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Document 52019IR4829

    Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Neuauflage der Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt

    COR 2019/04829

    ABl. C 440 vom 18.12.2020, p. 119–124 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    18.12.2020   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 440/119


    Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Neuauflage der Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt

    (2020/C 440/20)

    Berichterstatter:

    Juan ESPADAS CEJAS (ES/SPE)

    POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

    DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

    Vom Pakt von Amsterdam zu einer neuen Leipzig-Charta

    1.

    weist auf den naturgemäß vielfältigen Charakter der europäischen Zusammenarbeit in städtischen Angelegenheiten hin: einerseits steht die neue Leipzig-Charta in direktem Zusammenhang mit der Städtepolitik der einzelnen Staaten und erfordert eine stärkere politische Koordinierung auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene, andererseits hat sich die EU-Städteagenda durch ihre supranationale Dimension als neues Instrument der Multi-Level-Governance bewährt, das für die Einbeziehung der Städte in die europäische Politik nützlich ist;

    2.

    begrüßt die Idee, die Leipzig-Charta unter dem deutschen EU-Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2020 zu erneuern, sowie die inklusive Arbeitsmethode, die von der Bundesregierung eingeführt wurde, um so viele Akteure wie möglich einzubeziehen;

    3.

    weist darauf hin, dass in der Erklärung von Bukarest, die von den für Städtepolitik zuständigen Ministern am 14. Juni 2019 angenommen wurde, „die Notwendigkeit [anerkannt wurde], eine funktionale Beziehung zwischen der neuen Leipzig-Charta, der EU-Städteagenda und der territorialen Agenda 2020+ zu entwickeln“;

    4.

    fordert die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang auf, sich politisch stärker für die EU-Städteagenda einzusetzen und sie in ihre aktuellen Leitinitiativen wie den Grünen Deal oder die digitalen Initiativen einzubinden. Für den Mechanismus zur Umsetzung des Grünen Deals sind mehr konkrete Maßnahmen in Partnerschaft mit der lokalen Ebene erforderlich. Dabei müssen Top-down-Ansätze mit dem unabdingbaren Bottom-up-Konzept kombiniert und bis 2050 jedes Jahr bestimmte Ziele erreicht werden;

    5.

    ersucht die Europäische Kommission, ihre künftige Agenda für bessere Rechtsetzung wesentlich enger mit der Städteagenda für die EU zu verknüpfen, damit die Empfehlungen der Städtepartnerschaften berücksichtigt werden. Insofern sollten territoriale und städtische Folgenabschätzungen direkt in die prälegislativen Konsultationsmechanismen sowie in die Bewertung der europäischen Politik und der Verwaltungsvereinfachung (REFIT) integriert werden;

    6.

    weist darauf hin, dass das Europäische Semester angepasst werden muss, um besser den Herausforderungen Rechnung zu tragen, vor denen die Städte stehen. Die länderspezifischen Empfehlungen werden zusammen mit der Kohäsionspolitik die wichtigsten Umsetzungsinstrumente für den Grünen Deal sein. Deshalb müssen die spezifischen Probleme städtischer Gebiete wie erschwinglicher Wohnraum, zunehmende Ungleichheiten und langfristige Investitionen bei der EU-weiten Koordinierung der Wirtschaftspolitik Berücksichtigung finden, und die Strategien für intelligente Spezialisierung, integrierte Stadtentwicklung und einen gerechten Übergang sollten auf regionaler bzw. lokaler Ebene durch territoriale Instrumente wie etwa integrierte territoriale Investitionsstrategien harmonisiert werden;

    7.

    fordert die Europäische Kommission auf, das Konzept der „aktiven Subsidiarität“ als weiteren Schritt zur Stärkung des Dialogs mit den Städten sowie mit den Metropolregionen bzw. Regionen zu entwickeln und so die EU-Städteagenda mit der Agenda für bessere Rechtsetzung zu verknüpfen. In diesem Zusammenhang sollten die Synergien mit dem Netz regionaler Hubs (Reghubs) des Europäischen Ausschusses der Regionen ausgebaut werden;

