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Document 61989CC0073

    Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 20. Mai 1992.
    A. Fournier und Angehörige gegen V. van Werven und andere.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal de grande instance de Toulon - Frankreich.
    Kraftfahrzeugversicherung - Gebiet des gewöhnlichen Standorts.
    Rechtssache C-73/89.

    Sammlung der Rechtsprechung 1992 I-05621

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1992:222

    61989C0073

    Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 20. Mai 1992. - A. FOURNIER UND PARTNER GEGEN V. VAN WERVEN, BUREAU CENTRAL FRANCAIS UND ANDERE. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: TRIBUNAL DE GRANDE INSTANCE DE TOULON - FRANKREICH. - KRAFTFAHRZEUGVERSICHERUNG - GEWOEHNLICHER STANDORT. - RECHTSSACHE C-73/89.

    Sammlung der Rechtsprechung 1992 Seite I-05621


    Schlußanträge des Generalanwalts


    ++++

    Herr Präsident,

    meine Herren Richter!

    1. Das Tribunal de grande instance Toulon (Var) ersucht um Vorabentscheidung über die Bedeutung des Begriffs "Gebiet, in dem das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat" in Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezueglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 103, S. 1) in der durch Artikel 4 der Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 (ABl. 1984, L 8, S. 17) geänderten Fassung.

    2. Die Frage stellt sich im Rahmen einer Klage wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 25. Juli 1985 in Frankreich ereignete. Das Fahrzeug, mit dem die Familie Fournier (Kläger) unterwegs war, stieß mit dem von Vaiter van Werven (Beklagter) gesteuerten Fahrzeug zusammen, der für den Unfall offensichtlich verantwortlich war. Das von ihm gesteuerte Fahrzeug war ursprünglich in Deutschland zugelassen, doch wurde die Zulassung gelöscht, da das Fahrzeug in den Niederlanden gestohlen worden war. Zum Zeitpunkt des Unfalls trug das Fahrzeug ein niederländisches Kennzeichen, das freilich einem anderen Fahrzeug zugeteilt war, nämlich dem Fahrzeug eines Herrn Koppelman. Der Beklagte war nicht von der in Artikel 3 der Richtlinie 72/166 vorgesehenen Pflichtversicherung gedeckt.

    3. Die Kläger erhoben Klage gegen den Beklagten und das Bureau central français des assurances (im folgenden: Zentralbüro bzw. das französische Zentralbüro). Sie machten geltend, das Zentralbüro sei aufgrund Artikel R 420-1 des französischen Code des assurances haftbar, wonach das Zentralbüro die Opfer von Unfällen zu entschädigen habe, an denen Fahrzeuge mit gewöhnlichem Standort im Gebiet eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft beteiligt seien. Das Zentralbüro machte geltend, es habe die Kläger nicht zu entschädigen, weil die niederländischen amtlichen Kennzeichen, die das Fahrzeug trug, nicht echt gewesen seien. In einem solchen Fall sei eine andere Körperschaft ° der Fonds de garantie automobile ° aufgrund einer Vereinbarung zwischen den beiden Körperschaften haftbar. Ausserdem verkündete das Zentralbüro der entsprechenden Stelle in den Niederlanden, dem Nederlands Bureau der Motorrijtuigverzekeraars (im folgenden: das niederländische Zentralbüro) den Streit mit der Begründung, diese Stelle sei möglicherweise haftbar, weil das vom Beklagten gesteuerte Fahrzeug niederländische Nummernschilder getragen habe. Das niederländische Zentralbüro wiederum verkündete der entsprechenden Stelle in Deutschland ° dem HUK-Verband ° und der HUK-Coburg, einer deutschen Versicherungsgesellschaft, bei der das Fahrzeug, als es noch im Besitz des rechtmässigen Eigentümers war, versichert gewesen war, den Streit.

    4. Die zentrale Frage, die sich im Verfahren vor dem nationalen Gericht stellt, geht dahin, welche der fünf vorstehend erwähnten Stellen ° das französische Zentralbüro, der Fonds de garantie automobile, das niederländische Zentralbüro, der HUK-Verband oder die HUK-Coburg ° gegenüber den Klägern endgültig haftbar ist. Das Tribunal de grande instance Toulon (Var) stellte sich auf den Standpunkt, daß die Beantwortung dieser Frage von der Bedeutung des Begriffs "Gebiet, in dem das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat," in Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 72/166 in seiner geänderten Fassung abhängig sei. Ich werde später erläutern, in welcher Weise (bzw. ob) diese Vorschrift für den Ausgang des Rechtsstreits erheblich ist. Jedenfalls legte das Tribunal de grande instance mit Beschluß vom 26. September 1988, der am 9. März 1989 beim Gerichtshof einging, folgende Frage zur Vorabentscheidung vor:

    Welches Gebiet ist der gewöhnliche Standort im Sinne von Artikel 1 Absatz 4 der Gemeinschaftsrichtlinie 72/166 vom 24. April 1972 in der Fassung der Gemeinschaftsrichtlinie vom 30. Dezember 1983 bei einem Fahrzeug, das nacheinander in verschiedenen Staaten zugelassen wurde, unabhängig davon, ob diese Zulassungen von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß vorgenommen wurden oder ob sie sich aus dem Anbringen falscher Kennzeichen an dem Fahrzeug ergeben?

