spurenelemente (kombinierte Lösung) enthält, d. h.:

Stammansatz/Stammansätze I (Einzelsubstanz)

In Wasser zugesetzte Menge (mg/l)

Konzentration (im Verhältnis zu M4)

Zur Herstellung des kombinierten Stammansatzes II ist die folgende Menge Stammansatz I zu Wasser zuzusetzen (ml/l)

M4

M7

H3BO3

57 190

20 000-fach

1,0

0,25

MnCl2·4H2O

7 210

20 000-fach

1,0

0,25

LiCl

6 120

20 000-fach

1,0

0,25

RbCl

1 420

20 000-fach

1,0

0,25

SrCl2·6H2O

3 040

20 000-fach

1,0

0,25

NaBr

320

20 000-fach

1,0

0,25

Na2MoO4·2H2O

1 230

20 000-fach

1,0

0,25

CuCl2·2H2O

335

20 000-fach

1,0

0,25

ZnCl2

260

20 000-fach

1,0

1,0

CoCl2·6H2O

200

20 000-fach

1,0

1,0

KI

65

20 000-fach

1,0

1,0

Na2SeO3

43,8

20 000-fach

1,0

1,0

NH4VO3

11,5

20 000-fach

1,0

1,0

Na2EDTA·2H2O

5 000

2 000-fach

FeSO4·7H2O

1 991

2 000-fach

Na2-EDTA- und FeSO4-Lösungen werden einzeln hergestellt, zusammengegossen und sofort im Autoklav behandelt.

Dies ergibt:

2 l Fe-EDTA-Lösung

 

1 000-fach

20,0

5,0

Medien M4 und M7

Die Medien M4 und M7 werden unter Verwendung des Stammansatzes II und der folgenden Makronährstoffe und Vitamine hergestellt:

 

Dem Wasser zugesetzte Menge (mg/l)

Konzentration (bezogen auf Medium M4)

Menge an Stammansatz II, die für die Zubereitung des Mediums zugesetzt wird (ml/l)

M4

M7

Stammansatz II (kombinierte Spurenelemente)

 

20-fach

50

50

Makronährstoff-Stammansätze (Einzelsubstanz)

 

 

 

 

CaCl2·2H2O

293 800

1 000-fach

1,0

1,0

MgSO4·7H2O

246 600

2 000-fach

0,5

0,5

KCl

58 000

10 000-fach

0,1

0,1

NaHCO3

64 800

1 000-fach

1,0

1,0

Na2SiO3·9H2O

50 000

5 000-fach

0,2

0,2

NaNO3

2 740

10 000-fach

0,1

0,1

KH2PO4

1 430

10 000-fach

0,1

0,1

K2HPO4

1 840

10 000-fach

0,1

0,1

Kombinierter Vitaminstamm

10 000-fach

0,1

0,1

Der kombinierte Vitamin-Stammansatz wird durch Zugabe der 3 Vitamine gemäß untenstehender Übersicht zu 1 Liter Wasser hergestellt:

Thiaminhydrochlorid

750

10 000-fach

 

 

Cyanocobalamin (B12)

10

10 000-fach

 

 

Biotin

7,5

10 000-fach

 

 

Der kombinierte Vitamin-Stammansatz wird in kleinen Portionen tiefgefroren aufbewahrt. Die Vitamine werden den Medien kurz vor der Verwendung zugesetzt.

Hinweis:

:

Um ein Ausfällen der Salze bei der Herstellung der vollständigen Medien zu vermeiden, sind die Portionen der Stammansätze zu ca. 500 bis 800 ml entionisiertem Wasser zuzugeben und anschließend auf 1 Liter aufzufüllen.

Hinweis:

:

Die erste Veröffentlichung zum Medium M4 ist zu finden bei Elendt, B. P (1990): Selenium deficiency in crustacea; an ultrastructual approach to antennal damage in Daphnia magna Straus. Protoplasma, 154, 25-33.

C.3.   ALGENINHIBITIONSTEST

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Mit diesem Test soll die Wirkung einer Substanz auf das Wachstum einer einzelligen Grünalgenart bestimmt werden. Mit verhältnismäßig kurzen Tests (72 Stunden) lässt sich die Wirkung über mehrere Generationen ermitteln. Dieses Verfahren kann für die Anwendung bei zahlreichen einzelligen Algenarten variiert werden. In diesem Fall ist dem Prüfbericht eine Beschreibung des verwendeten Verfahrens beizufügen.

Dieses Verfahren lässt sich am einfachsten auf wasserlösliche Substanzen anwenden, von denen angenommen werden kann, dass sie unter den Prüfbedingungen im Wasser bleiben.

Das Verfahren kann für Substanzen verwendet werden, die keinen direkten Einfluss auf die Messung des Algenwachstums haben.

Soweit möglich, sollten Angaben über die Wasserlöslichkeit, den Dampfdruck, die chemische Stabilität, die Dissoziationskonstanten und die biologische Abbaubarkeit der Prüfsubstanz vor dem Beginn der Prüfung vorhanden sein.

Weitere Angaben (z. B. Strukturformel, Reinheitsgrad, Art und Prozentanteil signifikanter Verunreinigungen, Vorhandensein und Menge von Zusätzen sowie der n-Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizient) sind sowohl bei der Planung der Prüfung als auch bei der Interpretation der Prüfergebnisse zu berücksichtigen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Zelldichte: Anzahl der Zellen pro Milliliter;

Wachstum: Zunahme der Zelldichte im Prüfzeitraum;

Wachstumsrate: Zunahme der Zelldichte pro Zeiteinheit;

EC50: bei diesem Verfahren diejenige Konzentration der Prüfsubstanz, die im Vergleich zur Kontrolle zu einer 50 %igen Abnahme entweder des Wachstums (EbC50) oder der Wachstumsrate (ErC50) führt;

NOEC (no observed effect concentration): bei diesem Verfahren die höchste geprüfte Konzentration, bei der im Vergleich zur Kontrolle keine signifikante Wachstumshemmung beobachtet wird.

Alle Konzentrationen der Prüfsubstanz sind in Gewicht/Volumen (mg.l-1) anzugeben. Sie können auch als Gewichtsanteile (mg.kg-1) angegeben werden.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Eine Referenzsubstanz kann getestet werden, um nachzuweisen, dass sich die Empfindlichkeit der geprüften Art unter den Bedingungen der Prüfeinrichtung nicht wesentlich geändert hat.

Wird eine Referenzsubstanz getestet, so sind die Ergebnisse im Prüfbericht anzugeben. Kaliumdichromat kann als Referenzsubstanz verwendet werden, doch kann seine Farbe die für die Zellen zur Verfügung stehende Lichtqualität und -Intensität und ggf. auch die spektrofotometrischen Bestimmungen beeinträchtigen. Kaliumdichromat ist in einem internationalen Ring-Test (vgl. Literaturstelle (3) und Anlage 2) verwendet worden.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Es kann ein Limit-Test mit 100 mg.l-1 durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die EC50 über dieser Konzentration liegt.

Exponentiell wachsende Kulturen ausgewählter Grünalgen werden verschiedenen Konzentrationen der Prüfsubstanz über mehrere Generationen und unter genau definierten Bedingungen ausgesetzt.

Die Prüflösungen werden über einen Zeitraum von 72 Stunden inkubiert. In dieser Zeit wird die Zelldichte in jeder Lösung mindestens alle 24 Stunden gemessen. Die Hemmung des Wachstums wird im Vergleich zu einer Kontrollkultur bestimmt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Qualitätskriterien gelten sowohl für den Limit-Test als auch für das vollständige Prüfverfahren.

Die Zelldichte in den Kontrollkulturen sollte innerhalb von drei Tagen um einen Faktor von mindestens 16 zugenommen haben.

Die Konzentration der Prüfsubstanz soll über den gesamten Prüfzeitraum bei bis zu 80 % der Anfangskonzentration gehalten werden.

Bei Substanzen, die im Prüfmedium leicht löslich sind und stabile Lösungen ergeben, d. h. Lösungen, die sich nicht in signifikantem Maße verflüchtigen oder nicht in einem solchen Maße abgebaut, hydrolisiert oder adsorbiert werden, kann die Anfangskonzentration als der nominalen Konzentration gleichwertig angesehen werden. Es ist nachzuweisen, dass die Konzentrationen über den gesamten Prüfzeitraum aufrechterhalten und die Qualitätskriterien erfüllt worden sind.

Bei Substanzen, die

i)

im Prüfmedium schwer löslich sind oder

ii)

stabile Emulsionen oder Dispersionen bilden können oder

iii)

in wässrigen Lösungen nicht stabil sind,

soll die Anfangskonzentration diejenige Konzentration sein, die bei Prüfbeginn gemessen worden ist. Die Konzentration soll nach einer Zeit der Äquilibrierung bestimmt werden.

In all diesen Fällen müssen im Verlauf der Prüfung weitere Messungen durchgeführt werden, um zu bestätigen, dass die Expositionskonzentrationen tatsächlich erreicht und die Qualitätskriterien erfüllt worden sind.

Es wird davon ausgegangen, dass beachtliche Mengen der Prüfsubstanz während des Prüfzeitraums in die Algenbiomasse aufgenommen werden. Um daher nachweisen zu können, dass die oben genannten Qualitätskriterien erfüllt worden sind, sollten sowohl die in die Algenbiomasse aufgenommene Substanz als auch die Substanz in der Lösung (oder, wenn dies aus technischen Gründen nicht möglich ist, in der Wassersäule) gemessen werden. Da jedoch die Bestimmung der Substanzkonzentration in der Algenbiomasse größere technische Schwierigkeiten verursachen kann, kann man die Erfüllung der Qualitätskriterien durch Mitführen eines Prüfgefäßes mit der höchsten Substanzkonzentration — jedoch ohne Algen — sowie durch Messung der Konzentrationen in der Lösung (oder, wenn technisch nicht möglich, in der Wassersäule) bei Prüfbeginn und bei Prüfende nachweisen.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Reagenzien

1.6.1.1.   Lösungen der Prüfsubstanzen

Die Stammansätze in den erforderlichen Konzentrationen werden durch Lösung der Prüfsubstanz in deionisiertem Wasser oder Wasser entsprechend 1.6.1.2 hergestellt.

Die gewählten Prüfkonzentrationen werden durch Hinzufügen geeigneter aliquoter Teile zu den Algenvorkulturen hergestellt (siehe Anlage 1).

Die Substanzen sollten im Allgemeinen nur bis zur Löslichkeitsgrenze geprüft werden. Bei einigen Substanzen (z. B. bei solchen mit geringer Wasserlöslichkeit oder hohem Pow. oder solchen, die im Wasser eher eine stabile Dispersion als eine echte Lösung bilden) kann es angezeigt sein, eine Prüfkonzentration zu verwenden, die oberhalb der Löslichkeitsgrenze der Substanz liegt, um sicherzustellen, dass die höchste lösliche/stabile Konzentration erreicht worden ist. Wichtig ist jedoch, dass diese Konzentration das Prüfsystem nicht auf sonstige Weise stört (z. B. durch Bildung eines Substanzfilms auf der Wasseroberfläche, durch den die Anreicherung des Wassers mit Sauerstoff verhindert wird).

Durch Ultraschalldispersion, Verwendung organischer Lösungsmittel und emulgierender oder dispergierender Mittel können Stammansätze von Prüfsubstanzen mit geringer Wasserlöslichkeit hergestellt oder deren Dispersion im Prüfmedium gefördert werden. Werden derartige Hilfsstoffe verwendet, müssen alle Prüfkonzentrationen die gleiche Menge des Hilfsstoffes enthalten und müssen zusätzliche Kontrollen derselben Konzentration an Hilfsstoffen ausgesetzt werden, wie sie in der Prüfreihe verwendet wurde. Die Konzentration derartiger Hilfsstoffe sollte niedrig gehalten werden, in keinem Fall jedoch 100 mg.l-1 im Prüfmedium überschreiten.

Die Prüfung ist ohne eine Einstellung des pH-Werts durchzuführen. Gibt es Anzeichen für eine deutliche Änderung des pH-Werts, wird empfohlen, die Prüfung mit einer pH-Wert-Einstellung zu wiederholen und die Ergebnisse entsprechend zu protokollieren. In diesem Fall ist der pH-Wert des Stammansatzes auf den pH-Wert des Verdünnungswassers einzustellen, falls nicht bestimmte Gründe dagegen sprechen. Hierzu sind möglichst HCl und NaOH zu verwenden. Die pH-Wert-Einstellung muss so erfolgen, dass sich die Konzentration der Prüfsubstanz im Stammansatz nicht wesentlich ändert. Sollte sich durch die Einstellung eine chemische Reaktion oder eine physikalische Ausfällung des Prüfsubstanz ergeben, so muss diese Beobachtung im Prüfbericht protokolliert werden.

1.6.1.2.   Prüfmedium

Das Wasser muss einwandfreies destilliertes oder deionisiertes Wasser mit einer Leitfähigkeit von weniger als 5 μScm-1 sein. Die für die Destillation von Wasser verwendete Apparatur darf keine Kupferteile enthalten.

Es wird das folgende Medium empfohlen.

Vier Stammansätze werden nach der folgenden Tabelle hergestellt. Die Stammansätze werden durch Membranfiltrierung oder durch Autoklavieren sterilisiert und bei 4 oC im Dunkeln aufbewahrt. Stammansatz Nr. 4 sollte nur durch Membranfiltrierung sterilisiert werden. Diese Stammansätze werden verdünnt, um die endgültigen Nährkonzentrationen in den Prüflösungen zu erhalten.

Nährstoff

Konzentration im Stammansatz

Endgültige Konzentration in Prüflösung

Stammansatz 1: Makronährstoffe

NH4Cl

1,5 g/l

15 mg/l

MgCl2·6H2O

1,2 g/l

12 mg/l

CaCl2·2H2O

1,8 g/l

18 mg/l

MgSO4·7H2O

1,5 g/l

15 mg/l

KH2 PO4

0,16 g/l

1,6 mg/l

Stammansatz 2: Fe-EDTA

FeCl3·6H2O

80 mg/l

0,08 mg/l

Na2EDTA· 2H2O

100 mg/l

0,1 mg/l

Stammansatz 3: Spurenelemente

H3BO3

185 mg/l

0,185 mg/l

MnCl2·4H2O

415 mg/l

0,415 mg/l

ZnCl2

3 mg/l

3 × 10-3 mg/l

CoCl2·6H2O

1,5 — mg/l

1,5 × 10-3 mg/l

CuCl2·2H2O

0,01 mg/l

10-5 mg/l

Na2MoO4·2H2O

7 mg/l

7 × 10-3 mg/l

Stammansatz 4: NaHCO 3

NaHCO3

50 g/l

50 mg/l

Der pH-Wert des Mediums nach der Äquilibrierung mit Luft liegt bei etwa 8.

1.6.2.   Geräte

Übliche Laborgeräte.

Prüfgefäße mit geeignetem Volumen (z. B. sind konische Flaschen mit 250 ml Volumen geeignet, wenn das Volumen der Prüflösung 100 ml beträgt). Alle Prüfflaschen sollten nach Material und Größe identisch sein.

Kulturinkubator: Schrank oder Kammer, in denen eine Temperatur zwischen 21 und 25 oC bei ± 2 oC gehalten und eine ständige gleichförmige Beleuchtung im Spektralbereich zwischen 400 und 700 nm gesichert werden kann. Wenn die Algen in den Kontrollkulturen die empfohlenen Wachstumsraten erreicht haben, kann angenommen werden, dass die Wachstumsbedingungen, einschließlich der Lichtintensität, geeignet waren.

Bei Prüflösungen mit durchschnittlicher Konzentration wird eine Lichtintensität zwischen 60 und 120 μE.m-2.s-1 (35 bis 70 × 1018 Photonen.m-2.s-1) empfohlen; die Messung wird unter Verwendung eines geeigneten Detektors im Bereich zwischen 400 und 700 nm vorgenommen. Für in Lux-Einheiten geeichte Lichtmessinstrumente ist ein äquivalenter Bereich von 6 000 bis 10 000 lx akzeptabel.

Die Lichtintensität kann durch Verwendung von vier bis sieben Fluoreszenzlampen (30 W) des Typs Universalweiß (Farbtemperatur etwa 4 300 K) erreicht werden, die 0,35 m von der Algenkultur entfernt sind.

Messungen der Zelldichte sind mit Hilfe eines direkten Zählverfahrens für lebende Zellen (z. B. Mikroskop mit Zählkammern) durchzuführen. Andere Verfahren (Fotometrie, Trübungsmessung usw.) können verwendet werden, wenn diese eine ausreichende Empfindlichkeit und eine erwiesenermaßen ausreichende Korrelation zur Zelldichte haben.

1.6.3.   Prüforganismen

Es wird vorgeschlagen, eine schnellwachsende Grünalgenart zu verwenden, die sich für Kultur- und Prüfzwecke eignet. Dabei sind folgende Arten zu bevorzugen:

Selenastrum capricornutum, z. B. ATCC 22662 oder CCAP 278/4,

Scenedesmus subspicatus, z. B. 86.81 SAG.

Anmerkung

ATCC

=

American Type Culture Collection (U.S.A.)

CCAP

=

Culture Centre of Algae and Protozoa (U.K.)

SAG

=

Sammlung Algenkulturen (Göttingen, Deutschland)

Wenn andere Arten verwendet werden, ist der Stamm anzugeben.

1.6.4.   Durchführung der Prüfung

Der Konzentrationsbereich, in dem Wirkungen zu erwarten sind, wird anhand von Ergebnissen aus Vorversuchen ermittelt.

Die beiden Wachstumsparameter (Biomasse und Wachstumsrate) können zu stark voneinander abweichenden Werten für die Wachstumshemmung führen; beide sollten im Vorversuch verwendet werden, um sicherzustellen, dass die geometrische Reihe der Konzentrationen die Ermittlung sowohl der EbC50 als auch der ErC50 möglich macht.

Anfängliche Zelldichte

Es wird empfohlen, dass die anfängliche Zelldichte bei Selenastrum capricornutum und Scenedesmus subspicatus in den Testkulturen bei etwa 104 Zellen/ml liegt. Wenn andere Arten verwendet werden, sollte die Biomasse einen vergleichbaren Wert aufweisen.

Konzentrationen der Prüfsubstanz

Für die Prüfung werden mindestens fünf Konzentrationen in geometrischer Reihe bei einem Konzentrationsverhältnis, das nicht über 2,2 liegen darf, hergestellt. Die niedrigste geprüfte Konzentration sollte keine feststellbare Wirkung auf das Algenwachstum haben. Die höchste geprüfte Konzentration sollte im Vergleich zu den Kontrollen zu einer mindestens 50 %igen Wachstumshemmung oder — besser noch — zu einem vollständigen Wachstumsstillstand führen.

Wiederholungen und Kontrollen

Das Prüfprotokoll sollte für jede Prüfkonzentration drei Wiederholungen vorsehen. Es werden drei Kontrollen ohne Prüfsubstanz mitgeführt, ggf. auch drei Kontrollen mit der Hilfssubstanz. Wenn es gerechtfertigt erscheint, kann das Prüfprotokoll dahin gehend geändert werden, dass eine höhere Anzahl an Konzentrationen und eine geringere Anzahl an Wiederholungen pro Konzentration durchgeführt wird.

Versuchsausführung

Prüfkulturen, die die gewünschten Konzentrationen der Prüfsubstanz und die gewünschte Menge des Algeninokulums enthalten, werden durch Hinzufügen aliquoter Teile der Stammlösungen der Prüfsubstanz zu geeigneten Mengen der Algenvorkulturen hergestellt (siehe Anlage 1).

Die Kulturflaschen werden geschüttelt und in den Inkubator gestellt. Die Algenzellen werden durch Schütteln, Rühren oder Belüften in Suspension gehalten, um den Gasaustausch zu verbessern und die Schwankung des pH-Werts in den Prüflösungen zu reduzieren. Die Kulturen sind bei einer Temperatur zwischen 21 und 25 oC (innerhalb einer Toleranz von ± 2 oC) zu halten.

Die Zelldichte in jeder Flasche wird mindestens 24, 48 und 72 Stunden nach Prüfbeginn bestimmt. Das filtrierte Algenmedium, das die Prüfsubstanz in der entsprechenden Konzentration enthält, wird zur Bestimmung des Hintergrunds verwendet, wenn zur Zelldichtemessung andere Methoden als direkte Zählverfahren Anwendung finden.

Der pH-Wert wird zu Beginn der Prüfung und nach 72 Stunden gemessen.

Der pH-Wert der Kontrollen sollte während der Prüfung normalerweise nicht um mehr als 1,5 Einheiten schwanken.

Prüfung flüchtiger Substanzen

Es gibt bislang noch kein allgemein anerkanntes Verfahren zur Prüfung flüchtiger Substanzen. Wenn sich eine Substanz bekanntermaßen leicht verflüchtigt, können geschlossene Prüfflaschen mit mehr Luftraum verwendet werden. Bei der Berechnung des Luftraums der geschlossenen Flaschen sollte an die Möglichkeit eines CO2-Mangels gedacht werden. Es gibt bereits Vorschläge für Änderungen dieses Verfahrens (siehe (4)).

Es sollte versucht werden, die in der Lösung verbleibende Substanzmenge zu bestimmen. Äußerste Vorsicht ist bei der Interpretation der Ergebnisse von Prüfungen mit flüchtigen Substanzen bei Verwendung geschlossener Systeme geboten.

Limit-Test

Unter Verwendung der bei diesem Prüfverfahren beschriebenen Methoden kann ein Limit-Test mit 100 mg.l-1 durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die EC50 über dieser Konzentration liegt.

Wenn die Substanz so beschaffen ist, dass eine Konzentration von 100 mg.l-1 im Prüfwasser nicht erreicht werden kann, ist der Limit-Test bei einer Konzentration durchzuführen, die der Löslichkeit der Substanz (oder der höchsten Konzentration, die eine stabile Dispersion bildet) im verwendeten Medium entspricht (vgl. auch 1.6.1.1).

Der Limit-Test ist mindestens dreifach und mit der gleichen Anzahl von Kontrollen durchzuführen. Die beiden Wachstumsparameter (Biomasse und Wachstumsrate) sind für den Limit-Test zu verwenden.

Wenn bei einem Limit-Test im Vergleich zur Kontrolle eine mittlere Abnahme der Biomasse oder der Wachstumsrate um 25 % oder darüber festgestellt wird, ist das vollständige Prüfverfahren anzuwenden.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

Die gemessene Zelldichte in den Prüfkulturen und den Kontrollen wird zusammen mit den Konzentrationen der Prüfsubstanz und den Messzeiten tabellarisch zusammengefasst. Zur Erzeugung der Wachstumskurven wird der Mittelwert der Zelldichte für jede Prüfkonzentration und für die Kontrollen gegen die Zeit (0-72 h) aufgetragen.

Zur Bestimmung des Konzentrations-Wirkungs-Verhältnisses sollten die beiden folgenden Verfahren verwendet werden. Einige Substanzen können das Wachstum bei niedrigen Konzentrationen fördern. Es sind nur solche Datenpunkte zu berücksichtigen, die eine Hemmwirkung zwischen 0 und 100 % angeben.

2.1.   VERGLEICH DER FLÄCHEN UNTER DEN WACHSTUMSKURVEN

Die Fläche zwischen den Wachstumskurven und der horizontalen Linie N = No kann nach folgender Formel berechnet werden:

Formula

wobei:

A

=

Fläche

N0

=

Anzahl der Zellen/ml zum Zeitpunkt t0 (Prüfbeginn)

N1

=

gemessene Anzahl der Zellen/ml zum Zeitpunkt t1

Nn

=

gemessene Anzahl der Zellen/ml zum Zeitpunkt tn

t1

=

Zeitpunkt der ersten Messung nach Prüfbeginn

tn

=

Zeitpunkt der n. Messung nach Prüfbeginn

n

=

Anzahl der nach Prüfbeginn durchgeführten Messungen

Die prozentuale Hemmung des Zellwachstums für jede Konzentration der Prüfsubstanz (IA) wird nach folgender Formel berechnet:

Formula

wobei:

Ac

=

Fläche zwischen der Wachstumskurve der Kontrolle und der horizontalen Linie N = No

A0

=

Fläche zwischen der Wachstumskurve bei der Konzentration t und der horizontalen Linie N = No

Die IA-Werte

=

werden auf semilogarithmischem Papier oder auf semilogarithmischem Wahrscheinlichkeitspapier gegen die entsprechenden Konzentrationen aufgetragen. Bei Verwendung von Wahrscheinlichkeitspapier wird die Gerade — entweder mit bloßem Auge oder über Regressionsrechnung — an die Messwerte angepasst.

Die EC50 wird aus der Regressionsgeraden durch Ablesen der Konzentration, die einer 50 %igen Hemmung entspricht (IA = 50 %), ermittelt. Um diesen Wert im Zusammenhang mit diesem Berechnungsverfahren eindeutig zu kennzeichnen, wird vorgeschlagen, das Symbol EbC50 zu verwenden. Es ist wichtig, dass die EbC50 zusammen mit dem entsprechenden Expositionszeitraum angegeben wird, z. B. EbC50 (0-72 h).

2.2.   VERGLEICH ZWISCHEN DEN WACHSTUMSRATEN

Die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate (μ) für Kulturen mit exponentiellem Wachstum kann ermittelt werden als

Formula

wobei t0 der Zeitpunkt zu Prüfbeginn ist.

Die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate kann aber auch aus der Neigung der Regressionsgeraden in einer ln-N-Zeit-Darstellung abgeleitet werden.

Die prozentuale Hemmung der spezifischen Wachstumsrate bei den einzelnen Konzentrationen der Prüfsubstanz (iμt) wird nach folgender Formel berechnet:

Formula

wobei:

μc

=

mittlere spezifische Wachstumsrate der Kontrolle

μt

=

mittlere spezifische Wachstumsrate bei der Prüfkonzentration t

Die prozentuale Verminderung der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate bei den einzelnen Konzentrationen gegenüber dem Kontrollwert wird gegen den Logarithmus der Konzentration aufgetragen. Die EC50 lässt sich aus der daraus entstehenden Kurve ablesen. Um die mit diesem Verfahren abgeleitete EC50 eindeutig zu kennzeichnen, wird vorgeschlagen, das Symbol ErC50 zu verwenden. Die Messzeitpunkte sind anzugeben, d. h., wenn sich der Wert auf Zeitpunkte zwischen 0 und 72 Stunden bezieht, wird das Symbol ErC50 (0-72 h) verwendet.

Anmerkung:„Spezifische Wachstumsrate“ ist ein logarithmischer Ausdruck, und kleine Veränderungen in der Wachstumsrate können zu großen Veränderungen in der Biomasse führen. Die Werte für EbC und ErC sind daher numerisch nicht miteinander vergleichbar.

2.3.   BERECHNUNG DER NOEC

Die „no observed effect concentration“ (NOEC) wird mit Hilfe eines geeigneten statistischen Verfahrens für den multiplen Vergleich (z. B. Varianzanalyse, Dunnert-Test) bestimmt, wobei die einzelnen Werte der Wiederholungen für die Flächen unter den Wachstumskurven A (siehe 2.1) oder für die spezifischen Wachstumsraten μ (siehe 2.2) verwendet werden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Prüfsubstanz: chemische Zusammensetzung;

Prüforganismen: Herkunft, Laborkultur, Stammnummer, Art der Herstellung der Kultur;

Prüfbedingungen:

Zeitpunkt des Prüfbeginns und des Prüfendes sowie Dauer der Prüfung,

Temperatur,

Zusammensetzung des Mediums,

Kulturinkubator,

pH-Wert der Lösungen bei Prüfbeginn und Prüfende (Wenn der pH-Wert um mehr als 1,5 Einheiten abweicht, ist dafür eine Erklärung beizufügen),

Trägersubstanz und Verfahren, mit dem die Prüfsubstanz gelöst wird, sowie Konzentration der Trägersubstanz in den Prüflösungen,

Lichtintensität und -qualität,

geprüfte Konzentrationen (gemessen oder nominal);

Ergebnisse:

Zelldichte für jede Flasche pro Messzeitpunkt und Verfahren zur Messung der Zelldichte,

Mittelwerte der Zelldichte,

Wachstumskurven,

grafische Darstellung des Konzentrations-Wirkungs-Verhältnisses,

EC-Werte und Berechnungsverfahren,

NOEC,

sonstige beobachtete Wirkungen.

4.   LITERATUR

(1)

OECD, Paris, 1981, Test Guideline 201, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2)

Umweltbundesamt, Berlin, 1984, Verfahrensvorschlag „Hemmung der Zellvermehrung bei der Grünalge Scenedesmus subspicatus“, in: Rudolph/Boje: Ökotoxikologie, ecomed, Landsberg, 1986.

(3)

ISO 8692 — Water quality — Fresh water algal growth inhibition test with Scenedesmus subspicatus and Selenastrum capricornutum.

(4)

S. Galassi and M. Vighi — Chemosphere, 1981, vol. 10, 1123-1126.

Anlage 1

Beispiel für ein Verfahren zur Herstellung von Algenkulturen

Allgemeine Beobachtungen

Zweck der Herstellung von Kulturen anhand des folgenden Verfahrens ist der Erhalt von Algenkulturen für Toxizitätsprüfungen.

Es sind geeignete Verfahren anzuwenden, um sicherzustellen, dass die Algenkulturen nicht mit Bakterien infiziert sind (ISO 4833). Axenische Kulturen mögen wünschenswert sein, notwendig sind Kulturen mit nur einer Algenart.

Alle Schritte sind unter sterilen Bedingungen durchzuführen, um eine Kontamination mit Bakterien und anderen Algen zu vermeiden. Kontaminierte Kulturen sind zurückzuweisen.

Verfahren zum Erhalt von Algenkulturen

Zubereitung der Nährlösungen (Medien)

Das Medium kann durch Verdünnung von konzentrierten Stammnährlösungen zubereitet werden. Bei einem festen Medium wird 0,8 % Agar zugefügt. Das verwendete Medium muss steril sein. Die Autoklav-Sterilisierung kann zu einem Verlust an NH3 führen.

Stammkultur

Als Stammkulturen werden kleine Algenkulturen verwendet, die regelmäßig in frisches Medium eingebracht und dort als Ausgangsprüfmaterial verwendet werden. Wenn die Kulturen nicht regelmäßig verwendet werden, werden sie auf geneigte Agarröhrchen aufgebracht. Sie werden mindestens alle zwei Monate einmal in ein frisches Medium übertragen.

Die Stammkulturen werden in konischen Flaschen kultiviert, die das entsprechende Medium (Volumen etwa 100 ml) enthalten. Werden die Algen bei 20 oC und ständiger Beleuchtung inkubiert, ist ein wöchentlicher Transfer erforderlich.

Während des Transfers wird eine bestimmte Menge der „alten“ Kultur mit sterilen Pipetten in eine Flasche mit frischem Medium gebracht, so dass bei schnell wachsenden Arten die Anfangskonzentration etwa 100 Mal niedriger ist als die der alten Kultur.

Die Wachstumsrate einer Art kann mit Hilfe der Wachstumskurve bestimmt werden. Wenn diese bekannt ist, lässt sich diejenige Dichte ermitteln, bei der die Kultur in das neue Medium übertragen werden sollte. Dies muss vor der Absterbephase der Kultur geschehen.

Vorkultur

Die Vorkultur soll eine entsprechende Menge Algen ergeben, die als Inokulum für die Prüfkulturen verwendet werden können. Die Vorkultur wird unter den Prüfbedingungen inkubiert und normalerweise bei weiterhin exponentiellem Wachstum nach einer Inkubationszeit von etwa drei Tagen verwendet. Wenn die Algenkulturen deformierte oder anomale Zellen enthalten, sind sie zu verwerfen.

Anlage 2

Der ISO-Standard 8692 (Water quality — Fresh water algal growth inhibition test with Scenedesmus subspicatus und Selenastrum capricornutum) gibt folgende Ergebnisse aus einem von 16 Labors durchgeführten Test mit Kaliumdichromat an:

 

Mittelwert (mg/l)

Bereich (mg/l)

ErC50 (0 - 72h)

0,84

0,60 bis 1,03

EbC50 (0 - 72 h)

0,53

0,20 bis 0,75

C.4.   BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT — BESTIMMUNG DER „LEICHTEN“ BIOLOGISCHEN ABBAUBARKEIT

TEIL I.   ALLGEMEINES

I.1.   EINLEITUNG

Es werden sechs Prüfverfahren als „Screening“-Untersuchungen zur leichten biologischen Abbaubarkeit von chemischen Substanzen in einem aeroben wässrigen Medium beschrieben:

a)

DOC-Die-Away-Test — Abnahme von gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC) (3) (Methode C.4-A);

b)

modifizierter OECD-Screening-Test — Abnahme von gelöstem organischem Kohlenstoff (Methode C.4-B);

c)

CO2-Entwicklungstest (modifizierter Sturm-Test) (Methode C.4-C);

d)

manometrischer Respirationstest (Methode C.4-D);

e)

geschlossener Flaschentest (Methode C.4-E);

f)

MITI-Test (Ministry of International Trade and Industry — Japan) (Methode C.4-F).

Teil I der Methode enthält allgemeine Überlegungen sowie Anmerkungen, die für alle sechs Prüfverfahren gelten. Spezielle Ausführungen zu den einzelnen Prüfverfahren werden in den Teilen II bis VII gemacht. Die Anlagen enthalten Definitionen, Formeln und Übersichtsmaterial.

Ein im Jahr 1988 im Bereich der OECD-Länder durchgeführter Ring-Test hat ergeben, dass mit den Prüfverfahren übereinstimmende Ergebnisse erzielt werden. Dennoch wird im Einzelfall, je nach den physikalischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, das eine oder das andere Verfahren vorzuziehen sein.

I.2.   AUSWAHL DES GEEIGNETEN VERFAHRENS

Um das geeignetste Verfahren auszuwählen, sind Angaben über die Löslichkeit, den Dampfdruck und die Adsorption der chemischen Substanz erforderlich. Zur Berechnung der theoretischen Werte und/oder zur Kontrolle der gemessenen Parameter (z. B. ThSB, ThCO2, DOC, TOC, CSB — siehe Anlagen 1 und 2) müssen chemische Struktur oder Formel bekannt sein.

Prüfsubstanzen, die mindestens 100 mg/l wasserlöslich sind, können mit jedem beliebigen der genannten Verfahren geprüft werden, sofern sie nicht flüchtig und nicht adsorbierend sind. Geeignete Verfahren für schwer wasserlösliche, flüchtige oder adsorbierende chemische Substanzen sind in Tabelle 1 angegeben. Der Umgang mit schwer wasserlöslichen und flüchtigen Substanzen ist in Anlage 3 beschrieben. Mäßig flüchtige Substanzen lassen sich nach dem DOC-Die-Away-Test prüfen, wenn die Prüfgefäße (die mit einem geeigneten Stopfen verschlossen sein müssen) über ausreichenden Gasraum verfügen. In diesem Fall ist hier eine abiotische Kontrolle vorzusehen, um mögliche physikalische Verluste zu berücksichtigen.

Tabelle 1

Anwendbarkeit der Prüfverfahren

Verfahren

Analysenmethode

Eignung für folgende Substanzen:

löslich

flüchtig

adsorbierend

DOC-Die-Away-Test

Gelöster organischer Kohlstoff

+/–

Modifizierter OECD-Screening-Test

Gelöster organischer Kohlstoff

+/–

CO2-Entwicklungstest

Respirationstest: CO2-Entwicklung

+

+

Manometrischer Respirationstest

Manometrische Messung: Sauerstoffverbrauch

+

+/–

+

Geschlossener Flaschentest

Respirationstest: Sauerstoffverbrauch

+/–

+

+

MITI-Test

Respirationstest: Sauerstoffverbrauch

+

+/–

+

Zur Interpretation der erzielten Ergebnisse sind Angaben zur Reinheit oder zu den relativen Anteilen der Hauptbestandteile der Prüfsubstanz erforderlich, insbesondere wenn es sich um niedrige oder marginale Werte handelt.

Angaben zur Bakterientoxizität der Prüfsubstanz (Anlage 4) können bei der Wahl geeigneter Prüfkonzentrationen zweckdienlich und bei der richtigen Interpretation geringer biologischer Abbauwerte wichtig sein.

I.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Zur Überprüfung des Verfahrens werden Referenzsubstanzen getestet, die die Kriterien für eine leichte biologische Abbaubarkeit erfüllen; dazu wird ein geeignetes Prüfgefäß parallel zur normalen Prüfreihe mitgeführt.

Geeignete Chemikalien sind Anilin (frisch destilliert), Natriumacetat und Natriumbenzoat. Diese Referenzsubstanzen werden bei diesen Verfahren durchweg abgebaut, auch wenn kein Inokulum hinzugefügt wird.

Es ist vorgeschlagen worden, dass eine Referenzsubstanz gesucht werden sollte, die biologisch leicht abgebaut wird, aber die Zugabe eines Inokulums erfordert. Als eine solche Substanz wurde Kaliumhydrogenphthalat vorgeschlagen, doch steht ein entsprechender Nachweis noch aus, bevor es als Referenzsubstanz akzeptiert werden kann.

Bei den Respirationstests können stickstoffhaltige Verbindungen die Sauerstoffaufnahme infolge Nitrifikation beeinflussen (siehe Anlagen 2 und 5).

I.4.   PRINZIP DER METHODE

Eine Lösung oder Suspension der Prüfsubstanz in einem mineralischen Medium wird unter aeroben Bedingungen im Dunkeln oder bei diffuser Beleuchtung angeimpft und bebrütet. Die DOC-Menge in der Prüflösung, die aus dem Inokulum stammt, muss im Vergleich zu der DOC-Menge aus der Prüfsubstanz so gering wie möglich sein. Die endogene Aktivität des Inokulums wird durch Mitfuhren paralleler Blindproben mit Inokulum aber ohne Prüfsubstanz in der Lösung berücksichtigt, obwohl die endogene Aktivität der Zellen in Gegenwart der Substanz nicht genau dieselbe sein wird wie in der endogenen Kontrolle. Eine Referenzsubstanz wird parallel dazu eingesetzt, um den Verlauf der Vorgänge zu kontrollieren.

Im Allgemeinen wird der Abbau durch Bestimmung von Parametern (z. B. DOC-Abnahme, CO2-Erzeugung und Sauerstoffaufnahme) ermittelt; entsprechende Messungen werden in ausreichenden Abständen vorgenommen, um Beginn und Ende des Bioabbaus zu identifizieren. Automatische Respirometer gestatten eine fortlaufende Messung. Mitunter wird der DOC-Wert zusätzlich zu einem weiteren Parameter gemessen, im Allgemeinen aber nur zu Beginn und am Ende des Tests. Zur Beurteilung des Primärabbaus der Prüfsubstanz und zur Bestimmung der Konzentration eventueller Abbauprodukte können auch spezifische Analysen durchgeführt werden. (Beim MITI-Test sind diese obligatorisch).

Normalerweise beträgt die Testdauer 28 Tage. Die Tests können jedoch auch vorzeitig abgebrochen werden, wenn die biologische Abbaukurve über mindestens drei Messungen ein Plateau erreicht hat. Eine Verlängerung der Tests über 28 Tage hinaus ist ebenfalls möglich, wenn aus der Kurve zu ersehen ist, dass der biologische Abbau eingesetzt hat, das Plateau aber am 28. Tag noch nicht erreicht ist.

I.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

I.5.1.   Reproduzierbarkeit

Wegen der Spezifität des biologischen Abbaus und der als Inokula verwendeten Bakterienmischpopulationen sind die Messungen mindestens in doppelten Ansätzen durchzuführen.

Es ist allgemein bekannt, dass die Unterschiede zwischen Doppelmessungen umso kleiner sind, je größer die Konzentration der dem Prüfmedium anfänglich hinzugefügten Mikroorganismen war. Ringtests haben auch gezeigt, dass zwischen den in verschiedenen Prüfeinrichtungen erzielten Ergebnissen große Unterschiede bestehen können, doch wird normalerweise eine gute Übereinstimmung erreicht, wenn biologisch leicht abbaubare Substanzen verwendet werden.

I.5.2.   Gültigkeit des Versuchs

Ein Versuch wird dann als gültig angesehen, wenn die Extremwerte der Wiederholungsmessungen für die Abnahme der Prüfsubstanz nicht mehr als 20 % voneinander abweichen, am Plateau, Testende oder am Ende des 10-Tage-Fensters, und wenn der prozentuale Abbau der Referenzsubstanz das Plateau für leichte biologische Abbaubarkeit innerhalb von 14 Tagen erreicht hat. Ist eine der beiden Bedingungen nicht erfüllt, sollte der Versuch wiederholt werden. Auf Grund der Stringenz der Methoden bedeuten niedrige Ergebnisse nicht unbedingt, dass die Prüfsubstanz unter Umweltbedingungen biologisch nicht abbaubar ist, sondern zeigt nur, dass weitere Untersuchungen erforderlich sind, um einen biologischen Abbau nachzuweisen.

Wenn in einem Toxizitätstest mit Prüf- und Referenzsubstanz innerhalb von 14 Tagen weniger als 35 % Abbau (auf DOC-Basis) bzw. weniger als 25 % (auf der Basis des ThSB oder ThCO2) erzielt wurde, kann von einer Hemmwirkung der Prüfsubstanz ausgegangen werden (vgl. auch Anlage 4). Die Versuchsreihe sollte in diesem Fall wiederholt werden, wenn möglich unter Verwendung einer geringeren Konzentration der Prüfsubstanz und/oder einer höheren Konzentration des Inokulums, jedoch nicht mehr als 30 mg Feststoffe pro Liter.

I.6.   ALLGEMEINE VERFAHREN UND VORBEREITUNGEN

Die allgemeinen Prüfbedingungen sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Geräte und weitere Versuchsbedingungen speziell zu den Einzeltests werden gesondert in den entsprechenden Kapiteln zu den einzelnen Prüfverfahren angegeben.

Tabelle 2

Prüfbedingungen

Prüfverfahren

DOC-Die-Away-Test

CO2 Entwicklungstest

Manometr. Respirationstest

Mod. OECD-Screening-Test

Geschlossener Flaschentest

MITI-(I)-Test

 

 

 

 

 

 

 

in mg/l

 

 

100

 

2-10

100

mg DOC/l

10-40

10-20

 

10-40

 

 

ThSB/l

 

 

50-100

 

5-10

 

Konzentration des Inokulums (in Zellen/l, ungefährer Wert)

höchstens 30 mg/l SF

oder höchstens 100 ml Kläranlagenablauf pro 1

(107-108)

0,5 ml Kläranlagenablauf pro 1

(105)

bis zu 5 ml

Kläranlagenablauf pro 1

(104-106)

30 mg/l SF

(107-108)

Konzentration der Elemente im mineral. Medium (in mg/l):

 

 

 

 

 

 

P

116

11,6

29

N

1,3

0,13

1,3

Na

86

8,6

17,2

K

122

12,2

36,5

Mg

2,2

2,2

6,6

Ca

9,9

9,9

29,7

Fe

0,05-0,1

0,05-0,1

0,15

pH

7,4±0,2

nach Möglichkeit 7,0

Temperatur

22 ± 2 oC

25 ± 1 oC

DOC

=

gelöster organischer Kohlenstoff (Dissolved Organic Carbon).

ThSB

=

Theoretischer Sauerstoffbedarf.

SF

=

suspendierte Feststoffe.

I.6.1.   Verdünnungswasser

Deionisiertes oder destilliertes Wasser, frei von toxischen Substanzen (z. B. Cu++-Ionen) in hemmenden Konzentrationen, wird verwendet. Es darf nicht mehr als 10 % des von der Prüfsubstanz eingebrachten organischen Kohlenstoffs enthalten. Die hohe Reinheit des Prüfwassers ist zur Vermeidung hoher Blindwerte erforderlich. Eine Kontamination kann sich aus inhärenten Verunreinigungen sowie aus dem Ionenaustauscherharz und Materialien aus Bakterien und Algen ergeben. Für jede Versuchsreihe ist nur eine Charge Wasser zu verwenden, die vorher durch DOC-Analyse zu prüfen ist. Diese Prüfung ist nicht nötig im Closed-Bottle-Test, aber der Sauerstoffverbrauch des Wassers muss gering sein.

I.6.2.   Stammlösungen von mineralischen Bestandteilen

Zur Herstellung der Prüflösungen werden Stammlösungen mit geeigneten Konzentrationen an mineralischen Bestandteilen angesetzt. Für den DOC-Die-Away-Test, den modifizierten OECD-Screening-Test, den CO2-Enwicklungstest, den manometrischen Respirationstest und den geschlossenen Flaschentest können folgende Stammlösungen (mit unterschiedlichen Verdünnungsfaktoren) verwendet werden.

Die Verdünnungsfaktoren und — beim MITI-Test — die spezielle Vorbereitung des mineralischen Mediums werden jeweils in den entsprechenden Kapiteln zu den einzelnen Versuchen angegeben.

Stammlösungen:

Die folgenden Stammlösungen sind unter Verwendung von Reagenzien des Reinheitsgrades „zur Analyse“ (p. a.) anzusetzen:

a)

Kaliumdihydrogenorthophosphat, KH2PO4

8,50 g

Dikaliummonohydrogenorthophosphat, K2HPO4

21,75 g

Dinatriummonohydrogenorthophosphat-Dihydrat, Na2HPO4·2H2O

33,40 g

Ammoniumchlorid, NH4Cl

0,50 g

in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt; der pH-Wert der Lösung sollte 7,4 betragen.

 

b)

Calciumchlorid, wasserfrei, CaCl2

27,50 g

oder Calciumchlorid-Dihydrat, CaCl2·2H2O

36,40 g

in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt

 

c)

Magnesiumsulfat-Heptahydrat, MgSO4·7H2O

22,50 g

in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt

 

d)

Eisen(III)chlorid-Hexahydrat, FeCl3·6H2O

0,25 g

in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt

 

Anmerkung: Damit diese Lösung nicht unmittelbar vor Gebrauch zubereitet werden muss, ist 1 Tropfen konzentriertes HCl oder 0,4 g Dinatriumsalz der Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) pro Liter zuzufügen.

I.6.3.   Stammlösungen der Chemikalien

Liegt die Löslichkeit über 1 g/l, sind je nach Notwendigkeit 1-10 g der Prüf- oder Referenzsubstanz in deionisiertem Wasser zu lösen und auf 1 l aufzufüllen. Ansonsten sind die Stammlösungen im mineralischen Medium anzusetzen, oder die Prüfsubstanz wird direkt dem mineralischen Medium zugegeben. Die Vorgehensweise für schwerlösliche Substanzen ist in Anlage 3 angegeben; beim MITI-Test (Methode C.4-F) jedoch sind weder Lösungsmittel noch Emulgatoren zu verwenden.

I.6.4.   Inokula

Das Inokulum kann aus verschiedenen Quellen gewonnen werden: aus Belebtschlamm, aus Kläranlagenablauf (nicht chloriert), aus Oberflächenwasser, aus Böden oder aus mehreren dieser Quellen zugleich. Bei den Methoden DOC-Die-Away-Test, CO2-Entwicklungstest oder manometrischer Respirationstest, sollte der Belebtschlamm, falls dieser verwendet wird, einer Klärgroß- oder -laboranlage entstammen, die hauptsächlich häusliche Abwässer reinigt. Bei Inokula aus anderen Quellen sind stärker streuende Ergebnisse festgestellt worden. Beim modifizierten OECD-Screening-Test und beim geschlossenen Flaschentest ist ein stärker verdünntes Inokulum ohne Schlammflocken erforderlich, vorzugsweise aus dem Ablauf einer kommunalen Kläranlage oder einer Laboranlage für häusliche Abwässer. Beim MITI-Test wird das Inokulum aus einer Kombination verschiedener Quellen gewonnen — siehe Beschreibung im entsprechenden Kapitel.

I.6.4.1.   Inokulum aus Belebtschlamm

Eine Belebtschlammprobe ist dem Belüftungstank einer Kläranlage oder einer Laboranlage, die hauptsächlich häusliche Abwässer reinigt, frisch zu entnehmen. Falls erforderlich, sind grobe Partikel durch Filtration durch ein feinmaschiges Sieb zu entfernen; danach ist der Schlamm aerob zu halten.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Schlamm nach Abtrennung grober Partikel absitzen zu lassen oder zu zentrifugieren (z. B. 10 Min. bei 1 100 g). Der Überstand wird verworfen und der Schlamm kann im mineralischen Medium gewaschen werden. Der konzentrierte Schlamm wird in einem mineralischen Medium suspendiert, um eine Konzentration von 3-5 g suspendierte Feststoffe pro Liter zu erhalten. Anschließend wird bis zur Verwendung belüftet.

Der Schlamm sollte von einer gut arbeitenden konventionellen Anlage genommen werden. Wenn Schlamm aus einer Abwasserkläranlage verwendet werden muss, der vermutlich Substanzen mit hemmender Wirkung enthält, ist er zu waschen. Dazu lässt man den resuspendierten Schlamm nach gründlichem Durchmischen absitzen oder zentrifugiert ihn, verwirft anschließend den Überstand und suspendiert den gewaschenen Schlamm in einem weiteren Volumen mineralischen Mediums erneut. Diese Schritte sind so lange zu wiederholen, bis der Schlamm als frei von übermäßigem Substrat oder Hemmsubstanz angesehen wird.

Nach vollständiger Resuspension oder bei unbehandeltem Schlamm ist unmittelbar vor Gebrauch das Trockengewicht der suspendierten Feststoffe zu bestimmen.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Homogenisierung von Belebtschlamm (3-5 g suspendierte Feststoffe pro Liter). Dazu wird der Schlamm 2 Min. bei mittlerer Geschwindigkeit in einer mechanischen Mischvorrichtung durchmischt. Danach lässt man den durchmischten Schlamm 30 Min., wenn erforderlich länger, absitzen und dekantiert die als Inokulum verwendete Flüssigkeit mit einer Geschwindigkeit von 10 ml pro Liter mineralischen Mediums.

I.6.4.2.   Andere Quellen für das Inokulum

Dieses lässt sich aus dem Ablauf einer Kläranlage oder einer Laboranlage für überwiegend häusliche Abwässer gewinnen. Dazu ist eine frische Probe zu entnehmen und während des Transports aerob zu halten. Zum Absetzen wird die Probe eine Stunde stehen gelassen oder durch einen grobporigen Papierfilter filtrierμt und der dekantierte Ablauf (bzw. das Filtrat) bis zum Gebrauch aerob gehalten. Bis zu 100 ml diesen Inokulumtyps kann pro Liter Medium verwendet werden.

Als weitere Inokulumquelle dient Oberflächenwasser. In diesem Fall ist von einem geeigneten Oberflächenwasser (z. B. Fluss, See) eine Probe zu entnehmen und diese bis zum Gebrauch aerob zu halten. Falls erforderlich, wird das Inokulum durch Filtration oder Zentrifugieren konzentriert.

I.6.5.   Vorbereitung der Inokula

Die Inokula können an die Versuchsbedingungen, nicht aber an die Prüfsubstanz adaptiert werden. Die entsprechende Konditionierung besteht in der Belüftung des Belebtschlamms im mineralischen Medium oder des Kläranlagenablaufs über eine Dauer von 5-7 Tagen bei der Prüftemperatur. Die Konditionierung verbessert mitunter die Präzision der Prüfmethoden durch eine Absenkung der Blindwerte. Eine Vorbereitung des MITI-Inokulums wird als nicht erforderlich angesehen.

I.6.6.   Abiotische Kontrollen

Sofern erforderlich, sollte der mögliche abiotische Abbau der Prüfsubstanz durch Bestimmung der DOC-Abnahme, der Sauerstoffaufnahme oder der Kohlendioxidentwicklung in sterilen Kontrollen ohne Inokulum geprüft werden. Die Sterilisierung ist durch Membranfiltration (0,2-0,45 μm) oder durch Hinzufügen von einer geeigneten toxischen Substanz in entsprechender Konzentration vorzunehmen. Wenn Membranfiltration verwendet wird, muss die Probenahme aseptisch erfolgen, um sterile Bedingungen zu wahren. Unter der Voraussetzung, dass die Adsorption der Prüfsubstanz nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, müssen Prüfungen auf der Grundlage der Messung von DOC-Abnahme, insbesondere bei Belebtschlamm-Inokula, eine abiotische Kontrolle beinhalten, die beimpft und vergiftet wurde.

I.6.7.   Anzahl der Flaschen

Die Anzahl der Flaschen in einem typischen Ansatz wird in den Kapiteln zu jedem Test beschrieben.

Die folgenden Flaschen sollten verwendet werden:

Prüfsuspension: enthält Prüfsubstanz und Inokulum

Inokulum-Blindwert: enthält nur Inokulum

Verfahrenskontrolle: enthält Referenzsubstanz und Inokulum

Abiotische Sterilkontrolle: steril, enthält nur Prüfsubstanz (siehe I.6.6)

Adsorptionskontrolle: enthält Prüfsubstanz, Inokulum und Sterilisierungsmittel

Toxizitätskontrolle: enthält Prüfsubstanz, Referenzsubstanz und Inokulum

Die Bestimmung der Prüfsuspension und des Inokulum-Blindwerts muss unbedingt parallel durchgeführt werden. Die Bestimmungen der anderen Flaschen sollten ebenfalls parallel durchgeführt werden.

Dies ist eventuell nicht immer möglich. Es sollte sichergestellt sein, dass ausreichend Proben genommen oder Ablesungen vorgenommen werden, um die prozentuale Abnahme innerhalb des auszuwertenden „10-Tage-Fensters“ zu beurteilen.

I.7.   DATEN UND AUSWERTUNG

Zur Berechnung von Dt (prozentualer Abbau) werden die Mittelwerte der Wiederholungsmessung der Summenparameter in beiden Prüfgefäßen und im Inokulum-Blindversuch verwendet. Die Formeln sind nachstehend in den jeweiligen Kapiteln angegeben. Der Verlauf des Abbaus wird grafisch dargestellt, und das 10-Tage-Fenster markiert. Die am Ende des 10-Tage-Fensters erreichte prozentuale Abnahme und der bei Erreichen des Plateaus bzw. bei Testende (je nach dem konkreten Fall) erzielte Wert sind zu berechnen und anzugeben.

In den respirometrischen Tests können stickstoffhaltige Substanzen den Sauerstoffverbrauch infolge Nitrifikation beeinträchtigen (vgl. Anlagen 2 und 5).

I.7.1.   Messung des Abbaus mittels DOC-Bestimmung

Der prozentuale Abbau (Dt) sollte für die Flaschen mit Prüfsubstanz zu jeder Probenahme-Zeit getrennt berechnet werden, wobei Mittelwerte der beiden DOC-Messungen verwendet werden, um die Validität der Prüfungen beurteilen zu können (siehe I.5.2). Er wird wie folgt berechnet:

Formula

Hierin bedeuten:

Dt

=

prozentualer Abbau zum Zeitpunkt t

Co

=

mittlere DOC-Anfangskonzentration im angeimpften Kulturmedium mit der Prüfsubstanz (mg DOC/l)

Ct

=

mittlere DOC-Konzentration im angeimpften Kulturmedium mit der Prüfsubstanz zum Zeitpunkt t (mg DOC/l)

Cbo

=

mittlere DOC-Anfangskonzentration des Blindwerts im angeimpften mineralischen Medium (mg DOC/l)

Cbt

=

mittlere DOC-Konzentration des Blindwerts im angeimpften mineralischen Medium zum Zeitpunkt t (mg DOC/l)

Sämtliche Konzentrationen werden experimentell bestimmt.

I.7.2.   Messung des Abbaus mittels spezifischer Analytik

Liegen Daten aus einer spezifischen Analyse vor, ist der biologische Primärabbau wie folgt zu berechnen:

Formula

Hierin bedeuten:

Dt

=

prozentualer Abbau zum Zeitpunkt t, in der Regel nach 28 Tagen

Sa

=

Restmenge an Prüfsubstanz im angeimpften Medium bei Versuchsende (mg)

Sb

=

Restmenge an Prüfsubstanz im Blindversuch mit Wasser/Medium, zu dem nur die Prüfsubstanz hinzugefügt wurde (mg)

I.7.3.   Abiotischer Abbau

Bei abiotischer Sterilkontrolle wird der prozentuale abiotische Abbau wie folgt berechnet:

Formula

wobei:

Cs(o)

=

DOC-Konzentration in Sterilkontrolle am Tag 0

Cs(t)

=

DOC-Konzentration in Sterilkontrolle am Tag t

I.8.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Prüf- und Referenzsubstanz und deren jeweiligen Reinheitsgrad;

Versuchsbedingungen;

Inokulum: Beschaffenheit und Herkunft, Konzentration und evtl. Vorbehandlung (Konditionierung);

Anteil und Beschaffenheit der in den Abwässern enthaltenen Industrie-Abwässer (soweit bekannt);

Versuchsdauer und -temperatur;

bei schwerlöslichen Prüfsubstanzen: vorgenommene Behandlung;

angewendetes Prüfverfahren; sämtliche Abweichungen hiervon sind wissenschaftlich zu begründen;

Datenblatt;

möglicherweise beobachtete Hemmwirkungen;

ein möglicherweise beobachteter abiotischer Abbau;

Daten aus spezifischer Analyse (falls vorhanden);

Analysenwerte bezüglich Zwischenprodukte, wenn vorhanden;

die Kurve des prozentualen Abbaus, aufgetragen gegen die Zeit, für Prüf- und Referenzsubstanz; die „lag“-Phase, die Abbauphase, das 10-Tage-Fenster und die Steigung sind klar anzugeben (Anlage 1). Wenn der Test mit den Validitätskriterien übereinstimmt, sollte der Mittelwert der Abbauprozente der Flaschen mit Prüfsubstanz für die Auftragung verwendet werden;

der prozentuale Abbau nach dem 10-Tage-Fenster sowie auf dem Plateau oder zu Versuchsende.

TEIL II:   DOC-DIE-AWAY-TEST — ABNAHME VON GELÖSTEM ORGANISCHEM KOHLENSTOFF (DOC) (Methode C.4-A)

II.1.   PRINZIP DER METHODE

Ein definiertes Volumen des angeimpften mineralischen Mediums mit einer bekannten Konzentration der Prüfsubstanz (10-40 mg DOC/l) als einziger nomineller Quelle organischen Kohlenstoffs wird im Dunkeln oder bei diffuser Beleuchtung bei 22 ± 2 oC belüftet.

Der Abbau wird mittels DOC-Analyse über einen Zeitraum von 28 Tagen in kurzen Zeitabständen verfolgt. Der Grad des biologischen Abbaus wird durch die Abnahme der DOC-Konzentration (nach Berücksichtigung des Inokulum-Blindwerts) in % der Ausgangskonzentration berechnet. Der Grad des biologischen Primärabbaus lässt sich aus der ergänzenden chemischen Analyse errechnen, die zu Beginn und am Ende der Inkubation vorgenommen wird.

II.2.   BESCHREIBUNG DER METHODE

II.2.1.   Geräte

a)

Konische Flaschen, z. B. 250 ml bis 2 l, je nach dem für die DOC-Analyse benötigten Volumen

b)

Schüttelmaschine zur Aufnahme der konischen Flaschen, die entweder mit einem Thermostaten ausgestattet oder in einem klimatisierten Raum aufgestellt ist und so ausgelegt sein muss, dass aerobe Bedingungen in allen Flaschen aufrechterhalten werden

c)

Filtrationsgerät mit geeigneten Membranen

d)

DOC-Analysator

e)

Gerät zur Bestimmung von gelöstem Sauerstoff

f)

Zentrifuge

II.2.2.   Ansatz des mineralischen Mediums

Zubereitung der Stammlösung siehe I.6.2.

10 ml Lösung (a) mit 800 ml Verdünnungswasser mischen, 1 ml der Lösungen (b) bis (d) hinzugeben und mit Verdünnungswasser auf 1 l auffüllen.

II.2.3.   Ansatz und Vorbereitung des Inokulums

Das Inokulum kann aus verschiedenen Quellen gewonnen werden: aus Belebtschlamm, aus Kläranlagenablauf, aus Oberflächenwasser, aus Böden oder aus mehreren dieser Quellen zugleich.

Vgl. I.6.4, I.6.4.1, I.6.4.2 und I.6.5.

II.2.4.   Ansatz der Flaschen

Beispiel: Jeweils 800 ml des mineralischen Mediums werden in konische 2-l-Flaschen gegeben, dazu wird in jeweils separate Ansätzen ein ausreichendes Volumen Stammlösung der Prüf- und der Referenzsubstanz gegeben, um ein DOC-Äquivalent von 10-40 mg/l zu erhalten. Der pH-Wert sollte überprüft und wenn nötig auf 7,4 eingestellt werden. Die Flaschen werden mit Belebtschlamm oder einem Inokulum anderer Herkunft (vgl. I.6.4) beimpft, um eine Endkonzentration nicht über 30 mg suspendierter Feststoffe pro Liter zu erhalten. Daneben werden Inokulum-Kontrollen im mineralischen Medium ohne Prüf- oder Referenzsubstanz angesetzt.

Falls erforderlich, ist ein Gefäß zur Kontrolle der möglichen Hemmwirkung der Prüfsubstanz zu verwenden; dazu ist eine Lösung mit vergleichbaren Konzentrationen sowohl der Prüf- als auch der Referenzsubstanz im mineralischen Medium anzuimpfen.

Falls erforderlich, ist eine weitere, sterile Flasche anzusetzen, um zu prüfen, ob die Prüfsubstanz abiotisch abgebaut wird; dazu ist eine nicht angeimpfte Lösung dieser Substanz zu verwenden (vgl. I.6.6).

Wenn vermutet werden muss, dass die Prüfsubstanz signifikant am Glas oder am Schlamm usw. adsorbiert wird, ist eine Vorprüfung vorzunehmen, mit der das Ausmaß der Adsorption und damit die Eignung des Versuchs für die Prüfsubstanz bestimmt werden (vgl. Tabelle 1). Ansetzen einer Flasche mit Prüfsubstanz, Inokulum und Sterilisiermittel.

Alle Flaschen mit dem mineralischen Medium auf 1 l auffüllen, mischen und anschließend von jeder Flasche eine Probe zwecks Bestimmung der DOC-Ausgangskonzentration entnehmen (vgl. Anlage 2.4). Öffnungen der Flaschen so abdecken, z. B. mit Aluminiumfolie, dass ein freier Luftaustausch zwischen der Flasche und der Umgebungsluft möglich bleibt. Danach die Flaschen in die Schüttelmaschine stellen und mit dem Versuch beginnen.

II.2.5.   Anzahl der Flaschen in einem typischen Durchgang

Flaschen 1 und 2: Prüfsuspension

Flaschen 3 und 4: Inokulum-Blindwert

Flasche 5: Verfahrenskontrolle

Empfohlen und falls notwendig:

Flasche 6: abiotische Sterilkontrolle

Flasche 7: Adsorptionskontrolle

Flasche 8: Toxizitätskontrolle

Vgl. I.6.7.

II.2.6.   Durchführung der Prüfung

Während des Versuchs sind die DOC-Konzentrationen in jeder Flasche in bestimmten Zeitabständen doppelt zu bestimmen, und zwar so häufig, dass der Beginn des 10-Tage-Fensters und die prozentuale Abnahme am Ende des 10-Tage-Fensters bestimmt werden können. Dabei ist pro Messung nur die Mindestmenge an Prüfsuspension zu entnehmen.

Vor der Probeentnahme sind die Verdampfungsverluste aus den Flaschen, falls erforderlich, durch Zufügen von Verdünnungswasser auszugleichen (I.6.1). Der Versuchsansatz ist vor Entnahme einer Probe gründlich zu durchmischen, wobei sicherzustellen ist, dass an den Wänden der Flaschen anhaftendes Material vor der Probenahme gelöst oder suspendiert wird. Unmittelbar nach der Probenahme ist zu filtrieren (Membranfilter) oder zu zentrifugieren (vgl. Anlage 2.4). Die filtrierten oder zentrifugierten Proben sind noch am selben Tag zu analysieren; ansonsten können sie bei 2-4 oC für maximal 48 h bzw. bei unter — 18 oC über einen längeren Zeitraum aufbewahrt werden.

II.3.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

II.3.1.   Auswertung der Ergebnisse

Der prozentuale Abbau zum Zeitpunkt t ist entsprechend I.7.1 (DOC-Bestimmung) sowie wahlweise entsprechend I.7.2 (spezifische Analyse) zu berechnen.

Sämtliche Ergebnisse sind auf den dafür vorgesehenen Datenblättern zu protokollieren.

II.3.2.   Gültigkeit der Ergebnisse

Vgl. I.5.2.

II.3.3.   Abschlussbericht

Vgl. I.8.

II.4.   DATENBLATT

Nachstehend ein Beispiel eines Datenblattes.

DOC-DIE-AWAY-TEST

1.

LABOR

2.

DATUM BEI VERSUCHSBEGINN

3.   PRÜFSUSBSTANZ

Name:

Konzentration der Stammlösung: ... mg/l auf Substanz bezogen

Anfangskonzentration im Medium, t0: ... mg/l auf Substanz bezogen

4.   INOKULUM

Herkunft: ...

Vorgenommene Behandlung: ...

Vorbereitung/Konditionierung (soweit zutreffend): ...

Konzentration der suspendierten Feststoffe im Reaktionsgemisch: ... mg/l

5.   KOHLENSTOFFBESTIMMUNGEN

Kohlenstoffanalysator: ...

 

Flasche Nr.

 

DOC nach n Tagen (mg/l)

0

n1

n2

n3

nx

Testsubstanz plus Inokulum

1

a1

 

 

 

 

 

a2

 

 

 

 

 

a, Mittelwert

Ca(t)

 

 

 

 

 

2

b1

 

 

 

 

 

b2

 

 

 

 

 

b, Mittelwert

Cb(t)

 

 

 

 

 

Inokulum-Blindversuch ohne Testsubstanz

3

c1

 

 

 

 

 

c2

 

 

 

 

 

c, Mittelwert Cc(t)

 

 

 

 

 

4

d1

 

 

 

 

 

d2

 

 

 

 

 

d, Mittelwert

Cd(t)

 

 

 

 

 

Formula

 

 

 

 

 

6.   AUSWERTUNG DER ROHDATEN

Flasche Nr.

 

% Abbau nach n Tagen

0

n1

n2

n3

nx

1

Formula

0

 

 

 

 

2

Formula

0

 

 

 

 

Mittel (4)

Formula

0

 

 

 

 

Anmerkung: Für die Referenz und die Toxizitätskontrolle können ähnliche Formblätter verwendet werden.

7.   ABIOTISCHE KONTROLLE (wahlweise)

 

Zeit (Tage)

0

t

DOC-Konzentration (mg/l) in Sterilkontrolle

Cs(o)

Cs(t)

Formula

8.   SPEZIFISCHE ANALYSE (wahlweise)

 

Bei Versuchsende verbliebene Menge an Prüfsubstanz (mg/l)

% Primärabbau

Sterilkontrolle

Sb

 

Beimpftes Prüfmedium

Sa

Formula

TEIL III.   MODIFIZIERTER OECD-SCREENING-TEST (Methode C.4-B)

III.1.   PRINZIP DER METHODE

Ein definiertes Volumen des mineralischen Mediums mit einer bekannten Konzentration der Prüfsubstanz (10-40 mg/l DOC) als einziger nomineller Quelle organischen.Kohlenstoffs wird mit 0,5 ml Kläranlagenablauf pro Liter Medium angeimpft und im Dunkeln oder bei diffuser Beleuchtung bei 22 ± 2 oC belüftet.

Der Abbau wird mittels DOC-Analyse über einen Zeitraum von 28 Tagen in kurzen Zeitabständen verfolgt. Der Grad des biologischen Abbaus wird durch die Abnahme der DOC-Konzentration (nach Berücksichtigung des Inokulum-Blindwerts) in % der Ausgangskonzentration berechnet. Der Grad des biologischen Primärabbaus lässt sich auch aus der ergänzenden chemischen Analyse errechnen, die zu Beginn und am Ende der Inkubation vorgenommen wird.

III.2.   BESCHREIBUNG DER METHODE

III.2.1.   Geräte

a)

Konische Flaschen, z. B. 250 ml bis 2 1, je nach dem für die DOC-Analyse benötigten Volumen

b)

Schüttelmaschine zur Aufnahme der konischen Flaschen, die entweder mit einem Thermostaten ausgestattet oder in einem klimatisierten Raum aufgestellt ist und so ausgelegt sein muss, dass aerobe Bedingungen in allen Flaschen aufrechterhalten werden

c)

Filtrationsgerät mit geeigneten Membranen

d)

DOC-Analysator

e)

Gerät zur Bestimmung von gelöstem Sauerstoff

f)

Zentrifuge

III.2.2.   Ansatz des mineralischen Mediums

Zubereitung der Stammlösung siehe I.6.2.

10 ml Lösung (a) mit 800 ml Verdünnungswasser mischen, 1 ml der Lösungen (b) bis (d) hinzugeben und mit Verdünnungswasser auf 1 l auffüllen.

Bei diesem Verfahren werden nur 0,5 ml Kläranlagenablauf pro Liter als Inokulum verwendet, so dass das Medium möglicherweise mit Spurenelementen und Wachstumsfaktoren angereichert werden muss. Zu diesem Zweck wird von den folgenden Lösungen jeweils 1 ml pro Liter endgültigem Medium zugefügt.

Lösung der Spurenelemente:

Mangansulfat-Tetrahydrat, MnSO4·4H2O

39,9 mg

Borsäure, H3BO3

57,2 mg

Zinksulfat-Heptahydrat, ZnSO4·7H2O

42,8 mg

Ammoniumheptamolybdat, (NH4)6·Mo7O24

34,7 mg

Fe-Chelat (FeCl3 Ethylendiamintetraessigsäure)

100,0 mg

in Verdünnungswasser gelöst und auf 1 000 ml aufgefüllt.

 

Vitaminlösung:

 

Hefeextrakt

15,0 mg

in 100 ml Wasser gelöst und durch Membranfilter mit 0,2 μm Porengröße steril filtriert bzw. frisch zubereitet.

III.2.3.   Ansatz und Vorbereitung des Inokulums

Das Inokulum ist von Abläufen einer Kläranlage oder Anlage im Labormaßstab, denen vorwiegend häusliche Abwässer zugeführt werden, zu entnehmen. Vgl. I.6.4.2 und I.6.5.

0,5 ml pro Liter mineralisches Medium sind zu verwenden.

III.2.4.   Ansatz der Flaschen

Beispiel: Jeweils 800 ml mineralischen Mediums werden in konische 2-l-Flaschen gegeben, dazu wird in jeweils separaten Ansätzen ein ausreichendes Volumen Stammlösung der Prüf- und der Referenzsubstanz gegeben, um ein DOC-Äquivalent von 10-40 mg/l zu erhalten. Der pH-Wert sollte überprüft und wenn nötig auf 7,4 eingestellt werden. Die Flaschen werden mit 0,5 ml Kläranlagenablauf pro Liter beimpft (vgl. I.6.4.2). Daneben werden Inokulum-Kontrollen im mineralischen Medium ohne Prüf- oder Referenzsubstanz angesetzt.

Falls erforderlich, ist ein Gefäß zur Kontrolle der möglichen Hemmwirkung der Prüfsubstanz zu verwenden; dazu ist eine Lösung mit vergleichbaren Konzentrationen sowohl der Prüf- als auch der Referenzsubstanz im mineralischen Medium anzuimpfen.

Falls erforderlich, ist eine weitere, sterile Flasche anzusetzen, um zu prüfen, ob die Prüfsubstanz abiotisch abgebaut wird; dazu ist eine nicht angeimpfte Lösung dieser Substanz zu verwenden (vgl. I.6.6).

Wenn vermutet werden muss, dass die Prüfsubstanz signifikant am Glas oder am Schlamm usw. adsorbiert wird, ist eine Vorprüfung vorzunehmen, mit der das Ausmaß der Adsorption und damit die Eignung des Versuchs für die Prüfsubstanz bestimmt werden (vgl. Tabelle 1). Ansetzen einer Flasche mit Prüfsubstanz, Inokulum und Sterilisiermittel.

Alle Flaschen mit dem mineralischen Medium auf 1 l auffüllen, mischen, und anschließend von jeder Flasche eine Probe zwecks Bestimmung der DOC-Ausgangskonzentration entnehmen (vgl. Anlage 2.4). Öffnungen der Flaschen so abdecken, z. B. mit Aluminiumfolie, dass ein freier Luftaustausch zwischen der Flasche und der Umgebungsluft möglich bleibt. Danach die Flaschen in die Schüttelmaschine stellen und mit dem Versuch beginnen.

III.2.5.   Anzahl der Flaschen in einem typischen Durchgang

Flaschen 1 und 2: Prüfsuspension

Flaschen 3 und 4: Inokulum-Blindwert

Flasche 5: Verfahrenskontrolle

Empfohlen und falls notwendig:

Flasche 6: abiotische Sterilkontrolle

Flasche 7: Adsorptionskontrolle

Flasche 8: Toxizitätskontrolle

Vgl. I.6.7.

III.2.6.   Durchführung der Prüfung

Während des Versuchs sind die DOC-Konzentrationen in jeder Flasche in bestimmten Zeitabständen doppelt zu bestimmen, und zwar so häufig, dass der Beginn des 10-Tage-Fensters und die prozentuale Abnahme am Ende des 10-Tage-Fensters bestimmt werden können. Dabei ist pro Messung nur die Mindestmenge an Prüfsuspension zu entnehmen.

Vor der Probeentnahme sind die Verdampfungsverluste aus den Flaschen, falls erforderlich, durch Zufügen von Verdünnungswasser auszugleichen (I.6.1.). Der Versuchsansatz ist vor Entnahme einer Probe gründlich zu durchmischen, wobei sicherzustellen ist, dass an den Wänden der Flaschen anhaftendes Material vor der Probenahme gelöst oder suspendiert wird. Unmittelbar nach der Probenahme ist zu filtrieren (Membranfilter) oder zu zentrifugieren (vgl. Anlage 2.4). Die filtrierten oder zentrifugierten Proben sind noch am selben Tag zu analysieren; ansonsten können sie bei 2-4 oC für maximal 48 h bzw. bei unter — 18 oC über einen längeren Zeitraum aufbewahrt werden.

III.3.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

III.3.1.   Auswertung der Ergebnisse

Der prozentuale Abbau zum Zeitpunkt t ist entsprechend I.7.1 (DOC-Bestimmung) sowie wahlweise entsprechend I.7.2. (spezifische Analyse) zu berechnen.

Sämtliche Ergebnisse sind auf den dafür vorgesehenen Datenblättern zu protokollieren.

III.3.2.   Gültigkeit der Ergebnisse

Vgl. I.5.2.

III.3.3.   Prüfbericht

Vgl. I.8.

III.4.   DATENBLATT

Nachstehend ein Beispiel eines Datenblattes.

MODIFIZIERTER OECD-SCREENING-TEST

1.

LABOR

2.

DATUM BEI VERSUCHSBEGINN

3.   PRÜFSUSBSTANZ

Name: …

Konzentration der Stammlösung: ... mg/l auf Substanz bezogen

Anfangskonzentration im Medium, t0: ... mg/l auf Substanz bezogen

4.   INOKULUM

Herkunft: ...

Vorgenommene Behandlung: ...

Vorbereitung/Konditionierung (soweit zutreffend): ...

Konzentration der suspendierten Feststoffe im Reaktionsgemisch: ... mg/l

5.   KOHLENSTOFFBESTIMMUNGEN

Kohlenstoffanalysator: ...

 

Flasche Nr.

 

DOC nach n Tagen (mg/l)

0

n1

n2

n3

nx

Testsubstanz plus Inokulum

1

a1

 

 

 

 

 

a2

 

 

 

 

 

a, Mittelwert

Ca(t)

 

 

 

 

 

2

b1

 

 

 

 

 

b2

 

 

 

 

 

b, Mittelwert

Cb(t)

 

 

 

 

 

Inokulum-Blindversuch ohne Testsubstanz

3

c1

 

 

 

 

 

c2

 

 

 

 

 

c, Mittelwert Cc(t)

 

 

 

 

 

4

d1

 

 

 

 

 

d2

 

 

 

 

 

d, Mittelwert

Cd(t)

 

 

 

 

 

Formula

 

 

 

 

 

6.   AUSWERTUNG DER ROHDATEN

Flasche Nr.

 

% Abbau nach n Tagen

0

n1

n2

n3

nx

1

Formula

0

 

 

 

 

2

Formula

0

 

 

 

 

Mittel (5)

Formula

0

 

 

 

 

Anmerkung: Für die Referenz und die Toxizitätskontrolle können ähnliche Formblätter verwendet werden.

7.   ABIOTISCHE KONTROLLE (wahlweise)

 

Zeit (Tage)

0

t

DOC-Konzentration (mg/l) in Sterilkontrolle

Cs(o)

Cs(t)

Formula

8.   SPEZIFISCHE ANALYSE (wahlweise)

 

Bei Versuchsende verbliebene Menge an Prüfsubstanz (mg/l)

% Primärabbau

Sterilkontrolle

Sb

 

Beimpftes Prüfmedium

Sa

Formula

TEIL IV.   CO2-ENTWICKLUNGSTEST (Methode C.4-C)

IV.1.   PRINZIP DER METHODE

Ein definiertes Volumen des angeimpften mineralischen Mediums mit einer bekannten Konzentration der Prüfsubstanz (10-20 mg/l DOC oder TOC) als einziger nomineller Quelle organischen Kohlenstoffs wird durch Einleiten von kohlendioxidfreier Luft bei gesteuerter Geschwindigkeit im Dunkeln oder bei diffusem Licht belüftet. Der Abbau wird über einen Zeitraum von 28 Tagen durch Bestimmung des erzeugten Kohlendioxids verfolgt, das in Bariumhydroxid oder Natronlauge gebunden und durch Titration des restlichen Hydroxids/der restlichen Lauge oder als anorganischer Kohlenstoff bestimmt wird. Die Menge des aus der Prüfsubstanz freigesetzten Kohlendioxids wird (nach Berücksichtigung der Menge aus dem Inokulum-Blindversuch) in % ThCO2 angegeben. Der Grad des biologischen Abbaus lässt sich auch aus der ergänzenden DOC-Analyse errechnen, die zu Beginn und am Ende der Inkubation vorgenommen wird.

IV.2.   BESCHREIBUNG DER METHODE

IV.2.1.   Geräte

a)

Konische Flaschen, 2 bis 5 l, jeweils mit einem Belüftungsrohr, das nahezu auf den Boden der Flasche reicht, und mit einem Auslass

b)

Magnetrührer (bei der Prüfung schwer löslicher Substanzen

c)

Gaswaschflaschen

d)

Einrichtung zur Steuerung und Messung des Luftstromes

e)

Gerät zur Kohlendioxidwäsche zwecks Gewinnung von Luft, die frei von Kohlendioxid ist; alternativ dazu kann ein Gemisch aus CO2-freiem Sauerstoff und CO2-freiem Stickstoff im richtigen Verhältnis aus Gasflaschen verwendet werden (20 % O2 : 80 % N2)

f)

Einrichtung zur Kohlendioxidbestimmung, entweder durch Titration oder Analyse des anorganischen Kohlenstoffs

g)

Membranfiltrationsgerät (wahlweise)

h)

DOC-Analysator (wahlweise)

IV.2.2.   Ansatz des mineralischen Mediums

Zubereitung der Stammlösungen siehe I.6.2.

10 ml Lösung (a) mit 800 ml Verdünnungswasser mischen, 1 ml der Lösungen (b) bis (d) hinzugeben und mit Verdünnungswasser auf 1 l auffüllen.

IV.2.3.   Ansatz und Vorbereitung des Inokulums

Das Inokulum kann aus verschiedenen Quellen gewonnen werden: aus Belebtschlamm, aus Kläranlagenablauf, aus Oberflächenwasser, aus Böden oder aus mehreren dieser Quellen zugleich.

Vgl. I.6.4, I.6.4.1, I.6.4.2 und I.6.5.

IV.2.4.   Ansatz der Flaschen

Die folgenden Mengen- und Gewichtsangaben sind als Beispiel für 5-Liter-Flaschen mit 3 l Suspension zu verstehen. Werden Flaschen mit geringerem Volumen verwendet, sind die Angaben entsprechend zu ändern. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass das gebildete Kohlendioxid exakt gemessen werden kann.

In jede 5-l-Flasche werden 2 400 ml mineralisches Medium gegeben. Dazu wird eine geeignete Menge des vorbereiteten Belebtschlamms hinzugefügt (vgl. I.6.4.1 und I.6.5), um schließlich in den 3 l beimpfter Mischung eine Konzentration an suspendierten Feststoffen von nicht mehr als 30 mg/l zu erhalten. Alternativ dazu kann der vorbereitete Belebtschlamm zunächst im mineralischen Medium verdünnt werden zu einer Suspension von 500-1 000 mg/l. Danach wird dem Inhalt der 5-l-Flasche eine aliquote Menge hinzugegeben, um so eine Konzentration von 30 mg/l zu erhalten. Dieses letztere Verfahren sichert eine höhere Präzision. Es kann auch Inokulum anderer Herkunft verwendet werden (vgl. I.6.4.2).

Diese angeimpften Mischungen sind über Nacht mit CO2-freier Luft zu belüften, um das System von Kohlendioxid zu reinigen.

Die Prüf- und die Referenzsubstanz sind getrennt als Stammlösungen bekannten Volumens in die Gefäße des Parallelansatzes zu geben, um so Substanzkonzentrationen von 10 bis 20 mg/l DOC oder TOC zu erhalten; einige Gefäße sind ohne Zugabe von Substanz als Inokulum-Kontrollen mitzuführen. Schwerlösliche Prüfsubstanzen sind auf Gewichts- oder Volumenbasis direkt in die Gefäße zu geben oder gemäß Anlage 3 zu behandeln.

Falls erforderlich, ist ein Gefäß zur Kontrolle der möglichen Hemmwirkung der Prüfsubstanz zu verwenden; dazu ist sowohl die Prüf- als auch die Referenzsubstanz in derselben Konzentration zuzugeben wie in den anderen Gefäßen.

Falls erforderlich, ist eine weitere, sterile Flasche anzusetzen, um zu prüfen, ob die Prüfsubstanz abiotisch abgebaut wird; dazu ist eine nicht angeimpfte Lösung dieser Substanz zu verwenden (vgl. I.6.6). Sterilisierung durch Zugabe einer toxischen Substanz in geeigneter Konzentration.

Die Suspensionen in allen Flaschen sind durch Zugabe des zuvor mit CO2-freier Luft belüfteten mineralischen Mediums aufzufüllen. Wahlweise können Proben zur DOC-Analyse (vgl. Anlage 2.4) und/oder zur spezifischen Analyse entnommen werden. Die Absorptionsflaschen sind mit den Gasauslässen der Flaschen zu verbinden.

Bei Verwendung von Bariumhydroxid sind an jede 5-l-Flasche drei Absorptionsflaschen, jeweils gefüllt mit 100 ml Bariumhydroxidlösung 0,0125 M, in Serie anzuschließen. Die Lösung muss frei von ausgefälltem Sulfat und Karbonat sein; die Konzentration der Lösung ist unmittelbar vor Gebrauch zu bestimmen. Bei Verwendung von Natronlauge sind zwei Absorptionsfallen anzuschließen, wobei die zweite als Kontrolle dafür dient, ob das gesamte Kohlendioxid in der ersten Falle absorbiert wurde. Geeignet sind hierfür Absorptionsflaschen, die mit Serumflaschenverschlüssen versehen sind. In jede Flasche sind 200 ml Natronlauge 0,05 M zu geben; diese Menge ist ausreichend, um das gesamte bei vollständigem Abbau der Prüfsubstanz entstehende Kohlendioxid zu absorbieren. Auch nach frischer Zubereitung enthält die Natronlauge Spuren von Karbonaten, die durch Subtraktion des im Blindwert enthaltenen Karbonats berücksichtigt werden.

IV.2.5.   Anzahl der Flaschen in einem typischen Durchgang

Flaschen 1 und 2: Prüfsuspension

Flaschen 3 und 4: Inokulum-Blindwert

Flasche 5: Verfahrenskontrolle.

Empfohlen und falls notwendig:

Flasche 6: abiotische Sterilkontrolle

Flasche 7: Toxizitätskontrolle

Vgl. auch I.6.7.

IV.2.6.   Durchführung der Prüfung

Bei Versuchsbeginn wird CO2-freie Luft (Geschwindigkeit: 30-100 ml/min) in die Gefäße mit den Suspensionen geleitet. Zur Bestimmung der CO2-Entwicklung sind regelmäßig Proben des Kohlendioxid-Absorbers zu entnehmen. Es wird empfohlen, diese Messungen in den ersten zehn Tagen alle zwei oder drei, danach bis zum 28. Tag alle fünf Tage vorzunehmen, um das 10-Tage-Fenster zu ermitteln.

Am 28. Tag werden Proben (wahlweise) zwecks DOC- und/oder spezifischer Analyse entnommen, der pH-Wert der Suspensionen gemessen und jeder Flasche 1 ml konzentrierte Salzsäure zugesetzt; die Flaschen sind über Nacht zu belüften, um das in den Prüfsuspensionen vorhandene Kohlendioxid auszutreiben. Am 29. Tag ist die letzte Bestimmung der Kohlendioxidentwicklung vorzunehmen.

An den Tagen, an denen CO2-Messungen vorgenommen werden, ist die dem Testgefäß am nächsten stehende Bariumhydroxid-Absorptionsflasche abzutrennen und die Hydroxidlösung mit HCl 0,05 M unter Verwendung von Phenolphthalein als Indikator zu titrieren. Die verbleibenden Absorptionsflaschen rücken jeweils um einen Platz auf, und eine neue Absorptionsflasche mit 100 ml frischem Bariumhydroxid 0,0125 M wird an das Ende der Serie hinzugefügt. Die Titrationen sind je nach Bedarf vorzunehmen, z. B. wenn in der ersten Falle deutliche Niederschläge auftreten, d. h., bevor ein Niederschlag in der zweiten Falle sichtbar wird, zumindest aber einmal pro Woche. Alternativ kann man — bei Verwendung von NaOH als Absorber — mit einer Spritze eine kleine Probe Natronlauge (je nach verwendetem Kohlenstoffanalysator) aus der dem Testgefäß am nächsten stehenden Absorptionsflasche entnehmen und diese zur Bestimmung der Kohlenstoffentwicklung direkt in den IC-Teil des Kohlenstoffanalysators einspritzen.

Der Inhalt der zweiten Absorptionsfalle ist nur am Versuchsende zu analysieren, um eine mögliche Kohlendioxidübertragung zu berücksichtigen.

IV.3.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

IV.3.1.   Auswertung der Ergebnisse

Die in einem Absorber gebundene Menge CO2 ergibt sich nach Titration:

mg CO2 = (100 × CB — 0,5 × V × CA) × 44

Hierin bedeuten:

V

=

zur Titration der 100 ml im Absorber verbrauchtes Volumen HCl (ml)

CB

=

Konzentration der Bariumhydroxidlösung (M)

CA

=

Konzentration der Salzsäurelösung (M)

Wenn CB0,0125 M und CA0,05 M sind, beträgt das zur Titration von 100 ml Bariumhydroxid verbrauchte Volumen 50 ml, während sich die Menge an CO2 wie folgt ergibt:

Formula

Der Faktor zur Umrechnung des titrierten HO-Volumens in mg CO2 beträgt demnach 1,1.

Die Mengen des aus dem Inokulum allein und aus Inokulum plus Prüfsubstanz freigesetzten CO2 sind unter Verwendung der entsprechenden Titrationswerte zu berechnen; aus der Differenz ergibt sich die Menge des aus der Prüfsubstanz allein freigesetzten CO2.

Ergibt z. B. das Inokulum allein einen Titrationswert vom 48 ml, Inokulum plus Prüfsubstanz einen Wert von 45 ml, so betragen

CO2 aus dem Inokulum = 1,1 × (50-48) = 2,2 mg,

CO2 aus Inokulum plus Prüfsubstanz = 1,1 × (50-45) = 5,5 mg;

d. h., die Menge des aus der Prüfsubstanz allein freigesetzten CO2 liegt bei 3,3 mg.

Der prozentuale biologische Abbau berechnet sich wie folgt:

Formula

oder

Formula

wobei 3,67 der Umrechnungsfaktor (44/12) von Kohlenstoff in Kohlendioxid ist.

Der prozentuale Abbau für jeden beliebigen Zeitabschnitt kann durch Addition der prozentualen ThCO2-Werte ermittelt werden, die für jeden einzelnen Tag bis zum Zeitpunkt der Messung berechnet worden sind.

Bei Verwendung von Adsorptionsgefäßen mit Natronlauge ist die freigesetzte Kohlendioxidmenge, angegeben als IC (mg), durch Multiplikation der IC-Konzentration im Absorber mit dem Volumen des verwendeten Absorbers zu berechnen.

Der prozentuale biologische Abbau berechnet sich wie folgt:

Formula

Die DOC-Abnahme wird (wahlweise) entsprechend den Angaben unter Abschnitt I.7 berechnet. Die erhaltenen Werte werden zusammen mit allen anderen Ergebnissen auf den vorliegenden Datenblättern protokolliert.

IV.3.2.   Validität der Ergebnisse

Der IC-Gehalt der Prüfsuspension im mineralischen Medium zu Versuchsbeginn darf nicht mehr als 5 % des TC-Werts betragen, und die gesamte CO2-Entwicklung des Inokulum-Blindwerts zu Versuchsende sollte normalerweise 40 mg/l Medium nicht überschreiten. Bei Werten über 70 mg CO2 pro Liter sollten die Daten und das Versuchsverfahren kritisch überprüft werden.

Vgl. auch I.5.2.

IV.3.3.   Abschlussbericht

Vgl. I.8.

IV.4.   DATENBLATT

Nachstehend ein Beispiel eines Datenblattes.

KOHLENDIOXIDENTWICKLUNGSTEST

1.

LABOR

2.

DATUM BEI VERSUCHSBEGINN

3.   PRÜFSUBSTANZ

Name: …

Konzentration der Stammlösung: ... mg/l auf Substanz bezogen

Anfangskonzentration im Medium: ... mg/l auf Substanz bezogen

In die Flasche gegebene Gesamtmenge an C (TC): ... mg C

ThCO2: ... mg CO2

4.   INOKULUM

Herkunft: ...

Vorgenommene Behandlung: ...

Vorbereitung/Konditionierung (soweit zutreffend): ...

Konzentration der suspendierten Feststoffe im Reaktionsgemisch: ... mg/l

5.

KOHLENDIOXIDENTWICKLUNG UND ABBAUBARKEIT

Methode: Ba(OH)2/NaOH/Sonstige ...

Zeit

(Tag)

Freigesetztes CO2

Test (mg)

Freigesetztes CO2

Blindversuch (mg)

Freigesetztes CO2 kumulativ (mg)

(Test — Blindversuch)

% ThCO2

kumulativ Formula

1

2

Mittelwert

3

4

Mittelwert

1

2

1

2

Mittelwert

0

 

 

 

 

 

 

 

 

 

n1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

n2

 

 

 

 

 

 

 

 

 

n3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

28

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anmerkung: Für die Referenzsubstanz sowie für die Toxizitätskontrolle können ähnliche Formblätter verwendet werden.

6.   KOHLENSTOFFANALYSE (wahlweise)

Kohlenstoffanalysator: ...

Zeit (Tag)

Blindversuch mg/l

Prüfsubstanz mg/l

0

Cb(o)

Co

28 (6)

Cb(t)

Ct

Formula

7.   ABIOTISCHER ABBAU (wahlweise)

Formula

TEIL V:   MANOMETRISCHER RESPIRATIONSTEST (Methode C.4-D)

V.l.   PRINZIP DER METHODE

Ein definiertes Volumen des angeimpften mineralischen Mediums mit einer bekannten Konzentration der Prüfsubstanz (100 mg/l), die einem ThSB von mindestens 50-100 mg/l entsprechen als einziger nomineller Quelle organischen Kohlenstoffs, wird in einer geschlossenen Flasche bei konstanter Temperatur (± 1 oC oder genauer) bis zu 28 Tage gerührt. Der Sauerstoffverbrauch wird entweder durch Messung der (elektrolytisch erzeugten) Sauerstoffmenge bestimmt, die erforderlich ist, um in der Respirometerflasche ein konstantes Gasvolumen aufrechtzuerhalten, oder aus der Änderung des Volumens oder Drucks im Gerät (bzw. einer Kombination beider Parameter). Das entstandene Kohlendioxid wird in einer Lösung von Kaliumhydroxid oder einem anderen geeigneten Absorptionsmittel absorbiert. Die Menge des von der Prüfsubstanz aufgenommenen Sauerstoffs wird (nach Berücksichtigung des entsprechenden Wertes in dem parallel mitgeführten Inokulum-Blindversuch) als prozentualer Anteil des ThSB oder CSB angegeben. Wahlweise lässt sich Totalabbau durch DOC-Analyse, primärer biologischer Abbau auch aus einer ergänzenden spezifischen Analyse errechnen, die zu Beginn und am Ende der Inkubation vorgenommen wird.

V.2.   BESCHREIBUNG DER METHODE

V.2.1.   Geräte

a)

geeignetes Respirationsmessgerät

b)

Thermostat mit einer Temperaturkonstanz von ± 1 oC oder genauer

c)

Membranfiltrationsgerät (wahlweise)

d)

Kohlenstoffanalysator (wahlweise)

V.2.2.   Ansatz des mineralischen Mediums

Zubereitung der Stammlösungen siehe I.6.2.

10 ml Lösung (a) mit 800 ml Verdünnungswasser mischen, 1 ml der Lösungen (b) bis (d) hinzugeben und mit Verdünnungswasser auf 1 l auffüllen.

V.2.3.   Ansatz und Vorbereitung des Inokulums

Das Inokulum kann aus verschiedenen Quellen gewonnen werden: aus Belebtschlamm, aus Kläranlagenablauf, aus Oberflächenwasser, aus Böden oder aus mehreren dieser Quellen zugleich.

Vgl. I.6.4, I.6.4.1, I.6.4.2 und I.6.5.

V.2.4.   Ansatz der Flaschen

Lösungen der Prüf- und Referenzsubstanz sind aus den Stammlösungen in getrennten Ansätzen in einer Konzentration von normalerweise 100 mg/l Substanz entsprechend einem ThSB von mindestens 50-100 mg/l zuzubereiten.

Der ThSB ist auf der Grundlage der Bildung von Ammoniumsalzen zu berechnen, sofern nicht eine Nitrifikation zu erwarten ist, bei der die Berechnung auf der Grundlage einer Nitratbildung vorzunehmen ist (siehe Anlage 2.2).

Die pH-Werte sind zu bestimmen und, falls erforderlich, auf 7,4±0,2 einzustellen.

Schwerlösliche Substanzen sollten zu einem späteren Zeitpunkt hinzugegeben werden (siehe unten).

Wenn die Toxizität der Prüfsubstanz bestimmt werden soll, ist eine weitere Lösung in mineralischem Medium anzusetzen, die sowohl die Prüf- als auch die Referenzsubstanz enthält, und zwar in denselben Konzentrationen wie bei den Einzelansätzen.

Soweit die Messung der physikalisch-chemischen Sauerstoffaufnahme erforderlich ist, ist eine durch Zugabe einer geeigneten toxischen Substanz sterilisierte Lösung mit der Prüfsubstanz, entsprechend einem ThSB von normalerweise 100 mg/l, anzusetzen (vgl. I.6.6).

Die erforderliche Menge der Lösungen der Prüf- und der Referenzsubstanz wird jeweils auf zwei Flaschen verteilt. Daneben sind weitere Flaschen nur mit dem mineralischen Medium (für die Inokulum-Kontrollen) und, falls erforderlich, mit der gemischten Prüf-/Referenzlösung und mit der sterilen Lösung anzusetzen.

Handelt es sich um eine schwerlösliche Prüfsubstanz, wird diese gewichts- oder volumenbezogen zu diesem Zeitpunkt direkt in die Gefäße gegeben oder nach Anlage 3 behandelt. In die CO2-Absorptionsflaschen sind Kaliumhydroxid, Natronkalk-Pellets oder ein anderes Absorptionsmittel zu geben.

V.2.5.   Anzahl der Flaschen in einem typischen Durchgang

Flaschen 1 und 2: Prüfsuspension

Flaschen 3 und 4: Inokulum-Blindwert

Flasche 5: Verfahrenskontrolle

Empfohlen und falls notwendig:

Flasche 6: Sterilkontrolle

Flasche 7: Toxizitätskontrolle

Vgl. I.6.7.

V.2.6.   Durchführung der Prüfung

Nachdem die Gefäße die gewünschte Temperatur erreicht haben, werden sie mit vorbereitetem Belebtschlamm oder einem Inokulum anderer Herkunft in einer Konzentration von nicht mehr als 30 mg suspendierter Feststoffe pro Liter beimpft. Danach wird die Versuchsanordnung zusammengestellt, das Rührgerät angestellt, auf Luftabschluss geprüft und mit der Messung der Sauerstoffaufnahme begonnen. Bis auf die notwendigen Ablesungen sowie täglichen Kontrollen der richtigen Temperatur und des erforderlichen angemessenen Rührens ist gewöhnlich kein weiterer Aufwand notwendig.

Die Sauerstoffaufnahme ist aus den in regelmäßigen und kurzen Abständen abgelesenen Messwerten zu berechnen; dabei sind die vom Gerätehersteller angegebenen Methoden zu verwenden. Am Ende der Inkubation, normalerweise nach 28 Tagen, sind die pH-Werte der Flascheninhalte zu messen, insbesondere wenn die Sauerstoffaufnahme niedrig ist bzw. über dem ThSBNH4 liegt (für stickstoffhaltige Verbindungen).

Falls erforderlich, sind den Respirometerflaschen am Anfang und am Ende Proben zur DOC-Analyse oder zur spezifischen Analyse zu entnehmen (vgl. Anlage 2.4). Bei der ersten Probenahme ist sicherzustellen, dass das Volumen der in der Flasche verbleibenden Prüfsuspension bekannt ist. Im Falle der Sauerstoffaufnahme einer stickstoffhaltigen Prüfsubstanz, ist die Zunahme der Nitrit- und Nitratkonzentration über einen Zeitraum von 28 Tagen zu bestimmen und der Sauerstoffverbrauch infolge Nitrifikation zu berücksichtigen (Anlage 5).

V.3.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

V.3.1.   Auswertung der Ergebnisse

Die Sauerstoffaufnahme (mg) der Prüfsubstanz nach einer vorgegebenen Zeit (korrigiert um die Sauerstoffaufnahme der Inokulum-Blindkontrolle nach der gleichen Zeit) ist durch das Gewicht der verwendeten Prüfsubstanz zu dividieren. Dadurch erhält man den BSB, ausgedrückt als mg Sauerstoff pro mg Prüfsubstanz:

Formula

= mg O2 pro mg Prüfsubstanz

Der prozentuale biologische Abbau ist zu berechnen entweder nach:

Formula

oder nach:

Formula

Dabei ist anzumerken, dass diese beiden Verfahren nicht notwendigerweise denselben Wert ergeben; vorzugsweise sollte das erstere Verfahren angewendet werden.

Bei stickstoffhaltigen Prüfsubstanzen ist, je nachdem, ob eine Nitrifikation zu erwarten ist oder nicht, der entsprechende ThSB-Wert (NH4 oder NO3) zu verwenden (Anlage 2.2). Bei auftretender, jedoch unvollständiger Nitrifikation, ist aus den Veränderungen der Nitrit- und Nitratkonzentration ein Korrekturfaktor für den durch die Nitrifikation verbrauchten Sauerstoff zu berechnen (Anlage 5).

Wenn wahlweise Bestimmungen des organischen Kohlenstoffs und/oder einer Einzelsubstanz vorgenommen werden, ist der prozentuale Abbau entsprechend I.7 zu berechnen.

Sämtliche Ergebnisse sind auf den beigefügten Datenblättern zu protokollieren.

V.3.2.   Gültigkeit der Ergebnisse

Die Sauerstoffaufnahme des Inokulum-Blindwerts liegt normalerweise bei 20-30 mg/l O2 und sollte nach 28 Tagen nicht größer sein als 60 mg/l. Bei Werten über 60 mg/l sollten die Daten und Versuchsdurchführung kritisch überprüft werden. Wenn der pH-Wert außerhalb des Bereichs 6-8,5 liegt und der Sauerstoffverbrauch durch die Prüfsubstanz unter 60 % beträgt, ist der Test mit einer geringeren Konzentration der Prüfsubstanz zu wiederholen.

Vgl. auch I.5.2.

V.3.3.   Abschlussbericht

Vgl. I.8.

V.4.   DATENBLATT

Nachstehend ein Beispiel eines Datenblatts.

MANOMETRISCHER RESPIRATIONSTEST

1.

LABOR

2.

DATUM BEI VERSUCHSBEGINN

3.   PRÜFSUBSTANZ

Name:

Konzentration der Stammlösung: ... mg/l

Anfangskonzentration im Medium, Co: ... mg/l

Volumen in der Prüfflasche (V): ... ml

ThSB/CSB: ... mg O2/mg Prüfsubstanz (NH4, NO3)

4.   INOKULUM

Herkunft: ...

Vorgenommene Behandlung: ...

Vorbereitung/Konditionierung (soweit zutreffend): ...

Konzentration der suspendierten Feststoffe im Reaktionsgemisch: ... mg/l

5.   SAUERSTOFFAUFNAHME: BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT

 

Zeit (Tage)

0

 

7

 

14

 

 

21

 

 

28

 

O2-Aufnahme (mg) Prüfsubstanz

1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

a, Mittelwert

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

O2-Aufnahme (mg) Blindwert

3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

b, Mittelwert

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Korrigierter BSD (mg)

(a1 - bm)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(a2 - bm)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

BSB pro mg Prüfsubstanz

Formula

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Formula

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

% Abbau

Formula

D1 (a1)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

D2 (a2)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mittelwert (7)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

V = Volumen des Mediums in der Prüfflasche.

Anmerkung: Für die Referenzsubstanz sowie Toxizitätskontrolle können ähnliche Formblätter verwendet werden.

6.   KORREKTUR INFOLGE NITRIFIKATION (vgl. Anlage 5)

Tag

0

28

Differenz

(i)

Nitratkonzentration (mg N/l)

 

 

(N)

(ii)

Sauerstoffäquivalent (4,57 × N × V) (mg)

 

(iii)

Nitritkonzentration (mg N/l)

 

 

(N)

(iv)

Sauerstoffäquivalent (3,43 × N × V) (mg)

 

(ii + iv)

Gesamtsauerstoffäquivalent

 

7.   KOHLENSTOFFANALYSE (wahlweise)

Kohlenstoffanalysator: ...

Zeit (Tag)

Blindversuch mg/l

Prüfsubstanz mg/l

0

Cb(o)

Co

28 (8)

Cb(t)

Ct

Formula

8.   SPEZIFISCHE ANALYSE (wahlweise)

Sb

=

Konzentration der Prüfsubstanz in der physikalisch-chemischen (steril-)Kontrolle nach 28 Tagen

Sa

=

Konzentration in der angeimpften Flasche nach 28 Tagen

Formula

9.   ABIOTISCHER ABBAU (wahlweise)

a

=

Sauerstoffverbrauch in sterilen Flaschen nach 28 Tagen (mg)

Formula

(vgl. Abschnitte 1 und 3)

Formula

TEIL VI:   GESCHLOSSENER FLASCHENTEST (Methode C.4-E)

VI.1.   PRINZIP DER METHODE

Die Lösung der Prüfsubstanz im mineralischen Medium, normalerweise in einer Konzentration von 2-5 mg/l, wird mit einer relativ kleinen Anzahl Mikroorganismen einer gemischten Population beimpft und in vollständig gefüllten, verschlossenen Flaschen im Dunkeln bei konstanter Temperatur gehalten. Der Abbau wird 28 Tage lang mittels Analyse des gelösten Sauerstoffs verfolgt. Die von der Prüfsubstanz verbrauchte Sauerstoffmenge, korrigiert um die Aufnahme im parallelen Inokulum-Blindversuch, wird als Prozent des ThSB oder CSB angegeben.

