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Document 61993CC0023

Schlussanträge des Generalanwalts Lenz vom 16. Juni 1994.
TV10 SA gegen Commissariaat voor de Media.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Raad van State - Niederlande.
Freier Dienstleistungsverkehr - Innerstaatliche Rechtsvorschriften zur Aufrechterhaltung eines pluralistischen und nichtkommerziellen Rundfunkwesens.
Rechtssache C-23/93.

Sammlung der Rechtsprechung 1994 I-04795

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1994:251

61993C0023

Schlussanträge des Generalanwalts Lenz vom 16. Juni 1994. - TV10 SA GEGEN COMMISSARIAAT VOOR DE MEDIA. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: RAAD VAN STATE - NIEDERLANDE. - FREIER DIENSTLEISTUNGSVERKEHR - INNERSTAATLICHE RECHTSVORSCHRIFTEN ZUR AUFRECHTERHALTUNG EINES PLURALISTISCHEN UND NICHTKOMMERZIELLEN RUNDFUNKWESENS. - RECHTSSACHE C-23/93.

Sammlung der Rechtsprechung 1994 Seite I-04795
Schwedische Sonderausgabe Seite I-00159
Finnische Sonderausgabe Seite I-00161


Schlußanträge des Generalanwalts


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Herr Präsident,

meine Herren Richter!

A ° Einführung

1. In dem vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren stellt der Raad van State der Niederlande Fragen zur Anwendung der Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit auf bestimmte Tätigkeiten einer Fernsehsendeanstalt.

2. Im Ausgangsrechtsstreit stehen sich die Sendeanstalt TV 10 (im folgenden: die Klägerin), eine Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts, und das Commissariaat voor de Media der Niederlande (im folgenden: der Beklagte) gegenüber. Anlaß des Rechtsstreits war die Verweigerung der Zulassung zur Einspeisung von durch TV 10 gesendeten Programmen in das niederländische Kabelnetz durch den Beklagten. In der Ablehnungsentscheidung stellte der Beklagte fest, TV 10 könne nicht als ausländische Sendeanstalt im Sinne von Artikel 66 Absatz 1 der Mediawet (Mediengesetz) angesehen werden, denn die Klägerin habe sich zu dem offensichtlichen Zweck in Luxemburg niedergelassen, um sich den niederländischen Vorschriften für inländische Rundfunkeinrichtungen zu entziehen.

3. Die Vorschrift lautet in der für den Rechtsstreit maßgeblichen Fassung:

"1. der Betreiber einer Kabelrundfunkeinrichtung kann:

a) die Programme senden, die von einer ausländischen Sendeanstalt mit Hilfe eines Rundfunksenders ausgestrahlt werden und am Ort der Kabelrundfunkeinrichtung mit einer dort gebräuchlichen Einzelantenne meistens in ausreichender Qualität unmittelbar empfangen werden können;

b) andere als die unter Buchstabe a genannten Programme senden, die in Übereinstimmung mit den dort geltenden Rechtsvorschriften von einer ausländischen Sendeanstalt oder einer Gruppe solcher Anstalten als Rundfunkprogramm gesendet werden. ..."

4. Gegen den Ablehnungsbescheid erhob TV 10 Klage bei der Streitsachenabteilung des Raad van State. Die Klägerin hielt den Bescheid aus mehreren Gründen für angreifbar. Sie vertrat die Ansicht, die rechtliche Bewertung der festgestellten Tatsachen sei unzutreffend. Überdies läge ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ebenso wie gegen die Artikel 10 und 14 EMRK und 7, 52 ff. und 59 ff EWG-Vertrag(1) vor.

5. Das vorlegende Gericht hat festgestellt, die Klägerin sei keine Sendeanstalt im Sinne der Artikel 14 bis 30 der Mediawet. Es hält für erwiesen, daß sich die Klägerin zu dem offensichtlichen Zweck im Ausland niedergelassen habe, um sich den in den Niederlanden für den inländischen Rundfunk geltenden gesetzlichen Regeln zu entziehen. Dennoch hält es die von der Klägerin vorgebrachte Rüge, der angefochtene Bescheid verstosse gegen Gemeinschaftsrecht, für entscheidungserheblich.

6. In diesem Zusammenhang führt das vorlegende Gericht unter Hinweis auf das Urteil in der Rechtssache Debauve(2) aus, die Bestimmungen des EWG-Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr seien nicht auf Betätigungen anwendbar, deren wesentliche Elemente sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinauswiesen. Unter Bezugnahme auf das Urteil in der Rechtssache Van Binsbergen(3) führt das Gericht aus, daß einem Mitgliedstaat nicht das Recht zum Erlaß von Vorschriften abgesprochen werden könne, die verhindern sollten, daß der Erbringer einer Leistung, dessen Tätigkeit ganz oder vorwiegend auf das Gebiet eines Staates ausgerichtet sei, sich die durch Artikel 59 garantierte Freiheit zunutze mache, um sich den Berufsregelungen zu entziehen, die auf ihn Anwendung fänden, wenn er im Gebiet dieses Staats ansässig wäre. Es sei denkbar, daß auf einen solchen Fall nicht das Kapitel über die Dienstleistungen, sondern das über das Niederlassungsrecht anwendbar wäre. Im Hinblick auf das Urteil in der Rechtssache Segers(4) hegt das vorlegende Gericht Zweifel, wie im Hinblick auf Tätigkeiten zu entscheiden sei, die eine nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats errichtete und formal in diesem Mitgliedstaat niedergelassene Sendeanstalt von diesem anderen Mitgliedstaat aus verrichtet.

7. Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof daher um die Beantwortung folgender Fragen:

1) Liegen Dienstleistungen mit gemeinschaftsrechtlich erheblichem grenzueberschreitendem Charakter vor, wenn eine Sendeanstalt, die im Mitgliedstaat A für die Zulassung zum Kabelrundfunknetz nicht in Betracht kommt, Sendungen vom Mitgliedstaat B aus zu dem aus objektiven Umständen ableitbaren offensichtlichen Zweck durchführt, sich dadurch den gesetzlichen Regelungen des Mitgliedstaats zu entziehen, auf den die Sendungen in erster Linie, jedoch nicht ausschließlich ausgerichtet sind?

2) Ist es nach dem Gemeinschaftsrecht unter Berücksichtigung von Artikel 10 in Verbindung mit Artikel 14 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten zulässig, daß der Empfangsmitgliedstaat die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne der Frage 1 Beschränkungen unterwirft, die darin bestehen, daß die Sendeanstalt, obwohl sie einen Niederlassungsort in einem anderen Mitgliedstaat gewählt hat, als nichtausländische Sendeanstalt angesehen wird und aus diesem Grund mit ihren Programmen, solange sie die für inländische Sendeanstalten geltenden Zulassungserfordernisse nicht erfuellt, mit der Begründung keinen Zugang zu dem nationalen Kabelrundfunknetz erhält, daß sie mit der Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat Vorschriften des Empfangsmitgliedstaats zu umgehen suche, die die Vielfalt und den nichtkommerziellen Charakter des nationalen Rundfunksystems sichern sollen?

8. An dem Verfahren haben sich die Klägerin, der Beklagte, die Regierungen der Niederlande, Deutschlands und Frankreichs ebenso wie die Kommission beteiligt, wobei sich der Beklagte vollinhaltlich auf die Ausführung der niederländischen Regierung bezog. Auf die Einzelheiten des Sachverhalts und das Vorbringen der Beteiligten komme ich im Rahmen der rechtlichen Würdigung zurück.

B ° Stellungnahme

Vorbemerkung

9. Bevor ich mit der rechtlichen Würdigung des Falles beginne, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Der dem vorliegenden Fall zugrunde liegende Sachverhalt ereignete sich zu einer Zeit, als weder die Richtlinie 89/552/EWG(5) umgesetzt sein musste, noch das niederländische Medienrecht dahin gehend geändert war, daß es kommerziellen Rundfunk erlaubte. Die rechtlichen Kriterien, an Hand deren der Fall zu prüfen ist, wären grundsätzlich andere, hätte sich der Sachverhalt zu einem späteren Zeitpunkt zugetragen. Die rechtliche Bewertung des vorliegenden Falles hat daher für spätere Fälle nur begrenzte Aussagekraft.

10. Auf einen weiteren Gesichtspunkt möchte ich vorab aufmerksam machen. Das vorlegende Gericht hat nicht nach der Anwendbarkeit des gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbots auf den vorliegenden Fall gefragt, zu dessen Prüfung im Hinblick auf die Zulassung der Sendungen von RTL 4 zum niederländischen Kabelnetz unter Umständen Anlaß bestanden hätte. Das vorlegende Gericht scheint die dahin gehenden Fragen selbst beantwortet zu haben. Der Gerichtshof ist allein im Rahmen der Frage nach der Anwendung des Artikels 14 EMRK mit der Prüfung des Diskriminierungsverbots befasst. Der Prüfungsbefugnis des Gerichtshofes sind insofern wesentlich engere Grenzen gezogen als bei der Prüfung des gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbots.

I. Zur ersten Frage

Dienstleistung im Sinne des Gemeinschaftsrechts

11. Die erste Frage zielt darauf, ob sich eine rein faktisch grenzueberschreitende Sendetätigkeit als eine Dienstleistung im Sinne des Gemeinschaftsrechts qualifizieren lässt, auch wenn sich die Sendeanstalt im Ausland niedergelassen hat, um die Vorschriften des Empfangsstaats für inländische Sendeanstalten zu umgehen.

12. Sowohl die niederländische Regierung als auch die deutsche Regierung vertreten die Ansicht, unter Anwendung der "Umgehungs-Rechtsprechung"(6) des Gerichtshofes könne man nicht von einer gemeinschaftsrechtlich relevanten Dienstleistung ausgehen, so daß allein die Gesetzgebung des Empfangsstaats für rein interne Sachverhalte Anwendung finden müsse.

13. Demgegenüber ist die Klägerin der Ansicht, es handele sich sehr wohl um eine gemeinschaftsrechtlich relevante Dienstleistung, zumal die Sendeanstalt effektiv in Luxemburg niedergelassen sei und im Einklang mit den luxemburgischen Rechtsvorschriften ihre Sendetätigkeit aufgenommen habe. So habe sie auch von den zuständigen luxemburgischen Stellen die Genehmigung erhalten, über den Satellit Astra ihre Programme auszustrahlen. Es gehe bei der vorliegenden Problematik allein um die Bestimmung der Grenzen der Dienstleistungsfreiheit, die im übrigen nur durch objektive Kriterien bestimmt werden dürften.