    8.

    schließt sich dem Europäischen Parlament bei der Ausrufung des Klimanotstands an und erkennt an, dass für die CO2-Neutralität gemeinsame Anstrengungen und spezifische Maßnahmen auf lokaler Ebene notwendig sind, auf der die Städte eine Schlüsselrolle spielen. 75 % der europäischen Bevölkerung leben in Städten, und etwa 70 % der CO2-Emissionen in Europa stammen aus dem städtischen Raum. Die Städte sind Teil des Problems, sollten jedoch in der neuen Leipzig-Charta als Triebkräfte des Wandels und als direkte Akteure bei der Umsetzung von Lösungen für die globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anerkannt werden;

    9.

    ist der Ansicht, dass die neue Leipzig-Charta den Städten Gelegenheit bieten sollte, als Beispiel und Maßstab für die konkrete Umsetzung verschiedener städtepolitischer Strategien in allen Mitgliedstaaten zu dienen und so dazu beizutragen, die Glaubwürdigkeit des europäischen Projekts in den Augen der Bürgerinnen und Bürger in ihrem direkten Umfeld zu stärken. Des Weiteren muss die neue Charta zu Folgemaßnahmen zur EU-Städteagenda führen, wie dies im Pakt von Amsterdam (2016) vorgesehen ist, und beide sollten Teil des Prozesses zur Umsetzung der Agenda 2030 in den lokalen Gebietskörperschaften sein, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. In dieser Hinsicht sind die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der Europäischen Union mit vielfältigen und neuen globalen Herausforderungen konfrontiert, die nur durch einen integrierten Ansatz auf mehreren Ebenen bewältigt werden können, wobei die Unterstützung durch die Europäische Union einen unverzichtbaren Mehrwert darstellt. Dazu müssen die Grundsätze der Leipzig-Charta in die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates während des deutschen Ratsvorsitzes (2. Halbjahr 2020) aufgenommen werden, die vom Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ und vom Europäischen Rat angenommen werden. Die Leipzig-Charta selbst muss von den Mitgliedstaaten, den Städten und dem Europäischen Ausschuss der Regionen gebilligt werden;

    Die transformative Kraft der europäischen Städte zur schnelleren Umsetzung der Ziele für 2050

    10.

    weist darauf hin, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den drei für die europäischen Städte vorgeschlagenen Dimensionen gefunden werden muss: Steigerung der Produktivität und Schaffung von Wohlstand und Arbeitsplätzen in den Städten und ihren Regionen, gerechtere Verteilung dieses Wohlstands unter den Bürgern‚ Verbesserung der Umweltqualität unserer Lebenswelt und Nutzung der durch das städtische Leben gebotenen Chancen;

    11.

    hält es für wichtig, die Arbeit der verschiedenen Städtepartnerschaften zu fördern und Verknüpfungen zwischen der aktuellen Städteagenda für die EU und der künftigen neuen Leipzig-Charta herzustellen. Das gilt beispielsweise für die Arbeit von Partnerschaften wie die „Städtische Akademie für Integration“ oder die Initiative des Ausschusses der Regionen zum Thema „Städte und Regionen für Integration“, die eine Plattform für Bürgermeister aus der Europäischen Union und Regionalpräsidenten bietet, die bewährte Verfahren herausstellen möchten;

    12.

    weist darauf hin, dass die Regionen und Städte bei der Aufnahme und Integration von Migranten und Flüchtlingen in Europa an vorderster Front stehen; fordert daher, dass im Rahmen der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen neuen Europäischen Stadtinitiative ausreichende Mittel für die Städteagenda-Partnerschaft zur Eingliederung von Migranten und Flüchtlingen und für die AdR-Initiative „Städte und Regionen für Integration“ bereitgestellt werden, um etwas für die europäischen Bürgerinnen und Bürger in den Städten zu bewirken;

    13.