    5. Das französische Zentralbüro und der HUK-Verband legten gegen diesen Beschluß bei der Cour d' appel Aix-en-Provence Berufung ein. Mit Beschluß vom 4. April 1990 hat der Gerichtshof das Verfahren für die Dauer des Berufungsverfahrens ausgesetzt. Nachdem die Cour d' appel die Entscheidung über das Vorabentscheidungsersuchen bestätigt hatte, hat der Gerichtshof am 24. April 1991 die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet.

    Rechtlicher Rahmen

    6. Seit mehreren Jahrzehnten besteht in den meisten europäischen und in vielen nichteuropäischen Ländern für die Halter von Kraftfahrzeugen die Pflicht, eine Haftpflichtversicherung zugunsten Dritter, die aufgrund eines Verkehrsunfalls Schäden an Körper oder Eigentum erleiden, abzuschließen. Länder, die für die eigenen Gebietsansässigen eine solche Pflicht vorsahen, zögerten natürlich, Fahrzeuge aus anderen Ländern einreisen zu lassen, wenn sie nicht von einem gültigen Versicherungszertifikat mit entsprechenden Garantien gedeckt waren. Um dieses Problem zu lösen, wurde das sogenannte "Grüne-Karte-System" entwickelt, das auf die Empfehlung Nr. 5 des Unterausschusses für Strassenverkehr des Binnenverkehrsausschusses der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa vom 25. Januar 1949 zurückgeht (vgl. Artikel 1 Absatz 5 der Richtlinie 72/166).

    7. Dieser Empfehlung gemäß wurden in jedem Land nationale Versicherungsbüros eingerichtet, in denen die in dem betreffenden Land für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zugelassenen Versicherungsunternehmen zusammengefasst wurden. Die Versicherungsgesellschaften waren ermächtigt, ihren Kunden im Namen ihres nationalen Zentralbüros ein internationales Versicherungszertifikat, die sogenannte grüne Karte, auszustellen. Die grüne Karte diente als Nachweis, daß das fragliche Fahrzeug ordnungsgemäß haftpflichtversichert war. Zweifellos erleichterte dieses System den internationalen Strassenverkehr beträchtlich, weil es die Kontrollen erleichterte, die von Zollbeamten durchgeführt werden mussten, um die Einreise nicht versicherter Fahrzeuge zu verhindern. Es beseitigte jedoch nicht die Erforderlichkeit von Kontrollen überhaupt, weil es immer noch notwendig war, in jedem einzelnen Fall zu überprüfen, ob ein Fahrzeug von einer grünen Karte gedeckt war. Im Jahr 1972 entschied der Rat, daß solche Kontrollen aufgehoben werden sollten, da sie den freien Verkehr von Kraftfahrzeugen und Personen innerhalb der Gemeinschaft behinderten und sich auf das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirkten (vgl. die ersten drei Begründungserwägungen der Richtlinie 72/166). Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 72/166 sieht demgemäß vor:

    "Die Mitgliedstaaten verzichten auf eine Kontrolle der Haftpflichtversicherung bei Fahrzeugen, die ihren gewöhnlichen Standort im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats haben.

    Die Mitgliedstaaten verzichten ferner auf eine Kontrolle dieser Versicherung bei Fahrzeugen, die aus dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats in ihr Gebiet einreisen und ihren gewöhnlichen Standort im Gebiet eines dritten Landes haben. Sie können jedoch eine Stichprobenkontrolle durchführen."

    Diese Kontrollen konnten jedoch nur beseitigt werden, wenn Grenzbeamte davon ausgehen konnten, daß jedes in einem Mitgliedstaat augenscheinlich zugelassene Fahrzeug von einer ausreichenden Versicherung gedeckt war. Dazu legte Artikel 3 der Richtlinie 72/166 folgendes fest:

    "(1) Jeder Mitgliedstaat trifft vorbehaltlich der Anwendung des Artikels alle zweckdienlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß die Haftpflicht bei Fahrzeugen mit gewöhnlichem Standort im Inland durch eine Versicherung gedeckt ist. Die Schadensdeckung sowie die Modalitäten dieser Versicherung werden im Rahmen dieser Maßnahmen bestimmt.

