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Document 62000CJ0204
Judgment of the Court (Fifth Chamber) of 7 January 2004. # Aalborg Portland A/S (C-204/00 P), Irish Cement Ltd (C-205/00 P), Ciments français SA (C-211/00 P), Italcementi - Fabbriche Riunite Cemento SpA (C-213/00 P), Buzzi Unicem SpA (C-217/00 P) and Cementir - Cementerie del Tirreno SpA (C-219/00 P) v Commission of the European Communities. # Appeal - Competition - Cement market - Article 85(1) of the EC Treaty (now Article 81(1) EC) - Jurisdiction of the Court of First Instance - Rights of the defence - Access to the file - Single and continuous infringement - Liability for an infringement - Evidence of participation in the general agreement and measures of implementation - Fine - Determination of the amount. # Joined cases C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P and C-219/00 P.
Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 7. Januar 2004.
Aalborg Portland A/S (C-204/00 P), Irish Cement Ltd (C-205/00 P), Ciments français SA (C-211/00 P), Italcementi - Fabbriche Riunite Cemento SpA (C-213/00 P), Buzzi Unicem SpA (C-217/00 P) und Cementir - Cementerie del Tirreno SpA (C-219/00 P) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Rechtsmittel - Wettbewerb - Zementmarkt - Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) - Zuständigkeit des Gerichts - Verteidigungsrechte - Akteneinsicht - Einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung - Zurechnung einer Zuwiderhandlung - Nachweis der Beteiligung an der allgemeinen Vereinbarung und an ihrer Umsetzung - Geldbuße - Bestimmung der Höhe.
Verbundene Rechtssachen C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P.
Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 7. Januar 2004.
Aalborg Portland A/S (C-204/00 P), Irish Cement Ltd (C-205/00 P), Ciments français SA (C-211/00 P), Italcementi - Fabbriche Riunite Cemento SpA (C-213/00 P), Buzzi Unicem SpA (C-217/00 P) und Cementir - Cementerie del Tirreno SpA (C-219/00 P) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Rechtsmittel - Wettbewerb - Zementmarkt - Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) - Zuständigkeit des Gerichts - Verteidigungsrechte - Akteneinsicht - Einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung - Zurechnung einer Zuwiderhandlung - Nachweis der Beteiligung an der allgemeinen Vereinbarung und an ihrer Umsetzung - Geldbuße - Bestimmung der Höhe.
Verbundene Rechtssachen C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P.
Sammlung der Rechtsprechung 2004 I-00123
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2004:6
«Rechtsmittel – Wettbewerb – Zementmarkt – Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) – Zuständigkeit des Gerichts – Verteidigungsrechte – Akteneinsicht – Einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Zurechnung einer Zuwiderhandlung – Nachweis der Beteiligung an der allgemeinen Vereinbarung und an ihrer Umsetzung – Geldbuße – Bestimmung der Höhe»
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(Artikel 225 EG; EG-Satzung des Gerichtshofes, Artikel 51)
(Artikel 225 EG; EG-Satzung des Gerichtshofes, Artikel 51; Verfahrensordnung des Gerichtshofes, Artikel 112 § 1 Absatz 1 Buchstabe
c)
(EG-Vertrag, Artikel 85 Absatz 1 [jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG])
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 11)
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 19; Verordnung Nr. 99/63 der Kommission, Artikel 2)
(EG-Vertrag, Artikel 85 Absatz 1 [jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG])
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 15 Absatz 2)
(Artikel 225 EG; EG-Satzung des Gerichtshofes, Artikel 51)
(EG-Vertrag, Artikel 85 Absatz 1 [jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG])
(Artikel 225 EG; EG-Satzung des Gerichtshofes, Artikel 51)
Den Anforderungen dieser Bestimmungen entspricht ein Rechtsmittel nicht, wenn es sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente einschließlich derjenigen, die auf ein ausdrücklich vom Gericht zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, zu wiederholen. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofes fällt.