VI.2.   BESCHREIBUNG DER METHODE

VI.2.1.   Geräte

a)

BSB-Flaschen mit Glasstopfen, z. B. 250-300 ml;

b)

Wasserbad oder Inkubator, in dem die Flaschen im Dunkeln bei konstanter Temperatur (± 1 oC oder genauer) gehalten werden;

c)

große Glasflaschen (2-5 l) zur Vorbereitung der Medien und zum Füllen der BSB-Flaschen;

d)

Sauerstoffelektrode und -messgerät bzw. Ausrüstung und Reagenzien zur Winkler-Titration.

VI.2.2.   Ansatz des mineralischen Mediums

Zubereitung der Stammlösungen siehe I.6.2.

1 ml der Lösungen (a) bis (d) zusammengeben und mit Verdünnungswasser auf 1 l auffüllen.

VI.2.3.   Ansatz des Inokulums

Das Inokulum ist normalerweise von Abläufen einer Kläranlage oder Anlagen im Labormaßstab, denen vorwiegend häusliche Abwässer zugeleitet werden, zu entnehmen. Alternativ kann ein Inokulum aus Oberflächengewässern verwendet werden. Die Verwendung sollte üblicherweise ein Tropfen (0,05 ml) bis 5 ml Filtrat pro Liter Medium betragen; Versuche können erforderlich werden, um das geeignete Volumen für den jeweiligen Ablauf zu ermitteln. (Vgl. I.6.4.2 und I.6.5).

VI.2.4.   Ansatz der Flaschen

Das mineralische Medium ist über mindestens 20 min intensiv zu belüften. Jede Prüfreihe ist mit mineralischem Medium aus derselben Charge durchzuführen. Im Allgemeinen ist das Medium nach 20 h Stehen bei der Prüftemperatur gebrauchsfertig. Für Kontrollzwecke ist die Konzentration des gelösten Sauerstoffs zu bestimmen; der Wert sollte bei 20 oC etwa 9 mg/l betragen. Alle Transfer- und Fülloperationen mit luftgesättigtem Medium sind blasenfrei auszuführen, z. B. durch Verwendung von Ansaughebern.

Gruppen von Flaschen zur gleichzeitigen BSB-Bestimmung der Prüf- und Referenzsubstanz werden in parallelen Versuchsreihen angesetzt. Eine ausreichende Anzahl von BSB-Flaschen — einschließlich der für die Inokulum-Blindversuche — ist so aufzustellen, dass zu den gewünschten Zeitpunkten, z. B. nach 0, 7, 14, 21 und 28 Tagen, mindestens Doppelmessungen des Sauerstoffverbrauchs vorgenommen werden können. Wenn das 10-Tage-Fenster erkannt werden soll, können mehr Flaschen erforderlich sein.

Die großen Flaschen werden zu etwa einem Drittel ihres Volumens mit vollständig belüftetem mineralischem Medium gefüllt. Danach wird so viel an Stammlösungen der Prüf- sowie der Referenzsubstanz in getrennte Flaschen gegeben, dass die Endkonzentration der Substanzen im Normalfall nicht größer als 10 mg/l ist. Der Blindkontrolle werden in einer anderen großen Flasche keine chemischen Substanzen hinzugesetzt.

Um sicherzustellen, dass die Aktivität des Inokulums nicht eingeschränkt wird, darf die Konzentration des gelösten Sauerstoffs in den BSB-Flaschen nicht unter 0,5 mg/l fallen. Dies beschränkt die Konzentration der Prüfsubstanz auf etwa 2 mg/l. Für schwer abbaubare Substanzen und solche mit einem geringen ThSB können jedoch 5-10 mg/l verwendet werden. In einigen Fällen kann es ratsam sein, parallele Versuchsreihen mit der Prüfsubstanz in zwei verschiedenen Konzentrationen, z. B. 2 und 5 mg/l, anzusetzen. Normalerweise ist der ThSB auf der Grundlage der Bildung von Ammoniumsalzen zu berechnen; wenn aber eine Nitrifikation erwartet oder vorausgesetzt werden kann, muss die Berechnung auf der Basis der Nitratbildung erfolgen (ThSBNO3: siehe Anlage 2.2). Bei auftretender, jedoch unvollständiger Nitrifikation muss eine Korrektur erfolgen, die die Veränderungen der analytisch ermittelten Nitrit- und Nitratkonzentration berücksichtigt (Anlage 5).

Wenn die Toxizität der Prüfsubstanz bestimmt werden soll (z. B. im Falle einer zuvor ermittelten geringen biologischen Abbaubarkeit), ist eine zusätzliche Reihe Flaschen notwendig.

Eine weitere große Flasche ist mit belüftetem mineralischem Medium (etwa bis zu einem Drittel ihres Volumens) mit Prüf- und Referenzsubstanz zusammen anzusetzen, in Endkonzentrationen wie normalerweise in den anderen großen Flaschen.

Die Lösungen in den großen Flaschen sind mit dem Ablauf aus einer Kläranlage (ein Tropfen oder etwa 0,05 ml auf 5 ml/l) oder mit einem Inokulum anderer Herkunft, z. B. Flusswasser, zu beimpfen (vgl. I.6.4.2). Schließlich werden die Lösungen mit Hilfe eines Schlauches, der bis zum Boden der Flasche reicht, mit belüftetem mineralischem Medium aufgefüllt, um eine ausreichende Durchmischung zu gewährleisten.

VI.2.5.   Anzahl der Flaschen in einem typischen Ansatz

In einem typischen Ansatz werden folgende Flaschen benötigt:

mindestens 10 Flaschen mit Prüfsubstanz und Inokulum (Prüfsuspension),

mindestens 10 Flaschen nur mit Inokulum (Inokulum-Blindwert),

mindestens 10 Flaschen mit Referenzsubstanz und Inokulum (Verfahrenskontrolle),

sowie, falls erforderlich, 6 Flaschen mit der Prüf-, der Referenzsubstanz und dem Inokulum (Toxizitätskontrolle). Um jedoch sicherzustellen, das 10-Tage-Fenster zu erkennen, ist etwa die doppelte Anzahl Flaschen erforderlich.

VI.2.6.   Durchführung der Prüfung

Jede zubereitete Lösung wird sofort mit einem Schlauch aus dem unteren Viertel (nicht vom Flaschenboden) der entsprechenden großen Flasche auf die jeweilige Gruppe von BSB-Flaschen verteilt, bis alle BSB-Flaschen vollständig gefüllt sind. Danach wird leicht an die Flaschen geklopft, um mögliche Luftblasen zu entfernen. Die Flaschen zum Zeitpunkt 0 werden sofort nach dem Winkler- oder dem Elektrodenverfahren auf gelösten Sauerstoff analysiert. Der Inhalt der Flaschen kann zwecks späterer Analyse durch Zugabe von Mangan-(II)-sulfat und Natronlauge (dem ersten Winkler-Reagens) konserviert werden. Die sorgfältig mit einem Stopfen verschlossenen Flaschen, die den fixierten Sauerstoff als braunes Mangan-(III)-oxihydrat enthalten, sind im Dunkeln bei 10-20 oC nicht länger als 24 h aufzubewahren, bevor mit dem Winkler- Verfahren fortgefahren wird. Die verbleibenden parallelen Flaschen werden mit einem Stopfen versehen, wobei darauf zu achten ist, dass keine Luftblasen in den Flaschen eingeschlossen werden, und bei 20 oC im Dunkeln inkubiert. Neben jeder Versuchsreihe führt man eine vollständige Parallelreihe zur Bestimmung des Inokulum-Blindwerts mit. Während der 28-tägigen Inkubation sind in bestimmten Zeitabständen (mindestens einmal wöchentlich) mindestens zwei Flaschen pro Serie zwecks Untersuchung auf gelösten Sauerstoff zu entnehmen.

Die wöchentlichen Proben gestatten die Bewertung der prozentualen Abnahme in einem 14-Tage-Fenster, während die Probenahme alle 3-4 Tage die Bestimmung des 10-Tage-Fensters ermöglichen soll, wofür jedoch etwa die doppelte Anzahl von Flaschen erforderlich ist.

Bei stickstoffhaltigen Prüfsubstanzen sind Korrekturen für die Sauerstoffaufnahme infolge Nitrifikation vorzunehmen. Dazu ist die O2-Elektrodenmethode zur Bestimmung der Konzentration von gelöstem Sauerstoff zu verwenden und anschließend zwecks Nitrit- und Nitratanalyse eine Probe aus der BSB-Flasche zu entnehmen. Aus der Zunahme der Nitrit- und Nitratkonzentration ist der Sauerstoffverbrauch zu berechnen (siehe Anlage 5).

VI.3.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

VI.3.1.   Auswertung der Ergebnisse

Zuerst ist der BSB nach jedem Zeitabschnitt zu berechnen; dazu ist die O2-Eigenzehrung (mg O2/l) des Inokulum-Blindansatzes von dem Wert des Prüfansatzes zu subtrahieren. Diese korrigierte Zehrung ist durch die Konzentration (mg/l) der Prüfsubstanz zu dividieren, um so den spezifischen BSB, ausgedrückt als mg Sauerstoff pro mg Prüfsubstanz, zu erhalten. Die prozentuale biologische Abbaubarkeit wird dann durch Dividieren des spezifischen BSB durch den spezifischen ThSB (bestimmt entsprechend Anlage 2.2) oder CSB (bestimmt durch Analyse, vgl. Anlage 2.3) wie folgt berechnet:

Formula

= mg O2 pro mg Prüfsubstanz

Formula

oder

Formula

Dabei ist anzumerken, dass diese beiden Verfahren nicht notwendigerweise denselben Wert ergeben; vorzugsweise sollte das erste Verfahren verwendet werden.

Bei stickstoffhaltigen Prüfsubstanzen ist, je nachdem, ob eine Nitrifikation zu erwarten ist oder nicht (Anlage 2.2), der entsprechende ThSB-Wert (NH4 oder NO3) zu verwenden. Bei stattfindender, jedoch unvollständiger Nitrifikation ist aus den Veränderungen der Nitrit- und Nitratkonzentration ein Korrekturfaktor für den durch die Nitrifikation verbrauchten Sauerstoff zu berechnen (Anlage 5).

VI.3.2.   Gültigkeit der Ergebnisse

Bei der Impfzehrkontrolle sollte der Sauerstoffverbrauch nach 28 Tagen 1,5 mg gelösten Sauerstoff pro Liter nicht überschreiten. Bei höheren Werten ist eine Überprüfung der Versuchsdurchführung vorzunehmen. Die in den Prüfflaschen verbleibende Sauerstoffkonzentration darf zu keinem Zeitpunkt 0,5 mg/l unterschreiten. Solch niedrige Sauerstoffkonzentrationen sind nur gültig, wenn das zur Bestimmung des gelösten Sauerstoffs verwendete Verfahren in der Lage ist, solche Konzentrationen genau zu messen.

Vgl. auch I.5.2.

VI.3.3.   Abschlussbericht

Vgl. I.8.

VI.4.   DATENBLATT

Nachstehend ein Beispiel eines Datenblatts

GESCHLOSSENER FLASCHENTEST

1.

LABOR

2.

DATUM BEI VERSUCHSBEGINN

3.   PRÜFSUBSTANZ

Name:

Konzentration der Stammlösung: ... mg/l

Anfangskonzentration in der Flasche: ... mg/l

ThSB bzw. CSB: ... mg O2/mg Prüfsubstanz

4.   INOKULUM

Herkunft: ...

Vorgenommene Behandlung: ...

Vorbereitung/Konditionierung (falls zutreffend): ...

Konzentration im Reaktionsgemisch: ... ml/l

5.   DO-BESTIMMUNG

Methode: Winkler- oder Elektrodenverfahren

Flaschenanalysen

Inkubationszeit (d)

DO (mg/l)

0

n1

n2

 

Blindwert (ohne Prüfsubstanz)

1

C1

 

 

 

 

2

C2

 

 

 

 

Mittelwert

Formula

 

 

 

 

Prüfsubstanz

1

a1

 

 

 

 

 

2

a2

 

 

 

 

Mittelwert

Formula

 

 

 

 

Anmerkung: Für die Referenzsubstanz sowie Toxizitätskontrolle können ähnliche Formblätter verwendet werden.

6.   KORREKTUR INFOLGE NITRIFIKATION (vgl. Anlage 5)

Inkubationszeit (d)

0

n1

n2

n3

(i)

Nitratkonzentration (mg N/l)

 

 

 

 

(ii)

Änderung der Nitratkonzentration (mg N/l)

 

 

 

(iii)

Sauerstoffäquivalent (mg/l)

 

 

 

(iv)

Nitritkonzentration (mg N/l)

 

 

 

 

(v)

Änderung der Nitritkonzentration (mg N/l)

 

 

 

(vi)

Sauerstoffäquivalent (mg/l)

 

 

 

(iii + vi)

Sauerstoffäquivalent insges. (mg/l)

 

 

 

7.   DO-ZEHRUNG: % ABBAU

 

Zehrung nach n Tagen (mg/l)

n1

n2

n3

 

FLASCHE 1: (mto - mtx — (mbo - mbx)

 

 

 

 

FLASCHE 2: (mto - mtx) — (mbo - mbx)

 

 

 

 

FLASCHE 1:

Formula

 

 

 

 

FLASCHE 2:

Formula

 

 

 

 

 (9)

Formula

 

 

 

 

mt0

=

Wert in der Prüfflasche zur Zeit 0

mtx

=

Wert in der Prüfflasche zur Zeit x

mbo

=

Mittelwert Blindansatz zur Zeit 0

mbx

=

Mittelwert Blindansatz zur Zeit x

Außerdem ist die Korrektur infolge Nitrifikation aus iii + iv in Abschnitt 6 vorzunehmen.

8.   DO-ZEHRUNG IM INOKULUM-BLINDANSATZ

Sauerstoffverbrauch im Blindversuch: (mbo - mb28) mg/l. Dieser Verbrauch ist wichtig für die Gültigkeit des Tests. Er sollte unter 1,5 mg/l liegen.

TEIL VII:   MITI-TEST (Methode C.4-F)

VII.1.   PRINZIP DER METHODE

Das Prinzip der Methode besteht in der automatischen Messung der Sauerstoffaufnahme durch eine gerührte Lösung oder Suspension der Prüfsubstanz in einem mit speziell gezüchteten, nicht adaptierten Mikroorganismen angeimpften mineralischen Medium; die Messung erfolgt über einen Zeitraum von 28 Tagen in einem abgedunkelten, geschlossenen Respirationsmessgerät bei 25 ± 1 oC. Das entstehende Kohlendioxid wird durch Natronkalk absorbiert. Die biologische Abbaubarkeit wird als prozentuale Sauerstoffaufnahme (nach Berücksichtigung der Aufnahme aus dem Blindansatz) auf der Grundlage der theoretischen Aufnahme (ThSB) angegeben. Zusätzlich wird der Grad des biologischen Primärabbaus aus der ergänzenden spezifischen Analyse errechnet, die zu Beginn und am Ende der Inkubation vorgenommen wird, wahlweise auch durch DOC-Analyse.

VII.2.   BESCHREIBUNG DER METHODE

VII.2.1.   Geräte

a)

Automatisches elektrolytisches BSB-Messgerät oder Respirometer, normalerweise ausgestattet mit 6 Flaschen zu je 300 ml mit Bechern für das CO2-Absorbens;

b)

Klimakammer und/oder Wasserbad mit 25 oC ± 1 oC oder genauer;

c)

Membranfiltrationsgerät (wahlweise);

d)

Kohlenstoffanalysator (wahlweise).

VII.2.2.   Ansatz des mineralischen Mediums

Die folgenden Stammlösungen sind unter Verwendung von Reagenzien des Reinheitsgrades zur Analyse (p. a.) und Wasser (I.6.1) anzusetzen:

a)

Kaliumdihydrogenorthophosphat, KH2PO4

8,50 g

Dikaliummonohydrogenorthophosphat, K2HPO4

21,75 g

Dinatriummonohydrogenorthophosphat-Dodecahydrat, Na2HPO4.12 H2O

44,60 g

Ammoniumchlorid, NH4Cl

1,70 g

in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt;

 

der pH-Wert der Lösung sollte 7,2 betragen,

 

b)

Magnesiumsulfat-Heptahydrat, MgSO4.7 H2O

22,50 g

in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt.

 

c)

Calciumchlorid, wasserfrei, CaCl2

27,50 g

in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt.

 

d)

Eisen(III)chlorid-Hexahydrat, FeCl3.6 H2O

0,25 g

in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt.

 

Je 3 ml der Lösungen a, b, c, d zusammengeben und auf 1 l auffüllen.

VII.2.3.   Ansatz des Inokulums

Es sind frische Proben an mindestens zehn Orten zu entnehmen, vorzugsweise aus Gebieten, in denen eine Vielzahl chemischer Substanzen verwendet und eingetragen werden. An solchen Orten wie kommunalen Kläranlagen, Industriekläranlagen, Flüssen, Seen oder dem Meer sind 1-l-Proben Belebtschlamm, Oberboden, Wasser usw. zu entnehmen und gründlich zu durchmischen. Nach Entfernen aufschwimmender Stoffe wird die Probe stehen gelassen und der Überstand mit Natronlauge oder Phosphorsäure auf einen pH-Wert von 7 ± 1 eingestellt.

Ein geeignetes Volumen des abfiltrierten Überstands wird in ein Belebtschlammgefäß gefüllt und etwa 23 1/2 h belüftet. Eine halbe Stunde nach Abschalten der Belüftung wird etwa ein Drittel des gesamten Überstands entnommen und das gleiche Volumen einer Lösung (pH 7), aus jeweils 0,1 % Glukose, Pepton und Kaliumorthophosphat, dem abgesetzten Material hinzugefügt und weiterbelüftet. Diese Schritte sind täglich zu wiederholen. Die Belebtschlammanlage ist unter Beachtung folgender Kriterien ordnungsgemäß zu betreiben: Der Überstand sollte klar sein und einen pH-Wert von 7 ± 1 aufweisen, die Temperatur sollte 25 ± 2 oC betragen, der Schlamm sollte sich gut absetzen, die Anlage sollte ausreichend belüftet werden, um die Mischung jederzeit aerob zu halten, es sollten Protozoa vorhanden sein, und die Aktivität des Schlamms sollte mindestens alle 3 Monate mit einer Referenzsubstanz überprüft werden. Vor Verwendung einer Schlammprobe als Inokulum muss die Anlage mindestens einen Monat, aber nicht länger als 4 Monate in Betrieb gewesen sein. Danach sind in regelmäßigen Abständen, alle 3 Monate, Proben an mindestens 10 Orten zu entnehmen.

Um frischen und alten Belebtschlamm bei gleicher Aktivität zu halten, wird der filtrierte Überstand des alten, bereits in der Prüfung verwendeten Belebtschlamms mit einem gleichen Teil Überstandsfiltrat einer frisch gewonnenen Mischung von zehn Orten gemischt. Die Gesamtmischung wird wie beschrieben weitergezüchtet. Als Inokulum sind Schlammproben erst 18-24 h nach Beschickung der Anlage zu verwenden.

VII.2.4.   Ansatz der Flaschen

Es sind folgende sechs Flaschen anzusetzen:

Nr. 1: 100 mg/l Prüfsubstanz in Verdünnungswasser

Nr. 2, 3 und 4: 100 mg/l Prüfsubstanz in mineralischem Medium

Nr. 5: 100 mg/l Referenzsubstanz (z. B. Anilin) in mineralischem Medium

Nr. 6: nur mineralisches Medium

Schwerlösliche Prüfsubstanzen werden gewichts- oder volumenbezogen direkt in die Flasche gegeben oder entsprechend Anlage 3 behandelt (mit der Abweichung, dass weder Lösungsmittel noch Emulgatoren verwendet werden dürfen). Das CO2-Absorbens wird allen Flaschen in die dafür vorgesehenen Behälter gegeben und der pH-Wert in den Flaschen Nr. 2, 3 und 4 auf 7,0 eingestellt.

VII.2.5.   Durchführung der Prüfung

Die Flaschen Nr. 2, 3 und 4 (Prüfsuspensionen), Nr. 5 (Aktivitätsprüfung) und Nr. 6 (Inokulum-Blindversuch) werden mit einer geringen Menge Inokulum angeimpft, um eine Konzentration an suspendierten Feststoffen von 30 mg/l zu erhalten. Flasche Nr. 1, die als abiotische Kontrolle dient, erhält kein Inokulum. Anschließend ist die Versuchsanordnung aufzubauen, auf Luftabschluss zu prüfen, die Rührgeräte anzustellen und mit der Messung der Sauerstoffaufnahme im Dunkeln zu beginnen. Es sind tägliche Kontrollen der Temperatur, des Rührgeräts und des coulometrischen Registriergeräts für die Sauerstoffaufnahme vorzunehmen und eventuelle Farbänderungen des Flascheninhalts zu protokollieren. Die Sauerstoffaufnahme für die sechs Flaschen ist direkt mit Hilfe eines geeigneten Geräts, zum Beispiel am Sechsfachschreiber abzulesen, der eine BSB-Kurve erzeugt. Am Ende der Inkubation, normalerweise nach 28 Tagen, sind die pH-Werte der Flascheninhalte zu messen und die Konzentration der restlichen Prüfsubstanz sowie möglicher Abbauprodukte und, im Falle wasserlöslicher Stoffe, die DOC-Konzentration zu bestimmen (Anlage 2.4). Besondere Vorsicht ist bei flüchtigen Substanzen geboten. Ist eine Nitrifikation zu erwarten, sind — wenn möglich — Nitrat- und Nitritkonzentration zu bestimmen.

VII.3.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

VII.3.1.   Auswertung der Ergebnisse

Die Sauerstoffaufnahme (mg) durch die Prüfsubstanz nach einer vorgegebenen Zeit (korrigiert um die Sauerstoffaufnahme der Inokulum-Blindkontrolle nach der gleichen Zeit) ist durch die Menge der verwendeten Prüfsubstanz zu dividieren. Dadurch erhält man den BSB, angegeben als mg Sauerstoff pro mg Prüfsubstanz:

Formula

= mg O2 pro mg Prüfsubstanz

Der prozentuale biologische Abbau ist dann wie folgt zu berechnen:

Formula

Bei Mischungen ist der ThSB aus der Elementanalyse — wie für einfache Verbindungen — zu berechnen. Der zu verwendende ThSB-Wert (ThSBNH4 oder ThSBNO3) richtet sich danach, ob keine oder eine vollständige Nitrifikation stattgefunden hat (Anlage 2.2). Bei auftretender, jedoch unvollständiger Nitrifikation, ist ein Korrekturfaktor für den durch die Nitrifikation verbrauchten Sauerstoff aus den Änderungen der Nitrit- und Nitratkonzentration zu berechnen (Anlage 5).

Der prozentuale biologische Primärabbau wird aus dem Verlust an spezifischer (Ausgangs-)Substanz ermittelt (vgl. I.7.2).

Formula

Wird in Flasche Nr. 1 bei der Bestimmung des physikalisch-chemischen Abbaus ein Verlust an Prüfsubstanz festgestellt, so ist dies zu protokollieren und die Konzentration der Prüfsubstanz (Sb) nach 28 Tagen in dieser Flasche zur Berechnung des prozentualen biologischen Abbaus zu verwenden.

Wenn DOC-Bestimmungen vorgenommen werden (wahlweise), dann ist der prozentuale biologische Endabbau entsprechend I.7.1. aus

Formula

zu berechnen. Wird in Flasche Nr. 1 bei der Bestimmung des physikalisch-chemisch bedingten Abbaus eine Abnahme an DOC festgestellt, so ist die DOC-Konzentration in dieser Flasche zur Berechnung des prozentualen biologischen Abbaus zu verwenden.

Sämtliche Ergebnisse sind auf den beigefügten Datenblättern zu protokollieren.

VII.3.2.   Gültigkeit der Ergebnisse

Die Sauerstoffaufnahme in dem Inokulum-Blindansatz liegt normalerweise bei 20-30 mg/l O2 und sollte nach 28 Tagen einen Wert von 60 mg/l nicht überschreiten. Bei Werten über 60 mg/l sollten die Daten und die Versuchsdurchführung kritisch überprüft werden. Liegt der pH-Wert außerhalb des Bereichs 6-8,5 und der Sauerstoffverbrauch durch die Prüfsubstanz unter 60 %, ist der Test mit einer geringeren Konzentration an Prüfsubstanz zu wiederholen.

Vgl. auch I.5.2.

Wenn der aus dem Sauerstoffverbrauch berechnete prozentuale Abbau des Anilins nach 7 Tagen nicht mehr als 40 % und nach 14 Tagen nicht mehr als 65 % beträgt, wird der Test als ungültig betrachtet.

VII.3.3.   Abschlussbericht

Vgl. I.8.

VII.4.   DATENBLATT

Nachstehend ein Beispiel eines Datenblatts

MITI-(I)-TEST

1.

LABOR

2.

DATUM BEI VERSUCHSBEGINN

3.   PRÜFSUBSTANZ

Name:

Konzentration der Stammlösung: ... mg/l auf Substanz bezogen

Anfangskonzentration im Medium, Co: ... mg/l auf Substanz bezogen

Volumen des Reaktionsgemisches, V: ... ml

ThSB: ... mg O2/l

4.   INOKULUM

Entnahmeorte:

1)

6)

2)

7)

3)

8)

4)

9)

5)

10)

Konzentration der suspendierten Feststoffe im Belebtschlamm nach Akklimatisierung mit synthetischen Abwässern = ... mg/l

Menge Belebtschlamm pro Liter im Versuchsansatz = ... ml

Konzentration des Schlamms im Versuchsansatz = ... mg/l

5.   SAUERSTOFFAUFNAHME: BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT

Verwendeter respirometertyp:

 

Zeit (Tage)

0

7

14

21

28

Aufnahme (mg) Prüfsubstanz

a1

 

 

 

 

 

a2

 

 

 

 

 

a3

 

 

 

 

 

O2 Aufnahne (mg) Blindwert

b

 

 

 

 

 

Korrigierte O2-Aufnahne (mg)

(a1 - b)

(a2 - b)

(a3 - b)

 

 

 

 

 

BSB pro mg Prüfsubstanz

Formula

Flasche 1

 

 

 

 

 

Flasche 2

 

 

 

 

 

Flasche 3

 

 

 

 

 

% Abbau

Formula

 

1

 

 

 

 

 

2

 

 

 

 

 

3

 

 

 

 

 

Mittelwert (10)

 

 

 

 

 

Anmerkung: Für die Referenzsubstanz sowie Toxizitätskontrolle können ähnliche Formblätter verwendet werden.

6.   KOHLENSTOFFANALYSE (wahlweise):

Kohlenstoffanalysator: ...

Flasche

DOC

%DOC-Abnahme

Mittelwert

Gemessener

Korrigierter

Wasser + Prüfsubstanz

a

 

 

 

Schlamm + Prüfsubstanz

b1

 

b1 - c

 

 

 

Schlamm + Prüfsubstanz

b2

 

b2 - c

 

 

 

Schlamm + Prüfsubstanz

b3

 

b3 - c

 

 

 

Blindkontrolle

c

 

 

Formula

7.   DATEN AUS DER SPEZIFISCHEN ANALYSE

 

Restliche Menge an Prüfsubstanz zu Versuchsende

% Abbau

Blindversuch mit Wasser

Sb

 

Angeimpftes Medium

Sa1

 

Sa2

 

Sa3

 

Formula

Der prozentuale Abbau ist für die Flaschen a1, a2 bzw. a3 zu berechnen

8.   ANMERKUNGEN

Nach Möglichkeit ist die BSB-Zeit-Kurve beizufügen.

Anlage 1

ABKÜRZUNGEN UND DEFINITIONEN

DO

:

Gelöster Sauerstoff (Dissolved Oxygen) (mg/l) — Konzentration des in einer wässrigen Probe gelösten Sauerstoffs.

BSB

:

Biochemischer Sauerstoffbedarf (g) — von den Mikroorganismen beim Abbau einer Prüfsubstanz verbrauchte Sauerstoffmenge; auch angegeben als g Sauerstoffaufnahme pro g Prüfsubstanz (vgl. Methode C.5).

CSB

:

Chemischer Sauerstoffbedarf (g) — bei der Oxidation einer Prüfsubstanz mit heißem, saurem Dichromat verbrauchte Sauerstoffmenge; Maß für die vorhandene Menge an oxidierbarer Substanz; auch angegeben als g Sauerstoffverbrauch pro g Prüfsubstanz (vgl. Methode C.6).

DOC

:

Gelöster organischer Kohlenstoff (Dissolved Organic Carbon) — Menge an organischem Kohlenstoff, die in der Lösung vorliegt oder ein Filter mit 0,45 um Porengröße passiert bzw. nach 15 Minuten Zentrifugieren bei 40 000 m/s–2 (±4 000 g) im Überstand verbleibt.

ThSB

:

Theoretischer Sauerstoffbedarf (mg) — Gesamtmenge an Sauerstoff, die zur vollständigen Oxidation einer Substanz erforderlich ist; wird aus der Summenformel berechnet (siehe Anlage 2.2); auch angegeben als mg Sauerstoffbedarf pro mg Prüfsubstanz.

ThCO2

:

Theoretisches Kohlendioxid (mg) — Kohlendioxidmenge, die sich rechnerisch aus dem bekannten oder gemessenen Kohlenstoffgehalt der Prüfsubstanz bei vollständiger Mineralisation ergibt; auch angegeben als mg Kohlendioxidentwicklung pro mg Prüfsubstanz.

TOC

:

Gesamter organischer Kohlenstoff (Total Organic Carbon) einer Probe — Summe des organischen Kohlenstoffs in Lösung und in Suspension.

IC

:

Anorganischer Kohlenstoff (Inorganic Carbon).

TC

:

Gesamtkohlenstoff (Total Carbon) — Summe des in einer Probe enthaltenen organischen und anorganischen Kohlenstoffs.

Biologischer Primärabbau:

durch biologische Prozesse in der chemischen Struktur einer Substanz herbeigeführte Veränderung, die zum Verlust spezifischer Eigenschaften dieser Substanz führt.

Biologischer Gesamtabbau (aerob):

der nach vollständiger Umsetzung durch Mikroorganismen erreichte Abbaugrad der Prüfsubstanz unter Erzeugung von Kohlendioxid, Wasser, Mineralsalzen und neuen mikrobiellen Zellbestandteilen (Biomasse).

biologisch leicht abbaubar:

ein willkürlich festgelegter Begriff für eine Kategorie von chemischen Substanzen, die bestimmte Screening-Tests auf vollständige biologische Abbaubarkeit durchlaufen haben; diese Tests sind so stringent, dass angenommen wird, dass diese Substanzen im aquatischen Milieu unter aeroben Bedingungen schnell und vollständig biologisch abgebaut werden.

potenziell biologisch abbaubar:

ein Begriff für eine Kategorie von chemischen Substanzen, deren biologische Abbaubarkeit (primär oder vollständig) eindeutig in einem beliebigen, anerkannten Test auf biologische Abbaubarkeit nachgewiesen worden ist.

in einer Kläranlage abbaubar:

Eigenschaft chemischer Substanzen, im Verlauf der biologischen Abwasserbehandlung entfernt zu werden, ohne dass der normale Betrieb der Klärprozesse negativ beeinträchtigt wird. Im Allgemeinen sind biologisch leicht abbaubare Substanzen in einer Kläranlage abbaubar, nicht aber alle potenziell abbaubaren Substanzen. Hier können auch abiotische Prozesse stattfinden.

Lag-Phase

in einem Abbaubarkeitstest die Zeit zwischen der Animpfung und dem Zeitpunkt, zu dem der prozentuale Abbau mindestens 10 % erreicht hat. Die Lag-Phase ist häufig sehr variabel und schwer reproduzierbar.

Abbauzeit

Zeit vom Ende der Lag-Phase bis zu dem Zeitpunkt, zu dem 90 % des maximalen Abbauwerts erreicht sind.

10- Tage-Fenster

der 10-Tage-Abschnitt, der unmittelbar auf das Erreichen von 10 % Abbau folgt.

Anlage 2

BERECHNUNG UND BESTIMMUNG GEEIGNETER SUMMENPARAMETER

Je nach der gewählten Methode werden bestimmte Summenparameter benötigt. Nachfolgend wird die Ableitung dieser Werte beschrieben. Die Verwendung dieser Parameter wird bei den einzelnen Methoden angegeben.

1.   Kohlenstoffgehalt

Der Kohlenstoffgehalt wird aus der bekannten Elementzusammensetzung berechnet oder durch Elementanalyse der Prüfsubstanz bestimmt.

2.   Theoretischer Sauerstoffbedarf (ThSB)

Der Theoretische Sauerstoffbedarf (ThSB) kann berechnet werden, wenn die Summenformel bekannt ist oder durch Elementaranalyse bestimmt wird. Für die Substanz

CcHhClclNnNanaOoPpSs

beträgt sie ohne Nitrifikation

Formula mg/mg

bzw. mit Nitrifikation

Formula mg/mg

3.   Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB)

Der Chemische Sauerstoffbedarf (CSB) wird nach Methode C.6 bestimmt.

4.   Gelöster organischer Kohlenstoff (DOC)

Gelöster organischer Kohlenstoff (DOC) ist per definitionem der organische Kohlenstoff, der bei Filtration einer chemischen Substanz oder Gemischs in Wasser durch ein Filter mit 0,45 m Porengröße in dieser verbleibt.

Dazu werden Proben aus den Prüfgefäßen entnommen und sofort im Filtrationsgerät unter Verwendung eines geeigneten Membranfilters filtriert. Die ersten 20 ml (diese Menge kann bei Verwendung kleiner Filter verringert werden) des Filtrats werden verworfen. 10-20 ml oder — bei Injektion — weniger (je nach der für den Kohlenstoffanalysator benötigten Menge) werden für die Kohlenstoffanalyse zurückbehalten. Die DOC-Konzentration wird mit Hilfe eines organischen Kohlenstoffanalysators bestimmt, der eine genaue Messung einer Kohlenstoffkonzentration von 10 % oder weniger der im Versuch verwendeten DOC-Ausgangs-Konzentration ermöglichen muss.

Filtrierte Proben, die am selben Arbeitstag nicht mehr analysiert werden können, können 48 h im Kühlschrank bei 2-4 oC bzw. über längere Zeiträume bei Temperaturen unter - 18 oC aufbewahrt werden.

Anmerkungen:

Membranfilter sind häufig mit oberflächenaktiven Substanzen versehen, die ihnen hydrophile Eigenschaften verleihen. Daher kann der Filter bis zu mehreren mg löslichen organischen Kohlenstoff enthalten, der die Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit beeinträchtigt. Um die oberflächenaktiven Substanzen sowie andere lösliche organische Verbindungen aus den Filtern zu entfernen, werden diese 3 × jeweils 1 Stunde in deionisiertem Wasser gekocht. Danach können die Filter eine Woche in Wasser aufbewahrt werden. Bei Verwendung von Einwegfilterpatronen ist jede einzelne darauf zu überprüfen, dass sie keinen löslichen organischen Kohlenstoff freisetzt.

Bestimmte Membranfilter haben die Eigenschaft, die Prüfsubstanz zu adsorbieren. Es wird daher empfohlen, die Filter in dieser Hinsicht zu überprüfen.

Anstelle der Filtration kann zur Differenzierung von TOC und DOC eine 15-minütige Zentrifugation bei 40 000 m/s-2 (4 000 g) vorgenommen worden. Allerdings ist dieses Verfahren bei einer Ausgangskonzentration < 10 mg/l DOC nicht zuverlässig, da entweder nicht alle Bakterien beseitigt werden oder aber der Kohlenstoff als Bestandteil des Bakterienplasmas erneut gelöst wird.

LITERATUR

Standard Methods for the Examination of Water and Wastewater, 12th ed, Am. Publ. Hlth. Ass., Am. Wat. Poll. Control Fed., Oxygen Demand, 1965, 65.

Wagner, R. Von Wasser, 1976, Vol. 46, 139.

DIN-Entwurf 38 409 Teil 41 — Deutsches Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlammuntersuchung, Summarische Wirkungs- und Stoffkenngrößen (Gruppe H). Bestimmung des chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB) (H 41), Normenausschuss Wasserwesen (NAW) in DIN Deutsches Institut für Normung e. V.

Gerike, P., The biodegradability testing of poorly water soluble compounds. Chemosphere, 1984, Vol. 13 (1), 169.

Anlage 3

BEWERTUNG DER BIOLOGISCHEN ABBAUBARKEIT VON SCHWERLÖSLICHEN SUBSTANZEN

Bei Bioabbaubarkeitstests mit schwerlöslichen Substanzen ist folgenden Aspekten besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Während homogene Flüssigkeiten selten Probleme bei der Probenahme bereiten, wird empfohlen, Feststoffe durch geeignete Mittel zu homogenisieren, um so durch Inhomogenität bedingte Fehler zu vermeiden. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn repräsentative Proben von nur wenigen mg von Mischungen bzw. Substanzen, die reich an Verunreinigungen sind, benötigt werden.

Während der Prüfungen können verschiedene Bewegungsvorgänge angewandt werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass nur so viel bewegt wird, um die Substanz gut zu verteilen, und dass ein Überhitzen, übermäßige Schaumbildung sowie übermäßige Scherkräfte vermieden werden.

Ein Emulgator, der der Substanz eine stabile Dispersion verleiht, kann verwendet werden. Dieser sollte allerdings nicht bakterientoxisch sein und darf unter den Bedingungen des Versuchs einem biologischen Abbau nicht unterliegen oder Schaum bilden.

Dieselben Kriterien wie für Emulgatoren gelten für Lösungsmittel.

Es wird davon abgeraten, für feste Prüfsubstanzen feste Trägerstoffe zu verwenden; für ölige Substanzen können diese allerdings geeignet sein.

Wenn Hilfsstoffe, wie z. B. Emulgatoren, Lösungsmittel und Trägerstoffe, verwendet werden, ist ein Blindversuch mit dem Hilfsstoff mitzuführen.

Zur Prüfung der biologischen Abbaubarkeit von schwerlöslichen Substanzen kann jeder der drei respirometrischen Tests — CO2, BSB, MITI — eingesetzt werden.

LITERATUR

de Morsier, A. et al. Biodegradation tests for poorly soluble compounds. Chemosphere, 1987, Vol. 16, 833.

Gerike, P. The Biodegradabilicy testing of poorly water soluble compounds. Chemosphere, 1984, Vol. 13, 169.

Anlage 4

BEURTEILUNG DER BIOLOGISCHEN ABBAUBARKEIT VON CHEMISCHEN SUBSTANZEN, BEI DENEN VERDACHT AUF TOXIZITÄT GEGENÜBER DEM INOKULUM BESTEHT

Wenn eine Prüfsubstanz auf leichte biologische Abbaubarkeit getestet wird und biologisch nicht abbaubar scheint, wird folgendes Verfahren empfohlen, um zwischen Hemmung und stoffbedingter Nichtabbaubarkeit zu unterscheiden (Reynolds et al., 1987).

Für die Toxizitätsprüfung und den Test auf biologische Abbaubarkeit sind ähnliche oder gleiche Inokula zu verwenden.

Zur Bewertung der Toxizität von Prüfsubstanzen, die auf leichte biologische Abbaubarkeit getestet werden, erscheint die Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Methoden geeignet: Belebtschlamm: Prüfung der Atmungshemmung — Richtlinie 88/302/EWG, BSB und/oder Wachstumshemmung.

Um eine toxizitätsbedingte Hemmung zu vermeiden, wird empfohlen, dass die bei den Tests auf leichte biologische Abbaubarkeit verwendeten Prüfsubstanzkonzentrationen unter 1/10 der EC50-Werte (oder unter den EC20-Werten) aus dem Toxizitätsversuch liegen. Bei Verbindungen, deren EC50-Wert über 300 mg/l liegt, sind toxische Wirkungen bei Prüfungen auf leichte biologische Abbaubarkeit unwahrscheinlich.

Bei EC50-Werten unter 20 mg/l sind bei den nachfolgenden Tests ernste Probleme zu erwarten. Es müssen niedrige Prüfkonzentrationen verwendet werden, die allerdings die Anwendung des stringenten und empfindlichen Geschlossenen Flaschentests bzw. die Verwendung von 14C-markiertem Material erforderlich machen. Alternativ dazu kann ein akklimatisiertes Inokulum die Verwendung höherer Prüfkonzentrationen erlauben. Im letzteren Falle geht das spezifische Kriterium der leichten biologischen Abbaubarkeit jedoch verloren.

LITERATUR

Reynolds, L. et al. Evaluation of the toxicity of substances to be assessed for biodegradability. Chemosphere, 1987, Vol. 16, 2259.

Anlage 5

BERÜCKSICHTIGUNG DER SAUERSTOFFAUFNAHME INFOLGE NITRIFIKATION

Bei Prüfsubstanzen, die keinen Stickstoff enthalten, sind Fehler, die durch Nichtberücksichtigung der Nitrifikation bei der Bewertung der biologischen Abbaubarkeit anhand der Sauerstoffaufnahme entstehen, von marginaler Bedeutung (nicht größer als 5 %), selbst wenn die Oxidation des Ammonium-N im Medium zwischen dem Prüf- und dem Blindansatz gelegentlich schwankt. Bei stickstoffhaltigen Prüfsubstanzen kann es jedoch zu schweren Fehlern kommen.

Bei auftretender, jedoch unvollständiger Nitrifikation kann die Sauerstoffaufnahme durch das Reaktionsgemisch um den Sauerstoffverbrauch durch Oxidation von Ammonium zu Nitrit und Nitrat korrigiert werden, wenn die Konzentrationsänderungen von Nitrit und Nitrat während der Inkubation bestimmt und durch folgende Gleichungen berücksichtigt werden:

2 NH4Cl + 3 O2 = 2 HNO2 + 2 HCl + 2 H2O

(1)

2 HNO2 + O2 = 2 HNO3

(2)

insgesamt:

 

2 NH4Cl + 4 O2 = 2 HNO3 + 2 HCl + 2 H2O

(3)

Aus Gleichung (1) ergibt sich, dass die Sauerstoffaufnahme zur Oxidation von 28 g Stickstoff [Bestandteil von Ammoniumchlorid (NH4Cl)] zu Nitrit 96 g beträgt; dies entspricht einem Faktor von 3,43 (96/28). Auf die gleiche Weise ergibt sich aus Gleichung (3) für die Oxidation von 28 g Stickstoff zu Nitrat eine Sauerstoffaufnahme von 128 g; dies entspricht einem Faktor von 4,57 (128/28).

Da es sich hier um aufeinander folgende Reaktionen handelt, die auf verschiedene Bakterienarten zurückzuführen sind, kann die Nitritkonzentration zu- oder abnehmen; im letzteren Falle würde eine äquivalente Nitratkonzentration gebildet. Der bei der Nitratbildung verbrauchte Sauerstoff beträgt daher 4,57, multipliziert mit der Konzentrationszunahme des Nitrats, wohingegen der bei der Nitritbildung verbrauchte Sauerstoff 3,43 beträgt, multipliziert mit der Konzentrationszunahme des Nitrits. Bei einer Nitritabnahme beträgt der Sauerstoffverlust -3,43, multipliziert mit der Abnahme der Konzentration.

Das heißt:

der bei der Nitratbildung verbrauchte O2 = 4,57 × Zunahme in N-Nitratkonzentration

(4)

und

 

der bei der Nitritbildung verbrauchte O2 = 3,43 × Zunahme in N-Nitritkonzentration

(5)

und

 

O2-Verlust bei der Nitritabnahme = Abnahme der N-Nitritkonzentration × -3,43

(6)

so dass

 

O2-Aufnahme infolge Nitrifikation = ±3,43 × Änderung der N-Nitritkonzentration +4,57 × Zunahme der N-Nitratkonzentration

(7)

und infolgedessen

 

O2-Aufnahme durch Oxidation von C = festgestellte Gesamtaufnahme — Aufnahme infolge Nitrifikation

(8).

Wenn andererseits nur der gesamte oxidierte N bestimmt wird, kann für die Sauerstoffaufnahme infolge Nitrifikation in erster Näherung ein Wert von 4,57 × Zunahme an oxidiertem N angenommen werden.

Der korrigierte Wert für den Sauerstoffverbrauch infolge Oxidation von C wird dann mit dem ThSBNH4, berechnet nach Anlage 2, verglichen.

C.5.   ABBAUBARKEIT — BIOCHEMISCHER SAUERSTOFFBEDARF

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Zweck des Verfahrens ist die Messung des biochemischen Sauerstoffbedarfs (BSB) fester oder flüssiger organischer Substanzen.

Die mit diesem Verfahren erzielbaren Prüfergebnisse gelten in erster Linie für wasserlösliche Substanzen; flüchtige und in Wasser schwer lösliche Verbindungen können zumindest grundsätzlich auch mit diesem Verfahren geprüft werden.

Die Methode ist nur für solche organischen Substanzen anwendbar, die bei den im Test verwendeten Konzentrationen keine bakterienhemmende Wirkung haben. Ist eine Substanz bei der Prüfkonzentration nicht löslich, so sind gegebenenfalls besondere Verfahren wie Ultraschalldispersion anzuwenden, um eine ausreichende Dispersion der Prüfsubstanz sicherzustellen.

Angaben zur Toxizität der Prüfsubstanz können bei der Interpretation niedriger Ergebnisse und bei der Auswahl der geeigneten Testkonzentrationen von Nutzen sein.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Der biochemische Sauerstoffbedarf (BSB) wird definiert als die Menge an gelöstem Sauerstoff, die zur biochemischen Oxidation einer bestimmten Menge einer gelösten Substanz unter den vorgeschriebenen Bedingungen notwendig ist.

Die Ergebnisse werden dargestellt als g biochemischer Sauerstoffbedarf (BSB) pro g Prüfsubstanz.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Es wird empfohlen, eine geeignete Referenzsubstanz zur Überprüfung der Inokulumaktivität zu verwenden.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Eine vorher bestimmte Menge der Prüfsubstanz wird in einem geeigneten sauerstoffreichen Medium gelöst oder dispergiert und anschließend mit einem Inokulum angeimpft sowie bei einer konstanten Umgebungstemperatur im Dunkeln inkubiert.

Der BSB wird aus der Differenz des Gehalts an gelöstem Sauerstoff vor Beginn und nach Ende des Tests bestimmt. Die Testdauer muss mindestens 5 Tage, darf jedoch nicht mehr als 28 Tage betragen.

Parallel zu diesem Test ist ein Blindversuch ohne die Prüfsubstanz durchzuführen.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die BSB-Bestimmung kann nicht als valide Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit eines Stoffes angesehen werden. Dieser Test ist nur als „Screening“-Test zu betrachten.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Je nach Prüfverfahren wird eine Lösung oder Dispersion der Prüfsubstanz in einer geeigneten Konzentration vorbereitet. Dann wird der BSB nach einem geeigneten national oder international standardisierten Verfahren ermittelt.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

Der in der Lösung enthaltene BSB wird entsprechend dem gewählten Standardverfahren berechnet und in g Sauerstoffbedarf/g Prüfsubstanz umgerechnet.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Die angewandte Methode ist anzugeben.

Als biochemischer Sauerstoffbedarf ist der Mittelwert von mindestens drei gültigen Messergebnissen anzugeben.

Alle für die Interpretation der Ergebnisse wichtigen Informationen und Bemerkungen sind anzugeben, insbesondere hinsichtlich Verunreinigungen, Aggregatzustand, toxischer Wirkungen und inhärenter Zusammensetzung der Prüfsubstanz, die die Ergebnisse beeinflussen können.

Wird ein Zusatz zur Hemmung der biologischen Nitrifikation verwendet, muss dies angegeben werden.

4.   LITERATUR

Verzeichnis der standardisierten Verfahren, z. B.

 

NF T 90-103: Determination of the Biochemical Oxygen Demand.

 

NBN 407: Biochemical Oxygen Demand.

 

NEN 3235 5.4: Bepaling van het biochemisch zuurstofverbruik (BZV).

 

The Determination of Biochemical Oxygen Demand (Methods for the examination of Water and Associated Materials, HMSO, London).

 

ISO 5815: Determination of biochemical oxygen demand after n days.

C.6.   ABBAUBARKEIT — CHEMISCHER SAUERSTOFFBEDARF

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Zweck des Verfahrens ist die Messung des chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB) fester oder flüssiger organischer Stoffe unter bestimmten standardisierten Laborbedingungen.

Zur Durchführung dieses Tests sowie zur Interpretation der Testergebnisse sind Angaben über die chemische Formel der Prüfsubstanz von Nutzen (z. B. der Gehalt an Halogensalzen, Eisensalze organischer Substanzen oder chlorierten Kohlenwasserstoffen).

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Der chemische Sauerstoffbedarf ist ein Maß für die Oxidierbarkeit einer Substanz, ausgedrückt als diejenige Sauerstoffmenge eines oxidierenden Reagenzmittels, die eine Prüfsubstanz unter definierten Laborbedingungen verbraucht.

Das Testergebnis wird in g chemischer Sauerstoffverbrauch/g Prüfsubstanz angegeben.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen müssen nicht immer bei der Prüfung neuer Stoffe eingesetzt werden. Sie sollten jedoch von Zeit zu Zeit primär zur Eichung der Messmethode benutzt werden, um auf diese Weise eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse, die mit anderen Methoden erzielt wurden, zu ermöglichen.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Eine vorher bestimmte Menge in Wasser gelöster oder dispergierter Substanz wird mit Kaliumdichromat in einem starken Schwefelsäuremedium in Gegenwart von Silbersulfat als Katalysator unter Rückfluss über zwei Stunden lang oxidiert. Das restliche Dichromat wird durch Titration mit standardisiertem Ammoniumeisen(II)sulfat bestimmt.

Im Falle chlorhaltiger Substanzen wird zur Vermeidung von Störungen durch Chloride Quecksilbersulfat (11) zugefügt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Wegen der willkürlichen Art des Nachweises ist der chemische Sauerstoffbedarf ein „Oxidierbarkeitsindikator“ und wird als solcher als praktischer Parameter zur Messung des Gehalts an organischer Substanz verwendet.

Chloride können das Testergebnis verfälschen. Anorganische Reduktions- oder Oxidationsmittel können die Bestimmung des chemischen Sauerstoffbedarfs ebenfalls stören.

Einige zyklische Verbindungen und zahlreiche flüchtige Substanzen (z. B. niedere Fettsäuren) werden in diesem Test nicht vollständig oxidiert.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Zuerst wird eine Lösung oder eine Dispersion der Testsubstanz hergestellt, um einen CSB zwischen 250 und 600 mg/l zu erzielen.

Bemerkung:

Im Falle schwerlöslicher oder nicht dispergierbarer Substanzen kann eine bestimmte Menge pulverförmiger oder flüssiger Prüfsubstanz entsprechend einem CSB von 5 mg abgewogen werden und in die Versuchsgefäße mit Wasser gegeben werden.

Der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) wird häufig und besonders bei schwerlöslichen Substanzen vorzugsweise mit Hilfe einer Variante des Verfahrens bestimmt, d. h. in einem geschlossenen System mit Druckausgleich (H. Kelkenberg, 1975). Mit diesem modifiziertem Verfahren können Substanzen, die mit dem herkömmlichen Verfahren nur schwer zu bestimmen sind — wie z. B. Essigsäure —, in vielen Fällen erfolgreich quantifiziert werden. Diese Methode versagt jedoch im Fall von Pyridin. Wird die Kaliumdichromatkonzentration, wie in (1) vorgeschrieben, auf 0,25 N (0,0416 M) erhöht, wird die Direkteinwaage von 5-10 mg Substanz erleichtert, was für die CSB-Bestimmung schwer wasserlöslicher Substanzen wichtig ist (2).

Ansonsten kann der CSB nach jedem geeigneten nationalen oder internationalen standardisierten Verfahren bestimmt werden.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

Der in den Versuchsflaschen auftretende CSB-Wert wird mit Hilfe der jeweils gewählten standardisierten Methode berechnet und in g chemischen Sauerstoffbedarfs pro g Testsubstanz ausgedrückt.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Die verwendete Referenzmethode ist anzugeben.

Der chemische Sauerstoffbedarf sollte aus mindestens drei Messwerten gemittelt werden. Der Bericht sollte alle für die Interpretation der Messergebnisse relevanten Informationen und Bemerkungen enthalten, die die Testergebnisse beeinflussen könnten, z. B. Verunreinigungen der Prüfsubstanz, physikalischer Zustand und die Zusammensetzung der Substanz (falls bekannt).

Die Verwendung von Quecksilbersulfat zur Verminderung von Störungen durch Chlorid muss erwähnt werden.

4.   LITERATUR

(1)

Kelkenberg, H. Z. von Wasser und Abwasserforschung, 1975, vol. 8, 146.

(2)

Gerike, P. The biodegradability testing of poorly water soluble compounds. Chemosphere, 1984, vol. 13,169.

Liste der standardisierten Verfahren, z. B.:

 

NBN T 91-201 Determination of the chemical oxygen demand.

 

ISBN 0 11 7512494 Chemical oxygen demand (dichromate value) of polluted and waste waters.

 

NF T 90-101 Determination of the chemical oxygen demand.

 

DS 217 — water analysis Determination of the chemical oxygen demand.

 

DIN 38409-H-41 Determination of the chemical oxygen demand (COD) within the range above 15 mg per litre.

 

NEN 3235 5.3 Bepaling von het chemisch zuurstofverbruik.

 

ISO 6060 Water quality: chemical oxygen demand dichromate methods.

C.7.   ABBAUBARKEIT — ABIOTISCHER ABBAU: HYDROLYSE IN ABHÄNGIGKEIT VOM pH-WERT

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht OECD TG 111 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Chemikalien können auf unterschiedlichen Wegen in Oberflächengewässer gelangen, z. B. durch direkte Applikation, Sprühmittelabtrift, Ablauf, Entwässerung, Abfallentsorgung, Industrie-, Haushalts- oder Landwirtschaftsabwässer oder über atmosphärische Deposition, und können in diesen Gewässern durch chemische (z. B. Hydrolysereaktionen, Oxidation), fotochemische und/oder mikrobielle Prozesse umgewandelt werden. In der vorliegenden Richtlinie wird eine Labortestmethode zur Beurteilung der abiotischen hydrolytischen Umwandlung von Chemikalien in Wassersystemen bei pH-Werten beschrieben, wie sie normalerweise in der Umwelt vorkommen (pH 4-9); diese Richtlinie stützt sich auf bestehende Richtlinien (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7).

Durch diese Tests soll i) die Hydrolysegeschwindigkeit der Testsubstanz in Abhängigkeit vom pH-Wert und ii) die Beschaffenheit bzw. Art sowie die Geschwindigkeit der Entstehung und des Rückgangs von Hydrolyseprodukten ermittelt werden, denen die Organismen ausgesetzt sein können. Derartige Studien sind für Chemikalien erforderlich, die direkt dem Wasser zugesetzt werden oder voraussichtlich durch die sonstigen oben beschriebenen Wege in die Umwelt gelangen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Siehe Anlage 2.

1.3.   ANWENDUNGSBEREICH DER TESTMETHODE

Die Testmethode ist generell auf (markierte oder unmarkierte) chemische Substanzen anwendbar, für die eine Analysemethode mit ausreichender Genauigkeit und Empfindlichkeit zur Verfügung steht. Sie kann Anwendung finden für leicht flüchtige und nichtflüchtige Verbindungen mit ausreichender Wasserlöslichkeit. Der Test darf dagegen an Chemikalien, die in Wasser hochgradig flüchtig sind (z. B. Fumiganzien, organische Lösungsmittel) und daher unter den Versuchsbedingungen dieses Tests nicht in Lösung gehalten werden können, nicht durchgeführt werden. Die Durchführung des Tests an Substanzen, die in Wasser nur minimal löslich sind, ist möglicherweise nur erschwert möglich (8).

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Sterile wässrige Pufferlösungen mit unterschiedlichen pH-Werten (pH 4, 7 und 9) werden mit der Testsubstanz behandelt und im Dunkeln unter kontrollierten Laborbedingungen (bei konstanter Temperatur) inkubiert. Nach entsprechenden Zeitintervallen werden die Pufferlösungen auf die Testsubstanz und Hydrolyseprodukte analysiert. Bei Verwendung einer markierten Testsubstanz (z. B. mit 14C) lässt sich die Stoffbilanz leichter erstellen.

Diese Testmethode ist als mehrstufiges Konzept angelegt (siehe Darstellung und Erläuterung in Anlage 1). Die einzelnen Stufen des Tests werden durch die Ergebnisse der jeweils vorherigen Stufe gestartet.

1.5.   INFORMATIONEN ZUR TESTSUBSTANZ

Für die Messung der Hydrolysegeschwindigkeit können markierte oder nicht markierte Testsubstanzen verwendet werden. Normalerweise sollte vorzugsweise markiertes Material zur Messung der Hydrolysewege und zur Ermittlung der Stoffbilanz verwendet werden; in bestimmten Sonderfällen ist eine Markierung allerdings nicht unbedingt notwendig. Die Markierung mit 14C wird empfohlen, andere Isotope wie 13C, 15N oder 3H sind jedoch ggf. ebenfalls geeignet. Die Markierung ist — soweit möglich — im stabilsten Teil des Moleküls anzuordnen. Enthält die Testsubstanz beispielsweise einen Ring, muss die Markierung auf dem Ring erfolgen; enthält die Testsubstanz zwei oder mehr Ringe, sind evtl. separate Untersuchungen zum Verhalten der einzelnen markierten Ringe und zur Ermittlung geeigneter Informationen zur Bildung von Hydrolyseprodukten notwendig. Die Testsubstanz muss eine Reinheit von mindestens 95 % aufweisen.

Vor der Durchführung von Hydrolysetests müssen folgende Informationen zur Testsubstanz vorliegen:

a)

Löslichkeit in Wasser (Testmethode A.6),

b)

Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln,

c)

Dampfdruck (Testmethode A.4) und/oder Konstante des Henryschen Gesetzes,

d)

Verteilungskoeffizient n-Oktanol/Wasser (Testmethode A.8);

e)

Dissoziationskonstante (pKa) (OECD-Richtlinie 112) (9);

f)

direkte und indirekte Fototransformationsgeschwindigkeit in Wasser (soweit relevant).

Es müssen Analysemethoden für die Quantifizierung der Testsubstanz sowie — sofern relevant — für die Identifizierung und Quantifizierung der Hydrolyseprodukte in wässrigen Lösungen zur Verfügung stehen (siehe auch Abschnitt 1.7.2).

1.6.   REFERENZSUBSTANZEN

Soweit möglich, sollten Referenzsubstanzen zur Identifizierung und Quantifizierung von Hydrolyseprodukten durch Spektroskopie- und Chromatografieverfahren oder andere ausreichend genaue Methoden verwendet werden.

1.7.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.7.1.   Wiederfindungsrate

Die Analyse von mindestens zwei Pufferlösungen oder deren Extrakten unmittelbar nach der Zugabe der Testsubstanz gibt einen ersten Hinweis auf die Wiederholbarkeit der Analysemethode und die gleichmäßige Verteilung der Testsubstanz bei der Applikation der Testsubstanz. Die Wiederfindungsraten für spätere Versuchsphasen ergeben sich aus den jeweiligen Massenbilanzen (bei Verwendung markierter Substanzen). Die Wiederfindungsraten müssen bei markierten und unmarkierten Chemikalien zwischen 90 % und 110 % liegen (7). Falls es sich als technisch schwierig erweist, diese Wiederfindungsrate zu erreichen, ist bei unmarkierten Chemikalien eine Wiederfindungsrate von 70 % zulässig, allerdings ist dies entsprechend zu begründen.

1.7.2.   Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der Analysemethoden

Die Wiederholbarkeit der Analysemethode(n), die zur späteren Quantifizierung der Testsubstanz und der Hydrolyseprodukte verwendet werden, kann durch eine parallele Analyse derselben Pufferlösungen (oder ihrer Extrakte) überprüft werden, nachdem sich ausreichende Mengen an Hydrolyseprodukten für die Quantifizierung gebildet haben.

Die Analysemethode muss eine ausreichende Empfindlichkeit aufweisen, mit der die Quantifizierung der Konzentrationen der Testsubstanz bis auf 10 % der Anfangskonzentration oder weniger möglich ist. Sofern relevant, müssen die Analysemethoden außerdem eine ausreichende Empfindlichkeit für die Quantifizierung von Hydrolyseprodukten aufweisen, die 10 % der (zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Studie) eingebrachten Konzentration oder mehr oder aber 25 % oder weniger der Spitzenkonzentration darstellt.

1.7.3.   Konfidenzintervalle für Kinetikdaten der Hydrolyse

Die Konfidenzintervalle sind für sämtliche Regressionskoeffizienten, Geschwindigkeitskonstanten, Halbwertszeiten und sonstigen kinetischen Parameter rechnerisch zu ermitteln und darzustellen (z. B. DT50).

1.8.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.8.1.   Geräte und Apparatur

Die Untersuchung ist in Glasgefäßen (z. B. Reagenzgläser, kleine Kolben) unter abgedunkelten und sterilen Bedingungen (sofern erforderlich) durchzuführen, sofern nicht bereits vorliegende Informationen (wie der n-Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient) darauf hindeuten, dass die Testsubstanz möglicherweise am Glas anhaftet. In diesen Fällen sollte die Verwendung alternativer Materialien (wie Teflon) geprüft werden. Mitunter lässt sich das Problem der Anhaftung an Glas auch durch eine oder mehrere der folgenden Methoden mildern:

Bestimmung der Masse der am Glas sorbierten Testsubstanz und Hydrolyseprodukte,

Verwendung eines Ultraschallbades,

Waschen sämtlicher Glasartikel mit Lösungsmittel bei jedem Probenahmeintervall,

Verwendung formulierter Produkte,

Verwendung einer größeren Menge an Zusatzlösungsmittel für die Zugabe der Testsubstanz zum System; wird ein Zusatzlösungsmittel verwendet, sollte dieses so beschaffen sein, dass es keine Hydrolysierung der Testsubstanz verursacht.

Normalerweise werden temperaturgeregelte Wasserbad-Schüttelvorrichtungen oder thermostatgeregelte Inkubatoren für die Inkubation der verschiedenen Testlösungen benötigt.

Außerdem werden Standard-Laborgeräte benötigt, insbesondere folgende Geräte:

pH-Messgerät,

Analyseinstrumente wie GC-, HPLC-, TLC-Geräte einschließlich der entsprechenden Detektionssysteme zur Analyse radioaktiv markierter und unmarkierter Substanzen oder für die inverse Isotopenverdünnungsmethode,

Instrumente zu Identifikationszwecken (z. B. MS, GC-MS, HPLC-MS, NMR usw.),

Flüssigkeits-Szintillationszähler,

Trenntrichter für Flüssig-Flüssig-Extraktionen,

Instrumentierung für die Konzentration von Lösungen und Extrakten (z. B. Rotationsverdampfer),

Temperaturregelungsvorrichtung (z. B. Wasserbad).

Zu den chemischen Reagenzien gehören unter anderem:

organische Lösungsmittel (analysenrein) wie Hexan, Dichlormethan usw.,

Szintillationsflüssigkeit,

Pufferlösungen (Details siehe Abschnitt 1.8.3).

Sämtliche Glasgeräte sowie das analysenreine Wasser und die Pufferlösungen, die in den Hydrolysetests verwendet werden, sind zu sterilisieren.

1.8.2.   Applikation der Testsubstanz

Die Testsubstanz ist als wässrige Lösung in die verschiedenen Pufferlösungen einzugeben (siehe Anlage 3). Soweit zur Herstellung einer ausreichenden Auflösung erforderlich, ist die Verwendung geringer Mengen wassermischbarer Lösungsmittel (wie Acetonitril, Aceton, Ethanol) für die Applikation und Verteilung der Testsubstanz zulässig, allerdings darf dies normalerweise 1 % v/v nicht überschreiten. Falls eine höhere Lösungsmittelkonzentration erwogen wird (beispielsweise bei schlecht löslichen Testsubstanzen), ist dies nur zulässig, wenn nachgewiesen werden kann, dass das Lösungsmittel die Hydrolyse der Testsubstanzen nicht beeinflusst.

Die Verwendung formulierter Produkte wird nicht grundsätzlich empfohlen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Bestandteile der Formulierung den Hydrolysevorgang beeinflussen. Bei schlecht wasserlöslichen Testsubstanzen oder Substanzen, die an Glas anhaften (siehe Abschnitt 1.8.1), bietet sich jedoch die Verwendung formulierter Substanzen als geeignete Alternative an.

Die Testsubstanz ist in einer einzigen Konzentration zu verwenden; diese darf 0,01 M oder die Hälfte der Sättigungskonzentration nicht überschreiten (siehe Anlage 1).

1.8.3.   Pufferlösungen

Der Hydrolyseversuch wird bei drei pH-Werten durchgeführt: 4, 7 und 9. Hierzu sind Pufferlösungen unter Verwendung von analysenreinen Chemikalien und Wasser vorzubereiten. Geeignete Beispiele für Puffersysteme sind in Anlage 3 dargestellt. Dabei ist darauf zu achten, dass das verwendete Puffersystem die Hydrolysegeschwindigkeit beeinflussen kann; werden entsprechende Erscheinungen festgestellt, ist eine andere Pufferlösung zu verwenden (12).

Der pH-Wert der einzelnen Pufferlösungen ist mit einem kalibrierten pH-Messgerät mit einer Messgenauigkeit von mindestens 0,1 bei der Solltemperatur zu kontrollieren.

1.8.4.   Testbedingungen

1.8.4.1.   Testtemperatur

Die Hydrolyseversuche sind bei konstanter Temperatur durchzuführen. Zur Extrapolation ist es wichtig, die Temperatur auf mindestens ±0,5 oC zu halten.

Ist das Hydrolyseverhalten der Testsubstanz unbekannt, ist ein vorbereitender Test (Stufe 1) bei einer Temperatur von 50 oC durchzuführen. Kinetische Tests auf höherer Stufe sind bei mindestens drei Temperaturen (die auch den Test bei 50 oC einschließen) durchzuführen, sofern die Testsubstanz sich — wie bei den Tests auf Stufe 1 ermittelt — bei Hydrolyse stabil verhält. Es wird ein Temperaturbereich von 10-70 oC empfohlen (wobei möglichst mindestens eine der Temperaturen unter 25 oC liegen sollte), der sowohl die für die Berichterstellung zugrunde gelegte Temperatur von 25 oC als auch die meisten der in der Praxis vorkommenden Temperaturen umfasst.

1.8.4.2.   Licht und Sauerstoff

Alle Hydrolyseversuche sind mit geeigneten Methoden durchzuführen, mit denen fotolytische Effekte vermieden werden können. Durch geeignete Maßnahmen ist außerdem eine Sauerstoffbildung (z. B. durch 5-minütiges Einblasen von Helium, Stickstoff oder Argon vor der Zubereitung der Lösung) zu vermeiden.

1.8.4.3.   Testdauer

Der Vortest ist über einen Zeitraum von 5 Tagen durchzuführen, die Tests auf höherer Stufe sind durchzuführen, bis eine 90 %ige Hydrolyse der Testsubstanz erreicht ist oder ein Zeitraum von 30 Tagen abgelaufen sind (je nachdem, welcher Zeitpunkt zuerst erreicht ist).

1.8.5.   Durchführung des Tests

1.8.5.1.   Vortest (Stufe 1)

Der Vortest wird bei 50 ±0,5 oC und pH-Werten von 4,0, 7,0 und 9,0 durchgeführt. Wird nach 5 Tagen eine Hydrolyse von weniger als 10 % festgestellt (t0,5 25 oC > 1 Jahr), gilt die Testsubstanz als hydrolytisch stabil, und es sind normalerweise keine weiteren Tests erforderlich. Ist bekannt, dass die Substanz bei umwelttechnisch relevanten Temperaturen instabil ist, braucht kein Vortest durchgeführt zu werden. Die Analysemethode muss so präzise und empfindlich sein, dass eine Reduktion der ursprünglichen Konzentration um 10 % festgestellt werden kann.

1.8.5.2.   Hydrolyse instabiler Substanzen (Stufe 2)

Der (fortgeschrittene) Test auf höherer Stufe ist bei den pH-Werten durchzuführen, bei denen gemäß den Vorgaben des oben beschriebenen Vortests eine Instabilität der Testsubstanz festgestellt wurde. Die Pufferlösungen der Testsubstanzen sind durch Thermostatregelung auf den gewählten Temperaturen zu halten. Zur Durchführung der Tests auf Reaktionen erster Ordnung ist jede Reaktionslösung in zeitlichen Intervallen zu analysieren, die so angesetzt sein müssen, dass sich mindestens sechs zwischen 10 % und 90 % Hydrolyse der Testsubstanz normal verteilte Bezugspunkte ergeben. Die einzelnen Proben der wiederholten Gleichtests (eine Mindestanzahl von Doppelproben, die in separaten Reaktionsgefäßen enthalten sind) sind zu entfernen und der Inhalt ist bei jedem der mindestens sechs Probenahmepunkte zu analysieren (für mindestens zwölf Wiederholungs-Bezugspunkte). Die Verwendung einer einzigen Sammelprobe, aus der bei jedem Probenahmeintervall einzelne Probenanteile der Testlösung entnommen werden, gilt als unzureichend, da damit keine Analyse der Datenvariabilität möglich ist und Probleme durch Kontaminierung der Testlösung auftreten können. Tests zum Nachweis der Sterilität sind am Ende des höherrangigen Tests durchzuführen (z. B. bei 90 % Hydrolyse bzw. 30 Tage). Wird allerdings keine Zersetzung (d. h. Transformation) festgestellt, sind keine weiteren Sterilitätstests notwendig.

1.8.5.3.   Feststellung der Hydrolyseprodukte (Stufe 3)

Umfangreichere Hydrolyseprodukte, zumindest jene, die > 10 % der eingebrachten Dosis entsprechen, sind durch entsprechende Analysemethoden festzustellen.

1.8.5.4.   Zusätzliche Tests

Bei hydrolytisch instabilen Testsubstanzen sind evtl. weitere Tests bei anderen pH-Werten als 4, 7 und 9 erforderlich. So ist für physiologische Zwecke möglicherweise ein Test unter saureren Bedingungen (z. B. pH-Wert 1,2) bei einer einzigen physiologisch relevanten Temperatur (37o C) notwendig.

2.   DATEN

Die Mengen der Testsubstanz und der Hydrolyseprodukte sind — soweit relevant — als Prozentsatz der eingebrachten Anfangskonzentration sowie in mg/l für jedes Probenahmeintervall und für jeden pH-Wert und jede Testtemperatur anzugeben. Darüber hinaus ist eine Stoffbilanz als Prozentanteil der eingebrachten Anfangskonzentration anzugeben, wenn eine markierte Testsubstanz verwendet wurde.

In den Bericht ist eine grafische Darstellung der log-transformierten Daten der Testsubstanzkonzentrationen im zeitlichen Verlauf aufzunehmen. Umfangreichere Hydrolyseprodukte, zumindest jene, die ≥ 10 % der eingebrachten Dosis repräsentieren, sind anzugeben und ihre log-transformierten Konzentrationen sind in gleicher Weise wie die Muttersubstanz grafisch darzustellen, so dass sich eine Darstellung der Bildungs- und Verfallgeschwindigkeiten ergibt.

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Eine genauere Bestimmung der Halbwertszeiten oder DT50-Werte dürfte mithilfe geeigneter kinetischer Modellberechnungen möglich sein. Die Halbwertszeit und/oder die DT50-Werte (einschließlich der Vertrauensgrenzen) sind für jeden pH-Wert und jede Temperatur zusammen mit einer Beschreibung des verwendeten Modells, der kinetischen Ordnung und des Bestimmungskoeffizienten (r2) in den Bericht aufzunehmen. Erforderlichenfalls sind die Berechnungen auch für die Hydrolyseprodukte zu übernehmen.

Dabei sind Ai und Bi Regressionskonstanten des Abschnitts bzw. der Steigung der Geraden der besten Anpassung, die aus einem linear regressiven ln ki zur Reziproken der Absoluttemperatur in Kelvin (T) generiert wurden. Mithilfe der Arrhenius-Beziehungen für

Formula

Bei Geschwindigkeitsuntersuchungen, die bei unterschiedlichen Temperaturen durchgeführt werden, sind die Hydrolyse-Geschwindigkeitskonstanten pseudo-erster Ordnung (kobs) in Abhängigkeit von der Temperatur zu beschreiben. Die Berechnung muss sich dabei auf die Trennung von kobs in Geschwindigkeitskonstanten für säurekatalysierte, neutrale und basenkatalysierte Hydrolyse (kH, kneutral bzw. kOH) sowie auf die Arrhenius-Gleichung stützen: säure-, neutral und basenkatalysierte Hydrolyse können Geschwindigkeitskonstanten pseudo-erster Ordnung und somit die Halbwertszeiten für andere Temperaturen berechnet werden, bei denen die direkte experimentelle Ermittlung einer Geschwindigkeitskonstante nicht praktikabel ist (10).

2.2.   EVALUIERUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Die meisten Hydrolysereaktionen folgen scheinbaren Reaktionsgeschwindigkeiten erster Ordnung; die Halbwertszeiten sind daher von der Konzentration unabhängig (siehe Gleichung 4 in Anlage 2). Auf diese Weise können normalerweise Laborergebnisse, die bei 10–2 bis 10–3 M ermittelt wurden, auf Umgebungsbedingungen (≤ 10–6 M) angewandt werden (10). Von Mabey und Mill wurden verschiedene Beispiele genauer Übereinstimmung zwischen Hydrolysegeschwindigkeiten dargestellt, die für unterschiedliche Chemikalien in reinem und natürlichem Wasser gemessen wurden (11), sofern pH-Wert und Temperatur gemessen wurden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss mindestens folgende Informationen enthalten:

Testsubstanz:

Common name, chemischer Name, CAS-Nummer, Strukturformel (zur Angabe der Lage der Markierung bei Verwendung radioaktiv markierten Materials) und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (siehe Abschnitt 1.5),

Reinheit (Verunreinigungen) der Testsubstanz,

Reinheit der Markierung von markierten Chemikalien und molare Aktivität (soweit relevant).

Pufferlösungen:

Datum und Einzelheiten der Zubereitung,

verwendete Puffersubstanzen und Wasser,

Molarität und pH-Wert der Pufferlösungen.

Testbedingungen:

Durchführungsdatum der Studien,

Menge der eingebrachten Testsubstanz,

Methode und Lösungsmittel (Art und Menge), die für die Einbringung der Testsubstanz verwendet wurden,

Volumen der inkubierten gepufferten Testsubstanzlösungen,

Beschreibung des verwendeten Inkubationssystems,

pH-Wert und Temperatur während der Studie,

Probenahmezeiten,

Extraktionsverfahren,

Verfahren zur Quantifizierung und Identifizierung der Testsubstanz und ihrer Hydrolyseprodukte in den Pufferlösungen,

Zahl der Wiederholungen.

Ergebnisse:

Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der verwendeten Analysemethoden,

Wiederfindungsraten (Prozentwerte für eine gültige Studie sind in Abschnitt 1.7.1 angegeben),

Wiederholungsdaten und -mittel in Tabellenform,

Stoffbilanz während und am Ende der Untersuchung (wenn markierte Testsubstanzen verwendet werden),

Ergebnisse des Vortests,

Diskussion und Interpretation der Ergebnisse,

sämtliche ursprünglichen Daten und Abbildungen.

Die folgenden Angaben werden nur zur Bestimmung der Hydrolysegeschwindigkeit benötigt:

zeitabhängige grafische Darstellung der Konzentrationen der Testsubstanzen und — soweit relevant — der Hydrolyseprodukte für die einzelnen pH-Werte und für jede Temperatur,

Tabellen der Ergebnisse der Arrhenius-Gleichung für die Temperaturen 20 oC/25 oC mit pH-Werten, Geschwindigkeitskonstanten [h-1 oder Tag-1], Halbwertszeiten oder DT50, Temperaturen ( oC) einschließlich der Vertrauensgrenzen und der Korrelationskoeffizienten (r2) oder vergleichbarer Informationen,

vorgeschlagener Hydrolyseweg.

4.   LITERATUR

(1)

OECD (1981). Hydrolysis as a Function of pH. OECD Guideline for Testing of Chemicals Nr. 111, angenommen am 12. Mai 1981.

(2)

US-Environmental Protection Agency (1982). 40 CFR 796.3500, Hydrolysis as a Function of pH at 25 oC. Pesticide Assessment Guidelines, Subdivision N. Chemistry: Environmental Fate.

(3)

Agriculture Canada (1987). Environmental Chemistry and Fate Guidelines for registration of pesticides in Canada.

(4)

Europäische Union (EU) (1995). Richtlinie 95/36/EG der Kommission zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln. Anhang V: Verbleib und Verhalten in der Umwelt.

(5)

Dutch Commission for Registration of Pesticides (Niederländische Kommission für die Eintragung von Pestiziden) (1991). Application for registration of a pesticide. Section G: Behaviour of the product and its metabolites in soil, water and air (Antrag auf Eintragung eines Pestizids — Teil G. Verhalten des Produkts und seiner Stoffwechselprodukte im Boden, in Wasser und in der Luft).

(6)

BBA (1980). Merkblatt Nr. 55, Teil I und II: Prüfung des Verhaltens von Pflanzenbehandlungsmitteln im Wasser (Oktober 1980).

(7)

SETAC (1995). Procedures for Assessing the Environmental Fate and Ecotoxicity of Pesticides. Mark R. Lynch, Ed.

(8)

OECD (2000). Guidance document on aquatic toxicity testing of difficult substances and mixtures, OECD Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment Nr. 23.

(9)

OECD (1993). Guidelines for the Testing of Chemicals. Paris. OECD (1994-2000): Addenda 6-11 to Guidelines for the Testing of Chemicals.

(10)

Nelson, H, Laskowski D, Thermes S, and Hendley P. (1997) Recommended changes in pesticide fate study guidelines for improving input to computer models. (Text version of oral presentation at the 14th Annual Meeting of the Society of Environmental Toxicology and Chemistry, Dallas TX, November 1993).

(11)

Mabey, W. and Mill, T. (1978). Critical review of hydrolysis of organic compounds in water under environmental conditions. J. Phys. Chem. Ref. Data 7, 383-415.

Anlage 1

Mehrstufiger Hydrolyse-Testablauf

Image

Anlage 2

Definitionen und Einheiten

Es sind grundsätzlich SI-Einheiten (der Standard-International-Organisation) zu verwenden.

Testsubstanz: Eine beliebige Substanz (Mutterverbindung oder die entsprechenden Umwandlungsprodukte).

Umwandlungsprodukte: Alle Substanzen, die aus biotischen oder abiotischen Umwandlungsreaktionen der Testsubstanz entstehen.

Hydrolyseprodukte: Alle Substanzen, die aus hydrolytischen Umwandlungsreaktionen der Testsubstanz entstehen.

Hydrolyse bezeichnet die Reaktion einer Testsubstanz RX mit Wasser, die sich durch den Austausch der Gruppe X mit OH im Reaktionszentrum darstellen lässt:

RX + HOH → ROH + HX

[1]

Die Geschwindigkeit, mit der die Konzentration von RX in diesem vereinfachten Prozess sinkt, wird wie folgt angegeben:

Geschwindigkeit = k [H2O] [RX]

Reaktion zweiter Ordnung

oder

Geschwindigkeit = k [RX]

Reaktion erster Ordnung

Dies ist vom geschwindigkeitsbestimmenden Schritt abhängig. Da Wasser gegenüber der Testsubstanz in erheblichem Überschuss vorhanden ist, wird dieser Reaktionstyp gewöhnlich als Reaktion pseudo-erster Ordnung beschrieben, in der die ermittelte Geschwindigkeitskonstante durch die Beziehung

kobs = k [H2O]

[2]

ausgedrückt wird und aus der folgenden Formel ermittelt werden kann (13):

Formula

ln

Formula

[3]

Dabei sind:

t= Zeit

und Co, Ct= Konzentrationen von RX zum Zeitpunkt 0 und t.

Die Einheiten dieser Konstanten weisen die Dimension (Zeit)–1 auf; die Halbwertszeit der Reaktion (Zeitdauer für die Reaktion von 50 % RX) wird ausgedrückt durch:

Formula

[4]

Halbwertszeit: (t0,5) bezeichnet die Zeitdauer für eine 50 %ige Hydrolyse einer Testsubstanz, wenn die Reaktion durch Kinetik erster Ordnung beschrieben werden kann: Sie ist von der Konzentration unabhängig.

DT 50 (Disappearance Time 50 bzw. Abbauzeit 50): Die Zeitdauer, innerhalb deren die Konzentration der Testsubstanz um 50 % reduziert wird; sie differiert von der Halbwertszeit t0,5, wenn die Reaktion nicht nach einer Kinetik erster Ordnung verläuft.

Schätzung von k bei unterschiedlichen Temperaturen

Wenn die Geschwindigkeitskonstanten für zwei Temperaturen bekannt sind, können die Geschwindigkeitskonstanten bei anderen Temperaturen nach der Arrhenius-Gleichung berechnet werden:

Formula oder Formula

Eine grafische Darstellung von ln k in Abhängigkeit von 1/T ergibt eine Gerade mit einer Steigung von –E/R

Dabei ist:

k

=

Geschwindigkeitskonstante, bei unterschiedlichen Temperaturen gemessen

E

=

Aktivierungsenergie (kJ/mol)

T

=

Absoluttemperatur (K)

R

=

Gaskonstante (8,314 J/mol.K)

Die Aktivierungsenergie wurde durch Regressionsanalyse oder durch die folgende Gleichung berechnet:

Formula

Dabei ist:T2> T1.

Anlage 3

Puffersysteme

A.   CLARK AND LUBS:

Puffergemische von CLARK and LUBS  (14)

Zusammensetzung

pH

0,2 N HCl UND 0,2 N KCl BEI 20 oC

47,5 ml HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml

1,0

32,25 ml HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml

1,2

20,75 ml HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml

1,4

13,15 ml HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml

1,6

8,3 ml HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml

1,8

5,3 ml, HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml

2,0

3,35 ml HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml

2,2

0,1 M Kaliumhydrogenphthalat +0,1 N HCl bei 20 oC

46,70 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

2,2

39,60 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

2,4

32,95 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

2,6

26,42 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

2,8

20,32 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

3,0

14,70 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

3,2

9,90 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

3,4

5,97 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

3,6

2,63 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

3,8

0,1 M Kaliumhydrogenphthalat +0,1 N NaOH bei 20 oC

0,40 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

4,0

3,70 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

4,2

7,50 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

4,4

12,15 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

4,6

17,70 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

4,8

23,85 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

5,0

29,95 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

5,2

35,45 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

5,4

39,85 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

5,6

43,00 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

5,8

45,45 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml

6,0

Puffergemische von CLARK and LUBS (Forts.)

0,1 M Monokaliumphosphat +0,1 N NaOH bei 20 oC

5,70 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml

6,0

8,60 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml

6,2

12,60 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml

6,4

17,80 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml

6,6

23,45 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml

6,8

29,63 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml

7,0

35,00 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml

7,2

39,50 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml

7,4

42,80 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml

7,6

45,20 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml

7,8

46,80 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml

8,0

0,1 M H3BO3 in 0,1 M KCl +0,1 N NaOH bei 20 oC

2,61 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml

7,8

3,97 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml

8,0

5,90 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml

8,2

8,50 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml

8,4

12,00 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml

8,6

16,30 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml

8,8

21,30 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml

9,0

26,70 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml

9,2

32,00 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml

9,4

36,85 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml

9,6

40,80 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml

9,8

43,90 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml

10,0

B.   KOLTHOFF UND VLEESCHHOUWER:

Zitratpuffer von KOLTHOFF und VLEESCHHOUWER

Zusammensetzung

pH

0,1 M Monokaliumzitrat und 0,1 N HCl bei 18 oC  (15)

49,7 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml

2,2

43,4 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml

2,4

36,8 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml

2,6

30,2 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml

2,8

23,6 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml

3,0

17,2 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml

3,2

10,7 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml

3,4

4,2 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml

3,6

0,1 M Monokaliumzitrat und 0,1 N NaOH bei 18 oC  (15)

2,0 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml

3,8

9,0 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml

4,0

16,3 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml

4,2

23,7 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml

4,4

31,5 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml

4,6

39,2 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml

4,8

46,7 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml

5,0

54,2 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml

5,2

61,0 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml

5,4

68,0 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml

5,6

74,4 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml

5,8

81,2 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml

6,0

C.   SÖRENSEN:

Boratgemische von sörenseN

Zusammensetzung

Sörensen

18 oC

Walbum, pH bei

ml Borax

ml HCl/NaOH

10 oC

40 oC

70 oC

0,05 M Borax +0,1 NHCl

5,25

4,75

7,62

7,64

7,55

7,47

5,50

4,50

7,94

7,98

7,86

7,76

5,75

4,25

8,14

8,17

8,06

7,95

6,00

4,00

8,29

8,32

8,19

8,08

6,50

3,50

8,51

8,54

8,40

8,28

7,00

3,00

8,08

8,72

8,56

8,40

7,50

2,50

8,80

8,84

8,67

8,50

8,00

2,00

8,91

8,96

8,77

8,59

8,50

1,50

9,01

9,06

8,86

8,67

9,00

1,00

9,09

9,14

8,94

8,74

9,50

0,50

9,17

9,22

9,01

8,80

10,00

0,00

9,24

9,30

9,08

8,86

0,05 M Borax +0,1 N NaOH

10,0

0,0

9,24

9,30

9,08

8,86

9,0

1,0

9,36

9,42

9,18

8,94

8,0

2,0

9,50

9,57

9,30

9,02

7,0

3,0

9,68

9,76

9,44

9,12

6,0

4,0

9,97

10,06

9,67

9,28

Phosphatgemische von SÖRENSEN

Zusammensetzung

pH

0,0667 M Monokaliumphosphat + 0,0667 M Dinatriumphosphat bei 20 oC

99,2 ml KH2PO4 + 0,8 ml Na2HPO4

5,0

98,4 ml KH2PO4 + 1,6 ml Na2HPO4

5,2

97,3 ml KH2PO4 + 2,7 ml Na2HPO4

5,4

95,5 ml KH2PO4 + 4,5 ml Na2HPO4

5,6

92,8 ml KH2PO4 + 7,2 ml Na2HPO4

5,8

88,9 ml KH2PO4 + 11,1 ml Na2HPO4

6,0

83,0 ml KH2PO4 + 17,0 ml Na2HPO4

6,2

75,4 ml KH2PO4 + 24,6 ml Na2HPO4

6,4

65,3 ml KH2PO4 + 34,7 ml Na2HPO4

6,6

53,4 ml KH2PO4 + 46,6 ml Na2HPO4

6,8

41,3 ml KH2PO4 + 58,7 ml Na2HPO4

7,0

29,6 ml KH2PO4 + 70,4 ml Na2HPO4

7,2

19,7 ml KH2PO4 + 80,3 ml Na2HPO4

7,4

12,8 ml KH2PO4 + 87,2 ml Na2HPO4

7,6

7,4 ml KH2PO4 + 92,6 ml Na2HPO4

7,8

3,7 ml KH2PO4 + 96,3 ml Na2HPO4

8,0

C.8.   TOXIZITÄT FÜR REGENWÜRMER

PRÜFUNG IN KÜNSTLICHEM BODEN

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Bei dieser Laborprüfung wird die Prüfsubstanz einem künstlichen Boden zugesetzt; in diesem Boden werden die Würmer 14 Tage lang gehalten. Nach 14 Tagen (wahlweise nach 7 Tagen) wird die tödliche Wirkung der Substanz auf die Regenwürmer überprüft. Dieser Test ist eine Methode zur relativ schnellen Überprüfung der Wirkung von Chemikalien auf Regenwürmer bei Aufnahme über die Haut und die Nahrung.

1.2.   DEFINITION UND MESSGRÖSSE

LC50: Die Konzentration einer Substanz, durch die 50 % der Versuchstiere während der Versuchszeit getötet werden.

1.3.   REFERENZSUBSTANZ

Mit einer Referenzsubstanz wird regelmäßig überprüft, dass sich die Empfindlichkeit des Prüfsystems nicht wesentlich geändert hat.

Als Referenzsubstanz wird Chloracetamid p. a. empfohlen.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Der Boden ist ein sehr variables Medium; daher wird bei dieser Prüfung ein sorgfältig definierter künstlicher Lehmboden verwendet. Adulte Regenwürmer der Art Eisenia foetida (siehe Anmerkung in der Anlage) werden in einem definierten künstlichen Boden gehalten, der mit verschiedenen Konzentrationen der Prüfsubstanz behandelt wird. 14 Tage (wahlweise 7 Tage) nach Prüfbeginn wird der Gefäßinhalt in einer flachen Schale ausgebreitet. Die bei der jeweiligen Konzentration überlebenden Regenwürmer werden gezählt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Prüfmethode muss hinsichtlich Prüfsubstanz und Prüforganismus so reproduzierbar wie möglich sein. Die Mortalität in den Kontrollen darf am Ende der Prüfung 10 % nicht überschreiten oder aber die Prüfung ist ungültig.

1.6.   BESCHREIBUNG DES PRÜFVERFAHRENS

1.6.1.   Material

1.6.1.1.   Prüfsubstrat

Ein definierter künstlicher Boden wird als Grundprüfsubstrat eingesetzt.

a)

Grundsubstrat (in Prozent des Trockengewichts)

10 % Sphagnumtorf (so nahe wie möglich bei pH 5,5 bis 6,0; ohne sichtbare Pflanzenreste und fein gemahlen);

20 % Kaolinitkreide mit vorzugsweise mehr als 50 % Kaolinit;

etwa 69 % Industriequarzsand (überwiegend feiner Sand mit mehr als 50 % 0,05 bis 0,2 mm großen Teilchen). Wenn die Prüfsubstanz in Wasser ungenügend dispergierbar ist, werden 10 g pro Prüfgefäß aufbewahrt, die später mit der Prüfsubstanz gemischt werden;

etwa 1 % Kalziumcarbonat (CaCO1), in Pulverform, chemisch rein, zur Einstellung des pH-Werts auf 6,0±0,5.

b)

Prüfsubstrat

Das Prüfsubstrat enthält das Grundsubstrat, die Prüfsubstanz und deionisiertes Wasser.

Der Wassergehalt beträgt etwa 25 bis 42 % des Trockengewichts des Grundsubstrats. Der Wassergehalt des Substrats wird bestimmt, indem eine Probe bei 105 oC bis zur Gewichtskonstanz getrocknet wird. Es ist eine wichtige Voraussetzung, dass der künstliche Boden durchnässt ist, aber kein Wasser darauf steht. Um eine gleichmäßige Verteilung der Prüfsubstanz im Substrat zu erzielen, muss sorgfältig gemischt werden. Es muss im Prüfbericht angegeben werden, wie die Prüfsubstanz in das Substrat eingebracht wird.

c)

Kontrollsubstrat

Das Kontrollsubstrat enthält das Grundsubstrat und Wasser. Wird ein Trägerstoff verwendet, so muss eine zusätzliche Kontrolle die gleiche Menge an Trägerstoff enthalten.

1.6.1.2.   Prüfgefäße

Glasgefäße mit perforierten Kunststoffdeckeln, -platten oder -folien von ca. 1 Liter Inhalt werden mit einer Menge an feuchtem Prüf- oder Kontrollsubstrat gefüllt, die 500 g Trockengewicht des Substrats entspricht.

1.6.2.   Prüfbedingungen

Die Gefäße werden in Klimakammern bei einer Temperatur von 20 oC ± 2 oC und Dauerlicht gehalten. Die Lichtintensität beträgt 400 bis 800 Lux.

Die Versuchszeit beträgt 14 Tage, aber die Mortalität kann wahlweise 7 Tage nach Versuchsbeginn bewertet werden.

1.6.3.   Prüfverfahren

Prüfkonzentration

Die Konzentrationen der Prüfsubstanz werden als Gewicht der Substanz pro Trockengewicht des Grundsubstrats (mg/kg) ausgedrückt.

Vorversuch

In einer Vorprüfung wird der Konzentrationsbereich bestimmt, in dem 0 bis 100 % Mortalität auftritt. Der Vorversuch liefert Informationen zu dem in der Hauptprüfung zu verwendenden Konzentrationsbereich.

Die Prüfsubstanz sollte bei folgenden Konzentrationen getestet werden: 1 000; 100; 10; 1; 0,1 mg Substanz/kg Prüfsubstrat (Trockengewicht).

Wird eine vollständige Hauptprüfung durchgeführt, reichen 1 Prüfansatz pro Konzentration und 1 pro unbehandelte Kontrolle mit je 10 Würmern für die Vorprüfung aus.

Hauptprüfung

Die Ergebnisse des Vorversuchs werden eingesetzt, um mindestens 5 Konzentrationen in einer geometrischen Reihe zu wählen, die den Bereich von 0 bis 100 % Mortalität umfassen, und die sich durch einen konstanten Faktor unterscheiden, der 1,8 nicht überschreitet.

Über diese Konzentrationsreihe sollten sich der LC50-Wert und sein Vertrauensbereich so genau wie möglich bestimmen lassen.

In der Hauptprüfung werden mindestens 4 Prüfansätze pro Konzentration und 4 unbehandelte Kontrollen mit je 10 Würmern eingesetzt. Die Ergebnisse dieser Parallelansätze werden als Mittelwert und Standardabweichung angegeben.

Ergeben zwei aufeinander folgende Konzentrationen, die sich um den Faktor 1,8 unterscheiden, 0 und 100 % Mortalität, so reichen diese beiden Werte aus, um den Bereich anzugeben, in dem der LC50-Wert liegt.

Mischung des Grundprüfsubstrats und der Prüfsubstanz

Das Prüfsubstrat sollte möglichst immer ohne andere Trägerstoffe als Wasser angesetzt werden. Unmittelbar vor Prüfbeginn wird die in deionisiertem Wasser oder einem anderen Lösungsmittel emulgierte oder dispergierte Prüfsubstanz mit dem Grundprüfsubstrat gemischt oder aber sie wird mit einem feinen chromatografischen Sprüher oder etwas Ähnlichem gleichmäßig aufgesprüht.

Wenn die Prüfsubstanz wasserunlöslich ist, wird sie in dem kleinstmöglichen Volumen eines geeigneten organischen Lösungsmittels (z. B. Hexan, Aceton oder Chloroform) gelöst. Um die Prüfsubstanz zu lösen, zu dispergieren oder zu emulgieren, dürfen nur leicht flüchtige Lösungsmittel verwendet werden. Das Prüfsubstrat muss vor Gebrauch belüftet werden. Verdunstetes Wasser muss ersetzt werden. Die Kontrolle muss die gleiche Menge jeden Trägerstoffes enthalten.

Ist die Prüfsubstanz in organischen Lösungsmitteln nicht löslich, dispergierbar oder emulgierbar, werden 10 g eines Gemischs von fein gemahlenem Quarzsand und der zur Behandlung von 500 g künstlichem Boden (Trockengewicht) benötigten Menge an Prüfsubstanz mit 490 g Prüfsubstrat (Trockengewicht) gemischt.

Für jeden Prüfansatz wird feuchtes Prüfsubstrat in einer Menge, die 500 g Trockengewicht entspricht, in die einzelnen Glasgefäße gefüllt. Je 10 Würmer, die 24 Stunden lang zur Gewöhnung in einem entsprechend feuchten Grundsubstrat gehalten, dann schnell gewaschen und mit Filterpapier abgetupft wurden, werden auf das Prüfsubstrat gesetzt.

Um ein Austrocknen des Substrats zu vermeiden, werden die Gefäße mit perforierten Kunststoffdeckeln, -platten oder -folien zugedeckt und 14 Tage lang unter Versuchsbedingungen belassen.

Die Auswertung wird 14 Tage (und wahlweise 7 Tage) nach Prüfbeginn durchgeführt. Das Substrat wird auf einer

Platte aus Glas oder rostfreiem Stahl ausgebreitet. Die Würmer werden untersucht und die Überlebenden gezählt. Regenwürmer gelten als tot, wenn sie nicht auf einen leichten mechanischen Reiz am Vorderende reagieren.

Anschließend an eine Untersuchung nach 7 Tagen wird das Substrat wieder in das Prüfgefäß eingefüllt und die überlebenden Regenwürmer werden wieder auf dasselbe Prüfsubstrat gesetzt.

1.6.4.   Prüforganismen

Als Prüforganismen werden adulte Eisenia foetida (siehe Anlage) (mindestens 2 Monate alt mit Clitellum) von 300 bis 600 mg Feuchtgewicht eingesetzt (zur Anzucht siehe Anlage).

2.   DATEN

2.1.   VERARBEITUNG UND AUSWERTUNG DER ERGEBNISSE

Die Konzentrationen der Prüfsubstanz werden zusammen mit dem jeweils entsprechenden Prozentsatz an toten Regenwürmern angegeben.

Wenn die Daten es zulassen, lassen sich der LC50-Wert und der Vertrauensbereich (p = 0,05) nach Standardmethoden bestimmen (Litchfield und Wilcoxon, 1949, oder entsprechende Methode). Die LC50 wird in mg Prüfsubstanz pro kg Trockengewicht des Prüfsubstrats angegeben.

Ist die Konzentrationskurve zu steil, um eine Berechnung der LC50 zuzulassen, dann genüge es, den Wert aufgrund der grafischen Darstellung abzuschätzen.

Ergeben 2 aufeinander folgende Konzentrationen, die sich um den Faktor 1,8 unterscheiden, 0 und 100 % Mortalität, so reichen diese beiden Werte aus, um den Bereich anzugeben, in dem die LC50 liegt.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

die Feststellung, dass die Prüfung in Übereinstimmung mit den oben genannten Qualitätskriterien durchgeführt wurde;

welche Prüfung durchgeführt wurde (Vorprüfung und/oder Hauptprüfung);

die genaue Beschreibung der Prüfbedingungen oder die Feststellung, dass die Prüfung entsprechend der angegebenen Methode durchgeführt wurde; jede Abweichung muss angegeben werden;

die genaue Beschreibung, wie die Prüfsubstanz in das Grundprüfsubstrat eingebracht wurde;

Angaben zu den Prüforganismen (Art, Alter, Durchschnittsgewicht und Gewichtsbereich, Haltungs- und Anzuchtmethoden, Herkunft);

das zur Bestimmung der LC 50 angewendete Verfahren;

die Prüfergebnisse einschließlich aller verwendeten Daten;

die Beschreibung der beobachteten Symptome oder Veränderungen im Verhalten der Versuchstiere;

die Mortalität in den Kontrollen;

die LC50 oder die höchste geprüfte Konzentration ohne Mortalität und die niedrigste geprüfte Konzentration mit einer Mortalität von 100 % 14 Tage (wahlweise 7 Tage) nach Prüfbeginn;

das Auftragen der Konzentrations-Wirkungs-Kurve;

die Ergebnisse, die mit der Referenzsubstanz erzielt wurden, entweder in Verbindung mit der vorliegenden Prüfung oder aus vorherigen Qualitätskontrollversuchen.

4.   LITERATUR

(1)

OECD, Paris, 1981, Test Guideline 207, Beschluss des Rates C(81) 30 final.

(2)

Edwards, C. A. and Lofty, J. R., 1977, Biology of Earthworms. Chapman and Hall, London, 331.

(3)

Bauche, M. B., 1972, Lombriciens de France, Ecologie et Systematique, Institut National de la Recherche Agronomique, 671 S. .

(4)

Litchfield.J. T. and Wilcoxon, F., A simplified method of evaluating dose-effect experiments. J. Pharm. Exp. Therap., 1949, Band 96, 99.

(5)

Commission of the European Communities, Development of a standardized Laboratory method for assessing the toxicity of chemical substances to earthworms, Report EUR 8714 EN, 1983.

(6)

Umweltbundesamt/Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Berlin, 1984, Verfahrensvorschlag „Toxizitätstest am Regenwurm Eisenia foetida in künstlichem Boden“, in: Rudolph/Boje: ökotoxikologie, ecomed, Landsberg, 1986.

Anlage

Anzucht und Haltung der Würmer vor der Prüfung

Zur Anzucht werden 30 bis 50 adulte Würmer 14 Tage lang in einem Brutkasten mit frischem Substrat gehalten. Diese Tiere können für weitere Anzuchten verwendet werden. Die aus den Kokons geschlüpften Würmer werden für die Prüfung eingesetzt, wenn sie geschlechtsreif sind (nach 2 bis 3 Monaten bei den vorgeschriebenen Bedingungen).

Anzucht und Haltungsbedingungen

Klimakammer:

:

20 oC ± 2 oC vorzugsweise mit Dauerlicht (400 bis 800 Lux).

Brutkasten:

:

Geeignete flache Behälter von 10 bis 20 Liter Inhalt.

Substrat:

:

Eisenia foetida kann in verschiedenen tierischen Exkrementen angezogen werden. Es wird empfohlen, ein Gemisch von 50 Vol. % Torf und 50 Vol. % Kuh- oder Pferdedung zu verwenden. Der pH-Wert sollte bei 6 bis 7 liegen (er wird mit Kalziumcarbonat eingestellt); die Ionenleitfähigkeit sollte niedrig sein (weniger als 6 mmhos oder 0,5 % Salzkonzentration).

Das Substrat sollte feucht, aber nicht zu nass sein.

Neben der oben angegebenen Methode können auch andere bewährte Verfahren eingesetzt werden.

Anmerkung: Eisenia foetida gibt es in 2 Rassen, die von einigen Taxonomen als 2 verschiedene Arten bezeichnet werden (Bouche, 1972). Morphologisch sind sie ähnlich, doch zeigt Eisenia foetida foetida typische Querstreifen oder Bänder auf den Segmenten, während Eisenia foetida andrei diese nicht aufweist und fleckig rötlich gefärbt ist. Es sollte möglichst Eisenia foetida andrei verwendet werden. Andere Arten können eingesetzt werden, wenn das nötige Verfahren zur Verfügung steht.

C.9.   BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT

ZAHN-WELLENS-TEST

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Zweck des Verfahrens ist die Prüfung der potenziellen vollständigen biologischen Abbaubarkeit wasserlöslicher, nichtflüchtiger organischer Stoffe, indem diese in einem statischen Test relativ hohen Konzentrationen von Mikroorganismen ausgesetzt werden.

Eine physikalisch-chemische Adsorption an suspendierte Feststoffe kann auftreten und muss ggf. bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden (siehe 3.2).

Die Prüfsubstanzen werden in Konzentrationen verwendet, die DOC-Werten von 50 bis 400 mg/l oder CSB-Werten von 100 bis 1 000 mg/l entsprechen (DOC = Dissolved Organic Carbon, gelöster organischer Kohlenstoff; CSB = Chemischer Sauerstoffbedarf). Diese verhältnismäßig hohen Konzentrationen ermöglichen zuverlässige Analysen, Verbindungen mit toxischen Eigenschaften können den Abbauprozess verzögern oder hemmen.

Bei diesem Verfahren wird die Konzentration des gelösten organischen Kohlenstoffs oder der chemische Sauerstoffbedarf zur Beurteilung der vollständigen biologischen Abbaubarkeit der Prüfsubstanz benutzt.

Werden gleichzeitig spezifische Analysemethoden angewandt, kann die biologische Primär-Abbaubarkeit des Stoffes beurteilt werden (Abnahme der chemischen Ausgangsstruktur).

Mit diesem Verfahren können nur organische Stoffe geprüft werden, die bei der verwendeten Konzentration

unter den Testbedingungen wasserlöslich sind,

unter den Testbedingungen einen unbedeutenden Dampfdruck haben,

die Bakterien nicht hemmen,

im Testsystem nur beschränkt adsorbiert werden,

nicht durch Schäumen aus der Testlösung verloren gehen.