    (2) Jeder Mitgliedstaat trifft alle zweckdienlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß der Versicherungsvertrag überdies folgende Schäden deckt:

    ° die im Gebiet der anderen Mitgliedstaaten gemäß den Rechtsvorschriften dieser Staaten verursachten Schäden,

    ..."

    8. Nach Ansicht des Rates war es auch erforderlich, in jedem Mitgliedstaat eine Stelle zu errichten, die die Regelung von Schadensfällen garantiert, die von Fahrzeugen verursacht werden, die ihren gewöhnlichen Standort in einem anderen Mitgliedstaat haben, weil die Opfer solcher Unfälle eine Entschädigung offenbar in ihren eigenen Mitgliedstaaten erlangen können sollten, statt ihre Ansprüche gegen den Fahrer oder Versicherer in einem anderen Land durchsetzen zu müssen. Statt den Mitgliedstaaten aufzugeben, zu diesem Zweck eine öffentliche Körperschaft einzurichten, beschloß der Rat jedoch, die nationalen Versicherungsbüros mit dieser Aufgabe zu betrauen. Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 72/166 sieht deshalb vor:

    "Bei Fahrzeugen, die ihren gewöhnlichen Standort im Gebiet eines der Mitgliedstaaten haben, werden die Vorschriften dieser Richtlinie, mit Ausnahme der Artikel 3 und 4, wirksam:

    ° sobald zwischen den sechs nationalen Versicherungsbüros ein Übereinkommen geschlossen worden ist, wonach sich jedes nationale Zentralbüro nach Maßgabe der eigenen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften betreffend die Pflichtversicherung zur Regelung von Schadensfällen verpflichtet, die sich in seinem Gebiet ereignen und durch den Verkehr von versicherten oder nicht versicherten Fahrzeugen verursacht werden, die ihren gewöhnlichen Standort im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats haben;

    ° von dem Zeitpunkt an, den die Kommission bestimmen wird, nachdem sie in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten das Bestehen eines solchen Übereinkommens festgestellt hat;

    ° für die Geltungsdauer dieses Übereinkommens."

    9. Die nationalen Zentralbüros schlossen das in Artikel 2 Absatz 2 vorgesehene Übereinkommen am 12. Dezember 1973. Mit der Entscheidung 74/166/EWG vom 6. Februar 1974 (ABl. 1974, L 87, S. 13) legte die Kommission fest, daß zum 15. Mai 1974 die Versicherungskontrollen in bezug auf Fahrzeuge mit gewöhnlichem Standort in den Mitgliedstaaten abgeschafft würden.

    10. Die angeführten Vorschriften nehmen oft auf das "Gebiet, in dem das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat" Bezug. Nach Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 72/166 bedeutet dieser Begriff:

    "° das Gebiet des Staates, in dem das Fahrzeug zugelassen ist, oder,

    ° soweit es für eine Fahrzeugart keine Zulassung gibt, das betreffende Fahrzeug jedoch eine Versicherungsplakette oder ein dem amtlichen Kennzeichen ähnliches Unterscheidungszeichen trägt, das Gebiet des Staates, in dem diese Plakette oder dieses Unterscheidungszeichen verliehen wurde, oder,

    ° soweit es für bestimmte Fahrzeugarten weder eine Zulassung noch eine Versicherungsplakette noch ein unterscheidendes Kennzeichen gibt, das Gebiet des Staates, in dem der Fahrzeughalter seinen Wohnsitz hat ..."

    Artikel 4 der Richtlinie 84/5 ersetzte den ersten Gedankenstrich dieser Definition durch die Wendung "das Gebiet des Staates, dessen amtliches Kennzeichen das Fahrzeug trägt".

    11. Mit der Richtlinie 84/5 wurden andere wichtige Anpassungen der Regelung der Richtlinie 72/166 vorgenommen. Artikel 1 Absatz 1 bestimmt, daß die in Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 72/166 bezeichnete Pflichtversicherung sowohl Sachschäden als auch Personenschäden zu umfassen hat. Artikel 1 Absatz 2 legt Mindestbeträge für die Pflichtversicherung fest. Artikel 1 Absatz 4 bestimmt:

    "Jeder Mitgliedstaat schafft eine Stelle oder erkennt eine Stelle an, die für Sach- oder Personenschäden, welche durch ein nicht ermitteltes oder nicht im Sinne des Absatzes 1 versichertes Fahrzeug verursacht worden sind, zumindest in den Grenzen der Versicherungspflicht Ersatz zu leisten hat. Das Recht der Mitgliedstaaten, Bestimmungen zu erlassen, durch die der Einschaltung dieser Stelle subsidiärer Charakter verliehen wird oder durch die der Rückgriff dieser Stelle auf den oder die für den Unfall Verantwortlichen sowie auf andere Versicherer oder Einrichtungen der sozialen Sicherheit, die gegenüber dem Geschädigten zur Regulierung desselben Schadens verpflichtet sind, geregelt wird, bleibt unberührt."

