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Document 52020DC0378

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Überprüfung der Verwendung von Quecksilber in Dentalamalgam und in Produkten gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung 2017/852

    COM/2020/378 final

    Brüssel, den 17.8.2020

    COM(2020) 378 final

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    über die Überprüfung der Verwendung von Quecksilber in Dentalamalgam und in Produkten gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung 2017/852





    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Überprüfung der Verwendung von Quecksilber in Dentalamalgam und in Produkten gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung 2017/852

    1.EINLEITUNG

    Quecksilber ist ein toxisches Element, von dem erhebliche Gefahren für die Umwelt und die Gesundheit des Menschen ausgehen. Menschen sind Quecksilber hauptsächlich durch die Aufnahme von Meeresfrüchten ausgesetzt. Quecksilber ist ein starkes Neurotoxin, das bei Erwachsenen bleibende Hirn- und Nierenschäden verursacht und sich auf die fötale und frühkindliche Entwicklung auswirkt. Es ist bioakkumulativ und verbreitet sich auf der ganzen Welt über die Nahrungsnetze und die grenzüberschreitende Luftverunreinigung. Das in der Luft enthaltene Quecksilber lagert sich an Land und in Gewässern ab.

    Die internationale Gemeinschaft hat Quecksilber deshalb als global besorgniserregenden Stoff anerkannt.

    In den vergangenen 15 Jahren hat die EU einen weitreichenden politischen 1 und rechtlichen Rahmen geschaffen, um die Verwendung von Quecksilber und die Quecksilberexposition zu kontrollieren, zu unterbinden oder, wenn dies nicht möglich ist, zu reduzieren und so die von Quecksilber ausgehenden Gefahren zu verringern. Ein wichtiges EU-Instrument stellt die Verordnung (EU) 2017/852 über Quecksilber (im Folgenden die „Verordnung“) 2 dar, die sich auf den gesamten Lebenszyklus von Quecksilber vom primären Bergbau bis zur endgültigen Beseitigung als Abfall bezieht.

    Der vorliegende Bericht betrifft zwei Bewertungen, die die Kommission in Übereinstimmung mit Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung vorgenommen hat, laut dem die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 30. Juni 2020 einen Bericht über das Ergebnis ihrer Bewertung dazu vorzulegen hat, ob

    a)es notwendig ist, dass die Union die Emissionen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen aus Krematorien regelt;

    b)es möglich ist, die Verwendung von Dentalamalgam auf lange Sicht und vorzugsweise bis 2030 schrittweise auslaufen zu lassen, wobei den nationalen Plänen gemäß Artikel 10 Absatz 3 Rechnung getragen und die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten in den Bereichen Organisation des Gesundheitswesens und medizinische Versorgung uneingeschränkt geachtet wird;

    c)Vorteile für die Umwelt bestehen und es möglich ist, Anhang II weiter an die einschlägigen Rechtsvorschriften der Union anzupassen, mit denen das Inverkehrbringen von mit Quecksilber versetzten Produkten geregelt wird.

    Dentalamalgam ist die häufigste verbleibende Form der Verwendung von Quecksilber in der EU. Bereits seit dem 1. Juli 2018 ist durch die Verordnung seine Verwendung für die zahnärztliche Behandlung von Milchzähnen und für die zahnärztliche Behandlung von schutzbedürftigen Mitgliedern der Bevölkerung, also Kindern unter 15 Jahren und Schwangeren oder stillenden Müttern, untersagt. In Übereinstimmung mit Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung wird im vorliegenden Bericht über die Möglichkeit, die Verwendung von Dentalamalgam für alle Teile der Bevölkerung schrittweise auslaufen zu lassen, informiert. Parallel dazu hat die Kommission die Emissionen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen aus Krematorien behandelt.

