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Judgment of the Court (Grand Chamber) of 15 March 2005.#The Queen, on the application of Dany Bidar v London Borough of Ealing and Secretary of State for Education and Skills.#Reference for a preliminary ruling: High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Administrative Court) - United Kingdom.#Citizenship of the Union - Articles 12 EC and 18 EC - Assistance for students in the form of subsidised loans - Provision limiting the grant of such loans to students settled in national territory.#Case C-209/03.
Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 15. März 2005. The Queen, auf Antrag von Dany Bidar gegen London Borough of Ealing und Secretary of State for Education and Skills. Ersuchen um Vorabentscheidung: High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Administrative Court) - Vereinigtes Königreich. Unionsbürgerschaft - Artikel 12 EG und 18 EG - Beihilfe für Studenten in Form eines vergünstigten Darlehens - Bestimmung, die die Gewährung eines solchen Darlehens auf im Inland ansässige Studenten beschränkt. Rechtssache C-209/03.
Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 15. März 2005. The Queen, auf Antrag von Dany Bidar gegen London Borough of Ealing und Secretary of State for Education and Skills. Ersuchen um Vorabentscheidung: High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Administrative Court) - Vereinigtes Königreich. Unionsbürgerschaft - Artikel 12 EG und 18 EG - Beihilfe für Studenten in Form eines vergünstigten Darlehens - Bestimmung, die die Gewährung eines solchen Darlehens auf im Inland ansässige Studenten beschränkt. Rechtssache C-209/03.
London Borough of Ealing und Secretary of State for Education and Skills
(Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice [England & Wales], Queen's Bench Division [Administrative Court])
„Unionsbürgerschaft – Artikel 12 EG und 18 EG – Beihilfe für Studenten in Form eines vergünstigten Darlehens – Bestimmung, die die Gewährung eines solchen Darlehens auf im Inland ansässige Studenten beschränkt“
Schlussanträge des Generalanwalts L. A. Geelhoed vom 11. November 2004
Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 15. März 2005
Leitsätze des Urteils
1. EG-Vertrag – Anwendungsbereich, soweit es um das Verbot jeder Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit geht – Beihilfe,
die Studenten zur Deckung ihrer Unterhaltskosten gewährt wird – Einbeziehung – Nationale Regelung, die Studenten nur dann
einen Anspruch auf eine solche Beihilfe gewährt, wenn sie im Inland dauernd ansässig sind – Unmöglichkeit für Studenten, die
Angehörige eines anderen Mitgliedstaats sind, als dauernd ansässig behandelt zu werden – Unzulässigkeit
(Artikel 12 EG)
2. Vorabentscheidungsverfahren – Auslegung – Zeitliche Wirkung von Auslegungsurteilen – Rückwirkung – Begrenzung durch den Gerichtshof
– Voraussetzungen – Bedeutung der finanziellen Konsequenzen des Urteils für den betreffenden Mitgliedstaat – Kein entscheidendes
Kriterium
(Artikel 234 EG)
1. Eine Beihilfe, sei es in Form eines vergünstigten Darlehens oder eines Stipendiums, die Studenten, die sich rechtmäßig im
Aufnahmemitgliedstaat aufhalten, zur Deckung ihrer Unterhaltskosten gewährt wird, fällt in den Anwendungsbereich des EG-Vertrags,
soweit es um das in Artikel 12 Absatz 1 EG aufgestellte Diskriminierungsverbot geht.
Diese Bestimmung ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, die Studenten nur dann einen Anspruch
auf eine solche Beihilfe gewährt, wenn sie im Aufnahmemitgliedstaat dauernd ansässig sind, und zugleich ausschließt, dass
ein Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats als Student den Status einer dauernd ansässigen Person erlangt, auch wenn sich
dieser Staatsangehörige rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufhält und dort einen großen Teil seiner Ausbildung an weiterführenden
Schulen erhalten hat und folglich eine tatsächliche Verbindung zu der Gesellschaft dieses Mitgliedstaats hergestellt hat.
Gewiss ist es legitim, dass ein Mitgliedstaat eine derartige Beihilfe nur solchen Studenten gewährt, die nachgewiesen haben,
dass sie sich bis zu einem gewissen Grad in die Gesellschaft dieses Staates integriert haben. Er kann von den betroffenen
Studenten jedoch nicht verlangen, dass sie eine Verbindung zu seinem Arbeitsmarkt herstellen. Dagegen kann ein gewisser Integrationsgrad
durch die Feststellung als nachgewiesen angesehen werden, dass der betreffende Student sich für eine gewisse Zeit im Aufnahmemitgliedstaat
aufgehalten hat.
Dadurch, dass sie für einen Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats jede Möglichkeit ausschließt, als Student den Status
einer auf Dauer ansässigen Person zu erlangen, macht diese Regelung es jedoch einem solchen Staatsangehörigen, welches auch
immer der Grad seiner tatsächlichen Integration in die Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats sein mag, unmöglich, einen
Anspruch auf die Beihilfe zu erlangen, und hindert ihn folglich daran, unter den gleichen Voraussetzungen zu studieren wie
ein Student, der Angehöriger dieses Staates ist und sich in der gleichen Situation befindet.
(vgl. Randnrn. 48, 57-59, 61-63, Tenor 1-2)
2. Die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts durch den Gerichtshof beschränkt sich darauf, zu erläutern und zu verdeutlichen,
in welchem Sinne und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder
gewesen wäre. Daraus folgt, dass die Gerichte die Vorschrift in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlass
des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden können und müssen, wenn alle sonstigen Voraussetzungen
für die Anrufung der zuständigen Gerichte in einem die Anwendung dieser Vorschrift betreffenden Streit vorliegen. Nur ausnahmsweise
kann sich der Gerichtshof aufgrund des der Gemeinschaftsrechtsordnung innewohnenden allgemeinen Grundsatzes der Rechtssicherheit
veranlasst sehen, mit Wirkung für alle Betroffenen die Möglichkeit einzuschränken, sich auf diese Auslegung der Vorschrift
mit dem Ziel zu berufen, eine erneute Sachentscheidung über in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse herbeizuführen.
