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Document 52025DC0075

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Eine Vision für Landwirtschaft und Ernährung Gemeinsam einen attraktiven EU-Agrar- und Lebensmittelsektor für künftige Generationen gestalten

COM/2025/75 final

Brüssel, den 19.2.2025

COM(2025) 75 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Eine Vision für Landwirtschaft und Ernährung

Gemeinsam einen attraktiven EU-Agrar- und Lebensmittelsektor für künftige Generationen gestalten




Inhaltsverzeichnis

1.Gemeinsam einen attraktiven EU-Agrar- und Lebensmittelsektor für künftige Generationen gestalten

2.Vision und Ziele für 2040: Ein für heutige und künftige Generationen attraktives, wettbewerbsfähiges, nachhaltiges und faires Agrar- und Lebensmittelsystem

3.Gemeinsame Gestaltung der politischen Maßnahmen für einen florierenden Agrar- und Lebensmittelsektor

3.1.    Aufbau eines attraktiven Sektors, der einen angemessenen Lebensstandard gewährleistet und neue Einkommensquellen schafft    

3.2.    Ein wettbewerbsfähiger und resilienter Sektor angesichts globaler Herausforderungen    

3.3.    Sicherung der Zukunftsfähigkeit eines naturnahen Agrar- und Lebensmittelsektors    

3.4.    Wertschätzung von Lebensmitteln und Förderung fairer Lebens- und Arbeitsbedingungen in lebendigen ländlichen Gebieten    

4.Schaffung günstiger Rahmenbedingungen: Forschung, Innovation, Wissen und Know-how ins Zentrum der europäischen Agrar- und Lebensmittelwirtschaft rücken

5.SCHLUSSFOLGERUNG

1.Gemeinsam einen attraktiven EU-Agrar- und Lebensmittelsektor für künftige Generationen gestalten 

Landwirtschaft und Lebensmittel sind für das Leben in Europa enorm wichtig. Die Art und Weise, wie wir Lebensmittel erzeugen und genießen, geht auf eine langjährige Tradition zurück und hat die Gemeinschaften, Kulturen und Landschaften Europas geprägt.

Landwirtschaft und Lebensmittel, einschließlich der Fischerei, sind für die Union strategische Sektoren, die 450 Millionen Europäerinnen und Europäern sichere und hochwertige Lebensmittel liefern und eine Schlüsselrolle bei der globalen Ernährungssicherheit spielen. Im Niinistö-Bericht 1 wird die Lebensmittelbranche als einer der Sektoren genannt, der für die Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger von entscheidender Bedeutung ist. Die entsprechende Unterstützung der Union im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) steht aus guten Gründen im Zentrum des europäischen Projekts. Die europäische Ernährungssicherheit, Lebensmittelsicherheit und Ernährungssouveränität sind nicht verhandelbar. Die europäischen Bürgerinnen und Bürger bestätigen dies: 94 % der Bürgerinnen und Bürger, die an der jüngsten Eurobarometer-Umfrage teilnahmen, bestätigten, dass es wichtig ist, eine allzeit stabile Lebensmittelversorgung in der EU sicherzustellen 2 .

Lebensmittel tragen auch zu unserer Wettbewerbsfähigkeit bei. Das Agrar- und Lebensmittelsystem als Herzstück des EU-Binnenmarkts erwirtschaftete mit seiner Vielfalt an Unternehmen, seinem Umfang, seiner Bandbreite und seinen Produktionsmethoden 2022 einen Mehrwert von mehr als 900 Mrd. EUR und beschäftigte rund 30 Millionen Menschen 3 , was rund 15 % der Gesamtbeschäftigung in der EU entspricht. Als größter Agrar- und Lebensmittelexporteur der Welt hat die EU ihren Handelsbilanzüberschuss im Laufe der Jahre stetig erhöht, sodass sich dieser im Jahr 2023 auf 70 Mrd. EUR belief 4 . Allerdings ist die Situation etwa bei Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen, Ölsaaten und Eiweißpflanzen anders. Hier ist die EU in hohem Maße von Einfuhren abhängig.

Landwirtschaft und Ernährung sind für die Erhaltung lebendiger und florierender Gemeinschaften in ländlichen Gebieten und Küstengebieten entscheidend. Im ländlichen Raum sind 25 % der EU-Bevölkerung zuhause und er macht 75 % des Territoriums aus, was ihn zu einem wichtigen Bestandteil der europäischen Identität macht 5 . Lebendige ländliche Gebiete und Küstengebiete sind von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, die Entvölkerung zu bekämpfen und die Voraussetzungen für gute Lebensverhältnisse zu schaffen.

Bei Landwirtschaft und Fischerei ist die Natur eine entscheidende Komponente. Landwirtinnen und Landwirte sowie Fischerinnen und Fischer hüten die Natur, sind das Fundament eines widerstandsfähigen Europas, und sie sind ein wesentlicher Teil der Lösung für den Schutz und die Verbesserung der Widerstandsfähigkeit von Natur, Böden, Wasser, Luft, Biodiversität, Ozeanen und Klima. Landwirtschafts- und Fischereibetriebe sowie Lebensmittelunternehmen sorgen für Innovationen und Unternehmertum. Innovation ermöglicht neue Geschäftsmodelle und Anreize, wodurch der Übergang sowohl für Landwirtinnen und Landwirte als auch für Fischerinnen und Fischer und die Natur von Nutzen ist und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit fördert.

Allerdings sollten wir unsere Ernährungssouveränität niemals für selbstverständlich halten. Der Agrar- und Lebensmittelsektor hat den Schocks der Pandemie und den hohen Betriebsmittelkosten standgehalten und seine unglaubliche Widerstandsfähigkeit unter Beweis gestellt. Der Druck geopolitischer Spannungen, die Folgen der jüngsten Krisen, verheerende Auswirkungen extremer Wetterereignisse und Umweltzerstörung sowie die Folgen struktureller Trends gefährden jedoch die Tragfähigkeit dieses wichtigen Sektors und die strategische Autonomie der EU.

Der Agrar- und Lebensmittelsektor steht heute vor den Herausforderungen des Strukturwandels, einschließlich erheblicher Unterschiede bei der Größe landwirtschaftlicher Betriebe und einer alternden, in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung. Nur etwa 12 % der Landwirtinnen und Landwirte in der EU sind jünger als 40 Jahre 6 . Obwohl das Einkommen pro in der Landwirtschaft tätiger Person in den letzten Jahrzehnten gestiegen ist, liegt es nach wie vor deutlich unter dem Durchschnitt in der übrigen Wirtschaft 7 , was sich direkt auf die Existenz der Landwirtinnen und Landwirte auswirkt und ihre Investitions-, Planungs- und Innovationsfähigkeit beeinträchtigt. Dies ist der Hauptfaktor für die jüngste Mobilisierung von Landwirtinnen und Landwirten in der EU.

Während viele junge Menschen Interesse an einer Karriere in der Landwirtschaft bekunden und einige erfolgreich in florierenden landwirtschaftlichen Familienbetrieben tätig sind, bestehen viele Herausforderungen und Hindernisse. Sehr unsichere Einkommensperspektiven in Verbindung mit komplexen rechtlichen Anforderungen, die sich in enormem bürokratischen Aufwand niederschlagen können, eine geringe Rentabilität, die Investitionen behindert, eine krisenanfällige Produktion, demografischer Wandel, ein geschlechtsspezifisches Gefälle, mangelnder Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen in einigen ländlichen Gegenden und die anstrengende Arbeit gehören zu den Faktoren, die die Landwirtschaft für künftige Generationen zunehmend unattraktiv machen könnten. Die kumulativen Auswirkungen des Agrar- und Lebensmittelsektors üben häufig einen hohen Druck auf Umwelt und Klima aus, dabei sind die Landwirtinnen und Landwirte gleichzeitig von der Natur abhängig, um die künftige Erzeugung sicherzustellen. Die meisten dieser Herausforderungen betreffen sowohl die Primärerzeuger im Fischerei- und Aquakultursektor als auch im Agrar- und Lebensmittelsektor insgesamt.

Der Mangel an Sicherheit und Stabilität für die berufliche Zukunft der europäischen Landwirtinnen und Landwirte hat in jüngster Zeit zu großangelegten Protesten in der EU geführt. Vor diesem Hintergrund muss die EU die entscheidende Rolle der Landwirtinnen und Landwirte für unser Leben und unsere Lebensbedingungen anerkennen, die Wettbewerbsfähigkeit stärken und die Attraktivität dieses Berufs verbessern, damit er florieren, innovativ sein und unserer Gesellschaft – heute, morgen und 2040 – seine zahlreichen Vorteile bieten kann. Dies ist umso wichtiger angesichts der künftigen Erweiterung und der damit verbundenen Herausforderungen und Chancen für die Landwirtschaft und die Landwirtinnen und Landwirte in den derzeitigen und künftigen EU-Mitgliedstaaten.

In dieser Mitteilung wird eine Vision für das europäische Agrar- und Lebensmittelsystem für 2040 und darüber hinaus dargelegt und ein Fahrplan vorgestellt, mit dem sichergestellt werden soll, dass alle politischen EU-Maßnahmen mit dieser Vision in Einklang stehen und an die neuen Gegebenheiten angepasst sind. In vielen Bereichen wird eine bessere Abstimmung zwischen der Politik der Mitgliedstaaten und der EU erforderlich sein, um die Ziele zu erreichen. Diese Vision unterstützt auch die Umsetzung des EU-Kompasses für Wettbewerbsfähigkeit, der übergreifenden EU-Leitinitiative zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU 8 . Der anstehende Pakt für die Meere wird den Rahmen für die Nutzung des riesigen Meeresraums und der Küste der EU bilden, um die Ernährungssicherheit zu verbessern und gleichzeitig das natürliche Gut, auf das der Fischereisektor angewiesen ist, zu erhalten und die Wettbewerbsfähigkeit durch Innovation zu steigern. Darüber hinaus wird die Kommission eine Vision für den Fischerei- und Aquakultursektor mit einer Perspektive für 2040 ausarbeiten, um dessen langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit zu gewährleisten, die Schaffung von Arbeitsplätzen sicherzustellen und dringende Probleme anzugehen, die die Fischerei betreffen.

Diese Mitteilung baut auf zahlreichen strategischen Beiträgen auf, darunter insbesondere dem Strategischen Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft in der EU 9 sowie den Draghi- 10 , Letta- 11 und Niinistö-Berichten 12 . Sie stützt sich auch auf die Schlussfolgerungen der Staats- und Regierungschefs der EU 13 , die Schlussfolgerungen des belgischen Ratsvorsitzes zur Zukunft der Landwirtschaft (2024) sowie die Schlussfolgerungen des Rates von 2024 zur Zukunft der GAP. Sie baut ferner auf den Stellungnahmen und Entschließungen des Europäischen Parlaments, des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen auf.

Die politische Reaktion gliedert sich in vier grundlegende Schwerpunktbereiche. In der Mitteilung werden die Arbeitsbereiche dargelegt, in denen diese politischen Initiativen in inklusiver und kooperativer Weise umgesetzt werden sollen. Die Verwirklichung dieser Schwerpunktbereiche beruht weitgehend auf wichtigen flankierenden Elementen, nämlich der Vereinfachung des Rechtsrahmens, der Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Betriebe und die gesamte Wertschöpfungskette im Agrar- und Lebensmittelsektor hat, und Innovation, die Lösungen für einen nachhaltigen Übergang bietet. 

Eine neue Arbeitsweise: Vertrauen aufbauen und Dialog ermöglichen

Die Erfahrung zeigt, dass bestimmte Themen im Zusammenhang mit Ernährung und Landwirtschaft stark polarisieren können und dass sich ein gesellschaftlicher Konsens eher aus inklusiven Ansätzen ergibt. Das Kernstück dieser Vision ist daher eine neue Arbeitsweise – Vertrauen aufbauen und Dialog ermöglichen, und zwar im gesamten Agrar- und Lebensmittelsystem, in der EU und weltweit.

Die ersten Schritte wurden bereits mit dem Strategischen Dialog und dem einstimmig vereinbarten Paket von Empfehlungen gemacht. Dieser Dialog muss jedoch vor Ort vertieft werden und eine dauerhafte und wirksamere Interaktion mit Landwirtinnen und Landwirten, Akteuren der Lebensmittelkette und der Zivilgesellschaft auf lokaler und regionaler Ebene in ganz Europa umfassen, um deren Anliegen und Ideen Gehör zu verschaffen. Gleichzeitig müssen die bestehenden Mechanismen zur Förderung des Dialogs und der Zusammenarbeit mit Interessenträgern auf EU-Ebene, wie die derzeitigen Gruppen für den zivilen Dialog, überprüft werden, um eine sinnvollere und wirksamere Beteiligung an der Gestaltung künftiger politischer Maßnahmen zu gewährleisten. Der neue Europäische Ausschuss für Landwirtschaft und Ernährung 14 wird die Kommission bei der Ausarbeitung inklusiver politischer Maßnahmen unterstützen, indem er strategische Beratung anbietet und eine neue Kultur des Dialogs zwischen den verschiedenen Akteuren der Lebensmittelkette fördert. Darüber hinaus wird das GAP-Netz der EU weiter den Austausch zwischen allen einschlägigen Akteuren erleichtern, und die jährlichen jugendpolitischen Dialoge werden die sinnvolle Einbeziehung von jungen Bürgerinnen und Bürgern sowie Junglandwirtinnen und -landwirten in politische Diskussionen fördern. 

Schließlich wird die Kommission auch weiterhin einen ständigen Dialog mit allen anderen Organen und Einrichtungen der EU führen, insbesondere mit dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU, dem Ausschuss der Regionen und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie mit wichtigen internationalen Organisationen und Partnern.  Um eine wirksame Überwachung der Umsetzung dieser Vision zu gewährleisten, wird die Kommission allen EU-Organen regelmäßig über die Fortschritte bei der Verwirklichung der verschiedenen Initiativen Bericht erstatten.

2.Vision und Ziele für 2040: Ein für heutige und künftige Generationen attraktives, wettbewerbsfähiges, nachhaltiges und faires Agrar- und Lebensmittelsystem

Die EU muss 2040 ein Ort sein, an dem die Landwirtschaft und die Lebensmittelerzeugung auf unserem Kontinent in all ihrer Vielfalt gedeihen. Sie muss ein Ort sein, an dem die Landwirtschaft für künftige Generationen attraktiv ist und der Agrar- und Lebensmittelsektor wettbewerbsfähig, widerstandsfähig, zukunftssicher und fair ist.