14. Sowohl die französische Regierung als auch die Kommission vertreten den Standpunkt, es läge eine Dienstleistung im Sinne des Gemeinschaftsrechts vor. Davon zu unterscheiden sei die Frage, welche Maßnahmen ein Mitgliedstaat ergreifen dürfe, um die Umgehung innerstaatlicher Vorschriften durch den Dienstleistungserbringer zu unterbinden.

15. Dienstleistungen im Sinne des Gemeinschaftsrechts werden gemäß Artikel 60 des Vertrags definiert als "Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizuegigkeit der Personen unterliegen". Die Dienstleistungsfreiheit wird gewährt für Dienstleistungen "innerhalb der Gemeinschaft"(7), d. h., die Dienstleistung muß grenzueberschreitend sein. Begünstigte der Freiheit sind "Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind".(8) Angehörige der Mitgliedstaaten im Sinne der Vorschrift sind sowohl natürliche als auch juristische Personen. Für die Anwendung des Vertragskapitels "Dienstleistungen" werden über Artikel 66 juristische Personen den natürlichen Personen gemäß Artikel 58 gleichgestellt. Die Gleichstellung gilt danach für "nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründete(n) Gesellschaften, die ihren satzungsmässigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben".

16. Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofes dient der Sitz einer Gesellschaft im bezeichneten Sinne dazu, ihre Zugehörigkeit zur Rechtsordnung eines Mitgliedstaats zu bestimmen.(9)

17. Um sich auf die gemeinschaftsrechtliche Dienstleistungsfreiheit berufen zu können, müsste die Klägerin zunächst den Kriterien genügen, die die Begünstigten der Freiheit charakterisieren. Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die nach luxemburgischem Recht am 27. Juli 1989 unter der Bezeichnung FICORT SA gegründet und am 1. September 1989 in TV 10 SA umbenannt wurde. Der Gesellschaftszweck wird u. a. beschrieben als "insbesondere die Sendung von Fernsehprogrammen". Ausserdem kann die Gesellschaft gemäß der Definition des Gesellschaftszwecks Rundfunk und Fernsehprogramme produzieren sowie Hilfsdienste dieser Tätigkeit leisten. Die Klägerin wurde von den luxemburgischen Behörden als Sendeanstalt anerkannt. Damit einhergehend erhielt sie die Zulassung, über das luxemburgische Kabelnetz zu senden. Ausserdem hat die "Sociéte Européenne des Satellites"(10) die Genehmigung der luxemburgischen Behörden erhalten, die Programme der Klägerin, mit der sie einen Vertrag geschlossen hatte, über den Satellit Astra zu verbreiten. Die Regie, die technische ebenso wie die inhaltliche Durchführung und Ausgestaltung der Sendetätigkeit sollten in Luxemburg stattfinden.

18. Danach steht es fest, daß die Klägerin nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründet wurde und ihren Sitz innerhalb der Gemeinschaft, nämlich in Luxemburg, hat. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob sie ihren satzungsmässigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in Luxemburg hat, da die Merkmale alternativ gelten und die Erfuellung eines der Kriterien den Anforderungen genügt. Allem Anschein nach sind im vorliegenden Fall alle drei Kriterien kumulativ erfuellt.

19. Ein Dienstleistungserbringer im Sinne des Gemeinschaftsrechts wird in der Regel(11) in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sein als demjenigen des Leistungsempfängers. Ansässig bedeutet aber das Bestehen einer tatsächlichen und dauerhaften Verbindung mit der Wirtschaft eines Mitgliedstaats. Meines Erachtens sind die beschriebenen tatsächlichen Elemente der Gründung und Errichtung der Gesellschaft, die Einholung sämtlicher erforderlichen Genehmigungen für den Sendebetrieb und die Aufnahme der Geschäftstätigkeit ausreichende Indizien, um die Ansässigkeit zu bejahen.

20. Eine Sendetätigkeit, die in die Niederlande reicht bzw. für die Niederlande bestimmt ist, erfuellt auch das Kriterium der Grenzueberschreitung. In ständiger Rechtsprechung qualifiziert der Gerichtshof Fernsehsendungen als Dienstleistungen(12), unabhängig davon auf welche Weise die Ausstrahlung erfolgt(13). Selbst Sendungen zu Werbezwecken werden von der Qualifizierung erfasst(14); dabei kann sich die Werbesendung auch als Dienstleistung zugunsten der Werbefirmen darstellen(15).

Der Einfluß der "Umgehungsrechtsprechung" auf das Vorliegen einer Dienstleistung

21. Die niederländische und die deutsche Regierung sind ° wie schon angedeutet ° der Ansicht, die Sendetätigkeit der Klägerin könne nicht als Dienstleistung im Sinne des Gemeinschaftsrechts betrachtet werden, da die Umgehungsabsicht der Klägerin bezueglich der niederländischen Mediengesetzgebung ausser Frage stehe. Der Rechtsprechung des Gerichtshofes im Bereiche der Grundfreiheiten sei ein Prinzip zu entnehmen, daß sich eine Person nicht auf die gemeinschaftsrechtlich verbürgten Freiheiten berufen könne, um sich den anwendbaren Rechtsvorschriften zu entziehen.

22. Unzweifelhaft hat das vorlegende Gericht mit Bindungswirkung für den Gerichtshof festgestellt, es läge ein Umgehungsmanöver vor. Die Tatsachenfeststellung ist allein Sache des mitgliedstaatlichen Gerichts. Eine andere Frage ist, aufgrund welcher Umstände eine solche Feststellung getroffen werden kann, ob sie allein aufgrund objektiver Kriterien festgestellt werden muß oder ob in die Bewertung subjektive Merkmale wie Absichten und Motive einfließen dürfen. Letzteres ist besonders bei der Begutachtung des Tätigwerdens einer juristischen Person problematisch. Auf diesen Fragenkomplex wird noch zurückzukommen sein.

23. Für die weitere Beurteilung der Frage, ob eine Dienstleistung im Sinne des Gemeinschaftsrechts vorliegt, soll von der Bewertung des vorlegenden Gerichts, eine Gesetzesumgehung stehe fest, ausgegangen werden.

24. In dem Urteil in der Rechtssache Van Binsbergen(16) heisst es:

"Ferner kann einem Mitgliedstaat nicht das Recht zum Erlaß von Vorschriften abgesprochen werden, die verhindern sollen, daß der Erbringer einer Leistung, dessen Tätigkeit ganz oder vorwiegend auf das Gebiet dieses Staates ausgerichtet ist, sich die durch Artikel 59 garantierte Freiheit zunutze macht, um sich den Berufsregelungen zu entziehen, die auf ihn Anwendung fänden, wenn er im Gebiet dieses Staates ansässig wäre; denn es ist denkbar, daß auf einen solchen Fall nicht das Kapitel über die Dienstleistungen, sondern das über das Niederlassungsrecht anwendbar wäre."(17)

25. Insbesondere der letzte Satzteil bietet Anlaß zu Zweifeln darüber, welche rechtlichen Konsequenzen an einen Fall der Umgehung einschlägiger Berufsregelungen durch einen Dienstleistungserbringer zu knüpfen sind. Bedeutet die Formulierung entweder, daß der Dienstleistungserbringer gegebenenfalls aus dem Anwendungsbereich der Regeln über die Dienstleistungsfreiheit herausfällt und dem Niederlassungsrecht unterstellt wird, als hätte er sich in dem Bestimmungsland niedergelassen, oder, daß er grundsätzlich dem Dienstleistungskapitel unterstellt bleibt, so daß die konstitutiven Elemente wie die Ansässigkeit des Dienstleistungserbringers in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers oder die Grenzueberschreitung der Dienstleistung festgestellt werden müssen und der Dienstleistungserbringer zusätzlich den Berufsregelungen des Bestimmungslandes der Dienstleistung unterworfen wird?

26. Sowohl der Standpunkt der niederländischen und der deutschen Regierung als auch die Stellungnahme aller anderen Beteiligten ist insofern mit dem Wortlaut der maßgeblichen Passage des Urteils Van Binsbergen zu vereinbaren.

27. Die Kommission hat im übrigen die Problematik erkannt und in ihrem Schriftsatz überzeugende Ausführungen dazu gemacht(18). Die Stellung der "Rechtsprechung Van Binsbergen" könne unter zwei Blickwinkeln gesehen werden. Man könne sie einerseits als Unterscheidungskriterium für die Anwendbarkeit des Artikels 52 und des Artikels 59 des Vertrags betrachten. Der letzte Satzteil des dreizehnten Erwägungsgrundes des Urteils Van Binsbergen(19) ebenso wie die Wirkungen dieser Rechtsprechung sprächen für eine solche Auslegung. Im übrigen könne man diese Rechtsprechung als eine Ausnahme von Artikel 59 des Vertrages verstehen, die davon ausgehe, daß grundsätzlich eine Dienstleistung im Sinne des Artikels 59 erbracht werde.

28. Die Unterscheidung sei insofern von Bedeutung als die erste Auslegung davon ausgehe, daß nur die Gesetzgebung des Staates anwendbar sei, in dem die Dienstleistung erbracht werde, wohingegen nach der zweiten Auslegung der Dienstleistungserbringer auf jeden Fall der Gesetzgebung des Mitgliedstaates unterworfen sei, in dem er (offiziell) niedergelassen sei und ausserdem der Gesetzgebung des Staates unterworfen werden könne, in dem er die Dienstleistung erbringe. Die zweite Auslegung führe also zur gleichzeitigen Anwendung zweier möglicherweise unvereinbarer Gesetzeslagen, was ein nicht zu vernachlässigendes Hindernis darstelle. Dennoch neigt die Kommission eher zu der letzteren Auslegung, weil der Umstand, die "Rechtsprechung Van Binsbergen" als einfaches Unterscheidungskriterium zwischen der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit zu verstehen, zu einer schwerwiegenden Ursache der Rechtsunsicherheit werden könne.