Die finanziellen Konsequenzen, die sich aus einem im Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Urteil für einen Mitgliedstaat
ergeben können, rechtfertigen für sich allein nicht die zeitliche Begrenzung der Wirkung dieses Urteils.
(vgl. Randnrn. 66-68, Tenor 3)
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Große Kammer) 15. März 2005(1)
In der Rechtssache C-209/03betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Queen's
Bench Division (Administrative Court) (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 12. Februar 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Mai 2003, in dem Verfahren
The Queen, auf Antrag von: Dany Bidar
gegen
London Borough of Ealing,Secretary of State for Education and Skills
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer),
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Lenaerts (Berichterstatter)
und A. Borg Barthet, der Richter J.‑P. Puissochet und R. Schintgen, der Richterin N. Colneric sowie der Richter M. Ilešič,
J. Malenovský, J. Klučka und U. Lõhmus,
Generalanwalt: L. A. Geelhoed, Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2004,unter Berücksichtigung der Erklärungen
–
von Herrn Bidar, vertreten durch R. Scannell und M. Soorjoo, Barristers, und J. Luqmani, Solicitor,
–
der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Caudwell als Bevollmächtigte im Beistand von E. Sharpston, QC,
und C. Lewis, Barrister,
–
der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde als Bevollmächtigten,
–
der deutschen Regierung, vertreten durch C.-D. Quassowski und A. Tiemann als Bevollmächtigte,
–
der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und C. Bergeot‑Nunes als Bevollmächtigte,
–
der niederländischen Regierung, vertreten durch C. M. Wissels und H. G. Sevenster als Bevollmächtigte,
–
der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,
–
der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte,
–
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch N. Yerrell und M. Condou als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. November 2004,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 12 Absatz 1 EG und 18 EG.
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits des Herrn Bidar gegen den London Borough of Ealing und den Secretary
of State for Education and Skills (Minister für Bildung und berufliche Qualifizierung) wegen der Ablehnung seines Antrags
auf ein vergünstigtes Studentendarlehen zur Deckung seiner Unterhaltskosten.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Artikel 12 Absatz 1 EG bestimmt:
„Unbeschadet besonderer Bestimmungen dieses Vertrags ist in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der
Staatsangehörigkeit verboten.“
4
Artikel 18 Absatz 1 EG lautet:
„Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den
Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten.“
5
Artikel 149 EG bestimmt:
„(1) Die Gemeinschaft trägt zur Entwicklung einer qualitativ hochstehenden Bildung dadurch bei, dass sie die Zusammenarbeit zwischen
den Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten
für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen erforderlichenfalls
unterstützt und ergänzt.
(2) Die Tätigkeit der Gemeinschaft hat folgende Ziele:
–
Entwicklung der europäischen Dimension im Bildungswesen, insbesondere durch Erlernen und Verbreitung der Sprachen der Mitgliedstaaten;
–
Förderung der Mobilität von Lernenden und Lehrenden, auch durch die Förderung der akademischen Anerkennung der Diplome und
Studienzeiten;
–
Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Bildungseinrichtungen;
–
Ausbau des Informations- und Erfahrungsaustauschs über gemeinsame Probleme im Rahmen der Bildungssysteme der Mitgliedstaaten;
–
Förderung des Ausbaus des Jugendaustauschs und des Austauschs sozialpädagogischer Betreuer;
–
Förderung der Entwicklung der Fernlehre.
…
(4) Als Beitrag zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels erlässt der Rat
–
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen
Fördermaßnahmen unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten;
–
mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen.“
6
Die Richtlinie 90/364/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht (ABl. L 180, S. 26) bestimmt in Artikel 1
Absatz 1, dass die Mitgliedstaaten den Angehörigen der Mitgliedstaaten, denen das Aufenthaltsrecht nicht aufgrund anderer
Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zuerkannt ist, sowie deren Familienangehörigen unter der Bedingung das Aufenthaltsrecht
gewähren, dass sie für sich und ihre Familienangehörigen über eine Krankenversicherung, die im Aufnahmemitgliedstaat alle
Risiken abdeckt, sowie über ausreichende Existenzmittel verfügen, durch die sichergestellt ist, dass sie während ihres Aufenthalts
nicht die Sozialhilfe dieses Staates in Anspruch nehmen müssen.
7
Nach Artikel 3 dieser Richtlinie besteht das Aufenthaltsrecht, solange die Berechtigten die Bedingungen des Artikels 1 dieser
Richtlinie erfüllen.