    ist der Ansicht, dass die neue Leipzig-Charta in erster Linie auf die Förderung innovativer Mobilität ausgerichtet werden sollte, die aus einer Kombination der Nutzung elektrisch angetriebener Privatfahrzeuge in Städten mit einer alternativen und emissionsarmen multimodalen Mobilität auf der Grundlage eines nachhaltigen öffentlichen Verkehrs wie Rad- und Fußverkehr besteht, ebenso wie auf eine nachhaltige Flächennutzung, die auf die Eindämmung des städtischen Wachstums abzielt, und die nachhaltige und energetische Sanierung des europäischen Wohnungsbestands, um die Ziele des Pariser Übereinkommens und des Bürgermeisterkonvents im Bereich Klimaschutz zu erreichen;

    14.

    hält es zudem für überaus wichtig, dass die Europäische Kommission im Rahmen der Städteagenda und die Mitgliedstaaten im Rahmen der Leipzig-Charta die Aufstellung von Plänen für eine nachhaltige urbane Mobilität mit finanziellen Anreizen unterstützen, wie der AdR in seiner Stellungnahme zum „Aktionsplan urbane Mobilität“ von 2010 gefordert hat;

    15.

    zudem gilt es, das wichtige Thema der energetischen Sanierung des Wohnungsbestands sowie des Netzes von Büro- und Gewerberäumen von Wirtschaft und Industrie zu berücksichtigen;

    16.

    bekräftigt seine Forderung nach einem europäischen Aktionsplan für erschwinglichen Wohnraum;

    17.

    ist der Auffassung, dass die von den Vereinten Nationen festgelegten Ziele für nachhaltige Entwicklung im städtischen Raum einen strategischen Rahmen für die Verbesserung der Lebensqualität der Bürger bilden, der von den Städten und Regionen bei der Gestaltung ihrer Politik zu berücksichtigen ist. Die Städte als Verwaltungsebene mit der größten Bürgernähe setzen politische Maßnahmen um, die die soziale Realität der Städte verändern, und spielen eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung, insbesondere des Ziels Nr. 11, das auf Städte ausgerichtet ist, und des Ziels Nr. 17, das Bündnisse zwischen Regierungen, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft fördert;

    18.

    die Abfallbewirtschaftung und die integrierte Wasserbewirtschaftung, die Steuerung von Emissionen und Einleitungen, die Verringerung des Energieverbrauchs, die verbesserte energetische Nutzung und die Erzeugung sauberer und kohlenstofffreier Energie, die Bewältigung der Auswirkungen von Wetterextremen, die Entwicklung eines Grünflächennetzes und die Förderung der biologischen Vielfalt sind von entscheidender Bedeutung für die Verbesserung der nachhaltigen Entwicklung des städtischen Raums. Die Kreislaufwirtschaft muss von der lokalen Verwaltung vorangetrieben werden, um unser Produktionsmodell umzugestalten und neue grüne Arbeitsplätze zu schaffen, wodurch der Übergang hin zur Stadt der Zukunft begünstigt wird. Um diesen Paradigmenwechsel zu vollziehen, müssen auf lokaler und regionaler Ebene Ausbildungsprogramme aufgelegt werden, um die Arbeitsplätze an den ökologischen Wandel anzupassen;

    19.

    ist der Ansicht, dass die Förderung der biologischen Vielfalt und die Renaturierung städtischer Räume durch grüne Infrastruktur und naturbasierte Lösungen, die die ökologische Konnektivität und die Landschaftsqualität sowohl in der Stadt selbst als auch im Umland verstärken, unabdingbar sind, um einige der durch den globalen Wandel verursachten Störungen und Auswirkungen zu bewältigen;

    20.