29. Diese Feststellung untermauert die Kommission mit folgender Argumentation. Der Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistung erbracht werde, sei nicht verpflichtet, die auf seinem Staatsgebiet geltenden Berufsregelungen anzuwenden: die "Rechtsprechung Van Binsbergen" gebe ihm das Recht, "sich zu verteidigen". Dieser Mitgliedstaat könne ° wenn alle Voraussetzungen erfuellt seien ° die Beachtung der Gesamtheit der Berufsregelungen vorschreiben oder, wenn er es wünsche, nur zu einem Teil; aber diese Möglichkeit des Einschreitens biete keinerlei Anhaltspunkt hinsichtlich der Lage in dem Mitgliedstaat der offiziellen Niederlassung. Dürfe der letztere Mitgliedstaat keine der auf seinem Gebiet gültigen Vorschriften anwenden (da das betreffende Unternehmen entsprechend der ersten Auslegung in dem Mitgliedstaat als "niedergelassen" gelte, in dem die Dienstleistungen erbracht werden) oder dürfe er es nur in dem Masse, in dem der andere Mitgliedstaat nicht einschreite? In jedem Fall verlange die erste Auslegung eine enge Zusammenarbeit der Behörden beider Mitgliedstaaten.

30. Im übrigen betreffe die "Rechtsprechung Van Binsbergen" nur die "Berufsregelungen". Die Kommission ist der Ansicht, daß "Berufsregelungen" ° angesichts der Tatsache, daß die "Rechtsprechung Van Binsbergen" (welcher Auslegung man auch immer folge) sich in den Zusammenhang der Vertragsvorschriften über die Aufhebung der Beschränkungen der Ausübung einer wirtschaftlichen Betätigung in der Gemeinschaft einfüge ° die nationalen Vorschriften ausmachten, die den Zugang zu Betätigungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages und deren Ausübung regelten. Andere Gesetzesvorschriften, z. B. auf dem Gebiet des Steuerrechts, der sozialen Sicherheit, der Raumordnung usw., seien nicht betroffen. Der Mitgliedstaat der offiziellen Niederlassung des Unternehmens sähe sich einer nur schwer einschätzbaren Lage gegenüber.

31. Den zutreffenden Argumenten der Kommission möchte ich folgende Überlegungen hinzufügen. Die Auslegung des Urteils Van Binsbergen, die das Urteil als ein Abgrenzungskriterium für die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit gegenüber denen der Niederlassungsfreiheit versteht, überzeugt mich nicht, denn dieser Ansatz würde jedenfalls teilweise von der realen Niederlassung des Dienstleistungserbringers absehen und von der Fiktion einer Niederlassung im Bestimmungsland der Dienstleistung ausgehen. Abgesehen von Mißbrauch bzw. Umgehungsmanövern ist es der erklärte Zweck der Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit, die Dienstleistungserbringung beschränkungsfrei zu ermöglichen, ohne eine Niederlassung in dem Mitgliedstaat zu unterhalten, in dem sich der Dienstleistungsempfänger aufhält. In dem Urteil in der Rechtssache Van Binsbergen und der Folgerechtsprechung(20) geht es sicher nicht darum, die Niederlassung zu reglementieren, sondern eine bestimmte grenzueberschreitende Betätigung den einschlägigen Berufsregeln zu unterwerfen.

32. In der vorliegenden Rechtssache ist die Niederlassung der Klägerin in Luxemburg aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die Frage kann überhaupt nur sein, ob und gegebenenfalls welche Vorschriften des Bestimmungslandes zur Anwendung kommen.

33. Ich bin daher der Ansicht, daß vor dem Hintergrund des Urteils Van Binsbergen und der Folgerechtsprechung zunächst nur die Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit Anwendung finden. Erst im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit kann als eine Grenze bzw. eine Ausnahme von der Freiheit unter bestimmten Unständen(21) das Recht des Bestimmungslandes angewendet werden, als wäre der Dienstleistungserbringer dort niedergelassen.

34. Gegen den von mir eingenommenen Standpunkt spricht zwar die potentielle Vervielfältigung anwendbarer Rechtsordnungen, das Gegenteil dessen, was mit der Dienstleistungsfreiheit bezweckt wird. Dennoch vermag dieses Argument nicht zu überwiegen. Wie Ausnahmeregelungen schlechthin, ist auch diese eng auszulegen. Dabei ist streng darauf zu achten, daß es nur um die Anwendung der Berufsregelungen geht, die der Dienstleistungserbringer zu umgehen trachtet.

35. Die im Mißbrauchsfall bzw. im Fall der Umgehung mitgliedstaatlicher Regelungen potentielle Anwendung auch der Berufsregelungen des Bestimmungslandes schließt somit den jeweiligen Sachverhalt nicht grundsätzlich von dem Anwendungsbereich der Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit aus. Gemäß ihrem objektiven Erscheinungsbild ist die grenzueberschreitende Fernsehsendetätigkeit des Ausgangsfalles daher als Dienstleistung im Sinne des Gemeinschaftsrechts zu qualifizieren.

II. Zur zweiten Frage

36. Die zweite Frage des vorlegenden Gerichts zielt darauf ab, ob der Empfangsmitgliedstaat berechtigt ist, unter den Umständen des gegebenen Falles die Dienstleistungserbringung Beschränkungen zu unterwerfen, die darin bestehen, der Klägerin den Status einer ausländischen Sendeanstalt im Sinne des mitgliedstaatlichen Rechts zu versagen, der eine günstigere Behandlung beim Marktzugang gegenüber inländischen Sendeanstalten impliziert und sie statt dessen der Inländerbehandlung zu unterziehen.

37. Die Anwendung mitgliedstaatlichen Rechts ist allein Sache des vorlegenden Gerichts. Die Qualifizierung einer Sendeanstalt als ausländische oder inländische im Sinne des niederländischen Mediengesetzes ist letztlich Anwendung innerstaatlichen Rechts. Das vorlegende Gericht hat jedoch Zweifel an der Gemeinschaftsrechtsverträglichkeit der von ihm vertretenen Gesetzesauslegung. Daher hält es die Vorabentscheidungsfragen für entscheidungserheblich und das Vorabentscheidungsersuchen für erforderlich. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes gibt der Gerichtshof im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens dem vorlegenden Gericht die Kriterien an die Hand, die es für eine gemeinschaftsrechtskonforme Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits benötigt(22).

Beschränkungsverbot als Inhalt der Dienstleistungsfreiheit

38. Wesentlicher Inhalt der Dienstleistungsfreiheit ist die Aufhebung von Beschränkungen im Sinne des Artikels 59. Beschränkungen sind in verschiedener Art und Weise denkbar. Zunächst sind gemäß der frühen Rechtsprechung des Gerichthofes darunter all jene Anforderungen zu sehen, "die an den Leistenden namentlich aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder wegen des Fehlens eines ständigen Aufenthalts in dem Staat, in dem die Leistung erbracht wird, gestellt werden und nicht für im Staatsgebiet ansässige Personen gelten oder in anderer Weise geeignet sind, die Tätigkeiten des Leistenden zu unterbinden oder zu behindern"(23).

39. Nach diesem Verständnis stellt sich das seit Ende der Übergangszeit unmittelbar anwendbare Beschränkungsverbot(24) in erster Linie als Diskriminierungsverbot dar(25). Verboten sind dabei nicht nur offene Ungleichbehandlungen, sondern auch versteckte Formen der Diskriminierung, die zwar scheinbar auf neutralen Kriterien beruhen, jedoch tatsächlich zu demselben Ergebnis führen(26). Innerstaatliche Vorschriften, die nicht unterschiedslos auf alle Dienstleistungen ohne Rücksicht auf ihren Ursprung anwendbar sind, lassen sich mit dem Gemeinschaftsrecht nur dann vereinbaren, wenn sie unter eine ausdrücklich abweichende Bestimmung, wie z. B. Artikel 56 EG-Vertrag, fallen(27).

40. Beschränkungen können jedoch auch in der Form unterschiedslos anwendbarer innerstaatlicher Vorschriften eintreten. Derartige Vorschriften, die sich für den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistungserbringer erschwerend auswirken, gelten als "sonstige Beschränkungen" und werden von dem unmittelbar anwendbaren Beschränkungsverbot mit umfasst. Die Abgrenzung zwischen versteckten Diskriminierungen und sonstigen Beschränkungen ist nicht immer eindeutig(28). Jedenfalls lässt sich der Rechtsprechung des Gerichtshofes entnehmen(29), daß jede Vorschrift, die den freien Dienstleistungsverkehr tatsächlich oder rechtlich behindert, einen Verstoß gegen Artikel 59 EG-Vertrag begründen kann, wobei in jedem Einzelfall die Vereinbarkeit der Behinderung mit Artikel 59 zu prüfen ist(30).

41. In Anbetracht der Besonderheiten mancher Dienstleistungen können bestimmte an den Leistungserbringer gestellte besondere Anforderungen als mit dem Vertrag vereinbar angesehen werden, die sich aus der Anwendung von Regelungen für diese Art von Tätigkeiten ergeben. Der freie Dienstleistungsverkehr darf jedoch nur durch unterschiedslos anwendbare Regelungen beschränkt werden, die durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt sind, und zwar nur insoweit als dem Allgemeininteresse nicht bereits durch die Rechtsvorschriften Rechnung getragen wird, denen der Dienstleistungserbringer im Staat seiner Ansässigkeit unterliegt(31).

42. Das Abstellen auf die Erfuellung bestimmter Allgemeininteressen durch die Berücksichtigung der im Staat der Ansässigkeit des Dienstleistungserbringers geltenden rechtlichen Anforderungen wurde allenthalben als eine Hinwendung der Rechtsprechung im Dienstleistungsbereich zum Herkunftslandprinzip gewertet, vergleichbar der Cassis-de-Dijon-Rechtsprechung(32) im Bereich des freien Warenverkehrs. Zu den vom Gerichtshof bereits anerkannten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gehören z. B. die zum Schutz der Empfänger von Dienstleistungen bestimmten Berufsregelungen oder der Schutz der Verbraucher(33).

43. Schließlich müssen die Anforderungen sachlich geboten sein, um die Einhaltung der Berufsregelungen und den Schutz der Interessen, den sie bezwecken, zu gewährleisten(34). Hinsichtlich dieser zuletzt genannten Merkmale bin ich wie Generalanwalt Jacobs in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Säger(35) der Ansicht, daß damit keine zusätzliche Voraussetzung für zulässige Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit aufgestellt wird. Meines Erachtens handelt es sich um Elemente der Verhältnismässigkeitsprüfung(36), die bei der Prüfung gegebenenfalls erlaubter Beschränkungen anzustellen ist.