    Das EU-Binnenmarktrecht verbietet das Inverkehrbringen (einschließlich Einfuhr) 3 von vielen mit Quecksilber versetzten Produkten in der EU. Für einige dieser Produkte, jedoch nicht für alle, sind gemäß der Verordnung auch die Herstellung und die Ausfuhr untersagt. Diese differenzierte rechtliche Behandlung von verschiedenen mit Quecksilber versetzten Produkten hat ihre Ursache in dem politischen Rahmen, in dem die Verordnung umgesetzt wird, also dem Übereinkommen von Minamata über Quecksilber (im Folgenden das „Übereinkommen“) 4 . Mit diesem Übereinkommen, das von der EU 5 und der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten ratifiziert wurde, werden Herstellung, Ausfuhr und Einfuhr einer Reihe von mit Quecksilber versetzten Produkten verboten. Deshalb wird für mit Quecksilber versetzte Produkte, die unter das Übereinkommen fallen, das Verbot des Inverkehrbringens auf dem EU-Binnenmarkt nach EU-Recht im Allgemeinen auch auf die Herstellung und die Ausfuhr ausgedehnt, um den Anforderungen des internationalen Rechts zu entsprechen. Im Einklang mit Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe c wird im vorliegenden Bericht mitgeteilt, ob Vorteile für die Umwelt bestehen und es möglich ist, das in der Verordnung vorgeschriebene Herstellungs- und Ausfuhrverbot auf alle Produkte auszuweiten, deren Inverkehrbringen durch andere Instrumente des EU-Rechts untersagt ist, auch wenn es gemäß Übereinkommen nicht verboten ist.

    Die Überprüfungen tragen zu dem im Europäischen Grünen Deal angekündigten „Null-Schadstoff-Ziel für eine schadstofffreie Umwelt“ 6 bei.

    2.Überprüfungen

    2.1.Dentalamalgam und mit seiner Verwendung verbundene Quecksilberemissionen

    Überprüfungsverfahren und Konsultation

    Dentalamalgam wird seit Jahrhunderten als Füllmaterial verwendet, um durch Karies verursachte Löcher zu füllen und Zahnoberflächen zu reparieren. Es handelt sich dabei um eine Legierung aus Quecksilber und anderen Metallen wie z. B. Silber, Zinn oder Kupfer.

    Die Kommission hat einen Berater mit der Durchführung einer Studie über die Verwendung von Dentalamalgam in der EU beauftragt. Der Abschlussbericht der Studie 7 dient als Grundlage für die Bewertung der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten, die Verwendung von Dentalamalgam schrittweise auslaufen zu lassen, und beschreibt die Auswirkungen auf die Umwelt.

    In der Studie wurden Informationen über die Verwendung von Dentalamalgam und von quecksilberfreien Alternativen, über die Auswirkungen auf die Organisation des Gesundheitswesens in den Mitgliedstaaten und über die Pläne der Mitgliedstaaten zur schrittweisen Verringerung der Verwendung von Dentalamalgam gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung zusammengetragen. Die umfangreiche Datenerhebung umfasste die Auswertung von wissenschaftlichen Artikeln und Berichten, die EU-weite Erhebung von Daten durch eine Online-Umfrage sowie Befragungen. Bei einem Workshop mit Fachleuten aus den Mitgliedstaaten und Beteiligten (zahnärztliche Organisationen, NGO) im Januar 2020 wurden die vorläufigen Ergebnisse der Studie ausgewertet, wobei zusätzliche Beiträge halfen, die Modellierung und die Schlussfolgerungen zu verbessern.

    Trends bei der Verwendung von Dentalamalgam

    Dentalamalgam ist die häufigste verbleibende Form der Verwendung von Quecksilber in der EU. Die geschätzte jährliche Nachfrage nach Dentalamalgam in der EU-28 führte im Jahr 2018 zu einem Quecksilberbedarf von 27-58 t. Dies stellt einen erheblichen Rückgang um etwa 43 % gegenüber der vorhergehenden Schätzung des jährlichen Quecksilberbedarfs von 55-95 t im Jahr 2010 8 dar. Schätzungsweise wurden im Jahr 2018 etwa 372 Millionen Zahnfüllungsmaßnahmen in der EU-28 durchgeführt. Lediglich bei 10 bis 19 % dieser Zahnfüllungen wurde Dentalamalgam verwendet. Wie Abbildung 1 zeigt, variiert dieser Anteil je nach Mitgliedstaat erheblich. 9

    Die Hauptfaktoren für die rückläufige Verwendung von Dentalamalgam scheinen die zunehmende Sensibilisierung der Verbraucher in Bezug auf die Auswirkungen des Dentalamalgams auf die Umwelt und indirekt auf die Gesundheit sowie die wünschenswertere Ästhetik alternativer Materialien zu sein.