Angaben über die relativen Anteile der wichtigsten Komponenten der Prüfsubstanz sind zur Interpretation der erzielten Ergebnisse insbesondere dann nützlich, wenn niedrige oder marginale Abbauwerte erhalten werden.

Informationen über die Toxizität des Stoffes gegenüber Mikroorganismen sind zur Interpretation niedriger Abbauwerte sowie zur Wahl der geeigneten Prüfkonzentration ebenfalls nützlich.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Der nach Ablauf des Tests erzielte Abbaugrad wird als „Biologische Abbaubarkeit im Zahn-Wellens-Test“ angegeben:

Formula

DT

=

Abbau ( %) zur Zeit T,

CA

=

DOC(oder CSB)-Werte des Prüfansatzes 3 Stunden nach Beginn des Tests (mg/l),

CT

=

DOC(oder CSB)-Werte des Prüfansatzes zur Zeit der Probenahme (mg/l),

CB

=

DOC(oder CSB)-Werte des Blindansatzes zur Zeit der Probenahme (mg/l),

CBA

=

DOC(oder CSB)-Werte des Blindansatzes 3 Stunden nach Beginn des Tests (mg/l).

Der Abbaugrad wird auf ganze Prozentzahlen gerundet.

Als prozentualer Abbau wird der Prozentsatz der DOC-(oder CSB)-Verminderung der Prüfsubstanz angegeben.

Die Differenz zwischen dem nach 3 Stunden gemessenen und dem berechneten oder vorzugsweise gemessenen Anfangswert stellt eine nützliche Information über die Eliminierung des Stoffes dar (siehe 3.2 „Interpretation der Ergebnisse“).

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Bei der Untersuchung neuer Stoffe können in einigen Fällen Referenzsubstanzen nützlich sein; spezifische Substanzen können jedoch nicht empfohlen werden.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Belebtschlamm, mineralische Nährstoffe und die Prüfsubstanz als einzige Kohlenstoffquelle werden in wässriger Lösung in ein Glasgefäß von 1 bis 4 Liter Volumen mit Rührwerk und Belüftungsvorrichtung gegeben. Die Suspension wird bei 20 bis 25 oC bei diffusem Licht oder in einem dunklen Raum bis zu 28 Tage gerührt und belüftet. Der Abbau wird verfolgt, indem die DOC-(oder CSB-)Werte der Lösung nach Filtration täglich oder in anderen geeigneten Zeitabständen gemessen werden. Das Verhältnis zwischen dem zur Zeit der Probenahme eliminierten DOC- (oder CSB-)Wert und dem 3 Stunden nach Beginn des Tests gemessenen Wert wird als Prozentsatz des biologischen Abbaus angegeben und dient als Maß des Abbaugrades zum betreffenden Zeitpunkt. Das Ergebnis wird jeweils gegen die Zeit grafisch aufgetragen und der biologische Abbau als Kurve dargestellt.

Wird ein spezifisches Analyseverfahren angewandt, so können Änderungen in der Konzentration der Ausgangsverbindung, die infolge des biologischen Abbaus auftreten, gemessen werden (Biologischer Primärabbau).

1.5.   QU ALITÄTSKRITERIEN

In einem Ringversuch ergab sich eine befriedigende Reproduzierbarkeit des Tests.

Die Empfindlichkeit des Verfahrens ist weitgehend abhängig von der Variabilität des Blindansatzes und in geringem Ausmaß von der Genauigkeit der Bestimmung des gelösten organischen Kohlenstoffs sowie der Konzentration der Prüfsubstanz in der Kultursuspension.

1.6.   PRÜFVERFAHREN

1.6.1.   Vorbereitung

1.6.1.1.   Reagenzien

Wasser: Trinkwasser mit einem Gehalt an organischem Kohlenstoff < 5 mg/l. Die Konzentration der Kalzium- und Magnesiumionen darf insgesamt 2,7 mMol/l nicht übersteigen; sonst ist eine ausreichende Verdünnung mit deionisiertem oder destilliertem Wasser erforderlich.

Schwefelsäure, p. a.:

50 g/l

Natriumhydroxidlösung, p. a.:

40 g/l

Mineralische Nährlösung: in 1 Liter deionisiertem Wasser ist Folgendes zu lösen:

 

Ammoniumchlorid, NH4Cl, p. a.:

38,5 g

Natriumdihydrogenphospat, NaH2PO2.2H2O2 p. a.:

33,4 g

Kaliumdihydrogenphosphat, KH2PO4, p. a.:

8,5 g

Dikaliummonohydrogenphosphat, K2HPO4, p. a.:

21,75 g.

Dieser Ansatz dient sowohl als Nähr- als auch als Pufferlösung.

1.6.1.2.   Geräte

Glasgefäße mit 1 bis 4 Liter Volumen (z. B. zylindrische Gefäße).

Rührwerk mit Rührelement aus Glas oder Metall an einem geeigneten Stiel (das Rührelement sollte sich 5 bis 10 cm über dem Boden des Gefäßes bewegen). Auch ein magnetisches Rührwerk mit einem 7 bis 10 cm langen Magnetstab kann benutzt werden.

Glasrohr von 2 bis 4 mm Innendurchmesser zur Belüftung. Die Rohröffnung sollte sich rund 1 cm über dem Boden des Gefäßes befinden.

Zentrifuge (rd. 3 550 g).

pH-Messgerät.

Gerät zur Messung des gelösten Sauerstoffs.

Papierfilter.

Membranfiltrationsgerät.

Membranfilter, Porengröße 0,45 μm. Die Membranfilter dürfen weder Kohlenstoff freisetzen noch während der Filtration absorbieren.

Analysegerät zur Bestimmung des Gehalts an organischem Kohlenstoff und Ausrüstung zur Bestimmung des chemischen Sauerstoffbedarfs.

1.6.1.3.   Vorbereitung des Inokulums

Belebtschlamm aus einer biologischen Kläranlage wird gewaschen, indem er mit Wasser (der vorgeschriebenen Qualität) wiederholt zentrifugiert oder sedimentiert wird.

Der Belebtschlamm muss in einem geeigneten Zustand sein. Er ist in einer einwandfrei arbeitenden Kläranlage erhältlich. Um möglichst viele Bakterienarten oder Stämme zu erhalten, sollten evtl. Inokula aus verschiedenen Quellen gemischt werden (z. B. Schlamm aus verschiedenen Kläranlagen, Bodenextrakte, Flusswasser usw.). Das Gemisch ist nach obiger Beschreibung zu behandeln.

Zur Prüfung der Aktivität des Belebtschlamms siehe „Funktionskontrolle“ (unter 1.6.2).

1.6.1.4.   Zubereitung der Testlösungen

In das Testgefäß sind 500 ml Wasser, 2,5 ml/l mineralische Nährlösung und Belebtschlamm in einer Menge von 0,2 bis 1,0 g/l Trockenmasse im Endgemisch zu geben. Man gebe genügend Stammlösung der Prüfsubstanz hinzu, um eine DOC-Konzentration von 50 bis 400 mg/l in der Kultursuspension zu erhalten. Die entsprechenden CSB-Werte sind 100 bis 1 000 mg/l. Dann wird mit Wasser bis zu einem Gesamtvolumen von 1 bis 4 Liter aufgefüllt. Das zu wählende Gesamtvolumen ist abhängig von der Anzahl Proben für die DOC- oder CSB-Bestimmungen und vom für das Analyseverfahren benötigten Probevolumen.

In der Regel sind 2 Liter ausreichend. Gleichzeitig mit jeder Testserie ist zumindest eine Kontrolle durchzuführen; der Kontrollansatz (Blindprobe) hierfür enthält nur Belebtschlamm und Mineralnährlösung und wird mit Wasser auf das gleiche Volumen wie die Prüfansätze aufgefüllt.

1.6.2.   Durchführung der Prüfung

Die Kulturgefäße werden bei diffusem Licht oder in einer Dunkelkammer bei 20 bis 25 oC inkubiert und mit Hilfe eines magnetischen Rührwerks oder eines Schraubenpropellers gerührt. Die Belüftung erfolgt mit Druckluft, die — falls erforderlich — mit einem Wattefilter oder einer Waschflasche zu reinigen ist. Es ist dafür zu sorgen, dass sich der Schlamm nicht absetzt und die Sauerstoffkonzentration nicht unter 2 mg/l sinkt.

Der pH-Wert ist in regelmäßigen Abständen zu prüfen (z. B. täglich) und ggf. auf 7 bis 8 einzustellen.

Verdunstungsverluste werden vor jeder Probenahme mit deionisiertem oder destilliertem Wasser ausgeglichen. Hierfür ist es zweckmäßig, das Flüssigkeitsniveau am Gefäß vor Beginn des Tests zu markieren. Nach jeder Probenahme wird bei ausgeschalteter Belüftung und Rührung eine neue Marke angebracht. Die ersten Proben werden jeweils drei Stunden nach Beginn des Tests entnommen, um die Absorption der Prüfsubstanz an den Belebtschlamm zu ermitteln.

Die Elimination der Prüfsubstanz wird verfolgt, indem täglich oder in anderen regelmäßigen Zeitabständen die DOC- oder CSB-Werte bestimmt werden. Die Proben aus dem Prüfansatz und die Blindproben werden durch ein sorgfältig gewaschenes Papierfilter filtriert. Die ersten 5 ml des Filtrats sind zu verwerfen. Schwer zu filtrierende Suspensionen können zuvor durch Zentrifugation (10 Minuten) vorgereinigt werden. Die DOC- und DSB-Bestimmungen werden mindestens doppelt ausgeführt. Die Ansätze werden bis zu 28 Tage inkubiert.

Anmerkung: Proben, die nach dieser Behandlung noch trüb sind, werden durch Membranfilter filtriert. Die Membranfilter dürfen keine organischen Stoffe freisetzen oder adsorbieren.

Funktionskontrolle des Belebtschlamms

Parallel zu jeder Testserie ist ein Ansatz mit einer Substanz, deren Abbauverhalten bekannt ist, zu prüfen, um die Abbau-Kapazität des Belebtschlamms zu kontrollieren. Diäthylenglykol hat sich hierfür als zweckmäßig erwiesen.

Adaptation

Werden Analysen in relativ kurzen Zeitabständen (z. B. täglich) durchgeführt, so lässt sich die Adaptation aufgrund der Abbaukurve klar erkennen (siehe Abbildung 2). Der Test sollte deshalb nicht unmittelbar vor einem Wochenende begonnen werden.

Erfolgt die Adaptation am Ende der normalen Testdauer, so kann der Test bis zum vollständigen Abbau der Prüfsubstanz verlängert werden.

Anmerkung: Ist eine eingehendere Kenntnis über das Verhalten des adaptierten Belebtschlamms erforderlich, so wird dieser nach folgendem Verfahren ein weiteres Mal mit der gleichen Prüfsubstanz inkubiert:

Rührwerk und Belüftung werden ausgeschaltet, damit sich der Belebtschlamm absetzen kann. Die überstehende Flüssigkeit wird entfernt, man füllt mit Wasser (Testqualität) auf 2 Liter auf, rührt 15 Minuten lang und lässt den Schlamm absetzen. Die überstehende Flüssigkeit wird wiederum entfernt und der Test mit dem verbleibenden Schlamm und der gleichen Prüfsubstanz wie oben unter 1.6.1.4 und 1.6.2 beschrieben wiederholt. Der Belebtschlamm kann auch durch Zentrifugieren anstatt durch Absetzen gewonnen werden.

Der adaptierte Schlamm kann mit frischem Belebtschlamm gemischt werden, so dass wiederum 0,2 bis 1 g Trockengewicht pro Liter in der Kultursuspension erreicht werden,

Vorbereitung für die Analyse

Die Proben werden in der Regel durch ein sorgfältig gewaschenes Papierfilter filtriert (zum Waschen verwende man entionisiertes Wasser).

Trübe Proben werden durch Membranfilter (0,45 μm) filtriert.

Die DOC-Konzentration wird in Probefiltraten (die ersten 5 ml werden verworfen) mit dem TOG-Messgerät doppelt bestimmt. Kann das Filtrat nicht am gleichen Tag analysiert werden, so muss es bis zum nächsten Tag im Kühlschrank aufbewahrt werden. Von längeren Lagerungen wird abgeraten.

Die CSB-Konzentration der Probefiltrate wird nach dem in der Literaturangabe (2) beschriebenen Verfahren bestimmt.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

Die DOC- und CSB-Konzentrationen werden in den Proben, wie oben in 1.6.2 beschrieben, mindestens doppelt bestimmt. Der Abbau zum Zeitpunkt T wird nach der unter 1.2 oben angegebenen Formel mit den Definitionen berechnet.

Der Abbaugrad wird auf ganze Prozentzahlen aufgerundet. Der nach Ablauf des Tests erreichte Abbau wird als „Biologische Abbaubarkeit im Zahn-Wellens-Test“ angegeben.

Anmerkung: Wird vor Ablauf der Testzeit ein vollständiger Abbau erreicht und dieses Ergebnis in einer zweiten Analyse am nächsten Tag bestätigt, so kann die Prüfung beendet werden.

3.   SCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Substanzkonzentration zu Beginn des Tests;

sämtliche Informationen und experimentellen Ergebnisse, die mit der Prüfsubstanz, ggf. der Referenzsubstanz sowie der Blindprobe erhalten wurden;

Substanzkonzentration nach drei Stunden;

Abbau-Kurve mit Beschreibung;

Datum und Ort der Entnahme der Organismen, Stand der Adaptation, verwendete Konzentration usw.;

wissenschaftliche Gründe für jedwede Änderungen des Testverfahrens.

3.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Eine fortschreitende Abnahme des DOC (CSB) innerhalb von Tagen oder Wochen weist auf einen biologischen Abbau des Teststoffes hin.

Eine physikalisch-chemische Adsorption kann jedoch in manchen Fällen auch eine Rolle spielen; ein Hinweis darauf besteht, wenn während der ersten drei Stunden eine vollständige oder teilweise DOC-(CSB-)Abnahme festgestellt wird und der Unterschied zwischen der überstehenden Flüssigkeit in den Proben aus dem Kontrollgefäß und dem Testgefäß unerwartet niedrig ist.

Soll zwischen vollständigem (oder teilweisem) biologischem Abbau und Adsorption unterschieden werden, sind weitere Tests erforderlich. Hierfür bieten sich mehrere Möglichkeiten an; am besten verwendet man jedoch überstehende Kultursuspension aus dem Prüfansatz als Inokulum in einem Grundstufen-Test (vorzugsweise in einem respirometrischen Test).

Prüfsubstanzen, die eine weitgehende, nicht durch Adsorption bedingte Abnahme des DOC-(CSB)Gehalts in diesem Test aufweisen, sind als potenziell biologisch abbaubar zu betrachten. Eine partielle nichtadsorptive Abnahme weist darauf hin, dass der Stoff zumindest teilweise biologisch abbaubar ist.

Erfolgt keine oder nur eine geringe DOC-(CSB-)Abnahme, kann dies möglicherweise auf einer Hemmung der Mikroorganismen durch den zu prüfenden Stoff beruhen. Eine Hemmung kann sich auch durch Auflösung und Verlust des Schlammes sowie einer Trübung der überstehenden Kultursuspension zeigen. In solchen Fällen ist die Prüfung mit einer niedrigeren Konzentration des zu prüfenden Stoffes zu wiederholen.

Durch spezifische Analysemethoden oder den Einsatz 14C-markierter Prüfsubstanzen lässt sich evtl. eine höhere Empfindlichkeit erreichen. Wird 14C-markierte Prüfsubstanz verwendet, lässt sich durch Nachweis des entstehenden 14CO2 bestätigen, dass ein biologischer Abbau stattgefunden hat.

Werden die Ergebnisse auch in Form des biologischen Primär-Abbaus angegeben, so sollten, wenn möglich, Angaben über die Veränderungen der chemischen Struktur gemacht werden, die die mangelnde Wiederauffindung der Ausgangssubstanz begründen.

Die Eignung der Analysemethode sowie die damit bestimmten Werte im Nährmedium ohne Zusatz der Prüfsubstanz müssen angegeben werden.

4.   LITERATUR

(1)

OECD Paris, 1981, Test Guideline 302 B, Beschluss des Rates C(81) 30 final.

(2)

Anhang V C.9 Abbaubarkeit: Chemischer Sauerstoffbedarf. Richtlinie 84/449/EWG der Kommission (ABl.. L 251 vom 19.9.1984, S. 1).

Anlage

BEISPIEL EINER AUSWERTUNG

Organische Verbindung:

4-Äthoxybenzoesäure

Theoretische Testkonzentration:

600 mg/l

Theoretischer DOC-Gehalt:

390 mg/l

Impfgut (Inokulum):

Kläranlage ...

Konzentration:

1 Gramm Trockensubstanz/l

Stand der Adaptation:

nicht adaptiert

Analyse:

DOC-Bestimmung

Probemenge:

3 ml

Kontrollsubstanz:

Diäthylenglykol

Toxizität der Verbindung:

keine toxische Wirkung unter 1 000 mg/l

Angewandter Test: Gärröhrentest


Zeit

Kontrollsubstanz

Prüfsubstanz

Blindansatz

DOC (16)

mg/l

DOC (16)

mg/l

Netto DOC

mg/l

Abbau

%

DOC (16)

mg/l

Netto DOC

mg/l

Abbau

%

0

300,0

390,0

3 Std.

4,0

298,0

294,0

2

371,6

367,6

6

1 Tag

6,1

288,3

282,2

6

373,3

367,2

6

2 Tage

5,0

281,2

276,2

8

360,0

355,0

9

5 Tage

6,3

270,5

264,2

12

193,8

187,5

52

6 Tage

7,4

253,3

245,9

18

143,9

136,5

65

7 Tage

11,3

212,5

201,2

33

104,5

93,2

76

8 Tagt

7,8

142,5

134,7

55

' 58,9

51,1

87

9 Tage

7,0

35,0

28,0

91

18,1

11,1

97

10 Tage (16)

18,0

37,0

19,0

94

20,0

2,0

99

Abbildung 1

Beispiele von Abbau-Kurven

Image

Abbildung 2

Beispiel für eine Adaptation des Schlammes

Image

C.10.   BIOLOGISCHE

ABBAUBARKEIT SIMULATIONSTEST MIT BELEBTSCHLAMM

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

1.1.1.   Allgemeines

Die Methode ist nur für organische Substanzen geeignet, die bei den im Test verwendeten Konzentrationen

in dem zur Herstellung der Testlösungen erforderlichen Maße in Wasser löslich sind;

unter den Prüfbedingungen einen vernachlässigbar niedrigen Dampfdruck haben;

die Bakterien nicht hemmen.

Angaben über die relativen Anteile der wichtigsten Bestandteile der Prüfsubstanz sind für die Interpretation der Ergebnisse nützlich, insbesondere wenn die Abbauwerte niedrig oder marginal sind.

Informationen über die Toxizität der Substanz für Mikroorganismen können für die Interpretation niedriger Abbauwerte und die Wahl der geeigneten Prüfkonzentrationen von Nutzen sein.

1.1.2.   Prüfung der vollständigen biologischen Abbaubarkeit (DOC (17)/CSB (18)-Analyse)

Zweck des Verfahrens ist die Prüfung der vollständigen biologischen Abbaubarkeit organischer Substanzen durch Messung der Abnahme der Prüfsubstanz sowie möglicher Metaboliten in einer Belebtschlamm-Modellanlage bei einer Konzentration von 12 mg DOC/l (oder etwa 40 mg CSB/l). 20 mg DOC/l haben sich als günstig erwiesen. (DOC = Dissolved Organic Carbon = Gelöster organischer Kohlenstoff. CSB = Chemischer Sauerstoffbedarf-)

Der Gehalt der Prüfsubstanz an organischem Kohlenstoff (oder der chemische Sauerstoffbedarf) müssen bekannt sein.

1.1.3.   Bestimmung der biologischen Primär-Abbaubarkeit (Spezifische Analyse)

Zweck dieses Verfahrens ist die Prüfung der biologischen Primär-Abbaubarkeit einer Substanz in einer Belebtschlamm-Modellanlage bei einer Konzentration von etwa 20 mg Substanz/l unter Verwendung einer substanzspezifischen Analysenmethode (niedrige oder höhere Konzentrationen können eingesetzt werden, wenn die analytische Methode und die Toxizität dies erlauben). Dieses Verfahren ermöglicht die Beurteilung der Primär-Abbaubarkeit der Substanz (Verschwinden der ursprünglichen chemischen Struktur).

Es ist nicht Zweck dieses Verfahrens, die Mineralisierbarkeit der Prüfsubstanz zu bestimmen.

Für die quantitative Analyse der Prüfsubstanz muss ein geeignetes Verfahren zur Verfügung stehen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

1.2.1.   DOC/CSB-Analyse

Die Abnahme der Substanz ist gegeben durch

Formula

[1(a)]

Darin sind:

DR

=

DOC- (oder CSB-)Abnahme in % bei der gegebenen mittleren Verweilzeit, bezogen auf die eingesetzte Prüfsubstanz,

T

=

Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf in mg DOC/l (oder mg CSB/l),

E

=

DOC- (oder CSB-)Konzentration im Ablauf in mg/l,

Eo

=

DOC- (oder CSB-)Konzentration im Ablauf der Kontrollanlage in mg/l.

Als Abbau wird die prozentuale DOC- (oder CSB-)Abnahme bei der gegebenen Verweilzeit, bezogen auf die eingesetzte Prüfsubstanz, angegeben.

1.2.2.   Spezifische Analyse

Die prozentuale Elimination der Prüfsubstanz aus der wässrigen Phase (Rw) innerhalb der gegebenen mittleren Verweilzeit ist gegeben durch

Formula

[1(b)]

Darin sind:

C1

=

Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf der Prüfanlage (mg Substanz/l, bestimmt durch spezifische Analyse),

C0

=

Konzentration der Prüfsubstanz im Ablauf der Prüfanlage (mg Substanz/l), bestimmt durch spezifische Analyse).

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Wenn eine neue Substanz untersucht wird, sind Referenzsubstanzen in manchen Fällen nützlich. Hier kann jedoch noch keine bestimmte Substanz empfohlen werden.

1.4.   PRINZIP DER METHODEN

Um die vollständige biologische Abbaubarkeit zu prüfen, sind zwei Belebtschlamm-Modellanlagen (OECD-Confirmatory-Test-Einheit oder „Porous pot“), die parallel betrieben werden, erforderlich. Die Prüfsubstanz wird dem Zulauf (synthetisches oder kommunales Abwasser) einer der beiden Anlagen zugesetzt, während die andere Anlage nur das Abwasser erhält. Um die biologische Primär-Abbaubarkeit mit Hilfe spezifischer Analysen der Prüfsubstanz im Zu- und Ablauf zu bestimmen, ist nur eine Anlage erforderlich.

Die DOC- (oder CSB-)Konzentrationen werden in den Abläufen gemessen, oder es werden die Konzentrationen der Prüfsubstanz über die spezifische Analyse bestimmt.

Der Gesamt-DOC-Gehalt der Nährlösung (Abwasser + Prüfsubstanz) muss nicht gemessen, sondern kann als Summe der beiden Einzelwerte angegeben werden.

Bei DOC- (oder CSB-)Messungen geht man davon aus, dass die Differenz der Konzentrationen zwischen Prüf- und Kontrollablauf auf nicht abgebaute Prüfsubstanz beruht.

Mit Hilfe spezifischer Analysen lässt sich die Änderung der Konzentration der Ausgangssubstanz messen (biologischer Primär-Abbau).

Die Anlagen können nach einem Überimpfungsverfahren gekoppelt betrieben werden.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Ausgangskonzentration der Prüfsubstanz ist unter Berücksichtigung der Art der Analyse und ihrer jeweiligen Erfassungsgrenze zu wählen.

1.6.   BESCHREIBUNG DES PRÜFVERFAHRENS

1.6.1.   Vorbereitung

1.6.1.1.   Geräte

Wenn nicht mit spezifischer Analytik gearbeitet wird, werden zwei Modellanlagen gleichen Typs benötigt. Zwei Anlagetypen stehen zur Verfügung, die wahlweise eingesetzt werden können:

OECD-Confirmatory-Test-Anlage

Die Anlage besteht aus einem Vorratsgefäß (A) für das Abwasser, einer Dosierpumpe (B), einem Belüftungsgefäß (C), einem Absetzgefäß (D), einem Druckluftheber (E) zur Rückführung des Belebtschlamms sowie einem Sammelgefäß für den behandelten Ablauf (F).

Die Gefäße A und F müssen aus Glas oder geeignetem Kunststoff bestehen und mindestens 24 Liter fassen. Die Pumpe (B) muss einen konstanten Zustrom des Abwassers zum Belüftungsgefäß erlauben. Jedes geeignete System, das einen bestimmten Zustrom sowie eine bestimmte Konzentration gewährleistet, kann eingesetzt werden. Bei normalem Betrieb wird die Höhe des Absetzgefäßes (D) so eingestellt, dass das Volumen der Kultursuspension im Belüftungsgefäß 3 Liter beträgt. In der kegelförmigen Spitze des Belüftungsgefäßes befindet sich ein gesinterter, poröser Stein zur Belüftung. Die Belüftungsrate muss mit Hilfe eines Durchflussmessers kontrolliert werden.

Der Druckluftheber (E) ist so eingestellt, dass der Belebtschlamm kontinuierlich und regelmäßig vom Absetzgefäß in das Belüftungsgefäß zurückgeführt wird.

„Porous pot“-Anlage

Der „Porous pot“ ist folgendermaßen konstruiert: Poröse Polyethylenfolien (Dicke: 2 mm; max. Porengröße: 95 μ) bilden einen Zylinder (: 14 cm) mit einem konischen Ende (45o) (siehe Abbildungen 1 und 2 in Anlage 2). Der „Porous pot“ befindet sich in einem undurchlässigen Gefäß (: 15 cm) aus geeignetem Kunststoff, das in seinem zylindrischen Teil in der Höhe von 17,2 cm bei einem Volumen von 3 Liter einen Auslass aufweist. Am oberen Ende des Innengefäßes ist ein starrer Halterungsring aus Kunststoff so angebracht, dass zwischen Außen- und Innengefäß 0,5 cm Ablaufraum liegen.

Der „Porous pot“ kann in ein durch einen Thermostaten kontrolliertes Wasserbad montiert werden. Über eine Luftzufuhr zum Boden des Innengefäßes wird mit Hilfe eines geeigneten Verteilers belüftet.

Die Gefäße (A) und (E) müssen aus Glas oder einem geeigneten Kunststoff bestehen und mindestens 24 Liter fassen. Die Pumpe (B) muss einen konstanten Zustrom des Abwassers in das Belüftungsgefäß erlauben, jedes geeignete System kann verwendet werden, vorausgesetzt, dass ein bestimmter Zustrom und eine bestimmte Konzentration gewährleistet sind.

Zusätzliche „Porous pot“-Gefäße sind erforderlich, damit ein Gefäß, das während des Gebrauchs verstopft ist, ersetzt werden kann. Verstopfte Gefäße werden 24 Stunden in Hypochloritlösung gelegt und anschließend gründlich mit Leitungswasser gespült.

1.6.1.2.   Filtration

Es sind Membranfiltrationsgeräte und Membranfilter (Porengröße: 0,45 μ) erforderlich. Die Membranfilter dürfen weder Kohlenstoff freisetzen noch die Substanz beim Filtrieren adsorbieren.

1.6.1.3.   Abwasser

Es kann wahlweise geeignete synthetische Nährlösung oder kommunales Abwasser verwendet werden.

Beispiel für synthetische Nährlösung

Pro Liter Leitungswasser sind zu lösen:

Pepton:

160 mg,

Fleischextrakt:

110 mg,

Harnstoff:

30 mg,

NaCl:

7 mg,

CaCl2.2H2O:

4 mg,

MgSO4.7H2O:

2 mg,

K2HPO4:

28 mg.

Häusliches Abwasser

Es ist jeden Tag frisch vom Überlauf der mechanischen Stufe einer Kläranlage, die hauptsächlich kommunale Abwässer reinigt, zu entnehmen.

1.6.1.4.   Stammlösung der Prüfsubstanz

Es wird eine Lösung der Prüfsubstanz, z. B. 1 %ig, angesetzt. Die Konzentration der Prüfsubstanz muss bestimmt werden, um ein geeignetes Volumen zur Einstellung der erforderlichen Prüfkonzentration in der Kultursuspension ermitteln zu können. Dies wird dann entweder dem Abwasser zugesetzt oder kontinuierlich über eine zweite Pumpe direkt in das Belüftungsgefäß gegeben.

1.6.1.5.   Inokulum

Anmerkung: Wird kommunales Abwasser verwendet, ist es wenig zweckmäßig, ein Inokulum mit geringer Bakterienkonzentration zu wählen; hier ist Belebtschlamm einzusetzen.

Es können Inokula verschiedener Herkunft eingesetzt werden.

Hier werden drei Beispiele für geeignetes Impfgut angegeben:

a)

Inokulum aus Kläranlagenablauf

Das Inokulum wird vorzugsweise dem Ablauf einer gut arbeitenden Kläranlage, in der hauptsächlich kommunale Abwässer gereinigt werden, entnommen. Die Suspension muss zwischen Probenahme und Verwendung aerob gehalten werden. Zur Aufbereitung des Inokulums wird die Probe durch ein grobes Filter gegeben, wobei die ersten 200 ml verworfen werden. Das Filtrat wird bis zur Verwendung aerob gehalten. Das Impfgut muss am gleichen Tag verwendet werden. Zur Beimpfung müssen mindestens 3 ml eingesetzt werden.

b)

Mischinokulum

Inokulum aus einem Kläranlagenablauf:

Siehe oben.

Inokulum aus Boden:

100 g Gartenboden (fruchtbarer, nicht steriler Boden) werden in 1 Liter chlorfreiem Trinkwasser suspendiert. (Böden mit sehr hohem Gehalt an Ton, Sand oder Humus sind ungeeignet.) Nach dem Umrühren lässt man die Suspension für 30 Minuten absetzen. Der Überstand wird durch ein großes Filter gegeben, wobei die ersten 200 ml verworfen werden. Das Filtrat wird sofort und bis zur Verwendung belüftet. Das Inokulum muss am gleichen Tag verwendet werden.

Inokulum aus Oberflächenwasser

Ein weiterer Anteil des Mischinokulums wird von einem mesosaprobischen Oberflächenwasser gewonnen. Die Probe wird durch ein grobes Filter gegeben, wobei die ersten 200 ml verworfen werden. Bis zur Verwendung wird das Filtrat aerob gehalten. Das Inokulum muss am gleichen Tag verwendet werden.

Die drei verschiedenen Impfsuspensionen werden zu gleichen Teilen gut gemischt. Mindestens 3 ml dieser Suspension sind für die Beimpfung einzusetzen.

c)

Inokulum aus Belebtschlamm

Ein Volumen von nicht mehr als 3 Liter Belebtschlamm (Gehalt an suspendierten Feststoffen bis zu 2,5 g/l) vom Belüftungsbecken einer Kläranlage, die hauptsächlich kommunales Abwasser reinigt, wird als Inokulum verwendet.

1.6.2.   Prüfverfahren

Der Test wird bei einer Raumtemperatur von 18 oC bis 25 oC durchgeführt.

Gegebenenfalls kann der Test bei einer niedrigeren Temperatur (bis zu 10 oC) durchgeführt werden: Wenn die Prüfsubstanz unter diesen Bedingungen abgebaut wird, sind normalerweise keine weiteren Untersuchungen erforderlich. Wird die Substanz jedoch nicht abgebaut, muss der Test bei 18 oC bis 25 oC wiederholt werden.

1.6.2.1.   Anlaufphase: Schlammbildung/Stabilisierung der Anlagen

Die Schlammwachstums-/Stabilisierungsphase ist der Zeitraum, in dem die Konzentration der im Belebtschlamm suspendierten Feststoffe und der Betrieb der Anlagen bei den gegebenen Betriebsbedingungen ein Fließgleichgewicht erreichen.

Die Anlaufphase ist der Zeitraum beginnend mit der ersten Zugabe der Prüfsubstanz bis zu dem Zeitpunkt, zu dem ihre Abnahme ein Plateau erreicht (d. h. ein verhältnismäßig konstanter Wert gemessen wird). Dieser Zeitraum darf sechs Wochen nicht überschreiten.

Die Auswertungsphase ist ein Zeitraum von drei Wochen, beginnend drei Wochen nachdem die Abnahme der Prüfsubstanz einen relativ konstanten und gewöhnlich hohen Wert erreicht hat. Für Substanzen, die in den ersten sechs Wochen wenig oder gar nicht abgebaut werden, werden die darauf folgenden drei Wochen als Auswertungsphase gewählt.

Zunächst wird in die für den Test vorgesehene Anlage (oder die Anlagen) das mit Abwasser gemischte Inokulum gefüllt.

Dann wird die Belüftung (und bei Verwendung der OECD-Confirmatory-Test-Anlage) durch Mammutpumpe sowie das Dosiergerät in Betrieb gesetzt.

Der Zulauf (Abwasser) ohne Prüfsubstanz muss das Belüftungsgefäß entweder mit einer Rate von 1 Liter/Std. oder von ½ Liter/Std. durchfließen; dies ergibt eine mittlere Verweilzeit von drei bzw. sechs Stunden.

Die Belüftung muss so reguliert sein, dass der Inhalt im Belüftungsgefäß immer in Suspension ist und der Gehalt an gelöstem Sauerstoff mindestens 2 mg/l beträgt.

Ein Schäumen muss mit geeigneten Mitteln verhindert werden. Antischaummittel, die den Belebtschlamm hemmen, dürfen nicht eingesetzt werden.

Schlamm, der sich am oberen Ende der Belüftungsgefäße (und im Falle der OECD-Confirmatory-Test-Anlage am Boden des Absetzgefäßes sowie im Rücklaufsystem) angesammelt hat, muss mindestens einmal täglich durch Bürsten oder andere geeignete Maßnahmen in die Kultursuspension zurückgeführt werden.

Wenn der Schlamm sich nicht absetzt, kann seine Dichte durch Zugabe von 2 ml einer 5 %igen Eisen(III)chloridlösung erhöht werden; dies wird so oft wie nötig wiederholt.

Der Ablauf wird 20 bis 24 Stunden lang in den Gefäßen (E) oder (F) gesammelt; bevor eine Probe genommen wird, muss gründlich gemischt werden. Die Gefäße (E) oder (F) sind sorgfältig zu reinigen.

Um die Effektivität des Verfahrens zu verfolgen und zu kontrollieren, werden CSB oder DOC des Filtrats vom gesammelten Ablauf mindestens zweimal wöchentlich gemessen. Ebenso werden CSB und DOC des filtrierten Zulaufs bestimmt. Zur Filtration werden Membranfilter, Porengröße 0,45 μm benutzt; die jeweils ersten 20 ml des Filtrats werden verworfen.

Die Differenz im CSB- oder DOC-Gehalt aufeinander folgender Messungen wird geringer, wenn sich der Abbauprozess stabilisiert.

Der Trockensubstanzgehalt (in g/l) des Belebtschlamms im Belüftungsgefäß sollte ebenfalls zweimal wöchentlich bestimmt werden. Die Anlagen können nach zweierlei Arbeitsweisen betrieben werden: Entweder wird der Trockensubstanzgehalt des Belebtschlamms zweimal wöchentlich bestimmt (falls er höher als 2,5 g/l liegt, muss der überschüssige Belebtschlamm verworfen werden) oder es werden täglich 500 ml der Kultursuspension aus den Belüftungsgefäßen entfernt, so dass sich für den Schlamm eine mittlere Verweilzeit von sechs Tagen ergibt.

Wenn die gemessenen und geschätzten Parameter (dies sind: Effektivität des Verfahrens (CSB- oder DOC-Abnahme, Schlammkonzentration, Absetzbarkeit des Schlamms, Trübung des Überstands usw.) der beiden Anlagen ausreichend stabil sind, kann die Prüfsubstanz, wie unter 1.6.2.2 beschrieben, in den Zulauf einer der beiden Anlagen gegeben werden.

Alternativ kann die Prüfsubstanz zu Beginn der Schlammwachstumsphase (1.6.2.1) hinzugefügt werden, insbesondere dann, wenn Belebtschlamm als Inokulum eingesetzt wird.

1.6.2.2.   Prüfverfahren

Unter Einhaltung der Betriebsbedingungen der Anlaufphase wird die Stammlösung der Prüfsubstanz (etwa 1 %ig} dem Zulauf der Prüfanlage zugesetzt, so dass die Substanz in der gewünschten Konzentration vorliegt (etwa 10-20 mg DOC/l oder 40 mg CSB/l). Die Stammlösung kann hierfür entweder täglich dem Abwasser beigemischt oder mittels eines getrennten Pumpsystems der Kultursuspension zugesetzt werden. Die Konzentration kann schrittweise bis zur gewünschten Konzentration erhöht werden. Wenn die Prüfsubstanz auf den Belebtschlamm nicht toxisch wirkt, können auch höhere Konzentrationen als oben angegeben geprüft werden.

In die Kontrollanlage wird nur Abwasser, aber keine Prüfsubstanz gegeben. Vom Ablauf werden geeignete Mengen für die Analyse entnommen und membranfiltriert (Porengröße 0,45 μm), wobei die ersten 20 ml des Filtrats verworfen werden.

Die filtrierten Proben müssen entweder am gleichen Tag analysiert oder bis zur Analyse durch geeignete Methoden konserviert werden (z. B. durch 0,05 ml einer 1 %igen Quecksilberchloridlösung/10 ml Filtrat oder indem sie bei 2 bis 4 oC bis zu 24 Stunden oder bei –18 oC für längere Zeit aufbewahrt werden).

Die Anlaufphase ab Zugabe der Prüfsubstanz sollte sechs Wochen nicht überschreiten; die Auswertungsphase sollte nicht kürzer als drei Wochen sein, so dass 14 bis 20 Bestimmungen für die Berechnung des Endergebnisses zur Verfügung stehen.

Gekoppelte Anlagen

Die Anlagen werden gekoppelt, indem 1 × täglich 2,5 Liter der Kultursuspension (einschl. Schlamm) aus den Belüftungsgefäßen zwischen den beiden Anlagen ausgetauscht werden. Wenn die Prüfsubstanz stark adsorbiert, werden 1,5 Liter des Überstands aus den Absetzgefäßen entnommen und jeweils in das Belüftungsgefäß der anderen Anlage gegeben.

1.6.2.3.   Analytik

Um das Verhalten der Prüfsubstanz zu verfolgen, werden zwei Arten von Analysen durchgeführt:

DOC- und CSB-Analysen

Die DOC-Konzentrationen werden in doppelter Ausführung mit einem Kohlenstoffanalysator gemessen und/oder die CSB-Werte nach(2) bestimmt.

Spezifische Analyse

Die Konzentrationen der Prüfsubstanz werden mit einer geeigneten analytischen Methode bestimmt. Wenn möglich, soll auch die an den Schlamm adsorbierte Substanz erfasst werden.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

2.1.   GEKOPPELTE ANLAGEN

Wird das Verfahren mit gekoppelten Anlagen angewandt, ist die prozentuale Abnahme (DR) gemäß 1.2.1 täglich zu berechnen.

Diese täglich berechneten Werte der Abnahme werden zu DRc korrigiert, da die Übertragung von Material durch die Überimpfung zu berücksichtigen ist. Dies erfolgt nach Gleichung [2] für eine mittlere Aufenthaltszeit von drei Stunden und nach Gleichung [3] für eine mittlere Retentionszeit von sechs Stunden.

Formula

[2]

Formula

[3]

Der Mittelwert der Reihe von DRc-Werten wird errechnet, die Standardabweichung ergibt sich nach Gleichung [4]

Formula

[4]

Darin sind:

SDRc

=

Standardabweichung der Reihe von DRc-Werten,

Formula

c

=

Mittelwert der DRc-Werte,

n

=

Anzahl der Bestimmungen.

Ausreißer in der Reihe der DRc-Werte werden nach geeigneten statistischen Verfahren, z. B. nach Nalimov [6], bei einer statistischen Sicherheit von 95 % eliminiert; Mittelwert und Standardabweichung werden aus den ausreißerfreien DRc-Daten neu berechnet:

Das Endresultat wird dann mit der Gleichung [5] errechnet.

Formula

[5]

Darin sind:

tn–1

=

Tabellenwert von t für n Wertepaare von e und Eo und einem statistischen Vertrauensbereich P (P = 1-α), wobei P = 95 % gesetzt wird (1).

Als Ergebnis wird der Mittelwert mit einer Sicherheit von 95 %, die jeweilige Standardabweichung, die Anzahl an Daten der ausreißerfreien DRc-Werte sowie die Anzahl der Ausreißer angegeben.

Beispiel:

DRc

=

98,6±2,3 % DOC-Abnahme,

s

=

4,65 % DOC-Abnahme,

n

=

18,

x

=

Anzahl der Ausreißer.

2.2.   NICHT GEKOPPELTE ANLAGEN

Die Betriebsleistung der Anlagen kann folgendermaßen überprüft werden:

Formula

Wenn die täglich gemessene Abnahme grafisch dargestellt wird, werden alle Trends, z. B. eine Adaptation, verdeutlicht.

2.2.1.   Verfahren mit CSB/DOC-Bestimmungen

Die täglich gemessene prozentuale Abnahme DR wird gemäß 1.2.1 berechnet.

Der Mittelwert der Reihe von DR-Werten wird errechnet; die Standardabweichung ergibt sich nach [6]

Formula

[6]

Darin sind:

SDR

=

Standardabweichung der Reihe von DRi-Werten,

Formula

=

Mittelwert der DRi-Werte,

n

=

Anzahl der Bestimmungen.

Ausreißer in der Reihe der DR-Werte werden nach geeigneten statistischen Verfahren, z. B. nach Nalimov [6], bei einer statistischen Sicherheit von 95 % eliminiert; Mittelwert und Standardabweichung werden aus den ausreißerfreien DR-Daten neu berechnet.

Das Endresultat wird dann mit der Gleichung [7] errechnet.

Formula

[7]

Darin sind:

tn–1; α

=

Tabellenwert von t für n Wertepaare von E und EO und einem statistischen Vertrauensbereich P (P = l–α),wobei P = 95 % gesetzt wird (1).

Als Ergebnis wird der Mittelwert mit Toleranzgrenzen bei einer statistischen Sicherheit von 95 %, die jeweilige Standardabweichung und die Anzahl an Daten der ausreißerfreien DR-Werte sowie die Anzahl der Ausreißer angegeben.

Beispiel:

DR

=

(98,6±2,3 %) DOC-Abnahme,

s

=

4,65 % DOC-Abnahme,

n

=

18,

x

=

Anzahl der Ausreißer.

2.2.2.   Verfahren mit spezifischer Analyse

Die Eliminierung der Prüfsubstanz in % aus der wässrigen Phase (Rw) wird gemäß 1.2.2 berechnet.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

das in Anlage 3 gegebene Formblatt mit den Betriebsbedingungen des Tests;

die Angabe der verwendeten Anlage (OECD Confirmatory Test oder „Porous pot“);

die Angabe der Verfahrensweise: gekoppelte oder nicht gekoppelte Anlagen;

eine Beschreibung des Abwassers: künstliches oder kommunales Wasser; bei kommunalem Abwasser: Datum oder Ort der Probenahme;

die Art des Inokulums; Datum und Ort der Probenahme;

die Angabe und Beschreibung der Methoden, nach denen spezifische Analysen durchgeführt wurden;

eine grafische Auftragung der CSB- und DOC-Abnahme gegen die Zeit während der Anlauf- und der Bewertungszeit;

die analytische Wiederfindungsrate der Prüfsubstanz als CSB oder DOC in der Stammlösung;

bei Durchführung spezifischer Analysen: grafische Auftragung der prozentualen Abnahme der Prüfsubstanz aus der wässrigen Phase gegen die Zeit während der Anlauf- und Bewertungsphase;

die mittlere Abnahme von DOC, CSB oder Prüfsubstanz und die Standardabweichungen aus den Ergebnissen während der Auswertungsphase, nachdem sich die Abnahme der Prüfsubstanz stabilisiert oder sich eine Periode stabiler Verhältnisse eingestellt hat;

eine grafische Auftragung der Belebtschlammkonzentration gegen die Zeit;

alle den Belebtschlamm betreffenden Manipulationen und Beobachtungen (Verwerfen von überschüssigem Schlamm, Eisen(III)chlorid usw.);

die im Test eingesetzte Konzentration der Prüfsubstanz;

alle Ergebnisse der Schlammanalysen;

alle Informationen und Versuchsergebnisse über die Prüfsubstanz und — falls verwendet — über die Kontrollsubstanz;

wissenschaftliche Begründung für alle etwaigen Verfahrensänderungen.

3.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Ursache für eine geringe Abnahme der Prüfsubstanz in der wässrigen Phase kann eine Hemmung der Mikroorganismen durch die Prüfsubstanz sein. Dies kann sich auch an einer Schlammauflösung und an einem Schlammverlust zeigen, was zu einem trüben Überstand sowie zu einer abnehmenden Effektivität der CSB- oder DOC-Abnahme in der Anlage führt.

Physikochemische Adsorption kann manchmal eine Rolle spielen. Zwischen biologischem Abbau des Moleküls und physikochemischer Adsorption kann unterschieden werden, wenn der Schlamm nach einer Desorption analysiert wird.

Soll zwischen vollständigem (oder teilweisem) biologischen Abbau und Adsorption unterschieden werden, sind weitere Tests erforderlich.

Hierfür bieten sich mehrere Möglichkeiten an; am besten verwendet man jedoch den Überstand aus dem Absetzgefäß als Inokulum in einem Grundstufen-Test (vorzugsweise mit respiratorischer Messung).

Hohe DOC- oder CSB-Abnahmen werden in der Regel durch biologischen Abbau verursacht; bei geringer Abnahme kann dagegen nicht zwischen biologischem Abbau und Elimination und Adsorption unterschieden werden. Zeigt beispielsweise eine lösliche Verbindung eine hohe Adsorptionsrate von 98 % und werden täglich 10 % des Überschussschlamms entfernt, so ist allein hierdurch eine Elimination bis zu 40 % möglich. Werden täglich 30 % des Überschussschlamms entfernt, kann die Elimination aufgrund der Adsorption an und der Entfernung mit Überschussschlamm auf 65 % steigen (4).

Bei spezifischen Analysen muss darauf geachtet werden, welche Bedeutung die Struktur der Substanz für die eingesetzte spezifische Analyse hat. Eine Abnahme der Substanz, bestimmt durch spezifische Analyse, kann nicht als Mineralisierung der Substanz interpretiert werden.

4.   LITERATUR

(1)

OECD, Paris 1981, Test Guideline 303 A, Beschluss des Rates C(81) 30 final.

(2)

Anhang V; C 9; Abbaubarkeit — Richtlinie 84/449/EWG der Kommission (ABl. L 251 vom 19.9.1984, S. 1).

(3)

H. A. Painter and E. F. King, WRC Porous Pot method for assessing biodegradabitity. Technical Report TR70; June 1978, Water Research Center, Vereinigtes Königreich.

(4)

Wierich P., and Gerike P., The Fate of Soluble, Recalcitrant, and Absorbing Compounds in Activated Sludge plants — Ecotoxicology and Environmental Safety, Vol 5, Nr. 2 — June 1981, 161-171.

(5)

Richtlinien 82/242/EWG und 82/243/EWG des Rates (ABl. L 109 vom 22.4.1982, S. 1), zur Anpassung der Richtlinien 73/404/EWG und 73/405/EWG des Rates — Biodegradability of detergents(ABl. L 347 vom 17.12.1973, S. 51).

(6)

Streuli, H., Fehlerhafte Interpretation und Anwendung von Ausreißertests, insbesondere bei Ringversuchen zur Überprüfung analytisch-chemischer Untersuchungsmethoden, Fresenius-Zeitschrift für Analytische Chemie 303 (1980), 406-408.

Anlage 1

Abbildung 1

Image

Abbildung 2

Image

Anlage 2

Abbildung 1

‚Porous pot‘-Anlage

Image

Abbildung 2

Einzelheiten der 3-Liter-‚Porous pot‘-Belüftungseinheit

Image

Anlage 3

Betriebsbedingungen des Simulationstests mit Belebtschlamm

in jeder Gruppe durchgeführte Kontrollen

Anlage

EOCD Confirmatory

 

Porous Pot

 

Betriebsweise

einzelne Anlage

 

gekoppelte Anlage

 

nicht gekoppelte Anlage

 

Überimpfung

Keine

 

Belebtschlamm

 

Überstand

 

Mittlere Verweilzeit

3 Stunden

 

6 Stunden

 

Ausgangsnährmedium

kommunales Abwasser

 

synthetsches Abwasser

 

Inokulum

Kläranlagenablauf

 

Mischinokulum

 

Beletschlamm

 

Zugabe der Prüfsubstanz

bei Beginn

 

schrittweiser Anstieg

 

nach der Schlammbildung

 

Analysen

spezifisch

 

CSB

 

DOC

 

C.11.   BIOLOGISCHE

ABBAUBARKEIT BELEBTSCHLAMM: PRÜFUNG DER ATMUNGSHEMMUNG

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Die beschriebene Methode dient zur Bestimmung der Auswirkungen einer Prüfsubstanz auf Mikroorganismen durch Messen der Sauerstoffzehrung. Die Prüfung erfolgt unter festgelegten Bedingungen bei unterschiedlichen Konzentrationen der Prüfsubstanz.

Zweck dieser Methode ist die Schaffung eines schnellen Auswahlverfahrens, mit dem sich Substanzen feststellen lassen, die sich ungünstig auf Kläranlagen mit aeroben Mikroorganismen auswirken, sowie die Angabe geeigneter, nicht hemmender Konzentrationen von Prüfsubstanzen, die bei Prüfungen der biologischen Abbaubarkeit eingesetzt werden können.

Ein Vorversuch kann der eigentlichen Prüfung vorausgehen. Er liefert Informationen über den in der eigentlichen Prüfung zu verwendenden Konzentrationsbereich.

Die Versuchsdurchführung schließt zwei Kontrollen ohne Prüfsubstanzen ein, von denen die eine zu Beginn und die andere am Ende der Prüfreihen durchgeführt wird. Jede Belebtschlammprobe ist außerdem mit Hilfe einer Referenzsubstanz zu überprüfen.

Dieses Verfahren ist am einfachsten bei Substanzen anzuwenden, die aufgrund ihrer Wasserlöslichkeit und geringen Flüchtigkeit voraussichtlich im Wasser verbleiben.

Für Substanzen mit begrenzter Löslichkeit im Prüfmedium kann der EC50-Wert möglicherweise nicht bestimmt werden.

Wenn die Prüfsubstanz eine Entkoppelung der oxidativen Phosphorylierung bewirkt, können die auf der Sauerstoffaufnahme beruhenden Ergebnisse zu falschen Schlussfolgerungen führen.

Zur Durchführung der Prüfung sind folgende Informationen von Nutzen:

Wasserlöslichkeit,

Dampfdruck,

Strukturformel,

Reinheit der Prüfsubstanz.

Empfehlung:

Belebtschlamm kann pathogene Organismen enthalten und ist daher mit Vorsicht zu handhaben.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Als Sauerstoffzehrung wird der Sauerstoffverbrauch der im Belebtschlamm enthaltenen Mikroorganismen bezeichnet. Diese Zehrung wird im Allgemeinen in mg O2 je mg Schlamm und Stunde ausgedrückt.

Zur Berechnung der Hemmwirkung einer Prüfsubstanz bei einer bestimmten Konzentration wird die Sauerstoffzehrung als Prozentsatz der Sauerstoffzehrung der gemittelten Werte der beiden Kontroll-Zehrungen ausgedrückt:

Formula

Hierbei sind:

Rs

=

Sauerstoffzehrung bei der geprüften Konzentration der Prüfsubstanz,

RC1

=

Sauerstoffzehrung der Kontrolle 1,

RC2

=

Sauerstoffzehrung der Kontrolle 2.

Bei diesem Verfahren ist die EC50 die Konzentration der Prüfsubstanz, bei der die Sauerstoffzehrung 50 % der in der Kontrolle unter gleichen Bedingungen erreichten Zehrung ausmacht.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Es wird empfohlen, 3,5-Dichlorphenol, das als Hemmstoff bekannt ist, als Referenzsubstanz zu verwenden und bei jeder einzelnen Belebtschlammprobe hiermit die EC10 zu prüfen, um eine anomale Empfindlichkeit des Schlammes festzustellen.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Sauerstoffzehrung eines Belebtschlamms, der mit einer genormten Menge synthetischen Abwassers beschickt wurde, wird nach Kontaktzeiten von 30 Minuten und/oder 3 Stunden gemessen. Ebenso wird die Sauerstoffzehrung desselben Belebtschlamms, dem jedoch unterschiedliche Konzentrationen der Prüfsubstanz zugesetzt wurden, gemessen. Die Hemmwirkung der Prüfsubstanz bei einer bestimmten Konzentration wird als Prozentsatz der durchschnittlichen Sauerstoffzehrung von zwei Kontrollen ausgedrückt. Aus Bestimmungen bei verschiedenen Konzentrationen wird die EC50 errechnet.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Prüfergebnisse sind gültig, sofern:

die Sauerstoffzehrungen der beiden Kontrollen sich um höchstens 15 % voneinander unterscheiden;

der EC50-Wert (30 Minuten und/oder 3 Stunden) von 3,5-Dichlorphenol im zulässigen Bereich von 5 bis 30 mg/l liegt.

1.6.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.6.1.   Reagenzien

1.6.1.1.   Lösungen der Prüfsubstanz

Die Lösungen der Prüfsubstanz werden aus einem Stammansatz zu Beginn jeder Untersuchung frisch zubereitet. Für das unten empfohlene Verfahren ist eine Konzentration von 0,5 g/l im Stammansatz geeignet,

1.6.1.2.   Lösung der Kontrollsubstanz

Eine 3,5-Dichlorphenol-Lösung kann z. B. wie folgt zubereitet werden: 0,5 g 3,5-Dichlorphenol in 10 ml 1 M NaOH auflösen, mit destilliertem Wasser auf etwa 30 ml verdünnen, umrühren und gleichzeitig 0,5 M H2SO4 bis zum Beginn der Ausfällung zugeben — hierzu sind etwa 8 ml erforderlich — und schließlich die Mischung mit destilliertem Wasser auf 1 Liter auffüllen. Der pH-Wert sollte dann etwa 7-8 betragen.

1.6.1.3.   Synthetisches Abwasser

Synthetisches Abwasser wird durch Auflösen folgender Stoffmengen in einem Liter Wasser hergestellt:

16 g Pepton,

11g Fleischextrakt,

3 g Harnstoff,

0,7 g NaCl,

0,4 g CaCl2.2H2O,

0,2 g MgSO4.7H2O,

2,8 g K2HPO4.

Anmerkung 1: Dieses synthetische Abwasser hat die hundertfache Konzentration des im technischen Bericht der OECD vom 11. Juni 1976„Vorgeschlagenes Verfahren zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit von Tensiden in synthetischen Detergenzien“ beschriebenen Abwassers und enthält außerdem Dikaliumhydrogenphosphat,

Anmerkung 2: Wenn das vorbereitete synthetische Abwasser nicht sofort benutzt wird, wird es im Dunkeln bei 4 oC unter Bedingungen, die keine Veränderung seiner Zusammensetzung verursachen, für nicht länger als eine Woche aufbewahrt. Das synthetische Abwasser kann auch vor der Lagerung sterilisiert werden, oder Pepton und Fleischextrakt können kurz vor dem Versuchsansatz zugegeben werden. Es wird vor Gebrauch gründlich gemischt und der pH-Wert eingestellt.

1.6.2.   Geräte

Messanlage: Die Form der Anlage ist nicht entscheidend. Es darf jedoch kein Luftraum in der gefüllten Messflasche sein, und die Sauerstoffelektrode muss genau in deren Hals passen.

Ergänzend zur normalen Laboratoriumsausrüstung sind insbesondere folgende Geräte erforderlich:

Messanlage

Belüftungseinrichtung

pH-Elektrode

O2-Elektrode.

1.6.3.   Vorbereitung des Inokulums

Als Inokulum für die Prüfung wird Belebtschlamm aus einer vorwiegend kommunalen Kläranlage verwendet.

Falls notwendig, können grobe Teilchen daraus durch kurzzeitiges Absetzen, z. B. für 15 Minuten, und Dekantieren der oberen Schicht abgetrennt werden. Alternativ kann der Schlamm durch kurzzeitiges Mischen — einige Sekunden — mit einem Hochleistungsrührer homogenisiert werden. Zusätzlich sollte bei Verdacht auf Anwesenheit von Hemmstoffen der Schlamm mit Trinkwasser oder einer isotonischen Lösung gewaschen werden. Der Überstand wird nach Zentrifugation dekantiert. (Dieser Vorgang wird dreifach wiederholt.)

Eine kleine Menge des Schlammes wird gewogen und getrocknet. Daraus kann die Menge feuchten Schlammes berechnet werden, die in Wasser suspendiert werden muss, um einen Schlammgehalt zwischen 2 und 4 g/l einzustellen. Dies ergibt einen Schlammgehalt zwischen 0,8 und 1,6 g/l im Kulturmedium, wenn die unten vorgeschlagene Verfahrensweise befolgt wird.

Kann der Schlamm nicht am Tag der Entnahme verwendet werden, gibt man 50 ml synthetischen Abwassers zu jedem Liter des wie oben beschrieben zubereiteten Belebtschlamms hinzu. Diese Mischung wird dann bis zur Verwendung am nächsten Tag sowie während des Versuchs bei 20 ± 2 oC belüftet. Vor der Verwendung wird der pH-Wert der Mischung geprüft und — falls erforderlich — mit Hilfe einer Natriumbikarbonatlösung auf einen pH-Wert von 6,0 bis 8,0 abgepuffert.

Die in der Flüssigkeit suspendierten Feststoffe sind nach dem im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Verfahren zu bestimmen.

Muss die gleiche Schlammprobe an aufeinander folgenden Tagen (höchstens 4 Tage) verwendet werden, gibt man weitere 50 ml synthetischen Abwassers pro Liter Schlamm am Ende jedes Arbeitstages hinzu.

1.6.4.   Durchführung der Prüfung

Kontaktzeit/Dauer:

30 Minuten und/oder 3 Stunden unter ständiger Belüftung

Wasser:

Trinkwasser (entchlort, falls erforderlich)

Luftversorgung:

saubere, ölfreie Luft. Luftstrom: 0,5 bis 1 Liter/Minute

Messanlage:

Gefäß mit flachem Boden, beispielsweise eine BSB-Flasche

Sauerstoffmessgerät:

geeignete Sauerstoffelektrode mit Anzeige

Nährlösung:

synthetisches Abwasser (siehe oben)

Prüfsubstanz:

die Prüflösung wird zu Beginn der Prüfung frisch zubereitet

Referenzsubstanz:

beispielsweise 3,5-Dichlorphenol (mindestens 3 Konzentrationen)

Kontrollen:

beimpfter Ansatz ohne Prüfsubstanz

Temperatur:

20 ± 2 oC.

Für eine dreistündige Kontaktzeit kann folgendes Versuchsverfahren sowohl für die Prüf- als auch für die Referenzsubstanz angewandt werden:

Es werden mehrere Gefäße (beispielsweise 1-Liter-Bechergläser) verwendet.

Es sind mindestens 5 Konzentrationen, die sich durch einen konstanten Faktor (möglichst nicht über 3,2) unterscheiden, zu verwenden.

Zum Zeitpunkt „0“ werden 16 ml des synthetischen Abwassers mit Wasser auf 300 ml aufgefüllt. Dann werden 200 ml des Inokulums zugesetzt und die Gesamtmischung (500 ml) in das erste Gefäß gegeben (erste Kontrolle C1).

Die Versuchsgefäße sollten kontinuierlich belüftet werden, so dass sichergestellt ist, dass die Konzentration an gelöstem Sauerstoff 2,5 mg/l nicht unterschreitet und dass unmittelbar vor Messung der Sauerstoffzehrung die Sauerstoffkonzentration mindestens 6,5 mg/l beträgt.

Zum Zeitpunkt „15 Minuten“ (15 Minuten sind ein willkürliches, jedoch geeignetes Intervall) wird der oben beschriebene Vorgang wiederholt. Diesmal werden jedoch 100 ml der Prüfsubstanz-Stammlösung zu den 16 ml synthetischen Abwassers zugegeben und anschließend mir Wasser auf 300 ml aufgefüllt. Dann wird das Inokulum zugesetzt und das Volumen auf 500 ml aufgefüllt. Diese Mischung wird in das zweite Gefäß gegeben und wie oben beschrieben belüftet. Dieser Vorgang wird in Abständen von 15 Minuten mit unterschiedlichen Mengen der Prüfsubstanz-Stammlösung wiederholt, um eine Reihe von Gefäßen mit unterschiedlichen Konzentrationen der Prüfsubstanz zu erhalten. Schließlich wird eine zweite Kontrolle hergestellt (C2).

Nach drei Stunden wird der pH-Wert gemessen, dann eine gut gemischte Probe des Inhalts des ersten Gefäßes in die Messanlage gegeben und die Sauerstoffzehrung über einen Zeitraum von höchstens 10 Minuten gemessen.

Diese Zehrungsmessung wird mit den Inhalten der einzelnen Gefäße in Intervallen von 15 Minuten durchgeführt, so dass die Kontaktzeit in jedem Gefäß drei Stunden beträgt.

Die Referenzsubstanz wird bei jeder Probe des Inokulums auf die gleiche Weise geprüft.

Ein geändertes Verfahren (beispielsweise mit mehr als einem Sauerstoffmessgerät) ist erforderlich, falls die Messungen nach 30 Minuten Kontaktzeit durchgeführt werden sollen.

Ist eine Messung des chemischen Sauerstoffbedarfs erforderlich, werden weitere Gefäße mit Prüfsubstanz, synthetischem Abwasser und Wasser, jedoch ohne Belebtschlamm, vorbereitet. Der Sauerstoffbedarf wird nach einer Belüftungszeit von 30 Minuten und/oder drei Stunden Kontaktzeit gemessen und aufgezeichnet.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

Die Sauerstoffzehrung wird aus der Aufzeichnung des Messschreibers zwischen etwa 6,5 mg O2/l und 2,5 mg O2/l oder, bei niedriger Sauerstoffzehrung, über einen Zeitraum von 10 Minuten gemessen und als mg O2/l· h berechnet.

Der Teil der Zehrungskurve, bei dem die Zehrung gemessen wird, sollte linear sein.

Sofern die Sauerstoffzehrungen der beiden Kontrollen mehr als 15 % voneinander abweichen oder der EC50-Wert (30 Minuten und/oder 3 Stunden) der Referenzsubstanz nicht im gültigen Bereich liegt (5 bis 30 mg/l für 3,5-Dichlorphenol), ist die Prüfung ungültig und muss wiederholt werden.

Der Prozentsatz der Hemmung wird für jede Prüfkonzentration wie oben beschrieben berechnet, auf normalem Logarithmenpapier (oder Wahrscheinlichkeitspapier) gegen die Konzentration aufgetragen und der EC50-Wert hieraus ermittelt. 95 %-Vertrauensbereiche der EC50-Werte werden nach Standardverfahren ermittelt.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Prüfsubstanz: chemische Kenndaten;

Prüfsystem: Herkunft, Konzentration sowie sämtliche Vorbehandlungen des Belebtschlamms.

Prüfbedingungen:

pH der Kulturlösung vor der Zehrungsmessung;

Temperatur bei der Prüfung;

Dauer der Prüfung;

Referenzsubstanz und ihr gemessener EC50-Wert;

abiotische Sauerstoffzehrung (sofern diese auftritt).

Ergebnisse

sämtliche gemessenen Werte;

Hemmkurve und Verfahren zur Berechnung des EC50-Wertes;

EC50-Wert und — falls möglich — EC20- und EC80-Werte mit 95 %-Vertrauensbereichen;

sämtliche Beobachtungen sowie Abweichungen von diesem Prüfverfahren, die möglicherweise das Ergebnis beeinflusst haben.

3.2.   INTERPRETATION DER WERTE

Der EC50-Wert sollte vornehmlich nur als Hinweis auf die mögliche Toxizität der Prüfsubstanz, entweder gegenüber dem Belebtschlamm bei der Abwasserbehandlung oder gegenüber Abwasser-Mikroorganismen, angesehen werden, da die in der Umwelt stattfindenden komplexen Wechselwirkungen bei einer Laboratoriumsprüfung nicht vollständig simuliert werden können. Weiterhin können nitrifikationshemmende Substanzen atypische Hemmkurven verursachen. Solche Kurven sollten deshalb mit Vorsicht interpretiert werden.

4.   LITERATUR

(1)

International Standard ISO 8192 — 1986

(2)

Broecker, B. and Zahn, R., Water Research 11, 1977, 165.

(3)

Brown D., Hitz, H. R. and Schaefer, L., Chemosphere 10, 245 (1981).

(4)

ETAD (Ecological and Toxicological Association of Dyestuffs Manufacturing Industries) Recommended Method No. 103, also Described by

(5)

Robra, B., Wasser/Abwasser 117, (1976), 80.

(6)

Schefer, W., Textilveredlung 6, (1977), 247.

(7)

OECDE, Paris, 1981, Test Guideline 209, Beschluss des Rates C(81)30 endg.

C.12   BIOLOGISCHE

ABBAUBARKEIT MODIFIZIERTER SCAS-TEST

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Zweck des Verfahrens ist die Prüfung der potenziellen vollständigen biologischen Abbaubarkeit von wasserlöslichen, nichtflüchtigen organischen Stoffen, die längere Zeit relativ hohen Konzentrationen von Mikroorganismen ausgesetzt werden. Durch tägliche Zugabe von Abwasser als Nährlösung werden die Mikroorganismen während der Versuchszeit am Leben erhalten. An Wochenenden kann das Abwasser bei 4 oC aufbewahrt werden. Wahlweise kann auch das „synthetische“ Abwasser des OECD-Bestätigungstests verwendet werden.

Tritt eine physikalisch-chemische Adsorption der Prüfsubstanz an die suspendierten Feststoffe auf, muss dies bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden (siehe Randziffer 3.2).

Wegen der langen Verweilzeit der flüssigen Phase in der Belüftungseinheit (36 Stunden) und der zwischenzeitlichen Zugabe von Nährstoffen simuliert der Test nicht die in einer Kläranlage üblichen Bedingungen. Die für verschiedene Prüfsubstanzen vorliegenden Ergebnisse weisen darauf hin, dass das biologische Abbaupotenzial des Tests hoch ist.

Die Testbedingungen sind für die Selektion und/oder Adaptation von Mikroorganismen, die die Prüfsubstanzen abzubauen vermögen, äußerst günstig, (Dieses Verfahren kann auch zur Herstellung akklimatisierten Impfguts für andere Prüfungen angewandt werden.)

Bei dieser Methode wird die Konzentration des gelösten organischen Kohlenstoffs (DOC) als Maß zur Beurteilung der vollständigen biologischen Abbaubarkeit der Prüfsubstanz benutzt. Der Gehalt an gelöstem organischem Kohlenstoff ist vorzugsweise nach Ansäuerung und Strippen und nicht als Differenz zwischen Gesamtkohlenstoffgehalt und anorganischem Kohlenstoff zu bestimmen.

Werden gleichzeitig spezifische Analysen durchgeführt, kann der Primärabbau (Verschwinden der chemischen Ausgangsstruktur) des Stoffes beurteilt werden.

Mit diesem Verfahren können nur organische Stoffe geprüft werden, die bei der verwendeten Konzentration

in Wasser löslich sind (mindestens 20 mg DOC/L);

einen niederen Dampfdruck aufweisen;

die Bakterien nicht hemmen;

innerhalb des Prüfsystems nicht nennenswert adsorbieren;

nicht durch Schäumen aus der Testlösung verloren gehen.

Der organische Kohlenstoffgehalt der Prüfsubstanz ist zu bestimmen.

Informationen über die relativen Anteile der Hauptkomponenten der Prüfsubstanz sind für die Interpretation der Ergebnisse insbesondere dann nützlich, wenn niedrige oder marginale Abbau-Werte erhalten werden.

Informationen über die Toxizität des Stoffes gegenüber Mikroorganismen sind zur Interpretation niedriger Abbauwerte sowie zur Auswahl geeigneter Prüfkonzentrationen nützlich.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

CT

=

Konzentration der Prüfsubstanz, bestimmt als zu Beginn der Belüftungszeit vorhandener oder hinzugegebener organischer Kohlenstoff (mg/L);

Ct

=

Konzentration des organischen Kohlenstoffs in der nach Belüftung und anschließender Sedimentation überstehenden Flüssigkeit in der Prüfeinheit (mg/L);

Cc

=

Konzentration des gelösten organischen Kohlenstoffs in der nach Belüftung und anschließender Sedimentation überstehenden Flüssigkeit der Kontrolleinheit (mg/L).

Der biologische Abbau wird in dieser Vorschrift als Abnahme des Gehalts an organischem Kohlenstoff definiert. Er lässt sich wie folgt darstellen:

1.

als prozentuale Abnahme Dda der täglich hinzugegebenen Stoffmenge:

Formula

[1]

Dda

=

Abbau/Tägliche Zugabe.

2.

Als prozentuale Abnahme Dssd der zu Beginn eines jeden Tages im Testsystem vorhandenen Stoffmenge:

Formula

[2 (a)]

Formula

[2 (b)]

Dssd

=

Abbau/Stoff zu Beginn des Tages.

Die Indizes i und (i + 1) beziehen sich auf den Tag der Messung.

Gleichung [2a] wird empfohlen, wenn der DOC-Gehalt der entnommenen Kultursuspension täglichen Schwankungen unterworfen ist, während Gleichung [2b] benutzt werden kann, wenn der DOC-Gehalt von Tag zu Tag relativ konstant bleibt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Bei der Untersuchung neuer Stoffe können in einigen Fällen Referenzsubstanzen nützlich sein; jedoch können keine spezifischen Substanzen empfohlen werden,

In Anlage 1 werden Daten von mehreren Verbindungen, die in Ringversuchen geprüft worden sind, angegeben. Mit ihnen kann gelegentlich eine Kalibrierung der Methode vorgenommen sowie ein Vergleich mit Ergebnissen, die mit anderen Methoden erhalten wurden, durchgeführt werden.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Belebtschlamm aus einer Kläranlage wird in eine Belüftungseinheit, die halbkontinuierlich betrieben wird (Semi-Continuous Activated Sludge unit, SCAS-Einheit), gegeben. Die Prüfsubstanz sowie häusliches Abwasser werden zugesetzt und das Gemisch 23 Stunden lang belüftet. Danach lässt man den Schlamm absetzen und nimmt die überstehende Flüssigkeit ab.

Der im Kulturgefäß verbleibende Schlamm wird sodann mit einer weiteren aliquoten Menge der Prüfsubstanz sowie mit Abwasser gemischt und das Verfahren wird wiederholt.

Der biologische Abbau wird durch Bestimmung des DOC-Gehalts nach Sedimentation des Schlammes in der überstehenden Flüssigkeit ermittelt. Dieser Wert wird mit dem entsprechenden der Kontrolleinheit verglichen.

Wird ein spezifisches Analyseverfahren angewandt, so können Veränderungen in der Konzentration der Ausgangsverbindung, die infolge des biologischen Abbaus (Primär-Abbau) auftreten, gemessen werden.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Reproduzierbarkeit dieses Verfahrens, das auf der Messung der DOC-Abnahme beruht, ist noch nicht überprüft worden. (Ist der biologische Primär-Abbau zu ermitteln, so können sehr präzise Daten für Stoffe erhalten werden, die weitgehend abgebaut werden.)

Die Empfindlichkeit des Verfahrens ist weitgehend von den Schwankungen des Kontrollwerts und in geringerem Ausmaß von der Genauigkeit der Bestimmung des gelösten organischen Kohlenstoffs und der Konzentration der Prüfsubstanz in der Kultursuspension zu Beginn der einzelnen Zyklen abhängig.

1.6.   PRÜFVERFAHREN

1.6.1.   Vorbereitung

Eine ausreichende Zahl von sauberen Kulturgefäßen (wahlweise kann auch die ursprüngliche SCAS-Einheit, die ein Volumen von 1,5 l fasst, angewandt werden) und Belüftungsrohren für jede Prüfsubstanz sowie die Kontrolle werden zusammengesetzt. Die den Prüfeinheiten zugeführte Druckluft muss, durch ein Wattefilter gereinigt, frei von organischem Kohlenstoff sein und zur Verminderung der Evaporationsverluste zuvor mit Wasser gesättigt werden.

Eine Mischprobe mit 1 bis 4 g suspendierten Feststoffen/l wird einer Belebtschlammanlage, in der vorwiegend häusliche Abwässer behandelt werden, entnommen.

Für jede Belüftungseinheit sind rund 150 ml Belebtschlamm erforderlich.

Stammlösungen der Prüfsubstanz werden in destilliertem Wasser zubereitet; normalerweise ist eine Konzentration von 400 mg organischem Kohlenstoff/l erforderlich, um eine Konzentration der Prüfsubstanz von 20 mg Kohlenstoff/l zu Beginn jedes Belüftungszyklus, wenn kein biologischer Abbau erfolgt, einzustellen.

Höhere Konzentrationen sind zulässig, wenn die Toxizität gegenüber den Mikroorganismen dies erlaubt. Der Gehalt der Stammlösungen an organischem Kohlenstoff wird gemessen.

1.6.2.   Prüfbedingungen

Der Test ist bei einer Temperatur von 20 bis 25 oC durchzuführen.

Es wird eine hohe Konzentration aerober Mikroorganismen verwendet (1 bis 4 g/l suspendierte Feststoffe); die effektive Verweilzeit im Kulturgefäß beträgt 36 Stunden. Die kohlenstoffhaltigen Substanzen im zugesetzten Abwasser werden in der Regel innerhalb der ersten acht Stunden nach Beginn eines jeden Belüftungszyklus weitestgehend oxydiert. Danach atmet der Schlamm endogen; während dieser Zeit ist die Prüfsubstanz das einzig verfügbare Substrat, wenn sie nicht ebenfalls sofort abgebaut worden ist. Diese Rahmenbedingungen schaffen, zusammen mit der täglichen Wiederbeimpfung bei Verwendung von häuslichem Abwasser als Nährmedium, sowohl für die Akklimatisierung als auch für einen weitgehenden biologischen Abbau sehr günstige Voraussetzungen.

1.6.3.   Durchführung der Prüfung

Eine gemischte Belebtschlammprobe wird einer geeigneten kommunalen Kläranlage, die vorwiegend häusliche Abwässer behandelt, oder einer Laboratoriumsanlage entnommen und bis zur Verwendung im Laboratorium unter aeroben Bedingungen gehalten. In jede Prüf- und Kontrolleinheit werden 150 ml (werden die Original-SCAS-Prüfeinheiten verwendet, so sind die angegebenen Volumina zu verzehnfachen) der Belebtschlamm-Suspension gegeben und dann belüftet. Nach 23 Stunden wird die Belüftung ausgeschaltet und man lässt den Schlamm 45 Minuten absetzen. Dann werden die Ablaufstutzen der einzelnen Gefäße geöffnet und aus jedem 100 ml der überstehenden Flüssigkeit entnommen. Von einer unmittelbar vor Gebrauch gezogenen Probe häuslicher Abwasser, aus dem die gröberen Partikel nach Sedimentation entfernt wurden, werden je 100 ml zu dem in den Belüftungseinheiten verbliebenen Schlamm gegeben. Sodann wird wieder belüftet. In dieser Phase werden keine Prüfsubstanzen zugesetzt. In die Einheiten wird so oft häusliches Abwasser gegeben, bis nach dem Absetzen des Schlamms eine klare überstehende Flüssigkeit erhalten wird. Dies dauert in der Regel bis zu zwei Wochen; in dieser Zeit nähert sich der gelöste organische Kohlenstoff in der überstehenden Schicht nach Abschluss der Belüftungszyklen einem konstanten Wert.

Am Ende dieser Phase werden die einzelnen abgesetzten Schlämme gemischt und jeweils 50 ml des daraus erhaltenen Mischschlammes wiederum in die einzelnen Einheiten gegeben.

95 ml abgesetztes Abwasser und 5 ml Wasser werden in den Kontrollansatz und 95 ml des abgesetzten Abwassers und 5 ml der Prüfsubstanz-Stammlösung (400 mg/l) werden in jede Prüfeinheit gegeben. Dann wird wieder für 23 Stunden belüftet. Danach lässt man den Schlamm 45 Minuten absetzen, worauf die überstehende Schicht abgenommen und auf den Gehalt an organischem Kohlenstoff untersucht wird.

Das oben beschriebene Füll- und Entnahmeverfahren wird während der Testdauer täglich wiederholt.

Vor dem Absetzen müssen eventuell die Wände der Einheiten gereinigt werden, um eine Anhaftung von Feststoffen oberhalb des Flüssigkeitsniveaus zu verhindern. Für jede Einheit sind getrennte Schaber oder Bürsten zu verwenden, um eine gegenseitige Kontamination zu vermeiden.

Im Idealfall wird der Gehalt an gelöstem organischen Kohlenstoff in der überstehenden Kultursuspension täglich bestimmt; weniger häufige Analysen sind jedoch zulässig. Vor der Analyse werden die Suspensionen durch gewaschene Membranfilter von 0,45 μm filtriert oder zentrifugiert. Membranfilter sind geeignet, wenn sichergestellt ist, dass sie weder Kohlenstoff freisetzen noch Stoffe bei der Filtration adsorbieren. Die Temperatur der Probe darf bei der Zentrifugation 40 oC nicht übersteigen.

Die Dauer der Prüfung ist für gering oder nicht biologisch abbaubare Verbindungen unbestimmt; nach bisherigen Erfahrungen sollte sie mindestens 12, höchstens jedoch 26 Wochen betragen.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

Die Gehalte an gelöstem organischen Kohlenstoff in den nach der Sedimentation überstehenden Kultursuspensionen der Prüf- und Kontrolleinheiten werden gegen die Zeit grafisch aufgetragen.

Nach Abschluss des biologischen Abbaus sollten sich die Werte der Prüfansätze demjenigen des Kontrollansatzes nähern. Bleibt die Differenz zwischen diesen beiden Werten während drei aufeinander folgender Messungen konstant, so werden noch so viele Messungen vorgenommen, wie es zur statistischen Auswertung der Daten erforderlich ist, und der prozentuale biologische Abbau der zu prüfenden Substanz wird berechnet (Dda oder Dssd, siehe 1.2).

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

sämtliche Informationen über die Art des Abwassers, den Typ der benutzten Belüftungseinheit und die mit dem zu prüfenden Stoff, der Kontrolle sowie gegebenenfalls mit der Referenzsubstanz erhaltenen Versuchsergebnisse;

Temperatur;

Abbaukurve mit Beschreibung der Berechnungsweise (siehe 1.2);

Datum und Ort der Entnahme des Belebtschlamms und des Abwassers;

Stand der Adaptation, Konzentration usw.;

wissenschaftliche Gründe für jedwede Änderung des Prüfverfahrens;

Unterschrift und Datum.

3.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Da der mit diesem Verfahren zu prüfende Stoff biologisch nicht leicht abbaubar ist, wird jede ausschließlich auf biologischen Abbau zurückzuführende Abnahme des DOC-Gehalts in der Regel über Tage oder Wochen nur langsam erfolgen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen eine plötzliche Akklimatisierung eintritt, erkennbar an einer raschen DOC-Abnahme.

Eine physikalisch-chemische Adsorption kann jedoch oftmals eine wichtige Rolle spielen; dies ist daran erkenntlich, dass der zugesetzte gelöste organische Kohlenstoff von Anfang an vollständig oder teilweise verschwindet. Die danach auftretenden Effekte sind von Faktoren wie dem Adsorptionsgrad und der Konzentration der suspendierten Partikel in der den Belüftungseinheiten entnommenen Suspension abhängig. Die Differenz zwischen den DOC-Konzentrationen in der Kontrolle und dem Prüfansatz nimmt zunächst in der Regel von geringen Anfangswerten fortschreitend zu und bleibt dann während der restlichen Versuchszeit konstant, sofern keine Akklimatisierung erfolgt.

Soll zwischen vollständigem (oder teilweisem) biologischem Abbau und Adsorption unterschieden werden, sind weitere Tests erforderlich. Hierfür bieten sich mehrere Möglichkeiten an; am besten verwendet man jedoch den Belebtschlamm aus der Prüfeinheit oder die nach Sedimentation daraus erhaltene Kultursuspension als Inokulum in einem Grundstufen-Test (vorzugsweise respirometrisch).

Prüfsubstanzen, die eine weitgehende, nicht durch Adsorption bedingte Abnahme des DOC-Gehalts in diesem Test aufweisen, sind als potenziell biologisch abbaubar zu betrachten. Eine partielle nichtadsorptive Abnahme weist darauf hin, dass der Stoff zumindest teilweise biologisch abbaubar ist.

Erfolgt keine oder nur eine geringe Abnahme des gelösten organischen Kohlenstoffs, kann dies möglicherweise auf einer Hemmung der Mikroorganismen durch den zu prüfenden Stoff beruhen. Diese kann sich auch durch Auflösung und Verlust des Schlammes sowie einer Trübung der überstehenden Kultursuspension zeigen. In solchen Fällen ist die Prüfung mit einer niedrigeren Konzentration des zu prüfenden Stoffes zu wiederholen.

Durch spezifische Analysemethoden oder den Einsatz 14C-markierter Prüfsubstanzen lässt sich eventuell eine höhere Empfindlichkeit erreichen. Wird 14C-markierte Prüfsubstanz verwendet, lässt sich durch Nachweis des entstehenden l4CO2 bestätigen, dass ein biologischer Abbau stattgefunden hat.

Werden die Ergebnisse auch in Form des biologischen Primär-Abbaus angegeben, so sollten, wenn möglich, Angaben über die Veränderungen der chemischen Struktur gemacht werden, die die mangelnde Wiederauffindung der Ausgangssubstanz begründen.

Die Validierung der Analysemethode sowie die damit bestimmten Werte im Nährmedium ohne Zusatz der Prüfsubstanz müssen angegeben werden.

4.   LITERATUR

(1)

OECD, Paris, 1981, Test Guideline 302 A, Beschluss des Rates C(81)30 endg.

Anlage 1

SCAS-Test: Beispiel der Ergebniseingabe

Substanz

CT

(mg/l)

Ct — Cc

(mg/l)

Prozent biologischer Abbau

Dda

Testdauer

(Tage)

4-Acetylaminobenzolsulfonat

17,2

2,0

85

40

Tetrapropylenbenzolsulfonat

17,3

8,4

51,4

40

4-Nitrophenol

16,9

0,8

95,3

40

Diethylenglykol

16,5

0,2

98,8

40

Anilin

16,9

1,7

95,9

40

Cyclopentantetracarboxylat

17,9

3,2

81,1

120

Anlage 2

Beispiel der Testapparatur

Abbildung 1

Image

C.13.   BIOKONZENTRATION: DURCHFLUSS-FISCHTEST

1.   METHODE

Diese Biokonzentrationsmethode entspricht der OECD TG 305 (1996).

1.1.   EINLEITUNG

Die Methode beschreibt ein Verfahren zur Charakterisierung des Potenzials verschiedener Substanzen zur Biokonzentration in Fischen unter Durchflussbedingungen. Obwohl Durchflusstests generell stark zu bevorzugen sind, sind — unter der Voraussetzung, dass die Validitätskriterien erfüllt werden — auch semistatische Methoden zulässig.

Die Methode gibt genügend Einzelheiten für die Durchführung des Tests vor, räumt gleichzeitig jedoch auch ausreichend Spielraum zur Anpassung des Versuchsaufbaus an die jeweiligen Laborgegebenheiten und zur Änderung der Eigenschaften der Prüfsubstanzen ein. Sie wird am effizientesten für stabile organische Chemikalien mit log Pow-Werten zwischen 1,5 und 6,0 (1) eingesetzt, kann aber auch noch für superlipophile Substanzen (mit log Pow > 6,0) verwendet werden. Der vorläufig geschätzte Wert des Biokonzentrationsfaktors (BCF), manchmal auch als KB bezeichnet, für solche superlipophilen Substanzen wird voraussichtlich höher sein als der aufgrund von Laborversuchen erwartete steady-state-Biokonzentrationsfaktor (BCFSS). Schätzwerte des Biokonzentrationsfaktors für organische Chemikalien mit log Pow-Werten von bis zu ca. 9,0 können anhand der Gleichung von Bintein et al. (2) ermittelt werden. Zu den Parametern, die das Biokonzentrationspotenzial charakterisieren, gehören die Aufnahmekonstante (k1), die Ausscheidungskonstante (k2) sowie der BCFSS.

Radioaktiv markierte Prüfsubstanzen können die Analyse von Wasser- und Fischproben erleichtern und für die Entscheidung, ob die Abbauprodukte identifiziert und quantifiziert werden sollten, herangezogen werden. Wenn die gesamten radioaktiven Rückstände gemessen werden (z. B. durch Verbrennung oder Solubilisierung von Gewebe), basiert der BCF auf der Ausgangsverbindung, auf allen zurückbehaltenen Stoffwechselprodukten sowie dem assimilierten Kohlenstoff. Der BCF, der auf der Grundlage der gesamten radioaktiven Rückstände ermittelt wird, kann daher nicht direkt mit einem BCF verglichen werden, der allein aus der spezifischen chemischen Analyse der Ausgangsverbindung abgeleitet wurde.

In Untersuchungen mit radioaktiven Markierungen können Aufarbeitungsschritte zur Bestimmung des BCF auf der Grundlage der Ausgangsverbindung herangezogen werden; ferner können die Hauptstoffwechselprodukte charakterisiert werden, falls dies für notwendig erachtet wird. Auch ist es aufgrund der Analyse und Identifizierung der Rückstände in den Geweben möglich, Untersuchungen des Fischstoffwechsels mit Biokonzentrationsuntersuchungen zu kombinieren.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Biokonzentration/Bioakkumulation bezeichnet den Anstieg der Konzentration der Prüfsubstanz in oder auf einem Organismus (oder bestimmten Gewebeteilen davon) im Verhältnis zur Konzentration der Prüfsubstanz im umgebenden Medium.

Der Biokonzentrationsfaktor (BCF oder KB) bezeichnet zu jeder Zeit während der Aufnahmephase dieses Akkumulationstests das Verhältnis der gegebenen Konzentration der Prüfsubstanz in/auf den Fischen oder bestimmten Gewebeteilen davon (Cf in μg/g (ppm)) zur Konzentration der Chemikalie im umgebenden Medium (Cw in μg/ml (ppm)).

Der steady-state-Biokonzentrationsfaktor (BCFSS oder KB) ändert sich über einen längeren Zeitraum nicht wesentlich; die Konzentration der Prüfsubstanz im umgebenden Medium ist während dieser Zeit konstant.

Ein Plateau oder der steady-state (Fließgleichgewicht) in der grafischen Darstellung der gegen die Zeit aufgetragenen Prüfsubstanz in Fisch (Cf) ist erreicht, wenn die Kurve parallel zur Zeitachse verläuft und wenn drei aufeinander folgende Cf-Analysen, die auf Proben durchgeführt werden, die im Abstand von mindestens zwei Tagen genommen wurden, um nicht mehr als ± 20 % voneinander abweichen, bzw. wenn es keine bedeutenden Unterschiede zwischen den drei Probenahmephasen gibt. Werden gepoolte Proben analysiert, sind mindestens vier aufeinander folgende Analysen erforderlich. Für Prüfsubstanzen, die nur langsam aufgenommen werden, ist ein zeitlicher Abstand zwischen den Probenahmen von sieben Tagen geeigneter.

Biokonzentrationsfaktoren, die direkt aus den kinetischen Geschwindigkeitskonstanten (k1/k2 berechnet werden, werden als kinetische Konzentrationsfaktoren BCFk bezeichnet.

Der Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient (Pow) bezeichnet das Verhältnis der Löslichkeit einer Chemikalie in n-Oktanol und Wasser im Gleichgewicht (Methode A.8), auch als Kow bezeichnet. Aus dem Logarithmus Pow kann auf das Potenzial einer Chemikalie zur Biokonzentration in aquatischen Organismen geschlossen werden.

Die Expositions- oder Aufnahmephase bezeichnet die Zeit, während der die Fische der Prüfchemikalie ausgesetzt sind.

Die Aufnahmekonstante (k1) ist der numerische Wert, der die Geschwindigkeit des Anstiegs in der Konzentration der Prüfsubstanz in/auf den Versuchsfischen (oder bestimmten Gewebeteilen davon) bezeichnet, während die Fische gegenüber dieser Chemikalie exponiert sind (k1 wird in Tag-1 angegeben).

Die Post-Expositions- oder Ausscheidungsphase bezeichnet die Zeit nach der Umsetzung der Versuchsfische aus dem Medium, das die Prüfsubstanz enthalt, in ein Medium ohne diese Substanz, während der der Abbau (oder der Nettoverlust) der Substanz in den Versuchsfischen (oder bestimmten Gewebeteilen davon) untersucht wird.

Die Ausscheidungskonstante (k2) ist der numerische Wert, der die Geschwindigkeit der Konzentrationsabnahme der Prüfsubstanz in den Versuchsfischen (oder bestimmten Gewebeteilen davon) definiert, die der Umsetzung der Versuchsfische aus einem Medium, das die Prüfsubstanz enthält, in ein Medium ohne diese Substanz (k, wird in Tag-1 angegeben) folgt.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Der Test besteht aus zwei Phasen: der Expositions-/Aufnahmephase und der Post-Expositions-/Ausscheidungsphase. Während der Aufnahmephase werden verschiedene Fischgruppen einer Spezies mindestens zwei Konzentrationen der Prüfsubstanz ausgesetzt. Anschließend werden sie für die Ausscheidungsphase in ein Medium ohne die Prüfsubstanz eingesetzt. Eine Ausscheidungsphase ist immer erforderlich, es sei denn, die Aufnahme der Substanz während der Aufnahmephase war unbedeutend (der BCF beträgt z. B. weniger als 10). Die Konzentration der Prüfsubstanz in/auf den Fischen (oder bestimmten Gewebeteilen davon) wird in beiden Phasen des Tests beobachtet. Zusätzlich zu den beiden Testkonzentrationen wird eine Kontrollgruppe von Fischen unter — abgesehen von der fehlenden Prüfsubstanz — gleichen Bedingungen gehalten, um eventuelle schädigende Wirkungen, die während des Biokonzentrationstests beobachtet werden, mit einer entsprechenden Kontrollgruppe vergleichen zu können und um Backgroundkonzentrationen der Prüfsubstanz zu erhalten.

Die Aufnahmephase dauert 28 Tage, sofern nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt ein Gleichgewicht erreicht wird. Die Dauer der Aufnahmephase und die Zeit bis zur Einstellung des Fließgleichgewichts kann anhand der Gleichung in Anlage 3 abgeleitet werden. Die Ausscheidungsperiode beginnt dann mit der Umsetzung der Fische in ein anderes, sauberes Testgefäß, das ein bis auf die Prüfsubstanz identisches Medium enthält. Wenn möglich, sollte der Biokonzentrationsfaktor nicht nur als Verhältnis (BCFSS) der Konzentration in den Fischen (Cf) und im Wasser (Cw) bei offensichtlichem Fließgleichgewicht berechnet werden, sondern auch als kinetischer Biokonzentrationsfaktor BCFk, d. h. als Verhältnis der Aufnahme- (kl) und Ausscheidungskonstanten (k2) unter Annahme einer Kinetik erster Ordnung. Wenn die Messdaten offensichtlich nicht einer Kinetik erster Ordnung folgen, sollten komplexere Modelle verwendet werden (Anlage 5).

Wird innerhalb von 28 Tagen kein Fließgleichgewicht erreicht, sollte die Aufnahmephase so lange verlängert werden, bis sich ein Fließgleichgewicht einstellt, oder bis zu 60 Tage; danach beginnt die Ausscheidungsphase.

Die Aufnahmekonstante, die Ausscheidungskonstante (oder Konstanten, wenn komplexere Modelle verwendet werden), der Biokonzentrationsfaktor und, wenn möglich, die Konfidenzgrenzen eines jeden dieser Parameter werden anhand des Modells berechnet, das die gemessenen Konzentrationen der Prüfsubstanz in den Fischen und im Wasser am besten beschreibt.

Der BCF wird als Funktion des gesamten Nassgewichts der Fische ausgedrückt. Für gewisse Zwecke können jedoch auch bestimmte Gewebeteile oder Organe (z. B. Muskeln, Leber) verwendet werden, sofern die Fische groß genug sind, oder die Fische können in essbare (Filet) und nichtessbare (Viszera) Fraktionen unterteilt werden. Da bei vielen organischen Substanzen eine eindeutige Beziehung zwischen dem Biokonzentrationspotenzial und der Lipophilie besteht, gibt es auch eine entsprechende Beziehung zwischen dem Lipidgehalt der Versuchsfische und der beobachteten Biokonzentration der Substanzen. Um dadurch bedingte Abweichungen in den Testergebnissen für hochlipophile Substanzen (d. h. mit log Pow > 3) auf ein Minimum zu beschränken, sollte die Biokonzentration nicht nur im Verhältnis zum gesamten Körpergewicht, sondern auch zum Lipidgehalt ausgedrückt werden.

Der Lipidgehalt sollte nach Möglichkeit anhand desselben biologischen Materials bestimmt werden, das auch für die Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz verwendet wird.

1.4.   ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

Vor der Durchführung des Biokonzentrationstests sollten folgende Angaben über die Prüfsubstanz vorliegen:

a) Wasserlöslichkeit

b) Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient P ow (auch als Kow bezeichnet, ermittelt durch ein HPLC-Verfahren in A.8)

c) Hydrolyse

d) Phototransformation in Wasser, bestimmt unter direkter oder simulierter Sonneneinstrahlung sowie unter den Bestrahlungsbedingungen des Biokonzentrationstests (3)

e) Oberflächenspannung (d. h. für Substanzen, bei denen der log Pow nicht ermittelt werden kann)

f) Dampfdruck

g) leichte biologische Abbaubarkeit (gegebenenfalls).

Ferner müssen Informationen hinsichtlich der toxischen Wirkung auf die Fischspezies, die im Test verwendet werden, vorliegen — vorzugsweise der asymptotische LC50-Wert (d. h. zeitunabhängig). Eine entsprechende Analysemethode von bekannter Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Empfindlichkeit muss für die Quantifizierung der Prüfsubstanz in den Testlösungen und im biologischen Material verfügbar sein sowie auch Einzelheiten zur Probenvorbereitung und -aufbewahrung. Ebenso sollten die analytischen Nachweisgrenzen der Prüfsubstanz im Wasser sowie in den Fischgeweben bekannt sein. Wenn eine 14C-markierte Prüfsubstanz verwendet wird, sollte der prozentuale Anteil der mit Verunreinigungen einhergehenden Radioaktivität bekannt sein.

1.5.   VALIDITÄT DES TESTS

Ein Test wird als valid betrachtet, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

Die Temperaturschwankung beträgt weniger als ± 2 oC;

die Konzentration an gelöstem Sauerstoff liegt nicht unter einer Sättigung von 60 %;

die Konzentration der Prüfsubstanz in den Kammern liegt zwischen ± 20 % der während der Aufnahmephase gemessenen Durchschnittswerte;

Mortalität oder andere schädigende Wirkungen/Krankheiten bei den Kontroll- und Versuchsfischen betragen am Ende des Tests weniger als 10 %; wenn sich der Test über mehrere Wochen oder Monate erstreckt, sollten Mortalität oder andere schädigende Wirkungen bei beiden Fischgruppen weniger als 5 % pro Monat betragen und 30 % insgesamt nicht überschreiten.

1.6.   REFERENZVERBINDUNGEN

Die Verwendung von Referenzverbindungen mit bekanntem Biokonzentrationspotenzial ist für eine Überprüfung des Versuchsverlaufs gegebenenfalls sinnvoll. Bisher können jedoch noch keine bestimmten Substanzen empfohlen werden.

1.7.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.7.1.   Apparatur

Die Verwendung von Materialien, die sich auflösen können, die sorbieren oder auslaugen können bzw. schädigende Auswirkungen auf die Fische haben können, sollte für alle verwendeten Teile sorgfältigst vermieden werden. Es können rechteckige oder zylindrische Standardbehälter aus chemisch inertem Material, die ein dem Besatz entsprechendes Fassungsvermögen haben, verwendet werden. Die Verwendung von Rohren aus Weichkunststoff sollte auf ein Minimum beschränkt sein. Rohre aus Teflon ®, Edelstahl und oder Glas sind zu bevorzugen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass bei Substanzen mit hohen Adsorptionskoeffizienten, wie z. B. synthetischen Pyrethroiden, die Verwendung von silanisiertem Glas nötig sein kann. In solchen Fällen muss die Anlage nach der Benutzung entsorgt werden.

1.7.2.   Wasser

Allgemein wird für den Test natürliches Wasser verwendet, das aus einer unverschmutzten Quelle von gleichbleibend guter Qualität gewonnen wird. Das Verdünnungswasser muss von einer Qualität sein, die ein Überleben der gewählten Fischspezies für die Dauer der Akklimatisations- und Testperiode ermöglicht, ohne dass sie ein abnormes Erscheinungsbild oder Verhalten zeigen. Im Idealfall sollte nachgewiesen werden, dass die Testspezies im Verdünnungswasser (z. B. in einer Laborkultur oder in einem Lebenszyklus-Toxizitätstest) überleben, wachsen und sich vermehren können. Über das Wasser sollten zumindest Angaben bezüglich pH-Wert, Härte, Gesamtfeststoffgehalt, gesamten organischen Kohlenstoff vorliegen sowie nach Möglichkeit auch bezüglich Ammonium, Nitrit und Alkalität bzw. — für die Meerwasserspezies — bezüglich der Salinität. Die Parameter, die für einen optimalen Schutz der Fische wichtig sind, sind hinreichend bekannt, doch werden in Anlage 1 für eine Reihe von Parametern die empfohlenen Höchstkonzentrationen für Süß- und Meerestestwasser genannt.

Während der Testdauer sollte das Wasser von gleichbleibender Qualität sein. Der pH-Wert sollte zwischen 6,0 und 8,5 liegen, doch während eines bestimmten Tests sollte er um nicht mehr als ±0,5 pH-Einheiten schwanken. Um sicherzugehen, dass das Verdünnungswasser das Testergebnis nicht übermäßig stark beeinflusst (beispielsweise durch die Komplexierung der Prüfsubstanz) oder schädigende Wirkungen auf den Fischbestand hat, sollten in gewissen Abständen Proben zur Analyse entnommen werden. Wenn bekannt ist, dass das Verdünnungswasser qualitativ relativ konstant ist, sollte beispielsweise alle drei Monate der Gehalt an Schwermetallen (z. B. Cu, Pb, Zn, Hg, Cd, Ni), an Hauptanionen und -kationen (z. B. Ca, Mg, Na, K, Cl, SO4), Pestiziden (z. B. der Gesamtgehalt an phosphororganischen und chlororganischen Pestiziden), der TOC und die Schwebstoffe bestimmt werden. Wenn sich die Wasserqualität über mindestens ein Jahr als konstant erwiesen hat, können die Untersuchungen weniger häufig und in größeren Zeitabständen (z. B. alle sechs Monate) erfolgen.

Der natürliche Partikelgehalt sowie der gesamte organische Kohlenstoff (TOC) des Verdünnungswassers sollte möglichst niedrig sein, um die Adsorption der Prüfsubstanz an organischen Substanzen zu vermeiden, wodurch deren Bioverfügbarkeit (4) reduziert werden könnte. Der maximal zulässige Wert beträgt 5 mg/l für Partikel (Trockensubstanz, die nicht durch ein Filter von 0,45 μm geht) und 2 mg/l für den gesamten organischen Kohlenstoff (siehe Anlage 1). Gegebenenfalls sollte das Wasser vor der Verwendung gefiltert werden. Der Beitrag zum organischen Kohlenstoffgehalt im Wasser durch die Versuchsfische (Ausscheidungen) und Nahrungsreste sollte so gering wie möglich sein. Während der gesamten Testdauer sollte die Konzentration des organischen Kohlenstoffs im Testbehältnis die Konzentration des organischen Kohlenstoffs aus der Prüfsubstanz und dem Lösungsmittel, falls verwendet, um nicht mehr als 10 mg/l (± 20 %) überschreiten.

1.7.3.   Testlösungen

Eine Stammlösung der Prüfsubstanz wird in entsprechender Konzentration vorbereitet. Die Stammlösung sollte vorzugsweise durch einfaches Mischen oder Einrühren der Prüfsubstanz in das Verdünnungswasser vorbereitet werden. Die Verwendung von Lösungs- oder Dispergiermitteln (Lösungsvermittlern) wird nicht empfohlen, auch wenn dies in einigen Fällen nötig sein sollte, um eine entsprechend konzentrierte Stammlösung herzustellen. Lösungsmittel, die verwendet werden können, sind Ethanol, Methanol, Ethylenglykol-Monomethylether, Ethylenglykol-Dimethylether, Dimethylformamid und Triethylenglykol. Dispergiermittel, die verwendet werden können, sind Cremophor RH40, Tween 80, Methylzellulose 0,01 % und HCO-40. Bei der Verwendung biologisch leicht abbaubarer Stoffe ist Vorsicht geboten, da diese im Durchflusstest Probleme im Hinblick auf das Bakterienwachstum verursachen können. Die Prüfsubstanz kann radioaktiv markiert und sollte von höchster Reinheit sein (vorzugsweise > 98 %).

Bei Durchflusstests ist ein System erforderlich, das kontinuierlich eine Stammlösung der Prüfsubstanz abzieht und verdünnt (z. B. Dosierpumpe, Proportionalverdünner, Sättigungsvorrichtung), um die Testkonzentrationen den Testkammern zuzuführen. Ein Austausch von mindestens fünf Rauminhalten durch jede der Testkammern pro Tag ist zulässig. Das Durchflussverfahren ist zu bevorzugen; wenn dieses nicht eingesetzt werden kann (wenn z. B. schädigende Wirkungen auf die Testorganismen zu erwarten sind), kann ein semistatisches Verfahren verwendet werden, unter der Voraussetzung, dass die Validitätskriterien erfüllt sind. Die Durchflussgeschwindigkeit der Stammlösungen und des Verdünnungswassers sollten 48 Stunden vor dem Test und während des Testverlaufs mindestens einmal pro Tag geprüft werden. Im Rahmen dieser Prüfung wird die Durchflussgeschwindigkeit durch jede der Testkammern bestimmt und sichergestellt, dass sie innerhalb oder zwischen den Kammern um nicht mehr als 20 % abweicht.

1.7.4.   Auswahl der Spezies

Wichtig für die Auswahl der Spezies ist, dass sie leicht und in entsprechender Größe verfügbar sind und problemlos im Labor gehalten werden können. Andere Kriterien zur Auswahl der Fischspezies sind u. a. ihr Freizeitwert, ihre kommerzielle und ökologische Bedeutung sowie eine vergleichbare Empfindlichkeit, ein erfolgreicher Einsatz in früheren Tests usw.

Die empfohlenen Testspezies werden in Anlage 2 aufgeführt. Es können auch andere Spezies verwendet werden, doch müssen die Testverfahren dann u. U. angepasst werden, um die entsprechenden Testbedingungen zu schaffen. Die Gründe für die Auswahl der Spezies und der Versuchsmethode sollten in diesem Fall genau dokumentiert werden.

1.7.5.   Haltung der Fische

Eine Stammpopulation von Fischen wird mindestens zwei Wochen lang im Wasser bei Testtemperatur akklimatisiert und mit entsprechender Nahrung, die später auch während des Tests verwendet wird, gefüttert.