    Artikel 2 bestimmt:

    "(1) Jeder Mitgliedstaat trifft zweckdienliche Maßnahmen, damit jede Rechtsvorschrift oder Vertragsklausel in einer nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 72/166/EWG ausgestellten Versicherungspolice, mit der die Nutzung oder Führung von Fahrzeugen durch

    ° hierzu weder ausdrücklich noch stillschweigend ermächtigte Personen

    ...

    von der Versicherung ausgeschlossen werden, bei der Anwendung von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 72/166/EWG bezueglich der Ansprüche von bei Unfällen geschädigten Dritten als wirkungslos gilt.

    ...

    Den Mitgliedstaaten steht es frei, bei Unfällen auf ihrem Gebiet Unterabsatz 1 nicht anzuwenden, wenn und soweit das Unfallopfer Schadensersatz von einem Sozialversicherungsträger erlangen kann.

    (2) In den Fällen gestohlener oder unter Anwendung von Gewalt erlangter Fahrzeuge können die Mitgliedstaaten vorsehen, daß die in Artikel 1 Absatz 4 bezeichnete Stelle nach Maßgabe von Absatz 1 des vorliegenden Artikels anstelle des Versicherers eintritt; hat das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort in einem anderen Mitgliedstaat, so hat diese Stelle keine Regressansprüche gegenüber irgendeiner Stelle in diesem Mitgliedstaat.

    ..."

    12. Dem Gerichtshof ist keine Frage zur Auslegung von Artikel 1 Absatz 4 und Artikel 2 der Richtlinie 84/5 vorgelegt worden. Die Bedeutung dieser Vorschriften für den vorliegenden Fall hängt weitgehend davon ab, wie und wann Frankreich die Richtlinie umgesetzt hat. Dies sind Fragen, über die das nationale Gericht zu entscheiden hat.

    13. Um der Richtlinie 84/5 nachzukommen, hatten die Mitgliedstaaten ihre einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bis zum 31. Dezember 1987 zu ändern. Die geänderten Bestimmungen hatten bis zum 31. Dezember 1988 zur Anwendung zu gelangen (Artikel 5 Absatz 2).

    Die Rechtsprechung des Gerichtshofes

    14. Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 72/166 war Gegenstand zweier Vorabentscheidungen des Gerichtshofes, die am 9. Februar 1984 ergingen. Der Rechtssache 344/82 (Gambetta Auto/Bureau central français, Slg. 1984, 591) lag ein Unfall in Paris zugrunde, der von einem Fahrzeug mit österreichischem Kennzeichen verursacht wurde. Das Fahrzeug war in Österreich ordnungsgemäß zugelassen worden, doch war die Verkehrszulassung mehrere Monate zuvor entzogen worden, da der Versicherungsvertrag aufgelöst worden war. Fahrzeuge mit gewöhnlichem Standort in Österreich galten nach Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 72/166 als Fahrzeuge mit gewöhnlichem Standort in der Gemeinschaft, da die nationalen Versicherungsbüros für Österreich ein Garantieabkommen geschlossen hatten. Die dem Gerichtshof vorgelegte Frage ging im wesentlichen dahin, ob ein solches Fahrzeug auch dann so zu behandeln sei, als habe es seinen Standort im Gebiet des Zulassungsstaats, wenn seine Verkehrszulassung entzogen war. Der Gerichtshof machte die folgenden Ausführungen (Randnrn. 13 bis 15):

    "Es ist daran zu erinnern, daß durch die Richtlinie die Grenzkontrolle der grünen Karte aufgehoben werden soll. Dies macht es erforderlich, daß der Standortstaat mühelos bestimmt werden kann, was durch die Verleihung eines amtlichen Kennzeichens sichergestellt wird. Wenn dagegen verlangt würde, daß dieses Kennzeichen noch gültig ist, so liefe das darauf hinaus, daß die Kontrolle der grünen Karte durch eine systematische Überprüfung der Zulassung ersetzt und der Richtlinie damit jegliche praktische Wirksamkeit genommen würde.