    Abbildung 1: Anzahl der Versorgungen nach Füllmaterial je Mitgliedstaat mit einer durchschnittlichen Verwendung von Dentalamalgam (in Millionen, 2018)

    Ohne zusätzliche politische Maßnahmen auf EU-Ebene und auf der Ebene der Mitgliedstaaten ist bei der Verwendung von Dentalamalgam zwischen 2018 und 2030 ein Rückgang von ungefähr 70 % zu erwarten. Allerdings wäre die verbleibende Verwendung, bei einem Quecksilberbedarf von 8-17 t im Jahr 2030, noch immer beträchtlich.

    Wirtschaftliche Machbarkeit 

    Die schrittweise Ersetzung von Dentalamalgam durch quecksilberfreie Materialien wie z. B. Komposite, Keramik oder Glasionomerzement findet bereits statt. Die überwiegende Mehrheit der Hersteller in der EU (95 %) produziert quecksilberfreie Materialien, die einen großen Marktanteil haben. Eine gesetzliche Verpflichtung zur schrittweisen Verringerung der Verwendung von Dentalamalgam würde den rückläufigen Trend beschleunigen und die Hersteller veranlassen, verstärkt alternative Materialien zu produzieren.

    Aufgrund der Fortschritte bei den Rekonstruktionstechniken mit quecksilberfreien Materialien sind die preislichen Unterschiede von Füllungsmaßnahmen mit den jeweiligen verschiedenen Arten von Materialien relativ gering. Darüber hinaus haben sich die Preisunterschiede zwischen Dentalamalgam und quecksilberfreien Materialien verringert. Dadurch sind die sozioökonomischen Auswirkungen einer beschleunigten Umstellung auf quecksilberfreie Füllungen auf die Zahnbehandlungskosten und damit die verteilten wirtschaftlichen Auswirkungen auf Zahnärzte, Patienten und Erstattungssysteme im Gesundheitswesen begrenzt.

    In den meisten Mitgliedstaaten bestehen nur geringe Unterschiede bei der Kostenübernahme für die unterschiedlichen Materialien durch die Erstattungssysteme der staatlichen Krankenversicherungen.

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine beschleunigte Umstellung auf quecksilberfreie Füllungen keine wesentlichen negativen Auswirkungen auf Patienten, Zahnärzte oder Hersteller von Zahnfüllungen hätte. Allerdings könnten Anpassungen der staatlichen Erstattungssysteme in Mitgliedstaaten, in denen die Unterschiede je nach verwendetem Material groß sind, erforderlich sein.

    Technische Machbarkeit

    Aufgrund der verbreiteten Verwendung quecksilberfreier Materialien in der gesamten EU ist davon auszugehen, dass die große Mehrheit der zahnmedizinischen Einrichtungen in der EU bereits über die für quecksilberfreie Füllungsmaterialien benötigte Ausrüstung verfügt, und dass die meisten, wenn nicht alle, Zahnärzte die erforderlichen Techniken beherrschen.

    Es hat sich gezeigt, dass quecksilberfreie Materialien zufriedenstellende mechanische Eigenschaften aufweisen; bei der Verwendung von Kompositen ist eine geringere Vorbereitung des Zahnlochs erforderlich 10 , und sie haben auch ästhetische Vorteile 11 . Vier Hauptfaktoren beeinflussen die Haltbarkeit einer Füllung: Material, Füllmethode, zahnärztliche Fähigkeiten und Zahnhygiene des Patienten. Heutzutage haben quecksilberfreie Materialien eine gute Qualität, effektive Füllmethoden sind weit verbreitet und an zahnmedizinischen Ausbildungseinrichtungen werden zunehmend die notwendigen Fähigkeiten vermittelt. Auch die Zahnhygiene sollte sich dank der Kommunikation über öffentliche Gesundheit verbessern. Deshalb ist zu erwarten, dass sich die Haltbarkeit von Zahnersatz weiter verbessern wird.