Die Anwendung der Kriterien auf das niederländische Mediengesetz durch den Gerichtshof

44. Die Anwendung der abstrakten Kriterien auf Teile des niederländischen Mediengesetzes hat der Gerichtshof bereits in den Urteilen C-288/89(37), C-353/89(38) und C-148/91(39) vorgenommen. Dort hat er festgestellt, die Mediawet ziele auf die Aufrechterhaltung eines pluralistischen und nichtkommerziellen Rundfunkwesens und füge sich so in den Rahmen einer Kulturpolitik, die den Schutz der Meinungsfreiheit der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen in den Niederlanden im Bereich von Presse, Hörfunk und Fernsehen zum Ziel habe(40). Derartige kulturpolitische Zielsetzungen seien Ziele des Allgemeininteresses, die ein Mitgliedstaat legitimerweise verfolgen könne, beispielsweise durch eine angemessene Festlegung der Struktur der eigenen Sendeanstalten(41).

45. Die mitgliedstaatliche Entscheidung für die Aufrechterhaltung eines nichtkommerziellen Rundfunks ist folglich an sich nicht zu beanstanden. Eine spätere Gesetzesänderung kann die Rechtmässigkeit der vormals getroffenen Wertentscheidung nicht in Frage stellen. Gemäß den schriftlichen Äusserungen der Beteiligten, bestätigt durch die Einlassungen in der mündlichen Verhandlung, war es genau diese gesetzgeberische Entscheidung, die der Errichtung einer kommerziellen Sendeanstalt in den Niederlanden im Weg stand und zur Gründung der klägerischen Gesellschaft geführt hat.

46. Aus der bereits zitierten Rechtsprechung folgt weiter, daß Rechtsvorschriften über die Struktur einer Sendeanstalt auch bei unterschiedsloser Anwendung auf inländische und ausländische Körperschaften in bezug auf ausländische Anstalten eine verbotene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Sinne des Artikels 59 EG-Vertrag darstellen können(42). Aus niederländischer Sicht genießen daher ausländische Sendeanstalten eine grössere Freiheit hinsichtlich ihrer körperschaftlichen Gestalt, auch wenn sie für die Niederlande bestimmte Sendungen verbreiten. Diese Freiheit ist zwar nur relativ, weil ausländische Sendeanstalten den rechtlichen Anforderungen des Mitgliedstaates ihrer Ansässigkeit genügen müssen. Diese können sich freilich unter Umständen als liberaler darstellen.

47. Artikel 66 der Mediawet in der für den Rechtsstreit maßgeblichen Fassung bildet in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht eine eigenständige Rechtsgrundlage für den Zugang von Sendungen ausländischer Sendeanstalten zum niederländischen Kabelnetz. Die Vorschrift lässt sich in der gemeinschaftsrechtlichen Systematik dem Herkunftslandprinzip zuordnen. Eine vergleichbare Vorgehensweise beim Marktzugang von Fernsehsendungen ausländischer Sendeanstalten schreibt im übrigen die Richtlinie 89/552/EWG(43) in Artikel 2 verbindlich vor(44), die jedoch auf den im vorliegenden Fall maßgeblichen Zeitraum noch nicht anwendbar war(45).

48. Die Gründer der klägerischen Gesellschaft haben sich offenbar die Möglichkeiten des luxemburgischen Medienrechts zunutze gemacht und die klägerische Gesellschaft errichtet, wohl in der Hoffnung, die grössere Freiheit für ausländische Sendeanstalten gegenüber den Vorschriften für niederländische Sendeanstalten in Anspruch nehmen zu können. Gemessen an dem gemeinschaftsrechtlichen Ziel der freien Standortwahl, ist die Niederlassung der Klägerin nicht zu beanstanden.

49. Für die weitere Prüfung ist davon auszugehen, daß sich die unterschiedslose Anwendung der niederländischen Rechtsvorschriften zur Verhinderung kommerziellen Fernsehens ° im Hinblick auf inländische Sendeanstalten zwar nicht zu beanstanden(46) ° gegenüber der Betätigung ausländischer Sendeanstalten als verbotene Behinderung im Sinne des Artikels 59 EG-Vertrag auswirkt. Es kann also nur darum gehen, ob der Mitgliedstaat ausnahmsweise berechtigt ist, aufgrund der besonderen Umstände des Falles, die für inländische Sendeanstalten geltenden Vorschriften der Sendetätigkeit der Klägerin entgegenzuhalten, um die Einspeisung ihrer Programme in das niederländische Kabelnetz zu verhindern.

Zur "Umgehungsrechtsprechung" des Gerichtshofes

50. Wie schon im vorigen angedeutet, lässt sich im Bereich der Grundfreiheiten eine Rechtsprechung des Gerichtshofes ausmachen, die sich dahin gehend charakterisieren lässt, daß bei der Umgehung mitgliedstaatlicher Vorschriften bzw. dem Mißbrauch gemeinschaftsrechtlicher Freiheiten, dem Betroffenen eine Berufung auf die Grundfreiheiten verwehrt wird.

51. Im Bereich des freien Warenverkehrs entschied der Gerichtshof hinsichtlich unterschiedslos anwendbarer Vorschriften zur Buchpreisbindung, es handele sich an sich um eine verbotene Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Einfuhrbeschränkung. Dies gelte allerdings nicht, wenn sich aus objektiven Umständen ergeben sollte, "daß die betreffenden Bücher allein zum Zwecke ihrer Wiedereinfuhr ausgeführt worden sind, um derartige Rechtsvorschriften zu umgehen"(47). Auf dem Gebiet der Arbeitnehmerfreizuegigkeit führte der Gerichtshof in einem Urteil zur Studienförderung aus, daß sich an Hand objektiver Merkmale nachweisbare Mißbräuche dergestalt, daß sich ein Arbeitnehmer nur in der Absicht in einen Mitgliedstaat begebe, um dort nach einer sehr kurzen Berufstätigkeit eine Förderung für Studenten in Anspruch zu nehmen, von den maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen nicht gedeckt seien(48). Vergleichbare Feststellungen hat der Gerichtshof auch im Bereich der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit getroffen. In dem Urteil in der Rechtssache Knoors(49) führt der Gerichsthof beispielsweise aus:

"Indessen darf nicht verkannt werden, daß ein Mitgliedstaat ein berechtigtes Interesse daran haben kann, zu verhindern, daß sich einige seiner Staatsangehörigen unter Mißbrauch der durch den Vertrag geschaffenen Erleichterungen der Anwendung ihrer nationalen Berufsbildungsvorschriften zu entziehen suchen."

52. In die gleiche Richtung zielt das im Rahmen der Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit ergangene Urteil Van Binsbergen und die Folgerechtsprechung. In der für die vorliegende Problematik maßgeblichen Passage(50) hat der Gerichtshof festgestellt, einem Mitgliedstaat könne nicht das Recht zum Erlaß von Vorschriften abgesprochen werden, die verhindern sollen, daß der Erbringer einer Leistung, dessen Tätigkeit ganz oder vorwiegend auf das Gebiet dieses Staates ausgerichtet sei, sich die durch Artikel 59 garantierte Freiheit zunutze mache, um sich den Berufsregelungen zu entziehen, die auf ihn Anwendung fänden, wenn er im Gebiet dieses Staates ansässig wäre(51). In dem Urteil in der Rechtssache 130/88(52) macht der Gerichtshof inhaltlich die gleiche Bemerkung mit der leichten terminologischen Abweichung, daß er anstelle der Wendung "Erlaß von Vorschriften" die Formulierung "Maßnahmen zu ergreifen" gebraucht. In dem sowohl zeitlich als auch inhaltlich im Hinblick auf die vorliegende Rechtssache aktuellsten Urteil in der Rechtssache C-148/91(53), in dem der Gerichtshof die Grundsätze auf einen Fall im Bereich von Rundfunk und Fernsehen anwendet, ist bei inhaltlich vergleichbaren Ausführungen von zu ergreifenden Maßnahmen die Rede. Anstelle der "Berufsregelungen" wird der allgemeinere Begriff der "Vorschriften" verwendet(54).

53. Im Ergebnis lässt sich festhalten, daß ein Mitgliedstaat berechtigt ist, Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, daß sich ein Dienstleistungserbringer, dessen Tätigkeit ganz oder vorwiegend auf diesen Mitgliedstaat ausgerichtet ist, auf die Dienstleistungsfreiheit beruft, um sich den die berufliche Betätigung reglementierenden Vorschriften zu entziehen(55).

Konsequenzen für den vorliegenden Fall

54. Die Vorschriften, von deren Umgehung im vorliegenden Fall die Rede ist, sind solche zur Regelung der Fernsehsendetätigkeit. Es handelt sich dabei zweifellos um eine berufliche Betätigung, so daß die Vorschriften einem weit verstandenen Begriff der "Berufsregelungen" zuzuordnen sind.

55. Die Frage, ob sich die Tätigkeit der Klägerin ganz oder jedenfalls vorwiegend auf das Gebiet der Niederlande richtet, ist an Hand objektiver Kriterien zu beantworten. Programminhalte, Sprache und Werbemitteilungen sind Indizien für die Ausrichtung der Sendetätigkeit. Als weiteres Kriterium kommt in Betracht, daß die Klägerin ihre Sendetätigkeit insgesamt eingestellt hat, als ihr die Einspeisung ihrer Programme in das niederländische Kabelnetz versagt wurde.

56. Damit ein Mitgliedstaat befugt ist, Maßnahmen zu ergreifen, muß eine Feststellung darüber getroffen werden, daß der Dienstleistungserbringer die Dienstleistungsfreiheit im Sinne des Gemeinschaftsrechts in Anspruch nimmt, um sich den im Bestimmungsland der Dienstleistungen geltenden Regelungen zu entziehen.

57. Die Kommission hat dieses Element in ihrer schriftlichen Einlassung als subjektives Kriterium bezeichnet, von dieser Qualifizierung in der mündlichen Verhandlung jedoch Abstand genommen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie das "Entziehen" beschaffen sein muß und aufgrund welcher Umstände es festgestellt werden kann. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob es sich um subjektive Merkmale handelt ° die insbesondere bei der juristischen Person des Nachweises kaum zugänglich sind ° oder ob das Entziehen aufgrund objektiver Umstände erkennbar sein muß.