    Folglich muß für die Anwendung der Richtlinie des Rates davon ausgegangen werden, daß ein Fahrzeug, das ein solches Kennzeichen trägt, seinen Standort auch dann im Gebiet der Zulassung hat, wenn seine Verkehrszulassung inzwischen entzogen worden ist.

    Aus diesen Gründen ist die Vorlagefrage wie folgt zu beantworten: Trägt ein Fahrzeug ein ordnungsgemäß verliehenes amtliches Kennzeichen, so hat es seinen Standort im Sinne der Richtlinie 72/166 auch dann im Gebiet des Zulassungsstaats, wenn seine Verkehrszulassung zu der betreffenden Zeit entzogen war."

    15. Zu einem ähnlichen Ergebnis war Generalanwalt Sir Gordon Slynn in seinen Schlussanträgen in dieser Rechtssache gekommen. Er fügte hinzu:

    "Diese Schlussanträge beschränken sich auf den Fall, daß ein Kennzeichen von der zuständigen Behörde für genau das Fahrzeug verliehen wurde, das es trägt. Andere Situationen, wie sie in den Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung erwähnt worden sind ° z. B., daß ein scheinbar amtliches Kennzeichen in Wirklichkeit gefälscht ist oder daß ein echtes Kennzeichen etwa durch einen Dieb von einem Fahrzeug abgenommen und an einem anderen Fahrzeug, für das es nicht verliehen wurde, angebracht wird °, werfen andere Fragen auf, über die hier nicht zu entscheiden ist."

    16. Der Rechtssache 64/83 (Bureau central français/Fonds de garantie automobile, Slg. 1984, 689) lag ein Unfall in Frankreich zugrunde, der von einem gestohlenen Fahrzeug mit deutschem amtlichen Kennzeichen verursacht worden war. Die Zulassung war infolge eines Diebstahls erloschen. In Beantwortung einer Frage zur Auslegung des Artikels 1 Absatz 4 der Richtlinie 72/166 entschied der Gerichtshof wie folgt:

    "Trägt ein Fahrzeug ein ordnungsgemäß verliehenes amtliches Kennzeichen, so hat es seinen gewöhnlichen Standort im Sinne der Richtlinie 72/166 auch dann im Gebiet des Zulassungsstaats, wenn seine Verkehrszulassung zu der betreffenden Zeit entzogen war, unabhängig davon, ob der Entzug dieser Zulassung die Unwirksamkeit oder die Löschung der Registrierung zur Folge hat."

    Die Erheblichkeit der Vorlagefrage und die Zuständigkeit des Gerichtshofes zur Beantwortung

    17. Wie ich ausgeführt habe, steht im Rechtsstreit vor dem nationalen Gericht die Frage im Mittelpunkt, welche der verschiedenen betroffenen Stellen den Klägern letztlich haftet. Die Kommission hat sowohl in ihren schriftlichen Erklärungen als auch in ihren Antworten auf die vom Gerichtshof gestellten schriftlichen Fragen festgestellt, daß das Gemeinschaftsrecht zu diesem Punkt schweigt. Die Richtlinien behandeln nicht die Frage, ob das nationale Zentralbüro des Mitgliedstaats, in dem der Unfall sich ereignet, nach Entschädigung der Opfer gemäß der in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 72/166 enthaltenen Garantie vom nationalen Zentralbüro des Mitgliedstaats, in dem das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat, eine Erstattung verlangen darf. Diese Frage bleibt dem innerstaatlichen Recht und dem privatrechtlichen Übereinkommen überlassen, dessen Abschluß in Artikel 2 Absatz 2 vorgesehen ist. Wie der Gerichtshof in der Rechtssache 152/83 (Demouche/Fonds de garantie automobile, Slg. 1987, 3833) festgestellt hat, ist der Gerichtshof für die Auslegung eines solchen Übereinkommens nicht zuständig, da es sich nicht um einen Rechtsakt eines Gemeinschaftsorgans handelt.

    18. Die Kommission hat zweifellos recht, wenn sie meint, daß die Frage, ob das französische Zentralbüro für an Unfallopfer ausgezahlte Beträge von einem anderen nationalen Zentralbüro Erstattung verlangen kann, nach einzelstaatlichem Recht und nach den zwischen den Zentralbüros geschlossenen Abkommen zu beantworten sei, und daß das Gemeinschaftsrecht den Zentralbüros nicht die Freiheit nehme, eine ihnen geeignet erscheinende Vereinbarung zu treffen. Daraus folgt jedoch nicht, daß der Gerichtshof für die Beantwortung der vom nationalen Gericht im vorliegenden Verfahren gestellten Frage nicht zuständig wäre.