Die Zukunft dieses strategischen Sektors beruht darauf, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten die richtigen Bedingungen schaffen für

einen attraktiven und berechenbaren Agrar- und Lebensmittelsektor, in dem die Einkommen einen guten Lebensstandard für die Landwirtinnen und Landwirte ermöglichen und der künftige Generationen anzieht 15 , damit diese weiterhin Nahrungsmittel erzeugen, die für alle erschwinglich sind und den Anforderungen der Verbraucherinnen und Verbraucher gerecht werden; in dem günstige Bedingungen herrschen, damit der Agrar- und Lebensmittelsektor sein unternehmerisches Potenzial nutzen kann, unterstützt durch verschiedene Einkommensquellen und Kompetenzen, um die Chancen von Innovation, Technologie und ökologischem Wandel zu nutzen; in dem Ökosystemleistungen, die der Umwelt sowie der Wasser-, Boden- oder Luftqualität zugutekommen, angemessen entlohnt werden, wie z. B. im wachsenden ökologischen/biologischen Segment; in dem dank einer fairen und funktionierenden Lebensmittelkette die Lasten und Kosten des Übergangs entlang der Kette gerecht verteilt werden.

einen angesichts des zunehmenden globalen Wettbewerbs und weltweiter Schocks wettbewerbsfähigen und resilienten Agrar- und Lebensmittelsektor. Die Erreichung dieses Ziels hängt davon ab, ob die EU in der Lage ist, ihre Handelsbeziehungen zu diversifizieren, neue Ausfuhrmöglichkeiten für den Sektor zu schaffen und kritische Abhängigkeiten zu verringern; in dem der Rahmen und die globalen Maßnahmen es den Landwirtinnen und Landwirten ermöglichen, weltweit unter gleichen Wettbewerbsbedingungen zu konkurrieren, den Verwaltungsaufwand im eigenen Land zu verringern und die Widerstandsfähigkeit des Sektors zu erhöhen, damit er nicht nur Schocks standhalten und sich davon erholen, sondern sich auch anpassen und verändern kann. Die EU leistet weiterhin einen Beitrag zur weltweiten Ernährungssicherheit und setzt ihre Bemühungen zum Aufbau von Partnerschaften in der ganzen Welt fort.

einen zukunftssicheren Agrar- und Lebensmittelsektor, der innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten funktioniert und in dem Landwirtschaft und der Lebensmittelsektor gemeinsam zu den Klimazielen der EU beitragen und gleichzeitig gesunde Böden, sauberes Wasser und saubere Luft erhalten und die biologische Vielfalt Europas schützen und wiederherstellen. Interessenträger entlang der Lebensmittelkette tragen gemeinsam dazu bei, diese Ergebnisse zu erzielen, und teilen sich die Übergangsrisiken. Alle Segmente des Agrar- und Lebensmittelsystems sind wesentlich besser darauf vorbereitet, den Auswirkungen des Klimawandels, des Verlusts an biologischer Vielfalt und der Umweltverschmutzung standzuhalten, natürliche Ressourcen nachhaltig und effizient zu nutzen und im Einklang mit dem Konzept „Eine Gesundheit“ zu arbeiten.

einen Agrar- und Lebensmittelsektor, der Lebensmittel wertschätzt, faire Arbeits- und Lebensbedingungen sowie dynamische und gut vernetzte ländliche Gebiete und Küstengebiete, einschließlich der Gebiete in äußerster Randlage, fördert; in dem der ländliche Raum für Bürgerinnen und Bürger lebenswert bleibt; in dem der Zusammenhang zwischen Lebensmitteln, Ursprungsgebieten, Saisonalität, Kultur und Tradition als integraler Bestandteil der europäischen Lebensweise geschätzt wird; in dem die EU bei Lebensmittelinnovationen und Lebensmittelsicherheit nach wie vor weltweit führend ist und Lebensmittel für die Bürgerinnen und Bürger erschwinglich sind; in denen die psychische Gesundheit keine Tabu, sondern Teil des Systems der sozialen Unterstützung für Landwirtinnen und Landwirte sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist; in dem die Lebens- und Arbeitsbedingungen mehr Frauen und junge Menschen anziehen und den Schutz der Arbeitnehmerrechte in landwirtschaftlichen Betrieben und entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette gewährleisten.

Schließlich ist das europäische Agrar- und Lebensmittelsystem für die Verwirklichung dieser Vision von entscheidender Bedeutung, indem es in die transformative Kraft von Forschung, Wissen, Kompetenzen und Innovation investiert und diese nutzt.

3.Gemeinsame Gestaltung der politischen Maßnahmen für einen florierenden Agrar- und Lebensmittelsektor

Diese Vision kann nur durch eine zukunftsorientierte und kohärente politische Antwort erreicht werden, die auf die zentrale Frage ausgerichtet ist: Wie kann ein wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltiges Agrar- und Lebensmittelsystem aufgebaut werden, das für heutige und künftige Generationen attraktiv, wettbewerbsfähig, zukunftssicher und fair ist?

3.1.Aufbau eines attraktiven Sektors, der einen angemessenen Lebensstandard gewährleistet und neue Einkommensquellen schafft

Vor über 60 Jahren hat sich die EU verpflichtet, der landwirtschaftlichen Bevölkerung gemäß Artikel 39 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten. Diese Verpflichtung ist noch genauso relevant wie damals. Im Durchschnitt liegt das landwirtschaftliche Gesamteinkommen je Arbeitnehmer trotz der unternommenen Anstrengungen immer noch deutlich unter den Durchschnittslöhnen in der gesamten Wirtschaft (60 % der Durchschnittslöhne im Jahr 2023 16 ).

Landwirtinnen und Landwirte wollen nicht auf öffentliche Unterstützung angewiesen sein, aber die Volatilität des Berufs und die Ungleichgewichte auf dem Markt erfordern häufig ein Eingreifen. Bei der Festlegung der verschiedenen Maßnahmen zur Erreichung einer angemessenen Lebenshaltung müssen wir auf alle Einkommensquellen zurückgreifen: Markteinnahmen, öffentliche Unterstützung sowie diversifizierte und neue zusätzliche Einnahmequellen.

Eine faire und gerechte Lebensmittelkette

Erstens müssen Landwirtinnen und Landwirte bessere Einnahmen auf dem Markt erzielen, damit sie die für die Zukunft und die Widerstandsfähigkeit ihrer Betriebe notwendigen Investitionen tätigen können. Voraussetzung hierfür ist, dass die derzeitigen Ungleichgewichte in der Lebensmittelkette korrigiert werden, in der die Einnahmen und Risiken ungerecht verteilt sind und die Kosten häufig unverhältnismäßig stark auf den Primärerzeugern lasten. Praktiken, bei denen Landwirtinnen und Landwirte systematisch gezwungen sind, nicht kostendeckend zu verkaufen, werden nicht geduldet.

Mit den Vorschlägen der Kommission vom 9. Dezember 2024 17 wurden bereits erste Schritte unternommen, um die Positionen auszubalancieren und die ordnungsgemäße Durchsetzung der Vorschriften zur Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken zu erleichtern. Sie werden die Position der Erzeuger bei der Aushandlung und dem Abschluss von Verträgen stärken und die Landwirtinnen und Landwirte besser vor unlauteren Handelspraktiken schützen.

Darüber hinaus haben mehrere Mitgliedstaaten auf nationale Vorschriften zurückgegriffen, mit denen dem Verkauf zu Preisen unter Herstellungskosten begegnet werden soll, was jedoch zu unterschiedlichen Ansätzen im Binnenmarkt führen könnte. Im Rahmen der Bewertung der derzeitigen Vorschriften werden unlautere Handelspraktiken zusammen mit einer Überprüfung der nationalen Vorschriften, wie im Rahmen des Strategischen Dialogs empfohlen, weiter untersucht. Auf dieser Grundlage wird die Kommission weitere Initiativen vorschlagen, insbesondere die Überarbeitung der Richtlinie über unlautere Handelspraktiken, um dem Grundsatz Rechnung zu tragen, dass Landwirtinnen und Landwirte nicht gezwungen werden sollten, ihre Erzeugnisse systematisch unter den Herstellungskosten zu verkaufen, sowie die Überarbeitung der GMO-Verordnung im Zusammenhang mit den Vorschlägen zur GAP nach 2027.

Gleichzeitig muss, wie im Strategischen Dialog vorgeschlagen, die Position der Landwirtinnen und Landwirte in der Wertschöpfungskette gestärkt werden, indem sie dazu ermutigt werden, sich Genossenschaften und/oder Vereinigungen anzuschließen, um Kosten zu senken, die Effizienz zu steigern und die Marktpreise anzuheben. Die GAP unterstützt die Landwirtinnen und Landwirte in dieser Hinsicht bereits.

Ein Schlüsselelement für die Förderung von Vertrauen und Fairness ist auch die Transparenz darüber, wie Kosten und Margen in der Lebensmittelkette zustande kommen und verteilt werden. Die Kommission wird die Transparenz entlang der Lebensmittelkette weiter verbessern, unter anderem durch die neue EU-Beobachtungsstelle für die Agrar- und Lebensmittelkette (AFCO), die Indikatoren für die Preisbildung in der Lebensmittelkette als Richtschnur für weitere Maßnahmen ausarbeiten und veröffentlichen wird. Diese Instrumente sollten auch die langfristige Wettbewerbsfähigkeit von KMU im Lebensmittel- und Getränkesektor fördern, die von der jüngsten Inflation besonders stark betroffen sind.

Gerechtere und gezieltere öffentliche Unterstützung

Für eine Landwirtschaft, die für künftige Generationen von Landwirtinnen und Landwirten in der gesamten EU attraktiv bleibt, ist die öffentliche Unterstützung im Rahmen der GAP weiterhin unabdingbar für die Einkommensstützung. Die GAP-Direktzahlungen spielen nach wie vor eine entscheidende Rolle bei der Stützung und Stabilisierung des landwirtschaftlichen Einkommens auf der Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe und machten 2020 durchschnittlich 23 % des landwirtschaftlichen Einkommens aus 18 .

Die künftige GAP wird Teil der Vorschläge für den künftigen MFR und einfacher und zielgerichteter sein, um eine ehrgeizige und zukunftsorientierte EU-Agrarpolitik zu unterstützen. Darin werden regulatorische und auf Anreizen basierende Maßnahmen für die Landwirtinnen und Landwirte ausgewogener vertreten sein.

Darüber hinaus erkennt die Kommission an, dass das Ansehen der GAP in der Öffentlichkeit dadurch gelitten hat, dass die Verteilung der Zahlungen mancherorts als ungerecht empfunden wurde.

Die künftige GAP-Unterstützung wird daher grundsätzlich stärker auf Landwirtinnen und Landwirte ausgerichtet sein, die sich aktiv an der Nahrungsmittelerzeugung beteiligen, und soll der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe und der Erhaltung der Umwelt dienen. Bei dem Ansatz sollte zudem der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die für die strategische Autonomie und Widerstandsfähigkeit der EU von wesentlicher Bedeutung sind, Vorrang eingeräumt werden.

Kleine und mittlere Betriebe prägen das soziale Gefüge ländlicher Gebiete, schützen die Natur und schaffen Lebensgrundlagen. Sie sollten ohne übermäßige Verwaltungslast wirtschaften können. Angesichts ihres Umfangs wird die Kommission erwägen, die Attraktivität von vereinfachten Instrumenten zur Einkommensstützung zu erhöhen und deren Einsatz mit einem gestrafften System von Bedingungen und Kontrollen auszuweiten.

Die Unterstützung soll weiter auf diejenigen Landwirtinnen und Landwirte ausgerichtet werden, die sie am dringendsten benötigen, wobei ein besonderes Augenmerk auf Betriebe in Gebieten mit naturbedingten Benachteiligungen, Junglandwirtinnen und -wirte, neue Landwirtinnen und Landwirte sowie gemischte landwirtschaftliche Betriebe gelegt werden soll.

Auch der verstärkte Einsatz von Maßnahmen wie Degressivität und Deckelung wird unter Berücksichtigung der unterschiedlichen strukturellen und sektorspezifischen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten in Betracht gezogen. Alle Landwirtinnen und Landwirte sollten auch weiterhin von Instrumenten wie Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen (die gestrafft und vereinfacht werden), Investitionsbeihilfen sowie Krisen- und Risikomanagementinstrumenten profitieren.

Aufbauend auf den Erfahrungen mit den derzeitigen GAP-Strategieplänen muss die Umsetzung der GAP weiter gestrafft werden. Die derzeitige Komplexität erfordert einen strategischeren Ansatz.

Die künftige GAP nach 2027 wird sich auf grundlegende politische Ziele und einige wenige politische Anforderungen stützen und gleichzeitig den Mitgliedstaaten mehr Verantwortung und Rechenschaftspflicht dafür übertragen, wie sie diese Ziele erreichen.

Die Flexibilität wird auf die Landwirtinnen und Landwirte ausgeweitet, sodass sie bei der Gestaltung landwirtschaftlicher Verfahren, die besser auf ihre Betriebe und ihren Kontext zugeschnitten sind, mehr Handlungskompetenz erhalten.  Das derzeitige Konditionalitätssystem wird vereinfacht. Die Landwirtinnen und Landwirte haben positiv auf die Einführung von Öko-Regelungen reagiert, mit denen sie für die Erbringung von Ökosystemleistungen belohnt werden, die über die verpflichtenden Anforderungen hinausgehen. Die künftige GAP wird weniger durch Vorgaben als vielmehr durch Anreize gelenkt.

Nutzung von Innovationsmöglichkeiten, die sich auszahlen

Landwirtinnen und Landwirte sind immer auch Innovatoren und Unternehmer. Junglandwirtinnen und -wirte wollen Triebkräfte für Innovation sein. Eine klimaneutrale und umweltfreundliche Wirtschaft bietet neue ergänzende Einkommensquellen für Landwirtinnen und Landwirte sowie Fischerinnen und Fischer.

Konkrete Beispiele sind der wachsende ökologische/biologische Sektor und agrarökologische landwirtschaftliche Verfahren, die sich als attraktive Optionen für jüngere Landwirtinnen und Landwirte erweisen und Einnahmequellen mit Umweltnutzen und sozialer Verantwortung kombinieren.

Für andere bieten Innovationen neue und spannende Chancen. Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft bieten beispielsweise ein großes Potenzial für die Land- und Forstwirtschaft und das gesamte Lebensmittelsystem sowie für die Verringerung kritischer Abhängigkeiten. Die neue Bioökonomie-Strategie, die bis Ende 2025 vorgelegt werden soll, zielt darauf ab, die Europäische Union auf dem rasch expandierenden Bioökonomie-Markt weltweit führend zu machen. Wir müssen die Vermarktung biobasierter und kreislauforientierter Lösungen beschleunigen, bahnbrechende Biotechnologien sowie neue Marktchancen nutzen und Investitionslücken schließen. Dies wird insbesondere für die von der Landwirtschaft lebende Bevölkerung von Vorteil sein, da diese Entwicklung die Diversifizierung der Wertströme, die Valorisierung landwirtschaftlicher Reststoffe, die Stärkung der Rolle der Primärerzeuger in der Wertschöpfungskette und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in ländlichen Gebieten ermöglicht. Die Kommission wird mit internationalen Partnern, insbesondere im Rahmen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), zusammenarbeiten, um gemeinsam zu ermitteln, wie das Potenzial der Bioökonomie für Landwirtinnen und Landwirte nicht nur in Europa, sondern auch weltweit nachhaltig mobilisiert werden kann.