    betont, wie wichtig es ist, inklusive Städte zu fördern, die sozialen Ungleichheiten, die digitale Kluft, die Alterung der europäischen Bevölkerung und demografische Veränderungen wie den Bevölkerungsschwund in einigen Gebieten bekämpfen bzw. angehen. Diese inklusive Dimension muss unbedingt Maßnahmen mit folgenden Zielsetzungen umfassen: Verbesserung des Zugangs zu Wohnraum zu erschwinglichen Preisen, allgemeine Barrierefreiheit, Bekämpfung der Energiearmut, angemessene Integration von Migranten in die Aufnahmegesellschaft und bessere Vereinbarkeit der Mobilität, insbesondere junger Menschen, zwischen den Mitgliedstaaten mit der Schaffung beruflicher Chancen in Ländern mit niedrigerem Pro-Kopf-Einkommen sowie die Gewährleistung des Zugangs zu einem Gesundheits- und Pflegesystem und einem Garantiemechanismus für die Nahrungsmittelversorgung, einschließlich der grundlegenden Wasserversorgung und Abwasserentsorgung für die gesamte Bevölkerung, unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der einzelnen Personen oder Gruppen, die damit verbundenen Kosten zu tragen;

    Grundsätze der neuen Leipzig-Charta

    21.

    stimmt den folgenden operativen Grundsätzen der neuen Leipzig-Charta zu: integrierter Ansatz, ortsbezogener Ansatz, Multi-Level-Governance, Teilhabe auf verschiedenen Ebenen und kreative Kollaboration. Diese Prinzipien orientieren sich an den Grundsätzen der europäischen Kohäsionspolitik;

    22.

    hält es für unabdingbar, dass die Städte und Gemeinden in der gesamten Europäischen Union die künftige Leipzig-Charta kennen und dass ihre Grundsätze den allgemeinen Rahmen für nationale, regionale und lokale Maßnahmen und Strategien sowie die entsprechenden europäischen Initiativen bilden. Das gilt insbesondere für Initiativen, die im Rahmen des Grünen Deals neu eingeführt werden könnten und mit Finanzmitteln ausgestattet sind;

    23.

    unterstützt den Vorschlag, als Aktionseinheit Stadtviertel zu wählen, da dies ein geeigneter Ansatz für die Bewältigung globaler Herausforderungen von der lokalen Ebene aus sein könnte, wobei die notwendige Flexibilität zur Anpassung der Ziele der europäischen Städteagenda an die Gegebenheiten des jeweiligen Gebiets gewahrt bleiben muss. Allerdings muss jede Regierungs- und Verwaltungsebene ihren Teil der Verantwortung und Zuständigkeit für die urbanen Herausforderungen (Luftqualität, Wohnraum, Digitalisierung, Finanzierungsinstrumente) übernehmen und dabei die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit uneingeschränkt wahren;

    24.

    teilt die Auffassung‚ dass in der neuen Leipzig-Charta die funktionalen Stadtgebiete oder Metropolregionen als Räume anerkannt werden sollten, die zur Umsetzung eines integrierten territorialen Ansatzes und einer ausgewogenen territorialen Entwicklung beitragen, die mit den Strategien der EU im Einklang stehen; empfiehlt zudem, funktionale Stadtgebiete und Metropolregionen mit eigenem institutionellen Rahmen sowie Gebiete, die im Rahmen der Kohäsionspolitik auf Metropolebene zusammenarbeiten, anzuerkennen, im Einklang mit der Empfehlung des AdR in seiner 2019 verabschiedeten Stellungnahme „Die Herausforderungen für die Metropolregionen und ihre Stellung in der künftigen Kohäsionspolitik nach 2020“;

    25.

    stimmt auch dem Grundsatz der Partizipation und Mitgestaltung zu und fordert, dass in der neuen Leipzig-Charta den verschiedenen Arten städtischer Siedlungen im Einklang mit den kulturellen und administrativen Gegebenheiten sowie den Zuständigkeiten der einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung getragen wird. Darüber hinaus ist es von wesentlicher Bedeutung, dass den Bürgern, auch jenen, die im Umland von Städten oder Ballungsräumen leben, in der neuen Leipzig-Charta die Möglichkeit eingeräumt wird, sich an der Gestaltung und Bewertung der sie betreffenden städtepolitischen Maßnahmen zu beteiligen;