8
Die siebte Begründungserwägung der Richtlinie 93/96/EWG des Rates vom 29. Oktober 1993 über das Aufenthaltsrecht der Studenten
(ABl. L 317, S. 59) lautet:
„Beim derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts fällt eine den Studenten gewährte Unterhaltsbeihilfe nach der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofes nicht in den Anwendungsbereich des [EWG‑]Vertrages im Sinne seines Artikels 7 [Artikel 6 EG-Vertrag,
nach Änderung jetzt Artikel 12 EG].“
9
Diese Richtlinie bestimmt in Artikel 1:
„In dem Bemühen, die Voraussetzungen für eine leichtere Ausübung des Aufenthaltsrechts zu präzisieren und für einen Angehörigen
eines Mitgliedstaats, der zu einer Berufsausbildung in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen worden ist, den nichtdiskriminierenden
Zugang zur beruflichen Bildung zu gewährleisten, erkennen die Mitgliedstaaten das Aufenthaltsrecht jedem Studenten zu, der
Angehöriger eines Mitgliedstaats ist und dem dieses Recht nicht aufgrund einer anderen Bestimmung des Gemeinschaftsrechts
zusteht, sowie seinen Ehegatten und unterhaltsberechtigten Kindern, sofern der betreffende Student durch eine Erklärung oder
durch andere, zumindest gleichwertige Mittel, die er selbst wählt, der einzelstaatlichen Behörde glaubhaft macht, dass er
über Existenzmittel verfügt, so dass er und seine Familie während ihres Aufenthalts nicht die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaats
in Anspruch nehmen müssen; dies gilt unter der Bedingung, dass er bei einer anerkannten Lehranstalt zum Erwerb einer beruflichen
Bildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und dass er einen Krankenversicherungsschutz genießt, der sämtliche Risiken im Aufnahmemitgliedstaat
abdeckt.“
10
Artikel 3 dieser Richtlinie bestimmt:
„Ein Anspruch der aufenthaltsberechtigten Studenten auf Gewährung von Unterhaltsstipendien durch den Aufnahmemitgliedstaat
wird durch diese Richtlinie nicht begründet.“
11
Die Richtlinien 90/364 und 93/96 wurden mit Wirkung vom 30. April 2006 durch die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der
Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl. L 158, S. 77), die nach ihrem Artikel 40 von den Mitgliedstaaten bis
zum 30. April 2006 umgesetzt werden muss, aufgehoben.
Nationales Recht
12
In England und Wales wird die Beihilfe für Studenten zur Deckung ihrer Unterhaltskosten gemäß den Education (Student Support)
Regulations 2001 (Ausbildungsverordnung 2001 [finanzielle Unterstützung für Studenten], im Folgenden: Student Support Regulations)
im Wesentlichen als Darlehen gewährt.
13
Nach den Student Support Regulations erhalten Studenten, denen ein Darlehen gewährt wird, 75 % des Höchstbetrags des Darlehens,
die restlichen 25 % werden entsprechend der finanziellen Lage des Studenten, seiner Eltern oder seines Partners gewährt. Das
Darlehen wird zu einem Zinssatz gewährt, der an die Inflationsrate gebunden und somit niedriger als der übliche Zinssatz für
ein gewerbliches Darlehen ist. Es ist rückzahlbar, nachdem der Student sein Studium abgeschlossen hat, und unter der Voraussetzung,
dass sein Einkommen höher als 10 000 GBP ist. Ist dies der Fall, so zahlt er jährlich 9 % des 10 000 GBP übersteigenden Einkommens,
bis das Darlehen vollständig zurückgezahlt ist.
14
Nach Artikel 4 der Student Support Regulations kann eine Person für ein genau bezeichnetes Studium ein Studentendarlehen erhalten,
wenn ihre Situation im Anhang 1 (Schedule 1) der Student Support Regulations aufgeführt ist.
15
Nach Absatz 1 dieses Anhangs kann eine Person ein Studentendarlehen erhalten, wenn sie im Sinne des Immigration Act 1971 (Zuwanderungsgesetz
von 1971) im Vereinigten Königreich auf Dauer ansässig ist und wenn sie die in Absatz 8 dieses Anhangs festgelegten Wohnsitzvoraussetzungen
erfüllt, nämlich
a)
am ersten Tag des ersten akademischen Jahres des Studiums ihren gewöhnlichen Wohnsitz in England oder Wales hat;
b)
ihren gewöhnlichen Wohnsitz in den drei Jahren vor diesem Tag im Vereinigten Königreich oder auf den Inseln hatte und
c)
der Wohnsitz im Vereinigten Königreich oder auf den Inseln während dieses Dreijahreszeitraums zu keinem Zeitpunkt vollständig
oder hauptsächlich einer Vollzeitausbildung diente.
16
Hinsichtlich der Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen, die unter die Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom
15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) fallen, schreibt Anhang
1 Absätze 4 bis 6 der Student Support Regulations nicht vor, dass sie im Vereinigten Königreich dauernd ansässig sein müssen,
und er macht den Anspruch auf ein Studentendarlehen von den gleichen Wohnsitzvoraussetzungen abhängig, wobei er davon ausgeht,
dass sie das Erfordernis des gewöhnlichen Wohnsitzes nach Absatz 8 Buchstabe b dieses Anhangs ab dem Zeitpunkt erfüllen, ab
dem sie ihren Wohnsitz im Europäischen Wirtschaftsraum haben.
17
Nach dem Immigration Act 1971 ist eine Person im Vereinigten Königreich auf Dauer ansässig, wenn sie dort ihren gewöhnlichen
Wohnsitz hat und keinen Beschränkungen hinsichtlich des Zeitraums unterliegt, für den sie in dessen Hoheitsgebiet bleiben
darf.
18
Es ergibt sich jedoch aus den Akten, dass nach den britischen Rechtsvorschriften ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats
als Student nicht den Status einer im Vereinigten Königreich auf Dauer ansässigen Person erlangen kann.
19
Hinsichtlich der Studiengebühren sehen die Student Support Regulations eine finanzielle Unterstützung vor, die Staatsangehörigen
des Vereinigten Königreichs und denen anderer Mitgliedstaaten unter den gleichen Voraussetzungen gewährt wird.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
20
Im August 1998 reiste Herr Bidar, ein französischer Staatsangehöriger, in das Vereinigte Königreich ein, als er seine Mutter
begleitete, die sich dort einer medizinischen Behandlung unterziehen musste. Es steht fest, dass der Kläger im Vereinigten
Königreich bei seiner Großmutter auf deren Kosten lebte, eine weiterführende Schule besuchte und seinen Schulabschluss machte,
ohne jemals Sozialhilfe beantragt zu haben.
21
Im September 2001 begann er ein Wirtschaftsstudium am University College London.
22
Herrn Bidar wurde eine Unterstützung für seine Studiengebühren gewährt, während sein Antrag auf finanzielle Unterstützung
zur Deckung seiner Unterhaltskosten in Form eines Studentendarlehens mit der Begründung abgelehnt wurde, dass er im Vereinigten
Königreich nicht auf Dauer ansässig sei.