Nach einer 48stündigen Eingewöhnungsphase wird die Mortalität festgehalten, wobei folgende Kriterien gelten:

Mortalität größer als 10 % der Population in sieben Tagen: Austausch des gesamten Besatzes;

Mortalität zwischen 5 und 10 % der Population in sieben Tagen: weitere sieben Tage Akklimatisation;

Mortalität weniger als 5 % der Population in sieben Tagen: Annahme des gesamten Besatzes — wenn die Mortalität innerhalb der folgenden sieben Tage bei mehr als 5 % liegt: Austausch des gesamten Besatzes.

Stellen Sie sicher, dass die für den Test verwendeten Fische keine sichtbaren Erkrankungen oder Abnormitäten aufweisen. Entfernen Sie alle kranken Fische. Die Fische sollten zwei Wochen vor dem Test oder während des Tests nicht wegen irgendwelcher Erkrankungen behandelt werden.

1.8.   VERSUCHSDURCHFÜHRUNG

1.8.1.   Vorversuch

Es kann sehr sinnvoll sein, einen Vorversuch durchzuführen, um die Bedingungen für den endgültigen Versuch zu optimieren, z. B. Wahl der Prüfsubstanzkonzentration(en), Dauer der Aufnahme- und Ausscheidungsphase.

1.8.2.   Expositionsbedingungen

1.8.2.1.   Dauer der Aufnahmephase

Eine Vorhersage der Dauer der Aufnahmephase kann aus praktischen Erfahrungen (z. B. aus einer früheren Untersuchung oder anhand einer Chemikalie vergleichbarer Akkumulation) oder aus bestimmten empirischen Beziehungen abgeleitet werden, wozu entweder die Kenntnis der Wasserlöslichkeit oder des Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten der Prüfsubstanz (siehe Anlage 3) herangezogen wird.

Die Aufnahmephase sollte 28 Tage dauern, sofern nicht nachweislich bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein Gleichgewicht erzielt wurde. Stellt sich innerhalb von 28 Tagen kein Fließgleichgewicht ein, so sollte die Aufnahmephase entsprechend verlängert und weitere Messungen vorgenommen werden, bis das Fließgleichgewicht erreicht ist, höchstens jedoch 60 Tage.

1.8.2.2.   Dauer der Ausscheidungsphase

In der Regel reicht die Hälfte der Dauer der Aufnahmephase aus, um eine relevante Reduzierung (z. B. 95 %) der Körperbelastung durch die Substanz (zur Erläuterung dieser Schätzung siehe Anlage 3) festzustellen. Sollte die Zeit, die für eine 95 %ige Ausscheidung benötigt wird, jedoch unangemessen lang und damit nicht praktikabel sein (wenn sie beispielsweise die normale Dauer der Aufnahmephase um mehr als das Doppelte überschreitet, d. h. mehr als 56 Tage beträgt), kann die Phase entsprechend verkürzt werden (d. h. bis die Konzentration der Prüfsubstanz weniger als 10 % der Fließgleichgewichtskonzentration beträgt). Bei Substanzen mit komplexeren Aufnahme- und Ausscheidungsmustern, als sie durch ein Einkompartiment-Fischmodell dargestellt werden können (bei einer Kinetik erster Ordnung), sollten jedoch längere Ausscheidungsphasen zur Bestimmung der Ausscheidungskonstanten geplant werden. Die Dauer kann jedoch durch die Zeit vorgegeben sein, in der die Konzentration der Prüfsubstanz in den Fischen oberhalb der analytischen Nachweisgrenze liegt.

1.8.2.3.   Anzahl der Versuchsfische

Die Zahl der Fische pro Testkonzentration sollte so gewählt werden, dass bei jeder Probenahme mindestens vier Fische pro Probe zur Verfügung stehen. Wird eine stärkere statistische Aussagekraft gefordert, ist eine größere Anzahl von Fischen pro Probe notwendig.

Wenn ausgewachsene Fische verwendet werden, muss dokumentiert sein, ob es sich um männliche oder weibliche Tiere handelt bzw. ob beide Geschlechter für den Versuch eingesetzt werden. Werden beide Geschlechter verwendet, sollten die unterschiedlichen Lipidgehalte der Geschlechter vor Beginn der Exposition als nicht signifikant dokumentiert werden; ein Pooling aller männlichen und aller weiblichen Fische kann u. U. erforderlich sein.

Für jeden Test werden Fische mit vergleichbarem Gewicht gewählt, so dass die kleinsten nicht weniger als zwei Drittel des Gewichts der größten Tiere haben. Alle sollten derselben Altersgruppe angehören und dieselbe Herkunft haben. Da Gewicht und Alter eines Fisches häufig einen bedeutenden Einfluss auf die BCF-Werte (1) zu haben scheinen, werden diese Angaben sorgfältig dokumentiert. Das Wiegen einer Teilprobe der Fischpopulation vor der Durchführung des Tests wird empfohlen, damit das Durchschnittsgewicht geschätzt werden kann.

1.8.2.4.   Besatz

Es wird ein hohes Wasser-Fisch-Verhältnis gewählt, damit die Cw-Reduzierung, die durch den Einsatz der Fische zu Beginn des Tests verursacht wird, minimiert und eine Abnahme der Konzentration an gelöstem Sauerstoff vermieden werden kann. Wichtig ist, dass die Besatzrate der jeweils verwendeten Testspezies angepasst ist. In der Regel wird auf jeden Fall eine Besatzrate von 0,1-1,0 g Fisch (Nassgewicht) pro Liter Wasser pro Tag empfohlen. Höhere Besatzraten können gewählt werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass die geforderte Konzentration der Prüfsubstanz innerhalb der Grenze von ± 20 % gehalten werden kann und dass die Konzentration an gelöstem Sauerstoff eine Sättigung von 60 % nicht unterschreitet.

Durch die Wahl der geeigneten Besatzrate wird dem normalen Habitat der Fischspezies Rechnung getragen. Beispielsweise erfordern in der benthischen Zone lebende Fische bei gleicher Wassermenge u. U. eine größere Bodenfläche im Aquarium als pelagische Fischspezies.

1.8.2.5.   Fütterung

Während der Akklimatisations- und der Testphase werden die Fische mit einem geeigneten Futter von bekanntem Lipid- und Gesamtproteingehalt in dem Maße gefüttert, dass sie gesund bleiben und das Körpergewicht erhalten wird. Die Fische werden während der gesamten Dauer der Akklimatisations- und Testphase täglich mit einer Futtermenge von ca. 1 bis 2 % ihres Körpergewichts pro Tag gefüttert; auf diese Weise wird bei den meisten Fischspezies die Lipidkonzentration während des Tests auf einem relativ konstanten Niveau gehalten. Die Futtermenge sollte in regelmäßigen Abständen, zum Beispiel einmal pro Woche, neu berechnet werden, damit Körpergewicht und Lipidgehalt konsistent gehalten werden. Für diese Berechnung sollte das Gewicht der Fische in den einzelnen Testkammern anhand des Gewichts der Fische geschätzt werden, die der Kammer zuletzt als Probe entnommen wurden. Wiegen Sie nicht das Gewicht der in der Kammer verbliebenen Fische.

Nicht gefressenes Futter und Exkremente werden täglich aus den Testkammern entfernt, und zwar kurz nach der Fütterung (30 Minuten bis 1 Stunde). Die Kammern werden während der gesamten Testdauer so sauber wie möglich gehalten, damit die Konzentration organischer Stoffe so gering wie möglich gehalten wird, da das Vorhandensein organischen Kohlenstoffs die Bioverfügbarkeit der Prüfsubstanz (1) u. U. beeinträchtigen kann.

Da viele Futtersorten aus Fischmehl gewonnen werden, sollte das Futter auf die Prüfsubstanz untersucht werden. Eine Untersuchung des Futters auf Pestizide und Schwermetalle ist ebenfalls wünschenswert.

1.8.2.6.   Licht und Temperatur

Die Photoperiode beträgt in der Regel 12 bis 16 Stunden, und die Temperatur (± 2 oC) sollte den Testspezies (siehe Anlage 2) angepasst sein. Art und Eigenschaften der Beleuchtung sollten bekannt sein. Eine mögliche Phototransformation der Prüfsubstanz unter den Bestrahlungsbedingungen der Untersuchung sollte berücksichtigt werden. Die Beleuchtung sollte so gewählt werden, dass eine Exposition der Fische gegenüber unnatürlichen Photoprodukten vermieden wird. In einigen Fällen mag die Verwendung eines Filters angebracht sein, um UV-Strahlungen unter 290 mm herauszufiltern.

1.8.2.7.   Testkonzentrationen

Die Fische werden unter Durchflussbedingungen mindestens zwei Konzentrationen der Prüfsubstanz in Wasser ausgesetzt. Normalerweise werden höhere (oder höchste) Konzentrationen der Prüfsubstanz gewählt, die ca. 1 % ihres akuten asymptotischen LC50-Wertes entsprechen und mindestens zehnmal höher sind als die durch das angewandte analytische Verfahren vorgegebene Nachweisgrenze in Wasser.

Die höchste Testkonzentration kann auch ermittelt werden, indem der akute 96h-LC50-Wert durch ein geeignetes Akut-chronisch-Verhältnis dividiert wird (bei einigen Chemikalien kann der Quotient zwischen 3 und 100 liegen). Wenn möglich, wählen Sie die andere(n) Konzentration(en) so, dass sie sich von der vorherigen um den Faktor zehn unterscheidet. Sollte das aufgrund des Kriteriums eines LC50-Wertes von 1 % und der analytischen Grenze nicht möglich sein, sollte ein niedrigerer Faktor als zehn gewählt bzw. die Verwendung einer 14C-markierten Prüfsubstanz erwogen werden. Keine Konzentration sollte oberhalb der Löslichkeit der Prüfsubstanz liegen.

Wird ein Lösungsvermittler verwendet, so sollte dessen Konzentration nicht mehr als 0,1 ml/l betragen und in allen Versuchsbehältnissen identisch sein. Sein Beitrag (zusammen mit dem der Prüfsubstanz) zum Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff im Testwasser sollte bekannt sein. Die Verwendung solcher Stoffe sollte allerdings unter allen Umständen vermieden werden.

1.8.2.8.   Kontrollen

Zusätzlich zur Versuchsreihe sollte eine Verdünnungswasserkontrolle bzw. gegebenenfalls auch eine Kontrolle mit dem Lösungsvermittler vorgenommen werden, unter der Voraussetzung, dass keine Auswirkungen dieses Stoffs auf die Fische festgestellt wurden. Falls nicht, sollten beide Kontrollen durchgeführt werden.

1.8.3.   Häufigkeit der Wasserqualitätsmessungen

Während des Tests sollten der gelöste Sauerstoff, der TOC, der pH-Wert und die Temperatur in allen Behältnissen gemessen werden. Die Gesamthärte und gegebenenfalls die Salinität sollten in den Kontrolllösungen und in einem Behältnis mit höherer (oder höchster) Konzentration gemessen werden. Der gelöste Sauerstoff und gegebenenfalls die Salinität sollten mindestens dreimal — zu Beginn, ungefähr in der Mitte und am Ende der Aufnahmeperiode — sowie regelmäßig einmal pro Woche in der Ausscheidungsperiode gemessen werden. Der TOC sollte zu Beginn des Tests (24 bzw. 48 Std. vor Beginn der Aufnahmephase) vor dem Einsatz der Fische und sowohl während der Aufnahme- als auch der Ausscheidungsphase mindestens einmal pro Woche gemessen werden. Die Temperatur sollte täglich gemessen werden; der pH-Wert wird zu Beginn und am Ende jeder Testperiode, die Härte einmal pro Test festgestellt. Die Temperatur sollte in mindestens einem Gefäß möglichst kontinuierlich überprüft werden.

1.8.4.   Probenahme und Analyse der Fisch- und Wasserproben

1.8.4.1.   Fisch- und Wasserprobenahmeplan

Vor dem Einsatz der Fische sowie während der Aufnahme- und der Ausscheidungsphase wird den Testkammern Wasser zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration entnommen. Wasserproben sollten mindestens so häufig entnommen werden wie die Fischproben, und zwar vor der Fütterung. Während der Aufnahmephase werden die Konzentrationen der Prüfsubstanz bestimmt, um die Übereinstimmung mit den Validitätskriterien zu überprüfen.

Während der Aufnahmephase werden mindestens fünf Fischproben entnommen sowie mindestens vier während der Ausscheidungsphase. Da es sich in manchen Fällen als schwierig erweisen wird, anhand dieser Probenzahl eine einigermaßen genaue Schätzung des BCF vorzunehmen — insbesondere wenn es sich um keine reine Ausscheidungskinetik erster Ordnung handelt —, kann es ratsam sein, in beiden Perioden größere Proben zu nehmen (siehe Anlage 4). Die zusätzlichen Proben werden aufbewahrt und nur dann analysiert, wenn sich die Ergebnisse des ersten Untersuchungszyklus für die Berechnung eines BCF-Werts der gewünschten Genauigkeit als unzureichend erweisen.

Ein Beispiel für einen denkbaren Probenahmeplan wird in Anlage 4 gegeben. Andere Pläne können leicht anhand anderer angenommener Pow-Werte errechnet werden, um die Expositionszeit für eine Aufnahme von 95 % zu berechnen.

Die Probenahme wird während der Aufnahmephase fortgesetzt, bis ein Fließgleichgewicht erreicht ist, höchstens aber 28 Tage. Stellt sich nach 28 Tagen immer noch kein Fließgleichgewicht ein, wird die Probenahme bis zur Erreichung des Fließgleichgewichts oder aber höchstens 60 Tage fortgesetzt. Vor Beginn der Ausscheidungsphase werden die Fische in saubere Behältnisse umgesetzt.

1.8.4.2   Probenahme und Probenvorbereitung

Wasserproben für die Analyse werden z. B. durch Absaugen mittels einer inerten Rohrleitung an einem zentralen Punkt der Testkammer gezogen. Da der nicht bioverfügbare Teil der Prüfsubstanz offensichtlich weder durch Filtration noch durch Zentrifugation von dem bioverfügbaren getrennt werden kann (das gilt insbesondere für superlipophile Chemikalien, d. h. Chemikalien mit einem log Pow > 5) (1) (5), können die Proben diesen Verfahren nicht unterzogen werden.

Stattdessen müssen entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, um die Behältnisse so sauber wie möglich zu halten, und der Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff sollte sowohl während der Aufnahme- als auch während der Ausscheidungsphase kontrolliert werden.

Bei jeder Probenahme wird eine angemessene Zahl von Fischen (in der Regel mindestens vier) den Testkammern entnommen. Die Fischproben sollten schnell mit Wasser gespült, „trockengetupft“ und unverzüglich auf eine geeignete, möglichst humane Weise getötet und dann gewogen werden.

Die Analyse der Fisch- und Wasserproben sollte vorzugsweise direkt nach der Probenahme erfolgen, damit ein Abbau oder sonstige Verluste vermieden werden und die ungefähre Aufnahme- und Ausscheidungsgeschwindigkeit ermittelt werden können, während der Test fortgesetzt wird. Eine unverzügliche Analyse verhindert auch, dass ein Plateau zu spät erkannt wird.

Kann keine sofortige Analyse vorgenommen werden, werden die Proben auf geeignete Weise aufbewahrt. Angaben über die für die betreffende Prüfsubstanz geeignete Aufbewahrungsmethode — beispielsweise Tiefkühlung, Lagerung bei 4 oC, Dauer der Aufbewahrung, Extraktion usw. — werden vor Beginn der Untersuchung eingeholt.

1.8.4.3.   Qualität der Analysemethode

Da das gesamte Verfahren im Wesentlichen von der Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Empfindlichkeit der für die Prüfsubstanz verwendeten Analysemethoden abhängt, muss in Versuchen überprüft werden, ob die Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der chemischen Analyse sowie die Wiederfindung der Prüfsubstanz aus Wasser und Fischen für die betreffende Methode geeignet sind. Ferner muss darauf geachtet werden, dass die Prüfsubstanz im verwendeten Verdünnungswasser nicht nachweisbar ist.

Gegebenenfalls müssen die durch den Test ermittelten Cw- und Cf-Werte um die Wiederauffindung und Background-Werte der Kontrollen berichtigt werden. Die Fisch- und Wasserproben werden stets so behandelt, dass Verunreinigungen und Verluste (z. B. infolge von Adsorption durch das Probenahmegerät) minimiert werden.

1.8.4.4.   Analyse der Fischproben

Werden für den Test radioaktiv markierte Stoffe verwendet, können die Proben entweder auf ihre gesamte radioaktive Markierung analysiert (d. h. Ausgangsverbindung und Metaboliten) oder aber gereinigt werden, so dass die Ausgangsverbindung separat untersucht werden kann. Ebenso können die Hauptmetaboliten im Fließgleichgewicht oder gegen Ende der Aufnahmephase bestimmt werden, je nachdem, was eher eintritt. Wenn der BCF im Verhältnis zu den gesamten radioaktiv markierten Rückständen ≥ 1 000 % beträgt, ist es u. U. ratsam — und bei gewissen Chemikalien wie Pestiziden unbedingt empfehlenswert — die Abbauprodukte zu identifizieren und zu quantifizieren, die ≥ 10 % des Gesamtrückstands in Fischgeweben im Fließgleichgewicht ausmachen. Wenn die Abbauprodukte, die ≥ 10 % des gesamten radioaktiv markierten Rückstands in den Fischgeweben ausmachen, identifiziert und quantifiziert werden, dann sollten auch die Abbauprodukte im Testwasser identifiziert und quantifiziert werden.

Die Konzentration der Prüfsubstanz sollte in der Regel für jeden gewogenen Fisch einzeln bestimmt werden. Ist dies nicht möglich, ist bei jeder Probenahme ein Pooling der Proben zulässig, doch wird durch das Pooling die Zahl der statistischen Verfahren eingeschränkt, die auf die Daten anwendbar sind. Sollte auf ein spezielles statistisches Verfahren bzw. eine bestimmte statistische Aussagekraft Wert gelegt werden, dann muss im Test (6) (7) eine Zahl von Fischen eingesetzt werden, die dem Pooling und der gewünschten Aussagekraft Genüge leistet.

Der BCF sollte sowohl im Verhältnis zum gesamten Nassgewicht als auch (bei hochlipophilen Substanzen) im Verhältnis zum Lipidgehalt ausgedrückt werden. Der Lipidgehalt der Fische wird möglichst bei jeder Probenahme bestimmt. Zur Bestimmung des Lipidgehalts sollten geeignete Methoden (siehe Literaturhinweise 8 und 2 zu Anlage 3) verwendet werden, wobei ein Chloroform/Methanol-Extraktionsverfahren als Standardmethode empfohlen wird (9). Die verschiedenen Methoden führen zu unterschiedlichen Werten (10); daher ist es wichtig, Einzelheiten über die verwendete Methode anzugeben. Die Lipidanalyse sollte möglichst an dem Extrakt vorgenommen werden, das für die Untersuchung der Prüfsubstanz hergestellt wurde, da die Lipide häufig erst aus dem Extrakt entfernt werden müssen, bevor dieses chromatografisch analysiert werden kann. Der Lipidgehalt der Fische (in mg/kg Nassgewicht) sollte am Ende des Versuchs um nicht mehr als ± 25 % von dem zu Beginn ermittelten Wert abweichen. Der Anteil fester Bestandteile im Gewebe sollte ebenfalls dokumentiert werden, um eine Umrechnung der Lipidkonzentration vom Nass- zum Trockengewicht zu ermöglichen.

2.   DATEN

2.1.   BEHANDLUNG DER ERGEBNISSE

Die Aufnahmekurve der Prüfsubstanz ergibt sich, indem ihre Konzentration in/auf den Fischen (oder bestimmten Gewebeteilen) in der Aufnahmephase gegen die Zeit auf einer arithmetischen Skala aufgetragen wird. Wenn die Kurve ein Plateau erreicht hat, d. h. nahezu asymptotisch zur Zeitachse ist, wird der steady-state BCFss errechnet anhand:

Formula

Wird kein Fließgleichgewicht erzielt, ist es für eine Bewertung der Gefährdung u. U. möglich, einen einigermaßen genauen BCFSS anhand eines „Fließgleichgewichts“ von 80 % (1,6/k2) oder 95 % (3,0/k2) zu berechnen.

Ebenso wird der Konzentrationsfaktor (BCFk) als Quotient k1/k2 (der beiden kinetischen Konstanten erster Ordnung) ermittelt. Die Ausscheidungskonstante (k2) wird in der Regel aus der Ausscheidungskurve abgeleitet (d. h. einer grafischen Darstellung der Abnahme der Prüfsubstanzkonzentration in den Fischen mit der Zeit). Die Aufnahmekonstante (k1) wird dann anhand des gegebenen Wertes k2 und einem C1-Wert berechnet, der sich aus der Aufnahmekurve ableitet (siehe auch Anlage 5). Die bevorzugte Methode zur Berechnung des BCFk und der Geschwindigkeitskonstanten k1 und k2 ist eine computergestützte nichtlineare Parameterschätzung (11). Ansonsten können grafische Methoden zur Berechnung von k1 und k2 verwendet werden. Wenn die Ausscheidungskurve offensichtlich nicht erster Ordnung ist, sollten komplexere Modelle herangezogen werden (siehe Literaturhinweise zu Anlage 3) und der Rat eines Biostatistikers eingeholt werden.

2.2.   ERGEBNISBEWERTUNG

Ergebnisse, bei denen die gemessenen Konzentrationen der Testlösungen nahe der Nachweisgrenze des Analyseverfahrens liegen, sollten mit Vorsicht interpretiert werden.

Klar abgegrenzte Aufnahme- und Ausscheidungskurven weisen auf eine gute Qualität der Biokonzentrationsdaten hin. Die Schwankungen der Aufnahme-/Ausscheidungskonstanten sollten bei den beiden Testkonzentrationen weniger als 20 % betragen. Werden erhebliche Unterschiede bei den Aufnahme-Ausscheidungsgeschwindigkeiten zwischen den beiden eingesetzten Testkonzentrationen beobachtet, sollten diese dokumentiert und mögliche Erklärungen gesucht werden. Bei einem guten Versuchsaufbau nähert sich die Konfidenzgrenze der BCF im Allgemeinen ± 20 %.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Der Testbericht muss folgende Angaben enthalten:

3.1.   PRÜFSUBSTANZ

physikalischer Zustand und gegebenenfalls physikalisch-chemische Eigenschaften

chemische Identifizierungsdaten (einschließlich des organischen Kohlenstoffgehalts, falls angemessen)

bei radioaktiv markierten Substanzen, die genaue Position des markierten Atoms (der Atome) und der prozentuale Anteil der auf Verunreinigungen zurückzuführenden Radioaktivität.

3.2.   TESTSPEZIES

wissenschaftlicher Name, Stamm, Herkunft, eventuelle Vorbehandlungen, Akklimatisation, Alter, Größenbereich usw.

3.3.   PRÜFBEDINGUNGEN

verwendetes Prüfverfahren (z. B. Durchflussverfahren, semistatisches Verfahren)

Art und Eigenschatten der verwendeten Beleuchtung und Photoperiode(n)

Versuchsaufbau (z. B. Zahl und Größe der Testkammern, Wasservolumen-Austauschrate, Zahl der Versuchswiederholungen, Zahl der Fische pro Versuchswiederholung, Zahl der Testkonzentrationen, Dauer der Aufnahme- und Ausscheidungsphase, Häufigkeit der Entnahme von Fisch- und Wasserproben)

Vorbereitung der Stammlösungen und Erneuerungshäufigkeit (falls verwendet, müssen Angaben zum Lösungsvermittler, seiner Konzentration und seinem Beitrag zum organischen Kohlenstoffgehalt des Testwassers gemacht werden)

die nominellen Testkonzentrationen, der Durchschnitt der gemessenen Werte sowie deren Standardabweichungen in den Testbehältnissen sowie das Verfahren, durch das diese ermittelt wurden

Quelle des Verdünnungswassers, Beschreibung aller Vorbehandlungen, Ergebnisse aller Nachweise, dass die Versuchsfische in dem Wasser überleben können, sowie Wassereigenschaften: pH-Wert, Härte, Temperatur, Konzentration des gelösten Sauerstoffs, Restchlor (falls gemessen), TOC, suspendierte Feststoffe, Salinität des Testmediums (gegebenenfalls) sowie die Ergebnisse aller anderen durchgeführten Messungen

Wasserqualität innerhalb der Testbehältnisse, pH-Wert, Härte, TOC, Temperatur und Konzentration des gelösten Sauerstoffs

ausführliche Angaben zur Fütterung (z. B. Art des Futters, Herkunft, Zusammensetzung — zumindest der Lipid- und Proteingehalt — Fütterungsmenge und Häufigkeit)

Angaben zur Behandlung der Fisch- und Wasserproben, einschließlich aller Einzelheiten über Vorbereitung, Lagerung, Extraktion und Analyseverfahren (und -genauigkeit) in bezug auf die Prüfsubstanz und den Lipidgehalt (falls gemessen).

3.4   ERGEBNISSE

Ergebnisse aller durchgeführten Voruntersuchungen

Mortalität der Kontrollfische und der Fische in den einzelnen Expositionskammern sowie jegliches beobachtetes anormales Verhalten

der Lipidgehalt der Fische (falls in der Prüfung ermittelt)

Kurven (einschließlich aller gemessenen Daten) der Aufnahme und der Ausscheidung der Prüfchemikalie durch die Fische, die Zeit bis zur Einstellung des Fließgleichgewichts

Cf und Cw (gegebenenfalls mit Standardabweichung und Abweichungsbereich) für alle Probenahmen (wobei Cf in μg/g Nassgewicht (ppm) des Ganzkörpers oder bestimmter Gewebeteile, z. B. Lipid und Cw in μg/ml (ppm), ausgedrückt wird). Auch die Cw-Werte für die Kontrollreihe (Background) sollten dokumentiert werden

der steady-state Biokonzentrationsfaktor (BCFSS) und/oder der kinetische Konzentrationsfaktor (BCFk) sowie gegebenenfalls die 95 %-Konfidenzgrenzen für die Aufnahme- und Ausscheidungskonstanten (alle ausgedrückt im Verhältnis zum Ganzkörper und zum Gesamtlipidgehalt (falls gemessen) des Tieres oder bestimmter Gewebeteile), die Konfidenzgrenzen und die Standardabweichung (sowie verfügbar) sowie Berechnungs-/Datenanalyseverfahren für jede Konzentration der verwendeten Prüfsubstanz

wenn radioaktiv markierte Substanzen verwendet werden bzw. wenn es erforderlich ist, muss die Akkumulation aller nachgewiesenen Metaboliten angegeben werden

alle Besonderheiten im Zusammenhang mit dem Test, alle Abweichungen von den genannten Verfahren sowie alle weiteren relevanten Informationen.

Ergebnisse der Art „bis zur Nachweisgrenze nicht nachweisbar“ sollten durch die Entwicklung von Vortestverfahren und einen entsprechenden Versuchsaufbau vermieden werden, da diese nicht für die Berechnung der Geschwindigkeitskonstanten herangezogen werden können.

4.   LITERATURHINWEISE

(1)

Connell D.W. (1988). Biouccumulation behaviour of persistent chemicals with aquatic organisms. Rev. Environ. Contam. Toxicol. 102, 117-156.

(2)

Bintein S., Devillers J. and Karelier W. (1993). Nonlinear dependence of fish bioconcentration on n-octanol/water partition coefficient. SAR und QSAR in Environmental Research, 1, 29-390.

(3)

OECD, Paris (1996). Direct Phototransformation of Chemicals in Water. Environmental Health and Safety Guidance Document Series on Testing and Assessment of Chemicals. Nr. 3.

(4)

Kristensen P. (1991) Bioconcentration in fish: Comparison of bioconcentration factors derived from OECD and ASTM testing methods; influence of particulate organic matter to the bioavailability of chemicals. Water Quality Institute, Denmark.

(5)

US EPA 822-R-94-002 (1994) Great Lake Water Quality Initiative Technical Support Doc. for the Procedure to Determine Bioaccumulation Factors. July 1994.

(6)

US FDA, (Food and Drug Administration) Revision. Pesticide analytical manual, 1, 5600 Fisher's Lane, Rockville, MD 20852, July 1975.

(7)

US EPA (1974). Section 5. A (1) Analysis of Human Adipose Tissue, in Analysis of Pesticide Residues in Human and Environmental Samples, Thompson J.F. (ed.) Research Triangle Park, N.C. 27711.

(8)

Compaan H. (1980) in „The determination of the possible effects of chemicals and wastes on the aquatic invironment: degradation, toxicity, bioaccumulation“ Ch. 2.3, Part II. Government Publishing Office, the Hague, The Netherlands.

(9)

Gardner et al, (1995) Limn. & Oceanogr. 30, 1099-1105.

(10)

Randall R.C., Lee H., Ozretich R.J., Lake J.L. and Pruell R.J. (1991). Evaluation of selected lipid methods for normalising pollutant bioaccumulation. Envir. Toxicol. Chem. 10, 1431-1436.

(11)

CEC, Bioconcentration of chemical substances in fish: the flow-through method-Ring Test Programme, 1984-1985. Final report March 1987. Authors: P. Kristensen and N. Nyholm.

(12)

ASTM E-1022-84 (Reapproved 1988) Standard Practice for conducting Bioconcentration Tests with Fishes and Saltwater Bivalve Molluscs.

Anlage 1

Chemische Eigenschaften eines geeigneten Verdünnungswassers

 

Substanz

Grenzkonzentration

1

Partikelstoffe

5 mg/l

2

Gesamter organischer Kohlenstoff

2 mg/l

3

Nichtionisiertes Ammoniak

1 μg/l

4

Restchlor

10 μg/l

5

Gesamte phosphororganische Pestizide

50 ng/l

6

Gesamte chlororganische Pestizide sowie polychlorierte Biphenyle

50 ng/l

7

Gesamter organischer Chlorgehalt

25 ng/l

8

Aluminium

1 μg/l

9

Arsen

1 μg/l

10

Chrom

1 μg/l

11

Kobalt

1 μg/l

12

Kupfer

1 μg/l

13

Eisen

1 μg/l

14

Blei

1 μg/l

15

Nickel

1 μg/l

16

Zink

1 μg/l

17

Cadmium

100 ng/l

18

Quecksilber

100 ng/l

19

Silber

100 ng/l

Anlage 2

Für den Test empfohlene Fischspezies

 

Empfohlene Spezies

Empfohlener Bereich der Testtemperatur ( oC)

Empfohlene Gesamtlänge der Versuchstiere (cm)

1

Danio rerio (19) (Teleostei, Cyprinidae) (Hamilton-Buchanan) Zebrabärbling

20-25

3,0±0,5

2

Pimephales promelas (Teleostei, Cyprinidae) (Rafinesque) Dickkopf-Elritye

20-25

5,0±2,0

3

Cyprinus carpio (Teleostei, Cyprinidae) (Linnaeus) Karpfen

20-25

5,0±3,0

4

Oryzias latipes (Teleostei, Poeciliidae) (Temminck und Schlegel) Japanischer Reisfisch

20-25

4,0±1,0

5

Poecilia reticulata (Teleostei, Poeciliidae) (Peters) Guppy

20-25

3,0±1,0

6

Lepomis macrochirus (Teleostei, Centrarchidae) (Rafinesque) Blauer Sonnenbarsch

20-25

5,0±2,0

7

Oncorhynchus mykiss (Teleostei, Salmonidae) (Walbaum) Regenbogenforelle

13-17

8,0±4,0

8

Gasterosteus aculeatus (Teleostei, Gasterosteidae) (Linnaeus) Dreistachliger Stichling

18-20

3,0±1,0

In verschiedenen Ländern wurden unterschiedliche Ästuarine- und Meeresspezies verwendet, beispielsweise:

Umberfisch

Leiostomus xanthurus

Edelsteinkärpfling

Cyprinodon variegatus

Gezeiten-Ährenfisch

Menidia beryllina

Juwelflussbarsch

Cymatogaster aggregata

Englische Seezunge

Parophrys vetulus

Geweihgroppe

Leptocottus armatus

Dreistachliger Stichling

Gasterosteus aculeatus

Sägebarsch

Dicentracus labrax

Ukelei

Alburnus alburnus

Zusammenstellung

Die in obenstehender Tabelle aufgeführten Süßwasserfische sind leicht zu züchten oder stehen größtenteils ganzjährig zur Verfügung, wohingegen die Verfügbarkeit der Ästuarinen- und Meeresspezies teilweise auf bestimmte Länder beschränkt ist. Sie können entweder in Teichwirtschaften oder im Labor unter krankheits- und parasitenkontrollierten Bedingungen gezüchtet und aufgezogen werden, so dass man gesunde Versuchstiere hat, deren Abstammung bekannt ist. Diese Fische sind in vielen Teilen der Welt verfügbar.

Anlage 3

Vorhersage der Dauer der Aufnahme- und der Abbauphase

1.   Vorhersage der Dauer der Aufnahmephase

Vor der Durchführung des Tests kann ein geschätzter Wert k2 und damit ein prozentualer Teil der für die Erreichung des Fließgleichgewichts benötigten Zeit aus den empirischen Beziehungen zwischen k2 und dem n-Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (Pow) bzw. zwischen k2 und der Wasserlöslichkeit (s) abgeleitet werden.

So lässt sich k2 (Tag–1) beispielsweise anhand folgender empirischer Beziehung (1) schätzen:

log10k2 = -0,414 log10(Pow) + 1,47 (r2 = 0,95)

(Gleichung 1)

Für weitere Beziehungen siehe Literaturhinweise (2).

Ist der Verteilungskoeffizient (Pow) nicht bekannt, kann dieser (3) anhand der bekannten Wasserlöslichkeit (s) der Substanz geschätzt werden:

log10(Pow) = 0,862 log10(s) + 0,710 (r2 = 0,994)

(Gleichung 2)

wobei

s = Löslichkeit (Mol/l) : (n = 36)

Diese Beziehungen gelten nur für Chemikalien mit log Pow-Werten zwischen 2 und 6,5 (4).

Die Zeit bis zur Einstellung eines gewissen Prozentsatzes des Fließgleichgewichts kann — durch Anwendung des Schätzwertes k2 — aus der allgemeinen kinetischen Gleichung, die die Aufnahme und die Ausscheidung (Kinetik erster Ordnung) beschreibt, abgeleitet werden:

Formula

oder, wenn Cw konstant ist:

Formula

(Gleichung 3)

Bei Annäherung an das Fließgleichgewicht (t → ∞) kann Gleichung 3 reduziert werden (5) (6) zu:

Formula oder Cf/Cw = k1/k2 = BCF

Damit stellt (k1/k2)· Cw eine Annäherung an die Konzentration in den Fischen im „Fließgleichgewicht“ (Cf, s) dar.

Gleichung 3 kann umgeformt werden in:

Formula

oder

Formula

(Gleichung 4)

Bei Anwendung von Gleichung 4 kann die Zeit bis zur Herstellung eines gewissen Gleichgewichtsprozentsatzes vorhergesagt werden, wenn k2 zuvor anhand der Gleichungen 1 oder 2 geschätzt wurde.

Als Richtschnur gilt, dass die statistisch optimale Dauer der Aufnahmephase für die Ableitung statistisch brauchbarer Daten (BCFk) die Zeit ist, die benötigt wird, bis die gegen die lineare Zeit aufgetragene Logarithmuskurve der Prüfsubstanzkonzentration in den Fischen ihren Mittelpunkt bzw. 1,6/k2 oder ein 80 %iges Fließgleichgewicht, jedoch nicht mehr als 3,0/k2 oder 95 %iges Fließgleichgewicht (7) erreicht.

Die Zeit zur Herstellung eines 50 %igen Fließgleichgewichts entspricht (Gleichung 4):

Formula

oder

Formula

(Gleichung 5)

Dementsprechend gilt für ein 95 %iges Fließgleichgewicht:

Formula

(Gleichung 6)

Demnach wäre beispielsweise die Dauer der Aufnahmephase (ap) für eine Prüfsubstanz mit log Pow = 4 (unter Anwendung der Gleichungen 1, 5, 6):

log10k2 = -0,414 . (4) + 1,47

k2 = 0,652 Tage-1

ap (80 %) = 1,6/0,652, d. h. 2,45 Tage (59 Stunden)

oder ap (95 %) = 3.0/0,652, d. h. 4,60 Tage (110 Stunden).

Für eine Prüfsubstanz mit s = 10-5 Mol/l (log(s) = -5,0) wäre die Dauer der ap (unter Anwendung der Gleichungen 1, 2, 5, 6) entsprechend:

log10 (Pow) = -0,862 . (– 5,0) + 0,710 = 5,02

log10k, = -0,414 . (5,02) + 1,47

k2 = 0,246 Tage–1

ap (80 %) = 1,6/0,246, d. h. 6,5 Tage (156 Stunden)

oder ap (95 %) = 3,0/0,246, d. h. 12,2 Tage (293 Stunden)

Alternativ kann der Ausdruck:

teq = 6,54 . 10-3 Pow + 55,31 (Stunden)

zur Berechnung der Zeit bis zur Herstellung des effektiven Fließgleichgewichts verwendet werden (4).

2.   Vorhersage der Dauer der Ausscheidungsphase

Die Vorhersage der Zeit, die für die Reduzierung der Körperbelastung auf einen gewissen Prozentsatz der ursprünglichen Konzentration benötigt wird, kann auch aus der allgemeinen kinetischen Gleichung erster Ordnung über die Aufnahme und die Ausscheidung (1) (8) abgeleitet werden.

Für die Ausscheidungsphase wird Cw als Null angenommen. Die Gleichung kann reduziert werden zu:

Formula oder Formula

wobei Cf, o die Konzentration zu Beginn der Ausscheidungsperiode bezeichnet. Eine 50 %ige Ausscheidung wird dann erreicht bei (t50):

Formula oder Formula

Dementsprechend wird eine 95 %ige Ausscheidung erreicht bei:

Formula

Bei einer 80 %igen Aufnahme in der ersten Periode (1,6/k 2) und einem 95 %igen Verlust in der Ausscheidungsphase (3,0/k 2) wird die Ausscheidungsphase ungefähr doppelt so lange wie die Aufnahmephase dauern.

Es ist jedoch wichtig festzuhalten, dass die Schätzungen auf der Annahme beruhen, dass die Aufnahme- und Ausscheidungsmuster einer Kinetik erster Ordnung folgen. Wenn es sich jedoch offensichtlich nicht um eine Kinetik erster Ordnung handelt, müssen komplexere Modelle verwendet werden (z. B. Literaturhinweis (1)).

Literaturhinweise (zu Anlage 3)

(1)

Spacie A. and Hamelink J.L. (15S2) Alternative modeis for describing the bioconcentration of organics in fish. Environ. Toxicol. and Chem. 1, 309-320.

(2)

Kristensen P. (1991) Bioconcentration in fish: comparison of BCF’s derived from OECD and ASTM testing methods; influence of particulate matter to the bioavailability of chemicals. Danish Water Quality Institute.

(3)

Chiou C.T. and Schmedding D.W. (1982) Partitioning of organic compounds in octanol-water Systems. Environ. Sci. Technol. 16 (1), 4-10.

(4)

Hawker D.W. and Connell D.W. (1988) Influence of partition coefficient of lipophilic compounds on bioconcentration kinetics with fish. Wat. Res. 22 (6), 701-707.

(5)

Branson D.R.. Blau G.E., Alexander H.C. and Neely W.B. (1975) Transactions of the American Fisheries Society, 104 (4), 785-792.

(6)

Ernst W. (1985) Accumulation in Aquatic Organisms. In: Appraisal of tests to predict the environmental behaviour of chemicals. Ed. by Sheehman P., Korte F., Klein W. and Bourdeau P.H. Part 4.4, 243-255. SCOPE, 1985, John Wiley & Sons Ltd. N.Y.

(7)

Reilly P.M., Bajramovic R., Blau G.E., Branson D.R. and Sauerhoff M.W. (1977) Guidelines for the optimal design of experiments to estimate parameters in first order kinetic models, Can. J. Chem. Eng. 55, 614-622.

(8)

Könemann H. and Van Leeuwen K. (1980) Toxicokinetics in Fish: Accumulation and Elimination of six Chlorobenzenes by Guppies. Chemosphere, 9, 3-19.

Anlage 4

Theoretisches Beispiel für einen Probenahmeplan für Biokonzentrationstests bei Substanzen mit log Pow = 4

Probenahme Fische

Probenahmezeitplan

Anzahl der Wasserproben

Anzahl der Fische pro Probe

Erforderliche Mindesthäufigkeit (Tage)

Zusätzliche Probenahmen

Aufnahmephase

-1

0

 

2 (20)

2

Zugabe von 45-80 Fischen

1.

0,3

0,4

2

(2)

4

(4)

2.

0,6

0,9

2

(2)

4

(4)

3.

1,2

1,7

2

(2)

4

(4)

4.

2,4

3,3

2

(2)

4

(4)

5.

4,7

 

2

6

Ausscheidungsphase

 

 

 

Umsetzung der Fische in Wasser ohne die Prüfchemikalie

6.

5,0

5,3

 

4

(4)

7.

5,9

7,0

 

4

(4)

8.

9,3

11,2

 

4

(4)

9.

14,0

17,5

 

6

(4)

Die Werte in Klammern bezeichnen die Anzahl der Proben (Wasser, Fisch), die bei einer zusätzlichen Probenahme genommen werden müssen.

Anm.

:

Der in Vortests ermittelte Schätzwert von k2 für einen log Pow gleich 4,0 beträgt 0,652 Tage–1. Die Gesamtdauer des Versuchs wird auf 3 × ap = 3 × 4,6 Tage, d. h. 14 Tage festgelegt. Zur Schätzung von „ap“ siehe Anlage 3.

Anlage 5

Modelldiskriminierung

Man geht davon aus, dass die meisten Biokonzentrationsdaten durch ein einfaches Zwei-Kompartiment-/Zwei-Parameter-Modell „einigermaßen“ gut dargestellt werden, wie aus der geradlinigen Kurve ersichtlich ist, die sich den Punkten für die Konzentrationen in den Fischen während der Ausscheidungsphase annähert, wenn diese auf semilogarithmischem Papier aufgetragen werden. (Wenn diese Punkte nicht durch eine geradlinige Kurve beschrieben werden können, sollten komplexere Modelle verwendet werden, siehe z. B. Spacie und Hamelink, Literaturhinweis 1 in Anlage 3).

Grafische Methode zur Bestimmung der Ausscheidungskonstanten k2

Tragen Sie die in den einzelnen Fischproben festgestellten Prüfsubstanzkonzentrationen gegen die Probenahmezeit auf semilogarithmischem Papier ab. Die Neigung dieser Linie bezeichnet k2.

Formula

Image

Beachten Sie, dass Abweichungen von einer geraden Linie auf ein komplexeres Ausscheidungsmuster als eine Kinetik erster Ordnung hindeuten können. Für eine Auswertung von Ausscheidungsvorgängen, die nicht einer Kinetik erster Ordnung entspricht, kann eine grafische Methode gewählt werden.

Grafische Methode zur Bestimmung der Aufnahmekonstanten k1

Bei gegebenem K2 wird k1 wie folgt berechnet:

Formula

(Gleichung 1)

Der Wert Cf wird vom Mittelpunkt der glatten Aufnahmekurve abgelesen, die entsteht, wenn die log Konzentration gegen die Zeit (auf einer arithmetischen Skala) aufgetragen wird.

Computergestütztes Verfahren zur Berechnung der Aufnahme- und Ausscheidungskonstanten

Für die Berechnung des Biokonzentrationsfaktors sowie der Geschwindigkeitskonstanten k1 und k2 wird der Einsatz computergestützter, nichtlinearer Verfahren zur Parameterschätzung bevorzugt. Diese Programme bestimmen die Werte k1 und k2 basierend auf einem gegebenen Satz von über die Zeit ermittelten Konzentrationsdaten und dem Modell:

Formula

0 < t < tc

(Gleichung 2)

Formula

t > tc

(Gleichung 3)

wobei tc die Zeit am Ende der Aufnahmephase bezeichnet.

Durch diesen Ansatz wird die Standardabweichung von k1 und k2 geschätzt.

Da k2 zumeist anhand der Ausscheidungskurve mit relativ hoher Genauigkeit geschätzt werden kann und weil es eine starke Korrelation zwischen den beiden Parametern k1 und k2 gibt, wenn sie gleichzeitig geschätzt werden, kann es u. U. ratsam sein, k2 zunächst lediglich anhand der Ausscheidungsdaten abzuleiten und anschließend k1 anhand der Aufnahmedaten mittels nichtlinearer Regression zu berechnen.

C.14.   WACHSTUMSTEST AN JUNGFISCHEN

1.   METHODE

Diese Methode für einen Wachstumstest zur Toxizitätsbestimmung entspricht der OECD TG 215 (2000).

1.1.   EINLEITUNG

Anhand dieses Tests sollen die Auswirkungen einer lang anhaltenden Chemikalienexposition auf das Wachstum von Jungfischen bewertet werden. Er beruht auf einer Methode, bei der die Auswirkungen von Chemikalien auf das Wachstum junger Regenbogenforellen (Oncorhynchus mykiss) unter Durchflussbedingungen bewertet werden. Sie wurde in der Europäischen Union entwickelt und einem Ringtest unterzogen (1) (2). Auch andere gut dokumentierte Spezies sind dafür geeignet. So liegen beispielsweise Erfahrungen mit Wachstumstests an Zebrabärblingen (Danio rerio) (2) (3) (4) und Reiskärpflingen (Medaka, Oryzias latipes) vor (5) (6) (7).

Siehe auch Allgemeine Einführung Teil C.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Lowest Observed Effect Concentration — LOEC (niedrigste Konzentration mit beobachteter Wirkung): die geringste getestete Konzentration einer Prüfsubstanz, bei der verglichen mit den Kontrollen eine signifikante Wirkung der Substanz zu beobachten ist (bei p < 0,05). Jedoch müssen alle Testkonzentrationen, die die LOEC übersteigen, verglichen mit dieser eine ebenso große oder größere Schadwirkung haben.

No Observed Effect Concentration — NOEC (Konzentration ohne beobachtete Wirkung): die Testkonzentration unmittelbar unterhalb der LOEC.

EC X : Bei dieser Testmethode ist dies die Konzentration der Prüfsubstanz, die verglichen mit den Kontrollen eine Veränderung von x % in der Wachstumsrate der Fische hervorruft.

Besatzrate: Feuchtgewicht der Fische pro Volumen Wasser.

Besatzdichte: Zahl der Fische je Volumenteil Wasser.

Individuelle spezifische Wachstumsrate des Fisches: Wachstumsrate eines Individuums auf der Grundlage seines Ausgangsgewichts.

Durchschnittliche spezifische Wachstumsrate je Behältnis: mittlere Wachstumsrate des Besatzes eines Prüfgefäßes bei einer bestimmten Konzentration.

Pseudo-spezifische Wachstumsrate: Wachstumsrate eines einzelnen Fisches im Vergleich zum mittleren Ausgangsgewicht des Besatzes eines Prüfgefäßes.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Jungfische in der Phase exponentiellen Wachstums werden nach dem Wiegen in Testkammern eingebracht und einer Reihe subletaler Konzentrationen der in Wasser gelösten Prüfsubstanz ausgesetzt; dies geschieht vorzugsweise unter Durchflussbedingungen oder, sollte dies nicht möglich sein, unter geeigneten semistatischen Bedingungen (statisch mit Erneuerung). Die Testdauer beträgt 28 Tage. Die Fische werden täglich gefüttert. Die Futterration richtet sich nach dem Ausgangsgewicht der Fische und wird gegebenenfalls nach 14 Tagen neu berechnet. Am Ende der Prüfung werden die Fische erneut gewogen. Die Auswirkungen auf die Wachstumsraten werden anhand eines Regressionsmodells analysiert, um diejenige Konzentration zu ermitteln, die eine Veränderung der Wachstumsrate von x % hervorruft, d. h. ECX (z. B. EC10, EC20 oder EC30). Wahlweise können die Daten mit denen von Kontrollgruppen verglichen werden, um die LOEC (niedrigste Konzentration mit beobachteter Wirkung) und damit die NOEC (Konzentration ohne beobachtete Wirkung) zu bestimmen.

1.4.   ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

Es müssen die Ergebnisse einer Untersuchung der akuten Toxizität (siehe Prüfmethode C.1) vorliegen, die vorzugsweise mit der für diesen Test ausgewählten Spezies durchgeführt wurde. Damit sind Wasserlöslichkeit und Dampfdruck der Prüfsubstanz bekannt, und es steht eine zuverlässige Analysemethode zur Quantifizierung der Substanz in den Testlösungen mit bekannter und dokumentierter Genauigkeit und bekannter Nachweisgrenze zur Verfügung.

Weitere nützliche Informationen sind die Strukturformel, der Reinheitsgrad der Substanz, die Wasser- und Lichtbeständigkeit, pKa, Pow und die Ergebnisse einer Prüfung auf leichte biologische Abbaubarkeit (siehe Prüfmethode C.4).

1.5.   VALID1TÄT DES TESTS

Damit der Test gültig ist, müssen folgende Bedingungen gegeben sein:

Am Ende der Prüfung darf die Mortalität bei der (den) Kontrollgruppe(n) 10 % nicht überschreiten.

Das mittlere Gewicht der Fische in der (den) Kontrollgruppe(n) muss in einem solchen Maß zugenommen haben, dass die für signifikant erachtete Mindestveränderung der Wachstumsrate nachgewiesen werden kann. Ein Ringtest (2) hat ergeben, dass bei Regenbogenforellen das mittlere Gewicht der Fische in den Kontrollgruppen im Laufe von 28 Tagen um mindestens die Hälfte (d. h. 50 %) des mittleren Ausgangsgewichts zugenommen haben muss. Beispiel: 1 g/Fisch (= 100 %), Abschlussgewicht nach 28 Tagen: > 1,5 g/Fisch (> 150 %).

Die Konzentration an gelöstem Sauerstoff muss für die gesamte Dauer des Tests mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts betragen.

Für die Dauer des Tests dürfen sich die Wassertemperaturen im Vergleich zwischen den Testkammern zu keiner Zeit um mehr als ± 1 oC unterscheiden und innerhalb des für die Testspezies festgelegten Temperaturbereichs um höchstens 2 oC schwanken (Anlage 1).

1.6.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.6.1.   Apparatur

Normale Laborgeräte, darunter insbesondere folgende:

a) Sauerstoff- und pH-Messgerät;

b) Geräte zur Bestimmung von Wasserhärte und -alkalität;

c) geeignete Geräte zur Temperaturregelung und vorzugsweise zur fortlaufenden Überwachung;

d) Behältnisse aus chemisch inertem Material und mit einem dem empfohlenen Besatz und der Besatzdichte entsprechenden Fassungsvermögen (siehe Abschnitt 1.8.5 und Anlage 1);

e) Waage mit ausreichender Genauigkeit (d. h. auf ±0,5 % genau).

1.6.2.   Wasser

Als Testwasser eignet sich jedes Wasser, in dem ein ausreichend langes Überleben und ein ausreichendes Wachstum der Testspezies möglich sind. Es muss für die Dauer des Tests von gleichbleibend guter Qualität sein. Der pH-Wert des Wassers soll zwischen 6,0 und 8,5 liegen, jedoch während eines bestimmten Tests um nicht mehr als ±0,5 pH-Einheiten schwanken. Es wird eine Härte von mehr als 140 mg/l (als CaCO3) empfohlen. Um sicherzugehen, dass das Verdünnungswasser das Testergebnis nicht übermäßig stark beeinflusst (beispielsweise durch Komplexierung der Prüfsubstanz), sind in gewissen Abständen Proben zur Analyse zu entnehmen. Wenn bekannt ist, dass das Verdünnungswasser eine relativ konstante Qualität aufweist, sind beispielsweise alle drei Monate der Gehalt an Schwermetallen (z. B. Cu, Pb, Zn, Hg, Cd und Ni), an Hauptanionen und -kationen (z. B. Ca, Mg, Na, K, Cl und SO4), Pestiziden (z. B. Gesamtgehalt an phosphororganischen und chlororganischen Pestiziden), der gesamte organische Kohlenstoff und die Schwebstoffe zu bestimmen. Wenn sich die Wasserqualität über mindestens ein Jahr als konstant erwiesen hat, können die Untersuchungen weniger häufig und in größeren Zeitabständen (z. B. alle sechs Monate) erfolgen. Einige chemische Eigenschaften eines geeigneten Verdünnungswassers sind in Anlage 2 genannt.

1.6.3.   Testlösungen

Die Testlösungen mit den ausgewählten Konzentrationen werden durch Verdünnung einer Stammlösung hergestellt.

Die Stammlösung sollte vorzugsweise durch einfaches Mischen oder Einrühren der Prüfsubstanz in das Verdünnungswasser mit mechanischen Mitteln (Rührwerk oder Ultraschall) hergestellt werden. Zur Herstellung einer geeigneten konzentrierten Stammlösung können Sättigungssäulen (Löslichkeitssäulen) verwendet werden.

Zur Herstellung einer Stammlösung mit geeigneter Konzentration kann in einigen Fällen die Verwendung von Lösungs- oder Dispergiermitteln (Lösungsvermittlern) erforderlich sein. Geeignete Lösungsmittel sind beispielsweise Aceton, Ethanol, Methanol, Dimethylsulfoxid, Dimethylformamid und Triethylenglykol. Geeignete Dispergiermittel sind beispielsweise Cremophor RH40, Tween 80, Methylcellulose 0,01 % und HCO-40. Bei der Verwendung von biologisch leicht abbaubaren Stoffen (z. B. Aceton) und/oder leichtflüchtigen Stoffen ist Vorsicht geboten, da diese im Durchflusstest Probleme im Hinblick auf das Bakterienwachstum verursachen können. Wird ein Lösungsvermittler verwendet, so darf er keine signifikanten Auswirkungen auf das Fischwachstum und keine erkennbaren nachteiligen Auswirkungen auf die Jungfische haben, was durch eine nur mit Lösungsmittel vorgenommene Kontrolle nachzuweisen ist.

Bei Durchflusstests ist ein System erforderlich, das kontinuierlich eine Stammlösung der Prüfsubstanz verdünnt (z. B. Dosierpumpe, Proportionalverdünner, Sättigungsvorrichtung), um die Testkonzentrationen den Testkammern zuzuführen. Die Durchflussgeschwindigkeiten der Stammlösungen und des Verdünnungswassers sind während des Testverlaufs in bestimmten Abständen, vorzugsweise täglich, zu prüfen und sollten während der gesamten Testdauer um nicht mehr als 10 % schwanken. Ein Ringtest (2) hat ergeben, dass es bei Regenbogenforellen vertretbar ist, wenn während des Testverlaufs 6 Liter Wasser/g Fisch/Tag ausgetauscht werden (siehe 1.8.2.2).

Bei semistatischen (Erneuerungs-)Tests hängt die Häufigkeit der Erneuerung des Mediums von der Stabilität der Prüfsubstanz ab, doch wird eine tägliche Erneuerung des Wassers empfohlen. Hat sich bei vorherigen Stabilitätstests (siehe 1.4) gezeigt, dass die Konzentration der Prüfsubstanz während des Erneuerungszeitraums nicht stabil ist (d. h. nicht in einem Bereich von 80-120 % des Nominalwerts liegt oder auf weniger als 80 % der gemessenen Ausgangskonzentration abfällt), so ist die Verwendung eines Durchflusstests in Erwägung zu ziehen.

1.6.4.   Auswahl der Spezies

Empfohlen wird für diesen Test die Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss), da beim Ringtest mit dieser Spezies die meisten Erfahrungen gesammelt wurden (1) (3). Es kommen auch andere gut dokumentierte Spezies in Frage, wobei jedoch das Testverfahren möglicherweise abgewandelt werden muss, um geeignete Testbedingungen zu schaffen. Beispielsweise liegen auch Erfahrungen mit dem Zebrabärbling (Danio rerio) (4)(5) und dem Reiskärpfling (Medaka, Oryzias latipes) (6) (7) (8) vor. Die Gründe für die Auswahl der Spezies und der Versuchsmethode sind in diesem Fall genau zu dokumentieren.

1.6.5.   Haltung der Fische

Die Versuchsfische sind aus einer Population eines einzelnen Stammes — vorzugsweise vom selben Laich — auszuwählen, die im Hinblick auf Wasserqualität und Beleuchtung vor dem Test mindestens zwei Wochen lang unter ähnlichen Bedingungen gehalten wurde, wie sie beim Test verwendet werden. Sie werden während der gesamten Dauer der Haltung und während des Tests mit einer Futtermenge von mindestens 2 %, vorzugsweise aber 4 %, ihres Körpergewichts gefüttert.

Nach einer 48-stündigen Eingewöhnungsphase wird die Mortalität festgehalten, wobei folgende Kriterien gelten:

Mortalität größer als 10 % der Population in sieben Tagen: Austausch aller Fische;

Mortalität zwischen 5 und 10 % der Population in sieben Tagen: weitere sieben Tage Akklimatisation; wenn die Mortalität innerhalb der folgenden sieben Tage bei mehr als 5 % liegt: Austausch des gesamten Besatzes;

Mortalität weniger als 5 % der Population in sieben Tagen: Verwendung aller Fische für den Test.

Die Fische sollen zwei Wochen vor dem Test und während des Tests nicht wegen irgendwelcher Erkrankungen behandelt werden.

1.7.   VERSUCHSAUFBAU

Unter „Versuchsaufbau“ sind die gewählte Anzahl und der Abstand der Testkonzentrationen, die Anzahl der Prüfgefäße je Konzentration und die Anzahl der Fische je Gefäß zu verstehen. Nach Möglichkeit sollte die Auswahl der Versuchsanordnung anhand folgender Kriterien erfolgen:

a) Ziel der Studie;

b) vorgesehene Methode der statistischen Analyse;

c) Verfügbarkeit und Kosten der experimentellen Ressourcen.

In der Erklärung zur Zielsetzung ist nach Möglichkeit die statistische Trennschärfe anzugeben, mit der ein Unterschied bestimmter Größenordnung (z. B. in der Wachstumsrate) nachgewiesen werden soll; wahlweise kann die Genauigkeit angegeben werden, mit der ECX (z. B. x = 10, 20 oder 30, vorzugsweise nicht unter 10) ermittelt werden soll. Ohne diese ist keine feste Angabe zum Umfang der Studie nicht möglich.

Es ist zu beachten, dass ein Versuchsaufbau, der für eine bestimmte Methode der statistischen Analyse optimal ist (d. h. die bestmögliche Nutzung der Ressourcen gestattet), dies nicht unbedingt auch für eine andere Methode sein muss. Daher wird für die Ermittlung der LOEC/NOEC nicht derselbe Aufbau empfohlen wie für die Regressionsanalyse.

Aus Gründen, die von Stephan und Rogers (9) erörtert werden, ist in den meisten Fällen die Regressionsanalyse der Varianzanalyse vorzuziehen. Falls jedoch kein geeignetes Regressionsmodell zur Verfügung steht (r2 < 0,9), ist die NOEC/LOEC zu verwenden.

1.7.1.   Versuchsaufbau für die Regressionsanalyse

Bei der Planung eines Tests, der mittels Regressionsanalyse ausgewertet werden soll, ist Folgendes zu beachten:

a) Die im Test verwendeten Konzentrationen müssen in jedem Falle die Wirkungskonzentration (z. B. EC10,20,30) und den Konzentrationsbereich, in dem die Wirkung der Prüfsubstanz von Interesse ist, einschließen. Bei der Bestimmung von Wirkungskonzentrationen wird die größte Genauigkeit dann erzielt, wenn die Wirkungskonzentration in der Mitte des Bereichs der getesteten Konzentrationen liegt. Ein Vorversuch kann die Auswahl geeigneter Testkonzentrationen erleichtern.

b) Im Interesse einer zufrieden stellenden statistischen Modellierung sind bei dem Test mindestens ein Kontrollansatz und fünf weitere Gefäße mit unterschiedlichen Konzentrationen zu verwenden. Gegebenenfalls ist bei Verwendung eines Lösungsvermittlers zusätzlich zur Testreihe ein Kontrollansatz mitzuführen, der den Lösungsvermittler in der höchsten eingesetzten Konzentration enthält (siehe 1.8.3 und 1.8.4).

c) Es kann eine geeignete geometrische Reihe oder logarithmische Reihe (10) (siehe Anlage 3) verwendet werden. Ein logarithmischer Abstand zwischen den Testkonzentrationen ist zu bevorzugen.

d) Stehen mehr als sechs Prüfgefäße zur Verfügung, so sind die überzähligen Gefäße entweder für Paralleltests zu verwenden oder so über den Konzentrationsbereich zu verteilen, dass sich der Abstand zwischen den Konzentrationen verringert. Beide Maßnahmen sind gleichermaßen zu empfehlen.

1.7.2.   Versuchsaufbau für die Bestimmung der NOEC/LOEC mittels Varianzanalyse

Vorzugsweise sollten bei allen Konzentrationen Parallelansätze vorhanden sein, und die statistische Analyse sollte für die einzelnen Prüfgefäße vorgenommen werden (11). Ohne Parallelansätze ist es nicht möglich, die Variabilität zwischen den Prüfgefäßen über das auf die einzelnen Fische zurückzuführende Maß hinaus zu berücksichtigen. Bei einer Untersuchung (12) wurde jedoch die Erfahrung gemacht, dass die Variabilität zwischen den Gefäßen im Vergleich zur Variabilität innerhalb der Prüfgefäße (d. h. zwischen den Fischen) sehr gering war. Daher besteht eine durchaus vertretbare Alternative darin, eine statistische Analyse für die einzelnen Fische vorzunehmen.

In der Regel werden mindestens fünf Testkonzentrationen in einer geometrischen Reihe verwendet, wobei der Faktor vorzugsweise nicht größer als 3,2 ist.

Wird der Test mit Parallelansätzen durchgeführt, so gilt im Allgemeinen, dass die Zahl der zur Kontrolle verwendeten Parallelgefäße und damit die Zahl der Fische jeweils doppelt so groß sein soll wie bei den einzelnen Testkonzentrationen, bei denen die Zahl wiederum jeweils gleich sein soll (13) (14) (15). Werden dagegen keine Parallelgefäße verwendet, so soll die Zahl der Fische in der jeweiligen Kontrollgruppe mit der Zahl der Fische in der jeweiligen Testkonzentration übereinstimmen.

Wenn die Varianzanalyse für die Prüfgefäße und nicht auf die einzelnen Fische bezogen durchgeführt werden soll (wobei Letzteres entweder eine Markierung der einzelnen Fische oder die Verwendung „pseudo“-spezifischer Wachstumsraten voraussetzen würde (siehe 2.1.2)), müssen so viele Prüfgefäße für Paralleltests vorhanden sein, dass die Standardabweichung der „Gefäße innerhalb der einzelnen Konzentrationen“ bestimmt werden kann. Dies bedeutet, dass die Freiheitsgrade für Fehler in der Varianzanalyse mindestens 5 (11) betragen sollten. Bei alleiniger Replikation der Kontrollen besteht die Gefahr einer Beeinflussung der Fehlervariabilität, da sie zusammen mit dem mittleren Wert der fraglichen Wachstumsrate ansteigen kann. Da die Wachstumsrate aller Wahrscheinlichkeit nach mit steigender Konzentration abnimmt, hat dies zur Folge, dass die Variabilität zu hoch eingeschätzt wird.

1.8.   VERFAHREN

1.8.1.   Auswahl und Wiegen der Versuchsfische

Zu Beginn des Tests kommt es darauf an, die Unterschiede im Gewicht der Fische möglichst gering zu halten. In Anlage 1 werden geeignete Größenbereiche für die einzelnen Spezies angegeben, deren Verwendung in diesem Test empfohlen wird. Beim gesamten im Test verwendeten Fischbesatz sollen die Unterschiede im Gewicht der einzelnen Fische am Anfang des Tests möglichst nicht mehr als ± 10 % des arithmetischen Mittels betragen und in keinem Falle 25 % übersteigen. Es wird empfohlen, vor dem Test zwecks Bestimmung des mittleren Gewichts eine Teilstichprobe von Fischen zu wiegen.

Die Fütterung der Stammpopulation ist in den 24 Stunden vor dem Test auszusetzen Anschließend erfolgt eine Zufallsauswahl der Fische. Unter Verwendung eines allgemeinen Anästhetikums (z. B. einer wässrigen Lösung von 100 mg/l Tricainmethansulphonat (MS 222), die durch Zugabe von zwei Teilen Natriumhydrogencarbonat pro Teil MS 222 neutralisiert wird), werden die (trockengetupften) Fische einzeln gewogen, um das Feuchtgewicht mit der in Anlage 1 angegebenen Genauigkeit zu ermitteln. Diejenigen Fische, deren Gewicht innerhalb des ausgewählten Bereichs liegt, sind verwendbar und werden willkürlich auf die Testbehältnisse aufgeteilt. Das Gesamtfeuchtgewicht der Fische in jedem Testbehältnis ist festzuhalten. Die Verwendung eines Anästhetikums und die Handhabung der Fische (darunter das Trockentupfen und Wiegen) können bei den Jungfischen Stress und Verletzungen hervorrufen, was insbesondere für kleinwüchsige Spezies gilt. Daher sind die Jungfische mit äußerster Vorsicht zu behandeln, um eine Belastung und Verletzung der Versuchstiere zu vermeiden.

Am 28. Tag des Tests werden die Fische erneut gewogen (siehe 1.8.6). Wird jedoch eine neuerliche Berechnung der Futterration für notwendig erachtet, können die Fische am 14. Tag des Tests erneut gewogen werden (siehe 1.8.2.3). Es können auch andere Methoden wie beispielsweise die fotografische Längenmessung verwendet werden, um Größenänderungen bei den Fischen zu ermitteln, auf deren Grundlage die Futterrationen angepasst werden.

1.8.2.   Expositionsbedingungen

1.8.2.1.   Dauer

Die Testdauer beträgt 28 Tage.

1.8.2.2.   Besatzrate und Besatzdichte

Wichtig ist, dass die Besatzrate und Besatzdichte der jeweils verwendeten Testspezies angepasst sind (siehe Anlage 1). Die bei einer zu hohen Besatzdichte entstehende Enge ruft Stress hervor, der eine Verringerung der Wachstumsrate und unter Umständen Erkrankungen zur Folge haben kann. Eine zu niedrige Besatzdichte kann Auslöser für Revierverhalten sein, wodurch ebenfalls das Wachstum beeinträchtigt werden kann. In jedem Falle sollte die Besatzrate so niedrig sein, dass ohne Belüftung eine Konzentration an gelöstem Sauerstoff von mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts aufrechterhalten werden kann. Ein Ringtest (3) hat ergeben, dass bei Regenbogenforellen eine Besatzrate von 16 Forellen von 3-5 g auf jeweils 40 Liter vertretbar ist. Es wird empfohlen, für die Dauer des Tests 6 l Wasser/g Fisch/Tag auszutauschen.

1.8.2.3.   Fütterung

Die Fische sind mit geeignetem Futter (Anlage 1) in einer Menge zu füttern, die eine annehmbare Wachstumsrate ermöglicht. Das Wachstum von Mikroorganismen sowie Wassertrübungen sind sorgfältig zu vermeiden. Bei Regenbogenforellen dürfte dies mit einer täglichen Futterration von 4 % des Körpergewichts zu erreichen sein (3) (16) (17) (18). Die Tagesration kann in zwei gleiche Teile aufgeteilt und den Fischen in zwei Fütterungen pro Tag im Abstand von mindestens fünf Stunden verabreicht werden. Die Ration richtet sich nach dem jeweiligen Gesamt-Ausgangsgewicht der Fische in den einzelnen Testbehältnissen. Werden die Fische am 14. Tag erneut gewogen, so erfolgt die Neuberechnung der Ration zu diesem Zeitpunkt. Die Fütterung ist 24 Stunden vor dem Wiegen auszusetzen.

Nicht gefressenes Futter und Exkremente werden täglich vom Boden der Prüfgefäße sorgfältig abgesaugt.

1.8.2.4.   Licht und Temperatur

Fotoperiode und Wassertemperatur sind der Testspezies anzupassen (Anlage 1).

1.8.3.   Testkonzentrationen

Normalerweise werden unabhängig vom Testaufbau fünf Konzentrationen der Prüfsubstanz benötigt (siehe 1.7.2). Eine vorherige Bestimmung der Toxizität der Prüfsubstanz (z. B. durch Akuttests und/oder einen Vorversuch zur Ermittlung eines geeigneten Konzentrationsbereichs) erleichtert die Auswahl der Testkonzentrationen. Werden weniger als fünf Konzentrationen verwendet, so ist dies zu begründen. Die höchste getestete Konzentration darf die Löslichkeitsgrenze der Substanz in Wasser nicht überschreiten.

Wird ein Lösungsvermittler verwendet, so soll dessen Konzentration nicht mehr als 0,1 ml/l betragen und vorzugsweise in allen Testbehältnissen identisch sein (siehe 1.6.3). Die Verwendung solcher Stoffe sollte allerdings möglichst vermieden werden.

1.8.4.   Kontrollen

Die Zahl der mit Verdünnungswasser vorgenommenen Kontrollen ist vom Testaufbau abhängig (siehe 1.7-1.7.2). Bei Verwendung eines Lösungsvermittlers sind mit diesem ebenso viele Kontrollen durchzuführen wie mit dem Verdünnungswasser.

1.8.5.   Häufigkeit der analytischen Bestimmungen und Messungen

Für die Dauer des Tests werden die Konzentrationen der Prüfsubstanz in regelmäßigen Abständen bestimmt (siehe unten).

Beim Durchflusstest sind die Durchflussgeschwindigkeiten des Verdünnungswassers und der Stammlösungen des Giftstoffs in regelmäßigen Abständen — vorzugsweise täglich — zu überprüfen und dürfen während der gesamten Testdauer um höchstens 10 % schwanken. Ist damit zu rechnen, dass die Konzentrationen der Prüfsubstanz um höchstens ± 20 % des Nominalwerts schwanken (d. h. im Bereich von 80-120 % liegen; siehe 1.6.2 und 1.6.3), so wird empfohlen, mindestens die höchste und die niedrigste Testkonzentration zu Beginn des Tests und danach in wöchentlichen Abständen zu analysieren. Ist bei einem Test (aufgrund der Stabilitätsdaten der Prüfsubstanz) nicht damit zu rechnen, dass die Konzentration der Prüfsubstanz um höchstens ± 20 % des Nominalwertes schwankt, müssen sämtliche Testkonzentrationen analysiert werden, wobei dieselbe Vorgehensweise anzuwenden ist.

Ist bei einem semistatischen (Erneuerungs-)Test damit zu rechnen, dass die Konzentration der Prüfsubstanz um höchstens ± 20 % des Nominalwerts schwankt, so wird empfohlen, mindestens die höchste und die niedrigste Testkonzentration zu Beginn der Studie sofort nach der Zubereitung und unmittelbar vor der Erneuerung sowie anschließend wöchentlich zu analysieren. Ist bei einem Test nicht damit zu rechnen, dass die Konzentration der Prüfsubstanz um höchstens ± 20 % des Nominalwerts schwankt, müssen sämtliche Testkonzentrationen analysiert werden, wobei dieselbe Vorgehensweise anzuwenden ist wie bei den stabileren Substanzen.

Es wird empfohlen, bei der Berechnung der Ergebnisse von den gemessenen Konzentrationen auszugehen. Liegen jedoch Nachweise dafür vor, dass die Konzentration der gelösten Prüfsubstanz für die Dauer des gesamten Tests in zufrieden stellender Weise in einem Bereich von + 20 % des Nominalwertes oder der gemessenen Ausgangskonzentration gehalten wurde, kann vom Nennwert oder vom gemessenen Wert ausgegangen werden.

Es kann erforderlich sein, die Proben zu filtrieren (z. B. unter Verwendung einer Porengröße von 0,45 μm) oder zu zentrifugieren. Das empfohlene Verfahren ist die Zentrifugation. Allerdings ist auch die Filtration zulässig, sofern es nicht zur Adsorption des Testmaterials am Filter kommt.

Während des Tests sind in allen Testbehältnissen der gelöste Sauerstoff, der pH-Wert und die Temperatur zu messen. In den Kontrollgefäßen und einem Prüfgefäß mit der höchsten Konzentration sind die Gesamthärte, -alkalität und -salinität (falls zutreffend) zu messen. Der gelöste Sauerstoff und die Salinität (falls zutreffend) sind mindestens dreimal zu messen (zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Tests). Bei semistatischen Tests wird empfohlen, den gelösten Sauerstoff häufiger zu messen, vorzugsweise vor und nach jedem Wasseraustausch, mindestens aber einmal wöchentlich. Der pH-Wert ist beim semistatischen Test zu Beginn und Ende jedes Wasseraustauschs und beim Durchflusstest mindestens wöchentlich zu messen. Härte und Alkalität sind bei jedem Test je einmal zu messen. Die Temperatur sollte vorzugsweise in mindestens einem Testgefäß fortlaufend überwacht werden.

1.8.6.   Anmerkungen

Gewicht: Am Ende des Tests sind alle überlebenden Fische zur Ermittlung des Feuchtgewichts (trockengetupft) entweder als Gruppe je Testgefäß oder einzeln zu wiegen. Das Wiegen der Tiere je Testgefäß ist zu bevorzugen, da das individuelle Wiegen eine vorherige individuelle Kennzeichnung der Fische erfordern würde. Werden die Fische einzeln gewogen, um ihre individuellen spezifischen Wachstumsraten zu ermitteln, so sollte die Kennzeichnungsmethode die Tiere möglichst wenig belasten (eventuell kommen Alternativen zum Gefrierbrand in Frage, z. B. die Verwendung von dünner farbiger Angelschnur).

Für die Dauer des Tests sind die Fische täglich zu untersuchen und jegliche äußerliche Abnormitäten (wie Blutungen, Verfärbungen) und abnorme Verhaltensweisen aufzuzeichnen. Die Mortalität ist festzuhalten, und tote Fische sind so schnell wie möglich zu entfernen. Tote Fische werden nicht ersetzt, da die Besatzrate und Besatzdichte so gewählt sind, dass Änderungen in der Zahl der Fische je Prüfgefäß keine Auswirkungen auf das Wachstum haben. Es ist jedoch eine Anpassung der Futtermenge erforderlich.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   BEHANDLUNG DER ERGEBNISSE

Es wird die Mitwirkung eines Statistikers bei der Festlegung des Testaufbaus wie auch bei der Analyse der Testergebnisse empfohlen, da die Versuchsanordnungen bei dieser Testmethode stark variieren können, so beispielsweise was die Zahl der Testkammern, der Testkonzentrationen, der Fische usw. anbelangt. In Anbetracht der verschiedenen Möglichkeiten des Testaufbaus wird hier auf eine konkrete Anleitung zum statistischen Verfahren verzichtet.

Für Testgefäße, in denen die Mortalität 10 % übersteigt, werden keine Wachstumsraten berechnet. Dennoch sind die Mortalitätsraten für sämtliche Testkonzentrationen anzugeben.

Das Grundkonzept bei sämtlichen Analysemethoden ist die Ermittlung der spezifischen Wachstumsrate r zwischen Zeitpunkt t1 und Zeitpunkt t2. Diese kann in Abhängigkeit davon, ob die Fische einzeln gekennzeichnet sind oder ob ein Durchschnittswert je Prüfgefäß errechnet werden muss, unterschiedlich definiert werden.

Formula

Formula

Formula

wobei

r1

=

individuelle spezifische Wachstumsrate des Fisches

r2

=

durchschnittliche spezifische Wachstumsrate je Gefäß

r3

=

„pseudo“-spezifische Wachstumsrate

w1, w2

=

Gewicht eines bestimmten Fisches zum Zeitpunkt t1 bzw. t2

loge w1

=

Logarithmus des Gewichts eines einzelnen Fisches am Anfang des Untersuchungszeitraums

loge w2

=

Logarithmus des Gewichts eines einzelnen Fisches am Ende des Untersuchungszeitraums

loge W1

=

Durchschnitt der Logarithmen der Werte w1 für die Fische im Gefäß am Anfang des Untersuchungszeitraums

loge W2

=

Durchschnitt der Logarithmen der Werte w2 für die Fische im Gefäß am Ende des Untersuchungszeitraums

t1, t2

=

Zeitpunkt (Tage) am Anfang und Ende des Untersuchungszeitraumes

r1, r2, r3 kann für den Zeitraum von 0-28 Tagen und gegebenenfalls (d. h. wenn am 14. Tag eine Messung erfolgt) für die Zeiträume von 0-14 und 14-28 Tagen berechnet werden.

2.1.1.   Analyse der Ergebnisse mittels Regression (Konzentrations-Wirkungs-Modell)

Diese Analysemethode stellt eine geeignete mathematische Beziehung zwischen der spezifischen Wachstumsrate und der Konzentration her und ermöglicht damit die Bestimmung von „ECX“, d. h. eines beliebigen gewünschten EC-Wertes. Bei Verwendung dieser Methode ist die Berechnung von r für den einzelnen Fisch (r1) nicht notwendig, vielmehr kann bei der Analyse vom Durchschnitt je Gefäß (r2) ausgegangen werden. Letztere Methode wird bevorzugt. Im Falle sehr kleiner Spezies ist sie auch besser geeignet.

Zur Untersuchung der Beziehung zwischen Konzentration und Wirkung werden die durchschnittlichen spezifischen Wachstumsraten je Gefäß (r2) grafisch als Funktion der Konzentration dargestellt.

Für die Darstellung der Beziehung zwischen r2 und Konzentration ist ein geeignetes Modell zu wählen, und die Auswahl ist angemessen zu begründen.

Ist die Zahl der überlebenden Fische in den einzelnen Prüfgefäß unterschiedlich, ist das Verfahren der Modellanpassung, ob einfach oder nichtlinear, zwecks Berücksichtigung der ungleichen Gruppengrößen zu gewichten.

Die Methode der Modellanpassung muss beispielsweise eine Schätzung der EC20 und ihrer Streuung (entweder Standardfehler oder Vertrauensintervall) ermöglichen. Die Abbildung des angepassten Modells ist im Verhältnis zu den Daten zu zeigen, um die Eignung der Anpassung zu verdeutlichen (9) (19) (20) (21).

2.1.2.   Analyse der Ergebnisse zur Bestimmung der LOEC

Waren bei dem Test auf allen Konzentrationsstufen Parallelgefäße vorhanden, so kann die LOEC mittels Varianzanalyse der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate je Gefäß bestimmt werden (siehe 2.1), wonach der Durchschnitt r bei jeder Konzentration anhand einer geeigneten Methode (z. B. Dunnett-Test oder Williams-Test (13) (14) (15) (22)) mit dem Durchschnitt r der Kontrollgruppen verglichen wird, um die geringste Konzentration zu ermitteln, bei der der Unterschied mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,05 signifikant ist. Sind die Voraussetzungen für eine parametrische Methode nicht gegeben (durch Nichtnormalverteilung (z. B. Shapiro-Wilk-Test) oder heterogene Varianzen (Bartlett-Test)), so sollte vor der Varianzanalyse zwecks Homogenisierung der Varianzen eine Transformation der Daten erfolgen oder aber eine gewichtete Varianzanalyse durchgeführt werden.

Waren nicht bei jeder Konzentration Parallelgefäße vorhanden, ist eine von den einzelnen Gefäßen ausgehende Varianzanalyse unempfindlich oder nicht möglich. In diesem Falle besteht eine annehmbare Kompromisslösung darin, bei der Varianzanalyse die „pseudo“-spezifische Wachstumsrate r3 für die einzelnen Fische zu verwenden.

Der Durchschnitt r3 für die einzelnen Testkonzentrationen kann dann mit dem Durchschnitt r3 für die Kontrollgruppen verglichen werden. Anschließend wird die LOEC wie oben ermittelt. Zu beachten ist, dass es bei dieser Methode nicht möglich ist, die Variabilität zwischen den Prüfgefäßen über das auf die einzelnen Fische zurückzuführende Maß hinaus zu berücksichtigen oder sich in dieser Hinsicht abzusichern. Es wurde jedoch die Erfahrung gemacht (9), dass die Variabilität zwischen den Gefäßen im Vergleich zur Variabilität innerhalb der Gefäße (d. h. zwischen den Fischen) sehr gering war. Werden keine einzelnen Fische in die Analyse einbezogen, so ist die verwendete Methode zur Ermittlung von Ausreißern anzugeben und zu begründen.

2.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren, wenn die gemessenen Substanzkonzentrationen in den Testlösungen nahe an der Nachweisgrenze des Analyseverfahrens liegen bzw. wenn bei semistatischen Tests die Konzentration der Prüfsubstanz in der Zeit zwischen der Zubereitung und der Erneuerung abnimmt.

2.3.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Angaben enthalten:

2.3.1.   Prüfsubstanz:

physikalischer Zustand und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;

chemische Kenndaten einschließlich Reinheitsgrad und gegebenenfalls Analyseverfahren zur Quantifizierung der Prüfsubstanz.

2.3.2.   Testspezies:

wissenschaftliche Bezeichnung (nach Möglichkeit):

Stamm, Größe, Herkunft, eventuelle Vorbehandlungen usw.

2.3.3.   Prüfbedingungen:

verwendetes Prüfverfahren (z. B. semistatisch/Erneuerung. Durchflussverfahren, Besatz. Besatzdichte usw.);

Versuchsaufbau (z. B. Zahl der Testgefäße, der Testkonzentrationen und der Parallelansätze, Zahl der Fische pro Gefäß);

Methode der Zubereitung der Stammlösungen und Erneuerungshäufigkeit (falls verwendet, müssen Angaben zum Lösungsvermittler und seiner Konzentration gemacht werden);

die nominellen Testkonzentrationen, der Durchschnitt der gemessenen Werte und deren Standardabweichungen in den Testgefäßen sowie das Verfahren, durch das diese ermittelt wurden; Nachweise dafür, dass sich die Messungen auf die Konzentrationen der Prüfsubstanz in echter Lösung beziehen;

Eigenschaften des Verdünnungswassers: pH-Wert, Härte, Alkalität, Temperatur, Konzentration des gelösten Sauerstoffs, Restchlor (falls gemessen), gesamter organischer Kohlenstoff, suspendierte Feststoffe, Salinität des Testmediums (falls gemessen) sowie alle sonstigen durchgeführten Messungen;

Wasserqualität innerhalb der Testgefäße: pH-Wert, Härte, Temperatur und Konzentration des gelösten Sauerstoffs;

ausführliche Angaben zur Fütterung (z. B. Art des Futters, Herkunft, Fütterungsmenge und -häufigkeit).

2.3.4.   Ergebnisse:

Nachweis dafür, dass die Kontrollgruppen die Validitätskriterien für das Überleben erfüllen, sowie Daten zur Mortalität bei allen Testkonzentrationen;

verwendete statistische Analysemethoden, statistische Angaben auf der Basis von Parallelgefäßen oder ein zelnen Fischen, Aufbereitung der Daten und Begründung der verwendeten Methoden;

tabellarische Angaben zum individuellen und durchschnittlichen Gewicht der Fische an den Tagen 0, 14 (falls gemessen) und 28, Werte für durchschnittliche spezifische Wachstumsraten je Gefäß oder (gegebenenfalls) pseudo-spezifische Wachstumsraten für den Zeitraum 0-28 Tage bzw. 0-14 und 14-28 Tage;

Ergebnisse der statistischen Analyse (d. h. Regressionsanalyse oder Varianzanalyse), vorzugsweise in tabellarischer und grafischer Form, sowie LOEC (p = 0,05) und NOEC oder nach Möglichkeit ECX, gegebenenfalls mit Standardfehlern;

festgestellte ungewöhnliche Reaktionen der Fische und erkennbare Auswirkungen der Prüfsubstanz.

3.   LITERATUR

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(22)

Williams D. A. (1972). The comparison of several dose levels with a zero dose control. Biometrics 28, 510-531.

Anlage 1

FÜR DIE PRÜFUNG EMPFOHLENE FISCHSPEZIES UND GEEIGNETE PRÜFBEDINGUNGEN

Spezies

Empfohlener Testtemperaturbereich

oC)

Fotoperiode

(Stunden)

Empfohlener Bereich für das erforderliche Ausgangsgewicht der Fische

Messgenauigkeit

(g)

Besatzrate

(g/l)

Besatzdichte

(pro Liter)

Futter

Testdauer

(Tage)

Empfohlene Spezies

 

 

 

 

 

 

 

 

Oncorhynchus mykiss

Regenbogenforelle

12,5-16,0

12-16

1-5

Auf 100 mg genau

1,2-2,0

4

Marken-Trockenfutter für Salmonidenbrut

> 28

Sonstige gut dokumentierte Spezies

 

 

 

 

 

 

 

 

Danio rerio

Zebrabärbling

21-25

12-16

0,050-0,100

Auf 1 mg genau

0,2-1,0

5-10

Lebendfutter (Brachionus Artemia)

> 28

Oryzias latipes

Reiskärpfling (Medaka)

21-25

12-16

0,050-0,100

Auf 1 mg genau

0,2-1,0

5-20

Lebendfutter (Brachionus Artemia)

> 28

Anlage 2

EINIGE CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN VON GEEIGNETEM VERDÜNNUNGSWASSER

Substanz

Konzentrationen

Schwebstoffe

< 20 mg/l

Gesamter organischer Kohlenstoff

< 2 mg/l

Nichtionisiertes Ammoniak

< 1 μg/l

Restchlorgehalt

< 10 μg/l

Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden

< 50 ng/l

Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden und polychlorierten Biphenylen

< 50 ng/l

Gesamtgehalt an organischem Chlor

< 25 ng/l

Anlage 3

Logarithmische Reihe geeigneter Konzentrationen für den Toxizitätstest (9)

Spalte (Anzahl der Konzentrationen zwischen 100 und 10 oder zwischen 10 und 1) (21)

1

2

3

4

5

6

7

100

100

100

100

100

100

100

32

46

56

63

68

72

75

10

22

32

40

46

52

56

3,2

10

18

25

32

37

42

1,0

4,6

10

16

22

27

32

 

2,2

5,6

10

15

19

24

 

1,0

3,2

6,3

10

14

18

 

 

1,8

4,0

6,8

10

13

 

 

1,0

2,5

4,6

7,2

10

 

 

 

1,6

3,2

5,2

7,5

 

 

 

1,0

2,2

3,7

5,6

 

 

 

 

1,5

2,7

4,2

 

 

 

 

1,0

1,9

3,2

 

 

 

 

 

1,4

2,4

 

 

 

 

 

1,0

1,8

 

 

 

 

 

 

1,3

 

 

 

 

 

 

1,0

C.15.   FISCHE, KURZFRISTIGE TOXIZITÄTSPRÜFUNG AN EMBRYONEN UND JUNGFISCHEN MIT DOTTERSACK

1.   METHODE

Diese Methode zur kurzfristigen Toxizitätsprüfung entspricht der OECD TG 212 (1998).

1.1.   EINLEITUNG

Diese kurzfristige Toxizitätsprüfung an Fischembryonen und Jungfischen mit Dottersack stellt eine kurzfristige Prüfung dar, bei der die Entwicklungsstadien vom frisch befruchteten Ei bis zum Ende des Dottersackstadiums exponiert werden. Bei der Prüfung an Fischembryonen und Jungfischen mit Dottersack erfolgt keine Fütterung, daher sollte die Prüfung abgeschlossen sein, solange sich die Larven noch aus dem Dottersack ernähren.

Die Prüfung soll zur Ermittlung der letalen und — in gewissem Umfang — auch der subletalen Auswirkungen von Chemikalien auf die spezifischen Entwicklungsstadien und geprüften Fischarten dienen. Sie soll insofern nützliche Informationen liefern, als sie a) eine Brücke zwischen letalen und subletalen Prüfungen schlagen, b) als Screening-Test für eine Durchführung des vollständigen Early-Life-Stage-Tests oder für einen chronischen Toxizitätstest verwendet und c) für die Prüfung von Fischarten herangezogen werden könnte, bei denen die Zuchtverfahren noch nicht hinreichend weit entwickelt sind, um die Zeit der Umstellung von der endogenen auf die exogene Fütterung abzudecken.

Nicht vergessen werden sollte, dass nur Prüfungen, die alle Entwicklungsstadien von Fischen umfassen, im Allgemeinen eine korrekte Schätzung der chronischen Toxizität von Chemikalien für Fische ermöglichen und dass eine verkürzte Exposition in Bezug auf Entwicklungsstadien unter Umständen zu einer Herabsetzung der Empfindlichkeit und damit zu einer Unterschätzung der chronischen Toxizität führen kann. Es wird daher erwartet, dass die Empfindlichkeit bei der Prüfung an Fischembryonen und Jungfischen mit Dottersack geringer als in einer vollständigen Prüfung des frühen Entwicklungsstadiums ist, insbesondere bei Chemikalien mit einer hohen Lipophilizität (log Pow > 4) und Chemikalien mit einer spezifischen toxischen Wirkungsweise. Kleinere Unterschiede in der Empfindlichkeit zwischen zwei Tests dürften allerdings bei Chemikalien mit einer unspezifischen narkotischen Wirkungsweise (1) zu erwarten sein.

Vor der Veröffentlichung dieser Prüfung lagen die meisten Erfahrungen mit Fischembryonen und Dottersackjungfischen des Süßwasserfischs Danio rerio Hamilton-Buchanan (Teleostei, Cyprinidae — allgemeinsprachlicher Name: Zebrabärbling) vor. Detailliertere Angaben zur Versuchsdurchführung bei dieser Fischart finden sich daher in Anlage 1. Dadurch wird die Verwendung von anderen Fischarten, mit denen ebenfalls Erfahrungen vorliegen (Tabellen 1A und 1B), nicht ausgeschlossen.

1.2.   DEFINITIONEN

Lowest Observed Effect Concentration (LOEC): Dies ist die niedrigste geprüfte Konzentration einer Prüfsubstanz, bei der sich im Vergleich zu der Kontrolle eine signifikante Wirkung beobachten lässt (bei p < 0,05). Alle Prüfkonzentrationen oberhalb der LOEC müssen jedoch eine schädigende Wirkung haben, die gleich den bei der LOEC beobachteten Wirkungen oder größer als diese ist.

No Observed Effect Concentration (NOEC): Dies ist die Prüfkonzentration unmittelbar unterhalb der LOEC.

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Die Fischembryonen und Jungfische mit Dottersack werden einem Bereich von Konzentrationen der in Wasser gelösten Prüfsubstanz ausgesetzt. Im Rahmen des Protokolls kann zwischen einem semistatischen und einem Durchflussverfahren gewählt werden. Die Entscheidung über das Verfahren hängt dabei von der Art der Prüfsubstanz ab. Die Prüfung beginnt damit, dass befruchtete Eier in die Prüfkammern gesetzt werden, und sie endet, kurz bevor der Dottersack von Larven in einer der Prüfkammern vollständig aufgezehrt ist beziehungsweise bevor die Tiere in den Kontrollen zu verhungern anfangen. Letale und subletale Auswirkungen werden bewertet und mit Kontrollwerten zur Bestimmung der niedrigsten beobachteten Wirkkonzentration (LOEC) und damit auch der höchsten Konzentration ohne Wirkung (NOEC) verglichen. Alternativ können sie auch mit Hilfe eines Regressionsmodells analysiert werden, um die Konzentrationen zu schätzen, die zu einer Wirkung mit einem bestimmten prozentualen Anteil führen würden (d. h. LC/ECx, wobei x für den prozentualen Anteil, der von der Wirkung betroffen ist, steht).

1.4.   INFORMATIONEN ÜBER DIE PRÜFSUBSTANZ

Ergebnisse einer akuten Toxizitätsprüfung (siehe Methode C.1), die möglichst an der für diese Prüfung gewählten Fischart durchgeführt wurde, sollten zur Verfügung stehen. Die Ergebnisse können bei der Auswahl eines geeigneten Bereichs an Prüfkonzentrationen bei der Prüfung in den frühen Entwicklungsstadien hilfreich sein. Die Wasserlöslichkeit (einschließlich Löslichkeit im Prüfwasser) und der Dampfdruck der Prüfsubstanz sollten bekannt sein. Ein zuverlässiges analytisches Verfahren für die Quantifizierung der Substanz in den Prüflösungen mit bekannter und protokollierter Genauigkeit und Nachweisgrenze sollte verfügbar sein.

Zu den Informationen über die Prüfsubstanz, die bei der Festlegung der Prüfbedingungen von Nutzen sein können, gehören die Strukturformel, die Reinheit der Substanz, die Lichtstabilität, die Stabilität unter den Versuchsbedingungen, pKa, Pow und die Ergebnisse einer Prüfung zur leichten biologischen Abbaubarkeit (siehe Methode C.4).

1.5.   VALIDITÄTSKRITERIEN

Damit die Validität einer Prüfung gegeben ist, gelten die folgenden Bedingungen:

Die gesamte Überlebensrate von befruchteten Eiern in den Kontrollen und, soweit zutreffend, in den Gefäßen, in denen sich ausschließlich Lösemittel befindet, muss größer oder gleich den in den Anlagen 2 und 3 definierten Grenzwerten sein.

Die Konzentration an gelöstem Sauerstoff muss während der gesamten Prüfung zwischen 60 und 100 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes liegen.

Die Wassertemperatur darf zwischen den Prüfkammern oder zwischen aufeinander folgenden Tagen zu keiner Zeit während der Prüfung um mehr als ±1,5 oC schwanken und sollte innerhalb der für die geprüfte Fischart festgelegten Temperaturbereiche liegen (Anlagen 2 und 3).

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Prüfkammern

Verwendet werden können beliebige Gefäße aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Werkstoff. Die Abmessungen der Gefäße sollten der Besatzrate entsprechend groß genug sein (siehe 1.7.1.2). Es wird empfohlen, die Prüfkammern nach dem Zufallsprinzip in dem Prüfbereich anzuordnen. Einem randomisierten Blockkonzept, bei dem jede Behandlung in jedem Block vorhanden ist, ist der Vorzug vor einem vollständig randomisierten Konzept zu geben, wenn systemische Wirkungen in der Prüfeinrichtung vorhanden sind, die durch die Blockbildung kontrolliert werden können. Der Blockbildung sollte, sofern sie zum Tragen kommt, bei der anschließenden Datenauswertung Rechnung getragen werden. Die Prüfkammern sind vor ungewollten Störungen zu schützen.

1.6.2.   Auswahl der Fischarten

Empfohlene Fischarten werden in Tabelle 1A genannt. Dies schließt die Verwendung anderer Fischarten (Beispiele hierzu finden sich in Tabelle 1B) zwar nicht aus, doch ist das Prüfverfahren unter Umständen anzupassen, um geeignete Prüfbedingungen zu schaffen. In diesem Fall sollten die Beweggründe für die Auswahl der Fischart und das Versuchsverfahren protokolliert werden.

1.6.3.   Haltung der Zuchtfische

Nähere Angaben, wie man die Zuchtfische unter zufriedenstellenden Bedingungen hält, lassen sich in der OECD TG 210 (22) und in den Literaturhinweisen (2) (3) (4) (5) (6) finden.

1.6.4.   Handhabung von Embryonen und Larven

Embryonen und Larven können innerhalb des Hauptgefäßes in kleineren Behältern exponiert werden, die mit Siebseiten oder -enden versehen sind, damit die Prüflösung durch das Gefäß hindurchfließen kann. Einen wirbelfreien Durchfluss durch diese kleinen Gefäße kann man dadurch herbeiführen, dass man diese an einen Arm aufhängt, der das Gefäß auf- und abbewegt, dabei jedoch die Organismen immer mit der Prüflösung bedeckt hält; ebenfalls verwendet werden kann ein Siphonspülsystem. Befruchtete Eier von Salmonidfischen können auf Einschüben oder Gittern gehältert werden, deren Öffnungen groß genug sind, so dass die Larven nach dem Schlüpfen hindurch fallen können. Pasteurpipetten eignen sich, um die Embryonen und Larven in den semistatischen Prüfungen mit vollständigem täglichem Wechsel des Prüfmediums zu entfernen (siehe 1.6.6).

Werden Eierbehälter, Gitter oder Siebe verwendet, um die Eier innerhalb des Hauptprüfgefäßes zu halten, sollten diese Rückhaltevorrichtungen nach dem Schlüpfen der Larven entfernt werden (22); Siebe sollten nur bleiben, um die Fische an der Flucht zu hindern. Sofern die Larven umgesetzt werden müssen, sollten sie nicht der Luft ausgesetzt werden, und es sollten keine Netze verwendet werden, um Fische aus Eierbehältern herauszuholen (derartige Vorsicht ist bei weniger anfälligen Arten wie beispielsweise Karpfen gegebenenfalls nicht erforderlich). Der Zeitpunkt für diese Umsetzung ist von Art zu Art unterschiedlich, und ein Umsetzen ist auch nicht immer erforderlich. Für das semistatische Verfahren können Bechergläser oder flache Behälter verwendet werden, die bei Bedarf mit einem leicht über dem Boden des Becherglases erhöhten Sieb versehen sind. Ist das Fassungsvermögen dieser Behälter für die Besatzanforderungen (siehe 1.7.1.2) ausreichend, brauchen die Embryonen oder Larven gegebenenfalls nicht umgesetzt zu werden.

1.6.5.   Wasser

Jedes Wasser, das die chemischen Eigenschaften eines annehmbaren Verdünnungswassers entsprechend der Auflistung in Anlage 4 erfüllt und bei dem die zu prüfende Fischart eine Kontrollüberlebensrate aufweist, die zumindest so gut wie in den Anlagen 2 und 3 beschrieben ist, kommt als Prüfwasser in Frage. Das Wasser sollte während des Prüfzeitraums von gleich bleibender Qualität sein. Der pH-Wert sollte in einem Bereich von ±0,5 pH-Einheiten bleiben. Um sicherzustellen, dass das Verdünnungswasser das Prüfergebnis nicht übermäßig beeinflusst (beispielsweise durch Komplexbildung mit der Prüfsubstanz) oder sich nachteilig auf die Leistung des Zuchtbestands auswirkt, sollten in Abständen Proben zur Analyse entnommen werden. Messungen von Schwermetallen (z. B. Cu, Pb, Zn, Hg, Cd und Ni), größeren Anionen und Kationen (z. B. Ca, Mg, Na, K, Cl und SO4), Pestiziden (z. B. gesamte phosphororganische und gesamte chlororganische Pestizide), des gesamten organischen Kohlenstoffs (TOC) und der Schwebstoffe sollten beispielsweise alle 3 Monate ermittelt werden, wenn bekanntermaßen ein Verdünnungswasser von relativ gleich bleibender Qualität vorliegt. Hat sich die Wasserqualität über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr als relativ konstant erwiesen, können Bestimmungen seltener durchgeführt und die Abstände verlängert werden (z. B. alle 6 Monate).

1.6.6.   Prüflösungen

Prüflösungen der gewählten Konzentrationen werden durch Verdünnung eines Stammansatzes hergestellt.

Der Stammansatz sollte möglichst durch einfaches Mischen oder Hin- und Herbewegen der Prüfsubstanz in dem Verdünnungswasser auf mechanischem Wege hergestellt werden (z. B. Rühren und Ultraschalldispersion). Sättigungskolonnen (Löslichkeitskolonnen) können verwendet werden, um einen Stammansatz von geeigneter Konzentration zu erzielen. Soweit möglich, sollte der Einsatz von Löse- oder Dispersionsmitteln (Lösungsmittel) vermieden werden; allerdings können derartige Verbindungen in einigen Fällen erforderlich sein, um einen Stammansatz von geeigneter Konzentration herzustellen. Beispiele für geeignete Lösemittel sind Aceton, Ethanol, Methanol, Dimethylformamid und Triethylenglycol. Beispiele für geeignete Dispersionsmittel sind Cremophor RH40, Tween 80, Methylcellulose 0,01 % und HCO-40. Vorsicht ist bei leicht biologisch abbaubaren (z. B. Aceton) und/oder hochflüchtigen Stoffen geboten, da diese Probleme mit einer Anreicherung von Bakterien in Durchflussprüfungen bereiten können. Wird ein Löslichkeitshilfsmittel verwendet, darf dieses weder eine signifikante Auswirkung auf das Überleben noch erkennbare negative Auswirkungen auf frühe Entwicklungsphasen haben, was durch eine Kontrolle, bei der nur das Lösemittel verwendet wird, nachgewiesen wird. Es sollten jedoch alle Anstrengungen unternommen werden, um den Einsatz derartiger Stoffe zu vermeiden.

Bei dem semistatischen Verfahren können zwei verschiedene Verfahren zur Erneuerung des Prüfmediums eingesetzt werden; entweder i) werden neue Prüflösungen in sauberen Gefäßen hergestellt und überlebende Eier und Larven vorsichtig zusammen mit einer kleinen Menge der alten Lösung in die neuen Behälter umgesetzt, wobei eine Exposition gegenüber Luft vermieden wird, oder ii) die Prüforganismen bleiben in den Gefäßen, während ein Teil (mindestens drei Viertel) des Prüfwassers ausgetauscht wird. Die Häufigkeit der Erneuerung des Prüfmediums hängt zwar von der Stabilität der Prüfsubstanz ab, jedoch wird ein täglicher Austausch des Wassers empfohlen. Wenn aus vorausgehenden Stabilitätsprüfungen (siehe 1.4) bekannt ist, dass die Konzentration der Prüfsubstanz während des Zeitraums, in dem das Prüfmedium gewechselt wird, nicht stabil ist (d. h., außerhalb des Bereichs von 80 bis 120 % der nominalen Konzentration oder Unterschreitung von 80 % der gemessenen anfänglichen Konzentration), sollte der Einsatz einer Durchflussprüfung in Erwägung gezogen werden. In jedem Fall sollte darauf geachtet werden, dass während des Wasserwechsels Stress für die Larven vermieden wird.

Bei Durchflussprüfungen ist ein System erforderlich, das einen Stammansatz der Prüfsubstanz kontinuierlich abgibt und verdünnt (z. B. Dosierpumpe, Proportionalverdünnungsvorrichtung, Sättigersystem), um den Prüfkammern eine Reihe von Konzentrationen zuzuführen. Die Durchsatzraten der Stammansätze und des Verdünnungswassers sollten in Abständen, möglichst einmal pro Tag, überprüft werden und während der gesamten Prüfung um nicht mehr als 10 % schwanken. Eine Durchsatzrate, die zumindest dem fünffachen Kammervolumen in 24 Stunden entspricht, hat sich als geeignet erwiesen (2).

1.7.   VORGEHENSWEISE

Nützliche Informationen über die Durchführung von Toxizitätsprüfungen an Fischembryonen und Jungtieren mit Dottersack finden sich in der Fachliteratur, einige Beispiele hierfür sind im Abschnitt Literaturhinweise dieses Texts enthalten (7) (8) (9).

1.7.1.   Expositionsbedingungen

1.7.1.1.   Dauer

Die Prüfung sollte möglichst innerhalb von 30 Minuten nach der Befruchtung der Eier beginnen. Die Embryonen werden vor oder so bald wie möglich nach Beginn des Stadiums der Blastulascheiben-Spaltung und auf jeden Fall vor Einsetzen des Gastrula-Stadiums in die Prüflösung eingetaucht. Bei Eiern von kommerziellen Lieferanten ist es unter Umständen nicht möglich, die Prüfung unmittelbar nach der Befruchtung zu beginnen. Da die Empfindlichkeit der Prüfung durch einen verzögerten Prüfbeginn gravierend beeinflusst werden kann, sollte die Prüfung innerhalb von 8 Stunden nach der Befruchtung eingeleitet werden. Da die Larven während des Expositionszeitraums nicht gefüttert werden, sollte die Prüfung, kurz bevor der Dottersack von Larven in einer der Prüfkammern vollständig aufgezehrt ist beziehungsweise bevor in den Kontrollen Tiere zu verhungern anfangen, beendet sein. Die Dauer hängt dabei von der verwendeten Art ab. Einige Empfehlungen zur Dauer finden sich in den Anlagen 2 und 3.

