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Document 62007TJ0160

    Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite Kammer) vom 8. Juli 2008.
    Lancôme parfums et beauté & Cie SNC gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM).
    Gemeinschaftsmarke - Nichtigkeitsverfahren - Gemeinschaftswortmarke COLOR EDITION - Absolutes Eintragungshindernis - Beschreibender Charakter - Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EG] Nr. 40/94 - Rechtsschutzbedürfnis - Art. 55 der Verordnung Nr. 40/94.
    Rechtssache T-160/07.

    Sammlung der Rechtsprechung 2008 II-01733

    ECLI identifier: ECLI:EU:T:2008:261

    Parteien
    Entscheidungsgründe
    Tenor

    Parteien

    In der Rechtssache T‑160/07

    Lancôme parfums et beauté & Cie SNC, mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt E. Baud,

    Klägerin,

    gegen

    Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), Prozessbevollmächtigter: A. Folliard‑Monguiral,

    Beklagter,

    andere Beteiligte des Verfahrens vor der Beschwerdekammer des HABM:

    CMS Hasche Sigle, mit Sitz in Köln (Deutschland),

    betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 26. Februar 2007 (Sache R 231/2006‑2) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen CMS Hasche Sigle und der Lancôme parfums et beauté & Cie SNC

    erlässt

    DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)

    unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richter K. Jürimäe (Berichterstatterin) und S. Soldevila Fragoso,

    Kanzler: B. Pastor, Hilfskanzlerin,

    aufgrund der am 7. Mai 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

    aufgrund der am 19. Juli 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

    auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2008

    folgendes

    Urteil

    Entscheidungsgründe

    Vorgeschichte des Rechtsstreits

    1. Am 9. Dezember 2002 meldete die Klägerin, die Lancôme parfums et beauté & Cie SNC, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in ihrer geänderten Fassung beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

    2. Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen COLOR EDITION.

    3. Die Waren, für die die Eintragung beantragt wurde, gehören zur Klasse 3 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in seiner revidierten und geänderten Fassung und entsprechen folgender Beschreibung: „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege und Schminkmittel“.

    4. Die angemeldete Marke wurde am 11. Februar 2004 eingetragen und im Blatt für Gemeinschaftsmarken vom 19. April 2004 veröffentlicht.

    5. Am 12. Mai 2004 stellte die Rechtsanwaltskanzlei Norton Rose Vieregge auf der Grundlage von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a und Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 40/94 einen Antrag auf Nichtigerklärung der Wortmarke COLOR EDITION.

    6. Die Nichtigkeitsabteilung wies den Antrag auf Nichtigerklärung der Wortmarke COLOR EDITION am 21. Dezember 2005 zurück.

    7. Am 9. Februar 2006 legte die Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche Sigle als Rechtsnachfolgerin von Norton Rose Vieregge gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung gemäß den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 eine Beschwerde ein.

    8. Mit Entscheidung vom 26. Februar 2007 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Zweite Beschwerdekammer des HABM der Beschwerde statt.

    9. Die angefochtene Entscheidung wurde wie folgt begründet: Zunächst stellte die Beschwerdekammer die Zulässigkeit der von CMS Hasche Sigle eingelegten Beschwerde gemäß Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 fest, da die von der Klägerin vorgenommene Unterscheidung zwischen Parteifähigkeit und Rechtsschutzbedürfnis in der Verordnung Nr. 40/94 nicht vorgesehen sei und Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 40/94 ein im Interesse der Allgemeinheit liegendes Ziel verfolge, das es rechtfertige, dass aufgrund dieser Vorschrift ein möglichst breites Spektrum von Akteuren Anträge auf Nichtigerklärung stellen könnten. Die Beschwerdekammer stellte fest, dass die Wortmarke COLOR EDITION insoweit im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 beschreibend sei, als die Verbindung der Worte „color“ und „edition“ eine Botschaft zum Ausdruck bringe, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen unmittelbar so verstanden werde, dass sie sich auf eine Serie von Kosmetik- oder Schminkmitteln in verschiedenen Farbtönen bezögen und diese Begriffe andererseits von Mitbewerbern verwendet werden könnten, um bestimmte Eigenschaften ihrer Produkte zu beschreiben, so dass ein Freihaltebedürfnis bestehe. Nach Auffassung der Beschwerdekammer fehlt der fraglichen Wortmarke schließlich gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 jegliche Unterscheidungskraft, da sie beschreibend sei.