58. Sowohl in den schriftlichen Einlassungen der Beteiligten als auch in der mündlichen Verhandlung wurde mehrfach darauf verwiesen, daß die Umgehung der niederländischen Rechtsvorschriften als Tatsachenfeststellung von dem vorlegenden Gericht bereits verbindlich festgestellt worden sei. Der Vertreter der Klägerin hat jedoch meines Erachtens zu Recht vorgetragen, das vorlegende Gericht stelle zwar die Tatsachen fest, deren gemeinschaftsrechtliche Bewertung sei jedoch Aufgabe des Gerichtshofes. Die Feststellung einer Gesetzesumgehung bzw. des Sichentziehens ist eine rechtliche Bewertung von Fakten, die der Beurteilung des Gerichtshofes nicht gänzlich entzogen werden kann. Jedenfalls die Grenzen dieser rechtlichen Bewertung unterstehen der Rechtskontrolle des Gerichtshofes(56).

59. Zunächst ist zu erörtern, aufgrund welcher Umstände die Umgehung festgestellt werden kann. Eine Gesetzesumgehung bzw. ein Rechtsmißbrauch wird regelmässig von einer diese bezweckenden Absicht getragen, die zweifellos ein subjektives Element darstellt. Daher liegt die von der Kommission in ihrer schriftlichen Einlassung vertretene Interpretation der Rechtsprechung Van Binsbergen im Sinne des Vorliegens eines objektiven und eines subjektiven Kriteriums nahe. In den Urteilen Van Binsbergen, Cönen, Knoors und Van de Bijl ging es jeweils um die Bewertung des Verhaltens natürlicher Personen, so daß auch die Einbeziehung von Absicht und Motiven in die Betrachtung möglich war.

60. Bei einem rechtlich relevanten Tätigwerden einer juristischen Person, die durch ihre Organe handelt, verhält es sich hinsichtlich der Verwirklichung subjektiver Elemente grundsätzlich anders. Die juristische Person als solche ist nicht in der Lage, subjektive Haltungen zu entwickeln. Ethisch verantwortlich handeln nur natürliche Personen, was beispielsweise für die Strafrechtsfähigkeit einer Person von grundlegender Bedeutung ist. Im Rahmen der Rechtsordnung, die der juristischen Person ihre rechtliche Existenz ermöglicht und ihr Rechtsfähigkeit verleiht, bestehen regelmässig Zurechnungsvorschriften, die das durch natürliche Personen vollzogene Organhandeln als Handlungen der juristischen Person gelten lassen. Die Zurechnung kann bis zur Anerkennung der Deliktsfähigkeit der juristischen Person führen. Was die konkrete Ausgestaltung der Zurechnungsnormen betrifft, bestehen erhebliche Unterschiede in den verschiedenen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen.

61. Eine im Gemeinschaftsrecht für alle Mitgliedstaaten geltende einheitliche Zurechnung des Handelns natürlicher Personen zum Verantwortungsbereich einer juristischen Person könnte meines Erachtens nur im Rahmen einer rechtsvergleichenden Studie etabliert werden. Ohne die vorherige Feststellung einer derartigen gemeinschaftlichen Rechtsgrundlage halte ich die Heranziehung subjektiver Kriterien für die Bewertung des rechtlich relevanten Auftretens einer juristischen Person für problematisch. Daher sollte meiner Ansicht nach die Umgehung von Rechtsvorschriften durch eine juristische Person an Hand objektiver Kriterien festgestellt werden können.

62. Selbst wenn man davon ausgeht, daß nur objektive Merkmale in die Bewertung einfließen dürfen, bleibt zu klären, inwieweit der Berücksichtigung objektiver Tatsachen gemeinschaftsrechliche Grenzen gesetzt sind. Im zur Entscheidung stehenden Fall hat das vorlegende Gericht offenbar die Staatsangehörigkeit der Gründer der klägerischen Gesellschaft, die Staatsangehörigkeit der Geschäftsführer sowie die Staatsangehörigkeit der Bediensteten der Klägerin in die Betrachtung einfließen lassen.

63. Nach der gesetzgeberischen Entscheidung, die die Mitgliedstaaten in Artikel 58 EG-Vertrag getroffen haben, kann die Staatsangehörigkeit der Kapitaleigner einer Gesellschaft bzw. der Geschäftsführer jedenfalls zur Bestimmung des Gesellschaftssitzes und damit der Zugehörigkeit einer Gesellschaft zur Rechtsordnung eines Mitgliedstaats(57) nicht berücksichtigt werden. In dem Urteil in der Rechtssache Factortame(58) hat der Gerichtshof die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit der Kapitaleigner sowie der Geschäftsführer einer Gesellschaft als gemeinschaftsrechtswidrig qualifiziert wegen einer verbotenen Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit(59). Die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit der hinter einer Gesellschaft stehenden natürlichen Personen scheint sich daher ° jedenfalls für Angehörige der Gemeinschaft ° aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht zu verbieten.

64. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß in einem Fall potentieller Gesetzesumgehung bereits die Errichtung einer juristischen Person Teil des Umgehungsmanövers sein kann. Dennoch bin ich der Meinung, daß die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit der natürlichen Personen vermieden werden sollte, wegen der damit verbundenen Gefahr einer Diskriminierung von Gemeinschaftsangehörigen aus Gründen der Staatsangehörigkeit, deren Verbot im Gemeinschaftsrecht den Stellenwert eines Grundrechts hat.

65. Die Umgehung mitgliedstaatlicher Vorschriften sollte aufgrund anderer objektiver Merkmale feststellbar sein, wie z. B. Zeitpunkt der Aufnahme, Inhalt und Ausrichtung der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft. Bei der Beurteilung können auch unternehmerische Verflechtungen eine Rolle spielen. Der Gerichtshof hat in der Rechtssache 250/85(60) eine ganzheitliche Betrachtung des Konzernhandelns angestellt zur gemeinschaftsrechtlichen Beurteilung des Handelns einer juristischen Person und dabei die formale Aufteilung verschiedener Aufgaben des Konzerns auf selbständige Gesellschaften nicht gelten lassen, um bestimmte Verhaltensweisen ausser acht zu lassen.

66. Im Ergebnis sollte meines Erachtens zur Feststellung der Umgehung mitgliedstaatlicher berufsregelnder Vorschriften an objektive Umstände angeknüpft werden, die nicht in der Staatsangehörigkeit gemeinschaftsangehöriger natürlicher Personen, die hinter der Gesellschaft stehen und durch die die Gesellschaft handelt, begründet sind.

67. Eine abschließende Beurteilung der Vorgänge, die zu dem vorliegenden Rechtsstreit geführt haben, verbietet sich für den Gerichtshof, da dies Sache des vorlegenden Gerichts ist. Dennoch bin ich der Meinung, daß sich bereits aufgrund der dem Gerichtshof vorgetragenen tatsächlichen Gegebenheiten Anhaltspunkte erkennen lassen, die für eine Umgehung sprechen, wie z. B. die objektive Unmöglichkeit einer Sendetätigkeit in der von der Klägerin gewählten Form auf niederländischem Territorium, die Ausgestaltung und Ausrichtung der Programme und die gänzliche Einstellung der Sendetätigkeit nach dem Verbot der Einspeisung dieser Sendungen in das niederländische Kabelnetz. Die Produktion der Programme in den Niederlanden durch eine Gesellschaft, zu der gegebenenfalls besondere Verbindungen bestehen, kann ebenfalls in die Betrachtung einfließen.

68. Steht die Umgehung mitgliedstaatlicher Vorschriften zur Regelung der Berufsausübung aufgrund objektiver Tatsachen fest, kann die über den Sitz der Gesellschaft zu bestimmende Zugehörigkeit einer juristischen Person zur Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats Maßnahmen des Mitgliedstaates nicht im Wege stehen, die dieser ergreift, um die Umgehung zu verhindern. Die Maßnahmen müssen dabei nicht in dem Erlaß von Vorschriften bestehen, sondern können durchaus auch in der unterschiedslosen Anwendung mitgliedstaatlicher Vorschriften bestehen. Ob das rechtstechnisch so durchgeführt wird, daß eine juristische Person, die einer anderen mitgliedstaatlichen Rechtsordnung zugehörig ist, wie eine inländische juristische Person behandelt wird, indem ihr der Status einer ausländischen Sendeanstalt vorenthalten wird, ist letztlich Sache des Mitgliedstaates. Jedenfalls ist der Mitgliedstaat befugt, den Versuch eines Unternehmens, sich der Rechtshoheit dieses Staats zu enziehen, zu vereiteln, indem er die Gesellschaft insoweit als seiner Rechtshoheit unterworfen behandelt.

Artikel 10 und 14 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)

69. Es bleibt zu prüfen, ob dieses Zwischenergebnis vor dem Hintergrund der Artikel 10 und 14 EMRK Bestand haben kann. Zu der zweiten Frage des Vorabentscheidungsersuchens wird ausdrücklich nach den Wirkungen der Artikel 10 und 14 EMRK auf die gemeinschaftsrechliche Bewertung des vorliegenden Rechtsproblems gefragt.

70. In der mündlichen Verhandlung wurde diese Problematik weitgehend ausgespart. Im schriftlichen Verfahren haben die Beteiligten zu dem Fragenkreis im wesentlichen folgendermassen Stellung genommen.

71. Die Klägerin sieht ihre gemeinschaftsrechtliche Argumentation dadurch verstärkt, daß die von Artikel 10 EMRK geschützte Freiheit der Meinungsäusserung im Spiel sei. Von ihr die Erfuellung sämtlicher Niederlassungsvoraussetzungen zu verlangen, die zum fraglichen Zeitpunkt ausschließlich die eines öffentlichen Systems waren, dem TV 10 gerade nicht angehören wollte, liefe auf ein tatsächliches und absolutes Verbot sämtlicher Unternehmenstätigkeiten hinaus. Da es sich bei der geschützten Freiheit um ein Grundrecht handele, dürfe man gemeinschaftsrechtliche Vorschriften nicht so verstehen, daß sie die Dienstleistungsfreiheit ihres Inhalts entleerten.

72. Dies gelte um so mehr, als zum Zeitpunkt der maßgeblichen Ereignisse die niederländischen Behörden die Programme einer anderen luxemburgischen Sendeanstalt zugelassen hätten. Selbst wenn die niederländischen Behörden TV 10 zu einer Niederlassung auf niederländischem Territorium hätten veranlassen wollen, hätten sie gemäß Artikel 10 in Verbindung mit Artikel 14 EMRK bei der Festlegung der Bedingungen der Niederlassung berücksichtigen müssen, daß sie bei dieser Entscheidung keine Diskriminierung hinsichtlich ihres Statuts praktizieren dürften.