    Stärkung der Städte für die Bewältigung globaler Herausforderungen

    26.

    erinnert daran, dass die Welt 2020 schwer von der COVID-19-Pandemie getroffen wurde. Die Städte und Regionen standen dabei als Bollwerk an vorderster Front dieser Gesundheitskrise, die zu einer sozialen und wirtschaftlichen Krise geworden ist. Deshalb müssen die Städte und Regionen im Mittelpunkt der Verwaltung des Aufbaufonds stehen und benötigen mehr finanzielle Unterstützung durch die EU, damit sie weiterhin ihre Fähigkeit unter Beweis stellen können, die durch die Pandemie verursachten Probleme zu lösen.

    27.

    fordert, in der neuen Leipzig-Charta einen ehrgeizigen und konkreten Fahrplan für ihre Umsetzung durch die Städte vorzuschlagen und die lokalen Agenden für Stadtentwicklung im Rahmen der Nachhaltigkeitsziele und insbesondere die EFRE-Reserve von 6 % für integrierte nachhaltige Stadtentwicklung (ISUDS) zu nutzen. Darüber hinaus sollte die von Städten und Regionalregierungen durchgeführte Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele auf lokaler Ebene über die europäischen Struktur- und Investitionsfonds finanziert werden, insbesondere im Bereich der nachhaltigen Mobilität und des öffentlichen Verkehrs, der Gebäudesanierung zur Bekämpfung der Energiearmut, der allgemeinen Barrierefreiheit, der Bewältigung sozial schwieriger Situationen und der Förderung der sozialen Inklusion in benachteiligten städtischen Gebieten. Die lokalen Gebietskörperschaften sollten die den Staaten und Regionen zugewiesenen Mittel schneller und direkter verwalten können. Eine Voraussetzung hierfür ist eine Ausweitung des Ausbildungsangebots in Abstimmung mit den Bildungseinrichtungen und der Wirtschaft;

    28.

    fordert die Europäische Kommission auf, einen neuen gemeinsamen Referenzrahmen mit einer gemeinsamen Terminologie sowie gemeinsamen Indikatoren und Methoden zu entwickeln, um die im Rahmen der zahlreichen nationalen, regionalen und lokalen Stadtentwicklungsagenden getätigten Investitionen und erzielten Errungenschaften zu verfolgen. Damit sollen die Koordinierung zwischen Verwaltungen, das Voneinanderlernen und der Vergleich zwischen Gebieten sowie die Einbeziehung der Städte in die Aufstellung der für ihre Entwicklung vorgesehenen Haushaltspläne ermöglicht werden;

    29.

    ersucht die Europäische Kommission, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die durch den Grünen Deal angestoßenen umfassenden Strategien für den sozialen und ökologischen Wandel eine Priorität darstellen und durch konkrete Maßnahmen in den Städten und Regionen vor Ort umgesetzt werden müssen. Die damit verbundenen Investitionen sollten deshalb nicht auf das öffentliche Defizit der Mitgliedstaaten angerechnet werden und hinsichtlich der Ausgabenobergrenze, die die Mitgliedstaaten den lokalen Gebietskörperschaften im Rahmen der derzeit geltenden Programme für Haushaltsstabilität und Defizitkontrolle auferlegen, keinen Beschränkungen unterliegen;

    30.

    begrüßt, dass in der neuen Charta die wesentliche Rolle der Stadtplanung bei der Verwirklichung einer nachhaltigen Stadtentwicklung anerkannt wird und insbesondere der Schwerpunkt auf die Verringerung des Flächenverbrauchs, auf die gemischte Funktionalität neuer Produktionsformen und die Diversifizierung der Produktion sowie auf neue Wohnformen, auf erschwinglichen Wohnraum und auf öffentliche Flächennutzungsmaßnahmen gelegt wird;

    31.