23
Mit der Klage gegen diese ablehnende Entscheidung macht der Kläger des Ausgangsverfahrens geltend, dass die Student Support
Regulations eine nach Artikel 12 EG verbotene Diskriminierung geschaffen hätten, da sie die Gewährung eines Studentendarlehen
an einen Angehörigen eines Mitgliedstaats von der Voraussetzung abhängig machten, dass dieser Staatsangehörige im Vereinigten
Königreich auf Dauer ansässig sei. Für den Fall, dass festgestellt werde, dass die Gewährung eines Stipendiums nicht in den
Anwendungsbereich des Vertrages falle, macht er hilfsweise geltend, dass dies nicht für einen Antrag auf Beihilfe in Form
eines vergünstigten Darlehens gelte.
24
Der Secretary of State for Education and Skills, die für den Erlass der Student Support Regulations zuständige Behörde, macht
dagegen geltend, dass eine Unterhaltsbeihilfe, ob in Form eines Stipendiums oder eines Darlehens, nicht in den Anwendungsbereich
des Artikels 12 EG falle, wie der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 21. Juni 1988 in den Rechtssachen 39/86 (Lair, Slg. 1988, 3161)
und 197/86 (Brown, Slg. 1988, 3205) anerkannt habe. Selbst wenn eine solche Beihilfe in den Anwendungsbereich des Vertrages
fiele, würden die Voraussetzungen für den Anspruch auf diese Beihilfe garantieren, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen
dem Empfänger der Beihilfe und dem Staat, der diese finanziere, bestehe.
25
Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts stellen die Studentendarlehen wegen der verminderten Zinssätze und eventueller Probleme
bei der Rückzahlung Kosten für den Staat dar, die vom Secretary of State for Education and Skills auf einen Betrag in Höhe
von 50 % des Darlehensbetrags geschätzt werden. Das einem Studenten im Studienjahr 2000/01 gewährte durchschnittliche Darlehen
habe sich auf 3 155 GBP belaufen. Wenn die 41 713 Staatsangehörigen der Europäischen Union, die in diesem Jahr in England
und Wales studiert hätten, ohne dort auf Dauer ansässig zu sein, ein Studentendarlehen erhalten hätten, hätten sich die wahrscheinlichen
Kosten für den Staat auf 66 Millionen GBP belaufen.
26
Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts fällt der Kläger des Ausgangsverfahrens nicht unter die Vorschriften der Verordnung
Nr. 1612/68 und kann auch auf der Grundlage der Richtlinie 93/96 keinen Anspruch auf ein Studentendarlehen geltend machen.
27
Daher hat der High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court), das Verfahren ausgesetzt
und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.
Fällt unter Berücksichtigung der Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Juni 1988 in den Rechtssachen
Lair und Brown sowie der Entwicklungen im Recht der Europäischen Union einschließlich der Einfügung von Artikel 18 EG und
der Entwicklungen im Hinblick auf die Zuständigkeit der Europäischen Union im Bereich der Ausbildung eine Unterhaltsbeihilfe
für Studenten an einer Hochschule, die in Form von a) vergünstigten Darlehen oder b) Stipendien gewährt wird, weiterhin nicht
unter den EG-Vertrag, soweit es um Artikel 12 EG und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit geht?
2.
Wenn ein Teil der ersten Frage verneint wird und wenn die Unterhaltsbeihilfe für Studenten in Form von Stipendien oder Darlehen
nunmehr unter Artikel 12 EG fällt, welche Kriterien hat das nationale Gericht dann anzuwenden, um festzustellen, ob die Voraussetzungen
für den Anspruch auf eine solche Beihilfe auf objektiv gerechtfertigte Erwägungen, die nicht auf der Staatsangehörigkeit beruhen,
gegründet sind?
3.
Wenn ein Teil der ersten Frage verneint wird, kann man sich dann auf Artikel 12 EG berufen, um einen Anspruch auf die Unterhaltsbeihilfe
ab einem vor dem Tag des Urteils des Gerichtshofes im vorliegenden Fall liegenden Zeitpunkt geltend zu machen, und, wenn ja,
ist für diejenigen, die vor diesem Zeitpunkt gerichtlich Klage erhoben haben, eine Ausnahme zu machen?
Die VorlagefragenZur ersten Frage
28
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob nach dem derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts
eine Beihilfe, die Studenten an Hochschulen in Form eines vergünstigten Darlehens oder eines Stipendiums zur Deckung ihrer
Unterhaltskosten gewährt wird, außerhalb des Anwendungsbereichs des Vertrages und insbesondere des Artikels 12 Absatz 1 EG
liegt.
29
Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass der Kläger nicht unter die Verordnung Nr. 1612/68 fällt.
30
In diesem Zusammenhang möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Beihilfen, die Studenten zur Deckung ihrer Unterhaltskosten
gewährt werden, in den Anwendungsbereich des Vertrages im Sinne des Artikels 12 Absatz 1 EG fallen, der vorsieht, dass unbeschadet
besonderer Bestimmungen dieses Vertrages in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit
verboten ist.
31
Für die Beurteilung des Anwendungsbereichs des Vertrages im Sinne des Artikels 12 EG ist dieser Artikel in Verbindung mit
den Vertragsbestimmungen über die Unionsbürgerschaft zu sehen. Der Unionsbürgerstatus ist nämlich dazu bestimmt, der grundlegende
Status der Angehörigen der Mitgliedstaaten zu sein, der denjenigen unter ihnen, die sich in der gleichen Situation befinden,
unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und unbeschadet der insoweit ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen Anspruch auf die
gleiche rechtliche Behandlung gibt (Urteile vom 20. September 2001 in der Rechtssache C‑184/99, Grzelczyk, Slg. 2001, I‑6193,
Randnrn. 30 und 31, und vom 2. Oktober 2003 in der Rechtssache C‑148/02, Garcia Avello, Slg. 2003, I‑11613, Randnrn. 22 und 23).