    Zahnärztliche Vertretungsorganisationen äußerten jedoch Bedenken bezüglich des Mangels an verfügbaren Informationen zu quecksilberfreien Materialien sowie bezüglich des Sicherheitsprofils und der Biokompatibilität bestimmter Materialien, von denen manche Bisphenol A (BPA) und Nanopartikel enthalten. Die verfügbaren wissenschaftlichen Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass die Freisetzung von BPA aus bestimmten Füllmaterialien lediglich mit vernachlässigbaren Gesundheitsrisiken verbunden ist, 12 und dass die BPA-Exposition innerhalb der duldbaren täglichen Aufnahmemenge liegt 13 . Diese Schlussfolgerungen basieren allerdings auf der BPA-Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit von 2015, die zurzeit überprüft wird.

    Umweltaspekte

    Dentalamalgam verursacht beträchtliche Emissionen von Quecksilber in die Luft, in das Wasser und in den Boden.

    Die Emissionen in die Luft werden über den gesamten Lebenszyklus von Dentalamalgam auf 19 t geschätzt 14 (2012, EU-27 15 ). Die Emissionen in das Wasser 16 durch zahnmedizinische Einrichtungen betragen schätzungsweise 3 t (2010, EU-27) und werden abnehmen, da die Einrichtungen gemäß der Verordnung mit hochwertigen Amalgamabscheidern zur Rückhaltung von Amalgampartikeln ausgestattet sein müssen.

    Das Vorhandensein von Quecksilber im Abwasser ist ein Problem für die Rückstände (den Schlamm) in den städtischen Kläranlagen. Je nach Art der Abwasserbehandlung ist es möglich, dass Quecksilber im Schlamm der Kläranlagen verbleibt. Die Emissionen von Quecksilber aus Dentalamalgam in den Boden, die auf 8 t geschätzt werden (2010, EU-27), stammen hauptsächlich von solchem Schlamm, der sich auf dem Boden verteilt. In der Richtlinie 86/278/EWG über die Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft 17 sind Grenzwerte für die Konzentration von Schwermetallen (einschließlich Quecksilber) festgelegt.

    Ein schrittweiser Ausstieg aus der Verwendung von Dentalamalgam würde diese Emissionen letztendlich beseitigen und damit auch ihren Anteil an der Menge des Quecksilbers in der Umwelt, was zu einem zusätzlichen Nutzen für Umwelt und Gesundheit führen würde. Außerdem würde dadurch ein Beitrag zum Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft 18 geleistet, in dem eine Überprüfung der Richtlinien über Abwasserbehandlung und Klärschlamm gefordert wird, um die Praktiken der Kreislaufwirtschaft auf die Bewirtschaftung von Abwasser und Klärschlamm anwenden zu können.

    Emissionen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen aus Krematorien

    Emissionen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen aus Krematorien, die ihre Ursache in der Verwendung von Dentalamalgam haben, sind eine anhaltende Quelle für Emissionen in die Luft. Sie wurden 2018 auf etwa 1,6 t geschätzt. Es ist zu erwarten, dass diese Emissionen bis 2025 auf einem ähnlichen Niveau bleiben und dann abnehmen werden. Die faktengesicherte Grundlage ist jedoch dürftig, sodass weiter an der Verbesserung dieser Schätzungen gearbeitet werden muss, auch unter Berücksichtigung der dramatischen Auswirkungen der COVID-19-Krise, d. h. des durch sie bedingten Verlusts einer großen Zahl von Menschenleben.

    Derzeit gibt es keine EU-Vorschriften über den Einsatz von Emissionsminderungstechnologien für Quecksilber in Krematorien. Lediglich im OSPAR-Übereinkommen 19 , zu dessen Unterzeichnern die EU und 11 ihrer Mitgliedstaaten gehören, wird mit seiner nicht rechtsverbindlichen Empfehlung 2003/4 auf die besten verfügbaren Techniken zur Verhinderung und Kontrolle von Quecksilberemissionen aus Krematorien hingewiesen.