    19. Das Tribunal de grande instance hat den Gerichtshof um die Auslegung eines in einer Gemeinschaftsrichtlinie verwandten Begriffs gebeten. Offenbar ersucht es um eine solche Auslegung, weil derselbe Begriff in einem zwischen den nationalen Versicherungsbüros geschlossenen Abkommen privatrechtlicher Art verwendet wird und der Ausgang des bei ihm anhängigen Rechtsstreit von der Bedeutung dieses Begriffs im Zusammenhang dieses Abkommens abhängt. Diese Sachlage erinnert an den Sachverhalt in den verbundenen Rechtssachen C-297/88 und C-197/89 (Dzodzi, Slg. 1990, I-3763) und in der Rechtssache C-231/89 (Gmurzynska-Bscher/Oberfinanzdirektion Köln, Slg. 1990, I-4003). In diesen Fällen befand der Gerichtshof, daß er zuständig sei, über die Auslegung von Gemeinschaftsbestimmungen nicht nur zum Zweck der Anwendung dieser Bestimmungen als solcher, sondern auch zum Zweck der Anwendung innerstaatlichen Rechts zu entscheiden, das Verweisungen auf die Gemeinschaftsbestimmungen enthalte. Sicherlich muß dieser Grundsatz nicht notwendigerweise für alle Fälle gelten, in denen es um die Auslegung eines privatrechtlichen Vertrags geht, der Begriffe des Gemeinschaftsrechts enthält. Er ist jedoch im vorliegenden Fall anwendbar, da das zwischen den nationalen Zentralbüros geschlossene Abkommen, bei dem es sich keineswegs um einen gewöhnlichen privatrechtlichen Vertrag handelt, einen wesentlichen Teil des von der Richtlinie 72/166 eingeführten Systems darstellt. Das Abkommen war nicht nur in der Richtlinie vorgesehen; sein Abschluß war Bedingung für das Inkrafttreten der meisten Bestimmungen der Richtlinie.

    20. Somit ist der Gerichtshof für die Beantwortung der vom Tribunal de grande instance vorgelegten Frage zuständig. Doch ist zu betonen, daß dem Gerichtshof bei der Auslegung der beiden Richtlinien nur die Aufgabe zukommt, dem Begriff "Gebiet, in dem das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat" die Bedeutung zu geben, die er im Rahmen der Richtlinien hat. Die Frage, ob der Begriff in dem zwischen den nationalen Versicherungsbüros geschlossenen Abkommen dieselbe Bedeutung hat, ist allein Sache des nationalen Gerichts. Entsprechend sollte der Gerichtshof sich bei der Auslegung der Richtlinien nicht von möglichen Rückwirkungen beeinflussen lassen, die seine Entscheidung auf die Auslegung dieses Abkommens haben könnte. Ich werde deshalb alle Argumente als unerheblich unberücksichtigt lassen, die zur materiell-rechtlichen Frage geltend gemacht wurden, wer für die Folgen des von den Klägern erlittenen Unfalls endgültig zu haften habe.

    Die Bedeutung des Begriffs "Gebiet, in dem das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat"

    21. Das Tribunal de grande instance ersucht um die Auslegung des Artikels 1 Absatz 4 der Richtlinie 72/166 in der mit der Richtlinie 84/5 geänderten Fassung. Vor seiner Änderung definierte Artikel 1 Absatz 4 den Begriff "Gebiet, in dem das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat" ° von bestimmten Ausnahmefällen abgesehen ° als "das Gebiet des Staates, in dem das Fahrzeug zugelassen ist". Artikel 4 der Richtlinie 84/5 ersetzte diese Definition durch die Wendung "das Gebiet des Staates, dessen amtliches Kennzeichen das Fahrzeug trägt". Zum Zeitpunkt des fraglichen Unfalls war die Frist für die Umsetzung der Richtlinie 84/5 noch nicht abgelaufen. Aus meinen Ausführungen wird deutlich, daß es nicht Aufgabe des Gerichtshofes ist, zu entscheiden, ob dieser Umstand erheblich ist. Da es Sache des nationalen Gerichts ist, zu entscheiden, ob der in dem zwischen den nationalen Zentralbüros geschlossenen Übereinkommen verwandte Begriff dieselbe Bedeutung hat wie in der Richtlinie 72/166, kommt dem nationalen Gericht auch die Entscheidung zu, ob der Begriff unter Bezugnahme auf die ursprüngliche oder die geänderte Fassung der Richtlinie auszulegen ist. Ich werde mich deshalb auf die vom Tribunal de grande instance vorgelegte Frage beschränken und Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 72/166 in der geänderten Fassung der Richtlinie 84/5 auslegen.