    Anträge der Parteien

    10. Die Klägerin beantragt,

    – die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

    – dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

    11. Das HABM beantragt,

    – die Klage abzuweisen;

    – der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

    Rechtliche Würdigung

    12. Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Klagegründe, nämlich einen Verstoß gegen Art. 55 Abs. 1 Buchst. a, einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c sowie einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94.

    Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94

    Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    13. Im Rahmen des ersten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen, indem sie den von CMS Hasche Sigle gestellten Antrag auf Nichtigerklärung für zulässig erklärt habe, obwohl diese kein Rechtsschutzbedürfnis nachgewiesen habe.

    14. Die Klägerin stützt dieses Vorbringen erstens darauf, dass das Argument der Beschwerdekammer, der Begriff des Rechtsschutzbedürfnisses sei in Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 implizit enthalten, unzutreffend sei. Nach Auffassung der Klägerin verkennt diese Ansicht das allgemeine Rechtsprinzip, nach dem das Rechtsschutzbedürfnis bei jeder gerichtlichen Klage nachzuweisen sei.

    15. Das Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses für jede Klage ergebe sich erstens aus den Verfahrensvorschriften der Verordnung Nr. 40/94. Insbesondere hätte sich die Beschwerdekammer nach Auffassung der Klägerin unter Anwendung von Art. 79 der Verordnung Nr. 40/94 auf die in den Mitgliedstaaten anwendbaren allgemeinen Rechtsgrundsätze beziehen müssen, da sich das Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses aus dem Wortlaut von Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 nicht eindeutig ergebe. Die Erhebung einer gerichtlichen Klage setze jedoch in ausnahmslos allen Mitgliedstaaten das Bestehen eines berechtigten Interesses an der Durchsetzung oder an der Zurückweisung eines Anspruchs voraus. Zweitens ergebe sich aus dem EG‑Vertrag, insbesondere aus den Art. 230 EG, 232 EG und 236 EG sowie aus der diesbezüglichen Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts, dass für jede Klage ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben sein müsse.

    16. Zweitens trägt die Klägerin vor, das HABM habe sich nicht darauf stützen können, dass die von ihr zum Nachweis des Erfordernisses eines Rechtsschutzbedürfnisses angeführte Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte nicht den Bereich des Markenrechts, sondern andere Bereiche, wie das Agrarrecht, das Zollrecht und das Recht des öffentlichen Dienstes, betreffe. Denn im Urteil des Gerichts vom 19. September 2001, Procter & Gamble/HABM (Rechteckige Tablette mit Einlagerung) (T‑129/00, Slg. 2001, II‑2793, Randnr. 12), habe der Gemeinschaftsrichter die Notwendigkeit eines Rechtsschutzbedürfnisses für eine Klage nach Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 festgestellt. Diese Vorschrift sehe gerade die Möglichkeit einer Klage gegen die Entscheidungen der Beschwerdekammer vor den Gemeinschaftsgerichten vor.

    17. Darüber hinaus macht die Klägerin geltend, dass die Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte zur Nichtigkeitsklage auf das HABM übertragbar sei und dieses die Grundsätze zum Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses bei Klagen nach Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 zu beachten habe. Das HABM selbst verlange bei einer Erklärung des Antragstellers zu den vorgebrachten Nichtigkeitsgründen ein Rechtsschutzbedürfnis in Form eines spezifischen berechtigten Interesses (Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des HABM vom 3. Mai 2001 über die Marke AROMATONIC).

    18. Drittens macht die Klägerin geltend, ein Rechtsschutzbedürfnis sei nur dann gegeben, wenn derjenige, der den Antrag auf Nichtigerklärung stelle, von dem angefochtenen Rechtsakt unmittelbar, individuell und persönlich betroffen sei.

    19. Das HABM beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

    Würdigung durch das Gericht

    20. Im Rahmen des ersten Klagegrundes ist es Sache des Gerichts festzustellen, ob Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 die Zulässigkeit eines Antrags auf Nichtigerklärung vom Nachweis eines Rechtsschutzbedürfnisses abhängig macht. Dazu sind der Wortlaut, die Systematik und der Zweck von Art. 55 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 zu analysieren.