73. Der Vollständigkeit halber weist die Klägerin darauf hin, daß sie nach der Entscheidung des vorlegenden Gerichts, soweit sie eine endgültige Entscheidung enthalte, Klage gegen das Königreich der Niederlande vor der Europäischen Kommission für Menschenrechte in Straßburg erhoben habe.

74. Die niederländische Regierung äussert zunächst Zweifel an der Zuständigkeit des Gerichtshofes, über die vom vorlegenden Gericht vorgenommene Bezugnahme auf die EMRK zu entscheiden. Andererseits weist sie auf die Rechtsprechung in der Rechtssache ERT(61) hin. Sollte sich der Gerichtshof für zuständig halten, dem Hinweis des vorlegenden Gerichts auf die EMRK nachzugehen, vertritt die niederländische Regierung im Hinblick auf Artikel 10 EMRK die Ansicht, die aus der Anwendung der Mediawet resultierenden Beschränkungen für Dienstleistungen der Klägerin seien gemäß dessen Absatz 2 gerechtfertigt im Sinne der Aufrechterhaltung der Ordnung und des Schutzes der Rechte anderer. Diese Schlußfolgerung habe bereits das vorlegende Gericht gezogen. Hinsichtlich des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei festzustellen, daß die Klägerin als nicht ausländische Sendeanstalt denselben Vorschriften wie niederländische Sendeanstalten unterworfen sei. TV 10 sei daher nicht Opfer einer Ungleichbehandlung gegenüber vergleichbaren niederländischen Sendeanstalten im Sinne des Artikels 14 EMRK. Auch diese Feststellung habe das vorlegende Gericht bereits getroffen.

75. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland bemerkt zunächst, Sinn des Artikels 10 EMRK sei, "daß sich die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten aus den Rundfunkprogrammen nicht nur des eigenen Staats, sondern auch aus denen anderer Mitgliedstaaten frei unterrichten können und diese Programme ° soweit technisch möglich ° frei empfangen können". Die Regierung trägt weiter vor:

"Die übernationalen Rechtsvorschriften berücksichtigen dabei, daß das jeweilige Programm nach der für es geltenden Rechtsordnung, also der jeweiligen mitgliedstaatlichen Rundfunkordnung, veranstaltet wird. Es bezieht sich auf die für den jeweiligen Mitgliedstaat bestimmten Programme, dagegen ° dem Sinne des Artikels 10 EMRK nach ° nicht auf solche, die in der Absicht veranstaltet werden, sich mit der Wahl des Niederlassungsortes den Bestimmungen der nationalen Rundfunkordnung zu entziehen."(62)

76. Der von der deutschen Regierung vertretene Standpunkt, ein Programmveranstalter könne sich nicht auf Artikel 59 EWG-Vertrag berufen, wenn er damit die inländische Rundfunkordnung zu umgehen trachte, wird durch die Artikel 10 und 14 EMRK nach der dort vertretenen Ansicht nicht in Frage gestellt. Grundsätzlich könne man zwar davon ausgehen, daß der "free flow of information" beeinträchtigt werde, wenn Programme, die aus einem anderen Mitgliedstaat eingestrahlt werden, inländischen Beschränkungen unterworfen würden. Etwas anderes müsse aber gelten, wenn der Aspekt der Umgehung zu berücksichtigen sei. In diesem Fall gälten die gleichen Überlegungen wie bei der Umgehung der Bestimmungen des EWG-Vertrags. Es sei nicht Sinn des Artikels 10 EMRK, einem Rundfunkveranstalter die Umgehung rechtmässiger nationaler gesetzlicher Regelungen zu ermöglichen. Diese Wertung entspreche auch der des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, der es für zulässig gehalten habe, daß die Behörden eines Vertragsstaates einen im Ausland ansässigen Sender als inländischen Sender betrachten, wenn er vom Ausland aus betrieben werde, um die inländische gesetzliche Rundfunkverordnung zu umgehen(63).

77. In bezug auf eine eventuelle Verletzung des Diskriminierungsverbots aus Artikel 14 EMRK führt die Bundesregierung aus, was im Rahmen des Artikels 10 Absatz 2 EMRK zur Verhinderung von Umgehungstatbeständen zulässig sei, sei sachlich begründet und damit nicht willkürlich. Hinsichtlich einer möglichen Ungleichbehandlung durch die Behandlung der Klägerin als inländische Sendeanstalt gegenüber ausländischen Sendeanstalten schließe der Umgehungstatbestand "per se" die Berufung auf das Diskriminierungsverbot aus.

78. Die Kommission vertritt die Ansicht, die Artikel 10 und 14 EMRK hätten im vorliegenden Fall keine Auswirkungen auf die zu prüfenden Fragen. Artikel 10 der Konvention enthalte das Recht der freien Meinungsäusserung. Absatz 2 der Vorschrift erlaube, daß die Ausübung des Rechts Formalitäten, Bedingungen und Beschränkungen unterworfen werden könne, die vom Gesetz vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig seien. Artikel 14 verbiete Diskriminierungen im Hinblick auf die von der Konvention garantierten Rechte und Freiheiten. Es werde nicht vorgetragen, die in den Niederlanden geltenden Berufsregelungen, die auf in den Niederlanden ansässige Sendeanstalten Anwendung fänden, seien mit Artikel 10 der Konvention unvereinbar. Die Kommission sieht auch nicht, wie der Umstand, diese Regeln gegenüber einem im Ausland ansässigen Unternehmen anzuwenden, mit Artikel 10 und 14 EMRK in einer spezifischen Situation, wie der in der "Rechtsprechung Van Binsbergen" beschriebenen, unvereinbar sein könne, wo sich ein Unternehmen absichtlich der Anwendung von Regeln entziehe, die an sich mit der Konvention vereinbar seien.

79. Zur Anwendung und Auslegung von Vorschriften der EMRK wurde der Gerichtshof in der Vergangenheit schon mehrfach ersucht. Hinsichtlich seiner Zuständigkeit zur Überprüfung gesetzgeberischer Maßnahmen am Maßstab der Europäischen Menschenrechtskonvention hat der Gerichtshof ausgeführt:

"Der Gerichtshof hat zwar für die Einhaltung der Grundrechte auf dem Gebiet des Gemeinschaftsrechts zu sorgen; er kann jedoch nicht prüfen, ob ein nationales Gesetz, das ... zu einem Bereich gehört, der in das Ermessen des nationalen Gesetzgebers fällt, mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar ist."(64)

80. Allerdings zählen die durch die Konvention geschützten Grundrechte, insbesondere deren Artikel 10, der die Meinungsfreiheit garantiert, zu den von der Gemeinschaftsrechtsordnung geschützten Grundrechten(65). In dem Urteil in der Rechtssache C-260/89 ERT ergriff der Gerichtshof die Gelegenheit, sich anläßlich einer Vorabentscheidungsfrage zu Artikel 10 EMRK grundsätzlich zum Verhältnis zwischen Gemeinschaftsrecht und Europäischer Menschenrechtskonvention zu äussern. Unter Hinweis auf die Urteile Nold(66), Johnston(67) und Wachauf(68) führte der Gerichtshof aus, vorab sei darauf hinzuweisen, daß die Grundrechte nach ständiger Rechtsprechung zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehören, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern habe. Dabei gehe der Gerichtshof von den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten sowie von den Hinweisen aus, die die völkerrechtlichen Verträge über den Schutz der Menschenrechte geben, an deren Abschluß die Mitgliedstaaten beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind. Hierbei habe die Europäische Menschenrechtskonvention eine besondere Bedeutung. Daraus ergebe sich, daß in der Gemeinschaft keine Maßnahmen als rechtens anerkannt werden können, die mit der Beachtung der so anerkannten und gewährleisteten Menschenrechte unvereinbar seien(69).

81. Unter Bezugnahme auf die Urteile Cinéthèque(70) und Demirel(71) führt der Gerichtshof weiter aus, zwar könne der Gerichtshof eine nationale Regelung, die nicht im Rahmen des Gemeinschaftsrechts ergangen sei, nicht im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention beurteilen. "Fällt eine solche Regelung dagegen in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts, so hat der Gerichtshof, wenn er im Vorabentscheidungsverfahren angerufen wird, dem vorlegenden Gericht alle Auslegungskriterien an die Hand zu geben, die es benötigt, um die Vereinbarkeit dieser Regelung mit den Grundrechten beurteilen zu können, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat und die sich insbesondere aus der Eurpoäischen Menschenrechtskonvention ergeben."(72)

82. Insofern als die Anwendung der "Umgehungsrechtsprechung" als Ausnahme von der Dienstleistungsfreiheit verstanden werden kann, sind die weiteren Ausführungen des Gerichtshofes in der Rechtssache ERT von besonderer Bedeutung für den vorliegenden Fall. Dort heisst es:

"Insbesondere, wenn ein Mitgliedstaat sich auf Artikel 66 in Verbindung mit Artikel 56 beruft, um eine Regelung zu rechtfertigen, die geeignet ist, die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit zu behindern, ist diese im Gemeinschaftsrecht vorgesehene Rechtfertigung im Lichte der allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere der Grundrechte auszulegen. Die in Artikel 66 in Verbindung mit Artikel 56 vorgesehenen Ausnahmen können daher für die betreffende nationale Regelung nur dann gelten, wenn sie im Einklang mit den Grundrechten steht, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat."(73)

83. Strukturell sind diese Überlegungen auf den vorliegenden Fall gleichermassen anwendbar. Der Gerichtshof zieht in der Rechtssache ERT folgende Konsequenz aus den vorstehenden Überlegungen:

"In einem solchen Fall hat folglich das vorlegende Gericht und gegebenenfalls der Gerichtshof die Anwendung dieser Vorschriften unter Berücksichtigung aller Grundsätze des Gemeinschaftsrechts zu beurteilen einschließlich der in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verbürgten Meinungsfreiheit als eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dessen Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat."(74)

84. Hinsichtlich der konkreten Anwendung der so durch die Europäische Menschenrechtskonvention definierten allgemeinen Rechtsgrundsätze hat sich der Gerichtshof stets zurückgehalten. In den verbundenen Rechtssachen 46/87 und 227/88(75), in denen eine Verletzung des Artikels 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention behauptet wurde, stellte der Gerichtshof mit einem Satz die Unanwendbarkeit der Vorschrift auf den konkreten Sachverhalt fest und führte weiter aus:

"Im übrigen ist festzustellen, daß hierzu keine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vorliegt."(76)