1.7.1.2.   Besatz

Die Anzahl an befruchteten Eiern bei Beginn der Prüfung sollte zur Erfüllung von statistischen Anforderungen hinreichend groß sein. Die Eier sollten nach dem Zufallsprinzip auf die Behandlungen verteilt werden, und mindestens 30 befruchtete Eier sollten, zu gleichen Teilen (oder so gleich wie möglich, da es bei Einsatz von einigen Arten schwierig sein kann, gleiche Chargen zu bekommen) auf mindestens drei parallele Prüfkammern aufgeteilt, je Konzentration verwendet werden. Die Besatzrate (Biomasse je Volumen an Prüflösung) sollte gering genug sein, dass eine Konzentration an gelöstem Sauerstoff von mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts ohne Belüftung aufrechterhalten werden kann. Bei Durchflussprüfungen wurde eine Besatzrate von nicht mehr als 0,5 g/l je 24 Stunden und nicht mehr als 5 g/l Lösung zu jeder Zeit empfohlen (2).

1.7.1.3.   Licht und Temperatur

Die Belichtungsdauer und die Prüfwassertemperatur sollten für die geprüfte Fischart angemessen sein (Anlagen 2 und 3). Zur Überwachung der Temperatur kann die Verwendung eines weiteren Prüfgefäßes angebracht sein.

1.7.2.   Prüfkonzentrationen

Im Normalfall sind fünf Konzentrationen der Prüfsubstanz, die sich durch einen konstanten Faktor von nicht mehr als 3,2 voneinander unterscheiden, erforderlich. Die Kurve, in der die LC50 gegen den Expositionszeitraum in der akuten Prüfung aufgetragen ist, sollte bei der Auswahl des Bereichs an Prüfkonzentrationen berücksichtigt werden. Die Verwendung von weniger als fünf Konzentrationen, beispielsweise in Limit-Tests, und ein engerer Konzentrationsbereich können unter gewissen Umständen angebracht sein. Werden weniger als fünf Konzentrationen verwendet, sollte dies begründet werden. Konzentrationen der Substanz, die höher als die LC50 über 96 Stunden beziehungsweise 100 mg/l sind, je nachdem, welcher Wert der niedrigere ist, brauchen nicht geprüft zu werden. Substanzen sollten nicht oberhalb ihrer Löslichkeitsgrenze im Prüfwasser geprüft werden.

Wird ein Lösungsmittel bei der Herstellung der Prüflösungen verwendet (siehe 1.6.6), sollte dessen Endkonzentration in den Prüfgefäßen nicht mehr als 0,1 ml/l betragen und in allen Prüfgefäßen gleich sein.

1.7.3.   Kontrollen

Eine Kontrolle mit Verdünnungswasser (mit der entsprechenden Anzahl von Wiederholungen) und ebenfalls, soweit relevant, eine Kontrolle mit dem Lösungsmittel (mit der entsprechenden Anzahl von Wiederholungen) sollten zusätzlich zu der Testreihe durchgeführt werden.

1.7.4.   Häufigkeit von analytischen Bestimmungen und Messungen

Während der Prüfung werden die Konzentrationen der Prüfsubstanz in regelmäßigen Abständen bestimmt.

Bei semistatischen Prüfungen, bei denen erwartet wird, dass die Konzentration der Prüfsubstanz innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration konstant bleibt (d. h. innerhalb des Bereichs von 80 bis 120 %; siehe 1.4 und 1.6.6), wird empfohlen, dass zumindest die höchste und die niedrigste Prüfkonzentration analysiert werden, wenn diese frisch hergestellt ist und unmittelbar vor dem Austausch, und zwar zu mindestens drei gleichmäßig über die Prüfung verteilten Zeitpunkten (d. h., Analysen sollten anhand einer Probe derselben Lösung erfolgen — wenn diese frisch hergestellt ist und beim Austausch).

Bei Prüfungen, bei denen nicht damit zu rechnen ist, dass die Konzentration der Prüfsubstanz innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration (d. h., der Grundlage von Stabilitätsdaten der Substanz) konstant bleibt, ist es notwendig, alle Prüfkonzentrationen, frisch hergestellt und beim Austausch, zu analysieren, jedoch unter gleichen Verhältnissen (d. h. bei mindestens drei Gelegenheiten, die gleichmäßig über die Prüfung verteilt sind). Die Bestimmung von Konzentrationen der Prüfsubstanz vor dem Austausch braucht nur an einem Wiederholungsgefäß bei jeder Prüfkonzentration durchgeführt zu werden. Konzentrationen sollten im Abstand von nicht mehr als 7 Tagen bestimmt werden. Es wird empfohlen, dass Ergebnisse dabei auf gemessenen Konzentrationen basieren. Kann jedoch nachgewiesen werden, dass die Konzentration der Prüfsubstanz während der gesamten Prüfung zufriedenstellend innerhalb von ± 20 % der nominalen Konzentration oder gemessenen Anfangskonzentration gehalten wurde, dann können Ergebnisse auf nominalen oder gemessenen Anfangswerten basieren.

Bei Durchflussprüfungen ist ein ähnliches Probenahmeverfahren, wie für semistatische Prüfungen beschrieben, angebracht (die Messung der „alten“ Lösungen gilt in diesem Falle jedoch nicht). Dauert die Prüfung allerdings länger als 7 Tage, ist es unter Umständen ratsam, die Anzahl an Probenahmen in der ersten Woche zu erhöhen (d. h. drei Messreihen), um sicherzugehen, dass die Prüfkonzentrationen stabil bleiben.

Proben müssen gegebenenfalls zentrifugiert oder gefiltert werden (z. B. mit einer Porengröße von 0,45 μm). Da jedoch weder die Zentrifugation noch die Filtration stets den nicht bioverfügbaren Teil der Prüfsubstanz von dem bioverfügbaren Teil trennt, brauchen die Proben diesen Behandlungen nicht unterzogen zu werden.

Während der Prüfung sollten in allen Prüfgefäßen der gelöste Sauerstoff, der pH-Wert und die Temperatur gemessen werden. Die Gesamthärte und der Salzgehalt (soweit relevant) sollten in den Kontrollen und einem Gefäß mit der höchsten Konzentration gemessen werden. Der gelöste Sauerstoff und der Salzgehalt (soweit relevant) sollten mindestens dreimal (zu Beginn, in der Mitte und am Ende der Prüfung) gemessen werden. Bei semistatischen Prüfungen wird empfohlen, den gelösten Sauerstoff häufiger zu messen, möglichst vor und nach jedem Wasseraustausch, oder zumindest einmal pro Woche. Der pH-Wert sollte zu Beginn und am Ende eines jeden Wasserwechsels bei semistatischen Prüfungen und mindestens einmal pro Woche bei Durchflussprüfungen gemessen werden. Die Härte sollte jeweils einmal pro Prüfung gemessen werden. Die Temperatur sollte einmal pro Tag gemessen und zumindest in einem Prüfgefäß kontinuierlich überwacht werden.

1.7.5.   Beobachtungen

1.7.5.1.   Stadium der Embryonalenwicklung

Das Embryonalstadium (d. h. Gastrula-Stadium) zu Beginn der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz sollte so genau wie möglich überprüft werden. Dies kann mit Hilfe einer repräsentativen Probe von Eiern, die in geeigneter Form aufbewahrt und gereinigt wurden, erfolgen. Zur Beschreibung und Darstellung von Embryonalstadien kann auch die Fachliteratur herangezogen werden (2) (5) (10) (11).

1.7.5.2.   Schlüpfen und Überleben

Beobachtungen zum Schlüpfen und Überleben sollten zumindest einmal pro Tag erfolgen, und die jeweiligen Zahlen sollten protokolliert werden. Zu Beginn der Prüfung können häufigere Beobachtungen (z. B. alle 30 Minuten in den ersten 3 Stunden) wünschenswert sein, da in einigen Fällen Überlebenszeiten aussagefähiger sein können als nur die Anzahl von Todesfällen (z. B. bei akuten toxischen Wirkungen). Sobald tote Embryonen und Larven festgestellt werden, sollten diese unmittelbar entfernt werden, da sie sich rasch zersetzen können. Äußerste Sorgfalt sollte bei der Entfernung von einzelnen toten Individuen aufgewendet werden, um benachbarte Eier/Larven nicht zu stoßen oder körperlich zu beschädigen, da diese äußerst zart und empfindlich sind. Je nach Entwicklungsstadium gelten unterschiedliche Kriterien zur Bestimmung des Todes:

bei Eiern: insbesondere in den frühen Stadien ein deutlich erkennbarer Verlust an Lichtdurchlässigkeit und eine Veränderung der Färbung, hervorgerufen durch Gerinnung und/oder Ausfällung von Eiweiß, was zu einem weiß-opaken Aussehen führt;

bei Embryonen: fehlende Körperbewegung und/oder fehlender Herzschlag und/oder opake Verfärbung bei Arten, bei denen die Embryonen im Normalfall durchsichtig sind;

bei Larven: Bewegungslosigkeit und/oder fehlende Atmung und/oder fehlender Herzschlag und/oder weiß-opake Färbung des zentralen Nervensystems und/oder mangelnde Reaktion auf mechanische Reize.

1.7.5.3.   Abnormes Aussehen

Die Anzahl der Larven, die eine abnorme Körperform und/oder Pigmentierung aufweisen, und das Stadium der Dottersackaufzehrung sollten in angemessenen Abständen in Abhängigkeit der Dauer der Prüfung und der Art der beschriebenen Abnormität protokolliert werden. Zu beachten ist, dass abnorme Embryonen und Larven auch von Natur aus auftreten und bei einigen Arten in der Größenordnung von mehreren Prozent bei der/den Kontrolle(n) liegen können. Abnorme Tiere sollten aus den Prüfgefäßen nur dann entfernt werden, wenn sie tot sind.

1.7.5.4.   Abnormes Verhalten

Abnormitäten, z. B. Hyperventilation, unkoordiniertes Schwimmen und atypische Ruhe, sollten in angemessenen Abständen in Abhängigkeit der Dauer der Prüfung protokolliert werden. Auch wenn sich diese Auswirkungen nur schwer quantifizieren lassen, können sie, sofern sie beobachtet werden, bei der Interpretation von Mortalitätsdaten helfen, d. h., Informationen über die toxische Wirkungsweise der Substanz liefern,

1.7.5.5.   Länge

Am Ende der Prüfung wird eine Messung der Einzellängen empfohlen; dabei kann die Standard-, die Gabelungs- oder die Gesamtlänge verwendet werden. Kommt es jedoch zu Schwanzflossenfäule oder Flossenerosion, sollten Standardlängen herangezogen werden. Im Allgemeinen sollte in einer ordentlich durchgeführten Prüfung der Variationskoeffizient für die Länge unter den Wiederholungen in den Kontrollen 20 % sein.

1.7.5.6.   Gewicht

Am Ende der Prüfung können die einzelnen Gewichte bestimmt werden; dabei sollten möglichst Trockengewichte (24 Stunden bei 60 oC) vor Nassgewichten (trocken getupft) gemessen werden. Im Allgemeinen sollte in einer ordentlich durchgeführten Prüfung der Variationskoeffizient für das Gewicht unter den Wiederholungen in den Kontrollen < 20 % sein.

Diese Beobachtungen führen zu einigen oder allen der folgenden Daten, die zur statistischen Auswertung zur Verfügung stehen:

kumulative Mortalität;

Anzahl von gesunden Larven am Ende der Prüfung;

Zeit des Schlüpfbeginns und des Schlüpfendes (d. h. 90 % Schlüpfen in jeder Wiederholung);

Anzahl von Larven, die jeden Tag schlüpfen;

Länge (und Gewicht) der am Ende der Prüfung überlebenden Tiere;

Anzahl an Larven, die deformiert sind oder ein abnormes Aussehen aufweisen;

Anzahl von Larven, die abnormes Verhalten zeigen.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   AUSWERTUNG DER ERGEBNISSE

Es wird empfohlen, einen Statistiker sowohl an der Auslegung als auch an der Auswertung der Prüfung zu beteiligen, da die Methode eine beträchtliche Bandbreite im Versuchskonzept zulässt, beispielsweise bei der Anzahl an Prüfkammern, der Anzahl an Prüfkonzentrationen, der Ausgangszahl an befruchteten Eiern und der gemessenen Parameter. In Anbetracht der für die Auslegung der Prüfung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten wird an dieser Stelle keine konkrete Orientierung zu den statistischen Verfahren gegeben.

Sind LOEC/NOEC-Werte zu bestimmen, wird die Notwendigkeit bestehen, Streuungen innerhalb jeder Wiederholungsreihe durch eine Varianzanalyse (ANOVA) oder Kontingenztabellenverfahren zu analysieren. Für einen Mehrfachvergleich zwischen den Ergebnissen bei den einzelnen Konzentrationen und den Ergebnissen der Kontrollen ist möglicherweise die Dunnet’sche Methode von Nutzen (12) (13). Weitere hilfreiche Beispiele sind ebenfalls verfügbar (14) (15). Der Umfang der Wirkung, der mit ANOVA oder anderen Verfahren nachweisbar ist, (d. h. die Aussagefähigkeit der Prüfung) sollte berechnet und protokolliert werden. Zu beachten ist, dass sich nicht alle in 1.7.5.6 aufgeführten Beobachtungen für eine statistische Auswertung mittels einer ANOVA eignen. Die kumulative Mortalität und die Anzahl an gesunden Larven am Ende der Prüfung könnten beispielsweise mit Hilfe von Probit-Methoden analysiert werden.

Sind LC/ECx-Werte zu bestimmen, sollte(n) (eine) geeignete Kurve(n) wie beispielsweise die logistische Kurve an die Daten von Interesse mittels eines statistischen Verfahrens wie der Methode der kleinsten Quadrate oder der nichtlinearen kleinsten Quadrate angepasst werden. Die Kurve(n) sollte(n) so parametriert werden, dass die LC/ECX von Interesse und deren Standardfehler direkt abgeschätzt werden können. Dies wird die Berechnung des Vertrauensbereichs rund um die LC/ECX deutlich erleichtern. Soweit keine guten Gründe dafür vorliegen, anderen Vertrauensbereichen den Vorzug zu geben, sollte der zweiseitige 95 % Vertrauensbereich angegeben werden. Das Anpassungsverfahren sollte möglichst einen Weg bieten, um die Signifikanz der mangelnden Anpassung zu bewerten. Für die Anpassung von Kurven können grafische Methoden eingesetzt werden. Für alle in 1.7.5.6 aufgeführten Beobachtungen kommt eine Regressionsanalyse in Frage.

2.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Die Ergebnisse sollten mit Vorsicht interpretiert werden, wenn gemessene toxische Konzentrationen in Prüflösungen in der Nähe der Nachweisgrenze des analytischen Verfahrens liegen. Die Interpretation von Ergebnissen für Konzentrationen oberhalb der Wasserlöslichkeit der Substanz sollte ebenfalls mit Vorsicht erfolgen.

2.3.   ABSCHLUSSBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

2.3.1.   Prüfsubstanz

Physikalische Beschaffenheit und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;

Daten zur chemischen Identifizierung, einschließlich Reinheitsgrad und analytisches Verfahren zur Quantifizierung der Prüfsubstanz, soweit zutreffend.

2.3.2.   Geprüfte Fischart

Wissenschaftlicher Name, Stamm. Anzahl an Elternfischen (d. h., wie viele Weibchen wurden für die erforderlichen Zahlen an Eiern in der Prüfung verwendet), Herkunft und Art der Sammlung der befruchteten Eier sowie anschließende Handhabung.

2.3.3.   Prüfbedingungen

Zum Einsatz kommendes Prüfverfahren (z. B. semistatisches oder Durchflussverfahren, Zeitraum von der Befruchtung bis zum Beginn der Prüfung, Besatz usw.);

Belichtungszeit(en);

Auslegung der Prüfung (z. B. Anzahl der Prüfkammern und Wiederholungen, Anzahl an Embryonen je Wiederholung);

Methode zur Herstellung von Stammansätzen und Häufigkeit der Erneuerung (sollte ein Lösungsmittel verwendet werden, sind dieses Mittel und dessen Konzentration anzugeben);

die nominalen Prüfkonzentrationen, die Messwerte, deren Mittelwerte und deren Standardabweichungen in den Prüfbehältern sowie das Verfahren, nach dem diese erzielt wurden, und, sofern die Prüfsubstanz in Wasser bei Konzentrationen unterhalb der Prüfkonzentrationen löslich ist; es sollte der Nachweis geführt werden, dass sich die Messungen auf die Konzentrationen der Prüfsubstanz in der Lösung beziehen;

Eigenschaften des Verdünnungswassers: pH-Wert, Härte, Temperatur, gelöste Sauerstoffkonzentration, Restchlorgehalt (soweit gemessen), gesamter organischer Kohlenstoff (TOC), Schwebstoffe, Salzgehalt des Prüfmediums (soweit gemessen) und eventuelle andere vorgenommene Messungen;

Wasserqualität innerhalb der Prüfgefäße: pH-Wert, Härte, Temperatur und gelöste Sauerstoffkonzentration.

2.3.4.   Ergebnisse

Ergebnisse von eventuellen vorhergehenden Untersuchungen zur Stabilität der Prüfsubstanz;

Nachweis, dass die Kontrollen den allgemeinen Standard bezüglich der Annehmbarkeit der Überlebensraten für die geprüfte Fischart erfüllen (Anlagen 2 und 3);

Daten zu Mortalität/Überleben im Embryo- und Larvenstadium sowie Gesamtmortalität/-überleben;

Tage bis zum Schlüpfen und Anzahl geschlüpfter Tiere;

Angaben zur Länge (und zum Gewicht);

Vorkommen und Beschreibung morphologischer Abnormitäten, soweit zutreffend;

Vorkommen und Beschreibung von Auswirkungen auf das Verhalten, soweit zutreffend;

statistische Auswertung und Datenaufbereitung;

bei Tests, in denen zur Auswertung die ANOVA zum Einsatz kommt, die geringste Dosiskonzentration, bei der eine Wirkung beobachtet wird (LOEC). bei p = 0,05 und die höchste Dosiskonzentration, bei der keine Wirkung beobachtet wird (NOEC), für jede bewertete Reaktion, einschließlich einer Beschreibung der herangezogenen statistischen Verfahren und eine Angabe zum Umfang der Wirkung, die ermittelt werden konnte;

bei Tests, die unter Zuhilfenahme von Regressionsverfahren ausgewertet werden, die LC/ECX und Vertrauensbereiche sowie ein Graf des angepassten Modells, das für deren Berechnung benutzt wurde;

Erklärung für eine eventuelle Abweichung von dieser Prüfmethode.

3.   LITERATURHINWEISE

(1)

Kristensen P. (1990) Evaluation of the Sensitivity of Short Term Fish Early Life Stage Tests in Relation to other FELS Test Methods. Final report to the Commission of the European Communities, 60 June 1990.

(2)

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(3)

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(4)

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(21)

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Tabelle 1A

Für die Prüfung empfohlene Fischarten

Süßwasserfische

Oncorhynchus mykiss

Regenbogenforelle (9) (16)

Danio rerio

Zebrabärbling (7) (17) (18)

Cyprinus caprio

Gemeiner Karpfen (8) (19)

Oryzias latipes

Japankärpfling/Medaka (20) (21)

Pimephales

promelas Dickkopfelritze (8) (22)


Tabelle 1B

Beispiele für andere hinreichend dokumentierte Arten, die ebenfalls verwendet wurden

Süßwasserfische

Salzwasserfische

Carassius auratus

Goldfisch (8)

Menidia peninsulae

Gezeiten-Ährenfisch (23) (24) (25)

Lepomis macrochirus

Blauer Sonnenbarsch (8)

Clupea

harengus Hering (24) (25)

Gadus

morhua Kabeljau (24) (25)

Cyprinodon

variegatus Edelsteinkärpfling (23) (24) (25)

Anlage 1

ANLEITUNG ZUR DURCHFÜHRUNG EINER TOXIZITÄTSPRÜFUNG AN EMBRYONEN UND JUNGTIEREN MIT DOTTERSACK DES ZEBRABÄRBLINGS (BRACHYDANIO RERIO)

EINFÜHRUNG

Der Zebrabärbling stammt von der Koromandelküste in Indien, wo er in schnell fließenden Strömen lebt. Er ist ein verbreiteter Aquarienfisch und gehört zur Familie der Karpfen; Informationen über seine Pflege und Kultur sind in Standardnachschlagewerken über tropische Fische zu finden. Die Biologie und die Verwendung des Zebrabärblings in der Fischforschung wurden von Laale (1) besprochen.

Nur in seltenen Fällen erreicht der Fisch eine Länge von mehr als 45 mm. Sein Körper ist zylindrisch geformt mit 7 bis 9 dunkelblauen, waagerecht verlaufenden silbernen Streifen. Diese Streifen reichen bis in die Schwanz- und Afterflossen. Der Rücken ist olivgrün gefärbt. Männchen sind schlanker als Weibchen. Bei Weibchen ist die silberne Färbung stärker ausgeprägt, und ihr Bauch ist gebläht, vor allem vor dem Laichen.

Erwachsene Fische können große Schwankungen von Temperatur, pH-Wert und Härte vertragen. Um jedoch gesunde Fische zu erhalten, die Eier von guter Qualität produzieren, sollte für optimale Bedingungen gesorgt werden.

Beim Laichen verfolgt und begattet das Männchen das Weibchen, und im Ausstoßen werden die Eier befruchtet. Die Eier, die transparent sind und keinen klebrigen Stoff enthalten, fallen auf den Grund, wo sie von den Eltern aufgefressen werden können. Das Laichen wird durch Licht beeinflusst. Bei entsprechendem Morgenlicht laichen die Fische im Allgemeinen in den ersten Stunden nach Tagesanbruch.

Ein Weibchen kann im Abstand von einer Woche Chargen von mehreren Hundert Eiern produzieren.

BEDINGUNGEN FÜR ELTERNFISCHE, FORTPFLANZUNG UND FRÜHE ENTWICKLUNGSSTADIEN

Eine geeignete Anzahl von gesunden Fischen auswählen und mindestens 2 Wochen vor dem beabsichtigten Laichen in geeignetem Wasser (z. B. Anlage 4) halten. Man sollte die Fischgruppe zumindest einmal brüten lassen, bevor sie die für die Prüfung zu verwendende Charge an Eiern produzieren. Die Fischdichte sollte in diesem Zeitraum 1 Gramm Fische je Liter nicht übersteigen. Durch einen regelmäßigen Wechsel des Wassers oder den Einsatz von Reinigungssystemen lässt sich eine höhere Dichte erreichen. Die Temperatur in den Hälterungsbehältern sollte bei 25 ± 2 oC gehalten werden. Den Fischen sollte abwechslungsreiche Nahrung geboten werden, die beispielsweise aus entsprechendem handelsüblichem Trockenfutter, lebenden frischgeschlüpften Arthemien, Chironomiden, Daphnien oder weißen Würmern (Enchytraeiden) bestehen kann.

Im Folgenden werden zwei Verfahren in groben Zügen beschrieben, die in der Praxis eine ausreichende Charge von gesunden befruchteten Eiern für eine durchzuführende Prüfung ergeben haben:

i)

8 Weibchen und 16 Männchen werden in einen Behälter mit 50 Litern Verdünnungswasser gesetzt, der vor direktem Licht geschützt und nach Möglichkeit mindestens 48 Stunden lang ungestört gelassen wird. Auf den Boden des Aquariums wird am Nachmittag des Tages, bevor die Prüfung beginnt, eine Laichschale gesetzt. Die Laichschale besteht aus einem Rahmen (aus Plexiglas oder einem anderen geeigneten Material) und ist 5 bis 7 cm hoch; am oberen Ende ist ein grobes Netz mit einer Maschenweite von 2 bis 5 mm befestigt, unten auf dem Boden ein feines Netz mit einer Maschenweite von 10 bis 30 μm. An dem groben Netz des Rahmens wird eine Reihe von „Laichbäumen“, die aus ungedrehtem Nylonfaden bestehen, befestigt. Nachdem die Fische 12 Stunden lang im Dunkeln gelassen wurden, wird ein schwaches Licht eingeschaltet, welches das Laichen in Gang setzen wird. 2 bis 4 Stunden nach dem Laichen wird die Laichschale entfernt, und die Eier werden eingesammelt. Die Laichschale hindert die Fische daran, die Eier aufzufressen, und ermöglicht gleichzeitig ein einfaches Einsammeln der Eier. Die Fischgruppe sollte zumindest einmal vor dem Laich, von dem Eier für die Prüfung verwendet werden, gelaicht haben.

ii)

5 bis 10 Männchen und Weibchen werden mindestens 2 Wochen vor dem beabsichtigten Laichen einzeln gehalten. Nach 5 bis 10 Tagen sind die Bäuche der Weibchen gebläht und ihre Genitalpapillen sichtbar. Männliche Fische besitzen keine Papillen. Das Laichen erfolgt in Laichbehältern, die mit einem eingeschobenen Gitterboden ausgerüstet sind (wie oben). Der Behälter wird mit Verdünnungswasser gefüllt, so dass das Wasser 5 bis 10 cm über dem Gitter steht. Am Tag vor dem beabsichtigten Laichen werden 1 Weibchen und 2 Männchen in den Behälter gesetzt. Die Wassertemperatur wird schrittweise 1 Grad über die Eingewöhnungstemperatur erhöht. Das Licht wird ausgeschaltet, und der Behälter wird so ungestört wie möglich gelassen. Am Morgen wird ein schwaches Licht eingeschaltet, welches das Laichen in Gang setzen wird. Nach 2 bis 4 Stunden werden die Fische entfernt und die Eier eingesammelt. Werden größere Chargen von Eiern benötigt, als von einem Weibchen gewonnen werden können, kann eine hinreichende Anzahl von Laichbehältern parallel aufgestellt werden. Dadurch, dass man den Reproduktionserfolg der einzelnen Weibchen vor der Prüfung festhält (Größe der Charge und Qualität), können die Weibchen mit dem höchsten Reproduktionserfolg für die Zucht ausgewählt werden.

Die Eier sollten mit Hilfe von Glasröhrchen (mit einem Innendurchmesser von nicht weniger als 4 mm), die mit einem flexiblen Saugkolben ausgestattet sind, in die Prüfgefäße umgesetzt werden. Dabei sollte die Menge Wasser, die zusammen mit den Eiern umgelagert wird, so gering wie möglich sein. Die Eier sind schwerer als Wasser und sinken aus dem Röhrchen. Vorsicht ist geboten, damit die Eier (und Larven) nicht mit Luft in Berührung kommen. Es sollte eine mikroskopische Untersuchung von einer oder mehreren Proben von der/den Charge(n) durchgeführt werden, um sicherzugehen, dass in den ersten Entwicklungsstadien keine Unregelmäßigkeiten vorliegen. Eine Desinfektion der Eier ist nicht zulässig.

Die Mortalitätsrate der Eier ist in den ersten 24 Stunden nach der Befruchtung am höchsten. In dieser Zeit ist häufig eine Mortalität von 5 bis 40 % zu beobachten. Infolge einer erfolglosen Befruchtung oder aufgrund von Entwicklungsfehlern kommt es zur Degeneration von Eiern. Die Qualität der Eiercharge scheint dabei vom Fischweibchen abzuhängen: Einige Weibchen produzieren gleich bleibend Eier von guter Qualität, andere tun das niemals. Auch die Entwicklungs- und Schlüpfrate ist von Charge zu Charge unterschiedlich. Erfolgreich befruchtete Eier und Dottersacklarven überleben gut, normalerweise in einer Größenordnung von mehr als 90 %. Bei einer Temperatur von 25 oC schlüpfen die Eier 3 bis 5 Tage nach der Befruchtung, und der Dottersack ist etwa 13 Tage nach der Befruchtung aufgezehrt.

Die Embryonalentwicklung wurde von Hisaoka und Battle (2) gut bestimmt. Aufgrund der Transparenz der Eier und der Larven nach dem Schlüpfen kann die Entwicklung der Fische verfolgt werden, und vorhandene Missbildungen lassen sich beobachten. Etwa 4 Stunden nach dem Laichen können unbefruchtete Eier von befruchteten unterschieden werden (3). Zu dieser Untersuchung werden Eier und Larven in Prüfgefäße mit geringem Fassungsvermögen gesetzt und unter dem Mikroskop untersucht.

Die für die frühen Entwicklungsstufen geltenden Prüfbedingungen sind in Anlage 2 aufgeführt. Optimal als pH-Wert und Härte für das Verdünnungswasser sind 7,8 beziehungsweise 250 mg CaCO3/l.

BERECHNUNGEN UND STATISTIK

Vorgeschlagen wird eine zweistufige Vorgehensweise. In einem ersten Schritt werden Daten zu Mortalität, abnormer Entwicklung und Schlüpfzeit statistisch ausgewertet. Dann wird bei denjenigen Konzentrationen, bei denen keine negativen Auswirkungen auf einen dieser Parameter festgestellt wurden, die Körperlänge statistisch bewertet. Diese Vorgehensweise ist ratsam, da der toxische Stoff kleinere Fisch selektiv töten, die Schlüpfzeit verlängern und grobe Missbildungen hervorrufen und somit zu einseitigen Längenmessungen führen kann. Außerdem soll in etwa die gleiche Anzahl von Fischen für jede Behandlung vermessen werden, um die Validität der Prüfstatistik sicherzustellen.

BESTIMMUNG DER LC50 UND EC50

Der prozentuale Anteil an überlebenden Eiern und Larven wird berechnet und um die Mortalität in den Kontrollen nach der Abbottschen Formel korrigiert (4):

Formula

Dabei gilt:

P

=

korrigierter prozentualer Anteil an überlebenden Eiern und Larven

P'

=

beobachteter prozentualer Anteil an überlebenden Eiern und Larven in der Prüfkonzentration

C

=

prozentualer Anteil an überlebenden Eiern und Larven in der Kontrolle

Soweit möglich, wird die LC50 am Ende der Prüfung mittels einer geeigneten Methode bestimmt.

Wird die Berücksichtigung von morphologischen Abnormitäten in der EC50-Statistik gewünscht, finden sich dazu bei Stephan (5) entsprechende Hinweise.

SCHÄTZUNG DER LOEC UND NOEC

Eine Zielsetzung, die mit der Prüfung an Eiern und Jungfischen im Dottersack verfolgt wird, besteht darin, die Konzentrationen, die nicht wirkungslos sind, mit der Kontrolle zu vergleichen, das heißt, die LOEC zu bestimmen. Aus diesem Grunde sollten Mehrfachvergleichsverfahren zum Einsatz kommen (6) (7) (8) (9) (10).

LITERATURHINWEISE

(1)

Laale H. \V. (1977). The Biology and Use of the Zebrafish (Brachydanio rerio) in Fisheries Research. A Literature Review). Fish Biol. 10, 121-173.

(2)

Hisaoka K. K. and Battle H. I. (1958). The Normal Development Stages of the Zebrafish Brachydanio rerio (Hamilton-Buchanan) J. Morph., 102, 311 S.

(3)

Nagel R. (1986). Untersuchungen zur Eiproduktion beim Zebrabärbling (Brachyidanio rerio Hamilton-Buchanan). Journal of Applied Ichthyology, 2, 173-181.

(4)

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(5)

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(6)

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(7)

Dunnett C. W. (1964). New Tables for Multiple Comparisons with a Control. Biometrics, 20, 482-491.

(8)

Williams D. A. (1971). A Test for Differences between Treatment Means when Several Dose Levels are Compared with a Zero Dose Control. Biometrics, 27, 103-117.

(9)

Williams D. A. (1972). The Comparison of Several Dose Levels with a Zero Dose Control. Biometrics 28, 519-531.

(10)

Sokal R. R. and Rohlf F. J. (1981). Biometry, the Principles and Practice of Statistics in Biological Research, W. H. Freeman and Co., San Francisco.

Anlage 2

PRÜFBEDINGUNGEN, DAUER UND ÜBERLEBENSKRITERIEN FÜR EMPFOHLENE FISCHARTEN

Fischart

Temperatur

oC)

Salzgehalt

(0/00)

Belichtungsdauer

(Std.)

Dauer der Stadien

(Tage)

Typische Dauer der Prüfung

Überlebensrate in der Kontrolle

(min.- %)

Embryonen

Jungfische mit Dottersack

Schlüpferfolg

Nach dem Schlüpfen

SÜSSWASSERFISCHE

Brachydanio rerio

Zebrabärbling

25 ± 1

12-16

3-5

8-10

So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 5 Tage nach dem Schlüpfen (8-10 Tage)

80

90

Oncorhynchus mykiss

Regenbogenforelle

10 ± 1 (23)

12 ± 1 (24)

0 (25)

30-35

25-30

So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 20 Tage nach dem Schlüpfen (50-55 Tage)

66

70

C.yprinus carpio

Gemeiner Karpfen

21-25

12-16

5

> 4

So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 4 Tage nach dem Schlüpfen (8-9 Tage)

80

75

Oryzias latipes

Japankärpfling/Medaka

24 ± 1 (23)

23 ± 1 (24)

12-16

8-11

4-8

So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 5 Tage nach dem Schlüpfen (13-16 Tage)

80

80

Pimephales promelas

Fettköpfige Elritze

25 ± 2

16

4-5

5

So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 4 Tage nach dem Schlüpfen (8-9 Tage)

60

70

Anlage 3

Prüfbedingungen, Dauer und Überlebenskriterien für andere hinreichend dokumentierte Fischarten

Fischart

Temperatur ( oC)

Salzgehalt (0/00)

Belichtungsdauer (Std.)

Dauer der Stadien (Tage)

Typische Dauer der Prüfung an Embryonen und Jungfischen mit Dottersack

Überlebensrate in der Kontrolle (min.- %)

 

 

 

 

Embryonen

Jungfische mit Dottersack

Schlüpferfolg

Nach dem Schlüpfen

SÜSSWASSERFISCHE

Carassius auratus

Goldfisch

24 ± 1

3-4

> 4

So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 4 Tage nach dem Schlüpfen (7 Tage)

80

Leopomis macrochirus

Blauer Sonnenbarsch

21 ± 1

16

3

> 4

So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 4 Tage nach dem Schlüpfen (7 Tage)

75

SALZWASSERFISCHE

Menidia peninsulae

Gezeiten-Ährenfisch

22-25

15-22

12

1,5

10

So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 5 Tage nach dem Schlüpfen (6-7 Tage)

80

60

Clupea harengus

Hering

10 ± 1

8-15

12

20-25

3-5

So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 3 Tage nach dem Schlüpfen (23-27 Tage)

60

80

Gadus morhua

Kabeljau

5 ± 1

5-30

12

14-16

3-5

So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 3 Tage nach dem Schlüpfen (18 Tage)

60

80

Cyprinodon variegatus

Edelsteinkärpfling

25 ± 1

15-30

12

So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 4-7 Tage nach dem Schlüpfen (28 Tage)

> 75

80

Anlage 4

VERSCHIEDENE CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN EINES ANNEHMBAREN VERDÜNNUNGSWASSERS

Substanz

Konzentrationen

Partikelgehalt

< 20 mg/l

Gesamter organischer Kohlenstoff (TOC)

< 2 mg/l

Nichtionisierter Ammoniak

< 1μg/l

Restchlor

< 10 μg/l

Gesamte phosphororganische Pestizide

< 50 ng/l

Gesamte chlororganische Pestizide plus polychlorierte Biphenyle

< 50 ng/l

Gesamtes organisches Chlor

< 25 ng/l

C.16.   HONIGBIENEN — AKUTE ORALE TOXIZITÄTSPRÜFUNG

1.   METHODE

Diese Methode zur Prüfung der akuten Toxizität entspricht der OECD TG 213 (1998).

1.1.   EINLEITUNG

Diese Toxizitätsprüfung ist ein Laborverfahren, mit dem die akute orale Toxizität von Pflanzenschutzmitteln und anderen Chemikalien für erwachsene Arbeitshonigbienen bewertet werden soll.

Bei der Bewertung und Beurteilung der toxischen Merkmale von Substanzen ist unter Umständen die Bestimmung der akuten oralen Toxizität bei Bienen erforderlich, beispielsweise wenn die Wahrscheinlichkeit einer Exposition von Bienen gegenüber einer bestimmten Chemikalie besteht. Die akute orale Toxizitätsprüfung wird durchgeführt, um die spezifische Toxizität von Pestiziden und anderen Chemikalien für Bienen zu bestimmen. Die Ergebnisse dieser Prüfung sollten herangezogen werden, um festzulegen, ob weiterer Beurteilungsbedarf besteht. Diese Methode kann insbesondere in schrittweise aufgebauten Programmen zur Bewertung der Gefahren von Pflanzenschutzmitteln für Bienen verwendet werden, die auf einem sequenziellen Übergang von Labortoxizitätsprüfungen auf Halbfreiland- und Freilandversuche beruhen (1). Pestizide können dabei als Wirkstoffe oder als formulierte Produkte geprüft werden.

Zur Überprüfung der Empfindlichkeit der Bienen und der Genauigkeit des Prüfverfahrens sollte ein toxischer Standard verwendet werden.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Akute orale Toxizität: Dies sind die negativen Wirkungen, die innerhalb eines Zeitraums von maximal 96 Stunden bei einer oralen Verabreichung einer einfachen Dosis der Prüfsubstanz auftreten.

Dosis: Dies ist die aufgenommene Menge an Prüfsubstanz. Die Dosis wird als Masse (μg) Prüfsubstanz je Prüftier ausgedrückt (μg/Biene). Die tatsächliche Dosis für jede einzelne Biene kann zwar nicht berechnet werden, da die Bienen gemeinsam gefüttert werden, es lässt sich jedoch eine durchschnittliche Dosis abschätzen (insgesamt aufgenommene Prüfsubstanz/Anzahl der Testbienen in einem Käfig).

Orale LD 50 (mittlere letale Dosis): Dies ist die statistisch abgeleitete einfache Dosis einer Substanz, die bei oraler Verabreichung bei 50 % der Tiere zum Tod führen kann. Der LD50-Wert wird in μg Prüfsubstanz je Biene angegeben. Bei Pflanzenschutzmitteln kann die Prüfsubstanz entweder als Wirkstoff oder als formuliertes Produkt mit einem oder mehreren Wirkstoffen vorliegen.

Mortalität: Ein Tier wird als tot protokolliert, wenn es absolut unbeweglich ist.

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Erwachsene Arbeitshonigbienen (Apis mellifera) werden einem Bereich von Dosen der in einer Zuckerlösung dispergierten Prüfsubstanz ausgesetzt. Die Bienen werden dann mit derselben Lösung, jedoch ohne die Prüfsubstanz, gefüttert. Die Mortalität wird täglich im Verlauf von zumindest 48 Stunden protokolliert und mit Kontrollwerten verglichen. Wenn die Mortalitätsrate in der Zeit zwischen 24 Stunden und 48 Stunden zunimmt, während die Kontrollmortalität auf einem akzeptierten Stand bleibt, d. h. < 10 %, ist es angebracht, die Dauer der Prüfung auf maximal 96 Stunden zu verlängern. Die Ergebnisse werden ausgewertet, um die LD50 für 24 Stunden und 48 Stunden und, sofern die Untersuchung verlängert wurde, für 72 Stunden und 96 Stunden zu berechnen.

1.4.   VALIDITÄTSKRITERIEN

Damit die Validität einer Prüfung gegeben ist, gelten die folgenden Bedingungen:

Die durchschnittliche Mortalität darf bei der gesamten Anzahl an Kontrollen 10 % am Ende der Prüfung nicht übersteigen;

die LD50 der toxischen Bezugsnormale entspricht dem festgelegten Bereich.

1.5.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.5.1.   Sammlung der Bienen

Es sollten junge erwachsene Arbeiterinnen derselben Rasse verwendet werden, d. h. Bienen gleichen Alters, gleichen Ernährungszustands usw. Die Bienen sollten aus angemessen gefütterten, gesunden, möglichst krankheitsfreien Völkern mit Königin stammen, deren Vorgeschichte und physiologischer Zustand bekannt ist. Sie könnten am Morgen der Verwendung oder am Abend vor der Prüfung gesammelt und bis zum nächsten Tag unter Prüfbedingungen gehalten werden. Bienen, die von Rähmchen ohne Brut gesammelt werden, sind geeignet. Eine Sammlung im frühen Frühjahr oder Spätherbst sollte vermieden werden, da die Bienen in dieser Zeit eine veränderte Physiologie aufweisen. Müssen Prüfungen im frühen Frühjahr oder Spätherbst durchgeführt werden, können Bienen in einem Brutschrank zum Schlüpfen gebracht und eine Woche lang mit „Bienenbrot“ (aus der Wabe gesammelte Pollen) und Zuckerlösung aufgezogen werden. Bienen, die mit chemischen Substanzen behandelt wurden, wie z. B. Antibiotika, Anti-Varroa-Produkten usw., sollten nach dem Ende der letzten Behandlung 4 Wochen nicht für Toxizitätsprüfungen eingesetzt werden.

1.5.2.   Unterbringungs- und Fütterungsbedingungen

Verwendet werden einfach zu säubernde und gut belüftete Käfige. Dabei kann jedes geeignete Material verwendet werden, beispielsweise Edelstahl-, Drahtgitter-, Kunststoff- oder Einwegholzkäfige usw. Es sollten möglichst Gruppen von jeweils 10 Bienen pro Käfig zum Einsatz kommen. Die Größe der Prüfkäfige sollte der Anzahl der Bienen entsprechen, d. h. angemessenen Platz bieten.

Die Bienen sollten im Dunkeln in einem Versuchsraum mit einer Temperatur von 25 oC ± 2 oC gehalten werden. Die relative Feuchte, die im Normalfall zwischen 50 und 70 % liegt, sollte während der gesamten Prüfung gemessen und protokolliert werden. Alle Tätigkeiten, einschließlich Behandlung und Beobachtungen, können bei (Tages-)Licht durchgeführt werden. Als Futter wird eine Zuckerlösung in Wasser mit einer endgültigen Konzentration von 500 g/l (50 % Gew./Vol.) verwendet. Nach Verabreichung der Prüfdosen sollte das Futter nach Belieben dargeboten werden. Das Fütterungssystem sollte die Möglichkeit bieten, die Futteraufnahme für jeden Käfig zu protokollieren (siehe 1.6.3.1). Es kann ein Glasröhrchen (circa 50 mm lang und 10 mm breit und am offenen Ende auf einen Durchmesser von etwa 2 mm verjüngt) verwendet werden.

1.5.3.   Vorbereitung der Bienen

Die gesammelten Bienen werden nach dem Zufallsprinzip auf die Prüfkäfige verteilt, die ebenfalls zufällig in dem Versuchsraum angeordnet sind.

Vor Beginn der Prüfung kann man die Bienen bis zu 2 Stunden hungern lassen. Es wird empfohlen, den Bienen vor der Behandlung die Nahrung zu entziehen, damit der Darminhalt zu Beginn der Prüfung bei allen Bienen gleich ist. Im Sterben liegende Bienen sollten ausgesondert und vor Beginn der Prüfung durch gesunde Bienen ersetzt werden.

1.5.4.   Herstellung der Dosen

Sofern es sich bei der Prüfsubstanz um eine mit Wasser mischbare Verbindung handelt, kann diese direkt in einer 50 %igen Zuckerlösung dispergiert werden. Bei technischen Produkten und Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit können Trägersubstanzen wie organische Lösemittel, Emulgatoren oder Dispersionsmittel mit geringer Bienentoxizität verwendet werden (z. B. Aceton, Dimethylformamid, Dimethylsulfoxid). Die Konzentration des Trägers hängt dabei von der Löslichkeit der Prüfsubstanz ab und sollte für alle geprüften Konzentrationen gleich sein. Im Allgemeinen ist eine Konzentration der Trägersubstanz von 1 % angemessen und sollte nicht überschritten werden.

Es sollten entsprechende Kontrolllösungen hergestellt werden, d. h., wird ein Löse- oder Dispersionsmittel zur Lösung der Prüfsubstanz benutzt, sollten zwei getrennte Kontrollgruppen verwendet werden, und zwar eine Lösung in Wasser und eine Zuckerlösung mit dem Lösemittel/Träger in der Konzentration, die auch in den Dosierlösungen vorliegt.

1.6.   VORGEHENSWEISE

1.6.1.   Prüf- und Kontrollgruppen

Die Anzahl an geprüften Dosen und Wiederholungen sollte die statistischen Anforderungen für eine Bestimmung der LD50 mit einem 95 %igen Vertrauensbereich erfüllen. Im Normalfall sind für die Prüfung fünf Dosen in einer geometrischen Reihe, die sich um einen Faktor von nicht mehr als 2,2 unterscheiden und den Bereich für die LD50, abdecken, erforderlich. Der Verdünnungsfaktor und die Anzahl an Konzentrationen für die Dosierung müssen jedoch im Verhältnis zur Steigung der Toxizitätskurve (Dosis im Verhältnis zu Mortalität) unter Berücksichtigung der für die Auswertung der Ergebnisse herangezogenen statistischen Methode bestimmt werden. Mit Hilfe einer Vorprüfung zur Bestimmung des Konzentrationsbereichs lassen sich die angemessenen Konzentrationen für die Dosierung auswählen.

Mindestens drei Wiederholungsprüfgruppen von jeweils 10 Bienen sollten jeder Prüfkonzentrationsdosis ausgesetzt werden. Zusätzlich zu den Prüfreihen sollten mindestens drei Kontrollgruppen von jeweils 10 Bienen zum Einsatz kommen. Kontrollgruppen sollten auch für die verwendeten Lösemittel/Trägersubstanzen einbezogen werden (siehe 1.5.4).

1.6.2.   Toxischer Standard

In die Prüfreihen ist ein toxischer Standard aufzunehmen. Zumindest drei Dosen sollten ausgewählt werden, die den erwarteten LD50-Wert abdecken. Für jede Prüfdosis sollten mindestens drei Wiederholungskäfige mit jeweils 10 Bienen verwendet werden Der bevorzugte toxische Standard ist Dimethoat; für diesen Stoff liegt die nachgewiesene orale LD50 für 24 Stunden im Bereich von 0,10 bis 0,35 μg Wirkstoff/Biene (2). Andere toxische Standards wären jedoch annehmbar, soweit hinreichende Daten zur Überprüfung der erwarteten Dosisreaktion vorgelegt werden können (z. B. Parathion).

1.6.3.   Exposition

1.6.3.1.   Verabreichung der Dosen

Jeder Prüfgruppe von Bienen müssen 100 bis 200 μl einer 50 %igen Zuckerlösung in Wasser mit der Prüfsubstanz in der entsprechenden Konzentration verabreicht werden. Bei Produkten mit geringer Löslichkeit, niedriger Toxizität oder geringer Konzentration in der Rezeptur ist ein größeres Volumen erforderlich, da dann größere Anteile an Zuckerlösung verwendet werden müssen. Die Menge an aufgenommener Nahrung je Gruppe ist festzuhalten. Nach dem Verzehr (im Allgemeinen innerhalb von 3-4 Stunden) muss die Fütterungsvorrichtung aus dem Käfig entfernt und durch eine Vorrichtung, die ausschließlich Zuckerlösung enthält, ersetzt werden. Die Zuckerlösung wird dann nach Belieben dargeboten. Bei einigen Verbindungen kann bei höheren Konzentrationen die Ablehnung der Prüfdosis dazu führen, dass nur wenig oder gar kein Futter aufgenommen wird. Nach maximal 6 Stunden sollte das bis dahin unverbrauchte behandelte Futter durch eine reine Zuckerlösung ersetzt werden. Die Menge an aufgenommenem behandeltem Futter muss gemessen werden (z. B. Messung von Volumen/Gewicht des noch verbleibenden behandelten Futters).

1.6.3.2.   Dauer

Die Dauer der Prüfung sollte vorzugsweise 48 Stunden ab dem Zeitpunkt, zu dem die Prüflösung durch die Zuckerlösung allein ersetzt wurde, betragen. Steigt die Mortalität nach den ersten 24 Stunden weiterhin um mehr als 10 % an, sollte die Prüfdauer auf maximal 96 Stunden verlängert werden, sofern die Kontrollmortalität nicht über 10 % hinausgeht.

1.6.4.   Beobachtungen

Die Mortalität wird 4 Stunden nach Beginn der Prüfung und dann nach 24 Stunden und 48 Stunden protokolliert (d. h. nach Verabreichung der Dosis). Ist ein verlängerter Beobachtungszeitraum erforderlich, sollten weitere Bewertungen im Abstand von 24 Stunden bis maximal 96 Stunden vorgenommen werden, sofern die Kontrollmortalität 10 % nicht übersteigt.

Die Menge an aufgenommenem Futter pro Gruppe muss gemessen werden. Ein Vergleich zwischen den Anteilen an verzehrtem behandeltem und unbehandeltem Futter innerhalb der vorgegebenen 6 Stunden kann Aufschluss über die Genießbarkeit des behandelten Futters geben.

Alle anormalen Verhaltensweisen während des Prüfzeitraums müssen protokolliert werden.

1.6.5.   Limit-Test

in einigen Fällen (z. B. wenn man erwartet, dass die Prüfsubstanz eine geringe Toxizität besitzt) kann ein Limit-Test mit 100 μg Wirkstoff/Biene durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die LD50 höher als dieser Wert ist. Dabei sollte das gleiche Verfahren zum Einsatz kommen, einschließlich drei Wiederholungsprüfgruppen für die Prüfdosis, die betreffenden Kontrollen, die Messung der Menge an verzehrtem behandeltem Futter und die Verwendung des toxischen Standards. Sofern Mortalitäten auftreten, sollte eine vollständige Untersuchung durchgeführt werden. Eventuell beobachtete subletale Wirkungen (siehe 1.6.4) müssen dokumentiert werden.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   DATEN

Daten sollten in tabellarischer Form zusammengefasst werden, wobei für jede Behandlungsgruppe sowie für die Kontrollgruppe und die Gruppe mit dem toxischen Standard die Anzahl an eingesetzten Bienen, die Mortalität für jede Beobachtungszeit und die Anzahl an Bienen mit beeinträchtigtem Verhalten auszuweisen sind. Die Mortalitätsdaten sind mit angemessenen statistischen Verfahren zu analysieren (z. B. Probit-Analyse, gleitender Durchschnitt, binomiale Wahrscheinlichkeit) (3) (4). Die Dosis-Reaktions-Kurven sind für jede empfohlene Beobachtungszeit darzustellen, und die Steigungen der Kurven und die mittleren letalen Dosen (LD50) sind mit einem 95 % Vertrauensbereich zu berechnen. Korrekturen an der Kontrollmortalität könnten mit Hilfe der Abbott’schen Korrektur vorgenommen werden (4) (5). Sofern das behandelte Futter nicht vollständig verzehrt wurde, sollte die Prüfsubstanzdosis, die von jeder Gruppe aufgenommen wurde, ermittelt werden. Die LD50 sollte in μg Prüfsubstanz je Biene angegeben werden.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

Physikalische Beschaffenheit und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. Stabilität in Wasser, Dampfdruck);

Daten zur chemischen Identifikation, einschließlich Strukturformel, Reinheit (d. h., für Pflanzenschutzmittel die Identität und Konzentration des/der Wirkstoffs(e).

2.2.2.   Geprüfte Bienenart

Wissenschaftlicher Name, Rasse, ungefähres Alter (in Wochen), Sammlungsverfahren, Datum der Sammlung;

Angaben über die Völker, die für die Sammlung der Prüfbienen eingesetzt wurden, einschließlich Gesundheitszustand, eventuelle Krankheiten von erwachsenen Bienen, eventuelle Vorbehandlungen usw.

2.2.3.   Prüfbedingungen

Temperatur und relative Feuchte des Versuchsraums;

Unterbringungsbedingungen einschließlich Art, Größe und Material der Käfige;

Verfahren für die Herstellung der Stamm- und Prüflösungen (sofern ein Lösemittel verwendet wird, müssen dieses Mittel und seine Konzentration angegeben werden);

Versuchsanlage, z. B. Anzahl und eingesetzte Prüfkonzentrationen, Anzahl an Kontrollen; für jede Prüfkonzentration und Kontrolle Anzahl an Wiederholungskäfigen und Anzahl an Bienen pro Käfig;

Datum der Prüfung.

2.2.4.   Ergebnisse

Ergebnisse von eventuellen Vorversuchen zur Ermittlung des Konzentrationsbereichs;

Rohdaten: Mortalität bei jeder geprüften Dosis zu jeder Beobachtungszeit;

Darstellung der Dosisreaktionskurven am Ende der Prüfung;

LD50-Werte mit 95 %igem Vertrauensbereich für jede empfohlene Beobachtungszeit, jede Prüfsubstanz und den toxischen Standard;

zur Bestimmung der LD50 herangezogene statistische Verfahren;

Mortalität in Kontrollen;

sonstige beobachtete oder gemessene biologische Wirkungen, z. B. abnormes Verhalten der Bienen (einschließlich Ablehnung der Prüfdosis), Anteil an verzehrtem Futter in behandelten und unbehandelten Gruppen;

eventuelle Abweichungen von den hier beschriebenen Prüfverfahren und sonstige relevante Informationen.

3.   LITERATURHINWEISE

(1)

EPPO/Council of Europe (1993). Decision-Making Scheme for the Environmental Risk Assessment of Plant Protection Products — Honeybees. EPPO Bulletin, Vol. 23, N.1, 151-165. March 1993.

(2)

Gough, H. J., McIndoe, E. C., Lewis, G. B. (1994). The use of dimethoate as a reference compound in laboratory acute toxicity tests on honeybees (Apis mellifera L.) 1981-1992. Journal of Apicultural Research, 22, 119-125.

(3)

Litchfield, J.T. and Wilcoxon, F. (1949). A simplified method of evaluating dose-effect experiments. Jour. Pharmacol. and Exper. Ther., 96, 99-113.

(4)

Finney, D. J. (1971). Probit Analysis. 3rd ed., Cambridge, London and New York.

(5)

Abbott, W. S. (1925). A method for computing the effectiveness of an insecticide. jour. Econ. Entomol., 18, 265-267.

C.17.   HONIGBIENEN — AKUTE KONTAKTTOXIZITÄTSPRÜFUNG

1.   METHODE

Diese Methode zur Prüfung der akuten Toxizität entspricht der OECD TG 214 (1998).

1.1.   EINLEITUNG

Diese Toxizitätsprüfung ist ein Laborverfahren, mit dem die akute Kontakttoxizität von Pflanzenschutzmitteln und anderen Chemikalien für erwachsene Arbeitshonigbienen bewertet werden soll.

Bei der Bewertung und Beurteilung der toxischen Merkmale von Substanzen ist unter Umständen die Bestimmung der akuten Kontakttoxizität bei Bienen erforderlich, beispielsweise wenn die Wahrscheinlichkeit einer Exposition von Bienen gegenüber einer bestimmten Chemikalie besteht. Die akute Kontakttoxizitätsprüfung wird durchgeführt, um die spezifische Toxizität von Pestiziden und anderen Chemikalien für Bienen zu bestimmen. Die Ergebnisse dieser Prüfung sollten herangezogen werden, um festzulegen, ob weiterer Beurteilungsbedarf besteht. Diese Methode kann insbesondere in schrittweise aufgebauten Programmen zur Bewertung der Gefahren von Pflanzenschutzmittel für Bienen verwendet werden, die auf einem sequenziellen Übergang von Labortoxizitätsprüfungen auf Halbfreiland- und Freilandversuche beruhen (1). Pestizide können dabei als Wirkstoffe oder als formulierte Produkte geprüft werden.

Zur Überprüfung der Empfindlichkeit der Bienen und der Genauigkeit des Prüfverfahrens sollte ein toxischer Standard verwendet werden.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Akute Kontakttoxizität: Dies sind die negativen Wirkungen, die innerhalb eines Zeitraums von maximal 96 Stunden bei einer topikalen Verabreichung einer einzelnen Dosis der Prüfsubstanz auftreten.

Dosis: Dies ist die aufgebrachte Menge an Prüfsubstanz. Die Dosis wird als Menge (μg) Prüfsubstanz je Prüftier angegeben (μg/Biene).

Kontakt-LD 50 (mittlere letale Dosis): Dies ist die statistisch abgeleitete einzelne Dosis einer Substanz, die bei Verabreichung durch Kontakt bei 50 % der Tiere zum Tod führen kann. Der LD50-Wert wird in μg Prüfsubstanz je Biene angegeben. Bei Pestiziden können die Pflanzenschutzmittel entweder als Wirkstoff oder als formuliertes Produkt mit einem oder mehreren Wirkstoffen vorliegen.

Mortalität: Ein Tier wird als tot protokolliert, wenn es absolut unbeweglich ist.

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Erwachsene Arbeitshonigbienen (Apis mellifera) werden einem Bereich von Dosen der in einem entsprechenden Träger gelösten Prüfsubstanz durch direktes Aufbringen auf den Thorax (Tröpfchen) ausgesetzt. Die Dauer der Prüfung beträgt 48 Stunden. Wenn die Mortalitätsrate in der Zeit zwischen 24 Stunden und 48 Stunden zunimmt, während die Kontrollmortalität auf einem akzeptierten Stand bleibt, d. h. < 10 %, ist es angebracht, die Dauer der Prüfung auf maximal 96 Stunden zu verlängern. Die Mortalität wird täglich protokolliert und mit Kontrollwerten verglichen. Die Ergebnisse werden ausgewertet, um die LD50 für 24 Stunden und 48 Stunden und, sofern die Untersuchung verlängert wurde, für 72 Stunden und 96 Stunden zu berechnen.

1.4.   VALIDITÄTSKRITERIEN

Damit die Validität einer Prüfung gegeben ist, gelten die folgenden Bedingungen:

Die durchschnittliche Mortalität darf bei der gesamten Anzahl an Kontrollen 10 % am Ende der Prüfung nicht übersteigen;

die LD50 des toxischen Standards entspricht dem festgelegten Bereich.

1.5.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.5.1.   Sammlung der Bienen

Es sollten junge erwachsene Arbeiterinnen verwendet werden, d. h. Bienen gleichen Alters, gleichen Ernährungszustands, gleicher Rasse usw. Die Bienen sollten aus angemessen gefütterten, gesunden, möglichst krankheitsfreien Völkern mit Königin stammen, deren Vorgeschichte und physiologischer Zustand bekannt ist. Sie könnten am Morgen der Verwendung oder am Abend vor der Prüfung gesammelt und bis zum nächsten Tag unter Prüfbedingungen gehalten werden. Bienen, die von Rähmchen ohne Brut gesammelt werden, sind geeignet. Eine Sammlung im frühen Frühjahr oder Spätherbst sollte vermieden werden, da die Bienen in dieser Zeit eine veränderte Physiologie aufweisen. Müssen Prüfungen im frühen Frühjahr oder Spätherbst durchgeführt werden, können Bienen in einem Brutschrank zum Schlüpfen gebracht und eine Woche lang mit „Bienenbrot“ (aus der Wabe gesammelte Pollen) und Zuckerlösung aufgezogen werden. Bienen, die mit chemischen Substanzen behandelt wurden wie z. B. Antibiotika, Anti-Varroa-Produkten usw., sollten nach dem Ende der letzten Behandlung 4 Wochen nicht für Toxizitätsprüfungen eingesetzt werden.

1.5.2.   Unterbringungs- und Fütterungsbedingungen

Verwendet werden einfach zu säubernde und gut belüftete Käfige. Dabei kann jedes geeignete Material benutzt werden, beispielsweise Edelstahl-, Drahtgitter-, Kunststoff- oder Einwegholzkäfige usw. Die Größe der Prüfkäfige sollte der Anzahl der Bienen entsprechen, d. h. angemessenen Platz bieten. Es sollten möglichst Gruppen von jeweils 10 Bienen pro Käfig zum Einsatz kommen.

Die Bienen sollten im Dunkeln in einem Versuchsraum mit einer Temperatur von 25 ± 2 oC gehalten werden. Die relative Feuchte, die im Normalfall zwischen 50 und 70 % liegt, sollte während der gesamten Prüfung gemessen und protokolliert werden. Alle Tätigkeiten, einschließlich Behandlung und Beobachtungen, können bei (Tages-)Licht durchgeführt werden. Als Futter sollte eine Zuckerlösung in Wasser mit einer endgültigen Konzentration von 500 g/l (50 % Gew./Vol.) verwendet und nach Belieben während der Prüfdauer mit Hilfe einer Bienenfütterungsvorrichtung dargeboten werden. Dies kann ein Glasröhrchen (circa 50 mm lang und 10 mm breit und am offenen Ende auf einen Durchmesser von etwa 2 mm verjüngt) sein.

1.5.3.   Vorbereitung der Bienen

Die gesammelten Bienen können mit Kohlendioxid oder Stickstoff zum Aufbringen der Prüfsubstanz betäubt werden. Dabei sollten die Menge an Betäubungsmittel und dessen Einwirkungszeit so gering wie möglich gehalten werden. Im Sterben liegende Bienen sollten ausgesondert und vor Beginn der Prüfung durch gesunde Bienen ersetzt werden.

1.5.4.   Herstellung der Dosen

Die Prüfsubstanz ist als Lösung in einer Trägersubstanz aufzubringen, d. h. einem organischen Lösemittel oder einer Wasserlösung mit einem Benetzungsmittel. Als organisches Lösemittel wird Aceton bevorzugt, aber auch andere organische Lösemittel mit geringer Bienentoxizität können verwendet werden (z. B. Dimethylformamid, Dimethylsulfoxid). Bei in Wasser dispergierten formulierten Produkten und hochpolaren organischen Substanzen, die in organischen Trägerlösemitteln nicht löslich sind, lassen sich die Lösungen unter Umständen einfacher auftragen, wenn sie in einer schwachen Lösung eines handelsüblichen Benetzungsmittels hergestellt werden (z. B. Agral, Cittowett, Lubrol, Triton, Tween).

Es sollten entsprechende Kontrolllösungen hergestellt werden, d. h., wird ein Löse- oder Dispersionsmittel zur Lösung der Prüfsubstanz benutzt, sollten zwei getrennte Kontrollgruppen verwendet werden, und zwar eine, die mit Wasser, und eine, die mit dem Löse-/Dispersionsmittel behandelt ist.

1.6.   VORGEHENSWEISE

1.6.1.   Prüf- und Kontrollgruppen

Die Anzahl an geprüften Dosen und Wiederholungen sollte die statistischen Anforderungen für eine Bestimmung der LD50 mit einem 95 %igen Vertrauensbereich erfüllen. Im Normalfall sind für die Prüfung fünf Dosen in einer geometrischen Reihe, die sich um einen Faktor von nicht mehr als 2,2 unterscheiden und den Bereich für die LD50, abdecken, erforderlich. Die Anzahl an Dosen muss jedoch im Verhältnis zur Steigung der Toxizitätskurve (Dosis im Verhältnis zu Mortalität) unter Berücksichtigung der für die Auswertung der Ergebnisse herangezogenen statistischen Methode bestimmt werden. Mit Hilfe einer Vorprüfung zur Bestimmung des Konzentrationsbereichs lassen sich die angemessenen Dosen auswählen.

Mindestens drei Wiederholungsprüfgruppen von jeweils 10 Bienen sollten jeder Prüfkonzentrationsdosis ausgesetzt werden.

Zusätzlich zu den Prüfreihen sollten mindestens drei Kontrollgruppen von jeweils 10 Bienen zum Einsatz kommen. Wird ein organisches Lösemittel oder ein Benetzungsmittel verwendet, müssen drei zusätzliche Kontrollgruppen mit jeweils 10 Bienen für das Löse- oder Benetzungsmittel mit einbezogen werden.

1.6.2.   Toxischer Standard

In die Prüfreihen ist ein toxischer Standard aufzunehmen. Zumindest drei Dosen sollten ausgewählt werden, die den erwarteten LD50-Wert abdecken. Für jede Prüfdosis sollten mindestens drei Wiederholungskäfige mit jeweils 10 Bienen verwendet werden. Der bevorzugte toxische Standard ist Dimethoat: Für diesen Stoff liegt die nachgewiesene Kontakt-LD50 für 24 Stunden im Bereich von 0,10 bis 0,30 μg Wirkstoff/Biene (2). Andere toxische Standards wären jedoch annehmbar, soweit hinreichende Daten zur Überprüfung der erwarteten Dosisreaktion vorgelegt werden können (z. B. Parathion).

1.6.3.   Exposition

1.6.3.1.   Verabreichung der Dosen

Bei den betäubten Bienen erfolgt jeweils einzeln eine topikale Aufbringung. Die Bienen werden nach dem Zufallsprinzip den verschiedenen Prüfdosen und Kontrollen zugeordnet. Ein Volumen von 1 μl Lösung mit der Prüfsubstanz in der geeigneten Konzentration wird mit einem Mikroapplikator auf die Dorsalseite des Thorax einer jeden Biene aufgetragen. Sofern begründet, können andere Volumina verwendet werden. Nach dem Auftragen werden die Bienen auf die Prüfkäfige verteilt und mit den Zuckerlösungen versorgt.

1.6.3.2.   Dauer

Die Dauer der Prüfung sollte vorzugsweise 48 Stunden betragen. Steigt die Mortalität zwischen 24 und 48 Stunden um mehr als 10 % an, sollte die Prüfdauer auf maximal 96 Stunden verlängert werden, sofern die Kontrollmortalität nicht über 10 % hinausgeht.

1.6.4.   Beobachtungen

Die Mortalität wird 4 Stunden nach der Dosierung und dann nach 24 Stunden und 48 Stunden protokolliert. Ist ein verlängerter Beobachtungszeitraum erforderlich, sollten weitere Bewertungen im Abstand von 24 Stunden bis maximal 96 Stunden vorgenommen werden, sofern die Kontrollmortalität 10 % nicht übersteigt.

Alle anormalen Verhaltensweisen während des Prüfzeitraums müssen protokolliert werden.

1.6.5.   Limit-Test

In einigen Fällen (z. B. wenn man erwartet, dass die Prüfsubstanz eine geringe Toxizität besitzt) kann ein Limit-Test mit 100 μg Wirkstoff/Biene durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die LD50 höher als dieser Wert ist. Dabei sollte das gleiche Verfahren zum Einsatz kommen, einschließlich drei Wiederholungsprüfgruppen für die Prüfdosis, die betreffenden Kontrollen und die Verwendung des toxischen Standards. Sofern Mortalitäten auftreten, sollte eine vollständige Untersuchung durchgeführt werden. Eventuell beobachtete subletale Wirkungen (siehe 1.6.4) sind zu dokumentieren.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   DATEN

Daten sollten in tabellarischer Form zusammengefasst werden, wobei für jede Behandlungsgruppe sowie für die Kontrollgruppe und die Gruppe mit dem toxischen Standard die Anzahl an eingesetzten Bienen, die Mortalität für jede Beobachtungszeit und die Anzahl an Bienen mit beeinträchtigtem Verhalten auszuweisen sind. Die Mortalitätsdaten sind mit angemessenen statistischen Verfahren zu analysieren (z. B. Probit-Analyse, gleitender Durchschnitt, binomiale Wahrscheinlichkeit) (3) (4). Die Dosisreaktionskurven sind für jede empfohlene Beobachtungszeit (d. h. 24 und 48 Stunden sowie, soweit zutreffend, 72 und 96 Stunden) darzustellen, und die Steigungen der Kurven und die mittleren letalen Dosen (LD50) sind mit einem 95 % Vertrauensbereich zu berechnen. Korrekturen um die Kontrollmortalität könnten mit Hilfe der Abbott’schen Korrektur vorgenommen werden (4) (5). Die LD50 sollte in μg Prüfsubstanz je Biene angegeben werden.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

Physikalische Beschaffenheit und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. Stabilität in Wasser, Dampfdruck);

Daten zur chemischen Identifikation, einschließlich Strukturformel, Reinheit (d. h. für Pflanzenschutzmittel die Identität und Konzentration des bzw. der Wirkstoffe).

2.2.2.   Geprüfte Bienenart

Wissenschaftlicher Name, Rasse, ungefähres Alter (in Wochen), Sammlungsverfahren, Datum der Sammlung:

Angaben über die Völker, die für die Sammlung der Prüfbienen eingesetzt wurden, einschließlich Gesundheitszustand, eventuelle Krankheiten von erwachsenen Bienen, eventuelle Vorbehandlungen usw.

2.2.3.   Prüfbedingungen

Temperatur und relative Feuchte des Versuchsraums;

Unterbringungsbedingungen einschließlich Art, Größe und Material der Käfige;

Verfahren für die Verabreichung der Prüfsubstanz, z. B. verwendete Trägerlösung, aufgebrachtes Prüflösungsvolumen, verwendetes Betäubungsmittel;

Versuchsanlage, z. B. Anzahl und eingesetzte Prüfdosen, Anzahl an Kontrollen; für jede Prüfdosis und Kontrolle Anzahl an Wiederholungskäfigen und Anzahl an Bienen pro Käfig;

Datum der Prüfung.

2.2.4.   Ergebnisse

Ergebnisse von eventuellen Vorversuchen zur Ermittlung des Konzentrationsbereichs;

Rohdaten: Mortalität bei jeder geprüften Konzentration zu jeder Beobachtungszeit;

Darstellung der Dosisreaktionskurven am Ende der Prüfung;

LD50-Werte mit 95 %igem Vertrauensbereich für jede empfohlene Beobachtungszeit, jede Prüfsubstanz und den toxischen Standard;

zur Bestimmung der LD50 herangezogene statistische Verfahren;

Mortalität in Kontrollen;

sonstige beobachtete oder gemessene biologische Wirkungen und eventuelle abnorme Reaktionen der Bienen;

eventuelle Abweichungen von den hier beschriebenen Prüfverfahren und sonstige relevante Informationen.

3.   LITERATURHINWEISE

(1)

EPPO/Council of Europe (1993). Decision-Making Scheme for the Environmental Risk Assessment of Plant Protection Products — Honeybees. EPPO bulletin, Vol. 23, N.1, 151-165. March 1993.

(2)

Gough, H. J., McIndoe, E. C., Lewis, G. B. (1994). The use of dimethoate as a reference compound in laboratory acute toxicity tests on honeybees (Apis mellifera L.), 1981-1992. Journal of Apicultural Research 22, 119-125.

(3)

Litchfield, J. T. and Wilcoxon, F. (1949). A simplified method of evaluating dose-effect experiments. Jour. Pharmacol. and Exper. Ther., 96, 99-113.

(4)

Finney, D. J. (1971). Probit Analysis. 3rd ed., Cambridge, London and New York.

(5)

Abbott, W. S. (1925). A method for Computing the effectiveness of an insecticide. Jour. Econ. Entomol. 18, 265-267.

C.18.   ADSORPTION/DESORPTION NACH EINER SCHÜTTELMETHODE

1.   METHODE

Diese Methode ist ein Verfahren im Format der Prüfrichtlinie OECD TG 106 zur Bestimmung von Bodenadsorption bzw. -desorption nach einer Schüttelmethode (Batch Equilibrium Method) (2000).

1.1.   EINLEITUNG

Die Methode stützt sich auf einen Ringtest und einen Workshop zur Bodenauswahl für die Entwicklung eines Adsorptionstests (1) (2) (3) (4) sowie auf einzelstaatliche Leitlinien (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11).

Anhand von Adsorptions-/Desorptionsuntersuchungen lassen sich wesentliche Informationen über die Mobilität von Chemikalien und deren Verteilung in den Boden-, Wasser- und Luftkompartimenten der Biosphäre gewinnen (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18) (19) (20) (21). Diese Informationen können bei der Vorhersage bzw. Abschätzung beispielsweise der Verfügbarkeit einer Chemikalie für den Abbau (22) (23), die Umwandlung und die Aufnahme durch Organismen (24), Auswaschung durch das Bodenprofil (16) (18) (19) (21) (25) (26) (27) (28), Volatilität aus dem Boden (21) (29) (30), oberflächliches Abfließen in natürliche Gewässer (18) (31) (32) herangezogen werden. Adsorptionsdaten eignen sich für Vergleichs- und Modellierungszwecke (19) (33) (34) (35).

Die Verteilung einer Chemikalie zwischen der Boden- und Wasserphase ist ein komplexer Prozess und von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren abhängig: der chemischen Beschaffenheit der Substanz (12) (36) (37) (38) (39) (40), den Merkmalen des Bodens (4) (12) (13) (14) (41) (42) (43) (44) (45) (46) (47) (48) (49) sowie klimatischen Faktoren wie Niederschlag, Temperatur, Sonnenlicht und Wind. Folglich ist es nicht möglich, die zahlreichen Phänomene und Mechanismen, die am Prozess der Adsorption einer Chemikalie durch den Boden beteiligt sind, vollständig durch ein vereinfachtes Labormodell wie die vorliegende Methode zu definieren. Doch auch wenn dieser Versuch nicht alle in der Umwelt möglichen Fälle berücksichtigen kann, liefert er doch ausreichende Informationen zur Umweltrelevanz der Adsorption einer Chemikalie.

Siehe auch Allgemeine Einleitung.

1.2.   ANWENDUNGSBEREICH

Das Verfahren dient der Abschätzung des Adsorptions-/Desorptionsverhaltens einer Substanz an Böden. Das Ziel besteht darin, einen Sorptionswert zu erhalten, der zur Prognose der Verteilung unter den verschiedensten Umweltbedingungen benutzt werden kann; zu diesem Zweck werden für eine Chemikalie an verschiedenen Böden Gleichgewichtsadsorptionskoeffizienten als Funktion von Bodenmerkmalen (z. B. organischer Kohlenstoffgehalt, Tongehalt sowie Bodentextur und pH-Wert) bestimmt. Um die Interaktionen einer bestimmten Substanz mit natürlich vorkommenden Böden weitestmöglich zu erfassen, sind unterschiedliche Bodentypen zu verwenden.

Bei dieser Methode steht Adsorption für den Prozess des Anlagerns einer Chemikalie an Bodenoberflächen; es erfolgt keine Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Adsorptionsprozessen (physikalische und chemische Adsorption) und solchen Prozessen wie oberflächenkatalysierter Abbau, Volumenadsorption oder chemische Reaktion. Nicht berücksichtigt ist die Adsorption an von den Böden erzeugte kolloide Partikel (Durchmesser < 0,2 μm).

Folgenden Bodenparametern wird in Bezug auf die Adsorption der größte Stellenwert beigemessen: dem organischen Kohlenstoffgehalt (3) (4) (12) (13) (14) (41) (43) (44) (45) (46) (47) (48), dem Tongehalt und der Bodentextur (3) (4) (41) (42) (43) (44) (45) (46) (47) (48) sowie für ionisierbare Verbindungen dem pH-Wert (3) (4) (42). Weitere Bodenparameter, die einen Einfluss auf die Adsorption-Desorption einer Substanz haben, sind die effektiven Kationenaustauschkapazität (KAKeff), der Gehalt an amorphen Eisen- und Aluminiumoxiden, insbesondere für vulkanische und tropische Böden (4), wie auch die spezifische Oberfläche (49).

Der Test ist dafür ausgelegt, die Adsorption einer Chemikalie an unterschiedliche Bodentypen mit einer Reihe unterschiedlicher organischer Kohlenstoffgehalte, Tongehalte und Bodentexturen sowie pH-Werte zu bewerten. Er besteht aus drei Stufen:

Stufe 1:

Voruntersuchung zur Bestimmung

des Boden-Lösungs-Verhältnisses;

der Gleichgewichtszeit für die Adsorption und der bei Gleichgewicht adsorbierten Menge an Testsubstanz;

der Adsorption der Testsubstanz an der Oberfläche der Testgefäße und der Stabilität der Testsubstanz während des Testzeitraums.

Stufe 2:

Screening-Test: Bei fünf verschiedenen Bodentypen wird die Adsorption anhand der Adsorptionskinetik bei einer einzigen Konzentration und mittels Bestimmung des Verteilungskoeffizienten Kd. und Koc untersucht.

Stufe 3:

Bestimmung von Freundlich-Adsorptionsisothermen zur Ermittlung des Einflusses der Konzentration auf die Adsorption an Böden.

Untersuchung der Desorption mit Hilfe von Desorptionskinetik/Freundlich-Desorptionsisothermen (Anlage 1).

1.3.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND EINHEITEN

Symbol

Begriffsbestimmung

Einheit

Formula

Adsorptionsanteil zur Zeit ti

%

Aeq

Adsorptionsanteil bei Adsorptionsgleichgewicht

%

Formula

Masse der zur Zeit ti am Boden adsorbierten Testsubstanz

μg

Formula

Masse der während des Zeitintervalls Δti am Boden adsorbierten Testsubstanz

μg

Formula

Masse der bei Adsorptionsgleichgewicht am Boden adsorbierten Testsubstanz

μg

m0

Masse der Testsubstanz im Reagenzglas am Beginn des Adsorptionstests

μg

Formula

Masse der Testsubstanz, gemessen in einer Aliquote (

Formula

) zum Zeitpunkt tj

μg

Formula

Masse der Substanz in der Lösung bei Adsorptionsgleichgewicht

μg

mBoden

= msoil = Menge der Bodenphase, ausgedrückt als Boden-Trockenmasse

g

Cst

Massenkonzentration der Vorratslösung der Substanz

μg cm-3

C0

Ausgangsmassenkonzentration der Testlösung in Kontakt mit dem Boden

μg cm-3

Formula

Massenkonzentration der Substanz in der wässrigen Phase zur Zeit ti wenn die Analyse durchgeführt ist

μg cm-3

Formula

Gehalt der bei Adsorptionsgleichgewicht am Boden adsorbierten Substanz

μg g-1

Formula

Massenkonzentration der Substanz in der wässrigen Phase bei Adsorptionsgleichgewicht

μg cm-3

V0

Anfangsvolumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden während des Adsorptionstests

cm3

Formula

Volumen der Aliquote, in der die Testsubstanz gemessen wird

cm3

Kd

Verteilungskoeffizient für die Adsorption

cm3 g-1

Koc

Auf organischen Kohlenstoff normierter Adsorptionskoeffizient

cm3 g-1

Kom

Auf organisches Material normierter Verteilungskoeffizient

cm3 g-1

Formula

Freundlich-Adsorptionskoeffizient

μg 1-1/n (cm3) 1/n g-1

l/n

Freundlich-Exponent

 

Formula

Desorptionsanteil zum Zeitpunkt ti

%

Formula

Desorptionsanteil im Zeitintervall Δtj

%

Kdes

Scheindesorptionskoeffizient

cm3 g-1

Formula

Freundlich-Desorptionskoeffizient

μg 1-1/n (cm3) 1/n g-1

Formula

Masse der aus Boden während der Zeit ti desorbierten Testsubstanz

μg

Formula

Masse der aus Boden während des Zeitintervalls Δtj desorbierten Testsubstanz

μg

Formula

Analytisch bestimmte Masse Substanz in der wässrigen Phase bei Desorptionsgleichgewicht

μg

Formula

Gesamtmasse der bei Desorptionsgleichgewicht desorbierten Testsubstanz

μg

Formula

Masse der nach dem Zeitintervall Δti am Boden adsorbiert bleibenden Substanz

μg

Formula

Masse der nach Adsorptionsgleichgewichtseinstellung infolge unvollständigen Volumenaustauschs verbliebenen Substanz

μg

Formula

Gehalt der bei Desorptionsgleichgewicht am Boden adsorbiert bleibenden Testsubstanz

μg g-1

Formula

Massenkonzentration der Testsubstanz in der wässrigen Phase bei Desorptionsgleichgewicht

μg cm-3

VT

Gesamtvolumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden während des nach der Aliquotenbeprobungsmethode durchgeführten Desorptionskinetikversuchs

cm3

VR

Volumen des nach Einstellung des Adsorptionsgleichgewichts aus dem Glas abgenommenen und durch das gleiche Volumen einer 0,01 M CaCl2-Lösung ersetzten Überstands

cm3

Formula

Volumen der während des nach der Aliquotenbeprobungsmethode durchgeführten Desorptionskinetikversuchs ab der Zeit (i) als Probe zu Analysezwecken abgenommenen Aliquote

cm3

Formula

Volumen der im Desorptionskinetikversuch (Gesamtbeprobungsmethode) aus dem Glas (i) zur Messung der Testsubstanz abgenommenen Lösung

cm3

Formula

Volumen der bei Desorptionsgleichgewicht aus dem Glas zur Messung der Testsubstanz abgenommenen Lösung

cm3

MB

Massenbilanz

%

m E

Gesamtmasse der aus Boden und von Wänden des Testgefäßes in zwei Schritten extrahierten Testsubstanz

μg

Vrec

Volumen des nach Adsorptionsgleichgewicht erhaltenen Überstands

cm3

Pow

Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient

 

pKa

Dissoziationskonstante

 

Sw

Wasserlöslichkeit

g l-1

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Bodenproben mit bekanntem Trockengewicht, die vorab in 0,01 M CaCl2 in ein Gleichgewicht gebracht worden sind, werden bei bekannten Konzentrationen von 0,01 M CaCl2 mit bekannten Volumina von Lösungen der Testsubstanz, die nicht markiert oder radioaktiv markiert ist, versetzt. Das Gemisch wird für eine angemessene Zeit geschüttelt. Anschließend werden die Bodensuspensionen mittels Zentrifugieren und, falls gewünscht, Filtrieren getrennt, und die wässrige Phase wird analysiert. Die Menge der an der Bodenprobe adsorbierten Testsubstanz wird berechnet als die Differenz zwischen der Anfangsmenge der Testsubstanz in Lösung und der bei Beendigung des Versuchs verbleibenden Menge (indirekte Methode).

Wahlweise kann die Menge der adsorbierten Testsubstanz auch unmittelbar durch eine Bodenanalyse bestimmt werden (direkte Methode). Diese Vorgehensweise, die eine schrittweise Bodenextraktion mit einem geeigneten Lösungsmittel umfasst, empfiehlt sich in Fällen, bei denen eine präzise Bestimmung der Differenz in der Lösungskonzentration der Substanz nicht möglich ist. Als Beispiele seien folgende Sachverhalte genannt: Adsorption der Testsubstanz an der Oberfläche der Testgefäße, Instabilität der Testsubstanz im Zeitrahmen des Versuchs, nur geringe Konzentrationsveränderung in der Lösung infolge einer schwachen Adsorption sowie starke Adsorption mit dem Ergebnis einer niedrigen Konzentration, die nicht genau bestimmt werden kann. Kommt eine radioaktiv markierte Substanz zum Einsatz, könnte die Bodenextraktion durch Analyse der Bodenphase mittels Verbrennung und Flüssigszintillationszählung umgangen werden. Die Flüssigszintillationszählung ist jedoch eine unspezifische Technik, die keine Unterscheidung zwischen Ausgangs- und Umwandlungsprodukten erlaubt. Daher sollte sie nur dann Anwendung finden, wenn die Testchemikalie für die Dauer der Untersuchung stabil ist.

1.5.   ANGABEN ZUR TESTSUBSTANZ

Die chemischen Reagenzien sollten Analysenreinheit aufweisen. Empfohlen wird die Verwendung nicht markierter Testsubstanzen mit bekannter Zusammensetzung und von vorzugsweise mindestens 95 %iger Reinheit bzw. radioaktiv markierter Testsubstanzen mit bekannter Zusammensetzung und von radioaktiver Reinheit. Bei Markierungssubstanzen mit kurzer Halbwertzeit sollten Zerfallskorrekturen angewendet werden.

Vor der Durchführung einer Adsorptions-/Desorptionsprüfung sollten in Bezug auf die Testsubstanz folgende Angaben vorliegen:

a)

Wasserlöslichkeit (A.6);

b)

Dampfdruck (A.4) und/oder Henry-Konstante;

c)

abiotischer Abbau: Hydrolyse als Funktion des pH (C.7);

d)

Verteilungskoeffizient (A.8);

e)

leichte biologische Abbaubarkeit (C.4) bzw. aerobe und anaerobe Umwandlung im Boden;

f)

pKa von ionisierbaren Substanzen;

g)

Direktfotolyse in Wasser (d. h. UV-Vis-Absorptionsspektrum in Wasser, Quantenausbeute) und fotochemischer Abbau an Boden.

1.6.   ANWENDBARKEIT DES TESTS

Der Test ist anwendbar auf chemische Substanzen, für die eine analytische Methode mit hinreichender Genauigkeit zur Verfügung steht. Ein wichtiger Kennwert, der die Verlässlichkeit der Ergebnisse beeinflussen kann, und zwar besonders bei der indirekten Methode, ist die Stabilität der Testsubstanz innerhalb des Zeitrahmens des Tests. Daher ist die Stabilität in jedem Falle in einer Voruntersuchung zu überprüfen. Wird im Zeitrahmen des Tests eine Umwandlung beobachtet, so empfiehlt es sich, dass die Hauptuntersuchung durch Analysen sowohl der Bodenphase als auch der wässrigen Phase durchgeführt wird.

Schwierigkeiten könnten sich bei der Ausführung dieses Tests bei Testsubstanzen mit geringer Wasserlöslichkeit ergeben (Sw < 10-4 g l-1), desgleichen bei hoch dosierten Substanzen, da die Konzentration in der wässrigen Phase analytisch nicht mit ausreichender Genauigkeit messbar ist. In diesen Fällen sind zusätzliche Schritte notwendig. In den entsprechenden Abschnitten der vorliegenden Dokumentation sind Hinweise dafür zu finden, wie sich diese Probleme lösen lassen.

Bei der Prüfung flüchtiger Substanzen ist dafür Sorge zu tragen, dass Verluste während der Behandlung vermieden werden.

1.7.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.7.1.   Geräte und chemische Reagenzien

Standardlaborausstattung, insbesondere Folgendes:

a)

Reagenzgläser oder Gefäße zur Versuchsdurchführung. Vor allem müssen diese Reagenzgläser oder Gefäße

genau in die Zentrifuge passen, um Handhabungs- und Umsetzfehler weitestgehend auszuschließen;

aus inertem Material bestehen, damit es möglichst nicht zur Adsorption der Testsubstanz an der Oberfläche kommt;

b)

Schüttelwerk: Überkopfschüttler oder gleichwertige Vorrichtung; der Schüttler sollte den Boden während des Schüttelns in Suspension halten;

c)

Zentrifuge: vorzugsweise Hochleistungsgerät, z. B. mit Zentrifugalkräften > 3 000 g, temperaturgeregelt, fähig zur Abtrennung von Partikeln mit einem Durchmesser über 0,2 μm aus wässriger Lösung. Die Behälter sollten während des Rührens und Zentrifugierens abgedeckt sein, um Volatilitäts- und Wasserverluste zu vermeiden; um einer Adsorption daran möglichst vorzubeugen, sollte auf inaktivierte Abdeckungen, beispielsweise teflonbeschichtete Schraubkappen, zurückgegriffen werden;

d)

fakultativ: Filtriervorrichtung; sterile Einweg-Filter mit einer Porosität von 0,2 μm. Mit besonderer Umsicht ist bei der Auswahl des Filtermaterials vorzugehen, um jegliche Verluste der Testsubstanz daran zu vermeiden; bei schwerlöslichen Testsubstanzen wird empfohlen, kein organisches Filtermaterial zu verwenden;

e)

analytische Instrumente, mit denen die Konzentration der Testchemikalie gemessen werden kann;

f)

Laborofen, mit dem sich eine Temperatur von 103 oC bis 110 oC halten lässt.

1.7.2.   Charakterisierung und Auswahl von Böden

Die Charakterisierung der Böden sollte anhand von drei Parametern erfolgen, die als weitgehend verantwortlich für das Adsorptionsvermögen betrachtet werden: der organische Kohlenstoffgehalt, der Tongehalt und die Bodentextur sowie der pH-Wert. Wie bereits erwähnt (siehe unter „Anwendungsbereich“), können sich auch andere physikalisch-chemische Eigenschaften des Bodens auf die Adsorption/Desorption einer bestimmten Substanz auswirken und sollten daher in solchen Fällen berücksichtigt werden.

Die für eine Bodencharakterisierung verwendeten Methoden sind von großer Bedeutung und können einen erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse ausüben. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, den Boden-pH-Wert in einer Lösung von 0,01 M CaCl2 (der im Adsorptions-/Desorptionstest verwendeten Lösung) gemäß der entsprechenden ISO-Methode (ISO-10390-1) zu messen. Weiterhin wird empfohlen, die übrigen relevanten Bodenmerkmale nach Standardverfahren zu bestimmen (z. B. ISO Handbook of soil analysis). Diese Vorgehensweise gestattet es, die Analyse von Sorptionsdaten anhand international einheitlicher Bodenparameter vorzunehmen. Einige Anleitungen zu vorhandenen Standardverfahren der Bodenanalyse und -Charakterisierung sind den Literaturangaben zu entnehmen (50) (51) (52). Zur Kalibrierung von Bodentestmethoden wird die Verwendung von Referenzböden empfohlen.

Eine Anleitung zur Auswahl von Böden für Adsorptions-/Desorptionsversuche ist in Tabelle 1 zu finden. Mit den sieben ausgewählten Böden werden Bodentypen erfasst, die in gemäßigten geografischen Zonen anzutreffen sind. Bei ionisierbaren Testsubstanzen sollten die gewählten Böden einen großen pH-Bereich abdecken, damit die Adsorption der Substanz in deren ionisierter und nichtionisierter Form bewertet werden kann. Im Abschnitt 1.9 „Durchführung des Tests“ ist angegeben, wie viele unterschiedliche Böden in den einzelnen Phasen des Tests zu verwenden sind.

Werden andere Bodentypen bevorzugt, so sollten diese nach denselben Parametern charakterisiert werden und eine ähnliche Spannbreite an Merkmalen wie die in Tabelle 1 beschriebenen aufweisen, auch wenn sie den Kriterien nicht exakt entsprechen.

Tabelle 1

Anleitung zur Auswahl von Bodenproben zur Adsorption/Desorption

Bodentyp

pH-Bereich (in 0,01 M CaCl2)

Organischer Kohlenstoffgehalt ( %)

Tongehalt ( %)

Bodentextur (26)

1

4,5-5,5

1,0-2,0

65-80

Ton

2

> 7,5

3,5-5,0

20-40

Toniger Lehm

3

5,5-7,0

1,5-3,0

15-25

Schluffiger Lehm

4

4,0-5,5

3,0-4,0

15-30

Lehm

5

< 4,0-6,0 (27)

< 0,5-1,5 (27)  (28)

< 10-15 (27)

Lehmiger Sand

6

>7,0

< 0,5-1,0 (27)  (28)

40-65

Toniger Lehm/Ton

7

< 4,5

> 10

< 10

Sand/lehmiger Sand

1.7.3.   Sammlung und Lagerung von Bodenproben

1.7.3.1.   Sammlung

Es werden keine speziellen Probenahmetechniken oder -hilfsmittel empfohlen. Das Probenahmeverfahren richtet sich nach dem Zweck der Untersuchung (53) (54) (55) (56) (57) (58).

Folgendes ist zu beachten:

a)

Es sind ausführliche Informationen über die Geschichte des Feldstandorts erforderlich, so zum Ort, zum Bewuchs, zu Behandlungen mit Pestiziden und/oder Düngemitteln, zu biologischen Anlagerungen oder zu unfallbedingten Verschmutzungen. Im Hinblick auf die Beschreibung des Probenahmestandorts sind die Empfehlungen der ISO-Norm zur Entnahme von Bodenproben (ISO 10381-6) einzuhalten.

b)

Der Probenahmestandort ist mittels UTM (Universale Transversale Mercator-Projektion/European Horizontal Datum) oder geografischen Koordinaten zu definieren. Daraus könnte für die Zukunft die Möglichkeit erwachsen, einen bestimmten Boden erneut zu sammeln oder Boden nach verschiedenen Klassifizierungssystemen zu definieren, die in unterschiedlichen Ländern benutzt werden. Außerdem sollte A-Horizont nur bis zu einer Maximaltiefe von 20 cm gesammelt werden. Vor allem der Boden Nr. 7 sollte in die Probenahme einbezogen werden, wenn ein Teil des Bodens Oh-Horizont ist.

Die Bodenproben sollten mit Hilfe von Behältern und unter Temperaturbedingungen transportiert werden, die gewährleisten, dass die ursprünglichen Bodeneigenschaften nicht wesentlich verändert werden.

1.7.3.2.   Lagerung

Bevorzugt wird die Verwendung feldfrischer Böden. Nur wenn dies nicht möglich ist, sollte Boden bei Umgebungstemperatur gelagert und lufttrocken aufbewahrt werden. Eine Begrenzung der Lagerzeit wird nicht empfohlen, doch sollten Böden, die länger als drei Jahre gelagert wurden, vor ihrer Verwendung erneut auf ihren organischen Kohlenstoffgehalt, pH-Wert und KAK analysiert werden.

1.7.3.3.   Handhabung und Vorbereitung von Bodenproben auf den Test

Die Böden werden bei Umgebungstemperatur (vorzugsweise zwischen 20 und 25 oC) luftgetrocknet. Die Auflockerung sollte mit minimalem Kraftaufwand erfolgen, so dass die ursprüngliche Textur des Bodens möglichst wenig verändert wird. Die Böden werden auf eine Partikelgröße < 2 mm gesiebt. Im Hinblick auf den Siebvorgang sollten die Empfehlungen der ISO-Norm zur Probenahme eingehalten werden (ISO 10381-6). Empfohlen wird eine sorgfältige Homogenisierung, da dies die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse erhöht. Der Feuchtegehalt jedes Bodens wird an drei Aliquoten mit Erwärmung auf 105 oC bestimmt, bis keine signifikante Gewichtsveränderung mehr zu verzeichnen ist (ca. 12 Stunden). Bei allen Berechnungen bezieht sich die Bodenmasse auf die Ofentrockenmasse, d. h. das um den Feuchtegehalt korrigierte Bodengewicht.

1.7.4.   Vorbereitung der Testsubstanz zur Anwendung auf Boden

Die Testsubstanz wird in einer Lösung von 0,01 M CaCl2 in destilliertem oder entionisiertem Wasser gelöst. Die CaCl2-Lösung dient als wässrige Lösungsmittelphase zur Verbesserung der Zentrifugation und Minimierung des Kationenaustauschs. Die Konzentration der Vorratslösung sollte die Nachweisgrenze der verwendeten analytischen Methode vorzugsweise um den Faktor 3 übersteigen. Diese Schwelle gewährleistet genaue Messungen in Bezug auf die diesem Verfahren zugrunde liegende Methodik. Darüber hinaus sollte die Konzentration der Vorratslösung die Wasserlöslichkeit der Testsubstanz unterschreiten.

Die Vorratslösung sollte am besten unmittelbar vor Anwendung auf die Bodenproben zubereitet sowie verschlossen und vor Licht geschützt bei 4 oC aufbewahrt werden. Die Lagerzeit richtet sich nach der Stabilität der Testsubstanz und ihrer Konzentration in der Lösung.

Lediglich bei schwerlöslichen Substanzen (Sw < 10-4 g l-1) könnte unter Umständen ein geeignetes Solubilisierungsmittel notwendig sein, wenn sich die Testsubstanz nur schwer auflösen lässt. Ein solches Solubilisierungsmittel sollte a) mit Wasser mischbar sein, beispielsweise Methanol oder Acetonitril, b) in einer Konzentration von höchstens 1 % des Gesamtvolumens der Vorratslösung und darunter in der Lösung der Testsubstanz, die in Kontakt mit dem Boden kommt (vorzugsweise unter 0,1 %), enthalten sein und c) kein oberflächenaktiver Stoff sein oder solvolytische Reaktionen mit der Testchemikalie durchlaufen. Die Verwendung eines Solubilisierungsmittels sollte im Datenbericht festgehalten und begründet werden.

Eine andere Alternative bei schwerlöslichen Substanzen besteht darin, die Testsubstanz durch Untermischen in ein Testsystem zu geben: Die Testsubstanz wird in einem organischen Lösungsmittel gelöst, von dem eine Aliquote zu dem System von Boden und 0,01 M CaCl2-Lösung in destilliertem oder entionisiertem Wasser gegeben wird. Der Gehalt an organischem Lösungsmittel in der wässrigen Phase sollte so niedrig wie möglich gehalten werden und im Regelfall 0,1 % nicht übersteigen. Beim Untermischen aus einer organischen Lösung kann das Problem der Volumen-Nichtreproduzierbarkeit auftreten. Dadurch kann sich ein zusätzlicher Fehler ergeben, da die Konzentrationen von Testsubstanz und Hilfslösungsmittel nicht in allen Tests gleich hoch ausfallen dürften.

1.8.   VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE DURCHFÜHRUNG DES ADSORPTIONS-/DESORPTIONSTESTS

1.8.1.   Analysenmethode

Zu den wichtigsten Parametern, die die Genauigkeit von Sorptionsmessungen beeinflussen können, zählen die Genauigkeit der Analysenmethode bei der Untersuchung der Lösungs- und adsorbierten Phasen, die Stabilität und Reinheit der Testsubstanz, das Einstellen des Sorptionsgleichgewichts, das Ausmaß der Lösungskonzentrationsveränderung, das Boden-Lösungs-Verhältnis sowie Veränderungen in der Bodenstruktur während des Gleichgewichtseinstellungsprozesses (35) (59-62). Einige Beispiele betreffend die Genauigkeitsproblematik sind in Anlage 2 dargestellt.

Die Zuverlässigkeit der verwendeten Analysenmethode muss bei dem Konzentrationsbereich überprüft werden, der vermutlich während des Tests auftreten wird. Es sollte im Ermessen des Experimentators liegen, eine geeignete Methode mit angemessener Genauigkeit, Präzision, Reproduzierbarkeit, Gewinnungsraten und hinreichenden Nachweisgrenzen zu entwickeln. Eine Anleitung für die Durchführung eines solchen Tests vermittelt der nachstehende Versuch.

Ein angemessenes Volumen 0,01 M CaCl2, z. B. 100 cm3, wird mit einer Masse Boden, z. B. 20 g, hoher Adsorptionsfähigkeit, d. h. mit hohem organischen Kohlenstoff- und Tongehalt 4 Stunden geschüttelt. Diese Massen und Volumen können je nach Analysenanforderung variieren, doch ist ein Boden-Lösungs-Verhältnis von 1:5 ein geeigneter Ausgangswert. Das Gemisch wird zentrifugiert, und die wässrige Phase kann filtriert werden. Diese wird dann mit einem bestimmten Volumen der Testsubstanz-Vorratslösung versetzt, so dass eine Nennkonzentration innerhalb des für den Testverlauf wahrscheinlichen Konzentrationsbereichs erreicht wird. Dieses Volumen sollte 10 % des Endvolumens der wässrigen Phase nicht überschreiten, um den Charakter der Lösung vor Einstellung des Gleichgewichts so wenig wie möglich zu verändern. Die Lösung wird analysiert.

Es ist ein Leerdurchlauf, bestehend aus dem System Boden + CaCl2-Lösung (ohne Testsubstanz), anzusetzen, um unerwünschte Pseudoergebnisse in der Analysenmethode und durch den Boden hervorgerufene Matrixeffekte zu entdecken.

Zu den für Sorptionsmessungen geeigneten analytischen Methoden gehören die Gas-Flüssigkeits-Chromatografie (GLC), Hochleistungs-Flüssigchromatografie (HPLC), Spektrometrie (z. B. GC/Massenspektrometrie, HPLC/Massenspektrometrie) und Flüssigszintillationszählung (für radioaktiv markierte Substanzen). Unabhängig von der verwendeten Analysenmethode gelten Gewinnungsraten zwischen 90 und 110 % des Nennwerts als angemessen. Um eine Detektion und Evaluierung nach erfolgter Verteilung zu ermöglichen, sollten die Nachweisgrenzen der Analysenmethode die Nennkonzentration mindestens um den Faktor 2 unterschreiten.

Die Merkmale und Nachweisgrenzen der zur Ausführung von Adsorptionsuntersuchungen verfügbaren Analysenmethode spielen eine wichtige Rolle bei der Festlegung der Testbedingungen und der Durchführung des Tests insgesamt. Die vorliegende Methode stützt sich auf eine allgemeinere experimentelle Vorgehensweise und gibt Empfehlungen und Anleitung für alternative Lösungswege, die gewählt werden können, wenn sich Einschränkungen aufgrund der analytischen Methode und der Laborausstattung ergeben.

1.8.2.   Auswahl optimaler Boden-Lösungs-Verhältnisse

Die Auswahl geeigneter Boden-Lösungs-Verhältnisse für Sorptionsuntersuchungen richtet sich nach dem Verteilungskoeffizienten Kd und dem gewünschten relativen Adsorptionsgrad. Die Veränderung der Konzentration der Substanz in der Lösung bestimmt die statistische Genauigkeit der Messung auf der Grundlage der Form der Adsorptionsgleichung und der Grenze der analytischen Methodik bei der Bestimmung der Konzentration der Chemikalie in Lösung. Daher ist es in der Praxis generell von Nutzen, einige wenige feste Verhältnisse anzusetzen, bei denen der adsorbierte Anteil oberhalb 20 % und vorzugsweise >50 % liegt (62). Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass die Konzentration der Testsubstanz in der wässrigen Phase so hoch ist, dass sie eine genaue Messung erlaubt. Dies ist insbesondere im Fall hoher Adsorptionsanteile von Bedeutung.

Ein passender Ansatz für die Wahl geeigneter Boden-Wasser-Verhältnisse basiert auf einer Schätzung des Kd-Werts entweder mittels Voruntersuchungen oder durch etablierte Abschätzungsverfahren (Anlage 3). Die Wahl eines geeigneten Verhältnisses kann auf der Basis einer grafischen Darstellung des Boden-Lösungs-Verhältnisses in Abhängigkeit von Kd für festgelegte Adsorptionsanteile erfolgen (Abbildung 1). Bei dieser Darstellung wird angenommen, dass die Adsorptionsgleichung linear ist (29). Die anwendbare Beziehung wird durch Umstellung der Gleichung (4) des Kd in Form der Gleichung (1) erhalten:

Formula

(1)

oder in ihrer logarithmischen Form unter der Annahme, dass R = msoil/V0 und Aeq %/100 = :Formula

Formula

(2)

Image

Abbildung 1 zeigt für unterschiedliche Adsorptionsebenen erforderliche Boden-Lösungs-Verhältnisse als Funktion von Kd. Beispielsweise würde es bei einem Verhältnis Boden:Lösung von 1:5 und einem Kd von 20 zu einer annähernd 80 %igen Adsorption kommen. Um bei identischem Kd eine 50 %ige Adsorption zu erzielen, ist ein Verhältnis von 1:25 anzusetzen. Mit diesem flexiblen Ansatz kann der Untersucher das für die Versuchsanforderungen jeweils geeignete Boden-Lösungs-Verhältnis wählen.

Größere Schwierigkeiten bestehen in Bereichen, in denen die Chemikalie stark oder sehr geringfügig adsorbiert wird. Bei geringer Adsorption empfiehlt sich ein Boden-Lösungs-Verhältnis von 1:1, wenngleich bei einigen ausgeprägt organischen Bodentypen unter Umständen niedrigere Verhältnisse erforderlich sind, um einen Schlamm zu erhalten. Mit Sorgfalt ist bei der analytischen Methodik zur Messung geringfügiger Veränderungen der Lösungskonzentration vorzugehen, da andernfalls die Adsorptionsmessung ungenau ausfällt. Demgegenüber ist bei sehr hohen Verteilungskoeffizienten Kd ein Boden-Lösungs-Verhältnis von bis zu 1:100 möglich, damit eine signifikante Menge der Chemikalie in Lösung bleibt. In jedem Fall ist auf ein gründliches Durchmischen zu achten. Ferner ist für die Gleichgewichtseinstellung im System eine ausreichende Zeitspanne einzuplanen. Ein alternativer Ansatz besteht darin, den Kd-Wert anhand von Abschätzungstechniken vorherzubestimmen, die zum Beispiel auf Pow-Werten fußen (Anlage 3). Diese Vorgehensweise könnte sich insbesondere bei geringfügig adsorbierten/polaren Chemikalien mit Pow < 20 und für lipophile/stark sorbierende Chemikalien mit Pow > 104 als sinnvoll erweisen.