    21. Zunächst folgt aus dem Wortlaut von Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94, dass ein Antrag auf Nichtigerklärung einer Gemeinschaftsmarke, der insbesondere gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 auf den beschreibenden Charakter der betreffenden Marke oder gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 auf das Fehlen der Unterscheidungskraft gestützt wird, „vo[n] jeder natürlichen oder juristischen Person sowie jedem Interessenverband von Herstellern, Erzeugern, Dienstleistungsunternehmen, Händlern oder Verbrauchern, der nach dem für ihn maßgebenden Recht prozessfähig ist“, gestellt werden kann. Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 enthält somit keinerlei Hinweis auf ein Rechtsschutzbedürfnis.

    22. Sodann folgt aus der Systematik von Art. 55 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94, dass für einen Antrag auf Nichtigerklärung, wie dem hier vorliegenden, kein Rechtsschutzbedürfnis erforderlich ist. Dieser Artikel sieht nämlich eine unterschiedliche Behandlung für Anträge auf Nichtigerklärung vor, die auf absolute Nichtigkeitsgründe gestützt werden, und für solche, die auf relative Nichtigkeitsgründe gestützt werden.

    23. So ist, wie oben in Randnr. 21 ausgeführt, in Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94, der insbesondere Anträge auf Nichtigerklärung betrifft, die auf einen absoluten Nichtigkeitsgrund gestützt werden, nichts von einem Erfordernis erwähnt, dass derjenige, der einen Antrag auf Nichtigerklärung stellt, ein Rechtsschutzbedürfnis nachweisen müsste. Allenfalls verlangt diese Vorschrift, dass der Antrag auf Nichtigerklärung von einer natürlichen oder juristischen Person oder von einem Verband gestellt wird, der prozessfähig ist.

    24. Hingegen ist nach Art. 55 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 40/94, die Anträge betreffen, die auf relative Nichtigkeitsgründe gestützt werden, vorgesehen, dass solche Anträge nur von Inhabern von Marken oder älteren Rechten sowie von Lizenznehmern gestellt werden können, die von Inhabern von Marken hierzu ausdrücklich ermächtigt worden sind oder von Personen, die berechtigt sind, die älteren Rechte geltend zu machen. Mit anderen Worten können nur die Personen Anträge auf Nichtigerklärung nach Art. 55 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 40/94 stellen, die ein Rechtsschutzbedürfnis geltend machen können.

    25. Aus der Systematik von Art. 55 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 ergibt sich somit, dass der Gesetzgeber jeder natürlichen und juristischen Person und jedem Verband, der prozessfähig ist, ermöglichen wollte, auf absolute Nichtigkeitsgründe gestützte Anträge auf Nichtigerklärung zu stellen, wohingegen er für Anträge auf Nichtigerklärung aufgrund relativer Nichtigkeitsgründe den Kreis der Antragsteller ausdrücklich beschränkt hat.

    26. Dies wird schließlich durch eine teleologische Auslegung der betreffenden Vorschriften gestützt. So gründen die in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 aufgezählten absoluten Eintragungshindernisse im Unterschied zu den lediglich die privaten Interessen von Inhabern bestimmter älterer Rechte schützenden relativen Eintragungshindernissen auf verschiedene Allgemeininteressen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 16. September 2004, SAT.1/HABM, C‑329/02 P, Slg. 2004, I‑8317, Randnr. 25). Zur Gewährleistung des weitestgehenden Schutzes dieser Allgemeininteressen muss also das Spektrum derjenigen, die die absoluten Eintragungshindernisse geltend machen können, so breit wie nur irgend möglich sein. Deshalb beschränkt sich Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 darauf, von demjenigen, der den Antrag auf Nichtigerklärung stellt, zu verlangen, dass er Rechtspersönlichkeit besitzt oder prozessfähig ist, verlangt aber nicht, dass er ein Rechtsschutzbedürfnis nachweist.