Innovative Finanzierungsinstrumente, einschließlich privater und gemischter öffentlich-privater Finanzierungen für die Natur, können neben der öffentlichen Unterstützung Landwirtinnen und Landwirte entlohnen, die umweltfreundliche Verfahren beibehalten oder auf diese umstellen, und sie mit Unternehmen und Investoren, die ein wirtschaftliches Interesse an solchen Verfahren haben, zusammenbringen.

Kohlenstoffbindung im Boden entwickelt sich bereits als zusätzliche Einnahmequelle. Mit der Verordnung über CO2-Entnahmen und kohlenstoffspeichernde Landbewirtschaftung 19 wurde der erste EU-weite freiwillige Rahmen für die Zertifizierung von CO2-Entnahmen, kohlenstoffspeichernde Landbewirtschaftung und CO2-Speicherung in Produkten in ganz Europa geschaffen, und derzeit werden Zertifizierungsmethoden entwickelt, um CO2-Entnahmen, die Verringerung der Bodenemissionen und die positiven Effekte für die biologische Vielfalt zuverlässig zu überwachen, zu melden und zu überprüfen. Diese Methoden werden nach Möglichkeit auf bestehenden Regelungen aufbauen, die den Landwirtinnen und Landwirten bereits erfolgreich zusätzliche Einkommen ermöglichen. Sobald sie vollständig entwickelt sind, sollten wirksame Wege gefördert werden, um Angebot und Nachfrage nach diesen freiwilligen Gutschriften in Einklang zu bringen und so zusätzliche Einkommensquellen für Landwirtinnen und Landwirte zu optimieren.

Die Kommission wird dies künftig durch die Einführung von Naturschutzgutschriften für umweltfreundliche Maßnahmen, die quantifizierte und zertifizierte umweltfreundliche Ergebnisse von hoher Qualität bieten, ergänzen. Eine Reihe bestehender Programme, die von kommerziellen Akteuren entwickelt wurden, und laufende Pilotprojekte sowohl auf EU- als auch auf internationaler Ebene zeigen das große Potenzial solcher Projekte, auf dem weitere Arbeiten aufbauen können.

Wichtige Chancen ergeben sich auch bei der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen, die die Energieversorgungssicherheit erhöht, die Treibhausgasemissionen verringert und Land- und Forstwirtinnen und -wirten zusätzliche Einkommens- und Innovationsaussichten bietet. Die Landwirtinnen und Landwirte sollten nicht nur mit Solarpaneelen, Windrädern und Biogas noch energiesparender sein, sondern auch in der Lage sein, ihre Energieerzeugnisse etwa über Energiegemeinschaften auf den Markt zu bringen.

Beispiele:

Digitalisierung (einschließlich KI), Forschung und innovative Agrartechnik haben das Potenzial, die Landwirtschaft zu revolutionieren und die Kosten in den landwirtschaftlichen Betrieben zu senken und so zu höheren Einkommen beizutragen.

Plattformen für den elektronischen Handel, digitale Marketinginstrumente und Online-Marktplätze können Landwirtinnen und Landwirten und anderen Akteuren des Agrar- und Lebensmittelsystems dabei helfen, einen breiteren Kundenkreis zu erreichen und ihre Einnahmeströme zu diversifizieren.

Präzisionslandwirtschaft und datenbasierte Lösungen können die Rentabilität durch Optimierung der Betriebsmittel steigern.

Die 100 Living Labs der Forschungs- und Innovationsmission im Rahmen von Horizont Europa „Ein Boden-Deal für Europa“ sind eine wichtige Ressource, um – vor dem Hintergrund hoher Preise für Düngemittel und Wasserknappheit und anderer extremer Phänomene wie Überschwemmungen – Landwirtinnen und Landwirte bei der Verbesserung ihrer Böden zu unterstützen.

Erarbeitung einer ehrgeizigen Investitionsagenda

Ein widerstandsfähiges und nachhaltiges Agrar- und Lebensmittelsystem erfordert erhebliche Investitionen und daher entschlossene Maßnahmen, um die Nachhaltigkeitswende zu finanzieren und die damit verbundenen Risiken zu mindern. Der Agrarsektor ist mit einer erheblichen Finanzierungslücke konfrontiert, die auf 62 Mrd. EUR (für 2022) geschätzt wird und damit deutlich höher ist als 2017 20 . Es ist jedoch schwierig, ein Darlehen von einer Bank, einem Finanzinstitut oder einem privaten Investor zu erhalten, insbesondere für Junglandwirtinnen und -wirte. Dies ist eine Folge der relativ geringen Größe der landwirtschaftlichen Betriebe, der geringen oder mittleren Investitionsrendite, der stark schwankenden Rentabilität, der Risiken, der unvorhersehbaren Produktion aufgrund von Wetter- und Klimaauswirkungen und der Exposition gegenüber volatilen (globalen) Rohstoffmärkten.

Im Rahmen der GAP werden weiter Investitionen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit des Agrarsektors finanziert. Dazu gehören häufig relativ kleine Investitionen auf Betriebsebene sowie öffentliche und private Infrastruktur, die für die Modernisierung des Sektors erforderlich sind. Bestehende Instrumente können sich nur dann gegenseitig verstärken, wenn sie künftig intelligenter eingesetzt werden.

Die Kommission wird darauf hinarbeiten, öffentliche Mittel und Investitionen effizient zu nutzen und für privates Kapital eine Hebelwirkung und Risikominderung zu erreichen, wobei sie eng mit institutionellen Anlegern wie der Europäischen Investitionsbank-Gruppe (EIBG) und dem Bankensektor zusammenarbeiten wird.

In diesem Zusammenhang wird die Kommission Optionen für die Einrichtung von Risikoversicherungssystemen für Primärerzeuger sowie öffentlich-private Partnerschaften prüfen, um Investitionen für landwirtschaftliche KMU und Lebensmittelunternehmen anzuziehen und so den Wandel in der Lebensmittelkette voranzutreiben.

Förderung des Unternehmertums: eine neue Strategie für den Generationswechsel

Die Zukunft der Ernährungssouveränität in Europa im Jahr 2040 ruht auf den Schultern junger und neuer Landwirtinnen und Landwirte von heute.

Eine der Voraussetzungen für eine größere Attraktivität des Agrarsektors besteht darin, die größten Hindernisse für den Generationswechsel zu beseitigen, insbesondere den Zugang zu Land, Investitionen und Kompetenzen. Gute Lebensverhältnisse sind auch erforderlich, damit sich Junglandwirtinnen und -wirte niederlassen können, die in ihrer Heimatregion bleiben und dort arbeiten möchten.

Diese Verantwortung kann jedoch nicht allein von der GAP getragen werden. Die Förderung eines wirklichen Generationswechsels erfordert einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz und einen Policy-Mix zwischen verschiedenen Bereichen und Zuständigkeiten, von denen viele in nationale und regionale Zuständigkeiten fallen.

Die Kommission wird in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und den wichtigsten Interessenträgern die Arbeiten an der Strategie für den Generationswechsel aufnehmen, die 2025 vorgelegt werden soll. Diese Strategie wird Empfehlungen für die politische Reaktion und die erforderlichen Maßnahmen sowohl auf EU- als auch auf nationaler/regionaler Ebene enthalten.

Die begrenzte Verfügbarkeit von fruchtbaren Flächen angesichts des zunehmenden Nutzungswettbewerbs und der Folgen des Klimawandels bringt die landwirtschaftliche Bevölkerung und insbesondere die Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger in den Sektor in eine schwierige Lage. Die Bodenpolitik deckt viele Aspekte ab, die vor allem in die nationale Zuständigkeit fallen. Bei diesen Arbeiten sollten die Bedingungen für die Bodenmobilität und die Übertragung von Land sowie die Grundsätze zur Minderung des Flächenverbrauchs berücksichtigt werden, wobei auf den guten Beispielen aus mehreren Mitgliedstaaten für Regelungen zur Bodenmobilität aufgebaut werden sollte. Ebenso wichtig ist Transparenz bei der Raumplanung und beim Kauf von Flächen. Die Mitgliedstaaten können in ihrem nationalen Instrumentarium mächtige Hebel entwickeln, die den Generationswechsel erleichtern könnten, unter anderem durch Ruhestandsregelungen und Steueranreize.

Als Reaktion auf die Forderung des Europäischen Parlaments und im Einklang mit der Empfehlung des Strategischen Dialogs wird die Kommission auf die Einrichtung einer EU-Beobachtungsstelle für landwirtschaftliche Flächen 21 hinarbeiten. Wir werden die Transparenz und Zusammenarbeit in Bereichen wie Grundstückstransaktionen und Übertragungen von Landnutzungsrechten, Preistrends und Marktverhalten, Landnutzungsänderungen sowie Verlust landwirtschaftlicher und natürlicher Flächen verbessern. Die Beobachtungsstelle wird den Mitgliedstaaten auch dabei helfen, fundierte Entscheidungen über die Regulierung ihrer Märkte für landwirtschaftliche Flächen zu treffen. Eine größere Transparenz bei Marktentwicklungen und Zusammenarbeit in der gesamten EU werden es leichter machen, legitime Interessen der Agrarpolitik im Einklang mit den Binnenmarktfreiheiten zu erreichen.

3.2.Ein wettbewerbsfähiger und resilienter Sektor angesichts globaler Herausforderungen

In einer vernetzten Welt, in der die EU sowohl der weltweit größte Exporteur von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen als auch einer der größten Importeure ist, hat die Art und Weise, wie wir landwirtschaftliche Erzeugnisse herstellen, konsumieren und handeln, erhebliche Auswirkungen auf unsere Beziehungen zu Drittländern 22 .

Kriege und Konflikte sind die Hauptursachen für Ernährungsunsicherheit. Umgekehrt kann Ernährungsunsicherheit auch zu Instabilität führen, und in der neuen Weltordnung werden Nahrungsmittel als Waffe eingesetzt. Unsere Handelspartner ergreifen einseitige Maßnahmen, die auf unsere Schlüsselsektoren ausgerichtet sind, unsere Ausfuhren sind nach wie vor mit Hindernissen konfrontiert, und die globalen Lieferketten können Verzerrungen unterliegen. Das Streben der EU nach hohen globalen Standards zum Schutz der universellen Ziele Umweltschutz, menschliche Gesundheit, Tiergesundheit und Tierwohl, Pflanzengesundheit und Lebensmittelsicherheit wird häufig als Handelshemmnis angesehen. Gleichzeitig sind die Landwirtinnen und Landwirte in der EU zunehmend besorgt über unlauteren globalen Wettbewerb und mangelnde Gegenseitigkeit.

Diese Herausforderungen werden die Union jedoch nicht davon abhalten, die Beziehungen zu vielen dafür aufgeschlossenen Partnern weiter zu stärken, unter anderem durch die Global-Gateway-Investitionsstrategie. Die globale Ernährungssicherheit und die europäische Ernährungssouveränität werden weiterhin integraler Bestandteil der allgemeinen EU-Agenda für Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit sein. Angesichts des weitverbreiteten Hungers, der akuten Ernährungsunsicherheit und der weltweit steigenden Nahrungsmittelpreise wird die EU Drittländer weiterhin bei ihrer Ernährungssouveränität, -resilienz und -nachhaltigkeit unterstützen und den Zugang zu sicheren, hochwertigen und nahrhaften Nahrungsmitteln für alle, einschließlich den am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen, durch humanitäre Hilfe und die Achtung des humanitären Völkerrechts sicherstellen.

Diversifizierung der Lieferketten und Förderung der transformativen Resilienz

In einer von geopolitischen und geoökonomischen Spannungen geprägten Welt werden nach den Worten von Draghi Abhängigkeiten zu Anfälligkeiten 23 . Heute hängt die Ernährungssouveränität der EU weitgehend von importierten Betriebsmitteln wie Düngemitteln, Futtermitteln und Energie ab, die in der Regel aus denselben Regionen stammen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, diese strategischen Abhängigkeiten zu verringern, Lieferketten weniger risikoanfällig zu gestalten und gleichzeitig den Übergang zu einer sauberen und zunehmend ressourceneffizienten CO2-armen Wirtschaft zu unterstützen 24 .

Was die wichtigsten Einfuhrabhängigkeiten betrifft, so ist die Versorgung der Union mit Eiweiß in hohem Maße von hochwertigen Einfuhren aus einer begrenzten Zahl von Ursprungsländern abhängig, wodurch unser Lebensmittelsystem anfällig für globale Marktschwankungen und Nachhaltigkeitsrisiken ist 25 . Wir müssen die Art und Weise berücksichtigen, wie Eiweiß in der EU sowohl erzeugt als auch verbraucht wird. Die Kommission wird daher einen umfassenden Plan zur Bewältigung dieser Herausforderungen entwickeln, in dem politische Maßnahmen, Forschung und Anstrengungen vor Ort kombiniert werden, um ein unabhängigeres und nachhaltigeres EU-Eiweißsystem zu schaffen und gleichzeitig die Einfuhren zu diversifizieren.

Eine weitere wichtige Abhängigkeit besteht bei importierten Rohstoffen und Düngemitteln, die für die Nahrungsmittelerzeugung und Ernährungssicherheit von wesentlicher Bedeutung sind. Die Konzentration der Einfuhren, insbesondere von Harnstoff, aus einigen wenigen Ursprungsländern hat zugenommen, wobei rund 88 % der EU-Einfuhren aus vier Ländern geliefert werden 26 . Die Verringerung dieser Abhängigkeiten ist vorteilhaft i) für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen sauberen Industrie durch Unterstützung der heimischen Düngemittelproduktion, ii) für Landwirtinnen und Landwirte, die auf ein zuverlässiges Angebot und stabile Preise zählen können, und iii) für Umwelt und Klima durch die Unterstützung des Einsatzes von CO2-armen Düngemitteln und wiederverwerteten Nährstoffen wie RENURE und Gärrückständen nach angemessener Behandlung sowie deren effizienter Verwendung.

Mit Blick auf die Zukunft wird die künftige Erweiterung der EU Chancen für die Resilienz der EU mit dem Ziel eröffnen, die Produktions- und Ausfuhrkapazitäten sowohl in den derzeitigen als auch in den künftigen Mitgliedstaaten zu erhalten und auszuweiten und so die strategische Autonomie und das Gewicht der EU im globalen Agrar- und Lebensmittelhandel zu stärken. Es bestehen aber auch Herausforderungen, bei denen es einer sorgfältigen Abwägung bedarf, insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Landwirtinnen und Landwirte in der EU. Die Vorbereitung auf die Herausforderungen für die Landwirtinnen und Landwirte in der EU und deren wirksame Bewältigung wird von entscheidender Bedeutung sein, um die Chancen der Erweiterung zu nutzen, nicht zuletzt, da sie eine schrittweise Integration der Bewerberländer in den Binnenmarkt auf dem Weg zur Vollmitgliedschaft in der EU erleichtern könnten.