Diese Erwägungen gelten auch für die Befragung einer Unternehmensvereinigung zu dem individuellen Verhalten ihrer Mitglieder. Die Anerkennung eines Auskunftsverweigerungsrechts der Vereinigung, das ihre Mitglieder davor schützen würde, dass die Vereinigung gegen sie aussagt, ginge über das zur Wahrung der Verteidigungsrechte der Unternehmen erforderliche Maß hinaus und würde zu einer ungerechtfertigten Behinderung der Kommission bei der Erfüllung ihrer Aufgabe führen, die darin besteht, die Einhaltung der Wettbewerbsregeln im Gemeinsamen Markt zu überwachen.
In einem solchen Fall ist die Kommission nicht verpflichtet, den Betroffenen Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt zum Fallenlassen der Beschwerdepunkte mitzuteilen, da eine Ergänzung der Mitteilung der Beschwerdepunkte nur dann erforderlich ist, wenn die Kommission sich aufgrund des Ermittlungsergebnisses veranlasst sieht, den betroffenen Unternehmen neue Handlungen zur Last zu legen oder den Nachweis bestrittener Zuwiderhandlungen auf eine erheblich geänderte Grundlage zu stellen.
Im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens vor der Kommission zur Anwendung der Wettbewerbsregeln braucht die Kommission daher dem betroffenen Unternehmen nicht die Möglichkeit zu geben, einen bestimmten Zeugen wie den Verfasser von Schriftstücken, die belastende Beweismittel enthalten, zu befragen und dessen Aussagen im Stadium der Ermittlungen zu analysieren.
Die unterbliebene Übermittlung eines Schriftstücks stellt jedoch nur dann eine Verletzung der Verteidigungsrechte dar, wenn das betroffene Unternehmen dartut, dass sich die Kommission zur Untermauerung ihres Vorwurfs, dass eine Zuwiderhandlung vorliege, auf dieses Schriftstück gestützt hat und dass dieser Vorwurf nur durch Heranziehung des fraglichen Schriftstücks belegt werden kann. Das Unternehmen muss insbesondere dartun, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission in ihrer Entscheidung gekommen ist, anders ausgefallen wäre, wenn ein nicht übermitteltes Schriftstück, auf das die Kommission ihre Vorwürfe gegen dieses Unternehmen gestützt hat, als belastendes Beweismittel ausgeschlossen werden müsste. Wurde dagegen ein entlastendes Schriftstück nicht übermittelt, so muss das betroffene Unternehmen nur nachweisen, dass das Unterbleiben seiner Offenlegung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu Ungunsten dieses Unternehmens beeinflussen konnte, da es Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten.
Wurde eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen, so ist insbesondere die relative Schwere der Beteiligung jedes von ihnen zu prüfen. Diese kann u. a. unter Berücksichtigung der kontinuierlichen Zustimmung zu einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung durch die Beteiligung oder Mitwirkung an einer oder mehreren Maßnahmen zur Anwendung dieser Vereinbarung und der Auswirkung der Verhaltensweisen auf den Wettbewerb und auf die Abschottung der Inlandsmärkte ermittelt werden.
Es steht dem Gericht frei, im Rahmen der Klage gegen die genannte Entscheidung prozessleitende Maßnahmen anzuordnen und eine vollständige Akteneinsicht durchzuführen, um zu klären, ob die Weigerung der Kommission, ein Schriftstück offen zu legen oder zu übermitteln, die Verteidigung des betroffenen Unternehmens beeinträchtigen kann.
Da sich diese Prüfung auf eine gerichtliche Kontrolle der geltend gemachten Klagegründe beschränkt, wird mit ihr ein Ersatz für die umfassende Sachverhaltsermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens weder bezweckt noch bewirkt. Die verspätete Kenntnisnahme von bestimmten Aktenstücken versetzt das Unternehmen, das Klage erhoben hat, nämlich nicht in die Lage, in der es sich befunden hätte, wenn es sich bei der Abgabe seiner schriftlichen und mündlichen Erklärungen gegenüber dem Gemeinschaftsorgan auf diese Schriftstücke hätte berufen können, und heilt die im Verwaltungsverfahren eingetretene Verletzung der Verteidigungsrechte nicht.