    ist der Ansicht, dass der digitale Wandel in Europa zu einem besseren „digitalen Zusammenhalt“ sowohl zwischen den Bürgerinnen und Bürgern als auch zwischen den einzelnen Gebieten führen sollte. Laut der Erklärung „JOIN, BOOST, SUSTAIN: Bündelung der Kräfte zur Förderung einer nachhaltigen digitalen Transformation in Städten und Gemeinden in der EU“ gilt es, von einem technologieorientierten Ansatz zu einem stärker bürgerorientierten Ansatz überzugehen. Das Konzept der digitalen Stadt muss ganzheitlicher werden: die digitale Innovation ist ein Mittel und nicht das Ziel an sich und sollte vom Unternehmergeist des öffentlichen Sektors sowie durch Privatunternehmen vorangetrieben werden, die an die bestehende und künftige Technologie angepasste Lösungen anbieten. Die Digitalisierung bietet zwar große Chancen für die Städte und ihre Bürger, doch brauchen die Städte auch Unterstützung, um die negativen Nebenwirkungen besser antizipieren und bewältigen zu können;

    32.

    schlägt vor, in der neuen Leipzig-Charta auf die Notwendigkeit hinzuweisen, im Zuge der Strategien für intelligente Spezialisierung, die im Rahmen der Kohäsionspolitik auf regionaler Ebene aufgestellt werden, auch Prozesse der intelligenten Spezialisierung auf lokaler Ebene sowie integrierte Agenden für den wirtschaftlichen und territorialen Wandel zu entwickeln, die das Entstehen intelligenter Städte und Dörfer ermöglichen;

    33.

    ist der Auffassung, dass Städte, einschließlich kleiner und mittlerer Städte, bei der Bewältigung der großen sozialen und ökologischen Herausforderungen in Europa (Gesundheit, Ernährung, Energie, Verkehr, Klimawandel, biologische Vielfalt, Inklusion und Sicherheit) Schlüsselakteure sind. Allerdings muss die Rolle, die der lokale öffentliche Sektor für die wirtschaftliche Entwicklung spielt, unbedingt modernisiert werden. Grundlage dafür sollte ein Ansatz zur Förderung des Unternehmertums sein, der darauf ausgerichtet ist, diese Rolle angesichts der neuen Herausforderung der globalen Governance zu stärken;

    34.

    begrüßt insofern, dass das neue Programm zur Unterstützung von Strukturreformen (SRSP) in das Ressort der für Regionalpolitik zuständigen Kommissarin fällt, da das SRSP mit den für den Zeitraum 2021-2027 vorgeschlagenen Mitteln dadurch zum wichtigsten Instrument werden dürfte, um die institutionellen Kapazitäten und Strukturreformen der Städte in allen Bereichen, die nicht im Rahmen der Strukturfonds förderfähig sind, zu verbessern;

    35.

    weist darauf hin, dass ein Großteil des Mehrwerts der Städteagenda für die Europäische Union in der Unterstützung beim Austausch von Informationen über städtische Fragen zwischen europäischen, nationalen, regionalen und lokalen Institutionen besteht. Diese gilt als Mechanismus für den Austausch bewährter Verfahren;

    36.

    ist ferner der Ansicht, dass in der EU bereits bestehende, aber häufig nicht miteinander verknüpfte Mechanismen und Methoden für eine nachhaltige Stadtentwicklung in die neue Leipzig-Charta integriert werden müssen Das gilt u. a. für die Initiative „Intelligente Städte und Gemeinden“, den Bürgermeisterkonvent für Klima und Energie oder den Referenzrahmen für nachhaltige Städte;

    Eine bessere EU-Städteagenda zur Unterstützung der neuen Leipzig-Charta

    37.

    erinnert an die drei Säulen der EU-Städteagenda (bessere Rechtsetzung, bessere Finanzierung und besseres Wissen), die im Pakt von Amsterdam festgelegt wurden, und daran, dass es in erster Linie darum geht, die Umsetzung dieser Säulen voranzutreiben. Außerdem muss die Rolle der verschiedenen Akteure ausgebaut werden;