    Ausblick

    Die schrittweise Ersetzung von Dentalamalgam durch quecksilberfreie Materialien erfolgt im Allgemeinen bereits ohne politische Eingriffe und immer mehr Zahnärzte bevorzugen quecksilberfreie Füllungen. Dennoch ist davon auszugehen, dass ohne gesetzgeberische Maßnahmen in den kommenden Jahren noch immer erhebliche Mengen Dentalamalgam verwendet werden. Dadurch würden die mit der derzeitigen Verwendung von Dentalamalgam verbundenen Probleme für Umwelt und Gesundheit, unter anderem durch erhebliche Emissionen von Quecksilber in die Luft, noch länger bestehen.

    Sowohl bei einer schrittweisen Verringerung als auch bei einem vollständigen Ausstieg aus der Verwendung von Dentalamalgam muss eine Reihe von Maßnahmen ergriffen werden. Unter anderem ist ein besseres Verständnis der spezifischen Erkrankungen erforderlich, wenn die Verwendung von Dentalamalgam weiterhin erlaubt bleibt, es muss mehr über quecksilberfreie Materialien informiert werden und weitere Daten zu Quecksilberemissionen in Verbindung mit Dentalamalgam müssen gesammelt werden.

    2.2Mit Quecksilber versetzte Produkte

    EU-Recht und internationales Recht zum Inverkehrbringen von mit Quecksilber versetzten Produkten

    Die EU verfügt über eines der weltweit größten Regelwerke zur Regulierung des Quecksilbergehalts in Produkten, die in Verkehr gebracht werden 20 , einschließlich eingeführter Produkte. Ziel ist es zum einen, die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu schützen, und zum anderen für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu sorgen.

    Zu dem Regelwerk gehören die Richtlinie 2011/65/EU 21 , durch die der Quecksilbergehalt in Elektro- und Elektronikgeräten beschränkt wird, die Richtlinie 2006/66/EG 22 , mit der der Quecksilbergehalt in Batterien geregelt wird, und die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 23 , mit der das Inverkehrbringen von bestimmten mit Quecksilber versetzten nicht elektronischen Messgeräten auf dem EU-Binnenmarkt unabhängig von ihrem Quecksilbergehalt verboten wird. Die Folgenabschätzung 24 , die die Europäische Kommission im Jahr 2016 in Vorbereitung ihres Gesetzgebungsvorschlags für die Verordnung erstellt hat, beinhaltet ein vollständiges Verzeichnis des zutreffenden Regelwerks.

    Auf internationaler Ebene verbietet das Übereinkommen die Herstellung, Einfuhr und Ausfuhr der in seinem Anhang A (Teil I) aufgeführten mit Quecksilber versetzten Produkte.

    Während durch die Binnenmarktvorschriften der EU also im Allgemeinen lediglich das Inverkehrbringen von mit Quecksilber versetzten Produkten auf dem EU-Markt verboten ist, wird durch das Übereinkommen ihre Herstellung, Einfuhr und Ausfuhr untersagt. Damit die EU ihre Verpflichtungen gemäß dem Übereinkommen erfüllt, werden die Binnenmarktvorschriften der EU durch die Verordnung dahingehend ergänzt, dass auch die Herstellung und die Ausfuhr der im Übereinkommen aufgeführten Produkte verboten werden.

    Die unterschiedliche Behandlung von mit Quecksilber versetzten Produkten nach EU-Recht und internationalem Recht ist der Grund dafür, dass der Unionsgesetzgeber die Kommission aufgefordert hat, die vorliegende Überprüfung durchzuführen.

    Ziel der Überprüfung

    Mit dieser Überprüfung soll die umweltfreundlichste und wirtschaftlich wirksamste Weise ermittelt werden, wie die Präsenz der mit Quecksilber versetzten Produkte auf dem internationalen Markt reduziert und schließlich ganz beseitigt werden kann.

    Im Wesentlichen sind zwei Ansätze möglich:

    (a)ein einseitiges Verbot der Herstellung und Ausfuhr aus der EU von allen mit Quecksilber versetzten Produkten, deren Inverkehrbringen in der EU verboten ist. Dies würde erreicht, indem diese Produkte in den Anhang II der Verordnung aufgenommen würden;

    (b)eine Übereinkunft auf internationaler Ebene über ein Verbot weiterer Produkte. Dies wäre in zwei Schritten zu erreichen: (i) durch eine Erweiterung der Liste der mit Quecksilber versetzten Produkte in Anhang A des Übereinkommens und (ii) durch die Integration dieser Erweiterung in Anhang II der Verordnung.