32
Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Unionsbürger, der sich rechtmäßig im Gebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält,
in allen Situationen, die in den sachlichen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen, auf Artikel 12 EG berufen (Urteile
vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache C‑85/96, Martínez Sala, Slg. 1998, I‑2691, Randnr. 63, und Grzelczyk, Randnr. 32).
33
Zu diesen Situationen gehören auch diejenigen, die die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten, und diejenigen,
die die Ausübung der durch Artikel 18 EG verliehenen Freiheit, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu bewegen und aufzuhalten,
betreffen (vgl. Urteil vom 24. November 1998 in der Rechtssache C‑274/96, Bickel und Franz, Slg. 1998, I‑7637, Randnrn. 15
und 16, sowie die Urteile Grzelczyk, Randnr. 33, und Garcia Avello, Randnr. 24).
34
Darüber hinaus erlaubt nichts im Text des Vertrages die Annahme, dass Studenten, die Unionsbürger sind, die diesen Bürgern
durch den Vertrag verliehenen Rechte verlieren, wenn sie sich zu Studienzwecken in einen anderen Mitgliedstaat begeben (Urteil
Grzelczyk, Randnr. 35).
35
Wie sich aus dem Urteil vom 11. Juli 2002 in der Rechtssache C‑224/98 (D’Hoop, Slg. 2002, I‑6191, Randnrn. 29 bis 34) ergibt,
macht ein Angehöriger eines Mitgliedstaats, der sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt und dort eine weiterführende Schule
besucht, von der durch Artikel 18 EG garantierten Bewegungsfreiheit Gebrauch.
36
Darüber hinaus genießt ein Angehöriger eines Mitgliedstaats, der, wie der Kläger des Ausgangsverfahrens, in einem anderen
Mitgliedstaat wohnt, wo er eine weiterführende Schule besucht und seinen Schulabschluss macht, ohne dass ihm entgegengehalten
wird, nicht über ausreichende Mittel und eine Krankenversicherung zu verfügen, auf der Grundlage des Artikels 18 EG und der
Richtlinie 90/364 ein Aufenthaltsrecht.
37
Hinsichtlich der Leistungen der Sozialhilfe hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 7. September 2004 in der Rechtssache
C‑456/02 (Trojani, Slg. 2004, I‑0000, Randnr. 43) entschieden, dass sich ein nicht wirtschaftlich aktiver Unionsbürger auf
Artikel 12 Absatz 1 EG berufen kann, wenn er sich im Aufnahmemitgliedstaat für eine bestimmte Dauer rechtmäßig aufgehalten
hat oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt.
38
Es trifft zu, dass der Gerichtshof in seinen Urteilen Lair und Brown (Randnrn. 15 und 18) entschieden hat, dass „beim gegenwärtigen
Entwicklungsstand des Gemeinschaftsrechts eine Förderung, die Studenten für den Lebensunterhalt und die Ausbildung gewährt
wird, grundsätzlich außerhalb des Anwendungsbereichs des EWG-Vertrags im Sinne von dessen Artikel 7 [Artikel 6 EG-Vertrag,
nach Änderung jetzt Artikel 12 EG] liegt“. In diesen Urteilen hat der Gerichtshof ausgeführt, dass eine solche Förderung zum
einen in den Bereich der Bildungspolitik fiel, die als solche nicht der Zuständigkeit der Gemeinschaftsorgane unterstellt
worden war, und zum anderen in den der Sozialpolitik, die zur Zuständigkeit der Mitgliedstaaten gehörte, soweit sie nicht
Gegenstand besonderer Vorschriften des EWG-Vertrags war.
39
Seit Verkündung der Urteile Lair und Brown ist jedoch durch den Vertrag über die Europäische Union die Unionsbürgerschaft
in den EG-Vertrag aufgenommen und in seinen Dritten Teil in Titel VIII (jetzt Titel XI) ein Kapitel 3 eingefügt worden, das
sich mit der allgemeinen und beruflichen Bildung befasst (Urteil Grzelczyk, Randnr. 35).
40
Demgemäß hat Artikel 149 Absatz 1 EG der Gemeinschaft die Aufgabe zugewiesen, zur Entwicklung einer qualitativ hochstehenden
Bildung dadurch beizutragen, dass sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten
unter strikter Beachtung der Verantwortung dieser Staaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie
der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen erforderlichenfalls unterstützt und ergänzt.
41
Nach den Absätzen 2 und 4 dieses Artikels kann der Rat Fördermaßnahmen unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten und Empfehlungen erlassen, die insbesondere die Mobilität von Lernenden und
Lehrenden fördern sollen (vgl. Urteil D’Hoop, Randnr. 32).
42
Aufgrund dieser seit der Verkündung der Urteile Lair und Brown eingetretenen Umstände ist davon auszugehen, dass die Situation
eines Unionsbürgers, der sich rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat aufhält, im Hinblick auf den Erhalt einer Beihilfe,
die Studenten zur Deckung der Unterhaltskosten in Form eines vergünstigten Darlehens oder eines Stipendiums gewährt wird,
in den Anwendungsbereich des Vertrages im Sinne des Artikels 12 Absatz 1 EG fällt.