    27. Dies wird durch die von der Klägerin vorgebrachten Argumente nicht in Frage gestellt. Soweit es einerseits um das Argument geht, das Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses ergebe sich aus Art. 55 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 79 der Verordnung Nr. 40/94, ist daran zu erinnern, dass die letztgenannte Vorschrift vorsieht, dass das HABM bei Fehlen einer Verfahrensvorschrift in der genannten Verordnung bzw. in den Durchführungsverordnungen die in den Mitgliedstaaten im Allgemeinen anerkannten Grundsätze des Verfahrensrechts zu berücksichtigen hat. Es ist festzustellen, dass Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 die im Sinne von Art. 79 der Verordnung Nr. 40/94 auf Nichtigkeitsanträge wegen absoluter Nichtigkeit gemäß Art. 51 der Verordnung Nr. 40/94 anwendbare Verfahrensvorschrift ist. Da diese Verfahrensvorschrift eindeutig ist, ist Art. 79 der Verordnung Nr. 40/94 auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.

    28. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass, würde man diese Vorschrift für auf den vorliegenden Fall anwendbar halten, die Klägerin in keiner Weise nachgewiesen hat, dass, wie sie behauptet, eine gerichtliche Klage in ausnahmslos allen Mitgliedstaaten nur denjenigen offensteht, die ein berechtigtes Interesse an der Durchsetzung oder an der Zurückweisung eines Anspruchs haben. Die Klägerin hat sich nämlich in ihren Schriftsätzen darauf beschränkt, auf das französische Recht und insbesondere auf das französische Markenrecht zu verweisen.

    29. Deshalb ist das Argument der Klägerin bezüglich Art. 79 der Verordnung Nr. 40/94 zurückzuweisen.

    30. Zu dem weiteren Vorbringen der Klägerin, die Rechtsprechung zu den Art. 230 EG, 232 EG und 236 EG, einschließlich der Rechtsprechung zum Erfordernis eines unmittelbaren und individuellen Interesses auf der Klägerseite, sei im vorliegenden Verfahren anwendbar, ist mit dem HABM festzustellen, dass diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall weder unmittelbar noch in Analogie übertragbar ist.

    31. Zuallererst sind die Art. 230 EG, 232 EG und 236 EG im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Art. 230 EG und 232 EG betreffen nämlich Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen gegen Handlungen und Unterlassungen von Organen, die in diesen Vorschriften abschließend aufgezählt sind und in denen das HABM nicht erwähnt ist, und Art. 236 EG betrifft Streitigkeiten des öffentlichen Dienstes.

    32. Sodann handelt es sich bei den Klagen nach den Art. 230 EG, 232 EG und 236 EG um gerichtliche Klagen, während es sich bei dem in Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehenen Antrag, der beim HABM zu stellen ist, um ein Verwaltungsverfahren handelt. Insoweit greift die Bezugnahme auf das in Randnr. 16 angeführte Urteil Rechteckige Tablette mit Einlagerung (Randnr. 12) nicht durch, da dieses Urteil gerichtliche Klagen gemäß Art. 63 der Verordnung Nr. 40/94 betrifft, die gegen Entscheidungen der Beschwerdekammern des HABM vor dem Gemeinschaftsrichter erhoben wurden.

    33. Schließlich ist zur Bezugnahme auf die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des HABM vom 3. Mai 2001 über die Marke AROMATONIC festzustellen, dass die von den Instanzen des HABM gemäß der Verordnung Nr. 40/94 zu treffenden Entscheidungen über die Nichtigkeit einer Gemeinschaftsmarke keine Ermessensentscheidungen, sondern gebundene Entscheidungen sind. Daher ist die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ausschließlich auf der Grundlage dieser Verordnung und nicht auf der Grundlage einer vorhergehenden Entscheidungspraxis des HABM zu beurteilen (Urteil des Gerichts vom 27. Februar 2002, Streamserve/HABM [STREAMSERVE], T‑106/00, Slg. 2002, II‑723, Randnr. 66).

    34. Zudem lässt die oben genannte Entscheidung nicht den Schluss zu, die Rechtsprechung zur Zulässigkeit einer Klage nach Art. 230 EG, 232 EG und 236 EG sei auf die Zulässigkeit von Anträgen auf Nichtigerklärung, die beim HABM gemäß Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 gestellt werden, übertragbar. In dieser Entscheidung ging es nämlich, wie das HABM in seinen Schriftsätzen ausgeführt hat, um die der Nichtigkeitsabteilung gestellte Frage, ob der Antrag auf Nichtigerklärung wegen des Verzichts auf die Marke, hinsichtlich derer der Antrag gestellt worden war, gegenstandslos geworden war. Diese Entscheidung kann somit nicht dahin gehend ausgelegt werden, dass damit die Notwendigkeit des Nachweises eines Rechtsschutzbedürfnisses bei Stellung eines Antrags auf Nichtigerklärung anerkannt würde.