    Im Folgenden werden die Vorteile erörtert, die diese Ansätze für die Umwelt bieten.

    Einseitiges Herstellungs- und Ausfuhrverbot der EU

    Die potenziellen Auswirkungen eines erweiterten einseitigen Herstellungs- und Ausfuhrverbots durch die EU wurden im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens über die Verordnung diskutiert. In der oben genannten Folgenabschätzung als begleitendem Dokument zu ihrem Vorschlag legte die Kommission eine erste Bewertung vor. Diese Bewertung wurde im Rahmen des Mitentscheidungsverfahren durch ein Informationspapier ergänzt, in dem eine weitere, mit Unterstützung eines Beraters 25 vorgenommene Bewertung von bestimmten Batterien, nicht elektronischen Messgeräten und Lampen zusammengefasst wird. Die Kommission legte dieses Informationspapier dem Europäischen Parlament und dem Rat vor und machte es öffentlich zugänglich. Die Ergebnisse lauten wie folgt:

    (a)Batterien und nicht elektronische Messgeräte, die auf dem EU-Binnenmarkt nicht zugelassen sind, werden kaum oder gar nicht in der EU hergestellt. Deshalb hätte das vorgeschlagene Herstellungs- und Ausfuhrverbot für diese Produkte weder unmittelbare Vorteile für die Umwelt noch wirtschaftliche Auswirkungen.

    (b)Anders stellt sich die Situation bei bestimmten Quecksilberlampen (insbesondere Halophosphatlampen) dar, die in der EU hergestellt und aus der EU ausgeführt werden. Sollte deren Ausfuhr aus der EU verboten werden, bliebe die Nachfrage in Drittländern aufgrund der Preisunterschiede zwischen Quecksilberlampen und quecksilberfreien Alternativen unverändert. Hersteller in Drittländern würden dann ihr Angebot vergrößern, um diese Nachfrage zu decken. Deshalb könnte die Umsetzung des vorgeschlagenen Ausfuhrverbots für diese Quecksilberlampen (1) negative Auswirkungen auf die Umwelt durch zunehmende globale Quecksilberemissionen haben, da Hersteller aus Drittländern nicht an die strengen Umweltschutzvorschriften der EU gebunden wären, und (2) etwa 8 % der Leuchtmittelindustrie der EU betreffen und Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Einnahmen haben.

    Auf Grundlage dieser Bewertung hat der Gesetzgeber ein Ausfuhrverbot in die Verordnung aufgenommen, das für die betroffenen Batterien, nicht elektronischen Messgeräte und für verschiedene Arten von Lampen mit Ausnahme von Halophosphatlampen gilt. Die Kommission hat eine Studie über mit Quecksilber versetzte Produkte und ihre Alternativen 26 in Auftrag gegeben.

    Ein Problem für den Auftragnehmer stellte der Mangel an Informationen zu den Märkten für mit Quecksilber versetzte Produkte in Drittländern dar. Dadurch beschränkt sich diese Überprüfung auf eine qualitative Bewertung der Vorteile für die Umwelt, die auf denselben Erwägungen wie das oben genannte Informationspapier der Kommission basiert. Solange eine internationale Nachfrage besteht, ist es wahrscheinlich, dass Hersteller aus Drittländern ihre Produktion steigern würden, um die Nachfrage, die nicht mehr durch EU-Ausfuhren gestillt wird, zu befriedigen. Deshalb sind die Umweltauswirkungen eines einseitigen Ausfuhrverbots der EU ungewiss. Sie könnten positiv sein, wenn dies weltweit zu einer geringeren Verwendung von Quecksilber führen würde. Die Auswirkungen könnten jedoch auch negativ sein, wenn die Emissionen aus möglicherweise weniger streng kontrollierten Produktionsstätten in Drittländern zunehmen würden.

    Weltweites Verbot im Rahmen des Übereinkommens und Ausblick

    Zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung erklärte die Kommission, dass sie sich verpflichte, „eine fortdauernde Zusammenarbeit im Einklang mit dem Übereinkommen und den anwendbaren Strategien, Regelungen und Verfahren der EU zu unterstützen“, unter anderem im Hinblick auf die „Schließung der Lücken zwischen dem EU-Recht und den Bestimmungen des Übereinkommens“.