1.9.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.9.1.   Testbedingungen

Sämtliche Versuche werden bei Umgebungstemperatur und, falls möglich, bei einer konstanten Temperatur zwischen 20 und 25 oC durchgeführt.

Beim Zentrifugieren sollten Partikel aus der Lösung abgetrennt werden, die größer als 0,2 μm sind. Dieser Wert steht für die kleinsten Partikel, die als Feststoffpartikel eingestuft werden, und stellt den Grenzwert zwischen Feststoff- und Kolloidpartikeln dar. In Anlage 4 ist eine Anleitung zur Bestimmung der Zentrifugierbedingungen zu finden.

Ist mit den Zentrifugiervorrichtungen die Entfernung von Partikeln > 0,2 μm nicht zu gewährleisten, könnte auf eine Kombination von Zentrifugation und Filtration mit 0,2-μm-Filtern zurückgegriffen werden. Diese Filter sollten aus einem entsprechenden inerten Material bestehen, um jegliche Verluste der Testsubstanz daran zu vermeiden. In jedem Fall sollte nachgewiesen sein, dass es während des Abfiltrierens nicht zu Verlusten der Testsubstanz kommt.

1.9.2.   Stufe 1 — Voruntersuchung

Der Zweck der Durchführung einer Voruntersuchung ist bereits im Abschnitt „Anwendungsbereich“ erläutert worden. Eine Anleitung zur Ansetzung eines solchen Tests wird anhand des nachfolgend vorgeschlagenen Versuchs gegeben.

1.9.2.1.   Auswahl optimaler Boden-Lösungs-Verhältnisse

Zum Einsatz kommen zwei Bodentypen und drei Boden-Lösungs-Verhältnisse (sechs Versuche). Ein Bodentyp besitzt einen hohen organischen Kohlenstoffgehalt und einen niedrigen Tongehalt, der andere einen niedrigen organischen Kohlenstoffgehalt und einen hohen Tongehalt. Folgende Verhältnisse werden vorgeschlagen:

50 g Boden und 50 cm3 wässrige Lösung der Testsubstanz (Verhältnis 1:1);

10 g Boden und 50 cm3 wässrige Lösung der Testsubstanz (Verhältnis 1:5);

2 g Boden und 50 cm3 wässrige Lösung der Testsubstanz (Verhältnis 1:25).

Die Mindestmenge Boden zur Ausführung des Versuchs richtet sich nach den Laboreinrichtungen und der Leistungsfähigkeit der verwendeten analytischen Methoden. Es empfiehlt sich jedoch, mindestens 1 g, vorzugsweise 2 g, einzusetzen, um verlässliche Testergebnisse zu erzielen.

Eine Kontrollprobe mit lediglich der Testsubstanz in 0,01 M CaCl2-Lösung (kein Boden) wird exakt den gleichen Schritten wie die Testsysteme unterzogen, um die Stabilität der Testsubstanz in CaCl2-Lösung und ihre mögliche Adsorption an den Oberflächen der Testgefäße zu prüfen.

Ein Leerdurchlauf je Boden mit der gleichen Menge Boden und einem Gesamtvolumen von 50 cm30,01 M CaCl2-Lösung (ohne Testsubstanz) wird dem gleichen Testverfahren unterzogen. Dies dient während der Analyse als Leerkontrolle zum Nachweis störender Substanzen oder kontaminierter Böden.

Sämtliche Versuche, eingeschlossen Kontroll- und Leerversuche, sollten mindestens doppelt durchgeführt werden. Die Gesamtzahl der Proben, die für den Test vorbereitet werden sollten, kann mit Bezug auf die zugrunde liegende Methodik berechnet werden.

Für Vor- und Hauptuntersuchung werden in der Regel die gleichen Methoden angewendet. Ausnahmen werden, falls relevant, angegeben.

Die lufttrockenen Proben werden durch Schütteln mit einem Mindestvolumen von 45 cm30,01 M CaCl2 über Nacht (12 Stunden) vor dem Versuchstag ins Gleichgewicht gebracht. Anschließend wird mit einem bestimmten Volumen der Vorratslösung der Testsubstanz auf das Endvolumen von 50 cm3 aufgefüllt. Das zugesetzte Volumen der Vorratslösung sollte a) 10 % des Endvolumens von 50 cm3 der wässrigen Phase nicht überschreiten, um den Charakter der Lösung vor Einstellung des Gleichgewichts möglichst wenig zu verändern; und b) vorzugsweise in einer Anfangskonzentration der in Kontakt mit dem Boden befindlichen Testsubstanz (C0) resultieren, die die Nachweisgrenze der analytischen Methode mindestens um den Faktor 2 überschreitet — diese Schwelle gewährleistet auch bei einer starken Adsorption genaue Messungen (> 90 %) sowie später die Bestimmung der Adsorptionsisothermen. Die Anfangskonzentration der Substanz (C0) sollte möglichst nicht höher sein als die Hälfte ihrer Löslichkeitsgrenze.

Nachstehend wird ein Beispiel für die Art und Weise der Berechnung der Konzentration der Vorratslösung (Cst) beschrieben. Angenommen wird eine Nachweisgrenze von 0,01 μg cm-3 und 90 %ige Adsorption. Daher sollte die Anfangskonzentration der Testsubstanz in Kontakt mit dem Boden vorzugsweise 1 μg cm-3 betragen (zwei Größenordnungen über der Nachweisgrenze). Unter der Voraussetzung, dass das empfohlene Höchstvolumen der Vorratslösung zugesetzt wird, d. h. 5 bis 45 cm30,01 M CaCl2-Gleichgewichtseinstellungslösung (= 10 % der Vorratslösung zum Gesamtvolumen der wässrigen Phase von 50 cm3), sollte die Konzentration der Vorratslösung 10 μg cm-3 betragen, d. h., die Nachweisgrenze der analytischen Methode um den Faktor 3 überschreiten.

Der pH-Wert der wässrigen Phase sollte vor und nach Kontakt mit dem Boden gemessen werden, da er im gesamten Adsorptionsprozess eine wichtige Rolle spielt, insbesondere für ionisierbare Substanzen.

Das Gemisch wird bis zum Erreichen des Adsorptionsgleichgewichts geschüttelt. Die Gleichgewichtszeit in Böden ist, da abhängig von der Chemikalie und vom Boden, stark schwankend. In der Regel ist ein Zeitraum von 24 Stunden ausreichend (77). In der Voruntersuchung mit sequenzieller Beprobung ist ein Vermischen über einen Zeitraum von 48 Stunden empfehlenswert (zum Beispiel 4, 8, 24, 48 Stunden). Die Analysenzeiten sollten jedoch unter Berücksichtigung des Arbeitsplans im Labor flexibel angesetzt werden.

Für die Analyse der Testsubstanz in der wässrigen Lösung bestehen zwei Möglichkeiten: a) die Gesamtbeprobungsmethode und b) die Aliquotenbeprobungsmethode. Es sei besonders darauf hingewiesen, dass die Gesamtbeprobung zwar in der Versuchsdurchführung zeitaufwendiger, die mathematische Aufbereitung der Ergebnisse jedoch einfacher ist (Anlage 5). Allerdings liegt die Entscheidung für die jeweilige Methodik beim Experimentator, der auch die verfügbaren Laboreinrichtungen und -mittel in Rechnung zu stellen hat.

a)

Gesamtbeprobungsmethode: Proben mit dem gleichen Boden-Lösungs-Verhältnis werden vorbereitet, und war so viele, wie Zeitintervalle zur Untersuchung der Adsorptionskinetik vorgesehen sind. Nach Zentrifugation und, falls gewünscht, Filtration wird die wässrige Phase möglichst vollständig erhalten und nach beispielsweise 4 Stunden gemessen. Bei der zweiten Probe erfolgt die Messung nach 8 Stunden, bei der dritten nach 24 Stunden usw.

b)

Aliquotenbeprobungsmethode: Für jedes Boden-Lösungs-Verhältnis wird lediglich eine Duplikatprobe vorbereitet. Bei festgelegten Zeitintervallen wird das Gemisch zur Trennung der Phasen zentrifugiert. Eine kleine Aliquote der wässrigen Phase wird sofort auf die Testsubstanz analysiert. Anschließend wird der Versuch mit dem ursprünglichen Gemisch fortgesetzt. Folgt auf die Zentrifugation Filtration, so sollte das Labor für die Zentrifugation kleiner wässriger Aliquoten ausgestattet sein. Es empfiehlt sich, dass das Gesamtvolumen der abgenommenen Aliquoten nicht höher ist als 1 % des Gesamtvolumens der Lösung, damit sich das Boden-Lösungs-Verhältnis nicht signifikant ändert und die Masse des zur Adsorption verfügbaren gelösten Stoffs während des Tests nicht abnimmt.

Der Adsorptionsanteil wird zu jedem Zeitpunkt (Formula) auf der Basis der nominellen Anfangskonzentration und der gemessenen Konzentration zur Probenahmezeit (ti), korrigiert um den Leerwert, berechnet. Grafische Darstellungen von Formula in Abhängigkeit von der Zeit (Abbildung 1 Anlage 5) werden erzeugt, um das Erreichen des Gleichgewichtsplateaus abzuschätzen (30). Der Kd-Wert bei Gleichgewicht wird ebenfalls berechnet. Ausgehend von diesem Kd-Wert werden aus Abbildung 1 geeignete Boden-Lösungs-Verhältnisse so ausgewählt, dass der Adsorptionsanteil über 20 % und vorzugsweise >50 % liegt (61). Alle anwendbaren Gleichungen und Grundsätze sind im Abschnitt „Daten und Abschlussbericht“ sowie in Anlage 5 aufgeführt.

1.9.2.2.   Bestimmung der Zeit zur Einstellung des Adsorptionsgleichgewichts und der bei Gleichgewicht adsorbierten Menge Testsubstanz

Wie bereits erwähnt, gestatten grafische Darstellungen von Formula bzw. Formula in Abhängigkeit von der Zeit eine Abschätzung des Erreichens des Adsorptionsgleichgewichts und der bei Gleichgewicht adsorbierten Menge Testsubstanz. Beispiele für solche grafischen Darstellungen werden in den Abbildungen 1 und 2 gezeigt. Die Gleichgewichtseinstellungszeit ist die Zeit, die das System benötigt, um ein Plateau zu erreichen.

Wird bei einem speziellen Boden kein Plateau, sondern ein kontinuierlicher Anstieg festgestellt, so können dafür Faktoren wie Bioabbau oder langsame Diffusion verantwortlich sein. Ein Bioabbau lässt sich nachweisen, indem das Experiment mit einer sterilisierten Probe des Bodens wiederholt wird. Wird kein Plateau erreicht, sollte der Experimentator nach anderen Phänomenen suchen, die bei seinen spezifischen Untersuchungen beteiligt sein könnten. Zu diesem Zweck könnten entsprechende Modifizierungen an den Versuchsbedingungen (Temperatur, Schüttelzeiten, Boden-Lösungs-Verhältnisse) vorgenommen werden. Die Entscheidung darüber, ob das Testverfahren fortgesetzt werden soll, auch wenn es möglicherweise nicht gelingt, ein Gleichgewicht zu erreichen, liegt im Ermessen des Experimentators.

1.9.2.3.   Adsorption an der Oberfläche des Testgefäßes und Stabilität der Testsubstanz

Einige Informationen zur Adsorption der Testsubstanz an der Oberfläche von Testgefäßen und zu ihrer Stabilität lassen sich aus der Analyse der Kontrollproben ableiten. Wird ein Verfall außerhalb der Standardabweichung der analytischen Methode beobachtet, könnten ein abiotischer Abbau und/oder eine Adsorption an der Oberfläche des Testgefäßes beteiligt sein. Eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Phänomenen kann getroffen werden, indem die Wände des Gefäßes mit einem bekannten Volumen eines geeigneten Lösungsmittels gründlich gewaschen werden und die Waschlösung auf die Testsubstanz analysiert wird. Ist keine Adsorption an der Oberfläche des Testgefäßes zu beobachten, demonstriert der Verfall eine abiotische Instabilität der Testsubstanz. Wird Adsorption festgestellt, macht sich ein Wechsel des Materials des Testgefäßes erforderlich. Die aus diesem Experiment gewonnenen Daten zur Adsorption an der Oberfläche der Testgefäße können jedoch nicht direkt auf ein Boden-Lösungs-Experiment extrapoliert werden. Die Anwesenheit von Boden wird sich auf diese Adsorption auswirken.

Zusätzliche Angaben zur Stabilität der Testsubstanz lassen sich durch Bestimmung der Stamm-Massenbilanz im Zeitablauf ableiten. Dabei werden die wässrige Phase, Extrakte von Boden und Testgefäßwänden auf die Testsubstanz analysiert. Die Differenz zwischen der Masse der zugesetzten Testchemikalie und der Summe der Massen der Testchemikalie in der wässrigen Phase, Extrakte von Boden und Testgefäßwänden ist gleich der abgebauten und/oder verdunsteten und/oder nicht extrahierten Masse. Zur Durchführung einer Massenbilanzbestimmung sollte das Adsorptionsgleichgewicht innerhalb der Versuchszeit erreicht worden sein.

Die Bestimmung der Massenbilanz erfolgt an beiden Böden sowie für ein Boden-Lösungs-Verhältnis je Boden, das einen Verfall oberhalb 20 % und vorzugsweise > 50 % bei Gleichgewicht ergibt. Wenn das Experiment zur Verhältnisfindung mit der Analyse der letzten Probe der wässrigen Phase nach 48 Stunden abgeschlossen ist, werden die Phasen mittels Zentrifugation und, falls gewünscht, Filtration getrennt. Die wässrige Phase wird so weitgehend wie möglich aufgefangen, und der Boden wird mit einem Extraktionslösungsmittel (Extraktionskoeffizient mindestens 95 %) versetzt, um die Testsubstanz zu extrahieren. Empfehlenswert sind wenigstens zwei aufeinander folgende Extraktionen. Die Menge Testsubstanz in den Boden- und Testgefäßextrakten wird bestimmt und die Massenbilanz berechnet (Gleichung 10, „Daten und Abschlussbericht“). Fällt sie niedriger aus als 90 %, gilt die Testsubstanz als im Zeitrahmen des Tests instabil. Dennoch könnten die Untersuchungen weiter fortgesetzt werden, wobei dann die Instabilität der Testsubstanz zu berücksichtigen wäre. Für diesen Fall empfiehlt es sich, beide Phasen in der Hauptuntersuchung zu analysieren.

1.9.3.   Stufe 2 — Adsorptionskinetik bei einer Konzentration der Testsubstanz

Zum Einsatz kommen fünf aus Tabelle 1 ausgewählte Böden. Hierbei wäre es von Vorteil, gegebenenfalls einige oder sämtliche Böden, die bei der Voruntersuchung verwendet wurden, einzubeziehen. In einem solchen Fall muss Stufe 2 für die in der Voruntersuchung benutzten Böden nicht wiederholt werden.

Die Zeit zur Einstellung des Gleichgewichts, das Boden-Lösungs-Verhältnis, das Gewicht der Bodenprobe, das Volumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden und die Konzentration der Testsubstanz in der Lösung werden auf der Basis der Ergebnisse aus den Voruntersuchungen ausgewählt. Analysen sollten vorzugsweise nach etwa 2, 4, 6, 8 (eventuell auch 10) und 24 Stunden Kontaktzeit erfolgen. Die Rührzeit könnte auf maximal 48 Stunden ausgedehnt werden, sollte eine Chemikalie im Zusammenhang mit den Resultaten der Verhältnisfindung eine längere Zeit bis zum Erreichen des Gleichgewichts benötigen. Die Analysenzeiten könnten jedoch flexibel angesetzt werden.

Jedes Experiment (ein Boden und eine Lösung) wird mindestens doppelt ausgeführt, um die Varianz der Resultate abschätzen zu können. Bei jedem Versuch wird eine Leerprobe untersucht. Sie besteht aus dem Boden und 0,01 M CaCl2-Lösung ohne Testsubstanz und ist hinsichtlich Gewicht und Volumen mit den Versuchsproben identisch. Zu Absicherung gegen unerwartete Ergebnisse wird eine Kontrollprobe mit lediglich der Testsubstanz in 0,01 M CaCl2-Lösung (ohne Boden) dem gleichen Testverfahren unterzogen.

Der Adsorptionsanteil wird zu jedem Zeitpunkt Formula und/oder Zeitintervall Formula (gemäß den Erfordernissen) berechnet und in Abhängigkeit von der Zeit grafisch aufgetragen. Ebenfalls berechnet werden der Verteilungskoeffizient Kd bei Gleichgewicht sowie der auf organischen Kohlenstoff normierte Adsorptionskoeffizient Koc (für nichtpolare organische Chemikalien).

Ergebnisse des Adsorptionskinetiktests:

Der lineare Kd-Wert ist im Allgemeinen zur Beschreibung des Sorptionsverhaltens in Boden hinreichend genau (35) (78) und ist ein Ausdruck für die inhärente Mobilität von Chemikalien in Boden. Beispielsweise gelten Chemikalien mit Kd ≤ 1 cm3 g-1 in der Regel als qualitativ mobil. In ähnlicher Weise haben MacCall et al. (16) eine Mobilitätssystematik auf der Basis von Koc-Werten aufgestellt. Ferner gibt es Auswaschsystematiken auf der Grundlage einer Beziehung zwischen Koc und DT-50 (31) (32) (79).

Fehleranalysenuntersuchungen (61) zufolge können Kd-Werte unterhalb 0,3 cm3 g-1 zudem nicht genau anhand eines Rückgangs der Konzentration in der wässrigen Phase abgeschätzt werden, und zwar auch dann nicht, wenn das (aus Sicht der Genauigkeit) günstigste Boden-Lösungs-Verhältnis, nämlich 1:1, angewendet wird. In diesem Fall ist eine Analyse beider Phasen, d. h. von Boden und Lösung, angeraten.

Angesichts der vorstehenden Feststellungen empfiehlt es sich, die Untersuchung des Adsorptionsverhaltens einer Chemikalie in Boden und ihres Mobilitätspotenzials fortzusetzen, indem für diese Systeme die Adsorptionsisothermen nach Freundlich bestimmt werden, bei denen eine exakte Bestimmung von Kd nach dem dieser Testmethode zugrunde liegenden Versuchsprotokoll möglich ist. Eine genaue Bestimmung ist möglich, sofern der aus der Multiplikation von Kd mit dem Boden-Lösungs-Verhältnis resultierende Wert größer ist als 0,3, wenn die Messungen auf einem Konzentrationsrückgang in der wässrigen Phase beruhen (indirekte Methode), bzw. größer ist als 0,1, wenn beide Phasen analysiert werden (direkte Methode) (61).

1.9.4.   Stufe 3 — Adsorptionsisothermen und Desorptionskinetik/Desorptionsisothermen

1.9.4.1.   Adsorptionsisothermen

Zum Einsatz kommen fünf Substanzen, mit denen vorzugsweise zwei Größenordnungen abgedeckt werden. Bei der Auswahl dieser Konzentrationen sollten die Wasserlöslichkeit und die resultierenden wässrigen Gleichgewichtskonzentrationen Berücksichtigung finden. Das Boden-Lösungs-Verhältnis je Boden sollte während des Verlaufs der Untersuchung nicht verändert werden. Der Adsorptionstest wird wie vorstehend beschrieben durchgeführt, mit dem einzigen Unterschied, dass die wässrige Phase nur einmal zu der Zeit analysiert wird, die notwendig ist, um ein Gleichgewicht — wie zuvor in Stufe 2 — bestimmt zu erreichen. Die Gleichgewichtskonzentrationen in der Lösung werden bestimmt, und die adsorbierte Menge wird anhand des Verfalls der Testsubstanz in der Lösung oder nach der direkten Methode berechnet. Die je Einheit Bodenmasse adsorbierte Menge wird grafisch als Funktion der Gleichgewichtskonzentration der Testsubstanz aufgetragen (siehe Abschnitt „Daten und Abschlussbericht“).

Ergebnisse aus dem Adsorptionsisothermenexperiment:

Von den bisher vorgeschlagenen mathematischen Adsorptionsmodellen ist die Freundlich-Isotherme das zur Beschreibung von Adsorptionsprozessen am häufigsten verwendete Modell. Nähere Einzelheiten zur Interpretation und Bedeutung von Adsorptionsmodellen sind in den Literaturangaben zu finden (41) (45) (80) (81) (82).

Anmerkung: Es sei darauf hingewiesen, dass ein Vergleich von KF (Freundlich-Adsorptionskoeffizient)-Werten für unterschiedliche Substanzen nur möglich ist, wenn diese KF-Werte in den gleichen Einheiten ausgedrückt werden (83).

1.9.4.2.   Desorptionskinetik

Der Zweck dieses Experiments besteht darin, zu untersuchen, ob die Adsorption einer Chemikalie an einem Boden reversibel oder irreversibel ist. Diese Information ist insofern von Bedeutung, als auch der Desorptionsprozess eine wichtige Rolle im Verhalten einer Chemikalie in Feldboden spielt. Darüber hinaus sind Desorptionsdaten nützliche Eingangsdaten für die Computermodellierung von Auswaschungen und aufgelöster Abflusssimulation. Wird eine Desorptionsuntersuchung gewünscht, so empfiehlt es sich, die nachfolgend beschriebene Studie an jedem System auszuführen, bei dem im vorhergehenden Experiment zur Adsorptionskinetik eine genaue Bestimmung von Kd möglich war.

Ähnlich wie bei der Adsorptionskinetikuntersuchung bestehen auch hier zwei Möglichkeiten zur Fortführung des Desorptionskinetikexperiments: a) die Gesamtbeprobungsmethode und b) die Aliquotenbeprobungsmethode. Die Wahl der zugrunde liegenden Methodik liegt im Ermessen des Experimentators, der dabei auch die verfügbaren Laboreinrichtungen und -mittel in Rechnung stellen muss.

a)

Gesamtbeprobungsmethode: Für jeden Boden, der zur Fortführung der Desorptionsstudie ausgewählt wurde, werden so viele Proben mit dem gleichen Boden-Lösungs-Verhältnis vorbereitet, wie Zeitintervalle zur Untersuchung der Desorptionskinetik vorgesehen sind. Vorzugsweise sollten die gleichen Zeitintervalle wie beim Adsorptionskinetikversuch Anwendung finden, doch kann die Gesamtzeit auch ausgedehnt werden, falls dies zum Erreichen des Desorptionsgleichgewichts im System erforderlich ist. Bei jedem Versuch (ein Boden, eine Lösung) wird eine Leerprobe untersucht. Diese besteht aus dem Boden und 0,01 M CaCl2-Lösung, ohne Testsubstanz, und ist hinsichtlich Gewicht und Volumen mit denen des Experiments identisch. Als Kontrollprobe wird die Testsubstanz in 0,01 M CaCl2-Lösung (ohne Boden) dem gleichen Testverfahren unterzogen. Alle Gemische des Bodens mit der Lösung werden bis zum Erreichen des Adsorptionsgleichgewichts geschüttelt (wie zuvor in Stufe 2 bestimmt). Anschließend werden die Phasen mittels Zentrifugieren getrennt und die wässrigen Phasen so weit wie möglich abgenommen. Für das abgenommene Volumen Lösung wird mit einem gleichen Volumen 0,01 M CaCl2 ohne Testsubstanz aufgefüllt, und die neuen Gemische werden wieder geschüttelt. Die wässrige Phase des ersten Glases wird möglichst vollständig aufgefangen und nach beispielsweise 2 Stunden gemessen, die des zweiten Glases nach 4 Stunden, die des dritten nach 6 Stunden usw., bis das Desorptionsgleichgewicht eingestellt ist.

b)

Aliquotenbeprobungsmethode: Nach dem Adsorptionskinetikversuch wird das Gemisch zentrifugiert und die wässrige Phase so weit wie möglich abgenommen. Für das abgenommene Lösungsvolumen wird mit einem gleichen Volumen 0,01 M CaCl2 ohne Testsubstanz aufgefüllt. Das neue Gemisch wird bis zur Einstellung des Desorptionsgleichgewichts geschüttelt. Während dieses Zeitraums wird das Gemisch in festgelegten Zeitintervallen zur Trennung der Phasen zentrifugiert. Eine kleine Aliquote der wässrigen Phase wird sofort auf die Testsubstanz analysiert. Anschließend läuft der Versuch mit dem ursprünglichen Gemisch weiter. Das Volumen jeder einzelnen Aliquote sollte geringer sein als 1 % des Gesamtvolumens. Zur Aufrechterhaltung des Verhältnisses Boden/Lösung wird in das Gemisch die gleiche Menge frischer 0,01-M-CaCl2-Lösung gegeben. Das Schütteln wird bis zum darauf folgenden Zeitintervall fortgesetzt.

Der Desorptionsanteil wird zu jedem Zeitpunkt (Formula) und/oder Zeitintervall (Formula) (je nach den Untersuchungserfordernissen) berechnet und grafisch in Abhängigkeit von der Zeit aufgetragen. Der Desorptionskoeffizient von Kdes bei Gleichgewicht wird ebenfalls berechnet. Alle anwendbaren Gleichungen sind im Abschnitt „Daten und Abschlussbericht“ sowie in Anlage 5 aufgeführt.

Ergebnisse aus dem Desorptionskinetikversuch:

Gemeinsame grafische Darstellung des Anteils an Desorption Formula und Adsorption Formula in Abhängigkeit von der Zeit erlauben eine Abschätzung der Reversibilität des Adsorptionsvorgangs. Wird das Desorptionsgleichgewicht erreicht, auch wenn dies erst nach dem Zweifachen der Zeit für das Adsorptionsgleichgewicht der Fall ist, und liegt die Gesamtdesorption bei über 75 % der adsorbierten Menge, so gilt die Adsorption als reversibel.

1.9.4.3.   Desorptionsisothermen

Desorptionsisothermen nach Freundlich werden an den Böden bestimmt, die im Experiment zu den Adsorptionsisothermen verwendet wurde. Der Desorptionstest wird wie im Abschnitt „Desorptionskinetik“ beschrieben durchgeführt, mit dem einzigen Unterschied, dass die wässrige Phase nur einmal, und zwar bei Desorptionsgleichgewicht, analysiert wird. Es wird die Menge der desorbierten Testsubstanz berechnet. Der Gehalt von am Boden adsorbiert bleibender Testsubstanz wird als Funktion der Gleichgewichtskonzentration der Testsubstanz in Lösung aufgetragen (siehe Abschnitt „Daten und Abschlussbericht“ sowie Anlage 5).

2.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

Die Zusammenstellung der Analysendaten erfolgt in Tabellenform (siehe Anlage 6). Es werden einzelne Messungen und errechnete Mittelwerte angegeben. Von Adsorptionsisothermen werden grafische Darstellungen vorgelegt. Die Berechnungen werden wie nachfolgend beschrieben durchgeführt.

Für die Zwecke des Tests wird davon ausgegangen, dass das Gewicht von 1 cm3 wässriger Lösung 1 g beträgt. Das Boden-Lösungs-Verhältnis kann in den Darstellungen mit den Einheiten w/w bzw. w/vol ausgedrückt werden.

2.1.   ADSORPTION

Die Adsorption (Formula) wird als der Anteil von unter den Testbedingungen am Boden adsorbierter Substanz bezogen auf die zu Beginn des Tests vorhandene Menge definiert. Ist die Testsubstanz stabil und adsorbiert nicht signifikant an der Behälterwand, so wird Formula zu jedem Zeitpunkt ti nach folgender Gleichung berechnet:

Formula

(3)

Hierin bedeuten:

Formula

=

Adsorptionsanteil zum Zeitpunkt ti ( %)

Formula

=

Masse der am Boden zur Zeit ti adsorbierten Testsubstanz (μg)

m0

=

Masse der Testsubstanz im Reagenzglas zu Beginn des Tests (μg)

Detaillierte Angaben zur Vorgehensweise bei der Berechnung des Adsorptionsanteils Formula für die Gesamtbeprobungs- und die Aliquotenbeprobungsmethode enthält Anlage 5.

Der Verteilungskoeffizient Kd ist der Quotient aus dem Gehalt der Substanz in der Bodenphase und der Massenkonzentration der Substanz in der wässrigen Lösung unter den Testbedingungen, wenn das Adsorptionsgleichgewicht erreicht wird.

Formula

(cm3 g-1)

(4)

Hierin bedeuten:

Formula

=

Gehalt der am Boden bei Adsorptionsgleichgewicht adsorbierten Substanz (μg g-1)

Formula

=

Massenkonzentration der Substanz in der wässrigen Phase bei Adsorptionsgleichgewicht (μg cm-3). (Diese Konzentration wird analytisch unter Berücksichtigung der durch die Leerversuche erhaltenen Werte bestimmt.)

Formula

=

Masse der am Boden bei Adsorptionsgleichgewicht adsorbierten Substanz (μg)

Formula

=

Masse der Substanz in der Lösung bei Adsorptionsgleichgewicht (μg)

mBoden = msoil

=

Menge der Bodenphase, ausgedrückt in Trockenmasse Boden (g)

V0

=

Ausgangsvolumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden (cm3)

Die Beziehung zwischen Aeq und Kd wird wie folgt dargestellt:

Formula

(cm3 g-1)

(5)

Hierin bedeutet:

Aeq

=

Adsorptionsanteil bei Adsorptionsgleichgewicht ( %).

Der auf organischen Kohlenstoff normierte Adsorptionskoeffizient Koc setzt den Verteilungskoeffizienten Kd in Beziehung zum Gehalt an organischem Kohlenstoff in der Bodenprobe:

Formula

(cm3 g-1)

(6)

Hierin bedeutet:

% oc

=

Anteil an organischem Kohlenstoff in der Bodenprobe (g g-1).

Der Koc-Koeffizient steht für einen einzigen Wert, der die Verteilung hauptsächlich von nichtpolaren organischen Chemikalien zwischen organischem Kohlenstoff im Boden oder Sediment und Wasser charakterisiert. Die Adsorption dieser Chemikalien wird in Korrelation zum organischen Gehalt des sorbierenden Feststoffs gesetzt (7). Folglich sind Koc-Werte abhängig von den spezifischen Eigenschaften der Huminfraktionen, die hinsichtlich der Sorptionskapazität aufgrund von Unterschieden in Herkunft, Entstehung usw. erheblich voneinander abweichen.

2.1.1.   Adsorptionsisothermen

Die Freundlich-Adsorptionsisothermen-Gleichung setzt die Menge der adsorbierten Testsubstanz in Beziehung zur Konzentration der Testsubstanz in Lösung bei Gleichgewicht (Gleichung 8).

Die Daten werden wie unter dem Punkt „Adsorption“ beschrieben behandelt, und für jedes Reagenzglas wird der Gehalt der nach dem Adsorptionstest am Boden adsorbierten Testsubstanz (Formula, an anderer Stelle als x/m bezeichnet) berechnet. Es wird angenommen, dass ein Gleichgewicht eingestellt worden ist und dass Formula für den Gleichgewichtswert steht:

Formula

(μg g-1)

(7)

Die Freundlich’sche Adsorptionsgleichung lautet wie folgt (8):

Formula

(μg g-1)

(8)

bzw. in der linearen Form:

Formula

(9)

Hierin bedeuten:

Formula

=

Freundlich-Adsorptionskoeffizient; seine Dimension ist cm3 g-1, jedoch nur wenn l/n = 1; in allen anderen Fällen wird die Neigung l/n in die Dimension von Formula (μg1-1/n (cm3)1/n g-1) eingeführt:

n

=

Regressionskonstante; l/n liegt im Allgemeinen im Bereich von 0,7 bis 1,0 und zeigt an, dass Sorptionsdaten oft leicht nichtlinear sind.

Die Gleichungen 8 und 9 werden grafisch aufgetragen, und die Werte von Formula und l/n werden mittels Regressionsanalyse nach der Gleichung 9 berechnet. Der Korrelationskoeffizient r2 der log-Gleichung wird ebenfalls berechnet. Abbildung 2 zeigt ein Beispiel für solche grafischen Darstellungen.

Image

2.1.2.   Massenbilanz

Die Massenbilanz (MB) wird definiert als der Anteil der Substanz, der nach einem Adsorptionstest gegenüber der nominalen Substanzmenge am Beginn des Tests analytisch erhalten werden kann.

Die Behandlung von Daten hängt davon ab, inwieweit das Lösungsmittel vollständig mit Wasser mischbar ist. Im Fall eines wassermischbaren Lösungsmittels kann die unter Punkt „Desorption“ beschriebene Behandlung von Daten angewendet werden, um die durch Lösungsmittelextraktion rückgewonnene Substanzmenge zu bestimmen. Ist das Lösungsmittel nicht so gut mit Wasser mischbar, muss die Bestimmung der erhaltenen Menge erfolgen.

Die Massenbilanz MB wird für die Adsorption wie folgt berechnet: Es wird angenommen, dass der Term (mE) der Summe der Massen der Testchemikalien entspricht, die mit einem organischen Lösungsmittel aus dem Boden und von den Oberflächen des Testgefäßes extrahiert wurden:

Formula

(10)

Hierin bedeuten:

MB

=

Massenbilanz ( %)

mE

=

Gesamtmasse von aus dem Boden und von Wänden des Testgefäßes in zwei Schritten extrahierter Testsubstanz (μg)

C0

=

Anfangsmassenkonzentration der Testlösung in Kontakt mit dem Boden (μg cm-3)

Vrec

=

Volumen des nach dem Adsorptionsgleichgewicht erhaltenen Überstandes (cm-3).

2.2.   DESORPTION

Die Desorption (D) wird als Anteil der unter Testbedingungen desorbierten Testsubstanz bezogen auf die Menge der zuvor adsorbierten Substanz definiert:

Formula

(11)

Hierin bedeuten:

Formula

=

Desorptionsanteil zum Zeitpunkt ti ( %)

Formula

=

Masse der aus Boden zum Zeitpunkt ti desorbierten Testsubstanz (μg)

Formula

=

Masse der bei Adsorptionsgleichgewicht an Boden adsorbierten Testsubstanz (μg)

Detaillierte Angaben zur Vorgehensweise bei der Berechnung des Desorptionsanteils Formula für die Gesamtbeprobungs- und die Aliquotenbeprobungsmethode enthält Anlage 5.

Der Scheindesorptionskoeffizient (Kdes) ist unter den Testbedingungen der Quotient aus dem Gehalt der in der Bodenphase verbleibenden Substanz und der Massenkonzentration der in der wässrigen Lösung desorbierten Substanz bei Erreichen des Desorptionsgleichgewichts:

Formula

(cm3 g-1)

(12)

Hierin bedeuten:

Kdes

=

Desorptionskoeffizient (cm3 g-1)

Formula

=

Gesamtmasse der bei Desorptionsgleichgewicht aus Boden desorbierten Testsubstanz (μg)

VT

=

Gesamtvolumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden während des Desorptionskinetiktests (cm3).

Eine Anleitung zur Berechnung von Formula wird in Anlage 5 im Abschnitt „Desorption“ gegeben.

Hinweis:

Wurde der vorausgehende Adsorptionstest nach der Gesamtbeprobungsmethode durchgeführt, so gilt: Das Volumen VT in der Gleichung 12 ist gleich V0.

2.2.1.   Desorptionsisothermen

Die Freundlich-Desorptionsisothermen-Gleichung setzt den Gehalt der am Boden adsorbiert bleibenden Testsubstanz in Beziehung zur Konzentration der Testsubstanz in Lösung bei Desorptionsgleichgewicht (Gleichung 16).

Für jedes Reagenzglas wird der Gehalt der an Boden bei Desorptionsgleichgewicht adsorbiert bleibenden Substanz wie folgt berechnet:

Formula

(µg g-1)

(13)

Formula wird definiert als:

Formula

(μg)

(14)

Hierin bedeuten:

Formula

=

Gehalt der bei Desorptionsgleichgewicht am Boden adsorbiert bleibenden Testsubstanz (μg g-1)

Formula

=

analytisch bestimmte Masse Substanz in der wässrigen Phase bei Desorptionsgleichgewicht (μg)

Formula

=

Masse der nach Adsorptionsgleichgewichtseinstellung infolge unvollständigen Volumenaustauschs verbliebenen Testsubstanz (μg)

Formula

=

Masse der Substanz in der Lösung bei Adsorptionsgleichgewicht (μg)

Formula

(15)

Formula

=

Volumen der aus dem Glas zur Messung der Testsubstanz bei Desorptionsgleichgewicht abgenommenen Lösung (cm3)

VR

=

Volumen des nach Einstellung des Adsorptionsgleichgewichts aus dem Glas abgenommenen und durch das gleiche Volumen einer 0,01-M-CaCl2-Lösung ersetzten Überstandes (cm3)

Die Desorptionsgleichung nach Freundlich lautet wie folgt (16):

Formula

(μg g-1)

(16)

bzw. in der linearen Form:

Formula

(17)

Hierin bedeuten:

Formula

=

Freundlich-Desorptionskoeffizient

n

=

Regressionskonstante

Formula

=

Massenkonzentration der Substanz in der wässrigen Phase bei Desorptionsgleichgewicht (μg cm-3)

Die Gleichungen 16 und 17 können grafisch aufgetragen werden, und die Werte von Formula und l/n werden mittels Regressionsanalyse nach der Gleichung 17 berechnet.

Hinweis:

Ist der Freundlich-Adsorptions- bzw. Desorptionsexponent l/n gleich 1, so wird die Freundlich-Adsorptions- bzw. Desorptionsbindungskonstante (Formula und Formula) gleich der Adsorptions- bzw. der Desorptionsgleichgewichtskonstante (Kd bzw. Kdes) sein, und die Kurven von Cs in Abhängigkeit von Caq werden linear verlaufen. Sind die Exponenten nicht gleich 1, so verlaufen die Kurven Cs in Abhängigkeit von Caq nicht linear, und die Adsorptions- und die Desorptionskonstante werden entlang der Isothermen variieren.

2.2.2.   Testbericht

Der Testbericht sollte folgende Angaben enthalten:

vollständige Angaben zu den verwendeten Bodenproben, darunter:

geografische Angaben zum Standort (Breite, Länge),

Datum der Probenahme,

Einsatzstruktur (z. B. landwirtschaftlich genutzter Boden, Forst usw.),

Probenahmetiefe,

Sand-/Schluff-/Tongehalt,

pH-Werte (in 0,01 M CaCl2),

organischer Kohlenstoffgehalt,

organischer Substanzgehalt,

Stickstoffgehalt,

C/N-Verhältnis,

Kationenaustauschkapazität (mmol/kg),

sämtliche Informationen zur Sammlung und Lagerung von Bodenproben,

gegebenenfalls alle für die Interpretation der Adsorption/Desorption der Testsubstanz relevanten Informationen,

Angaben zu den für die Bestimmung der einzelnen Parameter verwendeten Methoden;

Informationen zur Testsubstanz, wenn erforderlich;

Temperatur der Experimente;

Zentrifugierbedingungen;

zur Analyse der Testsubstanz herangezogenes analytisches Verfahren;

Begründung der eventuellen Verwendung eines Solubilisierungsmittels bei der Herstellung der Vorratslösung der Testsubstanz;

Erläuterung zu Korrekturen an den Berechnungen, falls relevant;

Daten gemäß Formular (Anlage 6) und grafische Darstellungen;

sämtliche Informationen und Beobachtungen, die für die Auslegung der Testergebnisse hilfreich sind.

3.   LITERATURANGABEN

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Anlage 1

Testplan

Image

Anlage 2

EINFLUSS DER GENAUIGKEIT DER ANALYSENMETHODE UND DER KONZENTRATIONSVERÄNDERUNG AUF DIE GENAUIGKEIT VON ADSORPTIONSERGEBNISSEN

Wie die nachstehende Tabelle (84) verdeutlicht, führt dann, wenn die Differenz zwischen der Anfangsmasse (m0 = 110 μg) und der Gleichgewichtsmasse (Formula) der Testsubstanz sehr gering ist, eine Abweichung von 5 % bei der Messung der Gleichgewichtskonzentration zu einer Abweichung von 50 % bei der Berechnung des Gehalts der an Boden adsorbierten Substanz (Formula) und von 52,4 % bei der Berechnung von Kd.

Menge des Bodens

mBoden

= 10 g

Volumen der Lösung

V0

=100 cm3


 

FOR-L_2008142DE.01044401.notes.0187.xml.jpg

(μg)

FOR-L_2008142DE.01044401.notes.0188.xml.jpg

(μg cm-3)

R

FOR-L_2008142DE.01044401.notes.0189.xml.jpg

(μg)

FOR-L_2008142DE.01044401.notes.0190.xml.jpg

(μg g1)

R‡

Kd*

R‡

 

FÜR A = 9 %

m0 = 110 μg oder C0 = 1 100 μg/cm3

100

1,000

wahrer Wert

10

1,00

wahrer Wert

1

 

101

1,010

1 %

9

0,90

10 %

0,891

10,9 %

105

1,050

5 %

5

0,50

50 %

0,476

52,4 %

109

1,090

9 %

1

0,10

90 %

0,092

90,8 %

 

FÜR A = 55 %

m0 = 110 μg oder C0 = 1 100 μg/cm3

50,0

0,500

wahrer Wert

6,00

6,00

wahrer Wert

12,00

 

50,5

0,505

1 %

59,5

5,95

0,8 %

1,78

1,8 %

52,5

0,525

5 %

57,5

5,75

4,0 %

10,95

8,8 %

55,0

0,550

10 %

55,0

5,50

8,3 %

10,00

16,7 %

 

FÜR A = 99 %

m0 = 110 μg oder C0 = 1 100 μg/cm3

1,100

0,011

wahrer Wert

108,9

10,89

wahrer Wert

990

 

1,111

0,01111

1 %

108,889

10,8889

0,01 %

980

1,0 %

1,155

0,01155

9 %

108,845

10,8845

0,05 %

942

4,8 %

1,21

0,0121

10 %

108,790

10,8790

0,10 %

899

9,2 %

Hierin bedeuten:

Formula

=

Formula

Formula

=

Masse der Testsubstanz in der Bodenphase bei Gleichgewicht, μg;

Formula

=

Masse der Testsubstanz in der wässrigen Phase bei Gleichgewicht, μg;

Formula

=

Gehalt der Testsubstanz in der Bodenphase bei Gleichgewicht, μg g-1;

Formula

=

Massenkonzentration der Testsubstanz in der wässrigen Phase bei Gleichgewicht, μg cm-3;

R

=

Analysenfehler bei der Bestimmung der Formula;

R‡

=

rechnerische Abweichung als Folge des Analysenfehlers R.

Anlage 3

ABSCHÄTZUNGSVERFAHREN FÜR Kd

1.

Abschätzungsverfahren gestatten eine Vorhersage von Kd ausgehend von Korrelationen mit beispielsweise Pow-Werten (12) (39) (63-68), Wasserlöslichkeitsdaten (12) (19) (21) (39) (68-73) oder Polaritätsdaten, die mittels Anwendung von HPLC auf die entgegengesetzte Phase erhalten wurden (74-76). Wie aus den Tabellen 1 und 2 hervorgeht, ist der Koc bzw. Kom der nach diesen Gleichungen berechnete und dann — indirekt — der Kd aus den Gleichungen:

Formula

Formula

2.

Das Konzept dieser Korrelationen stützt sich auf zwei Annahmen: (1) Der größte Einfluss auf die Adsorption einer Substanz geht von den organischen Substanzen des Bodens aus, und (2) die beteiligten Wechselbeziehungen verlaufen überwiegend nichtpolar. Daraus folgt, dass diese Korrelationen (1) nicht oder nur in gewissem Umfang auf polare Substanzen anwendbar sind und (2) nicht anwendbar sind, wenn der organische Substanzgehalt des Bodens sehr klein ist (12). Darüber hinaus sind zwar zufrieden stellende Korrelationen zwischen Pow und Adsorption (19) festgestellt worden, doch für die Beziehung zwischen der Wasserlöslichkeit und dem Umfang der Adsorption ist dies nicht der Fall (19) (21): in diesem Punkt kommen die Studien zu äußerst widersprüchlichen Aussagen.

3.

Beispielhafte Korrelationen zwischen dem Adsorptionskoeffizienten und dem Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten sowie die Wasserlöslichkeit sind in Tabelle 1 bzw. 2 aufgeführt.

Tabelle 1.

Beispielhafte Korrelationen zwischen dem Adsorptionsverteilungskoeffizienten und dem Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten; weitere Beispiele siehe (12) (68).

Substanzen

Korrelationen

Verfasser

Substituierte Harnstoffe

log Kom = 0,69 + 0,52 log Pow

Briggs (1981) (39)

Aromatische chlorierte Substanzen

log Koc = -0,779 + 0,904 log Pow

Chiou et al. (198 3) (6 5)

Verschiedene Pestizide

log Kom = 4,4 + 0,72 log Pow

Gerstl und Mingelgrin (1984) (66)

Aromatische Kohlenwasserstoffe

log Koc = -2,53 + 1,15 log Pow

Vowles und Mantoura (1987) (67)


Tabelle 2.

Beispielhafte Korrelationen zwischen dem Adsorptionsverteilungskoeffizienten und der Wasserlöslichkeit: weitere Beispiele siehe (68) (69).

Verbindungen

Korrelationen

Verfasser

Verschiedene Pestizide

log Kom = 3,8 - 0,561 log Sw

Gerstl und Mingelgrin (1984) (66)

Aliphatische, aromatische chlorierte Substanzen

log Kom = (4,040 +/- 0,038) - (0,557 +/- 0,012) log Sw

Chiou et al. (1979) (70)

a-Naphtol

log Koc = 4,273 - 0,686 log Sw

Hasset et al. (1981) (71)

Cyclische, aliphatische aromatische Substanzen

log Koc = -1,405 - 0,921 log Sw-0,00953 (mp–25)

Karickhoff (1981) (72)

Verschiedene Verbindungen

log Kom = 2,75 - 0,45 log Sw

Moreale van Blade (1982) (73)

Anlage 4

BERECHNUNGEN ZUR FESTLEGUNG DER ZENTRIFUGATIONSBEDINGUNGEN

1.

Die Zentrifugationszeit ergibt sich nach der folgenden Formel, wobei kugelförmige Partikel angenommen werden:

Formula

(1)

Zur Vereinfachung sind alle Parameter in Nicht-SI-Einheiten beschrieben (g, cm).

Hierin bedeuten:

ω

=

die Drehzahl (= 2 π Upm/60), rad s–1;

rpm

=

Umdrehungen pro Minute;

η

=

Viskosität der Lösung, g s–1 cm–1;

rp

=

Partikelradius, cm;

ρs

=

Lösungsdichte, g cm-3;

ρaq

=

solution density, g cm-3;

Rt

=

Abstand vom Zentrum des Zentrifugenrotors zum oberen Ende der Lösung im Zentrifugenglas, cm;

Rb

=

Abstand vom Zentrum des Zentrifugenrotors zum unteren Ende des Zentrifugenglases, cm;

Rb-Rt

=

Länge des Boden-Lösungs-Gemischs im Zentrifugenrohr

In der Praxis wird zur Gewährleistung einer vollständigen Trennung üblicherweise das Doppelte der berechneten Zeiten angesetzt.

2.

Die Gleichung 1 kann noch weiter vereinfacht werden, wenn man die Viskosität (η) und die Dichte (ρaq) der Lösung gleich der Viskosität und der Dichte von Wasser bei 25 oC setzt. Daraus folgt η = 8,95 × 10–3 g s–1 cm–1 und ρaq = 1,0 g.cm–3.

Daraus ergibt sich die Zentrifugationszeit nach folgender Gleichung (2):

Formula

(2)

3.

Aus Gleichung 2 wird ersichtlich, dass für die Festlegung der Zentrifugationsbedingungen, d. h. Zeit (t) und Geschwindigkeit (Upm), zwei Parameter von Bedeutung sind, um die Abtrennung von Partikeln mit einer bestimmten Größe zu erreichen (in unserem Fall 0,1 um Radius); (1) die Dichte des Bodens und (2) die Länge des Gemischs im Zentrifugenglas (Rb–Rt), d. h. der Abstand, den ein Bodenpartikel vom oberen Ende der Lösung zum unteren Ende des Glases abdeckt; offenkundig hängt bei einem feststehenden Volumen die Länge des Gemischs im Glas vom Quadrat des Radius des Glases ab.

4.

in Abb. 1 sind verschiedene Zentrifugationszeiten (t) in Abhängigkeit von der Zentrifugiergeschwindigkeit (Upm) für unterschiedliche Bodendichten (ρs) (Abb. 1a) und unterschiedliche Längen des Gemischs in den Zentrifugengläsern (Abb. 2a) dargestellt. Aus Abb. 1a geht der klare Einfluss der Bodendichte hervor. So beträgt die Zentrifugationszeit bei einer herkömmlichen Zentrifugation von 3 000 Upm für 1,2 g cm3 Bodendichte annähernd 240 min, bei 2,0 g cm3 hingegen nur 50 min. Ebenso lässt sich an Abb. 1b ablesen, dass die Zentrifugationszeit für eine Länge des Gemischs von 10 cm etwa 50 min beträgt, bei einer Länge von 1 cm dagegen nur 7 min. In jedem Fall kommt es darauf an, ein optimales Verhältnis zwischen Zentrifugation, die die kleinstmögliche Länge erfordert, und einer einfachen Handhabung für den Experimentator bei der Abtrennung der Phase nach der Zentrifugation zu finden.

5.

Darüber hinaus muss bei der Festlegung der Versuchsbedingungen für die Trennung von Boden/Lösung-Phasen vor allem das mögliche Vorhandensein einer dritten „Pseudophase“, der Kolloide, in Betracht gezogen werden. Diese Partikel, deren Größe unter 0,2 μm liegt, können einen erheblichen Einfluss auf den gesamten Adsorptionsmechanismus einer Substanz in einer Bodensuspension ausüben. Wird die Zentrifugation wie vorstehend beschrieben durchgeführt, verbleiben Kolloide in der wässrigen Phase und werden gemeinsam mit der wässrigen Phase analysiert. Dadurch gehen die Informationen über ihren Einfluss verloren.

Verfügt das ausführende Labor über Ultrazentrifugier- oder Ultrafiltriereinrichtungen, könnte die Adsorption/Desorption einer Substanz in Boden eingehender untersucht werden, z. B. die Adsorption der Substanz an den Kolloiden. In diesem Fall sollte eine Ultrazentrifugation von 60 000 Upm/min bzw. eine Ultrafiltration mit einer Filterporosität von 100 000 Dalton zur Anwendung kommen, um die drei Phasen Boden, Kolloide und Lösung zu trennen. Das Testprotokoll sollte ebenfalls entsprechend modifiziert werden, damit alle drei Phasen einer Substanzanalyse unterzogen werden.

Abb. 1a.

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Abb. 1b.

Image

Anlage 5

BERECHNUNG VON ADSORPTION A ( %) UND DESORPTION D ( %)

Die Zeitplanung des Ablaufs sieht wie folgt aus:

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Für alle Berechnungen wird angenommen, dass die Testsubstanz stabil ist und nicht signifikant an den Behälterwänden adsorbiert.

ADSORPTION A (A %)

a)   Gesamtbeprobungsmethode

Der Adsorptionsanteil wird für jedes Reagenzglas (i) zu jedem Zeitpunkt (ti) nach folgender Gleichung berechnet:

Formula

(%)

(1)

Die Tenne dieser Gleichung lassen sich wie folgt berechnen:

m0 = C0 · V0 (μg)

(2)

Formula

(μg)

(3)

Hierin bedeuten:

Formula

=

Adsorptionsanteil ( %) zum Zeitpunkt ti;

Formula

=

Masse der Testsubstanz an Boden zum Zeitpunkt ti, an dem die Analyse durchgeführt wird (μg);

m0

=

Masse Testsubstanz im Reagenzglas zu Beginn des Tests (μg):

C0

=

Anfangsmassenkonzentration der Testlösung in Kontakt mit dem Boden (μg cm–3):

Formula

=

Massenkonzentration der Substanz in der wässrigen Phase zur Zeit ti, zu der die Analyse durchgeführt wird (μg cm–3); diese Konzentration wird analytisch unter Berücksichtigung der anhand der Leerproben gewonnenen Werte bestimmt.

V0

=

Anfangsvolumen der Testlösung in Kontakt mit dem Boden (cm3).

Die Werte des Adsorptionsanteils Formula bzw. Formula werden grafisch in Abhängigkeit von der Zeit aufgetragen, und die Zeit, nach der das Sorptionsgleichgewicht erreicht ist, wird bestimmt. Beispiele für solche grafischen Darstellungen sind die Abb. 1 und 2.

Image

Image

(1) Gleichungen sowohl auf die direkte als auch auf die indirekte Methode anwendbar. Alle anderen Gleichungen gelten nur für die indirekte Methode.

b)   Aliquotenbeprobungsmethode

Bei den folgenden Gleichungen wird in Rechnung gestellt, dass die Adsorptionsprozedur durch Messungen der Testsubstanz in kleinen Aliquoten der wässrigen Phase in bestimmten Zeitintervallen ausgeführt wird.

Während jedes Zeitintervalls wird die Menge der am Boden adsorbierten Substanz wie folgt berechnet:

für das erste Zeitintervall Δti = ti - t0

Formula

(4)

für das zweite Zeitintervall Δt2 = t2 - t1

Formula

(5)

für das dritte Zeitintervall Δt3 = t3 - t2

Formula

(6)

für das nte Zeitintervall Δtn = tn - tn-1

Formula

(7)

Der Adsorptionsanteil in jedem Zeitintervall, Formula wird nach folgender Gleichung berechnet:

Formula

(8)

wohingegen der Adsorptionsanteil (Formula) zu einem Zeitpunkt ti nach folgender Gleichung erhalten wird:

Formula

(9)

Die Werte der Adsorption Formula bzw. Formula (in Bezug auf die Anforderungen der Untersuchung) werden grafisch in Abhängigkeit von der Zeit aufgetragen, und die Zeit, nach der das Sorptionsgleichgewicht eingestellt ist, wird bestimmt.

Nach der Gleichgewichtszeit teq:

ist die Masse der am Boden adsorbierten Testsubstanz:

Formula

(10)

ist die Masse der Testsubstanz in der Lösung:

Formula

(11)

und ist der Adsorptionsanteil bei Gleichgewicht:

Formula

(12)

Die vorstehend verwendeten Parameter werden wie folgt definiert:

Formula

=

Masse der am Boden während der Zeitintervalle Δt1, Δt2, ..., Δtn adsorbierten Substanz (μg);

Formula

=

Masse der in einer Aliquote Formula zu den Zeitpunkten t1, t2, ..., tn gemessenen Substanz (μg);

Formula

=

Masse der am Boden bei Adsorptionsgleichgewicht adsorbierten Substanz (μg);

Formula

=

Masse der Substanz in der Lösung bei Adsorptionsgleichgewicht (μg):

Formula

=

Volumen der Aliquote, in der die Testsubstanz gemessen wird (cm3);

Formula

=

Adsorptionsanteil bei Adsorptionsgleichgewicht ( %).

Formula

=

entsprechender Adsorptionsanteil in einem Zeitintervall Δti ( %);

(1) Gleichungen sowohl auf die direkte als auch auf die indirekte Methode anwendbar. Alle anderen Gleichungen gelten nur für die indirekte Methode.

DESORPTION D ( %)

Als die Zeit t0, bei der das Desorptionskinetikexperiment beginnt, gilt der Augenblick, in dem das höchste erhaltene Volumen der Testsubstanzlösung (nach Einstellen des Adsorptionsgleichgewichts) durch ein identisches Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung ersetzt wird.

a)   Gesamtbeprobungsmethode

Zu einem Zeitpunkt ti wird die Masse der Testsubstanz in der wässrigen Phase gemessen, die aus dem Glas i (Formula) abgenommen wurde, und die desorbierte Masse wird nach folgender Gleichung berechnet:

Formula

(13)

ei Desorptionsgleichgewicht ist ti = teq und folglich ist Formula = Formula

Die Masse der während eines Zeitintervalls (Δti) desorbierten Testsubstanz wird durch folgende Gleichung erhalten:

Formula

(14)

Die Berechnung des Desorptionsanteils erfolgt:

zu einem Zeitpunkt ti aus der Gleichung:

Formula

(15)

und während eines Zeitintervalls (Δti) aus der Gleichung:

Formula

(16)

Hierin bedeuten:

Formula

=

Desorptionsanteil zu einem Zeitpunkt ti ( %);

Formula

=

Desorptionsanteil entsprechend einem Zeitintervall Δti ( %);

Formula

=

Masse der zu einem Zeitpunkt ti desorbierten Testsubstanz (μg);

Formula

=

Masse der während eines Zeitintervalls Δti desorbierten Testsubstanz (μg):

Formula

=

Masse der zu einem Zeitpunkt ti in einem Lösungsvolumen Formula analytisch gemessenen Testsubstanz, die zur Analyse abgenommen wird (μg);

Formula

=

Masse der nach Adsorptionsgleichgewichtseinstellung infolge unvollständigen Volumenaustauschs verbleibenden Testsubstanz (μg);

Formula

(17)

Formula

=

Masse der Testsubstanz in der Lösung bei Adsorptionsgleichgewicht (μg);

VR

=

Volumen des nach Erreichen des Adsorptionsgleichgewichts aus dem Glas abgenommenen und durch ein identisches Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung ersetzten Überstandes (cm3);

Formula

=

Volumen der im Desorptionskinetikversuch aus dem Glas (i) zur Messung der Testsubstanz abgenommenen Lösung (cm3).

Die Desorptionswerte Formula bzw. Formula (gemäß den Anforderungen der Untersuchung) werden grafisch in Abhängigkeit von der Zeit aufgetragen, und die Zeit, nach der das Desorptionsgleichgewicht erreicht wird, wird bestimmt.

b)   Aliquotenbeprobungsmethode

Bei den nachstehenden Gleichungen wird in Rechnung gestellt, dass die zuvor ausgeführte Adsorptionsprozedur mittels Messung der Testsubstanz in kleinen Aliquoten Formula der wässrigen Phase (Aliquotenbeprobungsmethode siehe 1.9 „Durchführung des Tests“) ausgeführt wurde. Es wird angenommen, dass a) das Volumen des aus dem Glas nach dem Adsorptionskinetikversuch abgenommenen Überstands durch ein identisches Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung (VR) ersetzt wurde, und dass b) das Gesamtvolumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden (VT) während des Desorptionskinetikversuchs konstant bleibt und nach folgender Gleichung erhalten wird:

Formula

(18)

Zu einem Zeitpunkt ti:

Die Masse der Testsubstanz wird in einer kleinen Aliquote Formula gemessen, und die desorbierte Masse wird nach folgender Gleichung berechnet:

Formula

(19)

Bei Desorptionsgleichgewicht ist ti = teq und folglich ist Formula = Formula.

Der Desorptionsanteil Formula wird nach folgender Gleichung berechnet:

Formula

(20)

In einem Zeitintervall (Δti):

Während jedes Zeitintervalls wird die Menge der desorbierten Substanz wie folgt berechnet:

für das erste Zeitintervall Δt1 = t1-t0

Formula

and

Formula

(21)

für das zweite Zeitintervall Δt2 = t2-t1

Formula und

Formula

(22)

für das nth Zeitintervall Δtn = tn-tn-1

Formula und

Formula

(23)

Abschließend wird der Desorptionsanteil für jedes Zeitintervall, Formula, nach folgender Gleichung berechnet:

Formula

(24)

wobei der Desorptionsanteil Formula zu einem Zeitpunkt ti durch folgende Gleichung erhalten wird:

Formula

(25)

abei werden die vorstehend eingesetzten Parameter wie folgt definiert:

Formula

,

Formula

,... ,

Formula

=

Masse der nach den Zeitintervallen Δti, Δt2, …, Δtn am Boden adsorbiert bleibenden Substanz (μg);

Formula

,

Formula

,... ,

Formula

=

Masse der während der Zeitintervalle Δt1 Δt2, ... bzw. Δtn desorbierten Substanz (μg);

Formula

,

Formula

,... ,

Formula

=

Masse der in einer Aliquote (Formula zu den Zeitpunkten t1, t2, ... bzw. tn, gemessenen Substanz (μg);

VT

=

Gesamtvolumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden während des nach der Aliquotenbeprobungsmethode durchgeführten Desorptionskinetikversuchs (cm3);

Formula

=

Masse der nach Adsorptionsgleichgewichtseinstellung infolge unvollständigen Volumenaustauschs verbliebenen Testsubstanz (μg);

Formula

(26)

VR

=

Volumen des aus dem Glas nach Einstellen des Adsorptionsgleichgewichts abgenommenen und durch das identische Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung ersetzten Überstands (cm3);

Formula

=

Volumen der während des nach der Aliquotenbeprobungsmethode durchgeführten Desorptionskinetikversuchs als Probe zu Analysenzwecken aus dem Glas abgenommenen Aliquote (i) (cm3);

Formula

(27)

Anlage 6

ADSORPTION-DESORPTION IN BÖDEN: DATENBERICHTSFORMULARE

Getestete Substanz:

Getesteter Boden:

Trockenmassegehalt des Bodens (105 oC, 12 h): … %

Temperatur: … oC

Eignung der Analysenmethode

Bodeneinwaage

g

 

Boden: Trockenmasse

g

 

Volumen CaCl2-Lösung

cm3

 

Nennkonzentration fertige Lösung

μg cm–3

 

Analysenkonzentration fertige Lösung

μg cm–3

 

Prinzip der zugrunde liegenden Analysenmethode:

Kalibrierung der Analysenmethode:

Getestete Substanz:

Getesteter Boden:

Trockenmassegehalt des Bodens (105 oC, 12h): … %

Temperatur: … oC

Zugrundeliegende Analysenmethodik:

Indirekt

Gesamt

Aliquoten

 

Direkt

 

 

 

 

Adsorptionstest: Testproben

 

Symbol

Einheiten

Gleichgewichtseinstellungszeit

Gleichgewichtseinstellungszeit

Gleichgewichtseinstellungszeit

Gleichgewichtseinstellungszeit

Glas Nr.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bodeneinwaage

g

 

 

 

 

 

 

 

 

Boden: Trockenmasse

mBoden

g

 

 

 

 

 

 

 

 

Wasservolumen in Bodeneinwaage (rechnerisch)

Vws

cm3

 

 

 

 

 

 

 

 

Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung zur Gleichgewichtseinstellung des Bodens

 

cm3

 

 

 

 

 

 

 

 

Volumen Vorratslösung

 

cm3

 

 

 

 

 

 

 

 

Gesamtvolumen wässrige Phase in Kontakt mit Boden

V0

cm3

 

 

 

 

 

 

 

 

Anfangskonzentration Testlösung

C0

μg cm-3

 

 

 

 

 

 

 

 

Masse Testsubstanz bei Beginn des Tests

m0

μg

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach Schütteln und Zentrifugieren

INDIREKTE METHODE

Gesamtbeprobungsmethode

Konzentration Testsubstanz wässrige Phase, Leerkorrektur berücksichtigt

Formula

μg cm-3

 

 

 

 

 

 

 

 

Aliquotenbeprobungsmethode

Gemessene Masse Testsubstanz in der Aliquote Va A

Formula

μg

 

 

 

 

 

 

 

 

DIREKTMETHODE

Masse der an Boden adsorbierten Testsubstanz

Formula

μg

 

 

 

 

 

 

 

 

Adsorptionsberechnung

Adsorption

Formula

%

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Formula

%

 

 

 

 

 

 

 

 

Mittel

 

 

 

 

 

 

Adsorptionskoeffizient

Kd

cm3 g–1

 

 

 

 

 

 

 

 

Mittel

 

 

 

 

 

 

Adsorptionskoeffizient

Koc

cm3 g–1

 

 

 

 

 

 

 

 

Mittel

 

 

 

 

 

 

Getestete Substanz:

Getesteter Boden:

Trockenmassegehalt des Bodens (105 oC, 12 h): … %

Temperatur: … oC

Adsorptionstest: Leer- und Kontrollwerte

 

Symbol

Einheiten

Leerwert

Leerwert

Kontrollwert

Glas Nr.

 

 

 

 

 

 

 

 

Bodeneinwaage

 

g

 

 

 

 

0

0

Wassermenge in Bodeneinwaage (rechnerisch)

 

cm3

 

 

 

 

Volumen zugesetzter 0,01 M CaCl2-Lösung

 

cm3

 

 

 

 

 

 

Volumen der zugesetzten Vorratslösung der Testsubstanz

 

cm3

0

0

 

 

 

 

Gesamtvolumen wässriger Phase (rechnerisch)

 

cm3

 

 

 

 

Anfangskonzentration der Testsubstanz in wässriger Phase

 

μg cm–3

 

 

 

 

 

 

Nach Schütteln und Zentrifugieren

Konzentration in wässriger Phase

 

μg cm–3

 

 

 

 

 

 

Hinweis: Falls erforderlich, können weitere Spalten angefügt werden.

Getestete Substanz:

Getesteter Boden:

Trockenmassegehalt des Bodens (105 oC, 12 h): … %

Temperatur: … oC

Massenbilanz

 

Symbol

Einheiten

 

 

 

 

Glas Nr.

 

 

 

 

 

 

Bodeneinwaage

g

 

 

 

 

Boden: Trockenmasse

mBoden

g

 

 

 

 

Wasservolumen in Bodeneinwaage (rechnerisch)

Vws

ml

 

 

 

 

Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung zur Gleichgewichtseinstellung des Bodens

 

ml

 

 

 

 

Volumen der Vorratslösung

 

cm3

 

 

 

 

Gesamtvolumen wässrige Phase in Kontakt mit Boden

v0

cm3

 

 

 

 

Anfangskonzentration der Testlösung

C0

μg cm–3

 

 

 

 

Gleichgewichtseinstellungszeit

h

 

 

 

 

Nach Schütteln und Zentrifugieren

Testsubstanz wässrige Phase bei Adsorptionsgleichgewicht, Leerkorrektur berücksichtigt

Formula

μg cm–3

 

 

 

 

Gleichgewichtseinstellungszeit

teq

h

 

 

 

 

Erste Verdünnung mit Lösungsmittel

Abgenommenes Volumen wässrige Phase

Vrec

cm3

 

 

 

 

Zugesetztes Volumen Lösungsmittel

ΔV

cm3

 

 

 

 

Erste Extraktion mit Lösungsmittel

Signalanalysiert in Lösungsmittel

SE1

var.

 

 

 

 

Konzentration Testsubstanz in Lösungsmittel

CE1

μg cm–3

 

 

 

 

Masse der aus Boden und von Gefäßwänden extrahierten Substanz

mE1

μg

 

 

 

 

Zweite Verdünnung mit Lösungsmittel

Abgenommenes Volumen Lösungsmittel

ΔVS

cm3

 

 

 

 

Zugesetztes Volumen Lösungsmittel

ΔV'

cm3

 

 

 

 

Zweite Extraktion mit Lösungsmittel

Signal analysiert in Lösungsmittelphase

SE2

var.

 

 

 

 

Konzentration Testsubstanz in Lösungsmittel

CE2

μg cm–3

 

 

 

 

Masse der aus Boden und von Gefäßwänden extrahierten Substanz

mE2

μg

 

 

 

 

Gesamtmasse Testsubstanz extrahiert in zwei Schritten

mE

μg

 

 

 

 

Massenbilanz

MB

%

 

 

 

 

Getestete Substanz:

Getesteter Boden:

Trockenmassegehalt des Bodens (105 oC, 12 h): … %

Temperatur: … oC

Adsorptionsisothermen

 

Symbol

Einheiten

 

 

 

 

 

 

 

 

Glas Nr.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bodeneinwaage

g

 

 

 

 

 

 

 

 

Boden: Trockenmasse

E

g

 

 

 

 

 

 

 

 

Wasservolumen in Bodeneinwaage (rechnerisch)

VWS

cm3

 

 

 

 

 

 

 

 

Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung zur Gleichgewichtseinstellung des Bodens

 

cm3

 

 

 

 

 

 

 

 

Volumen zugesetzter Vorratslösung

 

cm3

 

 

 

 

 

 

 

 

Gesamtvolumen wässrige Phase in Kontakt mit Boden (rechnerisch)

V0

cm3

 

 

 

 

 

 

 

 

Konzentration Lösung

C0

μg cm-3

 

 

 

 

 

 

 

 

Gleichgewichtseinstellungszeit

h

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach Schütteln und Zentrifugieren

Konzentration Substanz wässrige Phase, Leerkorrektur berücksichtigt

Formula

μg cm-3

 

 

 

 

 

 

 

 

Temperatur

 

oC

 

 

 

 

 

 

 

 

Adsorbierte Masse je Einheit Boden

Formula

μg g-1

 

 

 

 

 

 

 

 

Regressionsanalyse:

Wert von: KF ads:

Wert von l/n:

Regressionskoeffizient r2:

Getestete Substanz:

Getesteter Boden:

Trockenmassegehalt des Bodens (105 oC, 12 h): … %

Teperatur: … oC

Zugrunde liegende Analysenmethodik:

Indirekt

Gesamt

Aliquoten

Desorptionstest

 

Symbol

Einheiten

Zeitintervall

Zeitintervall

Zeitintervall

Zeitintervall

Glas Nr. aus dem Adsorptionsschritt

 

 

 

 

 

 

Masse von an Boden bei Adsorptionsgleichgewicht adsorbierter Substanz

Formula

μg

 

 

 

 

Abgenommenes Volumen wässrige Phase, ersetzt durch 0,01 M CaCl2

VR

cm3

 

 

 

 

Gesamtvolumen wässrige Phase in Kontakt mit Boden

GM

V0

cm3

 

 

 

 

AM

VT

cm3

 

 

 

 

Masse der nach Adsorptionsgleichgewichtseinstellung infolge unvollständigen Volumenaustauschs verbliebenen Testsubstanz

Formula

μg

 

 

 

 

Desorptionskinetik

Gemessene Masse von aus Boden zur Zeit ti desorbierter Substanz

Formula

μg

 

 

 

 

Volumen der abgenommenen Lösung aus dem Glas (i) zur Messung der Testsubstanz

GM

Vf i

cm3

 

 

 

 

AM

va D

cm3

 

 

 

 

Masse der aus Boden zur Zeit ti desorbierten Substanz (rechnerisch)

Formula

μg

 

 

 

 

Masse der aus Boden im Zeitintervall Δti desorbierten Substanz (rechnerisch)

Formula

μg

 

 

 

 

Desorptionsanteil

Desorption zur Zeit ti

Dti

%

 

 

 

 

Desortion im Zeitintervall Δti

Formula

%

 

 

 

 

Scheindesorptionskoeffizient

Kdes

 

 

 

 

 

GM: Gesamtbeprobungsmethode

AM: Aliquotenbeprobungsmethode

C.19.   SCHÄTZUNG DES ADSORPTIONSKOEFFIZIENTEN (Koc) IM BODEN UND IN KLÄRSCHLAMM MITTELS DER HOCHDRUCK-FLÜSSIGCHROMATOGRAFIE (HPLC)

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG121 (2000).

1.1.   EINLEITUNG

Das Sorptionsverhalten von Stoffen in Böden oder Klärschlämmen kann anhand von Parametern beschrieben werden, die experimentell mittels der Testmethode C.18 bestimmt werden. Ein wichtiger Parameter ist der Adsorptionskoeffizient, der als das Verhältnis zwischen der Konzentration des Stoffs im Boden/Klärschlamm und der Konzentration des Stoffs in der wässrigen Phase im Adsorptionsgleichgewicht definiert wird. Der aufgrund des Gehalts des Bodens an organischem Kohlenstoff genormte Adsorptionskoeffizient, Koc, ist ein nützlicher Indikator für die Fähigkeit eines chemischen Stoffs zur Bindung an organischen Stoff im Boden oder Klärschlamm und gestattet Vergleiche zwischen unterschiedlichen Chemikalien. Dieser Parameter kann durch Korrelation mit der Wasserlöslichkeit und dem Verteilungskoeffizienten n-Oktanol/Wasser geschätzt werden (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7).

Die in diesem Test beschriebene Versuchsmethode wendet für die Schätzung des Adsorptionskoeffizienten Koc im Boden und in Klärschlamm die HPLC an (8). Die Schätzwerte sind verlässlicher als die der QSAR-Berechnungen (9). Als Schätzmethode kann sie die in der Testmethode C.18 verwendeten Batch equilibrium-Experimente nicht vollständig ersetzen. Jedoch kann der geschätzte Koc für die Auswahl geeigneter Testparameter für Adsorptions-/Desorptionsstudien gemäß der Testmethode C.18 durch Berechnung von Kd (Verteilungskoeffizient) oder Kf (Adsorptionskoeffizient nach Freundlich) nach der Gleichung 3 (siehe 1.2) nützlich sein.

1.2.   DEFINITIONEN

K d : Der Verteilungskoeffizient Feststoff/Wasser wird als das Verhältnis der Gleichgewichtskonzentrationen C einer gelösten Testsubstanz in einem zweiphasigen System, das aus einem Sorptionsmittel (Boden oder Klärschlamm) und einer wässrigen Phase besteht, definiert; er ist eine reine Zahl, wenn Konzentrationen in beiden Phasen in Gewicht/Gewicht ausgedrückt sind. Wird die Konzentration in der wässrigen Phase in Gewicht/Volumen ausgedrückt, sind die Einheiten ml· g–1. Kd kann je nach den Eigenschaften des Sorptionsmittels unterschiedlich und auch konzentrationsabhängig sein.

Formula

(1)

dabei ist:

CBoden

=

Konzentration der Testsubstanz im Boden im Gleichgewichtszustand (μg· g–1)

CKlärschlamm

=

Konzentration der Testsubstanz im Klärschlamm im Gleichgewichtszustand (μg· g–1)

Caq

=

Konzentration der Testsubstanz in der wässrigen Phase im Gleichgewichtszustand (μg· g–1, μg· ml–1).

K f : Der Adsorptionskoeffizient nach Freundlich wird definiert als die Konzentration der Testsubstanz im Boden oder im Klärschlamm (x/m), wenn die Gleichgewichtskonzentration Caq in der wässrigen Phase gleich eins ist; er wird in μg· g–1 Sorptionsmittel ausgedrückt. Sein Wert kann je nach den Eigenschaften des Sorptionsmittels unterschiedlich sein.

Formula

(2)

dabei ist:

x/m

=

die im Gleichgewichtszustand an eine Menge Sorptionsmittel m (g) adsorbierte Menge der Testsubstanz x (μg)

l/n

=

Neigung der Adsorptionsisotherme nach Freundlich

Caq

=

Konzentration der Testsubstanz in wässriger Phase im Gleichgewichtszustand (μg ml–1)

AtFormula

K oc : ist der aufgrund des organischen Kohlenstoffgehalts (foc) eines Sorptionsmittels genormte Verteilungskoeffizient (Kd) oder Adsorptionskoffizient nach Freundlich (Kf); dieser Koeffizient ist insbesondere für nicht ionisierte Chemikalien ein ziemlich genauer Indikator für den Grad der Adsorption eines Stoffes an das Sorptionsmittel und ermöglicht Vergleiche zwischen verschiedenen Chemikalien. Je nach den Messgrößen von Kd und Kf kann Koc eine reine Zahl sein oder in ml g–1 oder μg g–1 organische Stoffe ausgedrückt werden.

Formula

(3)

Das Verhältnis zwischen Koc und Kd ist nicht immer linear, daher können Koc-Werte auch je nach Bodentyp variieren, doch ist ihre Variabilität im Vergleich zu den Kd- oder Kf-Werten viel geringer.

Der Adsorptionskoeffizient (Koc) wird von dem Kapazitätsfaktor (k') mittels einer Eichkurve log k'/log Koc der ausgewählten Referenzverbindungen hergeleitet.

Formula

(4)

dabei ist:

tR

=

HPLC-Retentionszeit der Test- und Referenzsubstanz (Minuten)

t0

=

HPLC-Totzeit (Minuten) (siehe Abschnitt 1.8.2).

POW: Der Verteilungskoeffizient Oktanol/Wasser wird definiert als das Verhältnis der Konzentrationen gelöster Stoffe in n-Oktanol und Wasser; er ist eine reine Zahl.

Formula

(5)

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Die Strukturformel, die Reinheit und die Dissoziationskonstante (sofern zutreffend) sollten vor Anwendung der Methode bekannt sein. Informationen über die Löslichkeit in Wasser und organischen Lösemitteln, über den Trennungskoeffizienten Oktanol/Wasser und über Hydrolyse-Merkmale sind nützlich.

Um die gemessenen HPLC-Retentionsdaten einer Testsubstanz mit ihrem Adsorptionskoeffizienten Koc zu korrelieren, muss eine Eichkurve log Koc/log k' erstellt werden. Mindestens sechs Referenzpunkte sollten verwendet werden, davon zumindest einer über und einer unter dem erwarteten Wert der Testsubstanz. Die Genauigkeit der Methode wird erheblich verbessert, wenn Referenzsubstanzen verwendet werden, die von der Struktur her mit der Testsubstanz verwandt sind. Liegen derartige Daten nicht vor, muss der Anwender die geeigneten Eichsubstanzen selbst auswählen. In diesem Fall sollte eine allgemeinere Reihe von strukturell heterogenen Stoffen gewählt werden. Empfohlene Referenzsubstanzen und ihre Koc-Werte sind in den Tabellen 1 und 3 der Anlage aufgelistet. Die Wahl anderer Eichsubstanzen ist zu begründen.

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Die HPLC wird auf Analysesäulen durchgeführt, die mit im Handel erhältlicher Cyanopropyl-Festphase mit lipophilen und polaren Anteilen gefüllt sind. Ferner wird eine gemäßigt polare stationäre Phase auf der Grundlage einer Silica-Matrix verwendet:

— O — Si

— CH2 — CH2 — CH2

— CN

Silica

nicht-polarer Spacer

polarer Anteil

Das Prinzip der Testmethode ist ähnlich wie bei der Testmethode A.8 (Verteilungskoeffizient, HPLC-Methode). Während die Testsubstanz die Säule mit der mobilen Phase passiert, steht die Testsubstanz zu der stationären Phase in einer Wechselwirkung. Durch die Trennung zwischen der mobilen und der stationären Phase wird die Testsubstanz verzögert. Die Ambivalenz der stationären Phase mit polaren und nicht polaren Verbindungsstellen ermöglicht eine ähnliche Wechselwirkung zwischen polaren und nicht polaren Gruppen eines Moleküls wie bei organischen Stoffen in Boden- oder Klärschlamm-Matrizen. Dies ermöglicht die Feststellung des Verhältnisses zwischen der Retentionszeit auf der Säule und dem Koeffizienten der Adsorption durch organischen Stoff.

Der pH-Wert hat insbesondere bei polaren Substanzen einen signifikanten Einfluss auf das Sorptionsverhalten. Bei landwirtschaftlichen Böden oder Behältern von Klärschlammbehandlungsanlagen schwankt der pH-Wert normalerweise zwischen 5,5 und 7,5. Für ionisierbare Stoffe sind zwei Tests mit sowohl ionisierten als auch nicht ionisierten Formen in geeigneten Pufferlösungen durchzuführen, jedoch nur in Fällen, in denen zumindest 10 % der Testverbindung bei pH-Werten zwischen 5,5 und 7,5 dissoziiert vorliegen.

Da die Bewertung ausschließlich aufgrund der Relation zwischen der Retention in der HPLC-Säule und dem Adsorptionskoeffizienten erfolgt, ist keine quantitative Analysemethode, sondern nur eine Bestimmung der Retentionszeit erforderlich. Sofern eine Reihe geeigneter Referenzsubstanzen zur Verfügung stehen und die Versuche unter Standardbedingungen durchgeführt werden können, bietet die Methode einen schnellen und wirksamen Weg zur Schätzung des Adsorptionskoeffizienten Koc.

1.5.   ANWENDBARKEIT DES TESTS

Die HPLC-Methode ist auf (markierte oder nicht markierte) Chemikalien anwendbar, für die ein geeignetes Detektionssystem (z. B. Spektrofotometer, Radioaktivitätsanzeiger) zur Verfügung steht und die für die Dauer des Tests stabil genug sind. Die Methode kann insbesondere für Chemikalien brauchbar sein, deren Untersuchung in anderen Versuchssystemen schwierig ist (d. h. flüchtige Stoffe; Stoffe, die in Wasser in einer analytisch messbaren Konzentration nicht löslich sind; Stoffe mit einer starken Affinität gegenüber der Oberfläche von Inkubationssystemen). Die Methode kann auf Mischungen angewendet werden, die nicht aufgelöste Elutionsbänder ergeben. In einem solchen Fall sind die Ober- und Untergrenzen der log Koc-Werte der Verbindungen der Testmischung anzugeben.

Zwar können Unreinheiten zuweilen zu Problemen bei der Interpretation der HPLC-Ergebnisse führen, doch sind sie von geringerer Bedeutung, solange die Testsubstanz auf analytischem Wege identifiziert und von den Unreinheiten getrennt werden kann.

Die Methode ist mit den in Tabelle 1 der Anlage aufgelisteten Stoffen validiert worden und wurde auch auf verschiedene andere Chemikalien angewandt, die zu den folgenden Chemikalienklassen gehören:

aromatische Amine (z. B. Trifluralin, 4-Chloroanilin, 3,5-Dinitroanilin, 4-Methylanilin, N-Methylanilin, 1-Naphthylamin;

aromatische Carbonsäureester (z. B. Benzoesäuremethylester, 3,5-Dinitrobenzoesäureethylester);

aromatische Kohlenwasserstoffe (z. B. Toluol, Xylol, Ethylbenzol, Nitrobenzol);

Aryloxyphenoxypropionsäureester (z. B. Diclofop-methyl, Fenoxaprop-ethyl, Fenoxaprop-P-ethyl);

Benzimidazol- und Imidazol-Fungizide (z. B. Carbendazim, Fuberidazol, Triazoxid);

Carbonsäureamide (z. B. 2-Chlorbenzamid, N,N-Dimethylbenzamid, 3,5-Dinitrobenzamid, N-Methylbenzamid, 2-Nitrobenzamid, 3-Nitrobenzamid);

Chlorkohlenwasserstoffe (z. B. Endosulfan, DDT, Hexachlorbenzol, Quintozen, 1,2,3-Trichlorbenzol);

phosphororganische Insektizide (z. B. Azinphos-methyl, Disulfoton, Fenamiphos. Isofenphos, Pyrazophos, Sulprofos, Triazophos);

Phenole (z. B. Phenol, 2-Nitrophenol, 4-Nitrophenol, Pentachlorphenol, 2,4,6-Trichlorphenol, 1-Naphthol):

Phenylharnstoffderivative (z. B. Isoproturon, Monolinuron, Pencycuron);

Pigmentfarbstoffe (z. B. Acid Yellow 219, Basic Blue 41, Direct Red 81);

polyaromatische Kohlenwasserstoffe (z. B. Acenaphthen, Naphthalin);

1,3,5-Triazin-Herbizide (z. B. Prometryn, Propazin, Simazin, Terbutryn);

Triazolderivate (z. B. Tebuconazol, Triadimefon, Tradimenol, Triapenthenol).

Die Methode ist nicht auf Stoffe anwendbar, die entweder mit dem Eluenten oder der stationären Phase reagieren. Ferner ist sie nicht auf Stoffe anwendbar, die in einer spezifischen Wechselwirkung mit anorganischen Verbindungen stehen (z. B. Bildung von Clusterkomplexen mit Tonmineralien). Es ist möglich, dass sich die Methode nicht für oberflächenaktive Stoffe, anorganische Verbindungen und gemäßigt oder stark organische Säuren und Basen eignet. Log Koc-Werte im Bereich 1,5 bis 5,0 können bestimmt werden. Ionisierbare Stoffe müssen mittels einer gepufferten mobilen Phase gemessen werden, doch ist darauf zu achten, dass eine Präzipitation von Pufferkomponenten oder der Testsubstanz vermieden wird.

1.6.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.6.1.   Genauigkeit

Normalerweise kann der Adsorptionskoeffizient einer Testsubstanz auf +/– 0,5 log. Einheiten des Werts geschätzt werden, der nach der Batch equilibrium-Methode (siehe Tabelle 1 der Anlage) bestimmt wird. Größere Genauigkeit kann erzielt werden, wenn die verwendeten Referenzsubstanzen von der Struktur her mit der Testsubstanz verwandt sind.

1.6.2.   Wiederholbarkeit

Die Bestimmungen müssen mindestens doppelt durchgeführt werden. Die von Einzelmessungen hergeleiteten log Koc-Werte müssen innerhalb von 0,25 log. Einheiten liegen.

1.6.3.   Reproduzierbarkeit

Die bisher mit der Methode gewonnenen Erfahrungen sprechen für ihre Validität. Eine Prüfung der HPLC-Methode, bei der 48 Stoffe (zumeist Pestizide) verwendet wurden, für die verlässliche Daten über Koc in Böden vorlagen, ergab einen Korrelationskoeffizienten von = 0,95 (10) (11).

Ein Ringversuch mit 11 teilnehmenden Laboratorien wurde durchgeführt, um die Methode zu verbessern und zu validieren (12). Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 der Anlage enthalten.

1.7.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.7.1.   Vorbereitende Schätzung des Adsorptionskoeffizienten

Der Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient Pow (= Kow) und in bestimmtem Maße die Wasserlöslichkeit können als Indikatoren für den Adsorptionsgrad, insbesondere für nicht ionisierte Stoffe, dienen und können somit zur Bereichsfindung verwendet werden. Für verschiedene Gruppen von Chemikalien wurden eine Reihe nützlicher Korrelationen veröffentlicht (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7).

1.7.2.   Geräte

Erforderlich ist ein Flüssigchromatograf, der mit einer impulsfreien Pumpe und einem geeigneten Detektor ausgerüstet ist. Es wird empfohlen, ein Injektionsventil mit einer Injektionsschleife zu verwenden. Ferner ist ein im Handel erhältliches chemisch gebundenes Cyanpropylharz auf Silica-Basis (z. B. Hypersil und Zorbax CN) zu verwenden. Eine Vorsäule mit demselben Material kann zwischen dem Injektionssystem und der Analysesäule platziert werden. Säulen unterschiedlicher Lieferanten können hinsichtlich der Trennwirkung sehr unterschiedlich sein. Als Richtschnur müssen folgende Kapazitätsfaktoren k' erzielt werden: log k' > 0,0 für log Koc = 3,0 und log k' > 0,4 für log Koc = 2,0 bei Verwendung von Methanol/Wasser 55/45 % als mobile Phase.

1.7.3.   Mobile Phasen

Von den verschiedenen mobilen Phasen, die getestet wurden, werden folgende zwei empfohlen:

Methanol/Wasser (55/45 % v/v)

Methanol/0,01M Citratpuffer pH 6,0 (55/45 % v/v)

Zur Herstellung der Eluierflüssigkeit sind Methanol von HPLC-Qualität und destilliertes Wasser oder Citratpuffer zu verwenden. Das Gemisch wird vor der Verwendung entgast. Es empfiehlt sich, eine isokratische Elution anzuwenden. Wenn das Methanol-Wasser-Gemisch nicht geeignet ist, können andere Gemische aus organischen Lösemitteln und Wasser, z. B. Ethanol-Wasser- oder Acetonitril-Wasser-Gemische versucht werden. Für ionisierende Verbindungen wird die Verwendung einer Pufferlösung zur pH-Stabilisierung empfohlen. Es ist darauf zu achten, dass Salzniederschlag/Salzpräzipitation und eine Säulenverschlechterung vermieden werden, die bei einigen organische Phase-Puffer-Gemischen auftreten können.

Es dürfen keine Zusätze wie Ionenpaar-Reagenzien verwendet werden, weil sie die Sorptionseigenschaften der stationären Phase beeinträchtigen können. Derartige Veränderungen der stationären Phase können irreversibel sein. Aus diesem Grunde ist es unbedingt erforderlich, dass Versuche, bei denen Zusätze verwendet werden, an getrennten Säulen durchgeführt werden.

1.7.4.   Gelöste Stoffe

Test- und Referenzsubstanzen sollten in der mobilen Phase gelöst werden.

1.8.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.8.1.   Testbedingungen

Die Temperatur während der Messungen ist aufzuzeichnen. Für das Säulenkompartiment wird eine Temperaturregelung sehr empfohlen, um konstante Bedingungen während der Eichung und Schätzung sowie der Messung der Testsubstanz zu gewährleisten.

1.8.2.   Bestimmung der Totzeit to

Für die Bestimmung der Totzeit to können zwei unterschiedliche Methoden angewendet werden (siehe auch 1.2).

1.8.2.1.   Bestimmung der Totzeit to durch eine homologe Reihe

Es hat sich herausgestellt, dass dieses Verfahren verlässliche und standardisierte to-Werte ergibt. Für weitere Einzelheiten siehe Testmethode A.8: Verteilungskoeffizient (n-Oktanol/Wasser), HPLC-Methode.

1.8.2.2.   Bestimmung der Totzeit to durch inerte Stoffe, bei denen keine Retention durch die Säule auftritt

Diese Technik basiert auf der Injektion von Formamid-, Harnstoff- oder Natriumnitratlösungen. Die Messungen sollten zumindest doppelt ausgeführt werden.

1.8.3.   Bestimmung der Retentionszeiten tR

Referenzsubstanzen sind gemäß der Beschreibung in 1.3 auszuwählen. Sie können zur Bestimmung ihrer Retentionszeiten als gemischter Standard injiziert werden, sofern bestätigt worden ist, dass die Retentionszeiten der einzelnen Referenzstandards nicht durch das Vorhandensein der anderen Referenzstandards beeinflusst werden. Die Eichung muss in regelmäßigen Abständen mindestens zweimal täglich erfolgen, um unerwarteten Veränderungen in der Leistung der Säule Rechnung zu tragen. Die Injektionen sind vorzugsweise vor und nach den Injektionen der Testsubstanz durchzuführen, um sicher zu sein, dass die Retentionszeiten unverändert sind. Die Testsubstanzen werden getrennt in möglichst kleinen Dosen injiziert (um ein Überladen der Säule zu vermeiden), dann werden ihre Retentionszeiten bestimmt.

Um die Verlässlichkeit der Messung zu erhöhen, sind sie zumindest doppelt durchzuführen. Die von Einzelmessungen hergeleiteten log Koc-Werte müssen im Bereich von 0,25 log. Einheiten liegen.

1.8.4.   Bewertung

Die Kapazitätsfaktoren k' werden aus der Totzeit to und den Retentionszeiten tR der gewählten Testsubstanzen nach der Formel 4 (siehe 1.2) berechnet. Die log k'-Daten der Referenzsubstanzen werden daraufhin gegen ihre in den Tabellen 1 und 3 der Anlage genannten log Koc-Werte aus den Batch equilibrium-Experimenten aufgetragen. Mit Hilfe dieser Kurve wird der log k'-Wert einer Testsubstanz zur Bestimmung ihres log Koc-Wertes verwendet. Wenn die tatsächlichen Werte zeigen, dass der log Koc der Testsubstanz außerhalb des Eichbereichs liegt, ist der Test unter Verwendung anderer geeigneterer Referenzsubstanzen zu wiederholen.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Der Bericht muss folgende Informationen enthalten:

Identität, Reinheit und gegebenenfalls pKa-Werte von Test- und Referenzsubstanzen;

Beschreibung der Apparatur und der Betriebsbedingungen, z. B. Typ und Abmessung der Analysesäule (sowie Vorsäule), Detektionsvorrichtung, mobile Phase (Verhältnis zwischen Bestandteilen und pH-Wert), Temperaturbereich während der Messungen;

Totzeit und die für ihre Bestimmung angewandte Methode;

Mengen der in die Säule eingebrachten Test- und Referenzsubstanzen;

Retentionszeiten der für die Eichung verwendeten Referenzverbindungen;

Einzelheiten der angepassten Regressionslinie (log k'/log Koc) und grafische Darstellung der Regressionslinie;

durchschnittliche Retentionsdaten und geschätzter log Koc-Wert der Testverbindung;

Chromatogramme.

3.   LITERATURHINWEISE

(1)

W. J. Lyman, W. F. Reehl, D. H. Rosenblatt (ed). (1990). Handbook of chemical property estimation methods, Chap. 4, McGraw-Hill, New York.

(2)

J. Hodson, N. A. Williams (1988). The estimation of the adsorption coefficient (Koc) for soils by HPLC. Chemosphere, 17, 1 67.

(3)

G. G. Briggs (1981), Theoretical and experimental relationships between soil adsorption, octanol-water partition coefficients, water solubilities, bioconcentration factors, and the parachor. J. Agric. Food Chem., 29, pp. 1050-1059.

(4)

C. T. Chiou, P. E. Porter, D.W. Schmedding (1983). Partition equilibria of nonionic organic compounds between soil organic matter and water. Environ. Sci. Technol., 17, pp. 227-231.

(5)

Z. Gerstl, U. Mingelgrin (1984). Sorption of organic substances by soils and Sediment. J. Environm. Sci. Health, B19, pp. 297-312.

(6)

C. T. Chiou, L. J. Peters, V. H. Freed (1979). A physical concept of soil water equilibria for nonionic organic compounds, Science, 106, pp. 831-832.

(7)

S. W. Karickhoff (1981). Semi-empirical estimation of Sorption of hydrophobic pollutants on natural Sediments and soils. Chemosphere, 10, pp. 833-846.

(8)

W. Kordel, D. Hennecke, M. Herrmann (1997). Application of the HPLC-screening method for the determination of the adsorption coefficient on sewage sludges. Chemosphere, 35(1/2), pp. 121-128.

(9)

M. Mueller, W. Kordel (1996). Comparison of screening methods for the estimation of adsorption coefficients on soil. Chemosphere, 32(12), pp. 2493-2504.

(10)

W. Kordel, J. Stutte, G. Kotthoff (1993). HPLC-screening method for the determination of the adsorption coefficient in soil-comparison of different stationry phases, Chemosphere, 27(12), pp. 2341-2352.

(11)

B. von Oepen, W. Kördel, W. Klein (1991). Sorption of nonpolar and polar compounds to soils: Processes, measurements and experience with the applicability of the modified OECD Guideline 106, Chemosphere, 22, pp. 285-304.

(12)

W. Kördel, G. Kotthoff, J. Müller (1995), HPLC-screening method for the determination of the adsorption coefficient on soil-results of a ring test. Chemosphere, 30(7), pp. 1373-1384.

Anlage

Tabelle 1

Vergleich von Koc-Werten für Böden und Klärschlämme, und mittels der HPLC-Screeningmethode (32)  (33) berechneten Werten

Stoffe

CAS-Nr.

Log Koc Klärschlamm

Log Koc HPLC

Δ

Log Koc Böden

Log Koc HPLC

Δ

Atrazin

1912-24-9

1,66

2,14

0,48

1,81

2,20

0,39

Linuron

330-55-2

2,43

2,96

0,53

2,59

2,89

0,30

Fenthion

55-38-9

3,75

3,58

0,17

3,31

3,40

0,09

Monuron

150-68-5

1,46

2,21

0,75

1,99

2,26

0,27

Phenanthren

85-01-8

4,35

3,72

0,63

4,09

3,52

0,57

Benzoesäurephenylester

93-99-2

3,26

3,03

0,23

2,87

2,94

0,07

Benzamid

55-21-0

1,60

1,00

0,60

1,26

1,25

0,01

4-Nitrobenzamid

619-80-7

1,52

1,49

0,03

1,93

1,66

0,27

Acetanilid

103-84-4

1,52

1,53

0,01

1,26

1,69

0,08

Anilin

62-53-3

1,74

1,47

0,27

2,07

1,64

0,43

2,5-Dichloranilin

95-82-9

2,45

2,59

0,14

2,55

2,58

0,03


Tabelle 2

Ergebnisse eines Ringversuchs (11 teilnehmende Laboratorien) zur Verbesserung und Validierung der HPLC-Methode (34)

Stoff

CAS-Nr.

Log Koc

Koc

Log Koc

(OECD 106)

(HPLC Methode)

Atrazin

1912-24-9

1,81

78 ± 16

1,89

Monuron

150-68-5

1,99

100 ± 8

2,00

Triapenthenol

77608-88-3

2,37

292 ± 58

2,47

Linuron

330-55-2

2,59

465 ± 62

2,67

Fenthion

55-38-9

3,31

2062 ± 648

3,31


Tabelle 3

Empfohlene Referenzsubstanzen für die HPLC-Screeningmethode auf der Grundlage von Bodenadsorptionsdaten

Referenzsubstanz

CAS-Nr.

Durchschn. log Koc-Werte vom Chargen-Gleichgewicht

Anzahl KocDaten

Log S.D.

Quelle

Acetanilid

103-84-4

1,25

4

0,48

 (35)

Phenol

108-95-2

1,32

4

0,70

 (35)

2-Nitrobenzamid

610-15-1

1,45

3

0,90

 (36)

N, N-Dimethylbenzamid

611-74-5

1,52

2

0,45

 (35)

4-Methylbenzamid

619-55-6

1,78

3

1,76

 (35)

Methylbenzoat

93-58-3

1,80

4

1,08

 (35)

Atrazin

1912-24-9

1,81

3

1,08

 (37)

Isoproturon

34123-59-6

1,86

5

1,53

 (37)

3-Nitrobenzamid

645-09-0

1,95

3

1,31

 (36)

Anilin

62-53-3

2,07

4

1,73

 (35)

3,5-Dinitrobenzamid

121-81-3

2,31

3

1,27

 (36)

Carbendazim

10605-21-7

2,35

3

1,37

 (37)

Triadimenol

55219-65-3

2,40

3

1,85

 (37)

Triazoxid

72459-58-6

2,44

3

1,66

 (37)

Triazophos

24017-47-8

2,55

3

1,78

 (37)

Linuron

330-55-2

2,59

3

1,97

 (37)

Naphthalin

91-20-3

2,75

4

2,20

 (35)

Endosulfan-diol

2157-19-9

3,02

5

2,29

 (37)

Methiocarb

2032-65-7

3,10

4

2,39

 (37)

Acid Yellow 219

63405-85-6

3,16

4

2,83

 (35)

1,2,3-Trichlorobenzen

87-61-6

3,16

4

1,40

 (35)

γ-HCH

58-89-9

3,23

5

2,94

 (35)

Fenthion

55-38-9

3,31

3

2,49

 (37)

Direct Red 81

2610-11-9

3,43

4

2,68

 (35)

Pyrazophos

13457-18-6

3,65

3

2,70

 (37)

α-Endosulfan

959-98-8

4,09

5

3,74

 (37)

Diclofop-methyl

51338-27-3

4,20

3

3,77

 (37)

Phenanthren

85-01-8

4,09

4

3,83

 (35)

Basic Blue 41 (mix)

26850-47-5

12270-13-2

4,89

4

4,46

 (35)

DDT

50-29-3

5,63

1

 (36)

C.20.   DAPHNIA MAGNA, REPRODUKTIONSTEST

1.   METHODE

Diese Methode zur Prüfung der Reproduktionstoxizität entspricht der OECD TG 211 (1998).

1.1.   EINLEITUNG

Die primäre Zielsetzung der Prüfung besteht darin, die Wirkung von Chemikalien auf die Reproduktionsleistung der Daphnia magna zu bestimmen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Elterntiere: Dies sind diejenigen weiblichen Daphnien, die zu Beginn der Prüfung vorhanden sind und deren Reproduktionsleistung in der Prüfung untersucht werden soll.

Nachkommen: Dies sind die jungen Daphnien, die von den Elterntieren im Verlauf der Prüfung produziert werden.

Lowest Observed Effect Concentration (LOEC): Dies ist die niedrigste geprüfte Dosiskonzentration, bei der sich eine statistisch signifikante Wirkung auf die Reproduktion und die Mortalität der Elterntiere (bei p < 0,05) im Vergleich zu der Kontrolle innerhalb eines angegebenen Expositionszeitraums beobachten lässt. Alle Prüfkonzentrationen oberhalb der LOEC müssen jedoch eine schädigende Wirkung haben, die gleich den bei der LOEC beobachteten Wirkungen oder größer als diese ist. Können diese beiden Bedingungen nicht erfüllt werden, muss ausführlich erklärt werden, wie die LOEC (und damit auch die NOEC) ausgewählt wurde.

No Observed Effect Concentration (NOEC): Dies ist die Prüfkonzentration unmittelbar unterhalb der LOEC, bei der im Vergleich zu der Kontrolle innerhalb eines angegebenen Expositionszeitraums keine statistisch signifikante Wirkung (p < 0,05) vorliegt.

EC x: Dies ist die Konzentration der in Wasser gelösten Prüfsubstanz, die zu einer Verringerung der Reproduktion der Daphnia magna um x Prozent innerhalb eines angegebenen Expositionszeitraums führt.

Immanente Wachstumsrate: Dies ist ein Maß für das Wachstum der Population, welches die Reproduktionsleistung und die altersspezifische Mortalität mit einbezieht (20) (21) (22). In stabilen Populationen ist die immanente Wachstumsrate gleich null. Bei wachsenden Populationen ist sie positiv, und bei schrumpfenden Populationen ist sie negativ. Letztere kann eindeutig keine Erhaltung der Art ermöglichen und führt schließlich zum Aussterben.

Nachweisgrenze: Dies ist die niedrigste Konzentration, die nachgewiesen, aber nicht quantifiziert werden kann.

Bestimmungsgrenze: Dies ist die niedrigste Konzentration, die quantitativ gemessen werden kann.

Mortalität: Ein Tier wird als tot protokolliert, wenn es unbeweglich ist, d. h., wenn es nicht schwimmen kann oder sich keine Bewegungen von Anhängseln oder Postabdomen innerhalb von 15 Sekunden nach vorsichtigem Hin- und Herbewegen des Prüfbehälters beobachten lassen. (Wird eine andere Definition herangezogen, muss diese zusammen mit dem dazugehörigen Literaturhinweis angegeben werden.)

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Junge weibliche Daphnien (die Elterntiere), die zu Beginn der Prüfung weniger als 24 Stunden alt sind, werden der dem Wasser in verschiedenen Konzentrationen zugesetzten Prüfsubstanz ausgesetzt. Die Dauer der Prüfung beträgt 21 Tage. Am Ende der Prüfung wird die gesamte Anzahl an lebenden Nachkommen, die von den am Ende der Prüfung noch lebenden Elterntieren produziert wurden, bewertet. Dies bedeutet, dass Jungtiere, die von erwachsenen Tieren, welche im Verlauf der Prüfung sterben, produziert werden, aus den Berechnungen ausgeschlossen werden. Die Reproduktionsleistung von Elterntieren kann auch auf andere Art und Weise angegeben werden (z. B. Anzahl an lebenden Nachkommen, die je Tier und Tag ab dem ersten Tag, an dem Nachkommen festgestellt wurden, produziert werden), diese Angaben sollten jedoch zusätzlich zu der Gesamtanzahl an Jungtieren, bezogen auf die am Ende der Prüfung noch lebenden Elterntiere, protokolliert werden. Die Reproduktionsleistung der Tiere, die der Prüfsubstanz ausgesetzt wurden, wird mit der Leistung der Kontrolle(n) verglichen, um die niedrigste Wirkkonzentration (LOEC) und damit auch die höchste Konzentration ohne Wirkung (NOEC) zu bestimmen. Zusätzlich sind die Daten so weit wie möglich mit Hilfe eines Regressionsmodells zu analysieren, um die Konzentration zu schätzen, die zu einer x %igen Verringerung der Reproduktionsleistung führen würde (d. h. EC50. EC20 oder EC10).

Das Überleben der Elterntiere und die Zeit bis zur Produktion der ersten Brut müssen ebenfalls berichtet werden. Andere sich auf die jeweilige Substanz beziehende Wirkungen auf Parameter wie das Wachstum (z. B. die Länge) und eine mögliche immanente Wachstumsrate können ebenfalls untersucht werden.