    22. Der Begriff des Gebiets, in dem das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat, wird in den Artikeln 2, 3, 5, 6 und 7 der Richtlinie 72/166 mindestens zehnmal verwandt. Insbesondere verlangt Artikel 2 von den Mitgliedstaaten, auf eine Kontrolle der Haftpflichtversicherung bei Fahrzeugen zu verzichten, die ihren gewöhnlichen Standort im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats haben. Artikel 3 verlangt, daß jeder Mitgliedstaat alle zweckdienlichen Maßnahmen trifft, um sicherzustellen, daß die Haftpflicht bei Fahrzeugen mit gewöhnlichem Standort im Inland durch eine Versicherung gedeckt ist. Die Artikel 6 und 7 verlangen im wesentlichen, daß die Mitgliedstaaten sicherstellen, daß Fahrzeuge mit gewöhnlichem Standort in einem Drittland, die in das Gebiet der EWG einreisen, für den Verkehr im Gebiet der Gemeinschaft von einer gültigen Versicherung gedeckt sind.

    23. Legt man diese Bestimmungen unter Berücksichtigung der Zielsetzung der Richtlinie 72/166 aus, kann die Bedeutung des Begriffs "Gebiet, in dem das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat" meines Erachtens kaum zweifelhaft sein. Diese Zielsetzung liegt darin, jede Kontrolle der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung an der Grenze zu beseitigen, um den freien Verkehr von Kraftfahrzeugen und Personen zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern (vgl. die zweite und dritte Begründungserwägung). Das von der Richtlinie geschaffene System beruht auf der Vermutung, daß Fahrzeuge in dem Land ordnungsgemäß zugelassen und versichert sind, dessen Kennzeichen sie tragen, unabhängig davon, ob dieses Kennzeichen echt ist. Wenn ein französischer Grenzbeamter ein Fahrzeug sieht, das ein niederländisches Kennzeichen trägt, verzichtet er auf die Kontrolle, ob der Fahrer eine grüne Karte hat, weil er nach Gemeinschaftsrecht von der Annahme auszugehen hat, daß das Fahrzeug in den Niederlanden zugelassen und gemäß Artikel 3 der Richtlinie 72/166 entsprechend dort ordnungsgemäß versichert ist, oder daß, wenn es nicht versichert ist, zumindest das französische Versicherungsbüro die Opfer eines von dem Fahrzeug verursachten Unfalls entschädigen wird (vorbehaltlich eines möglichen Rückgriffsanspruchs gegen das niederländische Versicherungsbüro, wenn dieser im zwischen den Zentralbüros geschlossenen Abkommen vorgesehen ist). Träfe den Grenzbeamten nur die Pflicht, auf die Kontrolle der Versicherungsdokumente solcher Fahrzeuge zu verzichten, die in einem Mitgliedstaat tatsächlich zugelassen sind, würde die Zielsetzung des Systems verfehlt. Bevor der Beamte einem Fahrzeug die Einreise erlaube, hätte er zunächst zu überprüfen, ob das Fahrzeug tatsächlich zugelassen ist, wozu er die Zulassungsdokumente, die der Fahrer bei sich hat, kontrollieren müsste. Es wäre kaum sinnvoll, die Kontrolle von Versicherungsdokumenten abzuschaffen, diese Abschaffung jedoch von der Kontrolle anderer Dokumente abhängig zu machen (vgl. Randnr. 13 der Entscheidung Gambetta Auto, zitiert oben in Nr. 14).

    24. Daraus folgt, daß Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 72/166, im Lichte der Zielsetzung der Richtlinie betrachtet, dahin auszulegen ist, daß ein Fahrzeug so zu behandeln ist, als habe es seinen gewöhnlichen Standort in dem Land, dessen Kennzeichen es trägt, und zwar unabhängig davon, ob das Kennzeichen echt ist. Der Zweck von Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie würde verfehlt, wenn Artikel 1 Absatz 4 anders ausgelegt würde. Dieses Ergebnis ist bereits für die ursprüngliche Fassung des Artikels 1 Absatz 4 zwingend. Berücksichtigt man auch noch die von Artikel 4 der Richtlinie 84/5 vorgenommene Änderung, werden letzte Zweifel ausgeräumt. Nach der geänderten Fassung des Artikels 1 Absatz 4 ist ein Fahrzeug so zu behandeln, als habe es seinen gewöhnlichen Standort im Gebiet des Staats, dessen amtliches Kennzeichen das Fahrzeug trägt. Infolge der Änderung stimmt die Wortlautauslegung mit der Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschriften überein.