85. Hinsichtlich der Anwendung der Artikel 10 und 14 EMRK auf dem vorliegenden Fall vergleichbare Sachverhalte liegt hingegen bereits eine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vor. In der Rechtssache Groppera Radio AG u. a./Schweiz(77) führte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Rahmen der Prüfung der Rechtfertigung von Beschränkungen der Weiterverbreitung von Rundfunksendungen durch Kabelsysteme aus:

"Schließlich ist vor allem darauf hinzuweisen, daß die gewählte Vorgangsweise durchaus notwendig erscheinen konnte, um eine Rechtsumgehung zu verhindern; es handelte sich nicht um eine Art von Zensur, die sich gegen den Inhalt oder die Tendenz der betreffenden Programme richtete, sondern um eine Maßnahme gegen einen Sender, den die Behörden des belangten Staates mit guten Gründen für einen Schweizer Sender ansehen konnten, der von der anderen Seite der Grenze betrieben wurde, um die in der Schweiz geltende gesetzliche Fernmeldeordnung zu umgehen. Die staatlichen Behörden haben daher im vorliegenden Fall den ihnen von der Konvention eingeräumten Ermessensspielraum nicht überschritten."(78)

86. In diesem Fall ging die das Urteil tragende Mehrheit der Richter davon aus, daß die Sendetätigkeit der Klägerin als illegal im Sinne der Rechtsordnung des Sendestaats zu bewerten sei. Insofern bestuende ein Unterschied zu dem hier vom Gerichtshof zu entscheidenden Fall. Aus den abweichenden Meinungen der Richter Petitti, Bernhard und De Meyer lässt sich jedoch entnehmen, daß die Illegalität der Sendetätigkeit keineswegs feststand.

87. In einer Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte(79) heisst es im Rahmen der Prüfung des Artikels 10 Absatz 2:

"The Commission notes that the recent changes in the Media Act have not affected the position of broadcasting institutions established abroad with the evident intention of evading the Dutch statutory regulations for national broadcasting institutions. They are not regarded as foreign broadcasting institutions, but as national broadcasting institutions subject to the rules on broadcasting applicable to such institutions.

The commission notes that, while the applicant company is incorporated under British law and has its seat in the United Kingdom, the programme at ißü is specifically intended for the Dutch public. In these circumstances and having regard to the fact that both the company and the Cable One programme have other strong links with the Netherlands, the Dutch authorities could reasonably consider that these broadcasts should be subject to those rules which normally apply to Dutch broadcasting institutions. There is no indication that these rules, insofar as they are relevant to the present case, involve restrictions which would be in violation of Article 10 of the Convention."

88. Im Rahmen derselben Entscheidung bei der Prüfung von Artikel 14 führt die Kommission aus:

"The Commission recalls that Article 14 dös not forbid every difference in treatment in the exercise of the rights and freedoms guaranteed by the Convention. It refers in this connection to the caselaw of the Court concerning the criteria for assessing a difference in treatment: There must be established an objective and reasonable justification for the measure in question, as well as a reasonable relationship of proportionality between the means employed and the aim sought to be realized ...".

89. Die Auslegung der Artikel 10 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und die Europäische Kommission für Menschenrechte in der wiedergegebenen Form bieten keinerlei Anhaltspunkte, an der unter gemeinschaftsrechtlichem Blickwinkel vorgeschlagenen Lösung des Falles zu zweifeln. Meines Erachtens liegen sie auf der gleichen Linie wie die durch die "Umgehungsrechtsprechung" des Gerichtshofes erzielten Ergebnisse. Artikel 10 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention stehen daher der Anwendung der Umgehungsrechtsprechung des Gerichtshofes nicht im Wege.

C °- Schlussantrag

90. Als Ergebnis vorstehender Überlegungen schlage ich vor, die Vorabentscheidungsfragen wie folgt zu beantworten:

1) Sendet eine Sendeanstalt von einem Mitgliedstaat X ausgehend Fernsehsendungen in einen anderen Mitgliedstaat Y, für den die Sendungen in erster Linie, jedoch nicht ausschließlich bestimmt sind, liegen Dienstleistungen mit gemeinschaftsrechtlich erheblichem grenzueberschreitenden Charakter vor, auch wenn die Sendeanstalt für die Zulassung zum Kabelrundfunknetz im Mitgliedstaat Y nicht in Betracht kommt und sie die Sendungen vom Mitgliedstaat X aus durchführt, zu dem aus objektiven Umständen ableitbaren offensichtlichen Zweck, sich dadurch den gesetzlichen Regelungen des Mitgliedstaates Y zu entziehen.

2) Der Empfangsstaat Y kann zur Verhinderung einer Gesetzesumgehung Maßnahmen ergreifen, die die Dienstleistungserbringung ausnahmsweise Beschränkungen unterwirft dergestalt, daß der Sendeanstalt der Status einer ausländischen Sendeanstalt im Sinne des mitgliedstaatlichen Rechts versagt und sie dadurch den für inländischen Sendeanstalten geltenden Vorschriften unterstellt wird. Die unterschiedslose Anwendung der für innerstaatliche Sendeanstalten geltenden Regelungen ist dabei zulässig unter der Voraussetzung, daß

1. die Tätigkeit ganz oder vorwiegend auf das Gebiet dieses Mitgliedstaates ausgerichtet ist und

2. der Dienstleistungserbringer sich die durch Artikel 59 EG-Vertrag garantierte Freiheit zunutze macht, um sich den Vorschriften zu entziehen, die auf ihn Anwendung fänden, wenn er im Gebiet dieses Staats ansässig wäre.

Beide Voraussetzungen müssen aufgrund objektiver Merkmale erkennbar sein, die nicht in der Staatsangehörigkeit der Kapitaleigner, der Geschäftsführer oder der Bediensteten der dienstleistenden Gesellschaft begründet sind.

Die Artikel 10 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention stehen dieser Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht entgegen.

(*) Originalsprache: Deutsch.

(1) - Seit 1. November 1993 EG-Vertrag gemäß Vertrag über die Europäische Union vom 7. Februar 1992 (ABl. C 224 vom 31.8.1992).

(2) - Urteil vom 18. März 1980 in der Rechtssache 52/79 (Debauve, Slg. 1980, 833).

(3) - Urteil vom 3. Dezember 1974 in der Rechtssache 33/74 (Van Binsbergen, Slg. 1974, 1299).

(4) - Urteil vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 79/85 (Segers, Slg. 1986, 2375).

(5) - Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298, S. 23).

(6) - Vgl. die im folgenden in den Randnrn. 51 und 52 besprochene Rechtsprechung.

(7) - Vgl. Artikel 59 Absatz 2.

(8) - Vgl. Artikel 59 Absatz 1. Zu möglichen Ausnahmen von dieser Regel vgl. Urteile vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C-145/89 (Kommission/Frankreich, Slg. 1991, I-659; Rechtssache C-180/89 (Kommission/Italien, Slg. 1991, I-709); Rechtssache C-198/89 (Kommission/Griechenland, Slg. 1991, I-727); Urteil vom 22. März 1994 in der Rechtssache C-375/92 (Kommission/Spanien, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht). Vgl. auch meine Schlussanträge vom 11. Mai 1994 in der Rechtssache C-379/92 (Peralta, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 74 bis 77).

(9) - Urteil vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 270/83 (Kommission/Frankreich, Slg. 1986, 273, Randnr. 18); Urteil vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 79/85 (a. a. O., Randnr. 13) und Urteil vom 13. Juli 1993 in der Rechtssache C-330/91 (Commerzbank, Slg. 1993,

I-4017, Randnr. 13).

(10) - Schreibweise wie im klägerischen Schriftsatz.

(11) - Hinsichtlich möglicher Ausnahmen von der Regel vgl. die in der Fußnote 8 zitierte Rechtsprechung.

(12) - Ausdrücklich: Urteil vom 30. April 1974 in der Rechtssache 155/73 (Sacchi, Slg. 1974, 409, Randnr. 6); implizit: in den Urteilen vom 18. Juni 1991 in der Rechtssache C-260/89 (ERT, Slg. 1991, I-2925, Randnrn. 19 f.); vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-288/89 (Collectieve Antennevoorziening Gouda, Slg. 1991, I-4007); vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-353/89 (Kommission/Niederlande, Slg. 1991, I-4069); vom 3. Februar 1993 in der Rechtssache C-148/91 (Veronica Omröp Organisatie, Slg. 1993, I-487).

(13) - Urteil vom 18. März 1980 in der Rechtssache 52/79 (a. a. O., Randnr. 8).

(14) - Rechtssache 52/79 (a. a. O.).

(15) - Urteil vom 26. April 1988 in der Rechtssache 352/85 (Bond van Adverteerders/Niederländischer Staat, Slg. 1988, 2085, Randnr. 14).

(16) - Vergleichbar auch die Folgerechtsprechung, z. B. Urteil vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 205/84 (Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755); Urteil vom 16. Dezember 1992 in der Rechtssache C-211/92 (Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-6757, Randnr. 12) und Urteil vom 3. Februar 1993 in der Rechtssache C-148/91 (a. a. O., Randnr. 12).

(17) - Vgl. Rechtssache 33/74 (a. a. O., Randnr. 13), Hervorhebung durch den Verfasser.

(18) - Vgl. Schriftsatz der Kommission, S. 10 f., Nrn. 12 und 13.

(19) - Zitiert siehe oben, Nummer 24.

(20) - Urteil vom 26. November 1975 in der Rechtssache 39/75 (Cönen, Slg. 1975, 1547); Urteil vom 7. Februar 1979 in der Rechtssache 115/78 (Knoors, Slg. 1979, 399); Urteil vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 205/84 (a. a. O.); Urteil vom 27. September 1989 in der Rechtssache 130/88 (Van de Bijl, Slg. 1989, 3039); Rechtssache C-148/91 (a. a. O.).

(21) - Nach der Rechtsprechung Van Binsbergen kommt die Anwendung der Berufsregelungen objektiv nur unter der Voraussetzung in Betracht, daß erstens die Tätigkeit des Dienstleistungserbringers ganz oder vorwiegend auf das Gebiet dieses Staates ausgerichtet ist und er sich zweitens die Dienstleistungsfreiheit zunutze macht, um sich den Berufsregelungen zu entziehen, die auf ihn Anwendung fänden, wenn er im Gebiet dieses Staates ansässig wäre (vgl. Nummer 13).

(22) - Urteil vom 18. Oktober 1990 in den verbundenen Rechtssachen C-297/88 und C-197/89 (Dzodzi, Slg. 1990, I-3763, Randnrn. 29 f.).