43
Diese Entwicklung des Gemeinschaftsrechts wird bestätigt durch Artikel 24 der Richtlinie 2004/38, der in Absatz 1 vorsieht,
dass jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, „im Anwendungsbereich
des Vertrags“ die gleiche Behandlung genießt. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat in Absatz 2 dieses Artikels den Inhalt des
Absatzes 1 präzisiert, indem er bestimmt, dass ein Mitgliedstaat, was andere Personen als Arbeitnehmer oder Selbstständige,
Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihre Familienangehörigen angeht, die Gewährung von Beihilfen zum Unterhalt
in Form von Stipendien oder Darlehen für Studenten, die kein Recht auf Daueraufenthalt erworben haben, begrenzen kann, und
sieht demnach die Gewährung solcher Beihilfen als einen Bereich an, der nach diesem Absatz 1 gegenwärtig in den Anwendungsbereich
des Vertrages fällt.
44
Diese Auslegung wird nicht durch das Vorbringen der Regierungen, die Erklärungen abgegeben haben, und der Kommission zu den
in Artikel 18 EG genannten Beschränkungen und Bedingungen entkräftet. Diese Regierungen und die Kommission führen aus, dass
zwar der Unionsbürgerstatus den Angehörigen der Mitgliedstaaten erlaube, sich bei der Ausübung der Freiheit, sich im Hoheitsgebiet
dieser Staaten zu bewegen und aufzuhalten, auf Artikel 12 Absatz 1 EG zu berufen, dass ihre Situation aber gemäß Artikel 18
Absatz 1 EG nur vorbehaltlich der im Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen,
darunter insbesondere den in der Richtlinie 93/96 festgelegten, in den Anwendungsbereich des Vertrages im Sinne des Artikels
12 EG falle. Da Artikel 3 dieser Richtlinie einen Anspruch der aufenthaltsberechtigten Studenten auf Gewährung von Unterhaltsstipendien
ausschließe, blieben diese weiter außerhalb des Anwendungsbereichs des Vertrages.
45
In dieser Hinsicht ist festzustellen, dass zwar die Studenten, die sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben, um dort ein
Studium aufzunehmen oder fortzusetzen, und die dort zu diesem Zweck nach der Richtlinie 93/96 aufenthaltsberechtigt sind,
auf der Grundlage dieser Richtlinie keinen Anspruch auf eine Unterhaltsbeihilfe haben.
46
Artikel 3 der Richtlinie 93/96 hindert jedoch einen Angehörigen eines Mitgliedstaats, der sich gemäß Artikel 18 EG und der
Richtlinie 90/364 rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, wo er beabsichtigt, ein Studium aufzunehmen
oder fortzuführen, nicht daran, sich während dieses Aufenthalts auf den in Artikel 12 Absatz 1 EG aufgestellten Gleichbehandlungsgrundsatz
zu berufen.
47
In einem Kontext wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem das Aufenthaltsrecht desjenigen, der die Beihilfe beantragt, nicht
in Frage steht, ist darüber hinaus das Vorbringen einiger der Regierungen, die Erklärungen abgegeben haben, unbeachtlich,
dass das Gemeinschaftsrecht einem Mitgliedstaat erlaube, festzustellen, dass ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats,
der Sozialhilfe in Anspruch genommen hat, die Voraussetzungen für sein Aufenthaltsrecht nicht mehr erfülle, und gegebenenfalls
unter Einhaltung der vom Gemeinschaftsrecht gezogenen Grenzen eine Ausweisungsmaßnahme zu ergreifen (vgl. Urteile Grzelczyk,
Randnr. 42, und Trojani, Randnr. 45).
48
Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass eine Beihilfe, sei es in Form eines vergünstigten Darlehens oder eines
Stipendiums, die Studenten, die sich rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufhalten, zur Deckung ihrer Unterhaltskosten gewährt
wird, in den Anwendungsbereich des Vertrages fällt, soweit es um das in Artikel 12 Absatz 1 EG aufgestellte Diskriminierungsverbot
geht.
Zur zweiten Frage
49
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, welche Kriterien das nationale Gericht anzuwenden hat, um festzustellen,
ob die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Beihilfe für Studenten zur Deckung der Unterhaltskosten auf objektive Erwägungen
gegründet sind, die nicht auf der Staatsangehörigkeit beruhen.
50
Zu diesem Zweck ist vorab zu untersuchen, ob nach der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung bei den Studenten, die
eine solche Beihilfe beantragen, nach der Staatsangehörigkeit unterschieden wird.
51
In dieser Hinsicht ist daran zu erinnern, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur offensichtliche Diskriminierungen
aufgrund der Staatsangehörigkeit verbietet, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung
anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen (vgl. u. a. Urteile vom 12. Februar 1974 in der
Rechtssache 152/73, Sotgiu, Slg. 1973, 153, Randnr. 11, vom 27. November 1997 in der Rechtssache C‑57/96, Meints, Slg. 1997,
I‑6689, Randnr. 44, und vom 26. Juni 2001 in der Rechtssache C‑212/99, Kommission/Italien, Slg. 2001, I‑4923, Randnr. 24).
52
Hinsichtlich der Personen, die nicht unter die Verordnung Nr. 1612/68 fallen, fordert Absatz 1 des Anhangs 1 der Student Support
Regulations für die Gewährung einer Beihilfe zur Deckung der Unterhaltskosten an Studenten, dass die betreffende Person im
Sinne des innerstaatlichen Rechts im Vereinigten Königreich ansässig ist und dass sie bestimmte Wohnsitzvoraussetzungen erfüllt,
nämlich, dass sie am ersten Tag des ersten Studienjahres ihren Wohnsitz in England oder Wales hat und dass sie ihren Wohnsitz
in den drei Jahren vor diesem Tag im Vereinigten Königreich oder auf den Inseln hatte.
53
Bei solchen Erfordernissen besteht die grundsätzliche Gefahr, dass Angehörige anderer Mitgliedstaaten benachteiligt werden.
Sowohl die Voraussetzung, dass derjenige, der einen Antrag auf Beihilfe stellt, seinen Wohnsitz im Vereinigten Königreich
haben muss, als auch die, dass er vor seinem Studium einen Wohnsitz im britischen Hoheitsgebiet haben musste, können von Inländern
leichter erfüllt werden.