    38.

    betont, dass im Hinblick auf einen ganzheitlichen und stärker integrierten Ansatz sowie im Interesse von Entwicklungschancen für alle, die in Städten oder Ballungsgebieten leben, die Verbindungen zwischen Stadt und Land gestärkt und alle städtischen Gebiete zusammen mit ihrem (oft ländlichen) Umland als Einheit betrachtet werden müssen;

    39.

    ist der Ansicht, dass in der neuen Leipzig-Charta die Bemühungen aller Städte und lokalen Gebietskörperschaften, die an den 14 thematischen Städtepartnerschaften beteiligt sind, anerkannt werden sollten. Zudem sollte die Bereitschaft einiger Partnerschaften, wie der zu Migration und Flüchtlingen oder der zur städtischen Mobilität, ihre Arbeit über den Dreijahreszeitraum hinaus weiterzuführen, als klares Zeichen für den Erfolg der Städteagenda in der EU begrüßt werden. Allerdings müssen die erforderlichen Ressourcen sowie Wirkung und Kohärenz künftiger Maßnahmen garantiert werden;

    40.

    schlägt eine Liste konkreter Empfehlungen vor, um diese Herausforderungen zu bewältigen und die Umsetzung der Städteagenda zu verbessern:

    künftige Partnerschaften müssen unter Einbeziehung der Städte und im Einklang mit der in der neuen Leipzig-Charta festgelegten Größe der Stadt vollkommen transparent geschlossen werden. Zudem müssen die Maßnahmen an den drei Säulen bessere Rechtsetzung, bessere Finanzierung und besseres Wissen ausgerichtet sein;

    die derzeitige Liste horizontaler Themen ist nach wie vor gültig und könnte durch Pilotaktionen weiterentwickelt werden, an denen je ein Mitglied pro Partnerschaft beteiligt wäre, wobei ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den europäischen Institutionen und den nationalen, regionalen und lokalen Regierungen anzustreben ist. Hierbei ist es von wesentlicher Bedeutung, dass die Dienststellen der Kommission und die Ministerien der Mitgliedstaaten stärker in die thematischen Partnerschaften eingebunden werden, insbesondere wenn eine neue Partnerschaft ins Leben gerufen wird. So kann das dringend benötigte Engagement der Kommission und der Mitgliedstaaten gestärkt werden;

    die Synergien zwischen den verschiedenen Aktionen der künftigen Partnerschaften müssen verstärkt werden, um Silodenken zu vermeiden und die Durchführung der Aktionen zu koordinieren;

    eine Möglichkeit, die politische Unterstützung auf lokaler Ebene zu stärken, könnte die Veranstaltung eines Gipfeltreffens der an der Städteagenda beteiligten lokalen Gebietskörperschaften sein. Sie würden als Botschafter fungieren und könnten an politischen Beratungen mit der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten teilnehmen;

    die Europäische Kommission sollte sich im Rahmen der Säule „Bessere Rechtsetzung“ verpflichten, die von Städtepartnerschaften erarbeiteten Empfehlungen zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang könnten die Partnerschaften Workshops organisieren, in denen sich Fachleute mit spezifischen Änderungen an den Richtlinien, Verordnungen und politischen Maßnahmen der EU befassen; die Ergebnisse der Partnerschaften sollten regelmäßig im EP und Rat vorgestellt und erörtert werden, um bessere Berücksichtigung bei der europäischen Gesetzgebung zu finden;

    ist der Ansicht, dass der mehrjährige Finanzrahmen 2021-2027 und die von der Europäischen Kommission in der künftigen EFRE-Verordnung vorgeschlagene Europäische Stadtinitiative eine stabile Finanzierung garantieren müssen, um die operativen Kosten zu decken, die den Städten durch ihre Teilnahme an der EU-Städteagenda entstehen;

