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Document 92004E000966

SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-0966/04 von Hiltrud Breyer (Verts/ALE) an die Kommission. Schornsteinfeger-Monopol.

OJ C 84E, 3.4.2004, p. 700–701 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

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3.4.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 84/700


(2004/C 84 E/0787)

SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-0966/04

von Hiltrud Breyer (Verts/ALE) an die Kommission

(23. März 2004)

Betrifft:   Schornsteinfeger-Monopol

Das in Deutschland geltende Gebietsmonopol der Schornsteinfeger widerspricht EU-Regelungen über die Niederlassungsfreiheit (Art 43 EG-Vertrag) und die Dienstleistungsfreiheit (Artikel 49 EG-Vertrag). Die Abgeordnete begrüßt, dass die Kommission ein Vetragsverletzungsverfahren eingeleitet hat.

1.

Kann die Kommission eine Abschätzung geben, wann das Vertragsverletzungsverfahren abgeschlossen wird, zumal eventuell sogar eine Klage beim europäischen Gerichtshof notwendig wird?

2.

Können sich Betroffene in der Bundesrepublik Deutschland auf bestehendes EU-Recht berufen und bereits unmittelbar Aufträge an Dienstleister aus anderen EU-Ländern — unter Wahrung der in der BRD geltenden Emissions- und Brandschutzgesetze — vergeben?

3.

Da dies insbesondere für Grenzregionen wie das Saarland relevant ist, wird die Kommission gefragt, ob es aus den o.a. Wettbewerbsgründen, aber auch im Hinblick auf den Verbraucherschutz möglich ist, bereits jetzt Aufträge an Dienstleister z.B. aus dem benachbarten Frankreich — unter Berücksichtigung der deutschen Brand- und Emissionsschutzgesetzgebung — zu vergeben, insbesondere angesichts der Tatsache, dass sich Deutschland weigert, geltendes EU-Recht umzusetzen, und damit den Betroffenen keine Nachteile aufgrund der fehlenden Umsetzung des EU-Rechts in einem Mitgliedsland entstehen?

Antwort von Hernn Bolkestein im Namen der Kommission

(16. April 2004)

1.

Die Kommission kann derzeit nicht abschätzen, wie lange das gegen Deutschland eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren betreffend das Gebietsmonopol für Schornsteinfeger dauern wird. Nach den jüngsten Informationen befinden sich Bundesregierung und die Länderseite im Beratungsprozess über Umgestaltungen des Schornsteinfegerrechts, mit konkreten Vorschlägen ist für den Frühsommer 2004 zu rechnen.

Die Kommission wird die Vorschläge der deutschen Regierung zur Änderung des Schornsteinfegergesetzes dahingehend prüfen, ob den Bedenken der Kommission hinreichend Rechnung getragen wird. Sofern diese Prüfung nicht zu befriedigenden Ergebnissen führt, wird die Kommission entscheiden, wie das Vertragsverletzung sverfahren weiterzuführen ist. Dies schließt die Möglichkeit ein, eine mit Gründen versehene Stellungnahme abzugeben und danach eine Klage beim Europäischen Gerichtshof einzureichen.

2.

und 3. Solange die Vorschriften über das Gebietsmonopol der Schornsteinfeger bestehen, werden Betroffene in Deutschland dazu verpflichtet, Kehr- und Überprüfungstätigkeiten durch die örtlichen Schornsteinfeger ausführen zu lassen und setzen sich im Falle eines Zuwiderhandelns dem Risiko von Sanktionen aus. Selbstverständlich steht es Betroffenen in Deutschland frei, in den Verwaltungsverfahren oder in anschließenden gerichtlichen Verfahren auf die mögliche Unvereinbarkeit bestimmter Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht hinzuweisen. Der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts fordert, dass nationales Recht, das gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, von nationalen Behörden und Gerichten überprüft und gegebenenfalls nicht angewendet wird (1). Unterinstanzliche Gerichte können darüber hinaus dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen zur Auslegung der Verträge vorlegen. Sofern mitgliedstaatliche Gerichte in letzter Instanz entscheiden, sind sie zur Vorlage der Frage der Vereinbarkeit des nationalen Gesetzes mit EU-Recht beim EuGH verpflichtet (Artikel 234 Absatz 3 des EG-Vertrages).

Nur der Europäische Gerichtshof kann nach den Verträgen zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft endgültig entscheiden, ob Rechtsnormen mit EU-Recht vereinbar sind. Die Kommission kann in ihrer Rolle als Hüterin der Verträge eine solche Entscheidung nur herbeiführen, sie jedoch nicht rechtsverbindlich selbst treffen. Der Gerichtshof kann feststellen, dass ein nationales Gesetz gegen das Europäische Recht verstößt und den entsprechenden Mitgliedstaat auffordern, das Gesetz in EU-rechtskonformer Weise zu ändern (Artikel 228 Absatz 1, des EG-Vertrages). Kommt der Mitgliedstaat dem nicht nach, kann der Gerichtshof den Mitgliedstaat zur Zahlung eines Pauschalbetrags oder eines Zwangsgeldes verurteilen (Artikel 228 Abs, 2 des EG-Vertrages).


(1)  EUGH, Rs. 103/88, Slg. 1989, 1839/1871, Rn. 31.


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