54
Eine solche unterschiedliche Behandlung ist nur dann gerechtfertigt, wenn sie auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit
der Betroffenen unabhängigen Erwägungen beruht und in einem angemessenen Verhältnis zu dem Zweck steht, der mit den nationalen
Rechtsvorschriften zulässigerweise verfolgt wird (vgl. Urteile Bickel und Franz, Randnr. 27, D’Hoop, Randnr. 36, und Garcia
Avello, Randnr. 31).
55
Nach Auffassung der Regierung des Vereinigten Königreichs ist es legitim, dass ein Mitgliedstaat sich vergewissere, dass der
mittels Steuerzahlungen geleistete Beitrag der Eltern oder der Studenten ausreichend sei oder sein werde, um die Gewährung
vergünstigter Darlehen zu rechtfertigen. Legitim sei auch, eine tatsächliche Verbindung zwischen dem die Beihilfe zur Deckung
seiner Unterhaltskosten beantragenden Studenten und dem Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats zu verlangen.
56
Auch wenn die Mitgliedstaaten aufgerufen sind, bei der Organisation und Anwendung ihres Sozialhilfesystems eine gewisse finanzielle
Solidarität mit den Angehörigen anderer Mitgliedstaaten zu zeigen (vgl. Urteil Grzelczyk, Randnr. 44), steht es jedem Mitgliedstaat
frei, darauf zu achten, dass die Gewährung von Beihilfen zur Deckung des Unterhalts von Studenten aus anderen Mitgliedstaaten
nicht zu einer übermäßigen Belastung wird, die Auswirkungen auf das gesamte Niveau der Beihilfe haben könnte, die dieser Staat
gewähren kann.
57
Hinsichtlich einer Beihilfe zur Deckung der Unterhaltskosten der Studenten ist es somit legitim, dass ein Mitgliedstaat eine
derartige Beihilfe nur solchen Studenten gewährt, die nachgewiesen haben, dass sie sich bis zu einem gewissen Grad in die
Gesellschaft dieses Staates integriert haben.
58
In diesem Zusammenhang kann ein Mitgliedstaat von den betroffenen Studenten jedoch nicht verlangen, dass sie eine Verbindung
zu seinem Arbeitsmarkt herstellen. Da ein Student nämlich aufgrund der im Rahmen seines Studiums erlangten Kenntnisse im Allgemeinen
nicht für einen gegebenen räumlichen Arbeitsmarkt bestimmt ist, ist die Situation eines Studenten, der eine Beihilfe zur Deckung
seiner Unterhaltskosten beantragt, nicht vergleichbar mit der einer Person, die ein Überbrückungsgeld, das erstmals arbeitsuchenden
Schulabgängern gewährt wird, oder eine Unterstützung zur Arbeitsuche beantragt (vgl. hierzu jeweils Urteile D’Hoop, Randnr.
38, und vom 23. März 2004 in der Rechtssache C‑138/02, Collins, Slg. 2004, I‑2703, Randnr. 67).
59
Dagegen kann ein gewisser Integrationsgrad durch die Feststellung als nachgewiesen angesehen werden, dass der betreffende
Student sich für eine gewisse Zeit im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat.
60
Im Rahmen einer nationalen Regelung wie der Student Support Regulations ergibt sich die Garantie einer ausreichenden Integration
in die Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats aus dem Erfordernis eines zuvor bestehenden Wohnsitzes im Hoheitsgebiet dieses
Staates, im vorliegenden Fall dem nach den im Ausgangsverfahren fraglichen britischen Regeln geltenden Erfordernis eines Wohnsitzes
von drei Jahren.
61
Die zusätzliche Bedingung, nach der Studenten nur dann einen Anspruch auf eine Beihilfe zur Deckung ihrer Unterhaltskosten
haben, wenn sie im Aufnahmemitgliedstaat auch dauernd ansässig sind, könnte zwar, wie die in der vorstehenden Randnummer genannte
Bedingung eines Wohnsitzes von drei Jahren, dem legitimen Zweck dienen, sicherzustellen, dass der Beihilfeantragsteller einen
gewissen Grad an Integration in die Gesellschaft dieses Staates nachgewiesen hat. Es steht jedoch fest, dass die im Ausgangsverfahren
fragliche Regelung für einen Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats jede Möglichkeit ausschließt, als Student den Status
einer auf Dauer ansässigen Person zu erlangen. Diese Regelung macht es somit einem solchen Staatsangehörigen, welches auch
immer der Grad seiner tatsächlichen Integration in die Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats sein mag, unmöglich, diese
Bedingung zu erfüllen und folglich einen Anspruch auf Beihilfe zur Deckung seiner Unterhaltskosten zu erlangen. Eine solche
Behandlung kann jedoch nicht als durch das legitime Ziel, das mit dieser Regelung erreicht werden soll, gerechtfertigt angesehen
werden.
62
Eine solche Behandlung hindert nämlich einen Studenten mit der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats, der sich rechtmäßig
im Aufnahmemitgliedstaat aufhält und einen großen Teil seiner Ausbildung an weiterführenden Schulen in diesem Staat erhalten
hat und der folglich eine tatsächliche Verbindung zu der Gesellschaft dieses Staates hergestellt hat, daran, unter den gleichen
Voraussetzungen zu studieren wie ein Student, der Angehöriger dieses Staates ist und sich in der gleichen Situation befindet.
63
Aus diesen Gründen ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 12 Absatz 1 EG dahin auszulegen ist, dass er
einer nationalen Regelung entgegensteht, die Studenten nur dann einen Anspruch auf Beihilfe zur Deckung ihrer Unterhaltskosten
gewährt, wenn sie im Aufnahmemitgliedstaat dauernd ansässig sind, und zugleich ausschließt, dass ein Angehöriger eines anderen
Mitgliedstaats als Student den Status einer dauernd ansässigen Person erlangt, auch wenn sich dieser Staatsangehörige rechtmäßig
im Aufnahmemitgliedstaat aufhält und dort einen großen Teil seiner Ausbildung an weiterführenden Schulen erhalten und folglich
eine tatsächliche Verbindung zu der Gesellschaft dieses Mitgliedstaats hergestellt hat.