Auf dem Weg zu einem faireren globalen Wettbewerb

Der Ansatz der Union für fairere globale Wettbewerbsbedingungen wird aus zwei Maßnahmen bestehen, die Hand in Hand gehen müssen:

(a)Globale und bilaterale Zusammenarbeit

Im derzeitigen geopolitischen Kontext ist klar, dass es immer schwieriger wird, einen globalen Konsens über landwirtschaftliche Standards und Lebensmittelstandards zu erreichen.

Die EU wird jedoch weiterhin mit ihren Partnern und wichtigen internationalen Organisationen im Rahmen des Konzepts „Team Europa“ zusammenarbeiten, um eine strengere Umsetzung international vereinbarter Verpflichtungen zu gewährleisten und ihre Ambitionen bei der Verwirklichung globaler nachhaltiger Lebensmittelsysteme im Einklang mit der Agenda 2030 und den Zielen für nachhaltige Entwicklung höher zu stecken. Vorrang wird die Anhebung globaler Standards in internationalen Normungsgremien in Bereichen haben, die für einen fairen Wettbewerb von entscheidender Bedeutung sind, insbesondere in Bezug auf Pflanzenschutzmittel und Tierwohl. Die Kommission wird den Mitgliedstaaten 2025 ihre Handlungslinie zur Vertiefung der Gegenseitigkeit zur weiteren Ausarbeitung vorlegen. Zweitens wird die Union mit der FAO und ihren internationalen Partnern zusammenarbeiten, um die Entwicklung eines gemeinsamen Ansatzes voranzutreiben, der eine vergleichbare und faire Bewertung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Lebensmittelerzeugung weltweit ermöglicht und die Arbeit der EU zum Benchmarking der Nachhaltigkeit ergänzt.

Die EU wird entschlossener vorgehen, wenn es darum geht, die Ausfuhr von EU-Erzeugnissen zu fördern und strategisch zu verteidigen, und dafür sorgen, dass Drittländer von der Umsetzung von Maßnahmen zur Handelserleichterung (z. B. Vorabregistrierungen) profitieren, sofern sie auch ähnliche Maßnahmen gegenüber der EU anwenden. Wir werden unsere Wirtschaftsdiplomatie im Agrar- und Lebensmittelsektor und unsere hochrangigen Missionen verstärken.

Auf bilateraler Ebene werden die bestehenden bilateralen agrarpolitischen Dialoge verstärkt und neue Dialoge im Bereich der Agrar- und Ernährungspolitik mit wichtigen bilateralen, regionalen und kontinentalen Partnern eingerichtet. In diesem Zusammenhang bieten strategische und umfassende Partnerschaften mit unserer südlichen Nachbarschaft und der bevorstehende neue Pakt für den Mittelmeerraum wichtige Chancen. Die EU wird auch bilaterale Freihandelsverhandlungen und -abkommen in vollem Umfang nutzen. Die Interessen der europäischen Landwirtinnen und Landwirte werden weiterhin geschützt. Die EU wird die Umsetzung und Durchsetzung der Kapitel/Bestimmungen über Handel und nachhaltige Entwicklung sowie der Kapitel über nachhaltige Lebensmittelsysteme mit gezielteren und operativen länderspezifischen Prioritäten und Maßnahmen, gegebenenfalls auch in Bezug auf bestimmte Sektoren, verstärken. In unseren Partnerschaftsdialogen werden wir den möglichen Auswirkungen der EU-Regulierungspolitik auf die lokalen Agrar- und Lebensmittelsysteme besondere Aufmerksamkeit widmen und für Kohärenz zwischen den internen und externen politischen Maßnahmen der EU in den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt, Klima und Gesundheit sorgen.

(b)Unionsrahmen für einen wettbewerbsfähigen Agrar- und Lebensmittelsektor

Gleichzeitig wird die Union sicherstellen, dass ehrgeizige EU-Standards nicht zu wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Schäden führen und dass der europäische Agrar- und Lebensmittelsektor ohne entsprechende Gegenseitigkeit nicht im Wettbewerb benachteiligt wird. Zu diesem Zweck wird die EU, wie im Kompass für Wettbewerbsfähigkeit dargelegt, einen KMU- und Wettbewerbs-Check in ihre Politik integrieren, indem sie die Auswirkungen der EU-Verordnungen auf Landwirtinnen und Landwirte sowie KMU im Agrar- und Lebensmittelsektor in der EU, auf den Handel und auf die Risiken von Schäden systematisch bewertet und die Auswirkungen von derzeit im Verhandlungsstadium befindlichen Freihandelsabkommen auf die Landwirtinnen und Landwirte in der EU und die globale Nachhaltigkeit eingehend prüft.

Um sicherzustellen, dass die Anliegen der EU in Bezug auf Tierwohl und Umweltschutz berücksichtigt werden, und um die Werte der EU als Reaktion auf gesellschaftliche Forderungen hochzuhalten, wird die Kommission im Einklang mit den internationalen Vorschriften eine stärkere Angleichung der Produktionsstandards für eingeführte Erzeugnisse, insbesondere in Bezug auf Pestizide und Tierwohl, anstreben.

Diesbezüglich wird die Kommission festlegen, dass die gefährlichsten Pestizide, die in der EU aus Gesundheits- und Umweltgründen verboten sind, nicht durch die Hintertür in Form von importierten Produkten in die EU gelangen dürfen. Um dieses Prinzip voranzubringen, wird die Kommission 2025 eine Folgenabschätzung einleiten, in der die Auswirkungen auf die Wettbewerbsposition der EU und die internationalen Auswirkungen untersucht und gegebenenfalls Änderungen des geltenden Rechtsrahmens vorgeschlagen werden. Ebenso wird die Kommission auch die Frage der Ausfuhr gefährlicher Chemikalien, einschließlich Pestiziden, prüfen, die in der EU verboten sind 27 .

Ein weiteres nicht verhandelbares Element der Einfuhrpolitik der Union sind Lebens- und Futtermittelsicherheit sowie Tier- und Pflanzengesundheit. Die EU-Produktstandards sind weltweit die höchsten und gewährleisten, dass alle eingeführten Agrarlebensmittel sicher sind. Die Kommission wird dafür sorgen, dass die einschlägigen Rechtsvorschriften zur Lebensmittelsicherheit ordnungsgemäß um- und durchgesetzt werden. Es wird eine spezielle Taskforce eingerichtet, die das Fachwissen und Engagement der Kommission und der Mitgliedstaaten zusammenbringt und die Verstärkung der Einfuhrkontrollen in der Union vorantreiben wird, einschließlich einer Verstärkung der Kontrollen vor Ort.

Im Bereich des Tierwohls wird die Kommission sicherstellen, dass in künftigen Legislativvorschlägen dieselben Standards für in der EU hergestellte und aus Drittländern eingeführte Erzeugnisse angewandt werden, wobei auch Fragen im Zusammenhang mit der Durchsetzung und die von EU-Bürgerinnen und -Bürgern geäußerten Sorgen behandelt werden. Die gezielte Überprüfung der Tierwohlvorschriften wird die Gelegenheit bieten, dies auf WTO-konforme Weise und auf der Grundlage einer Folgenabschätzung umzusetzen.

Wenn unsere Handelspartner unlauteren Wettbewerb und einseitige Maßnahmen einsetzen, die sich unrechtmäßig gegen unseren Agrar- und Lebensmittelsektor oder den einzelner Mitgliedstaaten richten, um uns als Union zu spalten, wird die EU alle ihr zur Verfügung stehenden Schutzinstrumente einsetzen. Die Union wird (2025) ein ehrgeiziges einheitliches Sicherheitsnetz für den Agrar- und Lebensmittelsektor der EU entwickeln. Im Falle von wirtschaftlicher Erpressung der EU oder ihrer Mitgliedstaaten durch Nicht-EU-Länder wird die Union den Agrar- und Lebensmittelsektor mit allen verfügbaren Mitteln schützen, gegebenenfalls auch im Rahmen der WTO oder autonomer Instrumente der EU wie des Instruments zur Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen.

Die Kommission wird auch mit der EIB zusammenarbeiten, um Ausfuhrkredite bereitzustellen, die das Ausfuhrrisiko für den Agrar- und Lebensmittelsektor der Union verringern.

In diesem Zusammenhang wird die im Rahmen des Abkommens EU-Mercosur angekündigte Reserve in Höhe von 1 Mrd. EUR im nächsten MFR eine wichtige Rolle spielen.

Darüber hinaus wird die Kommission darauf hinarbeiten, die Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit sensibler Sektoren wie der Tierhaltung zu stärken, ein Vereinfachungspaket vorlegen, das zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtinnen und Landwirte beitragen und gleichzeitig den Beitrag zu den gesellschaftlichen Zielen sicherstellen wird, eine Ausweitung der Ursprungskennzeichnung im Einklang mit den sektorspezifischen Besonderheiten und den Binnenmarktvorschriften vorschlagen und ihre Absatzförderungspolitik intensivieren.

Vorsorge und Risikoabwehr im Agrar- und Lebensmittelsektor

Wir müssen besser gerüstet sein, nicht nur um zu überleben, sondern auch um uns in dieser neuen Realität entfalten zu können“, so steht es im Niinistö-Bericht 28 . Geprägt ist diese neue Wirklichkeit von erheblichen Schocks – von der Pandemie über den russischen Angriffskrieg und Marktstörungen bis hin zu Tier- und Pflanzenseuchen sowie einer instabilen geopolitischen Lage. Hinzu kommt, dass extreme Wetterereignisse, die früher relativ selten waren, immer häufiger auftreten und sich gleichzeitig die Niederschlagsmuster ändern.

Landwirtinnen und Landwirte sind von vielen dieser Krisen zuvorderst betroffen. Aufgrund der wachsenden Risiken, Bedrohungen und Ungewissheiten brauchen wir einen ehrgeizigen europäischen Ansatz für das Risiko- und Krisenmanagement, durch den auf EU-Ebene die Instrumente für ein besseres Risiko- und Krisenmanagement überprüft und gestärkt würden.

Erstens werden zusätzliche Anreize für Landwirtinnen und Landwirte geschaffen, ihre Risikoanfälligkeit und ‑exposition sowohl durch Anpassungen im Betrieb als auch durch Risikoteilung (z. B. über Erzeugerorganisationen oder Genossenschaften) zu verringern. Eine klimaresiliente EU-Landwirtschaft braucht auf lokale, regionale und nationale Erfordernisse zugeschnittene Maßnahmen, durch die landwirtschaftliche Verfahren und Interventionen zur Anpassung der lokalen Erzeugung an die künftigen klimatischen Bedingungen gefördert werden.

Ausgehend von den Erfahrungen mit den Initiativen der vergangenen Jahre 29 sind zusätzliche Schritte erforderlich. Der künftige Europäische Plan zur Anpassung an den Klimawandel und die künftige Strategie für eine resiliente Wasserversorgung werden eine wichtige Rolle spielen, insbesondere bei der Unterstützung der Mitgliedstaaten im Bereich der Vorsorge und Planung und bei der Bewältigung der Risiken und Auswirkungen des Klimawandels auf Energie, Verkehr und andere Infrastruktur, Wasser, Lebensmittel und Böden in städtischen wie auch ländlichen Gebieten.

Im Rahmen der künftigen GAP werden Maßnahmen und Investitionen gezielter gefördert, die den Agrarsektor widerstandsfähiger gegenüber den sich verändernden Bedingungen machen. Dort, wo die derzeitige Erzeugung langfristig nicht tragfähig ist, brauchen wir mehr Ehrgeiz bei tiefgreifenden Veränderungen, beispielsweise durch neue lokale Strategien, Forschung und Innovation, einschließlich neuer genomischer Techniken zur Erzeugung klimaresistenterer Pflanzen.

Zweitens brauchen wir ehrgeizige Maßnahmen im Bereich der Risikovorsorge, Versicherung und Risikominderung. Dabei wird die Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank (EIB), mit Banken, Versicherungen und Rückversicherungsunternehmen sowie mit Akteuren in der Wertschöpfungskette entscheidend sein. So sollten sich Risiken besser bündeln lassen und landwirtschaftliche Versicherungen für Landwirtinnen und Landwirte einfacher zugänglich und erschwinglicher werden.

Drittens müssen die Kommission und die Mitgliedstaaten für politische Kohärenz zwischen den Risiko- und Krisenmanagementinstrumenten sowie für mehr Flexibilität sorgen. Krisenmanagementinstrumente sollten Anreize für landwirtschaftliche Betriebe schaffen, Risiken proaktiv zu begegnen, und die Mitgliedstaaten dazu bringen, wirksame und angepasste Risikomanagementstrategien auszuarbeiten.

Darüber hinaus sollte die Funktionsweise der Agrarreserve sorgfältig überdacht werden, um sie auf spezifische Krisen von erheblichem Ausmaß auszurichten, wie schwere Marktstörungen und Probleme im Bereich der Tier-/Pflanzengesundheit. Zudem sollte die Bereitstellung außerordentlicher Unterstützung für Landwirtinnen und Landwirte enger mit geeigneten Risikomanagement- und Präventionsmaßnahmen verknüpft werden.

Als Folgemaßnahme zum Niinistö-Bericht sollte die EU ihre Vorsorgemaßnahmen im Bereich der Ernährungssicherheit entlang der gesamten Nahrungsmittelkette intensivieren. Die Tätigkeiten des Europäischen Mechanismus zur Krisenvorsorge und Krisenreaktion im Bereich der Ernährungssicherheit (EFSCM) sollten fortgeführt, weiter ausgebaut und mit dem allgemeinen EU-Krisenmanagement im Rahmen eines behördenübergreifenden Ansatzes verknüpft werden. Im Einklang mit der künftigen Strategie für eine krisenfeste Union sollten Synergien und eine engere Abstimmung im Bereich der Krisenvorsorge angestrebt werden. Darüber hinaus könnten neue, speziell für Landwirtschaft und Ernährung konzipierte Instrumente in den Bereichen Lebensmittelreserven, gemeinsame Beschaffung und Erhöhung der Transparenz in Krisenzeiten ausgelotet werden. Wie in anderen wichtigen Sektoren, z. B. dem Gesundheitssektor, sollten auf nationaler und regionaler Ebene ganzheitliche Vorsorge- und Krisenreaktionspläne erarbeitet werden, die innerhalb eines umfassenderen EU-Vorsorgeansatzes alle für die gesamte Versorgungskette wichtigen Aspekte abdecken.

Stärkung der Krisenfestigkeit von Agrarmärkten

Aufgrund der geopolitischen Ereignisse, die Handelsverzerrungen nach sich ziehen, des globalen Wettbewerbs, der Auswirkungen extremer Wetterereignisse und der sich verändernden Verbrauchsmuster bestehen auf vielen Produktmärkten – von Wein über Getreide und tierische Erzeugnisse bis hin zu Olivenöl – große Unsicherheiten. Die Kommission beobachtet alle Märkte genau und handelt schnell, wenn sich die Marktsituation verschlechtert.

Die besondere Situation im Weinsektor machte eine solche Reaktion erforderlich, und die Kommission wird 2025 die Umsetzung der Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe für Weinpolitik 30 voranbringen.