1.4.   ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

Ergebnisse einer akuten Toxizitätsprüfung (siehe Methode C.2, Teil 1), die an Daphnia magna durchgeführt wurde, sollten zur Verfügung stehen. Das Ergebnis kann bei der Auswahl eines geeigneten Bereichs an Prüfkonzentrationen in den Reproduktionsprüfungen von Nutzen sein. Die Wasserlöslichkeit und der Dampfdruck der Prüfsubstanz sollten bekannt sein, und ein zuverlässiges analytisches Verfahren für die Quantifizierung der Prüfsubstanz in den Prüflösungen mit dokumentierter Restitutionsgüte und Nachweisgrenze sollte vorhanden sein.

Zu den Informationen über die Prüfsubstanz, die bei der Festlegung der Prüfbedingungen von Nutzen sein können, gehören die Strukturformel, die Reinheit der Substanz, die Lichtstabilität, die Stabilität unter den Versuchsbedingungen, pKa, Pow und die Ergebnisse einer Prüfung zur leichten biologischen Abbaubarkeit (siehe Methode C.4).

1.5.   VALIDITÄTSKRITERIEN

Damit die Validität einer Prüfung gegeben ist, sollten die folgenden Leistungskriterien in der/den Kontrolle(n) erfüllt werden:

Die Mortalität der Elterntiere (weibliche Daphnien) darf am Ende der Prüfung 20 % nicht übersteigen;

Die mittlere Anzahl an lebenden Nachkommen, die pro am Ende der Prüfung noch lebendem Elterntier produziert wurden, ist ≥ 60.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Prüfanordnung

Prüfgefäße und andere Geräte, die mit den Prüflösungen in Berührung kommen, sollten ganz aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Werkstoff bestehen. Normalerweise handelt es sich bei den Prüfgefäßen um Glaskolben.

Zusätzlich werden einige oder alle der folgenden Geräte erforderlich sein:

Sauerstoffmessgerät (mit einer Mikroelektrode oder einem anderen geeigneten Gerät zur Messung von gelöstem Sauerstoff in Proben von geringem Volumen);

geeignetes Gerät zur Regelung der Temperatur;

pH-Messgerät;

Gerät zur Bestimmung der Wasserhärte;

Gerät zur Bestimmung der gesamten organischen Kohlenstoffkonzentration (TOC) von Wasser oder Gerät zur Bestimmung des chemischen Sauerstoffbedarfs (COD);

geeignetes Gerät zur Regelung der Beleuchtungsverhältnisse und zur Messung der Lichtstärke.

1.6.2.   Prüforganismen

In der Prüfung soll die Art Daphnia magna Straus verwendet werden. Andere Daphnien-Arten können zum Einsatz kommen, sofern sie die Validitätskriterien, soweit zutreffend, erfüllen (die Validitätskriterien hinsichtlich der Reproduktionsleistung in den Kontrollen sollten für die Daphnien-Art relevant sein). Werden andere Daphnien-Arten verwendet, müssen diese eindeutig identifiziert werden, außerdem ist ihre Verwendung zu begründen.

Der Klon sollte möglichst durch eine Genotypbestimmung identifiziert worden sein. Untersuchungen (1) haben gezeigt, dass die Reproduktionsleistung von Klon A (der aus dem IRCHA in Frankreich stammt) (3) das Validitätskriterium eines Mittelwerts von ≥ 60 Nachkommen je überlebendem Elterntier gleich bleibend erfüllt, wenn die Kultur unter den in dieser Methode beschriebenen Bedingungen erfolgt. Andere Klone sind jedoch annehmbar, sofern nachgewiesen ist, dass die Daphnien-Kultur die Validitätskriterien für eine Prüfung erfüllt.

Zu Beginn der Prüfung sollten die Tiere weniger als 24 Stunden alt sein, und sie dürfen nicht zur ersten Nachkommenschaft einer Brut gehören. Sie sollten aus einem gesunden Bestand stammen (d. h., keine Anzeichen von Stress aufweisen, beispielsweise eine hohe Mortalität, das Vorhandensein von männlichen Tieren oder Ephippien, verzögerte Produktion der ersten Brut, verfärbte Tiere usw.). Die Zuchttiere müssen unter ähnlichen Kulturbedingungen (Licht, Temperatur, Medium, Fütterung und Tiere je Volumeinheit) gehalten werden wie die Tiere, die in der Prüfung verwendet werden. Wird bei der Prüfung ein anderes Kulturmedium für die Daphnien verwendet als bei der routinemäßigen Daphnien-Kultur, empfiehlt sich eine Eingewöhnungszeit vor der Prüfung, die im Normalfall etwa 3 Wochen dauert (d. h. eine Generation), um Stress für die Elterntiere zu vermeiden.

1.6.3.   Prüfmedium

In dieser Prüfung wird der Einsatz eines vollständig definierten Mediums empfohlen. Dadurch kann die Verwendung von Additiven (z. B. Seetang, Bodenextrakt, usw.), die sich nur schwer charakterisieren lassen, vermieden werden, und es bestehen größere Chancen auf eine Standardisierung unter den Prüfeinrichtungen. Die Medien Elendt M4 (4) und M7 (siehe Anlage 1) haben sich für diesen Zweck als geeignet erwiesen. Allerdings sind andere Medien (z. B. (5) (6)) annehmbar, sofern nachgewiesen ist, dass die Leistung der Daphnien-Kultur die Validitätskriterien für die Prüfung erfüllt.

Werden Medien verwendet, die undefinierte Additive enthalten, sollten diese Additive klar und deutlich spezifiziert werden, und es sollten in dem Prüfbericht Angaben zur Zusammensetzung enthalten sein, insbesondere im Hinblick auf den Kohlenstoffgehalt, da dies zu der gebotenen Nahrung beitragen kann. Empfohlen wird, dass der gesamte organische Kohlenstoff (TOC) und/oder der chemische Sauerstoffbedarf (COD) des Stammansatzes des organischen Additivs bestimmt und eine Schätzung des sich daraus ergebenden Beitrags zu dem TOC/COD in dem Prüfmedium vorgenommen wird. Die Empfehlung lautet, dass die TOC-Anteile in dem Medium (d. h. vor dem Zusatz von Algen) unter 2 mg/l liegen sollten (7).

Enthalten die Prüfsubstanzen Metalle, ist es wichtig, anzuerkennen, dass die Eigenschaften des Prüfmediums (z. B. Härte, Chelatbildungsvermögen) Einfluss auf die Toxizität der Prüfsubstanz haben können. Aus diesem Grunde sollte möglichst ein umfassend definiertes Prüfmedium verwendet werden. Gegenwärtig sind jedoch die einzigen umfassend definierten Medien, die bekanntermaßen für die Langzeitkultur von Daphnia magna geeignet sind, Elendt M4 und M7. Beide Medien enthalten den Chelatbildner EDTA. Untersuchungen haben gezeigt (2), dass die „scheinbare Toxizität“ von Cadmium im Allgemeinen niedriger ist, wenn die Reproduktionsprüfung in den Medien M4 und M7 durchgeführt wird, als in Medien, die kein EDTA enthalten. M4 und M7 werden aus diesem Grunde nicht für Prüfsubstanzen empfohlen, die Metalle enthalten, und andere Medien, die bekannte Chelatbildner enthalten, sollten ebenfalls vermieden werden. Bei Substanzen, die Metall enthalten, kann die Verwendung eines alternativen Mediums ratsam sein, beispielsweise rekonstituiertes hartes Süßwasser (7) nach ASTM, das kein EDTA enthält und dem Seetangextrakt zugesetzt wurde (8). Diese Kombination von rekonstituiertem hartem Süßwasser nach ASTM und Seetangextrakt ist ebenfalls für die Langzeitkultur und Prüfung von Daphnia magna (2) geeignet, auch wenn sie aufgrund der organischen Komponente in dem zugesetzten Seetangextrakt immer noch eine geringfügige chelatbildende Wirkung ausübt.

Zu Beginn und im Verlauf der Prüfung sollte die gelöste Sauerstoffkonzentration über 3 mg/l liegen. Der pH-Wert sollte sich im Bereich von 6 bis 9 befinden und in jedem einzelnen Test um nicht mehr als 1,5 Einheiten schwanken. Eine Härte von mehr als 140 mg/l (als CaCO3) wird empfohlen. Bei Prüfungen mit diesem und höheren Werten wurde eine Reproduktionsleistung im Einklang mit den Validitätskriterien (9) (10) nachgewiesen.

1.6.4.   Prüflösungen

Prüflösungen der gewählten Konzentrationen werden im Allgemeinen durch Verdünnung eines Stammansatzes hergestellt. Stammansätze sollten möglichst durch Auflösung der Substanz im Prüfmedium hergestellt werden.

In einigen Fällen kann zwar der Einsatz von organischen Löse- oder Dispersionsmitteln erforderlich sein, um einen Stammansatz von geeigneter Konzentration zu erzielen, jedoch sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um die Verwendung derartiger Stoffe zu vermeiden. Beispiele für geeignete Lösemittel sind Aceton, Ethanol, Methanol, Dimethylformamid und Triethylenglycol. Beispiele für geeignete Dispersionsmittel sind Cremophor RH40, Methylcellulose 0,01 % und HCO-40. In jedem Fall sollte die Prüfsubstanz in den Prüflösungen die Löslichkeitsgrenze im Prüfmedium nicht überschreiten.

Lösemittel werden zur Herstellung eines Stammansatzes verwendet, der genau in Wasser dosiert werden kann. Bei der empfohlenen Lösemittelkonzentration in dem endgültigen Prüfmedium (d. h. ≤ 0,1 ml/l) sind die oben genannten Lösemittel nicht toxisch und führen nicht zu einer höheren Wasserlöslichkeit einer Substanz.

Dispersionsmittel können bei einer genauen Dosierung und Dispersion helfen. Bei der empfohlenen Konzentration in dem endgültigen Prüfmedium (≤ 0,1 ml/l) sind die oben genannten Dispersionsmittel nicht toxisch und führen nicht zu einer höheren Wasserlöslichkeit einer Substanz.

1.7.   AUSLEGUNG DER PRÜFUNG

Die Behandlungen sollten den Prüfgefäßen zugeordnet werden, und die gesamte anschließende Handhabung der Prüfgefäße sollte nach dem Zufallsprinzip erfolgen. Ist dies nicht der Fall, kann dies zu einer einseitigen Ausrichtung führen, die als Konzentrationswirkung ausgelegt werden könnte. Insbesondere wenn mit Versuchseinheiten in einer Behandlungs- oder Konzentrationsreihenfolge umgegangen wird, könnten verschiedene zeitabhängige Auswirkungen wie beispielsweise die Müdigkeit des Prüfers oder andere Fehler zu größeren Wirkungen bei den höheren Konzentrationen führen. Außerdem sollte eine Blockbildung für die Prüfung in Erwägung gezogen werden, wenn die Prüfergebnisse wahrscheinlich durch eine anfängliche oder umweltbezogene Bedingung der Prüfung wie der Position in der Prüfeinrichtung beeinflusst werden.

1.8.   DURCHFÜHRUNG DER PRÜFUNG

1.8.1.   Expositionsbedingungen

1.8.1.1.   Dauer

Die Dauer der Prüfung beträgt 21 Tage.

1.8.1.2.   Besatz

Die Elterntiere werden jeweils einzeln in einem Prüfgefäß mit 50 bis 100 ml Prüfmedium in jedem Gefäß gehalten.

Mitunter können größere Volumina erforderlich sein, um die Anforderungen des für die Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration zum Einsatz kommenden analytischen Verfahrens zu erfüllen, auch wenn ein Poolen von Wiederholungen für die chemische Analyse ebenfalls zulässig ist. Werden größere Volumina als 100 ml verwendet, muss unter Umständen die den Daphnien verabreichte Ration erhöht werden, um ein entsprechendes Nahrungsangebot und die Einhaltung der Validitätskriterien sicherzustellen. Bei Durchflussprüfungen können aus technischen Gründen alternative Konzepte in Erwägung gezogen werden (z. B. vier Gruppen von jeweils zehn Tieren in einem größeren Prüfvolumen), dann sollten allerdings Änderungen an der Auslegung der Prüfung protokolliert werden.

1.8.1.3.   Anzahl an Tieren

Bei semistatischen Prüfungen werden mindestens 10 Tiere einzeln bei jeder Prüfkonzentration und mindestens 10 Tiere einzeln in den Kontrollreihen gehalten.

Bei Durchflussprüfungen haben sich 40 Tiere, die in vier Gruppen von jeweils 10 Tieren bei jeder Prüfkonzentration aufgeteilt werden, als geeignet erwiesen (1). Eine geringere Anzahl an Prüforganismen kann verwendet werden, und mindestens 20 Tiere je Konzentration, die in zwei oder mehr Wiederholungen mit einer gleichen Anzahl von Tieren aufgeteilt werden (z. B. vier Wiederholungen mit jeweils fünf Daphnien), werden empfohlen. Zu beachten ist, dass es bei Prüfungen, bei denen die Tiere in Gruppen gehalten werden, nicht möglich sein wird, die Reproduktionsleistung als Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen pro am Ende der Prüfung noch lebendem Elterntier darzustellen, wenn Elterntiere sterben. In diesen Fällen sollte die Reproduktionsleistung als „Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen pro zu Beginn der Prüfung vorhandenem Elterntier“ angegeben werden.

1.8.1.4.   Fütterung

Bei semistatischen Prüfungen sollte die Fütterung möglichst täglich, zumindest jedoch dreimal pro Woche erfolgen (d. h. entsprechend dem Wechsel des Prüfmediums). Abweichungen hiervon (z. B. bei Durchflussprüfungen) sollten protokolliert werden.

Während der Prüfung sollte die Nahrung der Elterntiere möglichst aus lebenden Algenzellen von einer oder mehreren der folgenden Arten bestehen: Chlorella sp, Selenastrum capricornutum (jetzt Pseudokirchneriella subcapitata (11)) und Scenedesmus subspicatus. Die angebotene Nahrung sollte auf der Menge an organischem Kohlenstoff (C) beruhen, die jedem Elterntier zur Verfügung gestellt wird. Untersuchungen (12) haben gezeigt, dass bei Daphnia magna Rationen zwischen 0,1 und 0,2 mg C/Daphnie/Tag hinreichend sind, um die zur Erfüllung der Validitätskriterien der Prüfung erforderliche Anzahl an Nachkommen zu erzielen. Die Ration kann entweder aus einer gleich bleibenden Gabe während des gesamten Prüfzeitraums bestehen, oder es kann, sofern gewünscht, am Anfang eine geringere Menge dargeboten werden, die dann im Verlauf der Prüfung erhöht wird, um dem Wachstum der Elterntiere Rechnung zu tragen. In diesem Falle sollte die Ration zu allen Zeiten nach wie vor innerhalb des empfohlenen Bereichs von 0,1 bis 0,2 mg C/Daphnie/Tag bleiben.

Kommen zur Bestimmung der erforderlichen Futterration Ersatzgrößen zum Einsatz, beispielsweise die Anzahl an Algenzellen oder die Lichtextinktion (aus Gründen der Zweckmäßigkeit, weil die Messung des Kohlenstoffgehalts zeitaufwendig ist), muss jede Prüfeinrichtung ihr eigenes Nomogramm erstellen, in dem die Ersatzgröße in Bezug zum Kohlenstoffgehalt der Algenkultur gesetzt wird (Anleitung zur Erstellung von Nomogrammen siehe Anlage 2). Nomogramme sollten zumindest einmal pro Jahr oder häufiger überprüft werden, wenn sich die Bedingungen für die Algenkultur geändert haben. Dabei hat sich die Lichtextinktion als eine bessere Ersatzgröße für den Kohlenstoffgehalt als die Zellenanzahl erwiesen (13).

Den Daphnien sollte eine konzentrierte Algensuspension gefüttert werden, um das Volumen des Algenkulturmediums, das in die Prüfgefäße gelangt, auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die Konzentration der Algen lässt sich durch Zentrifugieren mit anschließender Resuspension in destilliertem Wasser, entionsiertem Wasser oder Daphnien-Kulturmedium erreichen.

1.5.1.5.   Licht

16 Stunden Licht mit einer Stärke von nicht mehr als 15 bis 20· μE m –2 s–1.

1.8.1.6.   Temperatur

Die Temperatur der Prüfmedien sollte innerhalb eines Bereichs von 18 bis 22 oC liegen. Allerdings sollte die Temperatur bei jeder einzelnen Prüfung nach Möglichkeit um nicht mehr als 2 oC innerhalb dieser Grenzwerte schwanken (z. B. 18 bis 20, 19 bis 21 oder 20 bis 22 oC). Zur Überwachung der Temperatur kann die Verwendung eines zusätzlichen Prüfgefäßes angebracht sein.

1.8.1.7.   Belüftung

Die Prüfgefäße dürfen während der Prüfung nicht belüftet werden.

1.8.2.   Prüfkonzentration

Im Normalfall sollten mindestens fünf Prüfkonzentrationen verwendet werden, die in einer geometrischen Reihe angeordnet sind und sich um einen Faktor von möglichst nicht mehr als 3,2 voneinander unterscheiden, und es sollte die angemessene Anzahl an Wiederholungen für jede Prüfkonzentration eingesetzt werden (siehe 1.8.1.3). Werden weniger als fünf Konzentrationen verwendet, sollte eine Begründung dafür angegeben werden. Substanzen sollten nicht oberhalb ihrer Löslichkeitsgrenze im dem Prüfmedium getestet werden.

Bei der Festlegung des Bereichs von Konzentrationen sollte Folgendes bedacht werden:

i)

Wenn das Ziel die Ermittlung der LOEC/NOEC ist, muss die niedrigste Prüfkonzentration so niedrig sein, dass die Fruchtbarkeit bei dieser Konzentration nicht signifikant niedriger als in der Kontrolle ist. Ist dies nicht der Fall, muss die Prüfung mit einer geringeren niedrigsten Konzentration wiederholt werden.

ii)

Wenn das Ziel die Bestimmung der LOEC/NOEC ist, muss die höchste Prüfkonzentration so hoch sein, dass die Fruchtbarkeit bei dieser Konzentration signifikant niedriger als in der Kontrolle ist. Ist dies nicht der Fall, muss die Prüfung mit einer höheren höchsten Konzentration wiederholt werden.

iii)

Wenn die ECx für Wirkungen auf die Reproduktion geschätzt wird, ist es ratsam, hinreichende Konzentrationen zur Bestimmung der ECx mit einem angemessenen Vertrauensbereich zu verwenden. Wenn die EC50 für Wirkungen auf die Reproduktion geschätzt wird, ist es ratsam, dass die höchste Prüfkonzentration höher als diese EC50 ist. Andernfalls ist es zwar immer noch möglich, die EC50 zu schätzen, der Vertrauensbereich für die EC50 ist jedoch sehr weit, und es ist vielleicht nicht möglich, die Angemessenheit des angepassten Modells zufrieden stellend zu bewerten.

iv)

Der Prüfkonzentrationsbereich sollte möglichst keine Konzentration beinhalten, die eine statistisch signifikante Wirkung auf das Überleben von erwachsenen Tieren hat, da dies die Art der Prüfung von einer einfachen Reproduktionsprüfung in eine kombinierte Reproduktions- und Mortalitätsprüfung verwandeln würde, für die eine deutlich komplexere statistische Auswertung erforderlich ist.

Wenn die Toxizität der Prüfsubstanz im Vorfeld bekannt ist (z. B. aus einer akuten Toxizitätsprüfung und/oder aus Voruntersuchungen zur Ermittlung des Konzentrationsbereichs), dürfte dies bei der Auswahl geeigneter Prüfkonzentrationen helfen.

Wird ein Löse- oder Dispersionsmittel zur Herstellung der Prüflösungen verwendet (siehe Abschnitt 1.6.4), sollte dessen Endkonzentration in den Prüfgefäßen 0,1 ml/l nicht übersteigen und in allen Prüfgefäßen gleich sein.

1.8.3.   Kontrollen

Eine Kontrollreihe mit dem Prüfmedium und, sofern zutreffend, auch eine Kontrollreihe mit dem Löse- oder Dispersionsmittel sollten zusätzlich zu den Testreihen durchgeführt werden. Werden Löse- oder Dispersionsmittel verwendet, sollte deren Konzentration gleich den Konzentrationen in den Gefäßen mit der Prüfsubstanz sein. Die entsprechende Anzahl an Wiederholungen sollte zum Einsatz kommen (siehe 1.8.1.3).

Im Allgemeinen sollte in einer ordentlich durchgeführten Prüfung der Variationskoeffizient rund um die mittlere Anzahl an lebenden Nachkommen, die pro Elterntier in der/den Kontrolle(n) produziert werden, ≤ 25 % sein, und dies sollte bei Prüfkonzepten mit einzeln gehaltenen Tieren protokolliert werden.

1.8.4.   Erneuerung des Prüfmediums

Die Häufigkeit, mit der das Prüfmedium erneuert wird, hängt von der Stabilität der Prüfsubstanz ab. Jedoch sollte es zumindest dreimal pro Woche ausgetauscht werden. Wenn aus vorhergehenden Stabilitätsprüfungen (siehe 1.4) bekannt ist, dass die Konzentration der Prüfsubstanz während des maximalen Erneuerungszeitraums (d. h. 3 Tage) nicht stabil ist (d. h. außerhalb des Bereichs von 80 bis 120 % der nominalen Konzentration oder Unterschreitung von 80 % der gemessenen anfänglichen Konzentration), sollte ein häufigerer Wechsel des Prüfmediums oder der Einsatz einer Durchflussprüfung in Erwägung gezogen werden.

Wird das Medium in semistatischen Prüfungen erneuert, wird eine zweite Reihe von Prüfgefäßen vorbereitet, in die die Elterntiere beispielsweise mit einer Glaspipette von geeignetem Durchmesser umgesetzt werden. Dabei sollte die Menge an Prüfmedium, die zusammen mit den Daphnien umgesetzt wird, so gering wie möglich sein.

1.8.5.   Beobachtungen

Die Ergebnisse der Beobachtungen während der Prüfung sollten auf Datenblättern (siehe Beispiele in Anlage 3 und 4) protokolliert werden. Sind andere Messungen erforderlich (siehe 1.3 und 1.8.8), sind gegebenenfalls weitere Beobachtungen vonnöten.

1.8.6.   Nachkommen

Die Nachkommen, die von jedem Elterntier produziert werden, sollten vom Auftreten der ersten Brut an möglichst täglich entfernt und gezählt werden, um zu verhindern, dass diese die für die erwachsenen Tiere bestimmte Nahrung verbrauchen. Für diese Methode braucht zwar nur die Anzahl an lebenden Nachkommen gezählt zu werden, vorhandene unreife Eier oder tote Nachkommen sollten jedoch ebenfalls festgehalten werden.

1.8.7.   Mortalität

Sterbefälle unter den Elterntieren sollten möglichst täglich protokolliert werden; sie sollten zumindest zu den gleichen Zeiten wie die Nachkommen gezählt werden.

1.8.8.   Sonstige Parameter

Auch wenn dieses Verfahren in der Hauptsache zur Bewertung der Wirkungen auf die Reproduktion dienen soll, besteht die Möglichkeit, dass auch andere Auswirkungen in hinreichendem Maße für eine statistische Auswertung quantifiziert werden können. Besonders wünschenswert sind dabei Wachstumsmessungen, denn sie liefern Informationen über mögliche subletale Wirkungen, die unter Umständen nützlicher als die Reproduktionsmessung alleine sind; empfohlen wird die Vermessung der Länge der Elterntiere (d. h. die Körperlänge ohne Afterstachel) am Ende der Prüfung. Weitere Parameter, die sich messen oder berechnen lassen, sind unter anderem die Zeit bis zur Produktion der ersten Brut (und folgender Bruten), Anzahl und Umfang der Bruten je Tier, Anzahl an unreifen Eiern, Vorhandensein von männlichen Tieren oder Ephippien und die immanente Populationswachstumsrate.

1.8.9.   Häufigkeit von analytischen Bestimmungen und Messungen

Die Sauerstoffkonzentration, die Temperatur, die Härte und pH-Werte sollten zumindest einmal pro Woche gemessen werden, und zwar in frischen und alten Medien, in der/den Kontrolle(n) und in der höchsten Konzentration der Prüfsubstanz.

Während der Prüfung werden die Konzentrationen der Prüfsubstanz in regelmäßigen Abständen bestimmt.

Bei semistatischen Prüfungen, bei denen erwartet wird, dass die Konzentration der Prüfsubstanz innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration konstant bleibt (d. h. innerhalb des Bereichs von 80 bis 120 % — siehe Abschnitt 1.4 und 1.8.4), wird empfohlen, dass zumindest die höchste und die niedrigste Prüfkonzentration, frisch hergestellt und zum Zeitpunkt des Austauschs, einmal während der ersten Woche der Prüfung analysiert werden (d. h. Analysen sollten anhand einer Probe derselben Lösung erfolgen — wenn diese frisch hergestellt ist und beim Austausch). Diese Bestimmungen sollten anschließend zumindest in wöchentlichen Abständen wiederholt werden.

Bei Prüfungen, bei denen nicht damit zu rechnen ist, dass die Konzentration der Prüfsubstanz innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration konstant bleibt, ist es notwendig, alle Prüfkonzentrationen, frisch hergestellt und beim Austausch, zu analysieren. Bei denjenigen Prüfungen jedoch, bei denen die gemessene Anfangskonzentration der Prüfsubstanz zwar nicht innerhalb von ± 20 % der nominalen Konzentration stabil bleibt, bei der jedoch hinreichend nachgewiesen werden kann, dass die Anfangskonzentrationen reproduzierbar und stabil sind (d. h. innerhalb des Bereichs von 80 bis 120 % der Anfangskonzentrationen), könnten die chemischen Bestimmungen in Woche 2 und 3 der Prüfung auf die höchste und die niedrigste Konzentration reduziert werden. In allen Fällen braucht die Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentrationen vor der Erneuerung des Prüfmediums nur an einem Wiederholungsgefäß bei jeder Prüfkonzentration vorgenommen zu werden.

Bei einer Durchflussprüfung ist ein ähnliches Probenahmeverfahren wie für semistatische Prüfungen beschrieben angebracht (die Messung der „alten“ Lösungen gilt in diesem Fall jedoch nicht). Es kann allerdings ratsam sein, die Anzahl an Probenahmen in der ersten Woche zu erhöhen (z. B. drei Messreihen), um sicherzugehen, dass die Prüfkonzentrationen stabil bleiben. Bei diesen Prüfarten sollte die Durchsatzrate des Verdünnungsmittels und der Prüfsubstanz täglich überprüft werden.

Ist nachgewiesen, dass die Konzentration der geprüften Substanz während der gesamten Prüfung zufrieden stellend innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration oder der gemessenen Anfangskonzentration bleibt, können die Ergebnisse auf nominalen oder gemessenen Anfangswerten beruhen. Wenn die Abweichung von der nominalen oder gemessenen Anfangskonzentration größer als ± 20 % ist, sollten die Ergebnisse als zeitgewichtetes Mittel dargestellt werden (siehe Anlage 5).

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   AUSWERTUNG DER ERGEBNISSE

Mit dieser Prüfung soll die Wirkung der Prüfsubstanz auf die Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen, die pro am Ende der Prüfung noch lebendem Elterntier produziert wurden, bestimmt werden. Dabei sollte die Gesamtanzahl an Nachkommen je Elterntier für jedes Prüfgefäß (d. h. für jede Wiederholung) berechnet werden. Wenn in einer Wiederholung das Elterntier während der Prüfung stirbt oder sich als Männchen herausstellt, dann wird die Wiederholung von der Analyse ausgeschlossen. Die Analyse beruht dann auf einer verringerten Anzahl von Wiederholungen.

Zur Schätzung der LOEC und damit auch der NOEC für Wirkungen der Chemikalie auf die Reproduktionsleistung müssen die mittlere Reproduktionsleistung unter den Wiederholungen für jede Konzentration und die gepoolte Reststandardabweichung berechnet werden; dies kann durch eine Varianzanalyse (ANOVA) erfolgen. Der Mittelwert für jede Konzentration muss dann mit Hilfe einer angemessenen Mehrfachvergleichsmethode mit dem Kontrollmittelwert verglichen werden. Von Nutzen können dabei Dunnett’sche oder Williams’sche Tests sein (14) (15) (16) (17). Überprüft werden muss, ob die ANOVA-Voraussetzung der Homogenität der Varianz zutreffend ist. Es wird empfohlen, dies eher grafisch als durch eine formale Signifikanzprüfung zu ermitteln (18); eine geeignete Alternative besteht in der Durchführung eines Bartlett’schen Tests. Gilt diese Annahme nicht, sollte überlegt werden, die Daten zur Homogenisierung von Varianzen vor der Durchführung der ANOVA zu transformieren oder eine gewichtete ANOVA durchzuführen. Der Umfang der mit der ANOVA nachweisbaren Wirkung (d. h. die geringste signifikante Differenz) sollte berechnet und protokolliert werden.

Zur Schätzung der Konzentration, die eine 50 %ige Verringerung der Reproduktionsleistung verursachen würde (d. h. die EC50), sollte eine geeignete Kurve wie beispielsweise die logistische Kurve an die Daten unter Einsatz eines statistischen Verfahrens wie der Methode der kleinsten Quadrate angepasst werden. Die Kurve könnte so parametriert werden, dass die EC50 und deren Standardfehler direkt abgeschätzt werden können. Dies würde die Berechnung des Vertrauensbereichs für die EC50 deutlich erleichtern. Soweit keine guten Gründe dafür vorliegen, anderen Vertrauensbereichen den Vorzug zu geben, sollte der zweiseitige 95 %-Vertrauensbereich angegeben werden. Das Anpassungsverfahren sollte möglichst einen Weg bieten, um die Signifikanz der mangelnden Anpassung zu bewerten. Dies kann grafisch erfolgen oder indem man die Restsumme der Quadrate in „mangelnde Anpassung“ und „reine Fehlerkomponenten“ unterteilt und eine Signifikanzprüfung für die mangelnde Anpassung durchführt. Da Behandlungen, die zu einer höheren Fruchtbarkeit führen, wahrscheinlich eine größere Varianz in der Anzahl an produzierten Jungtieren aufweisen als Behandlungen, die eine niedrige Fruchtbarkeit ergeben, sollte eine Gewichtung der beobachteten Werte in Erwägung gezogen werden, um den unterschiedlichen Varianzen in den verschiedenen Behandlungsgruppen Rechnung zu tragen (Hintergrundinformationen siehe Literaturhinweis 18).

Bei der Analyse der Daten aus dem endgültigen Ringversuch (2) wurde eine logistische Kurve anhand des folgenden Modells angepasst, auch wenn andere geeignete Modelle herangezogen werden können:

Formula

Dabei gilt:

Y

=

Gesamtanzahl an Jungtieren pro Elterntier, das am Ende der Prüfung noch lebt (für jedes Gefäß berechnet)

x

=

Konzentration der Substanz

c

=

Erwartete Anzahl an Jungtieren bei x = 0

x0

=

EC50 in der Population

b

=

Steigungsparameter.

Dieses Modell kommt wahrscheinlich für eine große Anzahl von Situationen in Frage, es wird jedoch Prüfungen geben, bei denen es nicht angemessen ist. Wie oben angeregt, sollte die Validität des Modells überprüft werden. In einigen Fällen kann auch ein Hormesis-Modell, bei dem niedrige Konzentrationen zu größeren Wirkungen führen, angebracht sein (19).

Andere Wirkkonzentrationen wie die EC10 oder EC20 können ebenfalls geschätzt werden, auch wenn vielleicht besser eine andere Parametrierung für das Modell als bei der Schätzung der EC50 zu verwenden ist.

2.2.   ABSCHLUSSBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

Physikalische Beschaffenheit und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;

Daten zur chemischen Identität, einschließlich Reinheit.

2.2.2.   Geprüfte Daphnienart

Der Klon (ob er einer Gentypisierung unterzogen wurde), der Lieferant oder die Bezugsquelle (sofern bekannt) und die zum Einsatz kommenden Kulturbedingungen. Wird eine andere Art als Daphnia magna eingesetzt, sollte dies protokolliert und begründet werden.

2.2.3.   Prüfbedingungen

Zum Einsatz kommendes Prüfverfahren (z. B. semistatisches oder Durchflussverfahren, Volumen, Besatz mit Anzahl Daphnien pro Liter);

Belichtungsdauer und Lichtstärke;

Auslegung der Prüfung (z. B. Anzahl an Wiederholungen, Anzahl an Elterntieren je Wiederholung);

nähere Angaben zum verwendeten Kulturmedium:

sofern verwendet, zugesetztes organisches Material, einschließlich Zusammensetzung, Herkunft, Herstellungsverfahren, TOC/COD der Stammansätze, Schätzung des sich daraus ergebenden TOC/COD im Prüfmedium;

detaillierte Informationen über die Fütterung, einschließlich Menge (in mg C/Daphnie/Tag) und Plan (z. B. Art von Futtermittel(n), einschließlich spezifischer Name (Art) bei Algen und, sofern bekannt, der Stamm, die Kulturbedingungen);

Art der Herstellung von Stammansätzen und Häufigkeit der Erneuerung (sofern verwendet, müssen das Löse- oder Dispersionsmittel und dessen Konzentration angegeben werden).

2.2.4.   Ergebnisse

Ergebnisse von eventuellen vorhergehenden Untersuchungen zur Stabilität der Prüfsubstanz;

die nominalen Prüfkonzentrationen und die Ergebnisse aller Analysen zur Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz in den Prüfgefäßen (siehe Beispieldatenblätter in Anlage 4); die Restitutionsgüte der Methode und die Bestimmungsgrenze sollten ebenfalls protokolliert werden;

Wasserqualität innerhalb der Prüfgefäße (d. h. pH-Wert, Temperatur und gelöste Sauerstoffkonzentration sowie TOC und/oder COD und Härte, soweit zutreffend) (siehe Beispieldatenblatt in Anlage 3);

die gesamte Aufzeichnung der lebenden Nachkommen für jedes Elterntier (siehe Beispieldatenblatt in Anlage 3);

die Anzahl an Todesfällen unter den Elterntieren und der Tag, an dem diese eingetreten sind (siehe Beispieldatenblatt in Anlage 3);

der Variationskoeffizient für die Kontrollfruchtbarkeit (anhand der Gesamtanzahl von lebenden Nachkommen je Elterntier, das am Ende der Prüfung noch lebt);

Darstellung der Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen je Elterntier (für jede Wiederholung), das am Ende der Prüfung noch lebt, im Verhältnis zur Prüfkonzentration der Prüfsubstanz;

die Lowest Observed Effect Concentration (LOEC) für die Reproduktion, einschließlich einer Beschreibung der eingesetzten statistischen Verfahren und einer Angabe zum Umfang der Wirkung, die nachgewiesen werden konnte, und die No Observed Effect Concentration (NOEC) für die Reproduktion; soweit zutreffend, sollten die LOEC/NOEC für die Mortalität der Elterntiere ebenfalls protokolliert werden;

soweit zutreffend, die ECx für die Reproduktion und die Vertrauensbereiche und ein Diagramm für das angepasste Modell, das für deren Berechnung herangezogen wurde, die Steigung der Dosisreaktionskurve und deren Standardfehler;

andere beobachtete biologische Wirkungen oder Messungen: alle anderen biologischen Wirkungen dokumentieren, die beobachtet oder gemessen wurden (z. B. Wachstum von Elterntieren), einschließlich einer angemessenen Begründung;

eine Erklärung für eine eventuelle Abweichung von der Prüfmethode.

3.   LITERATURHINWEISE

(1)

OECD Test Guideline Programme, Report of the Workshop on the Daphnia magna Pilot Ring Test, Sheffield University, UK, 20-21 March 1993.

(2)

OECD Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment No. 6. Report of the Final Ring Test of the Daphnia magna Reproduction Test Paris. 1997.

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(4)

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Anlage 1

HERSTELLUNG DER VOLLSTÄNDIG DEFINIERTEN MEDIEN ELENDT M7 UND M4

Gewöhnung an die Medien Elendt M7 und M4

Einige Prüfeinrichtungen haben Schwierigkeiten, Daphnien direkt in die Medien M4 (1) und M7 umzusetzen. Erfolg wurde jedoch mit einer schrittweisen Eingewöhnung erzielt, d. h. dem Wechsel von dem eigenen Medium in 30 %iges Elendt, dann in 60 %iges Elendt und dann in 100 %iges Elendt. Die Eingewöhnungszeiten können dabei durchaus einen Monat betragen.

HERSTELLUNG

Spurenelemente

Zunächst werden gesonderte Stammansätze (I) einzelner Spurenelemente in Wasser mit geeignetem Reinheitsgrad, z. B. entionisiertes oder destilliertes Wasser oder Wasser aus umgekehrter Osmose, hergestellt. Aus diesen unterschiedlichen Stammansätzen (I) wird ein zweiter alleiniger Stammansatz (II) hergestellt, der alle Spurenelemente enthält (kombinierte Lösung), d. h.:

Stammansätze I

(einzelne Substanz)

Wasser zugesetzte Menge

(mg/l)

Konzentration (in Verhältnis zum Medium M4)

(x-fach)

Zur Herstellung des kombinierten Stammansatzes II zu Wasser die folgende Menge an Stammansatz I zugeben

(ml/l)

M4

M7

H3BO3

57 190

20 000

1,0

0,25

MnCl2 * 4 H20

7 210

20 000

1,0

0,25

LiCl

6 120

20 000

1,0

0,25

RbCl

1 420

20 000

1,0

0,25

SrCl2 * 6 H2O

3 040

20 000

1,0

0,25

NaBr

320

20 000

1,0

0,25

Na2MoO4 * 2 H2O

1 260

20 000

1,0

0,25

CuCl2 * 2 H20

335

20 000

1,0

0,25

ZnCl2

260

20 000

1,0

1,0

CoCl2 * 6 H20

200

20 000

1,0

1,0

Kl

65

20 000

1,0

1,0

Na2SeO3

43,8

20 000

1,0

1,0

NH4VO3

11,5

20 000

1,0

1,0

Na2EDTA * 2 H2O

5 000

2 000

FeSO4 * H2O

1 991

2 000

Sowohl die Na2EDTA- als auch die FeSO4-Lösung werden einzeln hergestellt, zusammengegossen und sofort im Autoklaven behandelt. Dies ergibt:

21 Fe-EDTA-Lösung

 

1 000

20,0

5,0

Medien M4 und M7

Die Medien M4 und M7 werden anhand des Stammansatzes II, der Makronährstoffe und Vitamine wie folgt hergestellt:

 

Wasser zugesetzte Menge

(mg/l)

Konzentration (im Verhältnis zum Medium M4)

(x-fach)

Zur Herstellung des Mediums zugesetzte Menge an Stammansatz

(ml/l)

M4

M7

Stammansatz II kombinierte Spurenelemente

 

20

50

50

Makronährstoff-Stammansätze (einzelne Substanz)

CaCl2 * 2 H2O

293 800

1 000

1,0

1,0

MgSO4 * 7 H2O

246 600

2 000

0,5

0,5

KC1

58 000

10 000

0,1

0,1

NaHCO3

64 800

1 000

1,0

1,0

Na2SiO3 * 9 H2O

50 000

5 000

0,2

0,2

NaNO3

2 740

10 000

0,1

0,1

KH2PO4

1 430

10 000

0,1

0,1

K2HPO4

1 840

10 000

0,1

0,1

Kombinierter Vitaminstammansatz

10 000

0,1

0,1

Der kombinierte Vitaminstammansatz wird hergestellt, indem man die 3 Vitamine einem Liter Wasser zusetzt, wie im Folgenden angegeben:

Thiaminhydrochlorid

750

10 000

Cyanocobalamine (B12)

10

10 000

Biotine

7,5

10 000

Der kombinierte Vitaminstammansatz wird in kleinen Portionen tiefgefroren aufbewahrt. Vitamine werden den Medien kurz vor der Verwendung zugesetzt.

Hinweise

Um die Ausfällung von Salzen bei der Herstellung der vollständigen Medien zu vermeiden, die Portionen von Stammansätzen in etwa 500 bis 800 ml Wasser entionisiertes Wasser geben und dann auf 1 Liter auffüllen.

 

Erstmals in einer Publikation erwähnt wird das Medium M4 bei Elendt, B.P. (1990). Selenium deficiency in crustacea; an ultrastructural approach to antennal damage in Daphnia magna Straus. Protoplasma, 154, 25-3 3.

Anlage 2

ANALYSE DES GESAMTEN ORGANISCHEN KOHLENSTOFFS (TOC) UND ERSTELLUNG VON NOMOGRAMMEN FÜR DEN TOC-GEHALT VON ALGENFUTTER

Bekanntermaßen wird der Kohlenstoffgehalt des Algenfutters normalerweise nicht direkt gemessen, sondern aus Korrelationen (d. h. Nomogrammen) mit Ersatzgrößen wie der Algenzeilenzahl oder der Lichtextinktion abgeleitet.

Der TOC sollte eher durch Oxidation bei hoher Temperatur als durch UV- oder Persulfatmethoden gemessen werden (siehe hierzu auch: The Instrumental Determination of Total Organic Carbon, Total Oxygen Demand and Related Determinands 1979, HMSO 1980; 49 High Holborn, London WC1V 6HB).

Für die Erstellung von Nomogrammen sollten die Algen durch Zentrifugierung von dem Wachstumsmedium getrennt werden, gefolgt von einer Resuspension in destilliertem Wasser. Den Ersatzparameter und die TOC-Konzentration in jeder Probe in einer Dreifachwiederholung messen. Es sollten Blindproben des destillierten Wassers analysiert und die TOC-Konzentration von der TOC-Konzentration in der Algenprobe abgeleitet werden.

Nomogramme sollten über den geforderten Bereich von Kohlenstoffkonzentrationen linear verlaufen. Beispiele hierzu finden sich weiter unten.

Hinweis: Diese Beispiele sollten nicht für Umrechnungen herangezogen werden; wichtig ist, dass die Prüfeinrichtungen ihre eigenen Nomogramme erstellen.

Image

Image

Image

Anlage 3

BEISPIELDATENBLATT ZUR PROTOKOLLIERUNG DER ERNEUERUNG DES PRÜFMEDIUMS, VON PHYSIKALISCH-CHEMISCHEN ÜBERWACHUNGSDATEN, DER FÜTTERUNG, DAPHNIEN-REPRODUKTION UND MORTALITÄT VON ERWACHSENEN TIEREN

Versuch Nr.

Ausgangsdaten:

Klon:

Medium:

Futterart:

Prüfsubstanz:

Nominale Konz.:

Tag

0

I

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

 

 

Mediumerneuerung ankreuzen)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

pH-Wert (38)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

neu

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

alt

 

O2 mg/l (38)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

neu

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

alt

 

Temp. ( oC) (38)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

neu

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

alt

 

Geb. Futter (ankreuzen)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anz. leb. Nachkommen (39)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gesamt

Gefäß 1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

6

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

7

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

9

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

10

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gesamt

 

Kumulative Mortalität bei erwachs. Tieren (40)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anlage 4

BEISPIELDATENBLATT ZUR PROTOKOLLIERUNG VON ERGEBNISSEN DER CHEMISCHEN ANALYSE

a)   Gemessene Konzentrationen

Nominale Konz.

Woche 1 Probe

Woche 2 Probe

Woche 3 Probe

Frisch

Alt

Frisch

Alt

Frisch

Alt

 

 

 

 

 

 

 

b)   Gemessene Konzentrationen in Prozent der Nominalkonzentrationen

Nominale Konz.

Woche 1 Probe

Woche 2 Probe

Woche 3 Probe

Frisch

Alt

Frisch

Alt

Frisch

Alt

 

 

 

 

 

 

 

Anlage 5

BERECHNUNG EINES ZEITGEWICHTETEN MITTELS

Zeitgewichtetes Mittel

In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Konzentration der Prüfsubstanz während des Zeitraums zwischen den Erneuerungen des Prüfmediums verringern kann, muss überlegt werden, welche Konzentration als für den Konzentrationsbereich, dem die Elterndaphnien ausgesetzt werden, repräsentativ ausgewählt werden sollte. Die Auswahl sollte dabei sowohl auf biologischen als auch auf statistischen Erwägungen beruhen. Wenn man beispielsweise davon ausgeht, dass die Reproduktion am stärksten durch die zur Anwendung kommende Spitzenkonzentration beeinflusst wird, dann sollte die maximale Konzentration herangezogen werden. Wenn jedoch die kumulierte oder längerfristige Wirkung der toxischen Substanz für wichtiger gehalten wird, dann hat eine Durchschnittskonzentration eine größere Relevanz. In diesem Fall besteht ein geeigneter anzusetzender Durchschnittswert aus der zeitgewichteten mittleren Konzentration, da hierbei die Streubreite der Augenblickskonzentration im Laufe der Zeit berücksichtigt wird.

Bild 1:

Beispiel für ein zeitgewichtetes Mittel

Image

Bild 1 zeigt ein Beispiel für eine (vereinfachte) Prüfung, die 7 Tage dauert und bei der an Tag 0, 2 und 4 das Prüfmedium erneuert wird.

 

Die dünne Zickzacklinie stellt die Konzentration zu jedem Zeitpunkt dar. Es wird angenommen, dass der Rückgang der Konzentration einem exponentiellen Zerfallsprozess folgt.

 

Die 6 eingezeichneten Punkte stellen die beobachteten Konzentrationen dar, die am Anfang und am Ende eines jeden Erneuerungszeitraums gemessen wurden.

 

Die dicke durchgezogene Linie gibt die Lage des zeitgewichteten Mittels an.

Das zeitgewichtete Mittel wird so berechnet, dass die Fläche unterhalb des zeitgewichteten Mittels gleich der Fläche unterhalb der Konzentrationskurve ist. Die Berechnung für das oben genannte Beispiel wird in Tabelle 1 dargestellt.

Table 1:

Berechnung des zeitgewichteten Mittels

Erneuerung Nr.

Tage

Konz0

Konz1

Ln (Konz0)

Ln (Konz1)

Fläche

1

2

10,000

4,493

2,303

1,503

13,767

2

2

11,000

6,037

2,398

1,798

16,544

3

3

10,000

4,066

2,303

1,403

19,781

Gesamtanzahl Tage: 7

Gesamtfläche

50,091

Zeitgew. Mittel

7,156

„Tage“ steht für die Anzahl von Tagen des Erneuerungszeitraums.

„Konz0“ ist die gemessene Konzentration zu Beginn eines jeden Erneuerungszeitraums.

„Konz1“ ist die gemessene Konzentration am Ende eines jeden Erneuerungszeitraums.

„Ln(Konz0)“ ist der natürliche Logarithmus von Konz0.

„Ln(Konz1)“ ist der natürliche Logarithmus von Konz1.

„Fläche“ ist die Fläche unter der exponentiellen Kurve für jeden Erneuerungszeitraum. Sie wird wie folgt berechnet:

Formula

Das zeitgewichtete Mittel (zeitgew. Mittel) ist gleich der „Gesamtfläche“ dividiert durch die „Gesamtanzahl Tage“.

Natürlich müsste die Tabelle für die Daphnien-Reproduktionsprüfung auf einen Zeitraum von 21 Tagen erweitert werden.

Klar ist, dass, wenn Beobachtungen nur am Anfang und am Ende eines jeden Erneuerungszeitraums erfolgen, nicht bestätigt werden kann, ob der Zerfallsprozess tatsächlich exponentiell verläuft. Eine andere Kurve würde zu einer anderen Berechnung für die „Fläche“ führen. Jedoch ist ein exponentieller Zerfallsprozess durchaus plausibel und wahrscheinlich die beste Kurve, die bei Fehlen anderer Informationen zu verwenden ist.

Vorsicht ist allerdings geboten, wenn in der chemischen Analyse am Ende des Erneuerungszeitraums keine Substanz gefunden wird. Sofern keine Möglichkeit besteht, abzuschätzen, wie schnell die Substanz aus der Lösung verschwunden ist, ist es unmöglich, eine realistische Fläche unter der Kurve zu erhalten, und damit auch unmöglich, ein vernünftiges zeitgewichtetes Mittel zu bestimmen.

C.21.   BODENMIKROORGANISMEN: STICKSTOFFTRANSFORMATIONSSTEST

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht der Prüfrichtlinie OECD TG 216 (2000).

1.1.   EINLEITUNG

Diese Testmethode beschreibt eine Labormethode zur Untersuchung der Langzeitauswirkungen von Chemikalien auf die Stickstofftransformationsaktivität von Bodenmikroorganismen nach einmaliger Exposition. Der Test beruht im Wesentlichen auf den Empfehlungen der Pflanzenschutzorganisation für Europa und den Mittelmeerraum (1), doch auch andere Richtlinien wurden berücksichtigt, wie die der deutschen Biologischen Bundesanstalt (2), der US-amerikanischen Environmental Protection Agency (3), SETAC (4) und von der Internationalen Organisation für Normung (5). Auf einem OECD-Workshop zur Boden-/Sedimentauswahl, der 1995 im italienischen Belgirate stattfand (6), wurden die bei diesem Test zu verwendende Anzahl und Art von Böden vereinbart. Die Empfehlungen zur Entnahme, Behandlung und Lagerung von Bodenproben basieren auf einer ISO-Anleitung (7) und auf Empfehlungen des Belgirate-Workshops. Bei der Be- und Auswertung toxischer Eigenschaften von Testsubstanzen kann eine Bestimmung der Auswirkungen auf die mikrobielle Aktivität des Bodens erforderlich sein, z. B. wenn Daten zu möglichen Nebenwirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Mikroflora des Bodens benötigt werden oder wenn eine Exposition von Bodenmikroorganismen gegenüber anderen Chemikalien als Pflanzenschutzmitteln erwartet wird. Der Stickstofftransformationstest wird durchgeführt, um den Einfluss derartiger Chemikalien auf die Bodenmikroflora zu ermitteln. Bei der Prüfung von Agrochemikalien (z. B. Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, Forstchemikalien), werden sowohl Stickstoff- als auch Kohlenstofftransformationstests durchgeführt. Bei anderen Substanzen als Agrochemikalien genügt der Stickstofftransformationstest. Liegen jedoch die EC50-Werte des Stickstofftransformationstests bei diesen Chemikalien im Bereich, der für käufliche Nitrifikationshemmstoffe (z. B. Nitrapyrin) ermittelt wurde, kann ein Kohlenstofftransformationstest durchgeführt werden, um weitere Informationen zu gewinnen,

Boden besteht sowohl aus lebenden als auch aus nichtlebenden Komponenten, die in komplexen und heterogenen Gemischen vorkommen. Beim Abbau organischen Materials und seiner Transformation in fruchtbaren Böden spielen Mikroorganismen eine wichtige Rolle, wobei viele Arten für unterschiedliche Aspekte der Bodenfruchtbarkeit verantwortlich sind. Jede langfristige Störung dieser biochemischen Prozesse kann sich potenziell auf den Nährstoffkreislauf auswirken und dadurch wiederum die Bodenfruchtbarkeit beeinflussen. Die Transformation von Kohlenstoff und Stickstoff erfolgt in allen fruchtbaren Böden. Die Transformationspfade sind im Wesentlichen gleich, auch wenn je nach Boden unterschiedliche mikrobielle Populationen für diese Prozesse verantwortlich sind.

Mit der hier beschriebenen Testmethode können durch einen Stoff hervorgerufene langfristige nachteilige Auswirkungen auf den Prozess der Stickstofftransformation in aeroben Oberböden bestimmt werden. Darüber hinaus ermöglicht die Testmethode die Abschätzung der Auswirkungen von Substanzen auf die Kohlenstoffumwandlung durch die Bodenmikroflora. Die Nitratbildung findet nach dem Zerfall der Kohlenstoff-Stickstoff-Bindungen statt. Werden also bei behandelten und Kontrollböden gleiche Nitratbildungsraten festgestellt, sind höchstwahrscheinlich die wichtigsten Kohlenstoffabbauwege intakt und funktionstüchtig. Das für den Test gewählte Substrat (pulverisiertes Luzernemehl) besitzt ein günstiges Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis (in der Regel zwischen 12:1 und 16:1). Deshalb wird der Kohlenstoffmangel während des Tests verringert, und sollten mikrobielle Populationen durch eine Chemikalie geschädigt werden, könnten sie sich innerhalb von 100 Tagen wieder erholen.

Die Tests, auf deren Grundlage diese Testmethode entwickelt wurde, waren in erster Linie für Substanzen ausgelegt, bei denen die in den Boden gelangende Menge vorherbestimmt werden kann. Dies ist z. B. bei Pflanzenschutzmitteln der Fall, bei denen die Applikationsrate auf dem Feld bekannt ist. Bei Agrochemikalien genügt es, zwei Konzentrationen zu testen, die für die erwartete oder vorhergesagte Applikationsmenge relevant sind. Agrochemikalien können als Wirkstoffe (a.i.) oder als formulierte Handelsprodukte getestet werden. Der Test ist jedoch nicht auf Agrochemikalien begrenzt. Durch Veränderung sowohl der Mengen der auf den Boden aufgebrachten Testsubstanz als auch der Art und Weise, wie die Daten ausgewertet werden, kann der Test auch für Chemikalien angewendet werden, bei denen nicht bekannt ist, in welcher Menge sie in den Boden gelangen. Somit werden bei anderen Substanzen als Agrochemikalien die Wirkungen einer Reihe von Konzentrationen auf die Stickstoffumwandlung bestimmt. Die Daten dieser Tests werden verwendet, um eine Dosis-Wirkungs-Kurve zu erstellen und ECx-Werte zu berechnen, wobei x als die Wirkung in % definiert ist.

1.2.   DEFINITIONEN

Stickstofftransformation: der Endabbau stickstoffhaltiger organischer Substanz durch Mikroorganismen über die Schritte Ammonifikation und Nitrifikation zum entsprechenden anorganischen Endprodukt Nitrat.

EC x (Effektkonzentration): diejenige Konzentration der Testsubstanz im Boden, die die Umwandlung von Stickstoff in Nitrat zu x % hemmt.

EC 50 (Medianwert der Effektkonzentration): diejenige Konzentration der Testsubstanz im Boden, die die Transformation von Stickstoff in Nitrat zu 50 Prozent (50 %) hemmt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Gesiebter Boden wird mit pulverisiertem Pflanzenmehl angereichert und entweder mit der Testsubstanz behandelt oder unbehandelt (Kontrollprobe) belassen. Werden Agrochemikalien geprüft, wird eine Mindestanzahl von zwei Testkonzentrationen empfohlen, die im Verhältnis zur höchsten auf dem Feld erwarteten Konzentration gewählt werden sollten. Nach 0, 7, 14 und 28 Tagen Inkubation werden Proben behandelter und unbehandelter Böden mit einem geeigneten Lösungsmittel extrahiert, und die Nitratmengen in den Extrakten bestimmt. Die Nitratbildungsrate in behandelten Proben wird mit der in den Kontrollproben verglichen, und es wird die prozentuale Abweichung der behandelten Proben von den Kontrollproben berechnet. Alle Versuche laufen über mindestens 28 Tage. Sind die Differenzen zwischen behandelten und unbehandelten Böden am 28. Tag gleich oder größer als 25 %, werden die Messungen bis zur Höchstdauer von 100 Tagen fortgesetzt. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird die Testsubstanz in einer Reihe von Konzentrationen Proben des Bodens zugesetzt, und nach 28 Tagen Inkubation werden die Mengen des gebildeten Nitrats in behandelten Proben und in Kontrollproben gemessen. Die Ergebnisse aus Versuchen mit mehreren unterschiedlichen Konzentrationen werden mit Hilfe eines Regressionsmodells analysiert, und die ECx-Werte berechnet (d. h. EC 50, EC25 und/oder EC10). Siehe Definitionen.

1.5.   VALIDITÄT DES TESTS

Auswertungen von Testergebnissen mit Agrochemikalien beruhen auf vergleichsweise kleinen Differenzen (d. h. Mittelwert ± 25 %) zwischen Nitratkonzentrationen in Kontrollproben und behandelten Bodenproben, so dass große Schwankungen bei den Kontrollproben zu falschen Ergebnissen führen können. Daher sollte die Schwankungsbreite zwischen Replikatkontrollproben weniger als ± 15 % betragen.

1.6.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.6.1.   Geräte

Es werden Testgefäße aus chemisch inertem Material verwendet. Ihr Fassungsvermögen sollte sich nach dem gewählten Inkubationsverfahren der Böden richten, d. h. für die Inkubation von Sammelproben oder einer Reihe einzelner Bodenproben (siehe 1.7.1.2). Während des Tests ist darauf zu achten, dass sowohl der Wasserverlust möglichst gering gehalten wird als auch ein Gasaustausch stattfinden kann (so könnten die Testbehälter z. B. mit perforierter Polyethylenfolie abgedeckt werden). Beim Testen flüchtiger Substanzen sind abdichtbare und gasdichte Behälter zu verwenden. Diese sollten in ihrer Größe so bemessen sein, dass sie etwa zu einem Viertel ihres Volumens mit der Bodenprobe gefüllt sind.

Verwendet werden Standardlaborgeräte, darunter folgende:

Schüttelvorrichtung: mechanischer Schüttler oder gleichwertiges Gerät;

Zentrifuge (3 000 g) oder Filtriervorrichtung (mit nitratfreiem Filterpapier);

Messgerät mit geeigneter Empfindlichkeit und Reproduzierbarkeit für die Nitratanalyse.

1.6.2.   Auswahl und Anzahl der Röden

Es wird ein einziger Boden verwendet. Empfohlen wird Boden mit folgenden Eigenschaften:

Sandgehalt: mindestens 50 % und höchstens 75 %; ,

pH: 5,5-7,5;

organischer Kohlenstoffgehalt: 0,5-1,5 %:

es ist die mikrobielle Biomasse zu bestimmen (8) (9), und ihr Kohlenstoffgehalt sollte mindestens 1 % des gesamten organischen Kohlenstoffs des Bodens betragen.

Meist stellt ein Boden mit diesen Eigenschaften den „worst case“ dar, da seine Adsorption minimal und die Verfügbarkeit der Testchemikalie für die Mikroflora maximal ist. Demnach sind in aller Regel keine Tests mit anderen Böden notwendig. Unter bestimmten Umständen jedoch, wenn z. B. der erwartete hauptsächliche Einsatz der Testsubstanz auf bestimmten Böden wie sauren Waldböden stattfindet, oder bei elektrostatisch aufgeladenen Chemikalien kann es erforderlich sein, einen zusätzlichen Boden zu verwenden.

1.6.3.   Entnahme und Lagerung von Bodenproben

1.6.3.1.   Entnahme

Es sind ausführliche Informationen über die Vorgeschichte des Feldstandorts erforderlich, von dem der Testboden entnommen wird. Diese Angaben beinhalten unter anderem die genaue Lage, den Bewuchs, die Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln sowie mit organischen und anorganischen Düngemitteln, Zugaben biologischen Materials oder unbeabsichtigte Kontaminationen. Der für die Bodenentnahme gewählte Standort muss über einen längeren Zeitraum hinweg nutzbar sein. Geeignet sind Dauerweiden, Felder mit einjährigen Getreidekulturen (ausgenommen Mais) oder dicht gesäten Gründüngungspflanzen. Der gewählte Probenahmestandort sollte mindestens ein Jahr vor der Probenahme nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt worden sein. Ferner sollten mindestens sechs Monate vorher keine organischen Düngemittel ausgebracht worden sein. Die Verwendung von Mineraldünger ist nur zulässig, wenn dies für die Kultur erforderlich ist, und die Entnahme der Bodenproben sollte frühestens drei Monate nach Ausbringung des Düngemittels erfolgen. Zu vermeiden ist die Verwendung von Boden, der mit Düngemitteln mit bekannter biozider Wirkung (z. B. Kalkstickstoff) behandelt wurde.

Die Probenahme während oder unmittelbar nach längeren (mehr als 30 Tage) Dürre- oder Überschwemmungsperioden sollte vermieden werden. Bei gepflügten Böden sind die Proben aus einer Tiefe von 0 bis 20 cm zu entnehmen. Bei Grünland (Weiden) oder anderen Böden, die über längere Zeiträume (mindestens eine Vegetationsperiode) nicht gepflügt werden, kann die maximale Tiefe der Probenahme geringfügig über 20 cm liegen (z. B. bei bis zu 25 cm).

Die Bodenproben sollten in Behältern und unter Temperaturbedingungen transportiert werden, die sicherstellen, dass die ursprünglichen Bodeneigenschaften nicht wesentlich verändert werden.

1.6.3.2.   Lagerung

Bevorzugt wird die Verwendung feldfrischer Böden. Lässt sich die Lagerung im Labor nicht vermeiden, sollten die Böden im Dunkeln bei 4 ± 2 oC höchstens drei Monate gelagert werden. Während der Lagerung der Böden müssen aerobe Bedingungen sichergestellt sein. Werden Böden von Flächen entnommen, die über mindestens drei Monate im Jahr gefroren sind, kann eine Lagerung für sechs Monate bei — 18 oC bis — 22 oC in Betracht gezogen werden. Vor jedem Versuch ist die mikrobielle Biomasse der gelagerten Böden zu bestimmen, und der Kohlenstoffgehalt in der Biomasse sollte mindestens 1 % des gesamten organischen Kohlenstoffs des Bodens befragen (siehe 1.6.2).

1.6.4.   Handhabung und Vorbereitung des Bodens für den Test

1.6.4.1.   Vorinkubation

Falls der Boden gelagert wurde (siehe 1.6.3.2), wird eine Vorinkubation über eine Zeitdauer von 2 bis 28 Tagen empfohlen. Die Temperatur und der Feuchtegehalt des Bodens während der Vorinkubation sollten den Testbedingungen möglichst entsprechen (siehe 1.6.4.2 und 1.7.1.3).

1.6.4.2.   Physikalisch-chemische Eigenschaften

Der Boden wird manuell von großen Gegenständen befreit (z. B. Steine, Pflanzenteile usw.) und im feuchten Zustand ohne übermäßiges Austrocknen auf eine Partikelgröße von kleiner als oder gleich 2 mm gesiebt. Der Feuchtegehalt der Bodenprobe sollte mit destilliertem oder entionisiertem Wasser auf einen Wert zwischen 40 % und 60 % der maximalen Wasserhaltekapazität eingestellt werden.

1.6.4.3.   Anreicherung mit organischem Substrat

Der Boden ist mit einem geeigneten organischen Substrat anzureichern, z. B. pulverisiertem Luzernegrüngrasmehl (Hauptbestandteil: Medicago sativa) mit einem C:N-Verhältnis zwischen 12:1 und 16:1. Empfohlen wird ein Luzerne-Boden-Verhältnis von 5 g Luzerne je kg Boden (Trockengewicht).

1.6.5.   Vorbereitung der Testsubstanz zur Applikation auf den Boden

Üblicherweise wird die Testsubstanz unter Verwendung eines Trägers zugegeben. Bei diesem Träger kann es sich um Wasser (bei wasserlöslichen Substanzen) oder einen inerten Feststoff wie feiner Quarzsand (Partikelgröße: 0,1-0,5 mm) handeln. Andere flüssige Träger als Wasser (z. B. organische Lösungsmittel wie Aceton oder Chloroform) sind zu vermeiden, da sie die Mikroflora schädigen können. Wird Sand als Träger benutzt, kann er mit der in einem geeigneten Lösungsmittel aufgelösten oder suspendierten Testsubstanz überzogen werden. In diesen Fallen sollte das Lösungsmittel vor dem Mischen mit dem Boden durch Verdampfen entfernt werden. Zur optimalen Verteilung der Testsubstanz im Boden wird ein Verhältnis von 10 g Sand je kg Boden (Trockengewicht) empfohlen. Die Kontrollproben werden nur mit einer äquivalenten Menge Wasser und/oder Quarzsand behandelt.

Beim Testen flüchtiger Chemikalien sind Verluste während der Behandlung so weit wie möglich zu vermeiden, und es ist nach Möglichkeit für eine homogene Verteilung im Boden zu sorgen (z. B. indem die Testsubstanz an verschiedenen Stellen in den Boden injiziert wird).

1.6.6.   Testkonzentrationen

Werden Agrochemikalien geprüft, sind mindestens zwei Konzentrationen zu verwenden. Die niedrigere Konzentration sollte mindestens der maximalen Menge entsprechen, die unter praxisüblichen Bedingungen voraussichtlich in den Boden gelangt, während die höhere Konzentration ein Mehrfaches der niedrigeren Konzentration sein sollte. Die Konzentrationen der dem Boden zugegebenen Testsubstanz werden unter der Annahme einer gleichmäßigen Einarbeitung bis zu einer Tiefe von 5 cm und einer Bodenrohdichte von 1,5 berechnet. Bei Agrochemikalien, die direkt auf den Boden ausgebracht werden, oder bei Chemikalien, bei denen die den Boden erreichende Menge vorhersagbar ist, werden als Testkonzentrationen die höchste vorhergesagte Umweltkonzentration (PEC) und das Fünffache dieser Konzentration empfohlen. Substanzen, die voraussichtlich mehrmals in einer Kulturperiode auf den Boden ausgebracht werden, sollten in Konzentrationen getestet werden, die sich durch die Multiplikation der PEC mit der höchsten erwarteten Anzahl der Anwendungen ergeben. Allerdings sollte die obere getestete Konzentration das Zehnfache der höchsten einfachen Applikationsrate nicht übersteigen. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird eine geometrische Reihe von mindestens fünf Konzentrationen verwendet. Die getesteten Konzentrationen sollten den zur Bestimmung der ECx-Werte notwendigen Bereich abdecken.

1.7.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.7.1.   Expositionsbedingungen

1.7.1.1.   Behandlung und Kontrolle

Werden Agrochemikalien geprüft, wird der Boden in drei Teile gleichen Gewichts aufgeteilt. Zwei Teile werden mit dem produkthaltigen Träger vermischt, und der dritte wird mit dem Träger ohne das Produkt vermischt (Kontrollprobe). Sowohl für die behandelten als auch die unbehandelten Böden wird eine Mindestanzahl von drei Replikaten empfohlen. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird der Boden in sechs Teile gleichen Gewichts aufgeteilt. Fünf dieser Proben werden mit dem die Testsubstanz enthaltenden Träger vermischt, und die sechste wird mit dem Träger ohne die Chemikalie vermischt. Sowohl für die behandelten Proben als auch für die Kontrollproben werden drei Replikate empfohlen. Es ist auf eine homogene Verteilung der Testsubstanz in den behandelten Bodenproben zu achten. Während des Mischens ist eine Verdichtung oder Verklumpung des Bodens zu vermeiden.

1.7.1.2.   Inkubation von Bodenproben

Die Inkubation der Bodenproben kann auf zwei Wegen durchgeführt werden: als Sammelproben von jedem behandelten und unbehandelten Boden oder als Reihe von einzelnen, gleich großen Teilproben von jedem behandelten und unbehandelten Boden. Bei flüchtigen Substanzen sollte der Test jedoch nur mit einer Reihe einzelner Teilproben durchgeführt werden. Bei der Inkubation von Böden als Sammelproben werden große Mengen von jedem behandelten und unbehandelten Boden vorbereitet und während des Tests je nach Notwendigkeit zu analysierende Teilproben entnommen. Die zu Beginn für jede Behandlung und Kontrolle vorbereitete Menge ist abhängig von der Größe der Teilproben, der Anzahl der zur Analyse verwendeten Replikate und der höchsten erwarteten Anzahl von Probenahmen. Vor der Entnahme von Teilproben sind die inkubierten Sammelproben gründlich zu mischen. Bei der Bodeninkubation als Reihe einzelne Bodenproben wird jeder behandelte und unbehandelte Sammelboden in die benötigte Anzahl von Teilproben aufgeteilt, und diese Teilproben werden je nach Notwendigkeit verwendet. Für Untersuchungen mit mehr als zwei Probenahmezeitpunkten sind genügend Teilproben herzustellen, um alle Replikate und Probenahmezeiten zu berücksichtigen. Mindestens drei Replikatproben des Testbodens sollten unter aeroben Bedingungen inkubiert werden (siehe 1.7.1.1). Bei allen Tests sind geeignete Behälter mit ausreichendem Headspace zu verwenden, um das Entstehen anaerober Bedingungen zu vermeiden. Werden flüchtige Substanzen geprüft, ist der Test nur mit einer Reihe einzelner Teilproben durchzuführen,

1.7.1.3.   Testbedingungen und -dauer

Der Test wird im Dunkeln bei Raumtemperatur (20 ± 2 oC) durchgeführt. Der Feuchtegehalt der Bodenproben ist im Testverlauf bei 40-60 % (± 5 %) der maximalen Wasserhaltekapazität des Bodens zu halten (siehe 1.6.4.2). Destilliertes bzw. entionisiertes Wasser kann nach Bedarf zugegeben werden.

Die Mindestdauer der Tests beträgt 28 Tage. Bei Agrochemikalien werden die Nitratbildungsraten in den behandelten Proben mit denen in den Kontrollproben verglichen. Weichen diese am 28. Tag um mehr als 25 % voneinander ab, wird der Test bis zum Erreichen einer Differenz von gleich oder weniger als 25 % bzw. für die Höchstdauer von 100 Tagen fortgesetzt, je nachdem, was kürzer ist. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird der Test nach 28 Tagen beendet. Am 28. Tag werden die Nitratmengen in den behandelten Proben und in den Kontrollproben bestimmt und die ECx-Werte berechnet.

1.7.2.   Probenahme und Analyse von Böden

1.7.2.1.   Probenahmeintervalle

Bei der Prüfung von Agrochemikalien werden Bodenproben am Tag 0, 7, 14 und 28 auf Nitrat analysiert. Ist eine Testverlängerung erforderlich, sind weitere Messungen vom 28. Tag an im Abstand von jeweils 14 Tagen vorzunehmen.

Bei der Prüfung von anderen Substanzen als Agrochemikalien werden mindestens fünf Testkonzentrationen verwendet und Bodenproben am Beginn (Tag 0) und am Ende der Expositionszeit (28 Tage) auf Nitrat analysiert. Gegebenenfalls kann eine Zwischenmessung, z. B. am 7. Tag, eingefügt werden. Die am 28. Tag erhaltenen Daten werden zur Bestimmung des ECx-Werts der Chemikalie benutzt. Falls gewünscht, können die Daten der Kontrollproben vom Tag 0 im Bericht zur Angabe der Ausgangsmenge von Nitrat im Boden verwendet werden,

1.7.2.2.   Analyse von Bodenproben

Die Menge des in jeder behandelten Probe und in jedem Kontrollreplikat gebildeten Nitrats wird zu jedem Probenahmezeitpunkt bestimmt. Nitrat wird aus dem Boden durch Schütteln der Proben mit einem geeigneten Extraktionsmittel, z. B. einer 0,1 M Kaliumchloridlösung, extrahiert. Empfohlen wird ein Verhältnis von 5 ml KCl-Lösung je Gramm Trockengewichtsäquivalent Boden. Um die Extraktion zu optimieren, sind die den Boden und die Extraktionslösung enthaltenden Behälter höchstens zur Hälfte zu füllen. Die Gemische werden bei 150 U/min 60 Minuten geschüttelt. Die Gemische werden zentrifugiert oder filtriert, und die Flüssigphasen werden auf Nitrat analysiert. Partikelfreie Flüssigextrakte können vor der Analyse bis zu sechs Monate bei — 20 ± 5 oC aufbewahrt werden.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Werden Agrochemikalien geprüft, ist die in jeder Replikatbodenprobe gebildete Nitratmenge aufzuzeichnen, und die Mittelwerte aller Replikate sind in tabellarischer Form darzustellen. Die Stickstofftransformationsraten sind mittels geeigneter und allgemein anerkannter statistischer Methoden (z. B. F-Test, 5 % Signifikanzniveau) zu berechnen. Die Mengen von gebildetem Nitrat werden in mg Nitrat/kg Trockengewicht Boden/Tag ausgedrückt. Die Nitratbildungsrate jeder Behandlung wird mit der in der Kontrollprobe verglichen, und es wird die prozentuale Abweichung von der Kontrollprobe berechnet.

Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird die in jedem Replikat gebildete Nitratmenge bestimmt und zur Abschätzung der ECx-Werte eins Dosis-Wirkungs-Kurve erstellt. Die in den behandelten Proben nach 28 Tagen gefundenen Nitratmengen (d. h. mg Nitrat/kg Trockengewicht Boden) werden mit den in der Kontrollprobe gefundenen verglichen. Auf der Basis dieser Daten werden die Inhibitionswerte, ausgedrückt in %, für jede Testkonzentration berechnet. Diese Prozentangaben werden über der Konzentration aufgetragen, und mit Hilfe statistischer Verfahren werden die ECx-Werte berechnet. Mittels Standardverfahren werden ferner Vertrauensbereiche (p = 0,95) für die errechneten ECx-Werte ermittelt (10) (11) (12).

Unter Umständen tragen Testsubstanzen, die große Mengen Stickstoff enthalten, zur Bildung von Nitrat während des Tests bei. Werden diese Substanzen in einer hohen Konzentration getestet (z. B. Chemikalien, bei denen von einer wiederholten Anwendung auszugehen ist), sind in den Test entsprechende Kontrollproben aufzunehmen (d. h. Boden plus Testsubstanz, jedoch ohne Pflanzenmehl). Daten aus diesen Kontrollproben sind bei den ECx-Berechnungen zu berücksichtigen.

2.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Ist bei der Auswertung der Testergebnisse von Agrochemikalien die Differenz der Nitratbildungsraten zwischen der niedrigen Behandlung (d. h. der höchsten erwarteten Konzentration) und den Kontrollproben zu jedem Probenahmezeitpunkt nach dem 28. Tag gleich oder geringer als 25 %, dann ist das Mittel so zu bewerten, dass es keinen langfristigen Einfluss auf die Stickstofftransformation in Böden hat. Für die Auswertung der Testergebnisse von anderen Chemikalien als Agrochemikalien werden die EC50-, EC25- und/oder EC10-Werte herangezogen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Der Testbericht muss folgende Informationen enthalten:

 

Vollständige Angaben zu den verwendeten Böden, darunter:

geografische Angaben zum Standort (Breitengrad, Längengrad);

Informationen über die Geschichte des Feldstandorts (d. h. Bewuchs, Behandlungen mit Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln, unbeabsichtigte Kontaminationen usw.);

Nutzungsstruktur (z. B. landwirtschaftlich genutzter Boden, Forst usw.);

Probenahmetiefe (cm);

Sand-/Schluff-/Tongehalt ( % Trockengewicht);

pH (in Wasser);

organischer Kohlenstoffgehalt ( % Trockengewicht);

Stickstoffgehalt ( % Trockengewicht);

Ausgangswert der Nitratkonzentration (mg Nitrat/kg Trockengewicht);

Kationenaustauschkapazität (mmol/kg);

mikrobielle Biomasse als Anteil (in %) am gesamten organischen Kohlenstoff;

Angaben zu den für die Bestimmung der einzelnen Parameter verwendeten Methoden;

alle Angaben zur Entnahme und Lagerung der Bodenproben;

ggf. Einzelheiten zur Vorinkubation des Bodens.

 

Testsubstanz:

physikalischer Zustand und falls relevant physikalisch-chemische Eigenschaften;

chemische Kenndaten, falls relevant mit Strukturformel, Reinheit (d. h. bei Pflanzenschutzmitteln der Wirkstoffanteil in %), Stickstoffgehalt.

 

Substrat:

Herkunft des Substrats;

Zusammensetzung (d. h. Luzernemehl, Luzernegrüngrasmehl);

Kohlenstoff-, Stickstoffgehalt ( % Trockengewicht);

Siebmaschenweite (mm).

 

Testbedingungen:

genaue Angaben zur Anreicherung des Bodens mit organischem Substrat;

Anzahl der verwendeten Konzentrationen der Testchemikalie und ggf. Begründung für die gewählten Konzentrationen;

genaue Angaben zur Applikation der Testsubstanz auf den Boden;

Inkubationstemperatur;

Feuchtegehalt des Bodens zu Beginn und während des Tests;

das zur Bodeninkubation verwendete Verfahren (d. h. als Sammelproben oder als Reihe einzelner Teilproben);

Anzahl der Replikate;

Anzahl der Probenahmezeitpunkte;

das zur Nitratextraktion aus dem Boden verwendete Verfahren;

 

Ergebnisse:

zur Nitratanalyse verwendete analytische Verfahren und Geräte;

Daten in tabellarischer Form, einschließlich Einzel- und Mittelwerte der Nitratbestimmungen;

Abweichung zwischen den Replikaten behandelter Proben und Kontrollproben;

Erläuterungen zu den Korrekturen an den Berechnungen, falls relevant;

die Abweichung (in %) der Nitratbildungsraten zu jedem Probenahmezeitpunkt bzw. ggf. der EC50-Wert mit 95 %-Vertrauensgrenze, weitere ECx (d. h. EC25 oder EC10) mit Vertrauensintervallen und eine Grafik der Dosis-Wirkungs-Kurve;

statistische Aufbereitung der Ergebnisse;

sämtliche Informationen und Beobachtungen, die für die Interpretation der Testergebnisse hilfreich sind.

4.   LITERATURANGABEN

(1)

EPPO (1994). Decision-Making Scheme for the Environmental Risk Assessment of Plant Protection Chemicals. Chapter 7: Soil Microflora. EPPO Bulletin 24: 1-16,1994.

(2)

BBA (1990). Effects on the Activity of the Soil Microflora. BBA Guidelines for the Official Testing of Plant Protection Products, VI, 1-1 (2. Ausgabe, 1990).

(3)

EPA (1987). Soil Microbial Community Toxicity Test. EPA 40 CFR Part 797.3700. Toxic Substances Control Act Test Guidelines; Proposed rule. 28. September 1987.

(4)

SETAC-Europe (1995). Procedures for assessing the environmental fate and ecotoxicity of pesticides, Ed. M.R. Lynch, Pub. SETAC-Europe, Brüssel.

(5)

ISO/DIS 14238 (1995). Soil Quality — Determination of Nitrogen Mineralisation and Nitrification in Soils and the Influence of Chemicals on these Processes. Technical Committee ISO/TC 190/SC 4: Soil Quality Biological Methods.

(6)

OECD (1995). Final Report of the OECD Workshop on Selection of Soils/Sediments, Belgirate, Italien,18.-20. Januar 1995.

(7)

ISO 10381-6 (1993). Bodenbeschaffenheit — Probenahme — Teil 6: Anleitung zur Probenahme, Behandlung und Lagerung von Boden für die Bestimmung aerober mikrobieller Prozesse unter Laborbedingungen.

(8)

ISO 14240-1 (1997). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung der mikrobiellen Biomasse von Böden — Teil 1: Substratinduziertes Respirationsverfahren.

(9)

ISO 14240-2 (1997). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung der mikrobiellen Biomasse von Böden — Teil 2: Fumigations-Extraktionsverfahren.

(10)

Litchfield, J.T. und Wilcoxon, F. (1949). A simplified method of evaluating dose-effect experiments. Jour. Pharmacol. and Exper, Ther., 96, 99-113.

(11)

Finney, D.J. (1971). Probit Analysis. 3rd ed., Cambridge, London and New York.

(12)

Finney, D.J. (1978). Statistical Methods in biological Assay. Griffin, Weycombe, UK.

C.22.   BODENMIKROORGANISMEN: KOHLENSTOFFTRANSFORMATIONSTEST

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der Prüfrichtlinie OECD TG 217 (2000).

1.1.   EINLEITUNG

Diese Testmethode beschreibt eine Labormethode zur Untersuchung der potenziellen Langzeitauswirkungen einer einmaligen Exposition gegenüber Pflanzenschutzmitteln und etwaigen anderen Chemikalien auf die Kohlenstofftransformationsaktivität von Bodenmikroorganismen. Der Test beruht im Wesentlichen auf den Empfehlungen der Pflanzenschutzorganisation für Europa und den Mittelmeerraum (1), doch auch andere Richtlinien wurden berücksichtigt, wie die der deutschen Biologischen Bundesanstalt (2), der US-amerikanischen Environmental Protection Agency (3) und SETAC (4). Auf einem OECD-Workshop zur Boden-/Sedimentauswahl, der 1995 im italienischen Belgirate stattfand (5), wurden die bei diesem Test zu verwendende Anzahl und Art von Böden vereinbart. Die Empfehlungen zur Entnahme, Behandlung und Lagerung von Bodenproben basieren auf einer ISO-Anleitung (6) und auf Empfehlungen des Belgirate-Workshops.

Bei der Be- und Auswertung toxischer Eigenschaften von Testsubstanzen kann eine Bestimmung der Auswirkungen auf die mikrobielle Aktivität des Bodens erforderlich sein, z. B., wenn Daten zu möglichen Nebenwirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Mikroflora des Bodens benötigt werden oder wenn eine Exposition von Bodenmikroorganismen gegenüber anderen Chemikalien als Pflanzenschutzmitteln erwartet wird. Der Kohlenstofftransformationstest wird durchgeführt, um den Einfluss derartiger Chemikalien auf die Bodenmikroflora zu ermitteln. Bei der Prüfung von Agrochemikalien (z. B. Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, Forstchemikalien) werden sowohl Kohlenstoff- als auch Stickstofftransformationstests durchgeführt. Bei anderen Substanzen als Agrochemikalien genügt der Stickstofftransformationstest. Liegen jedoch die EC50-Werte des Stickstofftransformationstests bei diesen Chemikalien im Bereich, der für käufliche Nitrifikationshemmstoffe (z. B. Nitrapyrin) ermittelt wurde, kann ein Kohlenstofftransformationstest durchgeführt werden, um weitere Informationen zu gewinnen,

Boden besteht sowohl aus lebenden als auch aus nichtlebenden Komponenten, die in komplexen und heterogenen Gemischen vorkommen. Beim Abbau organischen Materials und seiner Transformation in fruchtbaren Böden spielen Mikroorganismen eine wichtige Rolle, wobei viele Arten für unterschiedliche Aspekte der Bodenfruchtbarkeit verantwortlich sind. Jede langfristige Störung dieser biochemischen Prozesse kann sich potenziell auf den Nährstoffkreislauf auswirken und dadurch wiederum die Bodenfruchtbarkeit beeinflussen. Die Transformation von Kohlenstoff und Stickstoff erfolgt in allen fruchtbaren Böden. Die Transformationspfade sind im Wesentlichen gleich, auch wenn je nach Boden unterschiedliche mikrobielle Populationen für diese Prozesse verantwortlich sind.

Mit der hier beschriebenen Testmethode können durch einen Stoff hervorgerufene langfristige nachteilige Auswirkungen auf den Prozess der Kohlenstofftransformation in aeroben Oberböden bestimmt werden. Der Test reagiert empfindlich auf Veränderungen in Größe und Aktivität der mikrobiellen Populationen, die für die Kohlenstofftransformation verantwortlich sind, da diese Populationen sowohl einem chemischen Stress als auch einem Kohlenstoffmangel ausgesetzt werden. Verwendet wird ein an organischem Material armer Sandboden. Dieser Boden wird mit der Testsubstanz behandelt und unter Bedingungen inkubiert, die einen schnellen mikrobiellen Stoffwechsel ermöglichen. Unter diesen Bedingungen werden Quellen von leicht verfügbarem Kohlenstoff im Boden rasch aufgebraucht. Dies verursacht einen Kohlenstoffmangel, der nicht nur mikrobielle Zellen tötet, sondern auch eine Keimruhe und/oder Sporenbildung induziert. Läuft der Test über mehr als 28 Tage, kann die Summe dieser Reaktionen in den Kontrollproben (unbehandelter Boden) als progressiver Verlust an stoffwechselaktiver mikrobieller Biomasse gemessen werden (7). Wird die Biomasse in kohlenstoffgestresstem Boden unter den Versuchsbedingungen von der Anwesenheit einer Chemikalie beeinflusst, kehrt sie möglicherweise nicht auf das Niveau in den Kontrollproben zurück. Folglich halten zu einem beliebigen Zeitpunkt während des Versuchs durch die Testsubstanz verursachte Störungen häufig bis zum Ende des Tests an.

Die Tests, auf deren Grundlage diese Testmethode entwickelt wurde, waren in erster Linie für Substanzen ausgelegt, bei denen die in den Boden gelangende Menge vorherbestimmt werden kann. Dies ist z. B. bei Pflanzenschutzmitteln der Fall, bei denen die Applikationsmenge auf dem Feld bekannt ist. Bei Agrochemikalien genügt es, zwei Konzentrationen zu testen, die für die erwartete oder vorhergesagte Applikationsmenge relevant sind. Agrochemikalien können als Wirkstoffe (a.i.) oder als formulierte Handelsprodukte getestet werden. Der Test ist jedoch nicht auf Chemikalien mit vorhersagbaren Umweltkonzentrationen begrenzt. Durch Veränderung sowohl der Mengen der auf den Boden ausgebrachten Testsubstanz als auch der Art und Weise, wie die Daten ausgewertet werden, kann der Test auch für Chemikalien angewendet werden, bei denen nicht bekannt ist, in welcher Menge sie in den Boden gelangen. Somit werden bei anderen Substanzen als Agrochemikalien die Wirkungen einer Reihe von Konzentrationen auf die Kohlenstofftransformation bestimmt. Die Daten von diesen Tests werden verwendet, um eine Dosis-Wirkungs-Kurve zu erstellen und ECx-Werte zu berechnen, wobei x als die Wirkung in % definiert ist.

1.2.   DEFINITIONEN

Kohlenstofftransformation: der Abbau organischen Materials durch Mikroorganismen zum anorganischen Endprodukt Kohlendioxid.

EC x (Effektkonzentration): diejenige Konzentration der Testsubstanz im Boden, die die Transformation von Kohlenstoff in Kohlendioxid zu x % hemmt.

EC 50 (Medianwert der Effektkonzentration): diejenige Konzentration der Testsubstanz im Boden, die die Transformation von Kohlenstoff in Kohlendioxid zu 50 % hemmt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Gesiebter Boden wird entweder mit der Testsubstanz behandelt oder unbehandelt (Kontrollprobe) belassen. Werden Agrochemikalien geprüft, wird eine Mindestanzahl von zwei Testkonzentrationen empfohlen, die im Verhältnis zur höchsten auf dem Feld erwarteten Konzentration gewählt werden sollten. Nach 0, 7, 14 und 28 Tagen Inkubation werden Proben behandelter und unbehandelter Böden mit Glucose gemischt, und die Glucose-induzierten Respirationsraten werden 12 Stunden hintereinander gemessen. Respirationsraten werden als freigesetztes Kohlendioxid (mg Kohlendioxid/kg Trockenboden/h) oder verbrauchter Sauerstoff (mg Sauerstoff/kg Boden/h) ausgedrückt. Die mittlere Respirationsrate in behandelten Bodenproben wird mit der in der Kontrollprobe verglichen, und es wird die prozentuale Abweichung der behandelten Proben von den Kontrollproben berechnet. Alle Tests laufen mindestens 28 Tage. Sind die Differenzen zwischen behandelten und unbehandelten Böden am 28. Tag gleich oder größer als 25 %, werden die Messungen in Abständen von 14 Tagen für die Höchstdauer von 100 Tagen fortgesetzt. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird die Testsubstanz in einer Reihe von Konzentrationen Bodenproben zugesetzt, und nach 28 Tagen werden die Glucose-induzierten Respirationsraten (d. h. das Mittel der Mengen an gebildetem Kohlendioxid oder verbrauchtem Sauerstoff) gemessen. Die Ergebnisse aus Versuchen mit einer Reihe von Konzentrationen werden mit Hilfe eines Regressionsmodells analysiert, und die EC,-Werte werden berechnet (d. h. EC50, EC25 und/oder EC10). Siehe Definitionen.

1.5.   VALIDITÄT DES TESTS

Auswertungen von Testergebnissen mit Agrochemikalien beruhen auf vergleichsweise kleinen Differenzen (d. h. Mittelwert ± 25 %) zwischen dem freigesetzten Kohlendioxid oder dem verbrauchten Sauerstoff in (bzw. durch) Kontrollproben und behandelte(n) Bodenproben, so dass große Schwankungen bei den Kontrollproben zu falschen Ergebnissen führen können. Daher sollte die Abweichung zwischen Replikatkontrollproben weniger als ± 15 % betragen.

1.6.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.6.1.   Geräte

Es werden Testgefäße aus chemisch inertem Material verwendet. Ihr Fassungsvermögen sollte sich nach dem gewählten Inkubationsverfahren der Böden richten, d. h. für die Inkubation von Sammelproben oder einer Reihe einzelner Bodenproben (siehe 1.7.1.2). Während des Tests ist darauf zu achten, dass sowohl der Wasserverlust möglichst gering gehalten wird als auch ein Gasaustausch stattfinden kann (so könnten die Testbehälter z. B. mit perforierter Polyethylenfolie abgedeckt werden). Beim Testen flüchtiger Substanzen sind abdichtbare und gasdichte Behälter zu verwenden. Diese sollten in ihrer Größe so bemessen sein, dass sie zu etwa einem Viertel ihres Volumens mit der Bodenprobe gefüllt sind.

Zur Bestimmung der Glucose-induzierten Respiration werden Inkubationssysteme sowie Geräte für die Messung der Kohlendioxidbildung bzw. des Sauerstoffverbrauchs benötigt. Beispiele für derartige Systeme sind in der Literatur zu finden (8) (9) (10) (11).

1.6.2.   Auswahl und Anzahl der Böden

Es wird ein einziger Boden verwendet. Empfohlen wird Boden mit folgenden Eigenschaften:

Sandgehalt: mindestens 50 % und höchstens 75 %;

pH: 5,5-7,5;

organischer Kohlenstoffgehalt: 0,5-1,5 %;

es ist die mikrobielle Biomasse zu bestimmen (12) (13), und ihr Kohlenstoffgehalt sollte mindestens 1 % des gesamten organischen Kohlenstoffs des Bodens betragen.

Meist stellt ein Boden mit diesen Eigenschaften den „worst case“ dar, da seine Adsorption minimal und die Verfügbarkeit der Testchemikalie für die Mikroflora maximal ist. Demnach sind in aller Regel keine Tests mit anderen Böden notwendig, Unter bestimmten Umstanden jedoch, wenn z. B. der erwartete hauptsächliche Einsatz der Testsubstanz auf bestimmten Böden wie sauren Waldböden stattfindet, oder bei elektrostatisch aufgeladenen Chemikalien kann es erforderlich sein, einen zusätzlichen Boden zu verwenden.

1.6.3.   Entnahme und Lagerung von Bodenproben

1.6.3.1.   Entnahme

Es sind ausführliche Informationen über die Vorgeschichte des Feldstandorts erforderlich, von dem der Testboden entnommen wird. Diese Angaben beinhalten unter anderem die genaue Lage, den Bewuchs, die Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln sowie mit organischen und anorganischen Düngemitteln, Zusätze biologischer Materialien oder unbeabsichtigte Kontaminationen. Der für die Bodenentnahme gewählte Standort muss über einen längeren Zeitraum hinweg nutzbar sein. Geeignet sind Dauerweiden, Felder mit einjährigen Getreidekulturen (ausgenommen Mais) oder dicht gesäten Gründüngungspflanzen. Der gewählte Probenahmestandort sollte mindestens ein Jahr vor der Probenahme nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt worden sein. Ferner sollten mindestens sechs Monate vorher keine organischen Düngemittel ausgebracht worden sein. Die Verwendung von Mineraldünger ist nur zulässig, wenn dies für die Kultur erforderlich ist, und die Entnahme der Bodenproben sollte frühestens drei Monate nach Ausbringung des Düngemittels erfolgen. Zu vermeiden ist die Verwendung von Boden, der mit Düngemitteln mit bekannter biozider Wirkung (z. B. Kalkstickstoff) behandelt wurde.

Die Probenahme während oder nach längeren (mehr als 30 Tage) Dürre- oder Überschwemmungsperioden sollte vermieden werden. Bei gepflügten Böden sind die Proben aus einer Tiefe von 0 bis 20 cm zu entnehmen. Bei Grünland (Weiden) oder anderen Böden, die über längere Zeiträume (mindestens eine Vegetationsperiode) nicht gepflügt werden, kann die maximale Tiefe der Probenahme geringfügig über 20 cm liegen (z. B. bei bis zu 25 cm). Die Bodenproben sollten in Behältern und unter Temperaturbedingungen transportiert werden, die sicherstellen, dass die ursprünglichen Bodeneigenschaften nicht wesentlich verändert werden.

1.6.3.2.   Lagerung

Bevorzugt wird die Verwendung feldfrischer Böden. Lässt sich die Lagerung im Labor nicht vermeiden, sollten die Böden im Dunkeln bei 4 ± 2 oC höchstens drei Monate gelagert werden. Während der Lagerung der Böden müssen aerobe Bedingungen sichergestellt sein, Werden Böden von Flächen entnommen, die über mindestens drei Monate im Jahr gefroren sind, kann eine Lagerung für sechs Monate bei — 18 oC in Betracht gezogen werden. Vor jedem Versuch ist die mikrobielle Biomasse der gelagerten Böden zu bestimmen, und der Kohlenstoffgehalt in der Biomasse sollte mindestens 1 % des gesamten organischen Kohlenstoffs des Bodens betragen (siehe 1.6.2).

1.6.4.   Handhabung und Vorbereitung des Bodens für den Test

1.6.4.1.   Vorinkubation

Falls der Boden gelagert wurde (siehe 1.6.4.2 und 1.7.1.3), wird eine Vorinkubation über eine Zeitdauer von 2 bis 28 Tagen empfohlen. Die Temperatur und der Feuchtegehalt des Bodens während der Vorinkubation sollten den Testbedingungen möglichst entsprechen (siehe 1.6.4.2 und 1.7.1.3).

1.6.4.2.   Physikalisch-chemische Eigenschaften

Der Boden wird manuell von großen Gegenständen befreit (z. B. Steine, Pflanzenteile usw.) und im feuchten Zustand ohne übermäßiges Austrocknen auf eine Partikelgröße von ≤ 2 mm gesiebt. Der Feuchtegehalt der Bodenprobe sollte mit destilliertem oder entionisiertem Wasser auf einen Wert zwischen 40 % und 60 % der maximalen Wasserhaltekapazität eingestellt werden.

1.6.5.   Vorbereitung der Testsubstanz zur Applikation auf den Boden

Üblicherweise wird die Testsubstanz unter Verwendung eines Trägers zugegeben. Bei diesem Träger kann es sich um Wasser (bei wasserlöslichen Substanzen) oder einen inerten Feststoff wie feinen Quarzsand (Partikelgröße: 0,1-0,5 mm) handeln. Andere flüssige Träger als Wasser (z. B. organische Lösungsmittel wie Aceton oder Chloroform) sind zu vermeiden, da sie die Mikroflora schädigen können. Wird Sand als Träger benutzt, kann er mit der in einem geeigneten Lösungsmittel aufgelösten oder suspendierten Testsubstanz überzogen werden, In diesen Fällen sollte das Lösungsmittel vor dem Mischen mit dem Boden durch Verdampfen entfernt werden. Zur optimalen Verteilung der Testsubstanz im Boden wird ein Verhältnis von 10 g Sand je kg Boden (Trockengewicht) empfohlen. Die Kontrollproben werden nur mit einer äquivalenten Menge Wasser und/oder Quarzsand behandelt.

Beim Testen flüchtiger Chemikalien sind Verluste während der Behandlung so weit wie möglich zu vermeiden, und es ist nach Möglichkeit für eine homogene Verteilung im Boden zu sorgen (z. B., indem die Testsubstanz an verschiedenen Stellen in den Boden injiziert wird).

1.6.6.   Testkonzentrationen

Werden Pflanzenschutzmittel oder andere Chemikalien mit vorhersagbaren Umweltkonzentrationen geprüft, sind mindestens zwei Konzentrationen zu verwenden. Die niedrigere Konzentration sollte mindestens der maximalen Menge entsprechen, die unter praxisüblichen Bedingungen voraussichtlich in den Boden gelangt, während die höhere Konzentration ein Mehrfaches der niedrigeren Konzentration sein sollte. Die Konzentrationen der dem Boden zugegebenen Testsubstanz werden unter der Annahme einer gleichmäßigen Einarbeitung bis zu einer Tiefe von 5 cm und einer Bodenrohdichte von 1,5 berechnet. Bei Agrochemikalien, die direkt auf den Boden ausgebracht werden, oder bei Chemikalien, bei denen die den Boden erreichende Menge vorhersagbar ist, werden als Testkonzentrationen die höchste vorhergesagte Umweltkonzentration (PEC) und das 5-fache dieser Konzentration empfohlen. Substanzen, die voraussichtlich mehrmals in einer Kulturperiode auf den Boden ausgebracht werden, sollten in Konzentrationen getestet werden, die sich durch die Multiplikation der PEC mit der höchsten erwarteten Anzahl der Anwendungen ergeben. Allerdings sollte die obere getestete Konzentration das 10-fache der höchsten einfachen Applikationsrate nicht übersteigen.

Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird eine geometrische Reihe von mindestens fünf Konzentrationen verwendet. Die getesteten Konzentrationen sollten den zur Bestimmung der ECx-Werte notwendigen Bereich abdecken.

1.7.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.7.1.   Expositionsbedingungen

1.7.1.1.   Behandlung und Kontrolle

Werden Agrochemikalien geprüft, wird der Boden in drei Teile gleichen Gewichts aufgeteilt. Zwei Teile werden mit dem produkthaltigen Träger gemischt, und der dritte wird mit dem Träger ohne das Produkt vermischt (Kontrollprobe). Sowohl für die behandelten als auch die unbehandelten Böden wird eine Mindestanzahl von drei Replikaten empfohlen. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird der Boden in sechs Teile gleichen Gewichts aufgeteilt. Fünf dieser Proben werden mit dem die Testsubstanz enthaltenden Träger vermischt, und die sechste wird mit dem Träger ohne die Chemikalie vermischt. Sowohl für die behandelten Proben als auch für die Kontrollproben werden drei Replikate empfohlen. Es ist auf eine homogene Verteilung der Testsubstanz in den behandelten Bodenproben zu achten. Während des Mischens ist eine Verdichtung oder Verklumpung des Bodens zu vermeiden.

1.7.1.2.   Inkubation von Bodenproben

Die Inkubation der Bodenproben kann auf zwei Wegen durchgeführt werden: als Sammelproben von jedem behandelten und unbehandelten Boden oder als Reihe von einzelnen, gleich großen Teilproben von jedem behandelten und unbehandelten Boden. Bei flüchtigen Substanzen sollte der Test jedoch nur mit einer Reihe einzelner Teilproben durchgeführt werden. Bei der Inkubation von Böden als Sammelproben werden große Mengen von jedem behandelten und unbehandelten Boden vorbereitet und während des Tests je nach Notwendigkeit zu analysierende Teilproben entnommen. Die zu Beginn für jede Behandlung und Kontrolle vorbereitete Menge ist abhängig von der Größe der Teilproben, der Anzahl der zur Analyse verwendeten Replikate und der höchsten erwarteten Anzahl von Probenahmen. Vor der Entnahme von Teilproben sind die inkubierten Sammelproben gründlich zu mischen. Bei der Bodeninkubation als Reihe einzelner Bodenproben wird jeder behandelte und unbehandelte Sammelboden in die benötigte Anzahl von Teilproben aufgeteilt, und diese Teilproben werden je nach Notwendigkeit verwendet. Für Untersuchungen mit mehr als zwei Probenahmezeitpunkten sind genügend Teilproben herzustellen, um alle Replikate und Probenahmezeiten zu berücksichtigen. Mindestens drei Replikatproben des Testbodens sollten unter aeroben Bedingungen inkubiert werden (siehe 1.7.1.1). Bei allen Tests sind geeignete Behälter mit ausreichendem Headspace zu verwenden, um das Entstehen anaerober Bedingungen zu vermeiden. Werden flüchtige Substanzen geprüft, ist der Test nur mit einer Reihe einzelner Teilproben durchzuführen.

1.7.1.3.   Testbedingungen und -dauer

Der Test wird im Dunkeln bei Raumtemperatur (20 ± 2 oC) durchgeführt. Der Feuchtegehalt der Bodenproben ist im Testverlauf bei 40-60 % (+ 5 %) der maximalen Wasserhaltekapazität des Bodens zu halten (siehe 1.6.4.2). Destilliertes bzw. entionisiertes Wasser kann nach Bedarf zugegeben werden.

Die Mindestdauer der Tests beträgt 28 Tage. Bei Agrochemikalien werden die Mengen an freigesetztem Kohlenstoff bzw. verbrauchtem Sauerstoff in den behandelten Proben mit denen in den Kontrollproben verglichen. Weichen diese am 28. Tag um mehr als 25 % voneinander ab, wird der Test bis zum Erreichen einer Differenz von gleich oder weniger als 25 % bzw. für die Höchstdauer von 100 Tagen fortgesetzt, je nachdem, was kürzer ist. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird der Test nach 28 Tagen beendet. Am 28. Tag werden die Mengen an freigesetztem Kohlendioxid bzw. verbrauchtem Sauerstoff in den behandelten Proben und in den Kontrollproben bestimmt und die ECx-Werte berechnet.

1.7.2.   Probenahme und Analyse von Böden

1.7.2.1.   Probenahmeintervalle

Bei der Prüfung von Agrochemikalien werden Bodenproben am Tag 0, 7, 14 und 28 auf Glucose-induzierte Respirationsraten analysiert. Ist eine Testverlängerung erforderlich, sind weitere Messungen vom 28. Tag an im Abstand von jeweils 14 Tagen vorzunehmen.

Bei der Prüfung von anderen Substanzen als Agrochemikalien werden mindestens fünf Testkonzentrationen verwendet und Bodenproben am Beginn (Tag 0) und am Ende der Expositionszeit (28 Tage) auf die Glucose-induzierte Respiration analysiert. Gegebenenfalls kann eine Zwischenmessung, z. B. am 7. Tag, eingefügt werden. Die am 28. Tag erhaltenen Daten werden zur Bestimmung des ECx-Werts der Chemikalie benutzt. Falls gewünscht, können die Daten der Kontrollproben vom Tag 0 zur Abschätzung der Ausgangsmengen der stoffwechselaktiven mikrobiellen Biomasse im Boden herangezogen werden (12).

1.7.2.2.   Messung von Glucose-induzierten Respirationsraten

Die Glucose-induzierte Respirationsrate in jeder behandelten Probe und in jedem Kontrollreplikat wird zu jedem Probenahmezeilpunkt bestimmt. Die Bodenproben werden mit einer Menge Glucose vermischt, die groß genug ist, um unverzüglich einen maximalen Atmungswert zu erreichen. Die zum Erreichen eines maximalen Atmungswerts in einem bestimmten Boden notwendige Glucosemenge kann in einem Vorversuch mit einer Reihe von Glucosekonzentrationen bestimmt werden (14). Bei sandigen Böden mit einem organischen Kohlenstoffgehalt von 0,5-1,5 % sind jedoch üblicherweise 2 000 mg bis 4 000 mg Glucose je kg Boden (Trockengewicht) ausreichend. Die Glucose kann mit sauberem Quarzsand pulverisiert werden (10 g Sand/kg Trockengewicht Boden) und mit dem Boden homogen vermischt werden.

Die mit Glucose angereicherten Bodenproben werden in einem geeigneten Gerät inkubiert, mit dem die Respirationsraten bei 20 ± 2 oC entweder laufend, stündlich oder in 2-Stunden-Intervallen gemessen werden können (siehe 1.6.1). Das freigesetzte Kohlendioxid bzw. der verbrauchte Sauerstoff werden 12 Stunden lang gemessen, und die Messungen sollten so früh wie möglich beginnen, d. h. innerhalb von 1 bis 2 Stunden nach der Glucosezugabe. Die Gesamtmengen des in den 12 Stunden freigesetzten Kohlendioxids bzw. verbrauchten Sauerstoffs werden gemessen und die minieren Respirationsraten bestimmt.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Werden Agrochemikalien geprüft, ist für jedes Replikat die Menge des jeweils freigesetzten Kohlendioxids bzw. verbrauchten Sauerstoffs aufzuzeichnen, und die Mittelwerte aller Replikate sind in tabellarischer Form darzustellen. Die Ergebnisse sind mittels geeigneter und allgemein anerkannter statistischer Methoden (z. B. F-Test, 5 % Signifikanzniveau) zu bewerten, Die Glucose-induzierten Respirationsraten werden in mg Kohlendioxid/kg Trockengewicht Boden/h bzw. mg Sauerstoff/Trockengewicht Boden/h ausgedrückt. Die mittlere Kohlendioxidbildungsrate bzw. die mittlere Sauerstoffverbrauchsrate jeder Behandlung wird mit der in der Kontrollprobe verglichen, und es wird die prozentuale Abweichung von der Kontrollprobe berechnet.

Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird die Menge an freigesetztem Kohlendioxid bzw. an verbrauchtem Sauerstoff für jedes Replikat bestimmt, und zur Abschätzung der ECx-Werte eine Dosis-Wirkungs-Kurve erstellt. Die in den behandelten Proben nach 28 Tagen gefundenen Glucose-induzierten Respirationsraten (d. h. mg Kohlendioxid/kg Trockengewicht Boden/h bzw. mg Sauerstoff/Trockengewicht Boden/h) werden mit den in der Kontrollprobe gefundenen verglichen. Auf der Basis dieser Daten werden die Inhibitionswerte, ausgedrückt in %, für jede Testkonzentration berechnet. Diese Prozentangaben werden über der Konzentration aufgetragen, und dann werden mit Hilfe statistischer Verfahren die EC,-Werte berechnet. Mittels Standard verfahren werden femer Vertrauensbereiche (p = 0,95) für die errechneten EC,-Werte ermittelt (15) (16) (17).

2.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Ist bei der Auswertung der Testergebnisse von Agrochemikalien die Differenz der Respirationsraten zwischen der niedrigen Behandlung (d. h. der höchsten erwarteten Konzentration) und den Kontrollproben zu jedem Probenahmezeitpunkt nach dem 28. Tag ≤ 25 %, dann ist das Produkt so zu bewerten, dass es keinen langfristigen Einfluss auf die Kohlenstofftransformation in Böden hat. Für die Auswertung der Testergebnisse von anderen Chemikalien als Agrochemikalien werden die EC50-, EC25- und/oder EC10-Werte herangezogen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Informationen enthalten:

 

Vollständige Angaben zu den verwendetentBöden, darunter:

geografische Angaben zum Standort (Breitengrad, Längengrad);

Informationen über die Vorgeschichte des Feldstandorts (d. h. Bewuchs, Behandlungen mit Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln, unbeabsichtigte Kontaminationen usw.)

Nutzungsstruktur (z. B. landwirtschaftlich genutzter Boden, Forst usw.);

Probenahmetiefe (cm);

Sand-/Schluff-/Tongehalt ( % Trockengewicht);

pH (in Wasser);

organischer Kohlenstoffgehalt ( % Trockengewicht);

Stickstoffgehalt ( %Trockengewicht);

Kationenaustauschkapazilät (mmol/kg);

Ausgangswert der mikrobiellen Biomasse als Anteil (in %) am gesamten organischen Kohlenstoff;

Angaben zu den für die Bestimmung der einzelner Parameter verwendeten Methoden;

alle Angaben zur Entnahme und Lagerung der Bodenproben;

ggf. Einzelheiten zur Vorinkubation des Bodens.

 

Testsubstanz:

physikalischer Zustand und, falls relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften;

chemische Kenndaten, falls relevant mit Strukturformel, Reinheit (d. h. bei Pflanzenschutzmitteln der Wirkstoffanteil in %), Stickstoffgehalt.

 

Testbedingungen:

genaue Angaben zur Anreicherung des Bodens mit organischem Substrat;

Anzahl der verwendeten Konzentrationen der Testchemikalie und ggf. Begründung für die gewählten Konzentrationen;

genaue Angaben zur Applikation der Testsubstanz auf den Boden;

Inkubationstemperatur;

Feuchtegehalt des Bodens zu Beginn und während des Tests;

das zur Bodeninkubation verwendete Verfahren (d. h. als Sammelproben oder als Reihe einzelner Teilproben);

Anzahl der Replikate;

Anzahl der Probenahmezeitpunkte.

 

Ergebnisse:

zur Messung der Respirationsraten verwendete Verfahren und Geräte;

Daten in tabellarischer Form, einschließlich Einzel- und Mittelwerte der Kohlendioxid- bzw. Sauerstoffmengen;

Abweichung zwischen den Replikaten behandelter Proben und Kontrollproben;

Erläuterungen zu den Korrekturen an den Berechnungen, falls relevant;

die Abweichung (in %) der Glucose-induzierten Respirationsraten zu jedem Probenahmezeitpunkt bzw. ggf. der EC50-Wert mit 95 % Vertrauens bereich, weitere ECx (d. h. EC25 oder EC10) mit Vertrauensbereichen und eine grafische Darstellung der Dosis-Wirkungs-Kurve;

ggf. statistische Aufbereitung der Ergebnisse;

sämtliche Informationen und Beobachtungen, die für die Interpretation der Testergebnisse hilfreich sind.

4.   LITERATURANGABEN

(1)

EPPO (1994). Decision-Making Scheme for the Environmental Risk Assessment of Plant Protection Chemicals. Chapter 7: Soll Microflora. EPPO Bulletin 24: 1-16, 1994.

(2)

BBA (1990). Effects on the Activity of the Soil Microflora. BBA Guidelines for the Official Testing of Plant Protection Products, VI, 1-1 (2. Ausgabe, 1990).

(3)

EPA (1987). Soil Microbial Community Toxicity Test. EPA 40 CFR Part 797.3700. Toxic Substances Control Act Test Guidelines; Proposed rule. 28. September 1987.

(4)

SETAC-Europe (1995). Procedures for assessing the environmental fate and ecotoxicity of pesticides, Ed. M.R. Lynch, Pub. SETAC-Europe, Brüssel.

(5)

OECD (1995). Final Report of the OECD Workshop on Selection of Soils/Sediments, Belgirate, Italien, 18-20. Januar 1995.

(6)

ISO 10381-6 (1993). Bodenbeschaffenheit — Probenahme — Teil 6: Anleitung zur Probenahme, Behandlung und Lagerung von Boden für die Bestimmung aerober mikrobieller Prozesse unter Laborbedingungen.

(7)

Anderson, J.P.E. (1987). Handling and Storage of Soils for Pesticide Experiments, in „Pesticide Effects on Soit Microflora“. Eds. L. Somerville and M.P. Greaves, Chap. 3, 45-60.

(8)

Anderson, J.P.E. (1982). Soil Respiration, in „Methods of Soil Analysis — Part 2: Chemical and Microbiological Properties“. Agronomy Monograph No 9. Eds. A.L. Page, R.H. Miller and D.R. Keeney. 41, 831-871.

(9)

ISO 11266-1. (1993). Soil Quality — Guidance on Laboratory Tests for Biodegradation in Soil: Part 1. Aerobic Conditions.

(10)

ISO 14239 (1997E). Bodenbeschaffenheil — Laboratoriumsinkubationssysteme zur Messung der Mineralisierung von organischen Chemikalien im Boden bei aeroben Bedingungen.

(11)

Heinemeyer, O., Insam, H., Kaiser, E.A. and Walenzik, G. (1989). Soil microbial biomass and respiration measurements; an automated technique based on infrared gas analyses. Plant and Soil, 116, 77-81.

(12)

ISO 14240-1 (1997). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung der mikrobiellen Biomasse von Böden — Teil 1: Substratinduziertes Respirationsverfahren.

(13)

ISO 14240-2 (1997). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung der mikrobiellen Biomasse von Böden — Teil 2: Fumigations-Extraktionsverfahren.

(14)

Malkomes, H.-P. (1986). Einfluss von Glukosemenge auf die Reaktion der Kurzzeit-Atmung im Boden gegenüber Pflanzenschutzmitteln, dargestellt am Beispiel eines Herbizids. (Influence of the Amount of Glucose Added to the Soil on the Effect of Pesticides in Short-Term Respiration, using a Herbicide as an Example), Nachrichtenblatt Deutscher Pflanzenschutzdienst, Braunschweig, 38, 113-120.

(15)

Litchfield, J.T. and Wilcoxon, F. (1949). A simplified method of evaluating dose-effect experiments. Jour. Pharmacol. and Exper. Ther., 96, 99-113.

(16)

Finney, D.J. (1971), Probit Analysis. 3rd ed., Cambridge, London and New York.

(17)

Finney D.J. (1978). Statistical Methods in biological Assay. Griffin, Weycombe, UK.

C.23.   AEROBE UND ANAEROBE TRANSFORMATION IM BODEN

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht der Prüfrichtlinie OECD TG 307 (2002)

1.1.   EINLEITUNG

Die Testmethode basiert auf bestehenden Richtlinien (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9). Das in dieser Testmethode beschriebene Verfahren soll eine Evaluierung der aeroben und anaeroben Transformationsprozesse von Chemikalien im Boden ermöglichen. Die Tests sind so konzipiert, dass i) die Transformationsrate der Testsubstanz und ii) die Art der Transformationsprodukte sowie Bildungs- und Abbauraten bestimmt werden. So können die Konzentrationen von Chemikalien bzw. deren Transformationsprodukten, denen Pflanzen und Bodenorganismen ausgesetzt sein können, errechnet werden. Solche Untersuchungen sind für Chemikalien erforderlich, die direkt auf den Boden ausgebracht werden bzw. bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie in den terrestrischen Bereich gelangen. Die Ergebnisse solcher Laboruntersuchungen können auch dazu genutzt werden, Probenahme- und Analysevorschriften für gleich gelagerte Feldstudien zu entwickeln.

Im Allgemeinen sind aerobe und anaerobe Untersuchungen mit einer Bodenart für die Untersuchung der Transformationspfade im Boden ausreichend (8) (10) (11). Die Transformationsraten sollten mit mindestens drei zusätzlichen Böden bestimmt werden (8) (10).

Auf einem OECD-Workshop zur Boden-/Sedimentauswahl, der 1995 im italienischen Belgirate stattfand (10), wurden insbesondere die Anzahl und Arten der in diesem Test zu verwendenden Böden vereinbart. Die im Test verwendeten Böden sollten repräsentativ für die im Freiland bei Chemikalieneinsatz bzw. -eintrag exponierten Boden sein. So sollten etwa Chemikalien, die möglicherweise in subtropischem bis tropischem Klima freigesetzt werden, mit Ferrasolen oder Nitosolen (FAO-System) getestet werden. Des Weiteren gab der Workshop basierend auf der ISO-Anleitung (15) Empfehlungen zur Entnahme, Handhabung und Lagerung von Bodenproben. Die Verwendung von Reisböden ist in dieser Methode ebenfalls berücksichtigt.

1.2.   DEFINITIONEN

Testsubstanz: jede Substanz, ob Ausgangssubstanz oder relevante Transformationsprodukte.

Transformationsprodukte: alle Substanzen, die durch biotische oder abiotische Transformationsreaktionen der Testsubstanz entstehen, einschließlich CO2 und Reaktionsprodukte in gebundenen Rückständen.

Gebundene Rückstände: „Gebundene Rückstände“ sind Verbindungen in Boden, Pflanzen oder Tieren, die nach einer Extraktion in der Matrix in Form der Ausgangssubstanz oder deren Metaboliten/Transformationsprodukte(n) verbleiben. Die Extraktionsmethode darf die Verbindungen selbst oder die Matrixstruktur nicht wesentlich verändern. Durch matrixverändernde Extraktionsmethoden und hochentwickelte Analysenvertahren kann die Art der Bindung zum Teil geklärt werden. Bislang werden z. B. kovalente Ionen- und Sorptionsbindungen sowie Einschlüsse auf diese Weise nachgewiesen. In aller Regel bedeutet die Bildung von gebundenen Rückständen eine deutliche Verminderung der Bioverfügbarkeit (12) (modifiziert nach IUPAC 1984 (13)).

Aerobe Transformation: in Gegenwart von molekularem Sauerstoff ablaufende Reaktionen (14).

Anaerobe Transformation: unter Ausschluss von molekularem Sauerstoff ablaufende Reaktionen (14).

Boden: ein Gemisch mineralischer und organisch-chemischer Bestandteile, wobei Letztere Verbindungen mit hohem Kohlenstoff- und Stickstoffgehalt sowie einem hohen Molekulargewicht enthalten und mit kleinen (zumeist Mikro-)Organismen belebt sind. Boden kann in zwei Zustandsformen bearbeitet werden:

a)

ungestört, wie er sich im Laufe der Zeitentwickelt hat, mit der charakteristischer Horizontabfolge der verschiedenen Bodentypen;

b)

gestört, wie er in der Regel auf landwirtschaftlich genutzten Flächen vorzufinden ist oder wie er vorkommt, wenn Proben durch Graben entnommen und in der beschriebenen Testmethode verwendet werden (14).

Mineralisation: vollständiger Abbau einer organischen Verbindung zu CO2 und H2O unter aeroben Bedingungen und zu CH4, CO2 und H2O unter anaeroben Bedingungen. Im Zusammenhang mit dieser Testmethode, bei der eine 14C-markierte Verbindung verwendet wird, bedeutet Mineralisation einen extensiven Abbau, wobei ein markiertes Kohlenstoffatom unter Freisetzung der entsprechenden Menge 14CO2 oxidiert wird (14).

Halbwertszeit t 0,5 : die für die 50 %ige Transformation einer Testsubstanz ermittelte Zeit, wenn die Transformation mittels Kinetik erster Ordnung beschrieben werden kann; sie ist konzentrationsunabhängig.

Abbauzeit DT 50 : Zeitspanne, in der sich die Konzentration der Testsubstanz um 50 % reduziert hat; sie unterscheidet sich von der Halbwertszeit t0,5, wenn die Transformation nicht nach der Kinetik erster Ordnung erfolgt.

Abbauzeit DT 75 : Zeitspanne, in der sich die Testsubstanzkonzentration um 75 % reduziert hat.

Abbauzeit DT 90 : Zeitspanne, in der sich die Testsubstanzkonzentration um 90 % reduziert hat.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen sollten zur Charakterisierung und/oder zur Identifizierung von Transformationsprodukten mittels spektroskopischer und chromatografischer Verfahren verwendet werden.

1.4.   ANWENDBARKEIT DES TESTS

Die Methode ist auf sämtliche chemischen Substanzen (nicht markiert oder radioaktiv markiert) anwendbar, für die ein Analysenverfahren mit hinreichender Genauigkeit und Empfindlichkeit zur Verfügung steht. Sie ist anwendbar auf schwach flüchtige, nichtflüchtige, wasserlösliche oder wasserunlösliche Verbindungen, Bei Chemikalien, die aus Böden hochflüchtig sind (z. B. Begasungsmittel oder organische Lösungsmittel) und somit unter den Testbedingungen dieses Tests nicht im Boden gehalten werden können, sollte der Test nicht angewendet werden.

1.5.   INFORMATIONEN ZUR TESTSUBSTANZ

Zur Messung der Transformationsrate kann nicht markierte oder markierte Testsubstanz verwendet werden. Markiertes Material ist zur Untersuchung des Umwandlungswegs und zur Aufstellung einer Massenbilanz notwendig. Empfohlen wird die 14C-Markierung, doch auch der Einsatz anderer Isotope wie 13C, 15N, 3H oder 32P kann sinnvoll sein. Die Markierung sollte möglichst im stabilsten Teil, bzw, in den stabilsten Teilen des Moleküls positioniert sein (41). Der Reinheitsgrad der Testsubstanz sollte mindestens 95 % betragen.

Vor der Durchführung eines Tests zur aeroben und anaeroben Transformation im Boden sollten folgende Informationen zur Testsubstanz vorliegen:

a)

Wasserlöslichkeit (Methode A.6);

b)

Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln;

c)

Dampfdruck (Methode A.4) und Henry-Konstante;

d)

n-Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (Methode A.8);

e)

chemische Stabilität im Dunkeln (Hydrolyse) (Methode C.7);

f)

pKa, wenn ein Molekül zur Protonierung oder Deprotonierung neigt (OECD Guideline 112) (16).

Außerdem können Angaben zur Toxizität der Testsubstanz gegenüber Bodenmikroorganismen sinnvoll sein (Testmethoden C.21 und C.22) (16).

Es sollten Analysenmethoden (einschließlich Extraktions- und Reinigungsverfahren) zur Identifizierung und Quantifizierung der Testsubstanz sowie ihrer Transformationsprodukte verfügbar sein.

1.6.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Den Bodenproben wird die Testsubstanz zugefügt, und die Proben werden im Dunkeln in einem Biometergefäß oder einem Durchflusssystem unter kontrollierten Laborbedingungen (bei konstanter Temperatur und Bodenfeuchtigkeit) inkubiert. Nach entsprechenden Zeitintervallen werden die Bodenproben extrahiert und auf die Ausgangssubstanz und Transformationsprodukte analysiert. Außerdem werden flüchtige Produkte mit Hilfe geeigneter Absorptionsvorrichtungen für die Analyse gesammelt. Mittels 14C-markiertem Material können die verschiedenen Mineralisationsraten von Testsubstanzen durch Auffangen von entstandenem 14CO2 gemessen werden, und es kann eine Massenbilanz, einschließlich der Bildung von bodengebundenen Rückständen, aufgestellt werden.

1.7.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.7.1.   Wiederfindungsraten

Die Extraktion und Analyse von mindestens zwei parallel angesetzten Bodenproben unmittelbar nach Zugabe der Testsubstanz geben einen ersten Hinweis auf die Wiederholbarkeit der Analysenmethode und die gleichmäßige Verteilung der Testsubstanz bei der Applikation. Die Wiederfindungsraten für spätere Testphasen ergeben sich aus den jeweiligen Massenbilanzen. Die Wiederfindungsraten sollten im Bereich von 90-110 % für markierte Chemikalien (8) und von 70-110 % für nicht markierte Chemikalien (3) liegen.

1.7.2.   Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der Analysenmethode

Die Wiederholbarkeit der Analysenmethode (ausgenommen die Effizienz der Extraktion im Anfangsstadium) zur Quantifizierung der Testsubstanz und der Transformationsprodukte kann durch eine parallele Analyse desselben Extrakts einer Bodenprobe, die hinreichend lange zur Bildung von Transformationsprodukten inkubiert wurde, überprüft werden.

Die Nachweisgrenze („limit of detection; LOD“) der Analysenmethode für die Testsubstanz und für die Transformationsprodukte sollte mindestens 0,01 mg· kg-1 Boden (als Testsubstanz) oder — falls dieser Wert niedriger ist — 1 % der Applikationskonzentration betragen. Die Quantifizierungsgrenze („limit of quantification; LOQ“) sollte ebenfalls spezifiziert werden.

1.7.3.   Genauigkeit der Transformationsdaten

Geeignete Informationen über die Zuverlässigkeit der Transformationskurve lassen sich mittels Regressionsanalyse aus denTestsubstanzkonzentrationen in Abhängigkeit von der Zeit gewinnen, die auch die Berechnung des Vertrauensbereichs für Halbwertszeiten (im Falle einer Kinetik pseudo-erster Ordnung) bzw. DT50-Werte und ggf. für DT75- und DT90-Werte ermöglicht.

1.8.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.8.1.   Geräte und chemische Reagenzien

Inkubationssysteme bestehen aus statischen geschlossenen Systemen oder geeigneten Durchflusssystemen (7) (17). Beispiele für eine geeignete Durchfluss-Bodeninkubationsapparatur und ein Biometergefäß sind in den Abbildungen 1 bzw. 2 dargestellt. Beide Arten von Inkubationssystemen haben Vorteile und Einschränkungen (7) (17).

Erforderlich ist die Standardlaborausstattung, insbesondere Folgendes:

Analysengeräte, z. B. GLC-, HPLC-, TLC-Ausstattung, einschließlich geeigneter Detektionssysteme für die Analyse radioaktiv markierter oder nicht markierter Substanzen oder für die inverse Isotopenverdünnungsmethode;

Geräte für Identifizierungszwecke (z. B. MS, GC-MS, HPLC MS, NMR);

Flüssigkeitsszintillationszähler;

Oxidiser für die Verbrennung von radioaktivem Material;

Zentrifuge;

Extraktionsgerät (z. B. Zentrifugengläser für die Kaltextraktion und ein Soxhlet-Apparat für die kontinuierliche Extraktion unter Rückfluss);

Instrumente zum Einengen von Lösungen und Extrakten (z. B. Rotationsverdampfer);

Wasserbad;

mechanische Mischvorrichtung (z. B. Knetmaschine, Rotationsmischer).

Einzusetzende chemische Reagenzien sind z. B.:

NaOH, analysenrein, 2 mol· dm-3, oder eine andere geeignete Base (z. B. KOH, Ethanolamin);

H2SO4, analysenrein, 0,05 mol· dm-3;

Ethylenglykol, analysenrein;

feste Absorptionsmittel wie Natronkalk und Polyurethanstopfen;

organische Lösungsmittel, analysenrein, wie Aceton, Methanol usw.;

Szintillationsflüssigkeit.

1.8.2.   Applikation der Testsubstanz

Für die Zugabe zum Boden und die Verteilung darin kann die Testsubstanz in Wasser (entionisiert oder destilliert) oder — falls notwendig — in möglichst geringen Mengen Aceton oder anderen organischen Lösungsmitteln (6) gelöst werden, in denen die Testsubstanz hinreichend löslich und stabil ist. Die gewählte Lösungsmittelmenge sollte jedoch keinen signifikanten Einfluss auf die Aktivität der Bodenmikroorganismen haben (siehe Abschnitte 1.5, 1.9.2 und 1.9.3). Die Verwendung von Lösungsmitteln, die die Aktivität der Bodenmikroorganismen hemmen, wie etwa Chloroform, Dichlormethan oder andere halogenierte Lösungsmittel, ist zu vermeiden.

Die Testsubstanz kann auch als Feststoff zugegeben werden, z. B. in Quarzsand (6) eingemischt oder in einer kleinen Teilprobe des Testbodens, die zuvor luftgetrocknet und sterilisiert wurde. Wird die Testsubstanz unter Verwendung eines Lösungsmittels zugegeben, muss das Lösungsmittel verdampfen können, bevor die Teilprobe der ursprünglichen nicht sterilen Bodenprobe zugesetzt wird.

Bei gebräuchlichen Chemikalien, deren Eintrag in den Boden hauptsächlich über Klärschlamm/Anwendung in der Landwirtschaft erfolgt, sollte die Testsubstanz zuerst dem Schlamm zugesetzt werden, der dann in die Bodenprobe eingebracht wird (siehe 1.9.2 und 1.9.3).

Die Verwendung von formulierten Handelsprodukten wird nicht routinemäßig empfohlen. Sie kann jedoch z. B. bei schlecht löslichen Testsubstanzen eine geeignete Alternative sein.

1.8.3.   Böden

1.8.3.1.   Bodenauswahl

Zur Bestimmung der Transformationswege kann ein repräsentativer Boden verwendet werden; empfohlen werden sandiger Lehm oder schluffiger Lehm oder Lehm oder lehmiger Sand (gemäß FAO und USDA-Klassifikation (18)) mit einem pH-Wert von 5,5-8,0, einem organischen Kohlenstoffgehalt von 0,5-2,5 % und einer mikrobiellen Biomasse von mindestens 1 % des gesamten organischen Kohlenstoffs (10).

Zur Untersuchung der Transformationsraten sollten mindestens drei zusätzliche Böden verwendet werden, die einen Bereich aller relevanten Böden repräsentieren. Die Böden sollten sich hinsichtlich des organischen Kohlenstoffgehalts, des pH-Werts, des Tongehalts und der mikrobiellen Biomasse voneinander unterscheiden (10).

Alle Böden sollten mindestens hinsichtlich folgender Eigenschaften charakterisiert werden: Textur ( % Sand, % Schluff, % Ton) (gemäß FAO und der USDA-Klassifikation (18)), pH-Wert, Kationenaustauschkapazität, organischer Kohlenstoffgehalt, Bodendichte, Wasserrückhalteeigenschaft (42) und mikrobielle Biomasse (nur für aerobe Untersuchungen), Zusätzliche Informationen über Bodeneigenschaften können für die Interpretation der Ergebnisse von Nutzen sein. Zur Bestimmung der Bodeneigenschaften können die in den Literaturangaben (19) (20) (21) (22) (23) empfohlenen Methoden herangezogen werden. Die mikrobielle Biomasse sollte mit Hilfe der substratinduzierten Respirationsmethode (SIR) (25) (26) oder alternativer Verfahren (20) bestimmt werden.

1.8.3.2.   Probenahme, Handhabung und Lagerung von Böden

Es sind ausführliche Informationen über die Geschichte des Feldstandorts erforderlich, von dem der Testboden entnommen wird. Die Angaben betreffen unter anderem die genaue Lage, den Bewuchs, Behandlungen mit Chemikalien sowie mit organischen und anorganischen Düngemitteln, Zusätze biologischer Materialien oder anderer Verunreinigungen. Böden, die in den vorhergehenden 4 Jahren mit der Testsubstanz oder ihren Struktur-Analoga behandelt worden sind, sollten nicht für die Transformationsuntersuchungen verwendet werden (10) (15).

Der Boden sollte feldfrisch entnommen werden (aus dem A-Horizont oder bis zu einer Tiefe von maximal 20 cm) und einen Bodenwassergehalt aufweisen, der das Sieben ermöglicht. Bei Böden, die nicht von Reisfeldern stammen, sollte die Probenahme während oder unmittelbar nach längeren (> 30 Tage) Dürre-, Frost- oder Überschwemmungsperioden vermieden werden (14). Die Proben sollten so transportiert werden, dass der Bodenwassergehalt möglichst unverändert bleibt, und sie sollten unter freiem Luftzutritt dunkel aufbewahrt werden. Im Allgemeinen ist ein locker verschlossener Polyethylenbeutel geeignet.

Der Boden sollte so schnell wie möglich nach der Probenahme bearbeitet werden. Vegetationsreste, größere Bodentiere und Steine sollten entfernt werden, bevor der Boden durch ein Sieb mit 2 mm Maschenweite gegeben wird, um kleine Steine, Bodentiere und Pflanzenteile zu entfernen. Ein übermäßiges Austrocknen und Zerkleinern des Bodens vor dem Sieben ist zu vermeiden (15).

Wenn die Probenahme auf dem Feld im Winter schwierig ist (Boden gefroren oder schneebedeckt), kann auf Boden zurückgegriffen werden, der im Gewächshaus unter einer Pflanzenabdeckung (Gras oder Gras-Klee-Mischung) gelagert wurde. Untersuchungen mit feldfrischen Böden werden in jedem Fall bevorzugt, doch wenn der entnommene und bearbeitete Boden vor Beginn der Untersuchungen gelagert werden muss, dann unter angemessenen Bedingungen und nur für eine begrenzte Dauer (höchstens drei Monate bei 4 ± 2 oC), um die rnikrobielle Aktivität zu erhalten (43). Ausführliche Anweisungen zur Probenahme, Handhabung und Lagerung von Böden für Untersuchungen der Biotransformation sind zu finden in (8) (10) (15) (26) (27).

Bevor der bearbeitete Boden für diesen Test verwendet wird, sollte er vorinkubiert werden, um das Keimen und Entfernen von Samen zu ermöglichen und im Anschluss an den Wechsel von den Probenahme- oder Lagerungsbedingungen zu den Inkubationsbedingungen wieder ein Gleichgewicht des Mikrobenstoffwechsels herzustellen. Im Allgemeinen ist eine Vorinkubationsdauer von 2 bis 28 Tagen unter annähernder Einhaltung der Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen des eigentlichen Tests ausreichend (15). Lagerung und Vorinkubation sollten zusammengenommen nicht länger als drei Monate dauern.

1.9.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.9.1.   Testbedingungen

1.9.1.1.   Testtemperatur

Während der gesamten Testdauer sollten die Böden im Dunkeln bei einer konstanten Temperatur inkubiert werden, die für die klimatischen Bedingungen, unter denen der Einsatz bzw. die Freisetzung erfolgt. repräsentativ ist. Für alle Testsubstanzen, die in gemäßigten Klimazonen in den Boden gelangen können, wird eine Temperatur von 20 ± 2 oC empfohlen. Die Temperatur sollte überwacht werden.

Bei Chemikalien, die in kälteren Klimazonen angewandt bzw. eingetragen werden (z. B. in nördlichen Ländern oder während des Herbstes/Winters), sollten zusätzlich Bodenproben bei einer niedrigeren Temperatur inkubiert werden(z. B. 10 ± 2 oC).

1.9.1.2.   Feuchtegehalt

Bei Transformationstests unter aeroben Bedingungen sollte der Feuchtegehalt (44) des Bodens auf einen pF Wert von 2,0 bis 2,5 eingestellt und bei diesem Wert gehalten werden(3). Der Feuchtegehalt des Bodens wird als Masse Wasser pro Masse Boden (Trockengewicht) ausgedrückt und sollte regelmäßig kontrolliert werden (z. B. alle zwei Wochen), indem die Inkubationsgefäße gewogen und Wasserverluste ersetzt werden (vorzugsweise mit sterilfiltriertem Leitungswasser). Es ist darauf zu achten, dass während der Zugabe von Feuchtigkeit Verluste von Testsubstanz und/oder Transformationsprodukten durch Verflüchtigung und/oder ggf. fotochemischen Abbau möglichst verhindert oder minimiert werden.

Für Transformationstests unter anaeroben und Reisanbaubedingungen wird der Boden durch Überflutung mit Wasser gesättigt.

1.9.1.3.   Aerobe Inkubationsbedingungen

Bei Durchflusssystemen werden aerobe Bedingungen durch diskontinuierliches Spülen oder kontinuierliches Belüften mit befeuchteter Luft aufrechterhalten. In Biometergefäßen wird der ständige Austausch von Luft durch Diffusion ermöglicht.

1.9.1.4.   Sterile aerobe Bedingungen

Um Informationen über die Relevanz der abiotischen Transformation einer Testsubstanz zu gewinnen, können Bodenproben sterilisiert (zu Sterilisationsverfahren vgl. (16) und (29)), mit einer sterilen Testsubstanz behandelt (z. B. Zugabe der Lösung durch ein Sterilfilter) und mit steriler befeuchteter Luft, wie in 1.9.1.3 beschrieben, belüftet werden. Bei Reisböden sollten Boden und Wasser sterilisiert und die Inkubation wie in 1.9.1.6 beschrieben durchgeführt werden.

1.9.1.5.   Anaerobe Inkubationsbedingungen

Zum Erreichen und Aufrechterhalten anaerober Bedingungen wird der mit der Testsubstanz behandelte und unter aerober Bedingungen für 30 Tage bzw. eine Halbwertszeit oder DT50 (je nachdem, was kürzer ist) inkubierte Boden mit Wasser überflutet (Wassersäule 1-3 cm), und das Inkubationssystem wird mit einem inerten Gas (z. B. Stickstoff oder Argon) gespült (45). Das Testsystem muss Messungen z. B. des pH-Werts, der Sauerstoffkonzentration und des Redoxpotenzials ermöglichen und Absorptionsfallen für flüchtige Reaktionsprodukte beinhalten. Das Biometersystem muss geschlossen sein, um den Zutritt von Luft durch Diffusion zu vermeiden.

1.9.1.6.   Inkubation unter Reisfeldbedingungen

Zur Untersuchung der Transformation in Reisfeldböden wird der Boden mit einer Wassersäule von etwa 1-5 cm Höhe überflutet und die Testsubstanz in die Wasserphase appliziert (9). Es wird eine Bodentiefe von mindestens 5 cm empfohlen. Das System wird mit Luft wie unter aeroben Bedingungen belüftet. Der pH-Wert, die Sauerstoffkonzentration und das Redoxpotenzial der Wassersäule sollten überwacht und aufgezeichnet werden. Vor der Aufnahme der Transformationsuntersuchungen ist eine Vorinkubationsdauer von mindestens zwei Wochen erforderlich (siehe 1.8.3.2).

1.9.1.7.   Testdauer

Die Untersuchungen zu Geschwindigkeit und Transformationsverlauf sollten nicht länger als 120 Tage dauern (46) (3) (6) (8), da danach in einem künstlichen Laborsystem, isoliert von natürlichen Revitalisierungsprozessen, eine Abnahme der mikrobiellen Aktivität im Boden mit der Zeit zu erwarten wäre. Falls es für die Charakterisierung des Testsubstanzabbaus sowie der Bildung und des Abbaus der Transformationsprodukte erforderlich ist, können die Untersuchungen über längere Zeiträume fortgesetzt werden (z. B. 6 oder 12 Monate) (8). Längere Inkubationszeiten sollten im Testbericht begründet und durch Biomassemessungen im Verlauf und am Ende dieser Zeiträume begleitet werden.

1.9.2.   Durchführung des Tests

In jedes Inkubationsgefäß werden etwa 50 bis 200 g Boden (Bezugsbasis Trockengewicht) gegeben (siehe Abbildungen 1 und 2 in Anlage 3), und der Boden wird nach einem der in 1.8.2 beschriebenen Verfahren mit der Testsubstanz behandelt. Werden organische Lösungsmittel für die Applikation der Testsubstanz verwendet, sollten sie durch Verdampfen aus dem Boden entfernt werden. Anschließend wird der Boden mit einem Spatel und/oder durch Schütteln des Gefäßes gründlich durchmischt. Wird die Untersuchung unter Reisfeldbedingungen durchgeführt, sollten Boden und Wasser nach Applikation der Testsubstanz gründlich gemischt werden. Zur Überprüfung der gleichmäßigen Verteilung sollten kleine Aliquoten (z. B. 1 g) des behandelten Bodens auf die Testsubstanzgehalte analysiert werden. Angaben zu einem alternativen Verfahren siehe unten.

Die Testkonzentration sollte der höchsten Anwendungsrate eines Pflanzenschutzmittels laut den Empfehlungen in der Gebrauchsanleitung und einer gleichmäßigen Einarbeitung in eine geeignete Tiefe im Feld (z. B. bis zu einer Tiefe von 10 cm (47) in den Boden) entsprechen. So beträgt z. B. bei Chemikalien, die auf die Blätter oder den Boden ohne Einarbeitung ausgebracht werden, die geeignete Tiefe für die Berechnung der in jedes Gefäß zu gebenden Chemikalie 2,5 cm. Bei in den Boden eingearbeiteten Chemikalien ist die geeignete Tiefe die in der Gebrauchsanleitung genannte Einarbeitungstiefe. Für Chemikalien im Allgemeinen sollte die Applikationsrate basierend auf dem Haupteintragspfad gewählt werden. Wenn z. B. der Eintrag in den Boden hauptsächlich über Klärschlamm erfolgt, sollte die Chemikalie im Schlamm so dosiert werden, dass ihre Konzentration im Verhältnis zu der erwarteten Schlammkonzentration steht, und der dem Boden zugegebene Schlamm sollte im Verhältnis zum üblichen Schlammeintrag in landwirtschaftlich genutzte Böden stehen. Ist diese Konzentration nicht hoch genug, um die wichtigsten Transformationsprodukte nachzuweisen, kann eine Inkubation gesonderter Bodenproben mit höheren Mengen hilfreich sein, doch sollten zu hohe Mengen, die die Funktionen der Bodenmikroorganismen beeinflussen, vermieden werden (siehe 1.5 und 1.8.2).

Alternativ kann eine größere Charge (d. h. 1 bis 2 kg) Boden mit der Testsubstanz behandelt werden; dieser Ansatz wird in einem geeigneten Mischgerät sorgfältig gemischt und anschließend in kleinen Teilen von 50 bis 200 g in die Inkubationsgefäße gegeben (z. B. unter Verwendung von Probenteilern). Zur Überprüfung der gleichmäßigen Verteilung sollten kleine Aliquoten (z. B. 1 g) des behandelten Bodens auf die Testsubstanzgehalte analysiert werden. Ein solches Verfahren wird bevorzugt, da es eine gleichmäßigere Verteilung der Testsubstanz im Boden ermöglicht.

Zusätzlich zu den mit Testsubstanz behandelten Proben werden unbehandelte Bodenproben unter den gleichen Bedingungen (aerob) inkubiert. Diese Proben werden zur Messung der Biomasse im Verlauf und am Ende der Untersuchungen herangezogen.

Wird die Testsubstanz mit Hilfe eines organischen Lösungsmittels/mehrerer organischer Lösungsmittel gelöst auf den Boden aufgebracht, werden mit der gleichen Menge des Lösungsmittels/der Lösungsmittel behandelte Bodenproben unter den gleichen Bedingungen (aerob) inkubiert, wie die mit der Testsubstanz behandelten Proben. Diese Proben werden zur Biomassemessung zu Testbeginn, während des Tests und zu Testende herangezogen, um die Wirkungen des Lösungsmittels/der Lösungsmittel auf die mikrobielle Biomasse zu prüfen.

Die den behandelten Boden enthaltenden Gefäße werden entweder an das in Abbildung 1 dargestellte Durchflusssystem angeschlossen oder mit der in Abbildung 2 gezeigten Absorptionskolonne verschlossen (siehe Anlage 3).

1.9.3.   Probenahme und Messung

Parallel-Inkubationsgefäße werden in entsprechenden Zeitintervallen entnommen und die Bodenproben mit geeigneten Lösungsmitteln unterschiedlicher Polarität extrahiert und auf die Testsubstanz und/oder Transformationsprodukte analysiert. Bei einer gut konzipierten Untersuchung ist eine ausreichende Zahl von Gefäßen vorgesehen, so dass zu jedem Probenahmetermin zwei Gefäße entnommen werden. Zudem werden in verschiedenen Zeitintervallen (7-Tage-Intervalle während des ersten Monats und 17-Tage-Intervalle nach einem Monat) Absorptionslösungen bzw. feste Absorptionsmittel im Verlauf und am Ende der Inkubation jeder Bodenprobe entfernt und auf flüchtige Produkte analysiert. Abgesehen von einer unmittelbar nach der Applikation (0-Tage-Probe) genommenen Bodenprobe sollten mindestens 5 zusätzliche Probenahmetermine vorgesehen sein. Die Zeitintervalle sollten derart ausgewählt werden, dass ein Abbauschema für die Testsubstanz und ein Bitdungs- und Abbauschema für die Transformationsprodukte erstellt werden können (z. B. 0, 1, 3, 7 Tage; 2, 3 Wochen; 1, 2, 3 Monate usw.).

Wird eine 14C-markierte Testsubstanz verwendet, wird die nicht extrahierbare Radioaktivität durch Verbrennung quantifiziert, und für jedes Probenahmeintervall wird eine Massenbilanz berechnet.

Im Falle einer anaeroben Inkubation sowie einer Inkubation unter Reisfeldbedingungen werden die Boden- und Wasserphasen gemeinsam auf die Testsubstanz und Transformationsprodukte analysiert oder vor der Extraktion und Analyse durch Filtrieren oder Zentrifugieren abgetrennt.

1.9.4.   Fakultative Tests

Aerobe, nichtsterile Untersuchungen bei zusätzlichen Temperaturen und Bodenfeuchten können sinnvoll sein, wenn es darum geht, den Einfluss von Temperatur und Bodenfeuchte auf die Transformationsgeschwindigkeit einer Testsubstanz und/oder ihrer Transformationsprodukte im Boden abzuschätzen.

Eine weitere Charakterisierung von nicht extrahierbarer Radioaktivität kann z. B. mittels überkritischer Flüssigextraktion versucht werden.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Die Konzentrationen der Testsubstanz, Transformationsprodukte, flüchtigen Substanzen (nur in %) und nicht extrahierbaren Substanzen sollten in % der applizierten Ausgangskonzentration und ggf. in mg· kg-1 Boden (Bezugsbasis Trockengewicht) für jedes Probenahmeintervall angegeben werden. Eine Massenbilanz in Prozent, bezogen auf die Ausgangskonzentration, sollte für jedes Probenahmeintervall erstellt werden. Eine grafische Darstellung der Testsubstanzkonzentrationen in Abhängigkeit von der Zeit wird eine Einschätzung der Transformationshalbwertszeit bzw. der DT 50 ermöglichen. Die Haupttransformationsprodukte sollten identifiziert und ihre Konzentrationen ebenfalls über der Zeit aufgetragen werden, um die jeweilige Geschwindigkeit ihrer Bildung und ihres Abbaus aufzuzeigen. Ein Haupttransformationsprodukt ist jedes Reaktionsprodukt, das zu irgendeinem Zeitpunkt des Tests mit einer Konzentration ≥ 10 % der Applikationskonzentration vorliegt.

Die aufgefangenen flüchtigen Produkte geben Hinweise auf das Flüchtigkeitspotenzial einer Testsubstanz und ihrer Transformationsprodukte im Boden.

Eine genauere Bestimmung der Halbwertszeiten bzw. DT50-Werte und ggf. DT75- und DT90-Werte sollte durch die Anwendung geeigneter Kinetik-Modellberechnungen möglich sein. Die Halbwertszeiten und DT50-Werte sollten zusammen mit der Beschreibung des verwendeten Modells, der Kinetikordnung und des Determinationskoeffizienten (r2) angegeben werden. Bevorzugt wird die Kinetik erster Ordnung, sofern nicht r2 <0,7. Ggf. sollten die Berechnungen auch bei den Haupttransformationsprodukten angewendet werden. Beispiele für zweckmäßige Modelle sind in den Literaturangaben (31) bis (35) beschrieben.

Wurden Untersuchungen bei verschiedenen Temperaturen durchgeführt, sollten die Transformationsraten in Abhängigkeit von der Temperatur innerhalb des eingesetzten experimentellen Temperaturbereichs dargestellt werden, und zwar unter Verwendung der Arrhenius-Gleichung, in der Form:

Formula oder Formula,

wobei ln A und B Regressionskonstanten aus dem Achsenabschnitt bzw. der Steigung einer Ausgleichsgeraden sind, die durch lineare Regression von ln k gegen 1/T erzeugt wird. k ist die Geschwindigkeitskonstante bei der Temperatur T und T ist die Temperatur in Kelvin ist. Es ist auf den begrenzten Temperaturbereich zu achten, in dem die Arrhenius-Gleichung gültig ist, wenn die Transformation auf mikrobieller Aktivität beruht.

2.2.   EVALUIERUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Obwohl die Untersuchungen in einem künstlichen Laborsystem stattfinden, lassen die Ergebnisse doch eine Einschätzung der Transformationsrate der Testsubstanz und auch der Bildungs- und Abbaurate der Transformationsprodukte unter Feldbedingungen zu (36) (37).

Eine Untersuchung der Transformationswege einer Testsubstanz vermittelt Erkenntnisse über die Art und Weise wie die Substanz im Boden in ihrer Struktur durch chemische und mikrobielle Reaktion verändert wird.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Angaben enthalten:

 

Testsubstanz:

Common Name (Handelsname von Pflanzenschutzmitteln), systematischer chemischer Name, CAS-Nummer, Strukturformel (bei Verwendung radioaktiv markierter Chemikalien Angabe des Markierungsorts) und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (siehe 1.5);

Reinheit (Verunreinigungen) der Testsubstanz;

für markierte Chemikalien: radiochemische Reinheit und spezifische Aktivität (falls zutreffend).

 

Referenzsubstanzen:

Systematischer chemischer Name und Struktur der Referenzsubstanzen, die zur Charakterisierung und/oder Identifizierung von Transformationsprodukten verwendet werden.

 

Testböden:

Angaben zum Probenahmeort;

Datum und Verfahren der Probenahme;

Bodeneigenschaften, z. B. pH-Wert, organischer Kohlenstoffgehalt, Textur ( % Sand, % Schluff, % Ton), Kationenaustauschkapazität, Bodendichte, Wasserrückhalteeigenschaft und mikrobielle Biomasse;

ggf. Lagerungsdauer und -bedingungen.

 

Testbedingungen:

Angabe aller Kalenderdaten in Zusammenhang mit der Testdurchführung;

Applikationsmenge der Testsubstanz;

verwendete Lösungsmittel und Art der Testsubstanzapplikation;

Bodengewicht zu Testbeginn und zu jedem Probenahmetermin, der Analytik einschließt;

Beschreibung des verwendeten Inkubationssystems;

Luftdurchflussrate (nur für Durchflusssysteme);

Versuchstemperatur;

Bodenfeuchtegehalt während der Inkubation;

mikrobielle Biomasse zu Beginn, im Verlauf und am Ende der aeroben Untersuchungen;

pH-Wert, Sauerstoffkonzentration und Redoxpotenzial zu Beginn, im Verlauf und am Ende der anaeroben Untersuchungen und der Untersuchungen unter Reisfeldbedingungen;

Extraktionsverfahren;

Quantifizierungs- und Identifizierungsverfahren für die Testsubstanz und die Haupttransformationsprodukte im Boden und in den Absorptionsmitteln;

Anzahl der Replikate und der Kontrollansätze.

 

Ergebnisse:

Ergebnis der Bestimmung der mikrobiellen Aktivität;

Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der herangezogenen Analysenmethoden;

Wiederfindungsraten (Werte in % für eine valide Untersuchung sind in 1.7.1 angegeben);

tabellarische Darstellung der Ergebnisse in % der applizierten Ausgangskonzentration und ggf. in mg· kg-1 Boden (bezogen auf Trockengewicht);

Massenbilanz während und am Ende der Untersuchungen;

Charakterisierung nicht extrahierbarer (gebundener) Radioaktivität bzw. Rückstände im Boden;

Quantifizierung von freigesetztem CO2 und anderer flüchtiger Verbindungen;

grafische Darstellungen von Bodenkonzentrationen in Abhängigkeit von der Zeit für die Testsubstanz und ggf. für die Haupttransformationsprodukte;

Halbwertszeit oder DT50, DT75 und DT90 für die Testsubstanz und ggf. für die

Haupttransformationsprodukte einschließlich Vertrauensbereichen;

Einschätzung der abiotischen Abbaurate unter sterilen Bedingungen;

Beurteilung der Transformationskinetik für die Testsubstanz und ggf. für die Haupttransformationsprodukte;

Angabe von Transformationspfaden (falls möglich);

Diskussion und Interpretation der Ergebnisse;

Rohdaten (d. h. Chromatogramme der einzelnen Proben, Berechnungen der Transformationsraten sowie Methoden zur Identifizierung von Transformationsprodukten).

4.   LITERATURANGABEN

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(2)

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(4)

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Anlage 1

WASSERSPANNUNG, FELDKAPAZITÄT (FK) UND WASSERHALTEKAPAZITÄT (WHK) (48)

Höhe der Wassersäule

(cm)

pF (49)

bar (50)

Bemerkungen

107

7

104

Trockener Boden

1,6 · 104

4,2

16

Welkepunkt

104

4

10

 

103

3

1

 

6· 102

2,8

0,6

 

3,3 · 102

2,5

0,33 (51)

Bereich der

Feldkapazität (52)

102

2

0,1

60

1,8

0,06

33

1,5

0,033

10

1

0,01

WHK (Näherungswert)

1

0

0,001

wassergesättigter Boden

Die Wasserspannung (Saugspannung) wird in cm Wassersäule oder in bar gemessen. Aufgrund des großen Saugspannungsbereichs wird sie einfach als pF-Wert angegeben, der dem Logarithmus der in cm Wassersäule angegebenen Wasserspannung entspricht.

Die Feldkapazität (Speicherfeuchte) wird definiert als die Wassermenge, die ein natürlicher Boden nach längeren Niederschlägen oder nach ausreichender Bewässerung zwei Tage gegen die Gravitation speichern kann. Sie wird in ungestörtem Boden in situ im Feld bestimmt. Daher ist die Messung nicht auf gestörte Laborbodenproben anwendbar. In gestörtem Boden bestimmte FK-Werte können erhebliche systematische Varianzen aufweisen.

Die Wasserhaltekapazität (WHK) wird im Labor für ungestörten und gestörten Boden durch Sättigung einer Bodensäule mit Wasser durch Kapillaraufstieg bestimmt Sie ist besonders für gestörte Böden nützlich und kann bis zu 30 % größer sein als die Feldkapazität (1). Sie ist im Test auch leichter zu bestimmen als verlässliche FK-Werte.

Anmerkungen

Anlage 2

BODENFEUCHTEGEHALT (in g Wasser je 100 g Boden TG (53)) VERSCHIEDENER BODENARTEN AUS UNTERSCHIEDLICHEN LÄNDERN

 

 

Bodenfeuchtegehalt bei

Bodenart

Land

 

 

WHK (54)

pF = 1,8

pF = 2,5

Sand

Deutschland

28,7

8,8

3,9

Lehmiger Sand

Deutschland

50,4

17,9

12,1

Lehmiger Sand

Schweiz

44,0

35,3

9,2

Schluffiger Lehm

Schweiz

72,8

56,6

28,4

Toniger Lehm

Brasilien

69,7

38,4

27,3

Toniger Lehm

Japan

74,4

57,8

31,4

Sandiger Lehm

Japan

82,4

59,2

36,0

Schluffiger Lehm

USA

47,2

33,2

18,8

Sandiger Lehm

USA

40,4

25,2

13,3

Anlage 3

Abbildung 1

Beispiel eines Durchflussapparats für die Untersuchung der Transformation von Chemikalien im Boden  (55)  (56)

Image

Abbildung 2

Beispiel eines Biometergefäßes für die Untersuchung der Transformation von Chemikalien im Boden  (57)

Image

C.24.   AEROBE UND ANAEROBE TRANSFORMATION IN WASSER-SEDIMENT-SYSTEMEN

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht der Prüfrichtlinie OECD TG 308 (2002).

1.1.   EINLEITUNG

Chemikalien gelangen in flache oder tiefe Oberflächengewässer auf folgenden Wegen: direkte Applikation, Sprühmittelabdrift, Ablauf, Entwässerung, Abfallentsorgung, Industrie-, Haushalts- oder Landwirtschaftsabwässer und über atmosphärische Ablagerung. Die Testmethode beschreibt eine Labormethode zur Beurteilung der aeroben und anaeroben Transformation von organischen Chemikalien in Wasser-Sediment-Systemen. Sie basiert auf bestehenden Richtlinien (1) (2) (3) (4) (5) (6). Auf einem OECD-Workshop zur Boden/Sedimentauswahl, der 1995 im italienischen Belgirate stattfand (7), wurden insbesondere die Anzahl und Arten der bei diesem Test zu verwendenden Sedimente vereinbart. Des Weiteren gab der Workshop Empfehlungen zur Entnahme, Handhabung und Lagerung von Sedimentproben basierend auf den ISO-Hinweisen (8). Derartige Untersuchungen sind bei Chemikalien erforderlich, bei denen davon auszugehen ist, dass sie unmittelbar in Wasser angewandt werden oder auf den oben aufgeführten Eintragspfaden in den aquatischen Bereich gelangen.

Die Bedingungen in natürlichen Wasser-Sediment-Systemen sind in der oberen Wasserphase häufig aerob. Die Oberflächenschicht des Sediments kann entweder aerob oder anaerob sein, während die tieferen Sedimentschichten in der Regel anaerob sind. Um sämtlichen Möglichkeiten Rechnung zu tragen, werden in diesem Dokument sowohl aerobe als auch anaerobe Tests beschrieben. Der aerobe Test simuliert eine aerobe Wassersäule über einer aeroben Sedimentschicht, die mit einem anaeroben Gradienten unterschichtet ist. Der anaerobe Test simuliert ein vollständig anaerobes Wasser-Sediment-System. Deuten die Umstände darauf hin, dass es notwendig ist, von diesen Empfehlungen deutlich abzuweichen, indem z. B. intakte Sedimentkerne oder Sedimente verwendet werden, die möglicherweise gegenüber der Testsubstanz exponiert waren, können andere, zu diesem Zweck verfügbare Methoden zur Anwendung kommen (9).

1.2.   DEFINITIONEN

In jedem Falle ist das Internationale Einheitensystem (SI-System) anzuwenden.

Testsubstanz: jede Substanz, ob Ausgangsverbindung oder relevante Transformationsprodukte.

Transformationsprodukte: alle Substanzen, die das Ergebnis von biotischen oder abiotischen Transformationsreaktionen der Testsubstanz sind, einschließlich CO2 und Reaktionsprodukte in gebundenen Rückständen.

Gebundene Rückstände: Verbindungen in Böden, Pflanzen oder Tieren, die nach einer Extraktion in der Matrix in Form der Ausgangssubstanz oder deren Metaboliten verbleiben. Die Extraktionsmethode darf die Verbindungen selbst oder die Matrix Struktur nicht wesentlich verändern. Die Art der Bindung kann zum Teil durch matrixverändernde Extraktionsmethoden und hochentwickelte Analysenverfahren geklärt werden. Bislang werden z. B. kovalente Ionen- und Sorptionsbindungen sowie Einschlüsse auf diese Weise nachgewiesen. In aller Regel bedeutet die Bildung von gebundenen Rückständen eine deutliche Verminderung der Bioverfügbarkeit (10) (modifiziert nach IUPAC 1984 (11)).

Aerobe Transformation (oxidierend): in Gegenwart von molekularem Sauerstoff ablaufende Reaktionen (12).

Anaerobe Transformation (reduzierend): unter Ausschluss von molekularem Sauerstoff ablaufende Reaktionen (12).

Natürliche Gewässer: Oberflächengewässer, die aus Teichen, Flüssen, Strömen usw. stammen.

Sediment: ein Gemisch mineralischer und organisch-chemischer Bestandteile. Letztere enthalten Verbindungen mit hohem Kohlenstoff- und Stickstoffgehalt und mit hoher Molekularmasse. Das Sediment lagert sich in natürlichen Gewässern ab und bildet eine Grenzfläche zu diesem Wasser.

Mineralisation: vollständiger Abbau einer organischen Verbindung zu CO2 und H2O unter aeroben Bedingungen, und zu CH4, CO2 und H2O unter anaeroben Bedingungen. Im Zusammenhang mit dieser Testmethode, bei der eine radioaktiv markierte Verbindung verwendet wird, bedeutet Mineralisation einen extensiven Abbau eines Moleküls, wobei ein markiertes Kohlenstoffatom unter Freisetzung der entsprechenden Menge 14CO2 bzw. 14CH4 quantitativ oxidiert oder reduziert wird.

Halbwertszeit t 0,5 : die für die 50 %ige Transformation einer Testsubstanz ermittelte Zeit, wenn die Transformation mittels Kinetik erster Ordnung beschrieben werden kann; sie ist unabhängig von der Ausgangskonzentration.

Abbauzeit DT 50 : Zeitspanne, in der sich die Ausgangskonzentration der Testsubstanz um 50 % reduziert hat.

Abbauzeit DT75 : Zeitspanne, in der sich die Ausgangskonzentration der Testsubstanz um 75 % reduziert hat.

Abbauzeit DT90 : Zeitspanne, in der sich die Ausgangskonzentration der Testsubstanz um 90 % reduziert hat.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen sollten zur Identifizierung und Quantifizierung von Transformationsprodukten mittels spektroskopischer und chromatografischer Verfahren verwendet werden.

1.4.   INFORMATIONEN ZUR TESTSUBSTANZ

Zur Messung der Transformationsrate kann eine nicht markierte oder markierte Testsubstanz verwendet werden, jedoch werden markierte Substanzen bevorzugt. Markierte Substanzen sind notwendig zur Untersuchung des Transformationsweges und zur Aufstellung einer Massenbilanz. Empfohlen wird die 14C-Markierung, doch auch der Einsatz anderer Isotope wie 13C, 15N, 3H oder 32P kann sinnvoll sein. Die Markierung sollte möglichst im stabilsten Teil/in den stabilsten Teilen des Moleküls positioniert sein (58). Die chemische und/oder radiochemische Reinheit der Testsubstanz sollte mindestens 95 % betragen.

Vor der Durchführung eines Tests sollten folgende Informationen zur Testsubstanz vorliegen:

a)

Wasserlöslichkeit (Methode A.6);

b)

Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln;

c)

Dampfdruck (Methode A.4) und Henry-Konstante;

d)

n-Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (Methode A.8);

e)

Adsorptionskoeffizient (Kd, KF oder Koc) (Methode C.18);

f)

Hydrolyse (Methode C.7);

g)

Dissoziationskonstante (pKa) (OECD Guideline 112) (13);

h)

chemische Struktur der Testsubstanz und Ort der Isotopenmarkierung(en), falls zutreffend.

Hinweis: Die Temperatur, bei der diese Messungen vorgenommen werden, sollte angegeben werden.

Sinnvoll können u. a. auch folgende Angaben sein: Toxizität der Testsubstanz gegenüber Mikroorganismen, Daten zur leichten und/oder potenziellen biologischen Abbaubarkeil sowie Daten zur aeroben und anaeroben Transformation im Boden.

Analysenmethoden (einschließlich Extraktions- und Reinigungsverfahren) zur Identifizierung und Quantifizierung der Testsubstanz und ihrer Transformationsprodukte in Wasser und Sediment sollten verfügbar sein (siehe 1.7.2).

1.5.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Bei der hier beschriebenen Methode werden ein aerobes und ein anaerobes Wassersediment verwendet (siehe Anlage 1), das folgende Untersuchungen erlaubt:

i)

Messung der Transformationsrate der Testsubstanz in einem Wasser-Sediment-System,

ii)

Messung der Transformationsrate der Testsubstanz im Sediment,

iii)

Messung der Mineralisationsrate der Testsubstanz und/oder ihrer Transformationsprodukte (bei Verwendung einer 14C-markierten Testsubstanz),

iv)

Identifizierung und Quantifizierung von Transformationsprodukten in Wasser- und Sedimentphasen einschließlich einer Massenbilanz (bei Verwendung einer markierten Testsubstanz),

v)

Messung der Verteilung der Testsubstanz und ihrer Transformationsprodukte auf die beiden Phasen während einer Inkubation im Dunkeln (um z. B. Algenblüten zu vermeiden) bei konstanter Temperatur. Halbwertszeiten, DT50-, DT75- und DT90-Werte werden bestimmt, wenn es die entsprechenden Daten hergeben, sollten jedoch nicht weit über den Versuchszeitraum hinaus extrapoliert werden (siehe 1.2).

Sowohl für die aerobe als auch für die anaerobe Untersuchung sind jeweils mindestens zwei Sedimente sowie die dazugehörigen Wasserphasen erforderlich (7). In bestimmten Fällen sollten jedoch mehr als zwei Sedimente verwendet werden, z. B. bei Chemikalien, die in Binnengewässern und/oder in Meeresgewässern vorkommen können.

1.6.   ANWENDBARKEIT DES TESTS

Die Methode ist allgemein anwendbar auf chemische Substanzen (nicht markiert oder markiert), für die ein Analysenverfahren mit hinreichender Genauigkeit und Empfindlichkeit zur Verfügung steht. Es ist anwendbar auf schwach flüchtige, nichtflüchtige, wasserlösliche oder schlecht wasserlösliche Verbindungen. Der Test sollte nicht angewendet werden bei Chemikalien, die aus Wasser stark flüchtig sind (z. B. Begasungsmittel oder organische Lösungsmittel) und somit unter den Versuchsbedingungen dieses Tests nicht im Wasser und/oder Sediment gehalten werden können.

Bisher wird diese Methode zur Untersuchung der Transformation von Chemikalien in Binnengewässern und Sedimenten genutzt, aber im Prinzip ist sie auch für Ästuar-/Meeressysteme anwendbar. Sie ist nicht geeignet zur Simulation von Bedingungen in strömendem Wasser (z. B. Flüssen) oder auf hoher See.

1.7.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.7.1.   Wiederfindungsraten

Die Extraktion und Analyse von mindestens jeweils zwei parallel angesetzten Wasser- und Sedimentproben unmittelbar nach Zugabe der Testsubstanz geben einen ersten Hinweis auf die Wiederholbarkeit der Analysenmethode und die gleichmäßige Verteilung der Testsubstanz bei der Applikation. Die Wiederfindungsraten für spätere Versuchsphasen ergeben sich aus den jeweiligen Massenbilanzen (bei Verwendung markierter Substanzen). Die Wiederfindungsraten sollten im Bereich von 90-110 % für markierte Chemikalien (6) und von 70-110 % für nicht markierte Chemikalien liegen.

1.7.2.   Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der Analysenmethode

Die Wiederholbarkeit der Analysenmethode (ausgenommen die Effizienz der Extraktion im Anfangsstadium) zur Quantifizierung der Testsubstanz und der Transformationsprodukte kann durch eine parallele Analyse desselben Extrakts der Wasser- bzw. der Sedimentproben, die hinreichend lange zur Bildung von Transformationsprodukten inkubiert wurden, überprüft werden.

Die Nachweisgrenze („limit of detection — LOD“) der Analysenmethode für die Testsubstanz und für die Transformationsprodukte sollte mindestens 0,01 mg· kg-1 in Wasser oder Sediment (als Testsubstanz) oder — falls dieser Wert niedriger ist — 1 % der in ein Testsystem applizierten. Ausgangsmenge betragen. Die Quantifizierungsgrenze („limit of quantification — LOQ“) sollte ebenfalls spezifiziert werden.

1.7.3.   Genauigkeit der Transformationsdaten

Geeignete Informationen über die Zuverlässigkeit der Transformationskurve lassen sich mittels einer Regressionsanalyse aus den Testsubstanzkonzentrationen in Abhängigkeit von der Zeit gewinnen, die auch die Berechnung des Vertrauensbereiche für Halbwertszeiten (im Falle einer Kinetik pseudo-erster Ordnung) bzw. DT50-Werte und ggf. für DT75 und DT90-Werte ermöglicht.

1.8.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.8.1.   Testsystem und Geräte

Die Untersuchung sollte in Glasgefäßen (z. B. Flaschen oder Zentrifugengläsern) durchgeführt werden, sofern nicht bereits vorliegende Informationen (wie der n-Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizient, Sorptionsdaten usw.) darauf hindeuten, dass die Testsubstanz möglicherweise an Glas anhaftet. In diesem Fall kann es erforderlich sein, andere Materialien (wie Teflon) in Betracht zu ziehen. Wenn bekannt ist, dass die Testsubstanz an Glas anhaftet, könnte eine Lösung darin bestehen, eine oder mehrere der folgenden Methoden anzuwenden:

Bestimmung der Masse der am Glas sorbierten Testsubstanz und Transformationsprodukte,

obligatorische Spülung aller Glasgegenstände mit einem Lösungsmittel zu Testende,

Verwendung formulierter Handelsprodukte (siehe auch 1.9.2),

Verwendung einer größeren Menge eines Hilfslösungsmittels für die Zugabe der Testsubstanz in das System; das eingesetzte Hilfslösungsmittel sollte die Testsubstanz nicht durch Solvolyse aufspalten,

Beispiele für typische Testgeräte, d. h. Durchfluss- und Biometersysteme, sind in Anlage 2 bzw. 3 dargestellt (14). Weitere geeignete Inkubationssysteme sind in der Literaturangabe (15) beschrieben. Die Anordnung der Versuchsgeräte sollte den Austausch von Luft oder Stickstoff und das Auffangen flüchtiger Produkte ermöglichen. Die Geräte müssen so bemessen sein, dass sie den Anforderungen des Tests entsprechen (siehe 1.9.1), Die Belüftung kann entweder durch schonendes Durchperlen oder durch das Leiten von Luft oder Stickstoff über die Wasseroberfläche erfolgen. In letzterem Fall kann ein vorsichtiges Umrühren des Wassers von oben angeraten sein, um eine bessere Verteilung des Sauerstoffs bzw. Stickstoffs im Wasser zu erreichen. CO2-freie Luft sollte nicht verwendet werden, da dies zu einem Anstieg des pH-Werts des Wassers führen kann. In jedem Falle ist eine Störung des Sediments nicht wünschenswert und sollte weitestgehend vermieden werden. Schwach flüchtige Chemikalien sollten in einem Biometersystem unter vorsichtigem Rühren der Wasseroberfläche getestet werden. Ebenfalls können geschlossene Gefäße mit einer Gasphase aus atmosphärischer Luft oder Stickstoff sowie mit innen befindlichen Röhrchen zum Auffangen flüchtiger Produkte verwendet werden (16). Beim aeroben Test ist ein regelmäßiger Austausch der Gasphase im oberen Teil des Gefäßes erforderlich, um den Sauerstoffverbrauch durch die Biomasse auszugleichen.

Geeignete Abscheider für das Sammeln flüchtiger Transformationsprodukte sind u. a. Kaliumhydroxid- oder Natriumhydroxidlösungen (1 mol· dm-3) für Kohlendioxid (59) und Ethylenglykol, Ethanolamin oder 2 %iges Paraffin in Xylol für organische Verbindungen. Flüchtige Verbindungen wie Methan, die unter anaeroben Bedingungen entstehen, können z. B. mittels Molekularsieben aufgefangen werden. Solche flüchtigen Verbindungen können z. B. zu CO2 verbrannt werden, indem das Gas bei einer Temperatur von 900 oC durch eine CuO enthaltende Quarzröhre geführt und das gebildete CO2 in einem Abscheider mit Alkali aufgefangen wird (17).

Erforderlich ist eine Laborausstattung für die chemische Analyse der Testsubstanz und von Transformationsprodukten (z. B. Gas-Flüssigchromatografie (GLC), Hochleistungsflüssigchromatografie (HPLC), Dünnschichtchromatografie (TLC), Massenspektroskopie (MS), Gaschromatografie-Massenspektroskopie (GC-MS), Flüssigchromatografie-Massenspektrometrie (LC-MS), kernmagnetische Resonanz (NMR) u. a.), sowie ggf. Detektionssysteme für radioaktiv markierte oder nicht markierte Chemikalien. Bei Verwendung radioaktiv markierter Substanzen werden darüber hinaus ein Flüssigkeitsszintillationszähler und ein Oxidationsmittel (für die Verbrennung von Sedimentproben vor der Analyse auf Radioaktivität) benötigt.

Weitere Standardlaborgeräte für physikalisch-chemische und biologische Bestimmungen (siehe Tabelle 1 in Abschnitt 1.8.2.2), Glasgegenstände, Chemikalien und Reagenzien sind je nach Bedarf erforderlich;

1.8.2.   Auswahl und Anzahl von Wassersedimenten

Die Probenahmestellen sollten entsprechend dem Zweck des Tests je nach gegebener Situation gewählt werden. Bei der Auswahl der Probenahmestellen ist die Vorgeschichte möglicher landwirtschaftlicher, industrieller oder häuslicher Einträge in das Einzugsgebiet und die Oberläufe zu berücksichtigen. Es sollten nur Sedimente verwendet werden, die in den 4 vorhergehenden Jahren nicht mit der Testsubstanz oder ihren Struktur-Analoga verunreinigt worden sind.

1.8.2.1.   Sedimentauswahl

Für die aeroben Tests werden üblicherweise zwei Sedimente verwendet (7). Die beiden ausgewählten Sedimente sollten sich hinsichtlich ihres organischen Kohlenstoffgehalts und ihrer Textur voneinander unterscheiden. Ein Sediment sollte einen hohen organischen Kohlenstoffgehalt (2,5-7,5 %) aufweisen und feinkörnig sein, das andere Sediment sollte einen niedrigen organischen Kohlenstoffgehalt (0,5-2,5 %) haben und grobkörnig sein. Der Unterschied zwischen den organischen Kohlenstoffgehalten sollte im Regelfall mindestens 2 % betragen. „Feinkörnigkeit“ wird definiert als ein [Ton und Schluff] (60) -Gehalt von > 50 %, und „Grobkörnigkeit“ wird definiert als ein [Ton und Schluff]-Gehalt von < 50 %, Die Differenz zwischen den [Ton und Schluff]-Gehalten beider Sedimente sollte in aller Regel mindestens 20 % betragen. In Fällen, in denen eine Chemikalie auch in Meerwasser gelangen kann, sollte mindestens eines der Wasser-Sediment-Systeme marinen Ursprungs sein.

Für die strikt anaerobe Untersuchung sollten Proben von zwei Sedimenten (einschließlich des jeweils dazugehörigen Wassers) aus den anaeroben Bereichen der Oberflächenwasserkörper genommen werden (7). Handhabung und Transport von Sediment- und Wasserphasen sollten vorsichtig unter Ausschluss von Sauerstoff erfolgen.

Für die Auswahl von Sedimenten können noch andere Parameter von Bedeutung sein und sollten je nach Ausgangslage berücksichtigt werden. So wäre z. B. der pH-Bereich von Sedimenten wichtig für die Untersuchung von Chemikalien, bei denen die Transformation und/oder Sorption pH-abhängig sein könnte. Die pH-Abhängigkeit der Sorption kann im pKa-Wert der Testsubstanz zum Ausdruck kommen.

1.8.2.2.   Charakterisierung von Wasser-Sediment-Proben

In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Parameter, die für Wasser und Sediment zu messen und zu protokollieren sind (unter Verweis auf die verwendete Methode), sowie die Testphase, in der diese Parameter zu bestimmen sind, aufgeführt. Informationen über die Methoden zur Bestimmung dieser Parameter sind in der Literatur (18) (19) (20) (21) zu finden.

Unter Umständen sind je nach Ausgangslage noch weitere Parameter zu messen und zu protokollieren (z. B. für Süßwasser: Partikel, Alkalinität, Harte, Leitfähigkeit, NO3/PO4 (Verhältnis und Einzelwerte); für Sedimente: Kationenaustauschkapazität, Wasserhaltekapazität, Carbonat, Gesamtstickstoff und -phosphor; und für Meeressysteme: Salzgehalt). Zur Messung der Redoxbedingungen, insbesondere im Hinblick auf die anaerobe Transformation, kann auch eine Analyse von Sedimenten und Wasser auf Nitrat, Sulfat, bioverfügbares Eisen und evtl. andere Elektronenakzeptoren sinnvoll sein.

Messung von Parametern zur Charakterisierung von Wasser-Sediment-Proben (7) (22) (23)

Parameter

Phase des Testverfahrens

Feld probenahme

Handhabung

Beginn der Akklimatisierung

Testbeginn

Laufender Test

Testende

Wasser

Herkunft/Quelle

×

 

 

 

 

 

Temperatur

×

 

 

 

 

 

pH-Wert

×

 

×

×

×

×

TOC

 

 

×

×

 

×

O2-Konzentration (*)

×

 

×

×

×

×

Redoxpotenzial (*)

 

 

×

×

×

×

Sediment

Herkunft/Quelle

×

 

 

 

 

 

Tiefe der Schicht

×

 

 

 

 

 

pH-Wert

 

×

×

×

×

×

Korngrößenverteilung

 

×

 

 

 

 

TOC

 

×

×

×

 

×

Mikrobielle Biomasse (61)

 

×

 

×

 

×

Redoxpotenzial (62)

Beobachtung (Farbe/Geruch)

 

×

×

×

×

1.8.3.   Probenahme, Handhabung und Lagerung

1.8.3.1.   Probenahme

Für die Entnahme von Sedimentproben sollte der Entwurf der ISO-Hinweise zur Probenahme von Sedimenten (8) herangezogen werden. Sedimentproben sollten von der gesamten oberen, 5 bis 10 cm starken Sedimentschicht genommen werden. Am selben Standort und zum selben Zeitpunkt sollte das dazugehörige Wasser entnommen werden. Für die anaerobe Studie sollte die Probenahme und der Transport des Sediments und des dazugehörigen Wassers unter Ausschluss von Sauerstoff erfolgen (28) (siehe 1.8.2.1). Einige Probenahmegeräte sind in der Literatur beschrieben (8) (23).

1.8.3.2.   Handhabung

Das Sediment wird durch Filtration vom Wasser getrennt und dann mit überschüssigem Standortwasser, das anschließend verworfen wird, durch ein Sieb mit einer Maschenweite von 2 mm feucht gesiebt. Dann werden bekannte Mengen Sediment und Wasser im gewünschten Verhältnis (siehe 1.9.1) in Inkubationsgefäßen vermischt und für die Akklimatisierung vorbereitet (siehe 1.8.4). Bei der anaeroben Studie sind alle Schritte unter Ausschluss von Sauerstoff durchzuführen (29) (30) (31) (32) (33).

1.8.3.3.   Lagerung

In jedem Falle wird die Verwendung frischer Sediment- und Wasserproben empfohlen; ist jedoch eine Lagerung erforderlich, sollten Sediment und Wasser wie zuvor beschrieben gesiebt und zusammen gelagert werden, und zwar mit einem Wasserüberstand (6 10 cm Wassersäule), im Dunkeln, bei 4 ± 2 oC4 und für einen Zeitraum von höchstens vier Wochen (7) (8) (23). Für aerobe Untersuchungen vorgesehene Proben sollten bei freiem Luftzutritt gelagert werden (z. B. in offenen Behältern), die für anaerobe Untersuchungen vorgesehenen Proben hingegen unter Ausschluss von Sauerstoff. Während des Transports and der Lagerung dürfen Sediment und Wasser nicht gefrieren und das Sediment darf nicht austrocknen.

1.8.4.   Vorbereitung der Sediment-/Wasserproben für den Test

Der Testsubstanzzugabe sollte eine Akklimatisierungsperiode vorangehen, während der sich jede Sediment-/Wasserprobe in dem im Haupttest zu verwendenden Inkubationsgefäß befindet. Die Bedingungen der Akklimatisierungsperiode müssen exakt denen der Inkubation beim Haupttest entsprechen (siehe 1.9.1). Die Akklimatisierungsperiode ist die Zeit, die benötigt wird, um eine hinreichende Stabilität des Systems zu erreichen, die sich am pH-Wert, an der Sauerstoffkonzentration im Wasser, am Redoxpotenzial des Sediments und Wassers sowie an der makroskopischen Phasentrennung ablesen lässt. Die Akklimatisierungsperiode beträgt in aller Regel ein bis zwei Wochen und sollte vier Wochen nicht überschreiten. Die Ergebnisse der während dieser Zeit durchgeführten Bestimmungen sind zu protokollieren.

1.9.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.9.1.   Testbedingungen

Der Test sollte im Inkubationsgefäß (siehe 1.8.1) mit einem Wasser-Sediment-Volumenverhältnis zwischen 3:1 und 4:1 und einer Sedimentschicht von 2,5 cm (±0,5 cm) durchgeführt werden (63). Eine Mindestmenge von 50 g Sediment (Trockengewicht) pro Inkubationsgefäß wird empfohlen.

Der Test sollte im Dunkeln bei einer konstanten Temperatur im Bereich von 10 bis 30 oC durchgeführt werden. Angemessen ist eine Temperatur von (20 ± 2) oC. Falls notwendig, kann zusätzlich eine niedrigere Temperatur (im Allgemeinen 10 oC) gewählt werden, als Einzelfallentscheidung in Abhängigkeit von den zu ermittelnden Testergebnissen. Die Inkubationstemperatur sollte überwacht und protokolliert werden.

1.9.2.   Behandlung und Applikation der Testsubstanz

Es wird eine Testkonzentration der Chemikalie verwendet (64). Für Pflanzenschutzmittel, die direkt auf den Wasserkörper appliziert werden, sollte die auf dem Etikett angegebene Höchstdosierung als maximale Applikationsrate, die bezogen auf die Wasseroberfläche des Testgefäßes errechnet wird, eingesetzt werden. In allen anderen Fällen sollte die einzusetzende Konzentration auf Berechnungen aus Umweltemissionen basieren. Es ist darauf zu achten, dass eine ausreichende Testsubstanzkonzentration appliziert wird, um den Transformationspfad und die Bildung und den Rückgang der Transformationsprodukte erfassen zu können. Es kann erforderlich sein, höhere Dosen zu applizieren (z. B. das 10-fache), wenn z. B. die Testsubstanzkonzentration zu Testbeginn dicht an der Nachweisgrenze liegt und/oder wenn die Haupttransformationsprodukte nicht ohne weiteres nachgewiesen werden können, obwohl ihr Anteil 10 % der Applikationsrate der Testsubstanz ausmacht. Werden höhere Testkonzentrationen verwendet, sollten diese allerdings keine erhebliche Beeinträchtigung der mikrobiellen Aktivität des Wasser-Sediment-Systems bewirken. Um eine konstante Testsubstanzkonzentration in verschieden großen Gefäßen zu erreichen, kann eine Anpassung der applizierten Substanzmenge als sinnvoll angesehen werden, basierend auf der Höhe der Wassersäule im Gefäß im Verhältnis zur Höhe der Wassersäule am Probenahmestandort (die mit 100 cm angenommen wird, doch auch andere Höhen sind möglich). Siehe die Beispielrechnung in Anlage 4.

Idealerweise sollte die Testsubstanz als wässrige Lösung in die Wasserphase des Testsystems gegeben werden. Falls es sich nicht vermeiden lässt, ist der Einsatz geringer Mengen von mit Wasser mischbaren Lösungsmitteln (wie Aceton oder Ethanol) für die Applikation und Verteilung der Testsubstanz zulässig, sollte jedoch l % v/v nicht überschreiten und die mikrobielle Aktivität des Testsystems nicht beeinträchtigen. Die Herstellung der wässrigen Lösung der Testsubstanz ist mit Sorgfalt vorzunehmen — zur Sicherstellung einer vollständigen Homogenität können die Verwendung von Generatorsäulen und das Mischen vor Testbeginn sinnvoll sein. Nach Zugabe der wässrigen Lösung in das Testsystem wird ein vorsichtiges Mischen der Wasserphase empfohlen, wobei das Sediment so wenig wie möglich gestört werden sollte.

Die Verwendung von formulierten Handelsprodukten wird routinemäßig nicht empfohlen, da die Formulierungsbestandteile die Verteilung der Testsubstanz und/oder der Transformationsprodukte zwischen der Wasser- und der Sedimentphase beeinflussen können. Bei schlecht wasserlöslichen Testsubstanzen kann der Einsatz von formulierten Handelsprodukten jedoch eine geeignete Alternative darstellen.

Die Anzahl der Inkubationsgefäße richtet sich nach der Anzahl der Probenahmezeitpunkte (siehe 1.9.3). Es sollte eine ausreichende Anzahl von Testansätzen vorgesehen werden, so dass zwei Ansätze zu jedem Probenahmezeitpunkt ausgewertet werden können. Werden Kontrollansätze für die verschiedenen Wasser-Sediment-Systeme eingesetzt, sollten sie nicht mit der Testsubstanz behandelt werden. Die Kontrollansätze können zur Bestimmung der mikrobiellen Biomasse des Sediments und der Gesamtmenge an organisch gebundenem Kohlenstoff des Wassers und Sedimentes zu Testende herangezogen werden. Zwei der Kontrollansätze (d. h. ein Kontrollansatz pro Wassersedimentansatz) können zur Überwachung der erforderlichen Parameter im Sediment und im Wasser während der Akklimatisierungsphase genutzt werden (siehe Tabelle in Abschnitt 1.8.2.2). Es sind zwei zusätzliche Kontrollansätze für den Fall vorzusehen, dass die Testsubstanz mittels eines Lösungsmittels appliziert wird, um Beeinträchtigungen der mikrobiellen Aktivität des Testsystems zu erfassen.

1.9.3.   Testdauer und Probenahme

Der Versuch sollte im Normalfall nicht länger als 100 Tage dauern (6), sollte jedoch so lange fortgesetzt werden, bis der Abbauweg und das Wasser-/Sedimentverteilungsmuster ermittelt sind bzw. der Verlust der Testsubstanz durch Transformation und/oder Verflüchtigung 90 % erreicht hat. Die Anzahl der Probenahmezeitpunkte sollte mindestens sechs (einschließlich des Nullzeitpunkts) betragen, wobei fakultativ eine Voruntersuchung (siehe 1.9.4) durchgeführt werden kann, um ein geeignetes Probenahmeschema und die optimale Testdauer zu ermitteln, sofern nicht genügend Daten zur Testsubstanz aus früheren Untersuchungen vorliegen. Bei hydrophoben Testsubstanzen können zusätzliche Probenahmen während der Anfangsphase der Untersuchung erforderlich sein, um die Verteilungsrate zwischen der Wasser-/Sedimentphase zu bestimmen.

Zu entsprechenden Probenahmezeitpunkten werden komplette Inkubationsgefäße (im Replikat) zur Analyse entnommen. Das Sediment und das darüber liegende Wasser werden getrennt analysiert (65). Das Oberflächenwasser sollte vorsichtig entnommen werden, um das Sediment so wenig wie möglich zu stören. Die Extraktion und Charakterisierung der Testsubstanz und der Transformationsprodukte sollte nach geeigneten Analysenverfahren erfolgen. Substanzen, die sich unter Umständen am Inkubationsgefäß oder an den Verbindungsleitungen, die zum Auffangen flüchtiger Verbindungen dienen, angelagert haben, sollten vorsichtig abgelöst und gesammelt werden.

1.9.4.   Fakultative Voruntersuchung

Können Dauer und Probenahmeschema nicht auf der Grundlage anderer relevanter Untersuchungen zur Testsubstanz abgeschätzt werden, kann fakultativ eine Voruntersuchung als sinnvoll angesehen werden, die unter den gleichen Testbedingungen durchzuführen ist, wie sie für den endgültigen Hauptversuch geplant sind. Die relevanten Versuchsbedingungen und Ergebnisse aus der Voruntersuchung, falls sie durchgeführt wurde, sollten in Kurzform protokolliert werden.

1.9.5.   Messungen und Analyse

Die Konzentration der Testsubstanz und der Transformationsprodukte ist zu jedem Probenahmezeitpunkt im Wasser und im Sediment zu messen und zu protokollieren (als Konzentrationsangabe und als prozentualer Anteil der Applikationsmenge). Allgemein sollten Transformationsprodukte, die ≥ 10 % der applizierten Radioaktivität im gesamten Wasser-Sediment-System zu irgendeinem Probenahmezeitpunkt aufweisen, identifiziert werden, sofern nicht hinreichende Gründe dagegen sprechen. Ebenfalls für eine Identifizierung in Betracht gezogen werden sollten Transformationsprodukte, deren Konzentrationen während des Tests kontinuierlich steigen, da dies ein Hinweis auf Persistenz ist, auch wenn ihre Konzentrationen die oben genannten Grenzen nicht überschreiten. Dieses Vorgehen sollte im Einzelfall erwogen und im Abschlussbericht begründet werden.

Zu jedem Probenahmezeitpunkt sollten die Ergebnisse aus den Abscheidesystemen für Gase/flüchtige Verbindungen (CO2 und andere, d. h. flüchtige organische Verbindungen) protokolliert werden. Die Mineralisationsraten sind zu protokollieren. Nicht extrahierbare (gebundene) Rückstände im Sediment sind zu jedem Probenahmezeitpunkt zu protokollieren.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Die Gesamtmassenbilanz bzw. die Wiederfindungsrate (siehe 1.7.1) der zugegebenen Radioaktivität ist zu jedem Probenahmezeitpunkt zu berechnen. Die Ergebnisse sind als Anteile (in %) der applizierten Radioaktivität zu protokollieren. Die Verteilung der Radioaktivität im Wasser und Sediment sollte als Konzentration und prozentualer Anteil zu jedem Probenahmezeitpunkt protokolliert werden.

Die Halbwertszeit, DT50- und ggf. DT75- und DT90-Werte der Testsubstanz sollten zusammen mit ihren Vertrauensbereichen berechnet werden (siehe 1.7.3). Informationen zur Verlustrate der Testsubstanzkonzentration im Wasser und im Sediment lassen sich mittels geeigneter Berechnungsprogramme gewinnen. Dazu können gehören: die Anwendung einer Kinetik nach pseudo-erster Ordnung, empirische Kurvenanpassungsverfahren unter Anwendung grafischer oder numerischer Lösungen sowie komplexere Berechnungen z. B. unter Anwendung von Einzel- oder Mehrkompartimentmodellen. Weitere Einzelheiten sind in der relevanten Literatur zu finden (35) (36) (37).

Alle Ansätze haben Stärken und Schwächen und weisen hinsichtlich ihrer Komplexität erhebliche Unterschiede auf. Die Annahme einer Kinetik erster Ordnung kann eine zu starke Vereinfachung der Abbau- und Verteilungsprozesse bedeuten, ergibt jedoch — falls möglich — einen Wert (die Geschwindigkeitskonstante oder Halbwertszeit), der leicht zu verstehen und für Simulationsmodellierungen und Berechnungen von Umweltkonzentrationen relevant ist. Empirische Ansätze oder lineare Transformationen können bessere Anpassungen von Kurven an Daten und damit eine optimalere Abschätzung von Halbwertszeiten, DT50- und ggf. DT75- und DT90-Werten ermöglichen. Allerdings ist der Nutzen dieser abgeleiteten Konstanten begrenzt. Mit Kompartimentmodellen lassen sich eine Reihe nützlicher Konstanten berechnen, die wichtig für die Risikoabschätzung sind und die die Abbaugeschwindigkeit in den verschiedenen Kompartimenten sowie die Verteilung der Chemikalie beschreiben. Sie sollten ferner zur Ermittlung der Geschwindigkeitskonstanten für die Bildung und den Abbau von Haupttransformationsprodukten herangezogen werden. In allen Fällen muss die Auswahl der Methode begründet werden, und der Versuchsleiter sollte die Güte der Anpassung grafisch und/oder statistisch nachweisen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Angaben enthalten:

 

Testsubstanz:

Common Name (Handelsname von Pflanzenschutzmitteln), systematischer chemischer Name, CAS-Nummer, Strukturformel (bei Verwendung radioaktiv markierter Chemikalien mit Angabe des Markierungsorts) und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;

Reinheit (Verunreinigungen) der Testsubstanz;

radiochemische Reinheit der markierten Chemikalie und molare Aktivität (falls zutreffend).

 

Referenzsubstanzen:

Systematischer chemischer Name und Struktur von Referenzsubstanzen, die zur Charakterisierung und/oder zur Identifizierung von Transformationsprodukten verwendet werden.

 

Testsedimente und -wasser:

Ort und Beschreibung der Probenahmestelle(n) für das Wassersediment, einschließlich etwaiger früherer Kontaminationen;

alle Informationen zur Probenahme, (ggf.) Lagerung und Akklimatisierung von Wasser-Sediment-Systemen;

Eigenschaften der Wasser-Sediment-Proben gemäß der Tabelle in Abschnitt 1.8.2.2.

 

Testbedingungen:

Verwendetes Testsystem (z. B. Durchflusssystem, Biometersystem, Art der Belüftung, Rührmethode, Wasservolumen, Sedimentmasse, Höhe der Wasser- und der Sedimentschicht, Abmessungen der Testgefäße usw.);

Applikation der Testsubstanz in das Testsystem: verwendete Testkonzentration, Anzahl der Replikat- und Kontrollproben, Art der Applikation der Testsubstanz (z. B. Verwendung eines Lösungsmittels, falls zutreffend) usw.;

Inkubationstemperatur;

Probenahmezeitpunkte;

Extraktionsmethoden und -effizienz sowie Analysenmethoden und Nachweisgrenzen;

Verfahren für die Charakterisierung/Identifizierung von Transformationsprodukten;

Abweichungen vor der Testvorschrift oder den Testbedingungen während der Untersuchung.

 

Ergebnisse:

Rohdaten-Zahlenwerte repräsentativer Analysen (sämtliche Rohdaten sind im GLP-Archiv zu speichern);

Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der herangezogenen Analysenverfahren;

Wiederfindungsraten (prozentuale Werte für eine valide Studie sind in 1.7.1 angegeben);

tabellarische Darstellung der Ergebnisse, ausgedrückt in % der applizierten Menge und in mg· kg-1 im Wasser, im Sediment und im Gesamtsystem (nur in %) für die Testsubstanz und ggf. für Transformationsprodukte und nicht extrahierbare Radioaktivität;

Massenbilanz während und am Ende der Untersuchungen;

grafische Darstellung der Transformation in den Wasser- und Sedimentfraktionen sowie im Gesamtsystem (einschließlich Mineralisation);

Mineralisationsraten;

Halbwertszeit, DT50- sowie ggf. DT75- und DT90-Werte für die Testsubstanz und ggf. Haupttransformationsprodukte einschließlich der Vertrauensbereiche im Wasser, Sediment und im Gesamtsystem;

Beurteilung der Transformationskinetik der Testsubstanz und ggf. der Haupttransformationsprodukte;

Vorschlag für einen Transformationspfad, falls möglich;

Diskussion der Ergebnisse.

4.   LITERATURANGABEN

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Anlage 1

ANLEITUNG ZU DEN AEROBEN UND DEN ANAEROBEN TESTSYSTEMEN

Aerobes Testsystem

Das in dieser Testmethode beschriebene aerobe Testsystem besteht aus einer aeroben Wassersäule (typische Sauerstoffkonzentrationen im Bereich von 7 bis 10 mg· l-1) und einer Sedimentschicht, die an der Oberfläche aerob und unter der Oberfläche anaerob ist. (Typische mittlere Redoxpotenziale (Eh) der anaeroben Sedimentzone liegen im Bereich von - 80 bis - 190 mV.) In jedem Inkubationsgefäß wird angefeuchtete Luft über die Wasseroberfläche geführt, um im oberen Teil des Gefäßes eine ausreichende Menge Sauerstoff zu gewährleisten.

Anaerobes Testsystem

Das Testverfahren des anaeroben Testsystems gleicht im Wesentlichen dem für das aerobe System beschriebenen, mit dem Unterschied, dass in jedem Inkubationsgefäß angefeuchteter Stickstoff über die Wasseroberfläche geführt wird, um eine ausreichende Stickstoffmenge im oberen Gefäßteil zu gewährleisten. Sediment und Wasser werden als anaerob betrachtet, wenn das Redoxpotenzial (Eh) niedriger ist als - 100 mV.

Im anaeroben Test beruht die Beurteilung der Mineralisation auf der Messung des gebildeten Kohlendioxids und Methans.

Anlage 2

BEISPIEL EINES DURCHFLUSSSYSTEMS

Image

Anlage 3

BEISPIEL EINES BIOMETERSYSTEMS

Image

Anlage 4

BEISPIELRECHNUNG FÜR DIE APPLIKATIONSDOSIS IN TESTGEFÄSSEN

Zylinderinnendurchmesser:

= 8 cm

Höhe der Wassersäule ohne Sediment:

= 12 cm

Oberfläche: 3,142 × 42

= 50,3 cm2

Applikationsrate: 500 g Testsubstanz/ha entspricht 5

 

μg/cm2Gesamtmenge (μg): 5 × 50,3

= 251,5 μg

Bezug der Gesamtmenge auf eine Wassersäulenhöhe von 100 cm:

12 × 251,5 ÷ 100

= 30,18 μg

Volumen der Wassersäule: 50,3 × 12

= 603 ml

Konzentration in Wasser: 30,18 ÷ 603

= 0,050 μg/ml oder 50 μg/l


(1)  Nach den Ergebnissen dieser laborübergreifenden Tests und einem technischen Korrigendum zu ISO 6341 liegt der EC50 — 24 h von Kaliumdichromat (K2Cr2O7) in einem Bereich zwischen 0,6 mg/l und 1,7 mg/l.

(2)  Wasser in der erforderlichen Reinheit, d. h. entionisiert, destilliert oder einer Umkehrosmose unterzogen, Leitfähigkeit möglichst nicht über 10 μS/cm-1.

(3)  DOC = dissolved organic carbon.

(4)  Bei erheblichem Unterschied sollten D1 und D2 nicht gemittelt werden.

(5)  Bei erheblichem Unterschied sollten D1 und D2 nicht gemittelt werden.

(6)  oder am Ende der Inkubation.

(7)  Bei erheblichem Unterschied sollten D1 und D2 nicht gemittelt werden.

(8)  oder am Ende der Inkubation..

(9)  Nicht mitteln bei starker Abweichung der Parallelansätze.

(10)  Bei erheblichem Unterschied sollten die Parallelansätze nicht gemittelt werden.

(11)  Nach der Verwendung sollten Quecksilbersalz enthaltende Lösungen zur Vermeidung des Eintrags von Quecksilber in die Umwelt behandelt werden.

(12)  Mabey und Mill empfehlen die Verwendung von Borat- oder Acetatpuffern statt Phosphat (11).

(13)  Lässt die grafische Darstellung der logarithmisch umgewandelten Daten über der Zeit keine lineare Funktion erkennen (gleich einer Reaktionsgeschwindigkeit erster Ordnung gesetzt), eignet sich Gleichung [3] nicht für die Ermittlung der Hydrolyse-Geschwindigkeitskonstante der Testverbindung.

(14)  Die in diesen Tabellen aufgeführten pH-Werte wurden ausgehend von den Potenzialmessungen unter Verwendung der Sörensen'schen Standardgleichungen (1909) errechnet. Die entsprechenden pH-Werte liegen um 0,04 Einheiten über den Werten in dieser Tabelle.

(15)  Zur Vermeidung von Pilzbildung ist ein kleiner Kristall Thymol oder einer ähnlichen Substanz zuzusetzen.

(16)  Mittelwerte aus dreifacher Bestimmung.

(17)  DOC = Dissolved Organic Carbon = Gelöster organischer Kohlenstoff.

(18)  CSB = Chemischer Sauerstoffbedarf.

(19)  Meyer A, Orti G. (1993) Proc. Royal Society of London, Series B, Vol. 252, p. 231.

(20)  Probewasser nachdem mindestens 3 „Kammer-Inhalte“ geliefert wurden.

Die Werte in Klammern bezeichnen die Anzahl der Proben (Wasser, Fisch), die bei einer zusätzlichen Probenahme genommen werden müssen.

Anm.

:

Der in Vortests ermittelte Schätzwert von k2 für einen log Pow gleich 4,0 beträgt 0,652 Tage–1. Die Gesamtdauer des Versuchs wird auf 3 × ap = 3 × 4,6 Tage, d. h. 14 Tage festgelegt. Zur Schätzung von „ap“ siehe Anlage 3.

(21)  Es können fünf (oder mehr) aufeinander folgende Konzentrationen aus einer Spalte gewählt werden. Die Mittelpunkte zwischen den Konzentrationen in Spalte (x) sind Spalte (2x + 1) zu entnehmen. Die aufgeführten Konzentrationen können Volumen- oder Gewichtsprozent (mg/l oder μg/l) darstellen. Die Werte können gegebenenfalls mit jeder beliebigen Zehnerpotenz multipliziert bzw. durch sie dividiert werden. Spalte 1 kann verwendet werden, wenn erhebliche Unsicherheit hinsichtlich des Toxititätsgrads besteht.

(22)  OECD. Paris, 1992, Test Guideline 210, Fish. Early-life Stage Toxicity Test.

(23)  Für Embryonen.

(24)  Für Larven.

(25)  Dunkelheit für Embryonen und Larven bis eine Woche nach dem Schlüpfen, außer diese werden kontrolliert. Dann gedämpfte Beleuchtung während der gesamten Prüfung.

(26)  Gemäß FAO und dem US-amerikanischen System (85).

(27)  Die Werte der jeweiligen Variablen sollten vorzugsweise in dem angegebenen Bereich liegen. Sollten jedoch Schwierigkeiten bei der Suche nach geeignetem Bodenmaterial auftreten, sind auch Werte unterhalb des angezeigten Minimums zulässig.

(28)  Böden mit einem organischen Kohlenstoffgehalt unter 0,3 % können die Korrelation zwischen organischem Gehalt und Adsorption stören. Daher ist es ratsam, Böden mit einem organischer. Kohlenstoffgehalt von mindestens 0,3 % einzusetzen.

(29)  Formula

(30)  Einträge der Konzentration der Testsubstanz in der wässrigen Phase (Formula) in Abhängigkeit von der Zeit könnten ferner zur Abschätzung des Erreichens des Gleichgewichtsplateaus verwendet werden (siehe Abbildung 2 in Anlage 5).

(31)  DT-50: Abbauzeit für 50 % der Testsubstanz.

(32)  W. Kordel, D. Hennecke, M. Herrmann (1997). Application of the HPLC-screening method for the determination of the adsorption coefficient on sewage sludges. Chemosphere, 35(1/2), 121-128.

(33)  W. Kordel, D. Hennecke, C. Franke (1997). Determination of the adsorption-coefficients of organic substances on sewage sludges. Chemosphere, 35 (1/2), 107-119

(34)  W. Kördel, G. Kotthoff. J. Müller (1995). HPLC-screening method for the determination of the adsorption coefficient on soil-results of a ring test. Chemosphere. 30(7), 1373-1384.

(35)  W. Kördel. J. Müller (1994). Bestimmung des Adsorptionskoeffizienten organischer Chemikalien mit der HPLC. UBA R & D Report No 106 01044 (1994).

(36)  B.V. Oepen. W. Kördel, W. Klein (1991). Chemosphere, 22, 285-304.

(37)  Von der Industrie vorgelegte Daten.

(38)  Angeben, welches Gefäß für den Versuch verwendet wurde.

(39)  Unreife Bruten als „AB“ in dem betreffenden Kästchen protokollieren.

(40)  Die Mortalität von erwachsenen Tieren als „M“ in dem betreffenden Kästchen protokollieren.

(41)  Wenn beispielsweise die Testsubstanz einen Ring enthält, muss sich die Markierung auf diesem Ring befinden; enthält die Testsubstanz zwei oder mehr Ringe, können gesonderte Untersuchungen erforderlich sein, um den Verbleib jedes markierten Ringes zu erfassen und sachgerechte Informationen zur Bildung von Transformationsprodukten zu gewinnen.

(42)  Die Wasserrückhalteeigenschaft eines Bodens lässt sich als Feldkapazität, als Wasserhaltekapazität oder als Wassersaugspannung (pF) messen. Erläuterungen siehe Anlage 1. Im Testbericht ist festzuhalten, ob die Wasserrückhalteeigenschaft und die Bodendichte von Böden bei ungestörten Feldproben oder gestörten (bearbeiteten) Proben ermittelt wurden.

(43)  Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Böden aus den gemäßigten Klimazonen bei — 20 oC sogar mehr als drei Monate gelagert werden können (28) (29), ohne dass die mikrobielle Aktivität wesentlich zurückgeht.

(44)  Der Boden sollte weder zu feucht noch zu trocken sein, um eine adäquate Belüftung und Ernährung der Bodenmikroflora zu gewährleisten. Für ein optimales Wachstum der Bodenmikroorganismen wird ein Feuchtegehalt von 40-60 % der Wasserhaltekapazität (WHK) und von 0,1-0,33 bar empfohlen (6). Der letztere Bereich entspricht einem pF-Bereich von 2,0-2,5. Typische Feuchtegehalte verschiedener Bodenarten sind in Anlage 2 aufgeführt.

(45)  Wie ein von der EU gefördertes Forschungsprojekt gezeigt hat, herrschen in Oberböden und selbst in Böden aus Tiefenschichten aerobe Bedingungen vor (K. Takagi et al. (1992). Microbial diversity and activity in subsoils: Methods, field site, seasonal variation in subsoil temperatures and oxygen contents. Proc. Internat. Symp. Environm. Aspects Pesticides Microbiol., 270-277, 17.-21. August 1992, Sigtuna, Schweden). Anaerobe Bedingungen kommen nur gelegentlich bei Überschwemmungen von Böden nach schweren Niederschlägen oder bei der Herstellung von Anbaubedingungen auf Reisfeldern vor.

(46)  Aerobe Untersuchungen können weit vor Ablauf von 120 Tagen beendet werden, wenn zu diesem Zeitpunkt der Abbauweg eindeutig identifiziert wurde und die vollständige Mineralisation erreicht worden ist. Beendet werden kann der Test nach 120 Tagen oder wenn mindestens 90 % der Testsubstanz umgewandelt sind, jedoch nur, wenn sich mindestens 5 % CO2 gebildet haben.

(47)  Die Berechnung der Ausgangskonzentration eines Standorts beruht auf folgender Gleichung:

Formula

CBoden = Csoil

=

Ausgangskonzentration im Boden (mg·kg-1); kgsoil = kgBoden

A

=

Aufwandrate (kg· ha-1); l = Dicke der Bodenschicht am Feldstandort (m); d = Bodendichte des trockenen Bodens (kg· m-3).

Als Faustregel gilt, dass eine Aufwandrate von 1 kg· ha-1 in einer Bodenkonzentration von ca. 1 mg· kg-1 in einer 10-cm-Schicht resultiert (ausgehend von einer Bodendichte von 1 g· cm-3).

(48)  Mückenhausen, E. (1975). Die Bodenkunde und ihre geologischen, geomorphologischen, mineralogischen und petrologischen Grundlagen. DLG-Verlag, Frankfurt, Main.

(49)  pF = dekadischer Logarithmus der Wasserspannung (in cm Wassersäule).

(50)  1 bar = 105 Pa.

(51)  Entspricht einem angenäherten Wassergehalt von 10 % in Sand, 35 % in Lehm und 45 % in Ton.

(52)  Die Feldkapazität (FK) ist nicht konstant, sondern schwankt je nach Bodentyp zwischen pF 1,5 und 2,5.

(53)  TG: Trockengewicht.

(54)  Wasserhaltekapazität.

(55)  Guth, J.A. (1980). The study of transformations. In Interactions between Herbicides and the Soil (R.J. Hance, Ed.), Academic Press, 123-157.

(56)  Guth, J.A. (1981). Experimental approaches to studying the fate of pesticides in soil. In Progress in Pesticide Biochemistry. D.H. Hutson, T.R. Roberts, Eds. J. Wiley & Sons, Vol I, 85-114.

(57)  Anderson, J.P.E. (1975). Einfluss von Temperatur und Feuchte auf Verdampfung, Abbau und Festlegung von Diallat im Boden. Zeitschrift Pflanzenkrankheiten — Pflanzenschutz, Sonderheft VII, 141-146.

(58)  Wenn beispielsweise die Testsubstanz einen Ring enthält, muss sich die Markierung auf diesem Ring befinden; enthält die Testsubstanz zwei oder mehr Ringe, können gesonderte Untersuchungen erforderlich sein, um den Verbleib jedes markierten Rings zu erfassen und sachgerechte Informationen zur Bildung von Transformationsprodukten zu gewinnen.

(59)  Da diese basischen Absorptionslösungen auch das Kohlendioxid aus der Belüftungsluft und das bei den aeroben Versuchen durch die Atmung gebildete Kohlendioxid absorbieren können, müssen sie in regelmäßigen Zeitabständen ausgewechselt werden, um ihre Sättigung und damit einen Verlust ihres Absorptionsvermögens zu verhindern.

(60)  [Ton und Schluff] ist die mineralische Fraktion des Sediments mit einer Partikelgröße von < 50 μm.

(61)  Aktuelle Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Messungen der Sauerstoffkonzentrationen im Wasser und der Redoxpotenziale für das Wachstum und die Entwicklung von mikrobiellen Populationen in Oberflächengewässern weder einen mechanistischen noch einen prognostischen Wert besitzen (24) (25). Zur Interpretation und Beurteilung der aeroben biologischen Transformationsraten und -pfade besser geeignete Hilfsmittel sind möglicherweise die Bestimmung des biochemischen Sauerstoffbedarfs (BSB) (bei der Feldprobenahme sowie zu Testbeginn und –ende) und die Konzentrationsbestimmung der Mikro-/Makronährstoffe Ca2+, Mg2+ und Mn2+ (zu Testbeginn und -ende) in Wasser sowie die Messung des Gesamt-N und Gesamt-P in Sedimenten (bei der Feldprobenahme und zu Testende).

(62)  Die Methode der mikrobiellen Respirationsrate (26), die Fumigationsmethode (27) oder die Bestimmung der Lebendkeimzahl (z. B. Bakterien, Aktinomyceten, Pilze und Gesamtzahl der Kolonien) für aerobe Untersuchungen; Methanogeneserate bei anaeroben Untersuchungen.

(63)  Aktuelle Studien haben gezeigt, dass eine Lagerung bei 4 oC zu einer Verminderung des organischen Kohlenstoffgehalts des Sediments führen kann, was unter Umständen einen Rückgang der mikrobiellen Aktivität zur Folge hat (34).

(64)  Ein Test mit einer zweiten Konzentrationsstufe kann bei Chemikalien von Nutzen sein, die auf verschiedenen Eintragspfaden in Oberflächengewässer gelangen und somit signifikant unterschiedliche Konzentrationen aufweisen, sofern die niedrigere Konzentration mit hinreichender Genauigkeit analytisch bestimmt werden kann.

(65)  Falls es ohne weiteres zu einer schnellen Reoxidation anaerober Transformationsprodukte kommen kann, sollten während der Probenahme und Analyse anaerobe Bedingungen sichergestellt werden.


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