    35. Nach alledem und in Anbetracht dessen, dass nicht bestritten wurde, dass CMS Hasche Sigle einer juristischen Person gleichgestellt werden kann, hat die Beschwerdekammer den von CMS Hasche Sigle gestellten Antrag auf Nichtigerklärung zu Recht für zulässig erklärt.

    36. Somit ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

    Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94

    Vorbringen der Parteien

    37. Im Rahmen des zweiten Klagegrundes trägt die Klägerin erstens vor, die Beschwerdekammer habe den Unterschied zwischen einer suggestiven bzw. einer auf die Ware anspielenden Marke, die ohne Weiteres geschützt werden könne, und einer beschreibenden Marke verkannt. Die Kombination der Worte „color“ und „edition“ bringe keine Botschaft zum Ausdruck, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen unmittelbar verstanden werden könne, und sei folglich nicht beschreibend. Die Marke COLOR EDITION beziehe sich lediglich indirekt auf bestimmte Merkmale der beanspruchten Waren.

    38. Zweitens führt die Klägerin aus, dass eine geistige Anstrengung erforderlich sei, um von den Worten „color“ und „edition“ auf die Merkmale, die Beschaffenheit und die Art der beanspruchten Ware zu schließen. Nach der Rechtsprechung sei eine Marke als lediglich suggestiv und nicht als beschreibend anzusehen, wenn eine geistige Anstrengung auf Seiten der maßgeblichen Verkehrskreise erforderlich sei, um die suggestive oder gefühlsmäßige Botschaft in eine verstandesmäßige Information zu übertragen. Im vorliegenden Fall sei, wie von der Nichtigkeitsabteilung in ihrer Entscheidung vom 21. Dezember 2005 ausgeführt, die Verbindung der Worte „color“ und „edition“ weder banal noch unmittelbar verständlich, denn es sei nicht klar, ob sie solche Waren betreffe, die in farbiger Aufmachung angeboten würden, solche, die Farbe enthielten, oder solche, deren Zweck es sei, Farbe zu verleihen.

    39. Das HABM beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

    Würdigung durch das Gericht

    40. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 sind von der Eintragung ausgeschlossen „Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können“.

    41. Nach der Rechtsprechung fallen unter Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis der maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Ware oder Dienstleistung entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können (vgl. Urteile des Gerichts vom 7. Juni 2005, Münchener Rückversicherungs‑Gesellschaft/HABM [MunichFinancialServices], T‑316/03, Slg. 2005, II‑1951, Randnr. 26, vom 22. Juni 2005, Metso Paper Automation/HABM [PAPERLAB], T‑19/04, Slg. 2005, II‑2383, Randnr. 24 und die dort zitierte Rechtsprechung, und vom 14. Juni 2007, Europig/HABM [EUROPIG], T‑207/06, Slg. 2007, II‑1961, Randnr. 26).

    42. Demnach fällt ein Zeichen nur dann unter das in dieser Vorschrift enthaltene Verbot, wenn es einen hinreichend direkten und konkreten Zusammenhang mit den in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen aufweist, der es den betroffenen Verkehrskreisen ermöglicht, sofort und ohne weiteres Nachdenken eine Beschreibung der fraglichen Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale wahrzunehmen (vgl. die oben in Randnr. 41 angeführten Urteile PAPERLAB, Randnr. 25 und die dort zitierte Rechtsprechung, und EUROPIG, Randnr. 27).

    43. Außerdem ist eine Marke, die aus mehreren Bestandteilen besteht, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst für die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 beschreibend, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung oder dem Wort und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht. Dies setzt voraus, dass die Anmeldemarke infolge der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck bewirkt, der hinreichend stark von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht (vgl. Urteil PAPERLAB, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 27 und die dort zitierte Rechtsprechung).

    44. Es ist ferner daran zu erinnern, dass sich der beschreibende Charakter eines Zeichens nur danach, wie die angesprochenen Verkehrskreise es verstehen, und im Hinblick auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen beurteilen lässt (oben in Randnr. 41 angeführte Urteile MunichFinancialServices, Randnr. 26, und EUROPIG, Randnr. 30).