Der EU-Tierhaltungssektor ist verschiedenen Schocks und dem globalen Wettbewerb besonders ausgesetzt. Was hohe Standards angeht, sind die EU-Tierhalter weltweit führend, doch in anderen Regionen der Welt werden keine vergleichbaren Anstrengungen unternommen, sodass keine fairen Wettbewerbsbedingungen herrschen. Außerdem sind solche Standards auch mit Kosten verbunden, die vom Markt nicht immer entlohnt werden. Die Tierhaltung ist und bleibt ein wesentlicher Faktor für die EU-Landwirtschaft, die Wettbewerbsfähigkeit und den Zusammenhalt. Eine nachhaltige Tierhaltung ist entscheidend für die EU-Wirtschaft, die Lebensfähigkeit ländlicher Gebiete sowie den Erhalt der Umwelt und der Landschaften im ländlichen Raum. In diesem Sektor können Innovationen florieren und einen spürbaren Nutzen bringen.

Der Tierhaltungssektor in der EU braucht eine langfristige Vision, die der Vielfalt der tierischen Erzeugung in ganz Europa und dem Gebot der Nachhaltigkeit Rechnung trägt. Der Schutz dieser Vielfalt bedeutet, dass es keinen pauschalen Ansatz geben kann, sondern vielmehr zielgerichtete, gebietsspezifische Lösungen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit des Sektors erforderlich sind. Die Schaffung förderlicher Bedingungen für die Entwicklung einer „Exzellenz-Kette“ in der tierischen Erzeugung könnte für einen starken Impuls sorgen. Die Kommission wird einen Arbeitsbereich „Tierhaltung“ einrichten, um politische Strategien zu erarbeiten, die Folgendes beinhalten: a) Identifizierung der in dem Sektor bestehenden Herausforderungen, einschließlich des weltweiten Wettbewerbs; b) Vorschlag geeigneter Instrumente zur Unterstützung des Sektors und gegebenenfalls Maßnahmen auf Gegenseitigkeit; c) Ausloten von Möglichkeiten zur Verringerung des Klima-/Umweltfußabdrucks, einschließlich Möglichkeiten, den Zusammenhang zwischen Tierhaltung und dem Erhalt von umwelt- und klimafreundlichem Grünland durch extensivere Tierhaltungssysteme herauszustellen, die für den Erhalt von Biodiversität und Landschaften förderlich sind; d) Förderung von Investitionen, technologischen Entwicklungen und Innovationen; e) verstärkte Entwicklung von Modellen für eine nachhaltige Erzeugung.

Bürokratieabbau zur Förderung eines wettbewerbsfähigen Agrar- und Lebensmittelsektors

Landwirtinnen und Landwirte sollten Unternehmer sein und Lebensmittel bereitstellen und sich nicht mit unnötiger Bürokratie oder unnötigem Verwaltungsaufwand herumschlagen. Wie im Draghi-Bericht ausgeführt, stehen exzessive Anforderungen und Berichtspflichten der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft und Innovationen im Weg.

Die Kommission wird für Vereinfachungen in nie da gewesenem Umfang 31 sorgen, auch in der Landwirtschaft. Es ist nicht Aufgabe der Union, die einzuhaltenden betrieblichen Bewirtschaftungsverfahren im Detail vorzugeben. Zahlreiche Anträge auf Ausnahmen von diesen Verpflichtungen, die häufig aufgrund nationaler und regionaler Besonderheiten ihre Berechtigung hatten, haben gezeigt, dass pauschale Vorgaben in einem dermaßen diversifizierten Sektor nicht das Instrument der Wahl sind.

Darüber hinaus müssen die Lasten zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben einerseits und den Mitgliedstaaten andererseits besser verteilt werden, wenn es um die Umsetzung von gesetzlichen Regelungen und Anforderungen geht. Gleichzeitig bedarf es eines Stresstests und eines Realitätschecks bestehender und neuer Vorschriften. Ebenso gilt es, Überregulierung zu vermeiden und eine kumulative Bewertung der Auswirkungen vorzunehmen.

Neue Technologien bieten gute Aussichten auf Vereinfachung. So lassen sich beispielsweise durch Erdbeobachtungssatelliten, die in Echtzeit verwertbare Daten auf Ebene der einzelnen Betriebe liefern, Vor-Ort-Kontrollen und Berichterstattungspflichten reduzieren. Die Nutzung von Satellitentechnologie führt zu einer besseren Nutzung von Ressourcen, geringeren Betriebsmittelkosten und mehr Nachhaltigkeit. Dementsprechend werden die kontinuierliche Nutzung und die Weiterentwicklung der Weltraumressourcen der EU, also Copernicus und Galileo, für mehr Vereinfachung und Wettbewerbsfähigkeit sorgen. Zudem könnten Technologien für den Datenaustausch durch straffere und stärker automatisierte Berichterstattungsverfahren zu Bürokratieabbau führen.

Die Kommission wird im zweiten Quartal 2025 ein umfassendes Paket zur Vereinfachung des derzeitigen Rechtsrahmens für die Landwirtschaft vorschlagen, das Folgendes umfasst: i) Vereinfachung und Straffung von Anforderungen in landwirtschaftlichen Betrieben, durch die den unterschiedlichen Situationen und Bewirtschaftungsverfahren (z. B. ökologische/biologische Landwirtschaft) stärker Rechnung getragen wird; ii) Bündelung der Unterstützung für kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe durch verstärkten Rückgriff auf vereinfachte Zahlungen; iii) Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch bessere und einfachere Planung und besseren und einfacheren Zugang zu Finanzierungsinstrumenten, die im derzeitigen MFR zur Verfügung stehen; iv) mehr Flexibilität für die Mitgliedstaaten bei der Verwaltung der Strategiepläne.

Darüber hinaus wird die Kommission 2025 daran arbeiten, ein bereichsübergreifendes Maßnahmenpaket zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften vorzulegen, das eine sinnvolle Vereinfachung in anderen Politikbereichen als der GAP bringt, die sich auf Landwirtinnen und Landwirte, Lebens- und Futtermittelunternehmen und die zuständigen Verwaltungen auswirken. Der Schwerpunkt wird dabei auf Aspekten liegen, durch die landwirtschaftliche Betriebe sowie Lebens- und Futtermittelunternehmen wettbewerbsfähiger und krisenfester werden, auch gegenüber geopolitischen Schocks und globalen Wettbewerbern.

3.3.Sicherung der Zukunftsfähigkeit eines naturnahen Agrar- und Lebensmittelsektors

Wie kein anderer Sektor basiert die Lebensmittelerzeugung auf Natur und Ökosystemen und ist untrennbar mit diesen verbunden. Damit die Landwirtinnen und Landwirte langfristig Lebensmittel erzeugen und Krisen bewältigen können, brauchen wir widerstandsfähige Ökosysteme, gesunde Böden, die Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten, die Bestäubung von Pflanzen, ausreichend Wasser von guter Qualität, saubere Luft und gute klimatische Bedingungen. Ziel der EU ist es, bis 2050 klimaneutral zu sein und die Umweltzerstörung aufzuhalten und umzukehren. Hierzu kann der Agrar- und Lebensmittelsektor einen wichtigen Beitrag leisten und gleichzeitig davon profitieren.

Parallel dazu muss beim ökologischen Wandel sorgfältig auf wirtschaftliche Herausforderungen und Schwierigkeiten bei der Umsetzung sowie auf einen sozial gerechten Übergang geachtet werden. Zudem gilt es, dabei die Besonderheiten der Landwirtschaft zu berücksichtigen: Die Landwirtschaft wird immer gewisse Auswirkungen auf natürliche Ressourcen haben, wobei die Möglichkeiten, diese abzumildern, im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren begrenzt sind. Darüber hinaus stellt sich die Situation in verschiedenen Regionen und Gebieten oftmals sehr unterschiedlich dar. Dafür bedarf es natürlich maßgeschneiderter, zielgerichteter Lösungen, einschließlich naturnaher Lösungen.

Dekarbonisierung bei gleichzeitigem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit

Durch landwirtschaftliche Tätigkeiten kann CO2 aus der Atmosphäre in Böden und Biomasse gebunden werden. In den meisten Fällen wird die Lebensmittelerzeugung dadurch widerstandsfähiger gegenüber klimabedingten Schäden, was wiederum zur Ernährungssicherheit beiträgt. Da alle Sektoren zur Verringerung der Emissionen beitragen müssen, sind Klimaschutzmaßnahmen im Agrar- und Lebensmittelsektor entscheidend, um das übergeordnete Ziel einer klimaneutralen und krisenfesten EU bis 2050 zu verwirklichen.

Die Kommission erwartet von der Landwirtschaft, dass sie die Emissionssenkungen gemäß dem EU-Klimaziel für 2030 erreicht. Darauf aufbauend wird sich die Kommission Strategien überlegen, wie der Agrarsektor zum EU-Klimaziel für 2040 beitragen kann, und dabei im Dialog mit dem Sektor und den Mitgliedstaaten die Besonderheiten des Sektors berücksichtigen und den Schwerpunkt auf die Wettbewerbsfähigkeit, die Gewährleistung der Ernährungssicherheit und die Stärkung der Bioökonomie legen. Dieser Ansatz wird sich in der Überarbeitung der einschlägigen Vorschriften zur Regulierung von Treibhausgasemissionen und CO2-Entnahmen in den Sektoren Landwirtschaft sowie Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft widerspiegeln.

Mit wirksamen Maßnahmen, die vorbildliche Praktiken und an spezifischen Erfordernissen ausgerichtete Ansätze belohnen, besteht Spielraum für eine weitere, schnellere Senkung der Emissionen aus der Landwirtschaft bei gleichzeitiger Verbesserung der CO2-Bindung im Landnutzungssektor, in Böden und Wäldern. Was die vorherrschenden Emissionen aus der Tierhaltung betrifft, so werden die Empfehlungen des Arbeitsbereichs „Tierhaltung“ als Grundlage für die weitere Erarbeitung eines Instrumentariums an zielgerichteten Maßnahmen dienen, um den Sektor und die Regionen in ihren Bemühungen um eine Verringerung von Emissionen zu unterstützen. Technologische Fortschritte, auch bei Fütterungsstrategien, werden ebenfalls dazu beitragen. In diesem Zusammenhang wird im Rahmen der künftigen GAP bewertet werden, wie die Landwirtinnen und Landwirte am besten dabei unterstützt werden können, Treibhausgasemissionen aus ihren Anbau- und Tierhaltungstätigkeiten weiter zu reduzieren.

Die Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie der Einzelhandel spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle dabei, zum Klimaziel für 2040 und zum Umweltschutz beizutragen. Durch klare Maßnahmen und Anreize sollten das Innovationspotenzial des Lebensmittelsystems und der Bioökonomie insgesamt genutzt und die Bürgerinnen und Bürger der EU mit gesunden, erschwinglichen und nachhaltigen Lebensmitteln versorgt werden.

Schaffung von Anreizen für Nachhaltigkeit

Ökologische Nachhaltigkeit wird für die landwirtschaftliche Erzeugung mehr und mehr zur Notwendigkeit. Die Chancen, die sich aus dem Natur- und Klimaschutz ergeben, können eine positive Agenda für die europäische Landwirtschaft bieten. Arbeit im Einklang mit der Natur macht die Landwirtschaft für künftige Generationen widerstandsfähiger. Zudem wurde damit begonnen, schrittweise Finanzmittel aus dem Privatsektor einzuwerben, was als zusätzliche Einkommensquelle neben öffentlicher Unterstützung weiter ausgelotet werden sollte. Die Ansätze im Bereich der CO2-Entnahmen, klimaeffizienten Landwirtschaft und CO2-Speicherung werden in der EU im Zertifizierungsrahmen für CO2-Entnahmen und kohlenstoffspeichernde Landbewirtschaftung (CRCF) harmonisiert. Die Methoden und Prüfungsvorschriften im künftigen harmonisierten CRCF werden hier für mehr Klarheit sorgen.

In den vergangenen Jahren erlebten landwirtschaftliche Betriebe in Europa jedoch, wie immer mehr Nachhaltigkeitsstandards, Zertifizierungs- und Berichterstattungspflichten eingeführt wurden, die von unterschiedlichen – öffentlichen wie privaten – Akteuren, Organisationen und Einrichtungen festgelegt wurden. Diese verschiedenen Methoden und Berichtspflichten betreffen eine große Bandbreite von Nachhaltigkeitsaspekten und führen zu einer Fragmentierung, die durch Unstimmigkeiten zwischen Standards, die Nichtvergleichbarkeit von Initiativen und irreführende Signale bezüglich der einzuschlagenden Richtung gekennzeichnet ist. Dies sorgt für hohe Transaktionskosten und Verwirrung bei Landwirtinnen und Landwirten und birgt das Risiko von Greenwashing-Praktiken.

Um dieses Problem anzugehen, wird die Kommission neben einer Vereinfachung und Straffung von EU-Vorgaben auch ein freiwilliges Benchmarking-System für die Bewertung der Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebe entwickeln und schrittweise einführen, sodass Vereinfachung und Benchmarking künftig Hand in Hand gehen. Ähnliche Benchmarking-Ansätze könnten in Zusammenarbeit mit dem gesamten Agrar- und Lebensmittelsektor erarbeitet und auf diesen ausgeweitet werden, auch was Verbraucherentscheidungen betrifft.

Ein Beispiel für Benchmarking: der Nachhaltigkeitskompass für landwirtschaftliche Betriebe

Der Nachhaltigkeitskompass soll als zentrales Tool dienen, durch das für Landwirtinnen und Landwirte die Berichterstattung gestrafft und der Verwaltungsaufwand verringert wird, da sie Nachhaltigkeitsdaten nur an einer Stelle nachverfolgen und erfassen müssen. Darüber hinaus werden sie dabei unterstützt, schrittweise nachhaltigere Verfahren einzuführen und neue Finanzierungsquellen zu erschließen. Dadurch können sie ihre Nachhaltigkeitsleistung besser vergleichen und messen und durch einen einfacheren Datenaustausch nachweisen, welche Ökosystemdienstleistungen sie erbringen. Zudem können eine verbesserte Messung und Berichterstattung dazu beitragen, angemessene politische Maßnahmen der öffentlichen Hand zu konzipieren. Dieses freiwillige System für Bewertungen der Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebe wird mittels eines partizipatorischen und „kundenorientierten“ Bottom-up-Ansatzes entwickelt.

Landwirtschaft und Natur

Damit Landwirtschaft und Natur im Einklang stehen, müssen einerseits bestehende Vorschriften besser durchgesetzt und gestrafft werden und andererseits Anreize und neue marktbasierte Instrumente zur Förderung des Wandels genutzt werden.

Darüber hinaus brauchen Landwirtinnen und Landwirte ein fortschrittlicheres Instrumentarium, damit sie umweltfreundlicher wirtschaften und die gesteckten Ziele erreichen können. Für dieses Instrumentarium braucht es einen gut austarierten Mix aus gezielterer öffentlicher Unterstützung aus der künftigen GAP, Investitionen in umweltfreundliche Lösungen, mehr wirtschaftlichen Anreizen, maßgeschneiderter Beratung unter Einbeziehung der Fortschritte bei Forschung und Innovation und einem flexibleren Regelungsumfeld.