    25. Eine Bestätigung dafür, daß diese Auslegung zutrifft, findet sich in der vorletzten Begründungserwägung der Richtlinie 84/5, in der festgestellt wird, daß Voraussetzung für die Abschaffung der Kontrolle der Versicherung ist, daß das nationale Versicherungsbüro eine Garantie übernimmt, die von Fahrzeugen mit gewöhnlichem Standort in einem anderen Mitgliedstaat verursachten Schäden zu ersetzen, und "[z]ur Feststellung, ob ein Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort in einem bestimmten Mitgliedstaat hat, ... das amtliche Kennzeichen des betreffenden Staates nach wie vor das einfachste Kriterium" bleibt. Der Einfachheit dieses Kriteriums wäre es in hohem Masse abträglich, wenn Grenzbeamte verpflichtet wären, zu überprüfen, ob ein Kennzeichen, das den Anschein eines echten, in einem Mitgliedstaat ordnungsgemäß verliehenen Kennzeichens vermittelt, seinem Anschein tatsächlich gerecht wird.

    26. Eine weitere Bestätigung der vorstehend vorgeschlagenen Auslegung lässt sich in der Entstehungsgeschichte der Richtlinie 84/5 finden. Als der Vorschlag für eine zweite Richtlinie über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung dem Wirtschafts- und Sozialausschuß vorgelegt wurde, vertrat dieser die Auffassung, daß das amtliche Kennzeichen nur dann das entscheidende Kriterium sein solle, wenn "es sich um ein dem Fahrzeug ordnungsgemäß zugeteiltes ° wenn auch eventuell abgelaufenes ° Kennzeichen" handele; somit sollten "gefälschte oder mißbräuchlich am Fahrzeug angebrachte Kennzeichen ausgeschlossen" sein (Abschnitt 6.2 der Stellungnahme des Ausschusses, ABl. 1981, C 138, S. 15). Entsprechend war das Europäische Parlament der Auffassung (ABl. 1981, C 287, S. 44), daß Artikel 1 Absatz 4 erster Gedankenstrich wie folgt lauten sollte:

    "Das Gebiet des Staates, dessen ordnungsgemäß erteiltes amtliches Kennzeichen das Fahrzeug trägt."

    Doch haben diese Vorschläge des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Europäischen Parlaments in die Endfassung der Richtlinie 84/5 keinen Eingang gefunden. Daraus ist zu folgern, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber sich bewusst dafür entschieden hat, nicht zwischen echten amtlichen Kennzeichen, die am Fahrzeug entsprechend einer gültigen Zulassung angebracht wurden, und falschen amtlichen Kennzeichen, die ohne die Genehmigung der zuständigen Behörde ordnungswidrig am Fahrzeug angebracht wurden, zu unterscheiden. Beide Arten von Kennzeichen bestimmen, in welchem Land ein Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat.

    27. Obwohl manche von dieser Lösung entsetzt sein werden, da sie dem Dieb oder dem Fälscher zugesteht, durch seine rechtswidrige eine Reihe von Rechtsfolgen zu bewirken, entspricht sie doch in den meisten Fällen der Wirklichkeit. Gestohlene Fahrzeuge müssen ° ebenso wie Fahrzeuge, die von ihrem rechtmässigen Halter betrieben werden ° irgendwo ihren "gewöhnlichen Standort" haben, und es bedarf keines grossen Einfühlungsvermögens in Straftäter, um zu erkennen, daß eine Person, die bewusst ein gestohlenes Fahrzeug fährt, es aller Wahrscheinlichkeit nach mit amtlichen Kennzeichen des Gebiets ausstatten wird, in dem sie mit dem Fahrzeug am Verkehr teilnimmt; ein gestohlenes Fahrzeug mit ausländischen Kennzeichen zu versehen, würde diejenige Art von Aufmerksamkeit der Behörden wecken, die Diebe normalerweise zu vermeiden suchen. In der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle wird also ein Fahrzeug mit falschen amtlichen Kennzeichen tatsächlich in dem von diesen Kennzeichen angegebenen Land seinen "gewöhnlichen Standort" haben.

    Antrag

    28. Ich bin deshalb der Ansicht, daß die dem Gerichtshof vom Tribunal de grande instance Toulon (Var) vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten ist:

    Wird ein in einem Mitgliedstaat zugelassenes Fahrzeug gestohlen und rechtswidrig mit einem amtlichen Kennzeichen versehen, das den Anschein vermittelt, das Fahrzeug sei in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen, hat das Fahrzeug nach Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 72/166 des Rates in der durch Artikel 4 der Richtlinie 84/5 des Rates geänderten Fassung seinen gewöhnlichen Standort im Gebiet des letzteren Mitgliedstaats.

    (*) Originalsprache: Englisch.

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