    Seither konnte die Kommission Fortschritte bei den Verhandlungen bezüglich der Überprüfung der Liste der Produkte, die durch das Übereinkommen geregelt werden, verzeichnen. Laut Artikel 4 Absatz 8 des Übereinkommens ist die Konferenz der Vertragsparteien (Conference of the Parties, COP) verpflichtet, Anhang A des Übereinkommens bis August 2022 zu überprüfen. Die COP beschloss bei ihrer dritten Tagung den Beginn dieser Überprüfung 27 und forderte die Parteien auf, Informationen zur Verfügung zu stellen, die von einer Expertengruppe analysiert werden. Dies stellt die Grundlage für Vorschläge der Parteien zu Änderungen des Anhangs A dar, über die bei der vierten Tagung der COP im November 2021 beraten wird.

    Bei dieser Überprüfung spielt die EU eine führende Rolle. Auf Grundlage der oben genannten Studie über mit Quecksilber versetzte Produkte und ihre Alternativen hat die EU dem Sekretariat des Übereinkommens umfangreiches Material zur Unterstützung des Überprüfungsverfahrens vorgelegt 28 . Anfang 2021 wird die Kommission Entwürfe für Änderungen des Anhangs A des Übereinkommens erstellen, die von der EU vorgeschlagen werden. Dadurch sollen vor allem die Lücken zwischen dem Besitzstand der Union und dem Übereinkommen geschlossen werden.

    Diese zusätzlichen Informationen, die voraussichtlich im Rahmen der Arbeit einer internationalen Expertengruppe verfügbar werden, ermöglichen nicht nur eine bessere Bewertung der Machbarkeit eines Verbots nach internationalem Recht, sondern sorgen auch für ein besseres Verständnis der Auswirkungen eines möglichen einseitigen Herstellungs- und Ausfuhrverbots dieser Produkte durch die EU.


    3.

    4.Schlussfolgerungen und nächste Schritte

    Quecksilber wird noch immer verwendet und verursacht weiterhin Verschmutzung, die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt hat, insbesondere durch Kontamination der Nahrungskette. Deshalb verfolgt die EU seit mehr als einem Jahrzehnt auf EU- und internationaler Ebene das Ziel, die Verwendung von Quecksilber auslaufen zu lassen und Quecksilberemissionen in die Umwelt zu reduzieren.

    Die vorgenommene Überprüfung zeigt, dass der schrittweise Ausstieg aus der größten verbleibenden Verwendung von Quecksilber – Dentalamalgam – technisch und wirtschaftlich vor 2030 machbar ist. Aus diesem Grund wird die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat 2022 einen Gesetzgebungsvorschlag zum schrittweisen Ausstieg aus der Verwendung von Dentalamalgam vorlegen. Die vorbereitenden Arbeiten werden eine Bewertung des Bedarfs an Begleitmaßnahmen wie einer Verringerung der Quecksilberemissionen in Verbindung mit der Verwendung von Dentalamalgam und einer besseren Verfügbarkeit von Informationen zu quecksilberfreien Zahnfüllungen beinhalten.

    Zusätzlich zur weiteren Arbeit an einer schrittweisen Beendigung des Inverkehrbringens von mit Quecksilber versetzten Produkten auf dem EU-Binnenmarkt wird die EU aktiv an den internationalen Verhandlungen zur Erweiterung der Liste der mit Quecksilber versetzten Produkte, die durch das Übereinkommen geregelt werden, teilnehmen. Das Hauptziel wird sein, diejenigen mit Quecksilber versetzten Produkte zu Anhang A des Übereinkommens hinzuzufügen, deren Inverkehrbringen auf dem EU-Binnenmarkt untersagt ist. Unter Beachtung der erzielten Fortschritte wird die Kommission den Bedarf an weiteren Arbeiten auf EU-Ebene bewerten, um nicht nur das Inverkehrbringen, sondern auch die Herstellung und die Ausfuhr bestimmter mit Quecksilber versetzter Produkte durch eine Änderung von Anhang II der Verordnung zu verbieten.