    Eurostat sollte stärker in die Arbeit der Partnerschaften eingebunden werden, die eine Debatte über auf regionaler, funktionaler Stadtgebiets- und lokaler Ebene verfügbare qualitative Daten sowie über die Erhebung solcher Daten anstoßen könnten;

    darüber hinaus muss für eine bessere Verzahnung der Städteagenda und der Partnerschaften mit der Arbeit der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) und ihrem Wissenszentrum für territoriale Politik in Sevilla gesorgt werden. Ein Beispiel wäre der Bericht „The future of Cities“ der Initiative Urban Data Platform Plus;

    mit Blick auf den Programmplanungszeitraum nach 2020 und in einem breiteren Kontext über die Strukturfonds hinaus könnte die Europäische Kommission auch ein Finanzprogramm für Pilotaktionen zur Entwicklung von Vorschlägen in Erwägung ziehen, die im Rahmen von Städtepartnerschaften entstanden sind;

    die Europäische Kommission sollte eine Kommunikationskampagne starten, um die Ergebnisse der EU-Städteagenda zu verbreiten, einschließlich einer besseren Präsentation der konkreten Vorteile der Partnerschaften im „Futurium“-Internetportal. Ferner sollte sie in die Generierung von Wissen investieren, indem sie bewährte Verfahren, Leitfäden, Instrumente und Fahrpläne verbreitet, die im Rahmen der EU-Städteagenda entwickelt wurden;

    Folgemaßnahmen zur Umsetzung der Leipzig-Charta

    41.

    fordert den deutschen EU-Ratsvorsitz auf, die Rolle des Ausschusses der Regionen in der neuen Leipzig-Charta im Einklang mit dem Pakt von Amsterdam offiziell anzuerkennen, in dem der Ausschuss der Regionen „als Beratungsgremium der Union, das die Regionen und Kommunen formell auf EU-Ebene repräsentiert“ aufgefordert wurde „zur Weiterentwicklung der Städteagenda für die EU beizutragen“;

    42.

    schlägt vor, dass die Mitgliedstaaten — bzw. die für die Städtepolitik zuständigen Regierungsebenen, wenn diese Zuständigkeit nicht bei der nationalen Ebene liegt — alle drei Jahre in Zusammenarbeit mit der Kommission einen Bericht darüber erstellen, wie sie die Leipzig-Charta in ihre nationale oder regionale Städtepolitik integrieren und wie vor allem die Umsetzung der Grundsätze und Ziele der Leipzig-Charta durch die Politik und die Finanzmittel der EU und insbesondere durch die Kohäsionspolitik unterstützt wurden;

    43.

    weist darauf hin, wie wichtig es ist, dass die Europäische Kommission auch weiterhin eine wichtige Rolle bei der Koordinierung und Umsetzung der EU-Städteagenda und der Leipzig-Charta spielt. In diesem Zusammenhang sei an den Vorschlag erinnert, den für interinstitutionelle Beziehungen und Zukunftsforschung zuständigen Vizepräsidenten zum Koordinator der Städteagenda zu ernennen, was auch eine enge Verknüpfung mit der Agenda für bessere Rechtsetzung gewährleisten würde. Eine diesbezügliche Koordinierung würde auch der fragmentierten Sichtweise auf die Städte und der fragmentierten städtischen Dimension entgegenwirken, die die politischen Maßnahmen der einzelnen Generaldirektionen aufgrund ihrer jeweiligen spezifischen Perspektive prägen;

    44.

    fordert, dass die neue Leipzig-Charta für die EU, die Mitgliedstaaten und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften so weit wie möglich bindend ist. Deshalb sollte sie nach ihrer Annahme durch den informellen Rat der Minister für Stadtentwicklung am 30. November 2020 auch in den obligatorischen Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ angenommen werden. Dies sollte mit der Aufforderung an künftige Ratsvorsitze einhergehen, in ihren jeweiligen Arbeitsprogrammen die Fortsetzung der Beratungen über die Städteagenda vorzusehen.

    Brüssel, den 14. Oktober 2020

    Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

    Apostolos TZITZIKOSTAS


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