Zur dritten Frage
64
Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob in dem Fall, dass er entscheiden sollte,
dass eine Beihilfe zur Deckung der Unterhaltskosten von Studenten in den Anwendungsbereich des Vertrages im Sinne des Artikels
12 Absatz 1 EG fällt, die Wirkungen eines solchen Urteils zeitlich begrenzt werden müssen.
65
Die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die deutsche und die österreichische Regierung beantragen für diesen Fall,
die Wirkungen des Urteils zeitlich zu begrenzen, außer in den Fällen, in denen vor Verkündung dieses Urteils gerichtlich Klage
erhoben worden sei. Zur Begründung ihres Antrags berufen sie sich insbesondere auf die vom vorlegenden Gericht dargestellten
finanziellen Auswirkungen.
66
Es ist daran zu erinnern, dass sich die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts durch den Gerichtshof darauf beschränkt,
zu erläutern und zu verdeutlichen, in welchem Sinne und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu
verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre. Daraus folgt, dass die Gerichte die Vorschrift in dieser Auslegung auch auf
Rechtsverhältnisse, die vor Erlass des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden können und
müssen, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Anrufung der zuständigen Gerichte in einem die Anwendung dieser Vorschrift
betreffenden Streit vorliegen (vgl. Urteile vom 27. März 1980 in der Rechtssache 61/79, Denkavit italiana, Slg. 1980, 1205,
Randnr. 16, und vom 2. Februar 1988 in der Rechtssache 24/86, Blaizot, Slg. 1988, 379, Randnr. 27).
67
Nur ausnahmsweise kann sich der Gerichtshof aufgrund des der Gemeinschaftsrechtsordnung innewohnenden allgemeinen Grundsatzes
der Rechtssicherheit veranlasst sehen, mit Wirkung für alle Betroffenen die Möglichkeit einzuschränken, sich auf diese Auslegung
der Vorschrift mit dem Ziel zu berufen, eine erneute Sachentscheidung über in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse
herbeizuführen (vgl. Urteile Blaizot, Randnr. 28, vom 16. Juli 1992 in der Rechtssache C‑ 163/90, Legros u. a., Slg. 1992,
I‑4625, Randnr. 30, und vom 4. Mai 1999 in der Rechtssache C‑262/96, Sürül, Slg. 1999, I‑2685, Randnr. 108).
68
Zudem rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung die finanziellen Konsequenzen, die sich aus einem im Vorabentscheidungsverfahren
ergangenen Urteil für einen Mitgliedstaat ergeben können, für sich allein nicht die zeitliche Begrenzung der Wirkung dieses
Urteils (vgl. u. a. Urteil Grzelczyk, Randnr. 52).
69
Der Gerichtshof hat eine solche Begrenzung in der Tat nur unter ganz bestimmten Umständen ausgesprochen, wenn zum einen die
Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen bestand, die insbesondere mit der großen Zahl von Rechtsverhältnissen
zusammenhingen, die gutgläubig auf der Grundlage der als gültig betrachteten Regelung eingegangen worden waren, und wenn zum
anderen sich herausstellte, dass die Einzelnen und die nationalen Behörden zu einem mit der Gemeinschaftsregelung unvereinbaren
Verhalten veranlasst worden waren, weil eine objektive und bedeutende Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite der Gemeinschaftsbestimmungen
bestand, zu der gegebenenfalls auch das Verhalten anderer Mitgliedstaaten oder der Kommission beigetragen hatte (vgl. Urteil
Grzelczyk, Randnr. 53).
70
Im vorliegenden Fall genügt es, festzustellen, dass die von der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie von der deutschen
und österreichischen Regierung gemachten Angaben nicht geeignet sind, ihre Argumentation zu stützen, dass die Gefahr bestehe,
dass das vorliegende Urteil, falls seine Wirkungen nicht zeitlich begrenzt würden, erhebliche finanzielle Auswirkungen für
die Mitgliedstaaten zur Folge habe. Die Zahlen, auf die sich diese Regierungen berufen haben, betreffen nämlich auch Fälle,
die nicht mit dem vergleichbar sind, der zu dem Ausgangsverfahren geführt hat.
71
Folglich ist auf die dritte Frage zu antworten, dass die Wirkungen dieses Urteils nicht zeitlich zu begrenzen sind.
Kosten
72
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen
Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von
Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
1.
Eine Beihilfe, sei es in Form eines vergünstigten Darlehens oder eines Stipendiums, die Studenten, die sich rechtmäßig im
Aufnahmemitgliedstaat aufhalten, zur Deckung ihrer Unterhaltskosten gewährt wird, fällt in den Anwendungsbereich des EG-Vertrags,
soweit es um das in Artikel 12 Absatz 1 EG aufgestellte Diskriminierungsverbot geht.
2.
Artikel 12 Absatz 1 EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die Studenten nur dann einen
Anspruch auf eine Beihilfe zur Deckung ihrer Unterhaltskosten gewährt, wenn sie im Aufnahmemitgliedstaat dauernd ansässig
sind, und zugleich ausschließt, dass ein Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats als Student den Status einer dauernd ansässigen
Person erlangt, auch wenn sich dieser Staatsangehörige rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufhält und dort einen großen Teil
seiner Ausbildung an weiterführenden Schulen erhalten hat und folglich eine tatsächliche Verbindung zu der Gesellschaft dieses
Mitgliedstaats hergestellt hat.
3.
Die Wirkungen dieses Urteils sind nicht zeitlich zu begrenzen.