Ein Beispiel dafür ist das Ziel der EU, den Einsatz schädlicher Pestizide zu verringern. Dies ist sowohl für die langfristige Widerstandsfähigkeit der Landwirtschaft als auch für den Natur- und Gesundheitsschutz von Bedeutung. Allerdings wurden Wirkstoffe schneller vom EU-Markt genommen als Alternativen in Form von biologischen oder innovativen risikoarmen Pflanzenschutzmitteln eingeführt wurden. Setzt sich dieser Trend fort, könnte die Fähigkeit der EU, die Lebensmittelversorgung zu gewährleisten, gefährdet sein. Daher wird die Kommission jegliches weitere Verbot von Pestiziden sorgfältig prüfen, wenn noch keine Alternativen verfügbar sind, es sei denn, das betreffende Pestizid stellt eine Bedrohung für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt dar, die die Landwirtschaft für ihr Überleben braucht.

Zudem wird die Kommission 2025 als Teil des Vereinfachungspakets im vierten Quartal einen Vorschlag zur Beschleunigung des Zugangs von Biopestiziden zum EU-Markt vorlegen. Dieser Vorschlag wird eine Begriffsbestimmung für Wirkstoffe in biologischen Pflanzenschutzmitteln enthalten, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumen, vorläufige Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit solchen Wirkstoffen zu erteilen, wenn deren Bewertung noch läuft, und ein beschleunigtes Verfahren für ihre Genehmigung und Zulassung vorsehen.

Darüber hinaus müssen zusätzliche Ressourcen für die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bereitgestellt werden, um die Verfahren zur Risikobewertung zu beschleunigen, damit die Behörde weiterhin eine zentrale Rolle bei der zeitnahen Vorlage transparenter und unabhängiger wissenschaftlicher Gutachten spielen kann. Dadurch wird der Zugang für innovative Pflanzenschutzmittel zum EU-Markt erleichtert und gleichzeitig ein hoher Schutz der Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der Umwelt gewährleistet.

Gesunde Böden sind die Grundlage für die Landwirtschaft – heute und in Zukunft. Gleichzeitig sind die Böden in Europa hohen Belastungen u. a. durch den Klimawandel, den Verlust an biologischer Vielfalt, Umweltverschmutzung und in manchen Fällen nicht nachhaltige Bodenbewirtschaftung ausgesetzt. Um dieses Problem zu bewältigen, wird die Kommission landwirtschaftliche Verfahren fördern, durch die die Bodengesundheit wiederhergestellt, aufrechterhalten oder verbessert wird, und Anreize für solche Verfahren schaffen. Eine kontinuierliche Unterstützung der ökologischen/biologischen Landwirtschaft bleibt unerlässlich, während andere integrierte Ansätze weiter gefördert werden könnten. Die Bereitstellung unabhängiger und verlässlicher Beratungsdienste wird entscheidend sein, um sicherzustellen, dass Landwirtinnen und Landwirte auf aktuelles Wissen über Bodengesundheit und Landwirtschaft zugreifen können.

Die Landwirtschaft hat einen hohen Wasserbedarf und ist auf eine kontinuierliche, sichere Wasserversorgung angewiesen, um die Gesundheit und das Wachstum von Pflanzen, Tieren und allen Lebensformen zu gewährleisten. Wasser ist aber einer Reihe von Risikofaktoren ausgesetzt, wie Entnahmen und Verschmutzung im Zusammenhang mit der Landwirtschaft. Wasserstress ist in der EU ein wachsendes Problem, da die Wasserknappheit durch den Klimawandel weiter verschärft wird. Auf den Klimawandel zurückzuführende widrige Wetterereignisse sind eines der größten Risiken für die pflanzliche Erzeugung, insbesondere im Süden Europas 32 . Die Kommission wird demnächst eine Strategie für eine resiliente Wasserversorgung vorlegen und darin ihre Antwort auf drängende Probleme vorstellen: effizientere Wassernutzung, Verringerung der Wasserverschmutzung und Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit der Entnahme zu großer Wassermengen.

Besonderes Augenmerk muss darauf gelegt werden, die Nährstoffbewirtschaftung auf Betriebsebene und die Nährstoffkreisläufe zu verbessern. Der Schwerpunkt sollte dabei auf Gebieten mit besonders starker Nährstoffbelastung und auf der Förderung integrierter territorialer Ansätze liegen. Ein Schlüsselaspekt wäre dabei die Bewirtschaftung und Eindämmung von Nährstoffen aus der Tierhaltung, um negative externe Effekte zu begrenzen, für mehr Extensivierung in Gebieten mit hoher Viehkonzentration zu sorgen und die Kreislauffähigkeit voranzubringen, sodass der Einsatz synthetischer Düngemittel verringert werden kann. Die Bewertung der Nitratrichtlinie, die Ende 2025 vorgelegt werden soll, wird weitere Erkenntnisse bringen, die in die Diskussion einfließen werden.

3.4.Wertschätzung von Lebensmitteln und Förderung fairer Lebens- und Arbeitsbedingungen in lebendigen ländlichen Gebieten

Lebensmittel schaffen Verbindungen zwischen Menschen unterschiedlicher Gebiete und Regionen. Sie schaffen Verbindungen zwischen Landwirtinnen und Landwirten und Verbraucherinnen und Verbrauchern und verbinden städtische Zentren mit ländlichen Lebensräumen. Landwirtschaft, Fischerei und Lebensmittelerzeugung sind der Kitt, der ländliche Gemeinschaften und Küstengemeinschaften zusammenhält, und bilden die Grundlage für weitere wirtschaftliche Tätigkeiten. Dynamische ländliche Gebiete fördern die Erzeugung hochwertiger Lebensmittel, wodurch wiederum die dortige Wirtschaft gestärkt wird. Diese Verbindungen zwischen Lebensmitteln und Ursprungsgebieten wieder aufleben zu lassen und die ländlichen Gebiete zu revitalisieren, wird für die Zukunft der Landwirtschaft in Europa entscheidend sein.

Faire Lebens- und Arbeitsbedingungen in den ländlichen Gebieten und Küstengebieten in Europa

Demografische Herausforderungen, Überalterung und insbesondere Entvölkerungstendenzen in Verbindung mit einem unzureichenden Generationswechsel führen in den meisten ländlichen Gebieten und in zahlreichen Küstengebieten in der gesamten Union zu einem Rückgang der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter.

Bei den von den geopolitischen Spannungen infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am stärksten betroffenen Regionen an der Ostgrenze der EU handelt es sich um besonders anfällige und schutzbedürftige ländliche Gebiete, die besondere Unterstützung benötigen. Sozioökonomischer Niedergang und zunehmende Entvölkerung werden sich hier zusätzlich auf die Sicherheit auswirken. Dabei sind diese überwiegend ländlichen Gebiete für die Sicherheit der EU von strategischer Bedeutung.

Grundvoraussetzungen für die Vitalität ländlicher Gebiete und die Schaffung attraktiver Bedingungen für neue Arbeitskräfte im Lebensmittelsektor sind neben dem Zugang zu Land und Kapital bessere Bildungsmöglichkeiten, hochwertige Arbeitsplätze und Karrieremöglichkeiten, bessere Mobilität, grundlegende Gesundheitsdienste und Netzanbindung. Die Lebens- und Futtermittelproduktion in der EU ist zudem auf ländliche Arbeitskräfte angewiesen, die vielfach aus anderen EU-Mitgliedstaaten oder Drittländern kommen und oftmals unter prekären Bedingungen arbeiten. Dies muss mehr als bisher proaktiv angegangen und bei politischen Maßnahmen berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang kommen dem sozialen Dialog und Tarifverhandlungen unter Berücksichtigung nationaler Rechtsvorschriften und Traditionen eine wichtige Rolle zu.

Die Landwirtschaft ist ein erfüllender, aber auch ein fordernder Beruf, in dem Arbeit und Privatleben oft nur schwer zu vereinbaren sind und Isolation und Einsamkeit verbreitete Probleme sind, die sich oftmals auf die psychische Gesundheit auswirken. Die Selbstmordrate liegt bei Landwirtinnen und Landwirten in manchen Mitgliedstaaten 20 % über dem nationalen Durchschnitt 33 . Die landwirtschaftlichen Betriebsberatungsdienste im Rahmen der GAP können durch spezifische Beratung der Landwirtinnen und Landwirte dazu beitragen, für psychische Gesundheit und Arbeitsunfälle zu sensibilisieren. So hat beispielsweise das irische Amt für die Entwicklung von Landwirtschaft und Ernährung (Teagasc) die psychische Gesundheit von Landwirtinnen und Landwirten aktiv unterstützt und durch zahlreiche Aktivitäten für das Thema sensibilisiert 34 .

Neben der GAP haben auch eine Reihe anderer Politikbereiche wie die Kohäsionspolitik erhebliche Auswirkungen auf ländliche Gebiete und tragen zum sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt in Europa bei. Der Beitrag der Kohäsionspolitik zur wirtschaftlichen Diversifizierung und zur Bereitstellung von Infrastruktur und damit verbundenen Dienstleistungen kann noch wichtiger dabei werden, ländlichen Gebieten dabei zu helfen, dass sie für Landwirtinnen und Landwirte, ihre Familien und andere Bewohner im ländlichen Raum attraktiv bleiben, und den Tourismus zu beleben. Insbesondere Agrotourismus kann eine zusätzliche Einkommensquelle für landwirtschaftliche Betriebe sein.

Synergien und Komplementaritäten müssen stärker ausgeweitet werden, um wirksame Unterstützung und spürbare Wirkung in ländlichen Gebieten zu erzielen. Eine bessere Ausrichtung von Finanzierungsinstrumenten auf die jeweilige sektorale Politik kann zur Entwicklung ländlicher Gebiete durch integrierte Planung und Umsetzung beitragen.

2025 wird die Kommission einen aktualisierten EU-Aktionsplan für den ländlichen Raum auflegen, der mit Projekten, Initiativen und Maßnahmen aus zahlreichen Politikbereichen der EU unterfüttert wird, um den neuen politischen Prioritäten in Europa für die Zeit nach 2027 gerecht zu werden. Der Grundsatz der Prüfung der Auswirkungen auf den ländlichen Raum, einschließlich territorialer Folgenabschätzungen, wird praxistauglicher gemacht, und die EU stellt ausreichende Mittel dafür bereit. Darüber hinaus wird der Pakt für den ländlichen Raum 35 , der 2021 ins Leben gerufen wurde, um einen Rahmen für die Zusammenarbeit mit Interessenträgern zu bieten, als Instrument für den Dialog und das Engagement der Zivilgesellschaft wie auch ländlicher Gemeinschaften weiter gestärkt, und zwar indem sowohl die Umsetzung als auch die Diskussion über politische Maßnahmen gefördert werden. Die Kommission wird auch weitere Maßnahmen gegen die gezielte Verbreitung von Desinformation in ländlichen Gebieten ergreifen.

Zudem schlummert in der Kreislaufwirtschaft erhebliches Potenzial für die Wirtschaft im ländlichen Raum, insbesondere im Bereich der Bioökonomie. In der langfristigen Vision für die ländlichen Gebiete 36 geht die Kommission davon aus, dass der Ausbau der Bioökonomie bis 2035 rund 400 000 und bis 2050 bis zu 700 000 neue hochwertige Arbeitsplätze schaffen wird, und zwar überwiegend in ländlichen Gebieten.

Instrumente für eine partizipative lokale Entwicklung, wie LEADER/von der örtlichen Bevölkerung betriebene lokale Entwicklung und andere Formen der Zusammenarbeit wie intelligente Dörfer, deren Wirksamkeit erwiesen ist, werden weiter gestärkt. Das Konzept funktionaler ländlicher Gebiete wird weiter ausgebaut, um die Lücke zu schließen, was verfügbare und erschwingliche Dienstleistungen für Menschen im ländlichen Raum betrifft. Dies steht im Einklang mit der Verpflichtung der Kommission, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der ländliche Raum für alle europäischen Bürgerinnen und Bürger lebenswert bleibt. Dies gilt für alle ländlichen Gebiete und ist für abgelegene Gebiete von Belang, die keinen unmittelbaren Zugang zu Dienstleistungen haben, die in städtischen Gebieten angeboten werden. Hier können kleine und mittelgroße Städte eine wichtige Rolle dabei spielen, den Zugang zu Dienstleistungen und Infrastruktur bereitzustellen.

Regionen in äußerster Randlage weisen besondere Merkmale auf, weshalb sie spezifische, gezielte Unterstützung benötigen. Die Kommission unterstreicht die Bedeutung der POSEI-Regelung zur Unterstützung von Landwirtinnen und Landwirten in Regionen in äußerster Randlage. Die Ergebnisse der laufenden Bewertung werden in die Überlegungen einfließen, wie sich sicherstellen lässt, dass POSEI langfristig die Zukunft des Agrarsektors in Regionen in äußerster Randlage garantieren kann und weiter zur Ernährungssicherheit und ‑souveränität, Wettbewerbsfähigkeit und Krisenfestigkeit dieser Regionen beiträgt.

Um mehr Frauen für die Landwirtschaft zu gewinnen und einen Erfahrungsaustausch zu ermöglichen, wird die Kommission eine Plattform „Frauen in der Landwirtschaft“ einrichten. Durch die von den Mitgliedern der Plattform durchgeführten Aktionen werden die Teilhabe und die Gleichberechtigung von Frauen im Landwirtschaftssektor gestärkt. Gleichzeitig wird die Plattform als Forum für den Austausch über bewährte Verfahren dienen.

Wertschätzung von Lebensmitteln: Wiederbelebung des engen Zusammenhangs zwischen Landwirtschaft, Ursprungsgebieten und Lebensmitteln und Nutzung der Innovationskraft

Das Verhältnis der Verbraucherinnen und Verbraucher zu Lebensmitteln hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Lebensmittel werden stärker verarbeitet, Essgewohnheiten ändern sich und die Lieferketten sind länger und komplexer geworden. Gleichzeitig ist die Erschwinglichkeit von Lebensmitteln nach wie vor ein großes Anliegen, insbesondere für einkommensschwache Haushalte. Der Zusammenhang zwischen Landwirtschaft, Lebensmitteln und Ursprungsgebieten ist schwächer geworden, doch veränderte gesellschaftliche Erwartungen an Lebensmittel bieten Chancen für den Sektor. Daher ist es sehr wichtig, zu den „Wurzeln“ zurückzukehren und den Zusammenhang zwischen Lebensmitteln, Ursprungsgebieten, Saisonalität, Kultur und lokalen Traditionen wiederherzustellen.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher können bei diesem Wandel eine wichtige Rolle spielen. Beschäftigte in Landwirtschaft und Fischerei sehen sich dem Druck ausgesetzt, ihre Umweltleistung zu verbessern, doch die Märkte belohnen die bereits erzielten Fortschritte nicht und schaffen keine Anreize für noch nachhaltigere Verfahren.