Auch die Unterscheidung zwischen einer einzigen Vereinbarung und einer einzigen deliktischen Absicht ist ohne Bedeutung, da bei der Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag die konkreten Auswirkungen einer Vereinbarung nicht berücksichtigt zu werden brauchen, wenn sich ergibt, dass diese eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt.
Wenn ein Unternehmen nachweislich von dem rechtswidrigen Verhalten der anderen Kartellteilnehmer weiß oder es vernünftigerweise vorhersehen kann sowie bereit ist, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen, ist es für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich, das andere Unternehmen im Rahmen dieser Zuwiderhandlung an den Tag legten.
Dass sich ein Unternehmen nicht an allen Tatbestandsmerkmalen eines Kartells beteiligt oder bei den Aspekten, an denen es sich beteiligt hat, eine untergeordnete Rolle gespielt hat, ist für den Nachweis des Vorliegens einer Zuwiderhandlung dieses Unternehmens unerheblich; ein solcher Gesichtspunkt ist nur bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und gegebenenfalls bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen.
Folglich wird der Grundsatz ne bis in idem nicht verletzt, wenn die Kommission ein Verhalten eines Unternehmens ahndet, das sich von dem diesem Unternehmen in der Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde zur Last gelegten Verhalten unterscheidet.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
7. Januar 2004(1)
„Rechtsmittel – Wettbewerb – Zementmarkt – Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) – Zuständigkeit des Gerichts – Verteidigungsrechte – Akteneinsicht – Einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Zurechnung einer Zuwiderhandlung – Nachweis der Beteiligung an der allgemeinen Vereinbarung und an ihrer Umsetzung – Geldbuße – Bestimmung der Höhe“
In den verbundenen Rechtssachen C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P Aalborg Portland A/S mit Sitz in Aalborg (Dänemark), Prozessbevollmächtigte: K. Dyekjær-Hansen und K. Høegh, advokaterne (C-204/00 P),Irish Cement Ltd mit Sitz in Dublin (Irland), Prozessbevollmächtigter: P. Sreenan, SC, beauftragt durch Solicitor J. Glackin, Zustellungsanschrift in Luxemburg (C-205/00 P),Ciments français SA mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigter: A. Winckler, avocat, Zustellungsanschrift in Luxemburg (C-211/00 P),Italcementi – Fabbriche Riunite Cemento SpA mit Sitz in Bergamo (Italien), Prozessbevollmächtigte: A. Predieri, M. Siragusa, M. Beretta, C. Lanciani und F. Moretti, avvocati, Zustellungsanschrift in Luxemburg (C-213/00 P),Buzzi Unicem SpA, vormals Unicem SpA, mit Sitz in Casale Monferrato (Italien), Prozessbevollmächtigte: C. Osti und A. Prastaro, avvocati, Zustellungsanschrift in Luxemburg (C-217/00 P),undCementir – Cementerie del Tirreno SpA mit Sitz in Rom (Italien), Prozessbevollmächtigte: G. M. Roberti und P. Criscuolo Gaito, avvocati (C-219/00 P),Rechtsmittelführerinnen,
betreffend Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Vierte erweiterte Kammer) vom 15. März 2000 in den Rechtssachen T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95 bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95 (Cimenteries CBR u. a./Kommission, Slg. 2000, II-491) wegen teilweiser Aufhebung dieses Urteils, andere Verfahrensbeteiligte: Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten in der Rechtssache C-204/00 P durch R. Lyal sowie durch H. P. Hartvig als Bevollmächtigte und in den übrigen Rechtssachen durch R. Lyal im Beistand von N. Coutrelis, avocat (C-211/00 P), und von A. Dal Ferro, avvocato (C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P), Zustellungsanschrift in Luxemburg,Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässtDER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer),
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Februar 2003,
folgendes
Aus diesen Gründen hat
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
Jann |
Edward |
La Pergola |
Der Kanzler |
Der Präsident der Fünften Kammer |
R. Grass |
V. Skouris |