    45. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den betreffenden Waren um Mittel zur Körper- und Schönheitspflege und Schminkmittel, für die als Käufer alle Verbraucher in Betracht kommen. Die angesprochenen Verkehrskreise sind somit alle normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher (Urteil des Gerichtshofs vom 18. Juni 2002, Philips, Slg. 2002, C‑299/99, I‑5475, Randnrn. 59 und 63; Urteil des Gerichts vom 30. Juni 2004, Norma Lebensmittelfilialbetrieb/HABM [Mehr für Ihr Geld], T‑281/02, Slg. 2004, II‑1915, Randnr. 27). Da die eingetragene Wortmarke aus englischsprachigen Wörtern zusammengesetzt ist, sind die maßgebenden Verkehrskreise in erster Linie anglophon oder haben doch hinreichende Kenntnisse der englischen Sprache (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. September 2005, Citicorp/HABM [LIVE RICHLY], T‑320/03, Slg. 2005, II‑3411, Randnr. 76).

    46. Es ist daher zu prüfen, ob aus der Sicht dieser Verkehrskreise zwischen dem Zeichen COLOR EDITION und den Waren, für die die Eintragung beantragt wurde, ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang besteht.

    47. Hierzu ist festzustellen, dass das englische Wort „color“ eine Farbe oder einen Farbton bezeichnet und in der Kosmetikbranche häufig dazu verwendet wird, die Bestimmung oder die Merkmale von Waren zu bezeichnen. Das Wort „edition“ verweist nicht nur auf den Bereich der Literatur und der Presse, sondern bezeichnet auch, wie die Beschwerdekammer ausgeführt hat, eine Produktserie oder eine bzw. mehrere Versionen oder Formen. Ebenso wie das Wort „color“ wird es auch im Kosmetikbereich verwendet.

    48. Es ist deshalb davon auszugehen, dass das Zeichen COLOR EDITION ausschließlich aus Angaben zusammengesetzt ist, die der Bezeichnung bestimmter Merkmale der betreffenden Waren dienen können. Somit bringt dieses Zeichen, wie die Beschwerdekammer festgestellt hat, eine Botschaft zum Ausdruck, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen unmittelbar verstanden wird, nämlich als Bezeichnung für eine Serie, die Mittel zur Körper- und Schönheitspflege und Schminkmittel in verschiedenen Farbtönen umfasst.

    49. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Verbindung der Wörter „color“ und „edition“ angesichts der lexikalischen Regeln der englischen Sprache keine ungewöhnliche, sondern eine gängige Struktur darstellt. Die angemeldete Marke ruft daher bei den angesprochenen Verkehrskreisen keinen Eindruck hervor, der hinreichend stark von dem abweicht, der durch die bloße Zusammenfügung ihrer Wortbestandteile bewirkt wird, und der deren Sinn oder Tragweite ändern könnte. Daher ist mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass keinerlei geistige Anstrengung erforderlich ist, um diese Botschaft zu verstehen, und dass die bloße Zusammenfügung der betreffenden Worte den beschreibenden Charakter der Einzelbestandteile des Zeichens nicht verändert.

    50. Folglich weist die Wortmarke COLOR EDITION, als Ganzes betrachtet, einen hinreichend direkten und konkreten Zusammenhang mit den Waren auf, auf die sie sich bezieht. Die Beschwerdekammer hat somit zu Recht festgestellt, dass sie gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 beschreibenden Charakter hat. Somit ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

    51. Da sich aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 ergibt, dass ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Gemeinschaftsmarke ausgeschlossen ist, wenn eines der dort genannten Eintragungshindernisse vorliegt (Urteil des Gerichtshofs vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, Slg. 2002, I‑7561, Randnr. 29; Urteil EUROPIG, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 45), ist der dritte von der Klägerin vorgebrachte Klagegrund, nämlich der behauptete Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der genannten Verordnung, nicht mehr zu prüfen.

    52. Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

    Kosten

    53. Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

    Tenor

    Aus diesen Gründen hat

    DAS GERICHT (Zweite Kammer)

    für Recht erkannt und entschieden:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Lancôme parfums et beauté & Cie SNC trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle).

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