Um fundierte Entscheidungen treffen zu können, müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher Zugang zu vertrauenswürdigen Informationen haben. Die Kommission wird auch weiterhin EU-Verbraucherschutzvorschriften durchsetzen, um unlautere Geschäftspraktiken zu verhindern. Irreführende Umweltaussagen und zweifelhafte Nachhaltigkeitssiegel aus dem Verkehr zu ziehen, ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher die Informationen haben, die sie für nachhaltige Entscheidungen benötigen.

Lebensmittel sind ein entscheidender Aspekt in jeder Diskussion über die Zukunft von Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung in Europa. Wie die Erfahrung zeigt, sind sie aber auch ein heikles Thema, da gesellschaftliche und kulturelle Traditionen hineinspielen. In diesem Kapitel werden Bereiche identifiziert, in denen ein Tätigwerden auf Unionsebene einen Mehrwert bringen kann, ohne die nationalen und regionalen Kompetenzen in der Gesundheitspolitik und die Wahlfreiheit zu beschneiden.

Lokale Behörden sind oft sehr gut in der Lage, durch von der Bevölkerung betriebene Initiativen eine führende Rolle bei der Gestaltung eines günstigen Lebensmittelumfelds zu übernehmen. Hierzu zählen auch Lebensmittelräte, die den Dialog darüber fördern, wie die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit gesunder, hochwertiger Lebensmittel verbessert werden können. Die Kommission wird solche Initiativen auf nationaler und regionaler/lokaler Ebene fördern und den weiteren Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern. Die Union kann dazu beitragen, diesen Dialog und diese Interaktion auf die EU-Ebene zu heben.

Daher wird die Kommission jedes Jahr einen Lebensmitteldialog mit den Akteuren des Lebensmittelsystems führen, darunter Verbraucherinnen und Verbraucher, Primärerzeuger, Industrie, Einzelhändler, Behörden und die Zivilgesellschaft. Dieser Dialog soll ein Forum sein, um drängende Probleme wie die Neuformulierung von Lebensmitteln, die Erhebung von Daten zu Ernährungsgewohnheiten und die Erschwinglichkeit von Lebensmitteln, um nur einige zu nennen, zu diskutieren. Zur Unterstützung dieses Dialogs wird die Kommission eine Studie über die Auswirkungen des Verzehrs sogenannter hochverarbeiteter Lebensmittel in Auftrag geben.

In diesem Zusammenhang sollte im Rahmen des Lebensmitteldialogs auch versucht werden, den Austausch bewährter Verfahren zu fördern und zu beobachten, wie die Mitgliedstaaten mithilfe von EU- und nationalen Instrumenten Lebensmittelarmut bekämpfen, auch durch Sozialpolitik, Schulprogramme und Lebensmittelmarken für die schutzbedürftigsten Haushalte.

Darüber hinaus wird die Kommission einen Legislativvorschlag zur Stärkung der Rolle der öffentlichen Auftragsvergabe vorlegen. Bei der öffentlichen Auftragsvergabe sollte ein Ansatz verfolgt werden, der die Bemühungen der Landwirtinnen und Landwirte, der Lebensmittelindustrie und der Gastronomie in Europa um Qualität und Nachhaltigkeit entlohnt. Gleichzeitig sollte kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) die Möglichkeit gegeben werden, sich daran zu beteiligen. Dadurch können die richtigen Anreize geschaffen werden, damit sich die Verbraucherinnen und Verbraucher für lokale und saisonale Erzeugnisse sowie Lebensmittel, die unter Einhaltung hoher Umwelt- und Sozialstandards erzeugt wurden, einschließlich ökologischer/biologischer Erzeugnisse und Erzeugnisse mit kürzeren Lieferwegen, entscheiden. In diesem Zusammenhang ist und bleibt die Entwicklung kurzer Versorgungsketten im Lebensmittelsektor von strategischer Bedeutung, um fairere Erzeugerpreise in der Landwirtschaft und in der Fischerei zu garantieren und den Verbraucherinnen und Verbrauchern besseren Zugang zu frischen und saisonalen Erzeugnissen zu bieten.

Darüber hinaus wird die Kommission eine gezielte Überprüfung des erfolgreichen EU-Schulprogramms vorschlagen, um dessen Bildungsauftrag – unter Berücksichtigung lokaler und regionaler Erfordernisse und Traditionen – zu stärken. Die Absatzförderungspolitik der EU wird auch künftig ein strategisch wichtiges politisches Instrument sein, durch das die Verbraucherinnen und Verbraucher stärker für die Erzeugnisse aus der Landwirtschaft und Fischerei in der EU und für Qualitätsregelungen, einschließlich des EU-Bio-Logos, sensibilisiert werden sollen. In diesem Zusammenhang wird sich die Kommission auch dafür einsetzen, eine noch stärkere Nutzung von geografischen Angaben zu fördern, denn diese sind für europäische Erzeuger ein wirksames Instrument zur Aufwertung der von ihnen hergestellten Lebensmittel und Getränke, zur Erhaltung des kulinarischen Erbes in den Mitgliedstaaten und zur Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen in den ländlichen Gebieten, in denen sie tätig sind.

Der Beitrag der Lebensmittelindustrie ist entscheidend für die Entwicklung von Geschäftsmodellen, durch die jedes Element in der Wertschöpfungskette gestärkt wird und gleichzeitig auf das Wohlergehen der Beschäftigten in der Landwirtschaft, in der Fischerei und im Lebensmittelsektor insgesamt sowie der Verbraucherinnen und Verbraucher geachtet wird. Hier brauchen wir einen umfassenden Ansatz, um Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit, Innovation, Krisenfestigkeit und Nachhaltigkeit in der Erzeugung, in der Vermarktung und im Verkauf von Lebensmitteln zu fördern und bestehende Lücken und Herausforderungen anzugehen. Zudem wird die Kommission auch künftig die Einhaltung des EU-Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Unternehmens- und Marketingpraktiken und die durch seine Umsetzung erzielten Ergebnisse sehr aktiv unterstützen und bewerten, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind, falls das durch den Verhaltenskodex Erreichte nicht den Erwartungen entspricht. Organisationen zur Unterstützung von Unternehmen sollten dafür gewonnen werden, in der Lebensmittelverarbeitung tätige KMU stärker zu unterstützen und virtuelle Innovationszentren zu schaffen.

In diesem Zusammenhang kann die Vernetzung von KMU durch die Europäische Plattform für Cluster-Zusammenarbeit sowie durch die künftige Plattform für den Wandel im Agrar- und Lebensmittelsektor erleichtert werden. Durch diese Plattform werden außerdem die allgemeine Umsetzung des Verhaltenskodex und der Übergang für das industrielle Ökosystem im Agrar- und Lebensmittelsektor einfacher gemacht.

Da sich eine vielseitige und ausgewogene Ernährung positiv auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen auswirken kann, ist es wichtig, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten Fortschritte bei der Überwachung der Effekte bestimmter Werbe- und Vermarktungspraktiken für Lebensmittel zu machen. Insbesondere die Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der schutzbedürftigsten Verbrauchergruppen, z. B. Kinder, sollten untersucht werden.

Es wurden innovative Technologien entwickelt, auch im Bereich der Lebensmitteltechnologie, der Biotechnologie und der Bioproduktion. Den Innovationsvorsprung Europas bei solchen neuen Technologien aufrechtzuerhalten, ist entscheidend, damit der Sektor weiter wettbewerbsfähig ist und die EU im Bereich der Lebensmittelinnovation weltweit führend bleibt. Gleichzeitig werden bestimmte Lebensmittelinnovationen manchmal als Bedrohung für die Traditionen und die Kultur in Europa wahrgenommen. Deshalb brauchen wir einen verstärkten Dialog zu diesem Thema und mehr Kenntnisse, um sicherzustellen, dass diese Innovationen auf inklusive Weise bewertet werden können und hier auch soziale, ethische, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Aspekte von Lebensmittelinnovationen einfließen.

Schließlich prägen neue gesellschaftliche Erwartungen an Lebensmittel das Verbraucherverhalten, insbesondere wenn es um Tierwohl und den Ursprung von Erzeugnissen geht. Bei entsprechender Unterstützung kann dies neue Chancen für Landwirtinnen und Landwirte eröffnen. Hierzu wird die Kommission in einen engen Austausch mit den Akteuren in der Landwirtschaft, der Lebensmittelkette und der Zivilgesellschaft treten und auf dieser Grundlage Vorschläge zur Überarbeitung der geltenden Tierwohlvorschriften vorlegen, einschließlich ihrer Verpflichtung, Käfighaltung schrittweise abzuschaffen. Diese Überarbeitung wird sich auf die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse stützen und die sozioökonomischen Auswirkungen auf Landwirtinnen und Landwirte und die Agrar- und Lebensmittelkette berücksichtigen. Dafür sollen entsprechende Unterstützung und angemessene, artenspezifische Übergangszeiträume und ‑pfade vorgesehen werden. Verbunden damit wird die Kommission eine entsprechende Tierwohlkennzeichnung erwägen, um den gesellschaftlichen Erwartungen gerecht zu werden.

Gleichzeitig sind fortgesetzte Bemühungen um eine Verringerung von Lebensmittelverlusten und Lebensmittelverschwendung eine der wichtigsten Prioritäten für die kommenden Jahre. Die Verringerung von Lebensmittelverlusten und die Nutzung von Lebensmittelabfällen kommen nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, Landwirtinnen und Landwirten sowie anderen Akteuren in der Lebensmittelversorgungskette in der EU zugute, sondern führt durch einen effizienteren Ressourceneinsatz und die Gewährleistung der Ernährungssicherheit auch zu einem nachhaltigeren EU-Lebensmittelsystem.

4.Schaffung günstiger Rahmenbedingungen: Forschung, Innovation, Wissen und Know-how ins Zentrum der europäischen Agrar- und Lebensmittelwirtschaft rücken

Digitalisierung als Triebfeder zur Beschleunigung des Wandels

Der digitale Wandel vollzieht sich in beispielloser Geschwindigkeit und kann dazu beitragen, die Wirtschaftsleistung, Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebe rasch zu verbessern. Durch fortgeschrittene digitale Technologien, einschließlich künstlicher Intelligenz, in Verbindung mit Daten aus dem Internet der Dinge und anderen Quellen lassen sich betriebliche Abläufe erheblich verbessern. Gleichzeitig kann dies die Art und Weise der Lebensmittelerzeugung unter Berücksichtigung von Umwelt, Klima und Menschen auf innovative Weise revolutionieren. Bei der Nutzung digitaler Instrumente hinken die Landwirtschaft und andere Bereiche des Lebensmittelsystems allerdings hinterher. Die Gründe, warum Landwirtinnen und Landwirte nicht ganz vorne auf der Digitalisierungswelle mitreiten, sind vermeintlich hohe Kosten, fehlende digitale Kompetenzen, mangelndes Vertrauen, das Fehlen von maßgeschneiderten Lösungen und Probleme bei der Internetanbindung.

Oberstes Gebot wird es sein, die Anbindung in ländlichen Gebieten zu verbessern, insbesondere in abgelegenen Gebieten, und gleichzeitig die Chancen zu nutzen, die alternative Konnektivitätslösungen und Edge-Computing bieten. Investitionen in günstige Rahmenbedingungen, wie lebenslanges Lernen im Bereich der digitalen Kompetenzen und Beratung, sind ganz entscheidend, wie auch die Förderung der Erprobung und Einführung digitaler Lösungen, auch im Kollektiv (z. B. durch Genossenschaften). Digitale Systeme müssen weiter integriert und harmonisiert werden, und zwar für die Erhebung von Daten durch Landwirtinnen und Landwirte, andere Akteure im Lebensmittelsystem und die Mitgliedstaaten. Die Kommission wird dem Grundsatz „einmal erheben, mehrfach nutzen“ folgen und so den Berichterstattungsaufwand für die Landwirtinnen und Landwirte unter Berücksichtigung bestehender und anstehender Initiativen auf EU-Ebene, wie dem gemeinsamen europäischen Agrardatenraum, verringern.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, wird die Kommission eine EU-Digitalstrategie für die Landwirtschaft auf den Weg bringen, die den Weg zu einem digitalen und zukunftsorientierten Landwirtschafts- und Lebensmittelsektor ebnen und mögliche Fallstricke vermeiden soll 37 .

Wissen, Forschung und Innovation als Katalysatoren des Wandels

Neue Erkenntnisse und Innovationen müssen schneller und in größerem Umfang in den landwirtschaftlichen Betrieben und bei anderen Akteuren des Lebensmittelsystems ankommen, wobei innovative Lösungen im Betrieb und vor Ort konkret anwendbar sein müssen. Und wir fangen nicht bei null an: Durch die Mission „Ein Boden-Deal für Europa“ im Rahmen von Horizont Europa werden Landwirtinnen und Landwirte durch Forschung und Innovation einerseits und Erprobungen und Versuche vor Ort andererseits bei der Umstellung auf nachhaltige Bodenbewirtschaftungsverfahren unterstützt. Dies sollte fortgesetzt werden, um bis 2050 gesunde Böden in der EU zu erreichen.

Bei den Innovationen geht es voran, und diese Entwicklung sollte mit offenen Armen begrüßt werden. So werden die Erprobung von Regelungsinitiativen, neuen Technologien oder Geschäftsmodellen in Reallaboren (z. B. für digitale Instrumente in der Landwirtschaft), bevor sie tatsächlich eingeführt werden, und die Vergabe öffentlicher Aufträge für innovative Lösungen dazu beitragen, Hindernisse für weitere, in den landwirtschaftlichen Betrieben unmittelbar einsetzbare Innovationen zu beseitigen.

Um auf die Bedürfnisse von Landwirtinnen und Landwirten zugeschnittene Ergebnisse zu erzielen, sollte die gemeinsame Schaffung von Wissen und Innovation in lokalen Erprobungsstätten in landwirtschaftlichen Betrieben mit Betriebsinhabern, Wissenschaftlern, Innovatoren und Geschäftsleuten ausgebaut werden, z. B. in Reallaboren.

Die Entwicklung eines neuen strategischen EU-Ansatzes für Forschung und Innovation zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Land- und Forstwirtschaft sowie ländlichen Gebieten wird entscheidend sein, um Investitionen effizient auszurichten, künftige Prioritäten mit wissenschaftlichen Entwicklungen in Einklang zu bringen und neue Chancen zu ergreifen.

In diesem Bestreben wird die weitere Stärkung bestehender öffentlich-privater und rein öffentlicher Partnerschaften im Bereich Forschung und Innovation und die Erwägung neuer solcher Partnerschaften ein Schlüssel dafür sein, Ressourcen, Talente und Forschungsinfrastruktur zu bündeln. Dabei spielt eine engere Zusammenarbeit mit dem Ständigen Agrarforschungsausschuss eine wichtige Rolle. Weltweit betrachtet wird die Stärkung internationaler Partnerschaften und der Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie der FAO, der WOAH, der CGIAR und der OECD dazu beitragen, innovative Lösungen für globale Herausforderungen und zur Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu finden.