    Diese Initiative wird zu dem Null-Schadstoff-Ziel für eine schadstofffreie Umwelt des Europäischen Grünen Deals beitragen.

    (1)

    KOM/2005/20 und KOM/2010/723.

    (2)

    Verordnung (EU) 2017/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 über Quecksilber und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1102/2008 (ABl. L 137 vom 24.5.2017, S. 1).

    (3)

    Für die Zwecke dieses Berichts und im Einklang mit den Bestimmungen der einschlägigen EU-Instrumente bedeutet „Inverkehrbringen“: entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe an Dritte oder Bereitstellung für Dritte. Die Einfuhr gilt als Inverkehrbringen.

    (4)

      Text des Minamata-Übereinkommens .

    (5)

    Beschluss (EU) 2017/939 des Rates vom 11. Mai 2017 über den Abschluss des Übereinkommens von Minamata über Quecksilber im Namen der Europäischen Union (ABl. L 142 vom 2.6.2017, S. 4).

    (6)

    Mitteilung der Kommission vom 11.12.2019, Der europäische Grüne Deal, COM(2019) 640 final.

    (7)

    Link zur Studie über die Möglichkeit, die Verwendung von Dentalamalgam schrittweise auslaufen zu lassen .

    (8)

      Bio Intelligence Service (2012), Studie über das Potenzial zur Verringerung der Quecksilberverunreinigungen durch Dentalamalgam und Batterien (Study on the potential for reducing mercury pollution from dental amalgam and batteries) .

    (9)

    Siehe Fußnote Nr. 7 für Informationen u. a. zur Berechnung der Anzahl der Versorgungen nach Füllmaterial je Mitgliedstaat, zu den Preisen von quecksilberfreien Materialien usw.

    (10)

    Mulligan, S., et al., „The environmental impact of dental amalgam and resin-based composite materials“, British Dental Journal, Nr. 224.7, 2018, S. 542.

    (11)

    Milosevic, Milos, „Polymerization mechanics of dental composites–advantages and disadvantages“, Procedia Engineering, Nr. 149, 2016, S. 313-320.

    (12)

      SCENIHR, 2015, Scientific opinion on the Safety of Dental Amalgam and Alternative Dental Restoration Materials for Patients and Users .

    (13)

    Bisfenol a i dentala material socialstyrelsen, 2015.

    (14)

      Bio Intelligence Service (2012), Studie über das Potenzial zur Verringerung der Quecksilberverunreinigungen durch Dentalamalgam und Batterien (Study on the potential for reducing mercury pollution from dental amalgam and batteries) .

    (15)

    Ohne Kroatien, das 2013 der EU beitrat.

    (16)

    Quecksilber gelangt von den zahnmedizinischen Einrichtungen in Abwasserbehandlungsanlagen. Die Wirksamkeit der angewendeten Behandlungstechnologien variiert, und Quecksilber hat, wie andere Schwermetalle, die Tendenz, nicht abgebaut zu werden, sondern sich im Schlamm zu anzulagern. (Pistocchi et al., 2019; Hargraeves et al., 2016).

    (17)

    Richtlinie 86/278/EWG des Rates vom 12. Juni 1986 über den Schutz der Umwelt und insbesondere der Böden bei der Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft (ABl. L 181 vom 4.7.1986, S. 6).

    (18)

    Mitteilung der Kommission: Ein neuer Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft – Für ein saubereres und wettbewerbsfähigeres Europa, COM(2020) 98 final vom 11.3.2020.

    (19)

    Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks, OSPAR.

    (20)

     Siehe Fußnote Nr. 3.

    (21)

     Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 88).

    (22)

    Richtlinie 2006/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren und zur Aufhebung der Richtlinie 91/157/EWG (ABl. L 266 vom 26.9.2006, S. 1).

    (23)

    Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1).

    (24)

    SWD(2016) 17, siehe Anhang VI.

    (25)

      COWI & ICF (2017)

    (26)

      Link zum Abschlussbericht

    (27)

      Beschluss MC-3/1

    (28)

      Einreichungen der EU zu den Anhängen A und B für COP4 (2020)

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