(23) - Rechtssache Van Binsbergen (a. a. O., Randnr. 10); vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 1975 in der Rechtssache 39/75 (Cönen, Slg. 1975, 1547, Randnr. 6).

(24) - Rechtssache Van Binsbergen (a. a. O., Randnr. 23).

(25) - Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-288/89 (a. a. O., Randnr. 10).

(26) - Vgl. meine Schlussanträge vom 5. Dezember 1990 in der Rechtssache C-154/89 (Urteil vom 26. Februar 1991, Kommission/Frankreich, Slg. 1991, I-659, I-666, Randnr. 27).

(27) - Vgl. Rechtssache C-288/89 (a. a. O., Randnr. 11).

(28) - Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 21. Februar 1991 in der Rechtssache C-76/90 (Urteil vom 25. Juli 1991, Säger, Slg. 1991, I-4221, I-4229, Randnrn. 20, 21 und 22).

(29) - Urteil vom 17. Dezember 1981 in der Rechtssache 279/80 (Webb, Slg. 1981, 3305, Randnr. 6); Rechtssache 205/84 (Kommission/Deutschland, a. a. O.).

(30) - Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache C-154/89 (a. a. O. Randnr. 9).

(31) - Rechtssache 205/84 (Kommission/Deutschland, a. a. O., Randnr. 27); Rechtssache 279/80 (Webb, a. a. O., Randnr. 17).

(32) - Urteil vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78 (Rewe, Slg. 1979, 649).

(33) - Vgl. Rechtssache C-288/89 (a. a. O., Randnr. 14). Dort werden weitere Fallgruppen aufgezählt mit den jeweiligen Referenzen der Rechtsprechung.

(34) - Verbundene Rechtssachen 110/78 und 111/78 (Van Wesemäl, a. a. O., Randnr. 30); Rechtssache 205/84 (Kommission/Deutschland, a. a. O., Randnr. 27).

(35) - Schlussanträge in der Rechtssache C-76/90 (a. a. O., Randnr. 29).

(36) - Z. B. Rechtssache 205/84 (Kommission/Deutschland, a. a. O., Randnrn. 41 ff.); Rechtssache C-288/89 (Collectieve Antennevoorziening Gouda, a. a. O., Randnr. 15).

(37) - Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-288/89 (a. a. O.).

(38) - Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-353/89 (a. a. O.).

(39) - Urteil vom 3. Februar 1993 in der Rechtssache C-148/91 (a. a. O.).

(40) - Rechtssache 148/91 (a. a. O., Randnr. 9) unter Bezugnahme auf Rechtssache C-353/89 (a. a. O., Randnrn. 3, 29 und 30) und Rechtssache C-288/89 (a. a. O., Randnrn. 22 und 23).

(41) - Rechtssache C-148/91 (a. a. O., Randnr. 10) unter Bezugnahme auf Rechtssache C-353/89 (a. a. O., Randnrn. 41 und 42) und Rechtssache C-288/89 (a. a. O., Randnrn. 23 und 24).

(42) - Rechtssache C-353/89 (Kommission/Niederlande, a. a. O., Randnrn. 40 ff.).

(43) - A. a. O. (Fußnote 5).

(44) - Vgl. auch zwölfter, vierzehnter und fünfzehnter Erwägungsgrund der Richtlinie, wo es heisst:

Daher ist es notwendig und ausreichend, daß alle Fernsehsendungen dem

Recht des Mitgliedstaats entsprechen, in dem sie ihren Ursprung haben.

...

Im Gemeinsamen Markt müssen alle Fernsehsendungen, die ihren Ursprung in der Gemeinschaft haben und für den Empfang in der Gemeinschaft bestimmt sind, speziell diejenigen, welche für den Empfang in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt sind, dem auf die zum Empfang durch die Allgemeinheit im Ursprungsmitgliedstaat bestimmten Fernsehsendungen anwendbaren Recht dieses Mitgliedstaates ebenso wie dieser Richtlinie entsprechen.

Die Verpflichtung des Sendestaats, die Einhaltung des durch diese Richtlinie koordinierten nationalen Rechts sicherzustellen, reicht nach dem Gemeinschaftsrecht aus, um den freien Verkehr von Fernsehsendungen zu gewährleisten, ohne daß eine zweite Kontrolle aus den gleichen Gründen in jedem der Empfangsstaaten stattfinden muß ... .

(45) - Artikel 25 der Richtlinie 89/552.

(46) - Die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, für Fernsehveranstalter, die ihrer Rechtshoheit unterworfen sind, strengere Bestimmungen vorzusehen, ist auch nach Inkrafttreten der Richtlinie 89/552 erhalten geblieben. Vgl. Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie und dreizehnter Erwägungsgrund: Diese Richtlinie regelt das notwendige Mindestmaß, um den freien Sendeverkehr zu verwirklichen. Sie berührt daher nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und ihrer Untergliederung für die Organisation ° einschließlich der gesetzlichen oder behördlichen Zulassungen oder der Besteuerung ° und die Finanzierung der Sendungen sowie die Programminhalte. Eigenständige kulturelle Entwicklungen in den Mitgliedstaaten und die Bewahrung der kulturellen Vielfalt in der Gemeinschaft bleiben deshalb wie bisher möglich.

(47) - Urteil vom 10. Januar 1985 in der Rechtssache 229/83 (Leclerc/Au blé vert, Slg. 1985, 1, Randnr. 27 und Tenor). In diesem Sinne auch Urteil vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 299/83 (Leclerc/Syndicat de librairies de Loire-Océan, Slg. 1985, 2515) und Urteil vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 95/84 (Boriello/Darras und Tostain, Slg. 1986, 2253).

(48) - Urteil vom 21. Juni 1986 in der Rechtssache 39/86 (Lair/Universität Hannover, Slg. 1988, 3161, Randnr. 43).

(49) - Urteil vom 7. Februar 1979 in der Rechtssache 115/78 (Knoors/Staatssekretär für Wirtschaft, Slg. 1979, 399, Randnr. 25).

(50) - Vgl. wörtlich zitiert im vorigen, Nummer 24.

(51) - Vgl. Randnr. 13 des Urteils (a. a. O.). Auch in der Rechtssache 39/75 (a. a. O., Randnrn. 8 bis 11 und in dem Urteil vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 205/84 (a. a. O., Randnr. 22) hat der Gerichtshof diese Feststellung wörtlich wiederholt.

(52) - Urteil vom 27. September 1989 in der Rechtssache 130/88 (a. a. O., Randnr. 26).

(53) - Urteil vom 3. Februar 1993 in der Rechtssache C-148/91 (a. a. O., Randnr. 12).

(54) - Zu dem Urteil vom 16. Dezember 1992 in der Rechtssache C-211/91 (Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-6757, Randnr. 12) wurde die Anwendung der Umgehungsgrundsätze geprüft, aber abgelehnt.

(55) - Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang die Antwort der Kommission auf die schriftliche Anfrage Nr. 1101/89. Sie veröffentlicht dazu, sie habe in den Aussprachen des Rates im Hinblick auf die Annahme der Richtlinie 89/552 erklärt, daß sie bei der Wahrnehmung der ihr zukommenden Rolle und bei der Auslegung des Rechts dafür Sorge tragen werde, daß die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften bezueglich der Umgehung einzelstaatlicher Regelungen beachtet werde und verweist auf das Urteil in der Rechtssache Van Binsbergen (ABl. C 125 vom 21.5.1990, S. 34).

(56) - Das vorlegende Gericht scheint ebenfalls von dieser Einschätzung ausgegangen zu sein, da es den von ihm festgestellten Sachverhalt der Begutachtung durch den Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens unterbreitet hat.

(57) - Urteil vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 270/83 (a. a. O., Randnr. 18); Urteil vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 79/85 (a. a. O., Randnr. 13).

(58) - Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-221/89 (Factortame u. a., Slg. 1991, I-3905, Randnr. 33).

(59) - Rechtssache C-221/89 (a. a. O., Randnr. 32).

(60) - Urteil vom 5. Oktober 1988 in der Rechtssache 250/85 (Brother/Rat, Slg. 1988, 5683, Randnr. 16).

(61) - Urteil vom 18. Juni 1991 in der Rechtssache C-260/89 (a. a. O., Randnrn. 42 bis 44).

(62) - Vgl. Schriftsatz der deutschen Regierung, S. 11.

(63) - EGMR, Urteil vom 28. März 1990, Nr. 14/1988/158/214 (Groppera Radio AG u. a./Schweiz, Veröffentlichungen des EGMR, Serie A, Vol. 173, Randnr. 72).

(64) - Urteil vom 11. Juli 1985 in den verbundenen Rechtssachen 60/84 und 61/84 (Cinéthèque/Fédération nationale des cinémas français, Slg. 1985, 2605, Randnr. 26).

(65) - Vgl. Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-353/89 (a. a. O., Slg. 1991, I-4069, Randnr. 30) und der Hinweis auf die Rechtssache 4/73 (Urteil vom 14. Mai 1974, Nold, Slg. 1974, 491, Randnr. 13).

(66) - Rechtssache 4/73 (a. a. O., Randnr. 13).

(67) - Urteil vom 15. Mai 1986 in der Rechtssache 222/84 (Slg. 1986, 1651, Randnr. 18).

(68) - Urteil vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 5/88 (Slg. 1989, 2609, Randnr. 19).

(69) - Rechtssache C-260/89 (a. a. O., Randnr. 41).

(70) - Verbundene Rechtssachen 60/84 und 61/84 (a. a. O., Randnr. 26).

(71) - Urteil vom 30. September 1987 in der Rechtssache 12/86 (Slg. 1987, 3719, Randnr. 28).

(72) - Urteil in der Rechtssache C-260/89 (a. a. O., Randnr. 42).

(73) - Rechtssache C-260/89 (a. a. O., Randnr. 43).

(74) - Rechtssache C-260/89 (a. a. O., Randnr. 44).

(75) - Urteil vom 21. September 1989 in den verbundenen Rechtssachen 46/87 und 227/88 (Hoechst/Kommission, Slg. 1989, 2859).

(76) - Verbundene Rechtssachen 46/87 und 227/88 (a. a. O., Randnr. 18).

(77) - EGMR Urteil vom 28. März 1990 ° 14/1988/158/214 (a. a. O., Fußnote 62).

(78) - Randnr. 73 des Urteils.

(79) - Rechtssache 1803/91 (Cable Music Europe Ltd./Niederlande).

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