Innovationen in der Pflanzenzüchtung, darunter auch der Einsatz von Instrumenten der Biotechnologie wie neue genomische Techniken, sind wichtig, um die Entwicklung von klimaresilienten, ressourcenschonenden, nahrhaften und ertragreichen Sorten zu beschleunigen und dadurch zur Ernährungssicherheit und Ernährungssouveränität der EU beizutragen. Neue genomische Techniken können auch Mikroorganismen hervorbringen, die positive Auswirkungen für die landwirtschaftliche Erzeugung haben, wie einen verringerten Bedarf an synthetischen Düngemitteln.

Um den Nutzen aus diesen Innovationen zu ziehen, braucht es einen förderlichen Rechtsrahmen in der EU. Dies sorgt auch für gleiche Wettbewerbsbedingungen mit immer mehr Drittländern, die ihre Rechtsvorschriften derzeit anpassen oder es bereits getan haben. Daher ist es besonders wichtig, das Rechtsetzungsverfahren für den Vorschlag der Kommission zu neuen genomischen Techniken abzuschließen und diese Vorschriften schnell umzusetzen. Die Kommission verpflichtet sich, eng mit dem Rat und dem Europäischen Parlament zusammenzuarbeiten, um sehr bald einen zukunftsorientierten Kompromiss zu finden.

Stärkung von Wissens- und Innovationssystemen in der Landwirtschaft und Förderung von Beratungsdiensten

Neue Erkenntnisse und Innovationen im Rahmen der EU-Programme für Forschung und Innovation müssen weithin zugänglich und praktisch nutzbar sein. Die Mitgliedstaaten müssen erhebliche Anstrengungen unternehmen, um das System für Wissen und Innovation in der Landwirtschaft (AKIS) zu stärken und die Ressourcen mit dem breiteren Spektrum an Erfordernissen in dem Sektor in Einklang zu bringen, insbesondere um die Landwirtinnen und Landwirte auf dem Weg zur Nachhaltigkeit besser zu unterstützen. Zu diesem Zweck wird im Rahmen der GAP weiterhin umfangreiche Unterstützung zur Einführung von AKIS-Strategien bereitgestellt, wobei die Europäische Innovationspartnerschaft (EIP) in der Landwirtschaft einen Eckpfeiler bildet. Außerdem werden weitere Maßnahmen gefördert, um die Rolle unabhängiger, kompetenter Berater zu stärken und attraktive Weiterbildungsangebote auszuarbeiten, die dem Bedarf der Landwirtinnen und Landwirte während ihres gesamten Berufslebens Rechnung tragen und besonders auf die sich verändernden Qualifikationsanforderungen an die neue Generation von Landwirtinnen und Landwirten und auf deren berufliche Weiterentwicklung ausgerichtet sind.

Die Behebung des Fachkräftemangels und des Missverhältnisses zwischen Qualifikationsangebot und ‑nachfrage im Landwirtschaftssektor durch vorausschauende Planung und gezielte Investitionen in hochwertige Weiterbildungen und Beratung wird ein Schlüssel sein, um eine neue Generation talentierter landwirtschaftlicher Unternehmerinnen und Unternehmer anzuziehen und ein nachhaltiges, krisenfestes Agrar- und Lebensmittelsystem aufzubauen. Die künftige Union der Kompetenzen wird ein neues Momentum bringen, um einen strategischeren Ansatz im Bereich des inklusiven lebenslangen Lernens und des Erwerbs von Kompetenzen in der Landwirtschaft zu verfolgen und die vorhandenen Tools bestmöglich zu nutzen, damit die Landwirtschaft wieder als attraktiver und lohnender Berufszweig dasteht.

5.SCHLUSSFOLGERUNG

Diese Mitteilung enthält die Überlegungen der Kommission zur Zukunft von Landwirtschaft und Ernährung in Europa. Der europäische Agrar- und Lebensmittelsektor hat viele Stärken und ist führend, wenn es um Gesundheit, Sicherheit, Qualität, Nachhaltigkeit und Innovation in der Lebensmittelerzeugung geht. Auf diesen Stärken müssen wir aufbauen. Doch im derzeitigen geopolitischen Kontext braucht die Union schärfere Antworten auf die Herausforderungen, vor denen Landwirtinnen und Landwirte, Fischerinnen und Fischer, andere Akteure im ländlichen Raum und der Agrar- und Lebensmittelsektor stehen. Zudem muss sie sich mit einer entschlosseneren politischen Antwort zugunsten unserer strategischen Autonomie und Ernährungssouveränität für die Zukunft rüsten, und gleichzeitig ihre Ziele beim Naturschutz und der Dekarbonisierung verfolgen. Diese politische Antwort ist ausgerichtet an einer gemeinsamen Vision, die den Rahmen für die Arbeit der Kommission während ihrer gesamten Amtszeit und in allen Politikbereichen, die Auswirkungen auf Landwirtschaft und Ernährung haben, bilden wird.

Doch die Verwirklichung dieser Vision darf sich nicht nur auf die EU-Ebene stützen. Neue Generationen von Landwirtinnen und Landwirten, Akteuren im Agrar- und Lebensmittelsektor, gut informierten Verbraucherinnen und Verbrauchern und ländlichen Gemeinschaften müssen den Staffelstab als Unternehmer, Landschaftsbewahrer und Akteure des Wandels von der jetzigen Generation übernehmen. Hierzu bedarf es eines verstärkten Dialogs auf allen Verwaltungsebenen, mit EU-Institutionen, mit nationalen, regionalen und lokalen Behörden und mit unseren internationalen Partnern.

Deshalb wird mit dieser Mitteilung der Dialog eröffnet, der die Überlegungen der Kommission zum künftigen Weg bereichern soll, der an den vier Schwerpunktbereichen und ihren Gelingensbedingungen ausgerichtet ist. Viele der zu diskutierenden Themen sind sensibel, und oftmals lässt sich kaum ein gesellschaftlicher Konsens darüber finden, insbesondere wenn es um Lebensmittel, Tierhaltung und die Zukunft der GAP geht. Deshalb werden weitere Arbeitsbereiche angegangen, um über diese zentralen Fragen zu debattieren und in enger Zusammenarbeit mit den einschlägigen Interessenträgern und Politikgestaltern Lösungen zu finden. Die Erfahrung zeigt, dass pauschale Lösungen in einem derart vielfältigen Sektor nicht anwendbar sind, und auch der Strategische Dialog hat eine an lokalen Bedürfnissen ausgerichtete, maßgeschneiderte Antwort gefordert.

Die Kommission ruft das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen, die Sozialpartner und alle Interessenträger auf, aktiv an der Ausgestaltung und Umsetzung der in dieser Mitteilung dargelegten Initiativen mitzuwirken.

(1)

     Niinistö, S., Safer together – Strengthening Europe’s Civilian and Military Preparedness and Readiness (Gemeinsam sicherer – Stärkung der zivilen und militärischen Vorsorge und Einsatzbereitschaft Europas), 2024.

(2)

     Europäische Kommission, Eurobarometer 2025: Die Europäer, die Landwirtschaft und die GAP – Januar 2025 – Eurobarometer-Umfrage . 

(3)

     Eurostat, Key figures on the European food chain (Schlüsseldaten zur europäischen Lebensmittelversorgungskette) – Ausgabe von 2024 (europa.eu) , 2024. Die Beschäftigungszahlen für die Landwirtschaft stammen aus dem Jahr 2020.

(4)

     GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Monitoring EU agri-food trade (Überwachung des EU-Agrar- und Lebensmittelhandels) . Entwicklungen im Jahr 2023, März 2024.

(5)

     Eurostat, Urban-rural Europe – introduction – Statistics Explained (Städtisches-ländliches Europa – Einführung – Statistik erklärt), abgerufen im Februar 2025.

(6)

     Eurostat, Farmers and the agricultural labour force – statistics – Statistics Explained (Landwirte und Arbeitskräfte in der Landwirtschaft - Statistiken - Statistik erklärt), abgerufen im Februar 2025.

(7)

     GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, EU Farm Economics Overview (Überblick über die wirtschaftlichen Entwicklungen in der europäischen Landwirtschaft), abgerufen im Februar 2025.

(8)

     Europäische Kommission (2025), Ein Kompass für eine wettbewerbsfähige EU, COM(2025) 30 final.

(9)

      Strategischer Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft in der EU. Eine gemeinsame Perspektive für Landwirtschaft und Ernährung in Europa. 2024.

(10)

     Draghi, M., The future of European competitiveness (Die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit), September 2024. 

(11)

     Letta, E., Much more than a market – Speed, Security, Solidarity. Empowering the Single Market to deliver a sustainable future and prosperity for all EU Citizens (Weit mehr als ein Markt – Geschwindigkeit, Sicherheit, Solidarität – Stärkung des Binnenmarkts zur Schaffung einer nachhaltigen Zukunft und von Wohlstand für alle Bürgerinnen und Bürger der EU), 2023.

(12)

Niinistö, S., Safer together – Strengthening Europe’s Civilian and Military Preparedness and Readiness (Gemeinsam sicherer – Stärkung der zivilen und militärischen Vorsorge und Einsatzbereitschaft Europas), 2024.

(13)

     Die Strategische Agenda 2024-2029 des Europäischen Rates, die Erklärung von Versailles von 2022, die Erklärung von Granada von 2023 und die Budapester Erklärung von 2024.

(14)

      Hochrangige Beratungsgruppe  mit 30 Mitgliedsorganisationen, die drei Kategorien von Interessenträgern vertreten: Landwirtinnen und Landwirte, andere Akteure der Lebensmittelversorgungskette und die Zivilgesellschaft – auch in Bereichen wie Umwelt und Klima, Tierwohl und Verbraucherfragen.

(15)

   Krzysztofowicz, M., Rudkin, J., Winthagen, V. und Bock, A., Farmers of the future (Landwirte der Zukunft), EUR 30464 EN, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2020, ISBN 978-92-76-26331-9, doi:10.2760/5237, JRC122308.

(16)

      Europäische Kommission, Datenportal für den Agrar- und Lebensmittelsektor: Jobs and Growth in Rural Areas. Farmers' income compared to wage in the rest of the economy (Wachstum und Beschäftigung in ländlichen Gebieten. Einkommen der Landwirte im Vergleich zum Gehalt in der übrigen Wirtschaft), abgerufen im Februar 2025.

(17)

     Die kürzlich vorgelegten Änderungen der Verordnung über die gemeinsame Marktorganisation (GMO) sollen die Position der Erzeuger bei Aushandlung und Abschluss von Verträgen über die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse stärken, die Zusammenarbeit fördern und die Preisweitergabe verbessern. Ebenso sollten die vorgeschlagenen neuen Vorschriften für die grenzüberschreitende Durchsetzung im Rahmen der Richtlinie über unlautere Handelspraktiken dazu beitragen, die Landwirtinnen und Landwirte besser vor unlauteren Handelspraktiken zu schützen.

(18)

     Europäische Kommission (2023). Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: Zusammenfassung der GAP-Strategiepläne für den Zeitraum 2023-2027: Gemeinsame Bemühungen und kollektive Ambitionen.

(19)

     Verordnung (EU) 2024/3012.

(20)

     Europäische Kommission und EIB, Financing gap in the EU agricultural and agri-food sector (Finanzierungslücke in der Landwirtschaft und im Agrar- und Lebensmittelsektor der EU), FI Compass, 2023.

(21)

     PP 08 25 01 – EU-Beobachtungsstelle für landwirtschaftliche Flächen, Überwachung und Zugang zu Agrarland; Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27. November 2024 zum gemeinsamen Entwurf des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2025, P10TA(2024) 0050.

(22)

     Der Wert der Agrar- und Lebensmittelausfuhren der EU belief sich 2023 auf 230 Mrd. EUR (9 % der Gesamtausfuhren) und die EU-Einfuhren auf 160 Mrd. EUR (6 % der Gesamteinfuhren), was zu einem Handelsüberschuss von 70 Mrd. EUR führte. Quelle: GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Monitoring EU agri-food trade (Überwachung des EU-Agrar- und Lebensmittelhandels) . Entwicklungen im Jahr 2023, März 2024.

(23)

     Draghi, M., The future of European competitiveness (Die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit). Teil A: A competitiveness strategy for Europe (Eine Strategie für die Wettbewerbsfähigkeit Europas), September 2024, S. 15.

(24)

     Nationales Amt für Vorausschau und Strategie Spaniens, Resilient EU 2030 . A future-oriented approach to reinforce the EU’s Open Strategic Autonomy and Global Leadership (Ein zukunftsorientierter Ansatz zur Stärkung der offenen strategischen Autonomie und globalen Führungsrolle der EU), 2023.

(25)

     GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Protein supply and demand, (Proteinangebot und -nachfrage), September 2024.

(26)

     Harnstoffeinfuhren: 38 % aus Ägypten, 33 % aus Russland und Belarus und 19 % aus Algerien, Quelle: Europäische Kommission, GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, https://agriculture.ec.europa.eu/data-and-analysis/markets/overviews/market-observatories/fertilisers_en , abgerufen im Februar 2025.

(27)

     Europäische Kommission (2020), Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit. Für eine schadstofffreie Umwelt (COM(2020)667 final).

(28)

     Niinistö, S., Safer together – Strengthening Europe’s Civilian and Military Preparedness and Readiness (Gemeinsam sicherer – Stärkung der zivilen und militärischen Vorsorge und Einsatzbereitschaft Europas), 2024, S. 4.

(29)

     Die EU-Strategie für die Anpassung an den Klimawandel, die Mitteilung über die Bewältigung von Klimarisiken und die GAP.

(30)

     Hochrangige Gruppe für Weinpolitik, Policy Recommendations for the Future of the EU Wine Sector , (Politische Empfehlungen für die Zukunft des EU-Weinsektors), Dezember 2024.

(31)

     Europäische Kommission (2025), „Ein Kompass für eine wettbewerbsfähige EU“, COM(2025) 30 final.

(32)

     Europäische Umweltagentur, Europäische Bewertung der Klimarisiken, 2024.

(33)

     Europäische Kommission (2023), Mitteilung über eine umfassende Herangehensweise im Bereich der psychischen Gesundheit (COM(2023) 298 final).

(34)

     Teagasc & Mental Health Ireland, Sowing Seeds of Support: Positive Mental Health Guidance for the Farming Community, (Pflänzchen der Unterstützung anpflanzen: Handreichung für Landwirtinnen und Landwirte zur psychischen Gesundheit), 2024.

(35)

      Homepage der Plattform des Pakts für den ländlichen Raum | Gemeinschaftsplattform des Pakts für den ländlichen Raum .

(36)

     Europäische Kommission (2021), Eine langfristige Vision für die ländlichen Gebiete der EU – Für stärkere, vernetzte, resiliente und florierende ländliche Gebiete bis 2040 , COM(2021) 345 final.

(37)

     Barabanova, Y. und Krzysztofowicz, M., Digital Transition: Long-term Implications for EU Farmers and Rural Communities (Digitaler Wandel: Langfristige Auswirkungen für EU-Landwirtinnen und Landwirte sowie ländliche Gemeinschaften), Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2023, doi:10.2760/286916, JRC134571.

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