EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 12.11.2018
COM(2018) 738 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die Umsetzung der EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel
{SEC(2018) 472 final} - {SWD(2018) 460 final} - {SWD(2018) 461 final}
1.Einleitung
Drei Viertel der europäischen Bürgerinnen und Bürger betrachten den Klimawandel als ein sehr ernstes Problem. Die beobachteten klimatischen Veränderungen haben schon jetzt weitreichende Auswirkungen auf Ökosysteme, Wirtschaftszweige und die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen in Europa. Die gesamten gemeldeten wirtschaftlichen Verluste durch Wetter- und andere mit dem Klima zusammenhängende Extreme in Europa im Zeitraum 1980-2016 beliefen sich auf über 436 Mrd. EUR und verteilten sich folgendermaßen auf die EU-Mitgliedstaaten
:
Allein wegen des Klimawandels könnte sich der jährliche Schaden für Europas kritische Infrastrukturen bei Szenarien mit unveränderten Rahmenbedingungen bis Ende des Jahrhunderts verzehnfachen (von derzeit 3,4 Mrd. EUR auf 34 Mrd. EUR).
Für die Industrie-, Verkehrs- und Energiesektoren würden die Verluste am höchsten ausfallen.
Erwarteter jährlicher Schaden (EAD) für die kritische Infrastruktur in europäischen Regionen aufgrund des Klimawandels, bis Ende des Jahrhunderts (in Mio. EUR)
In diesen Karten über den Schaden für die kritische Infrastruktur lässt sich ein Muster erkennen: im Allgemeinen werden sich die Klimaauswirkungen sowohl zeitlich als auch räumlich ungleichmäßig in Europa verteilen. Hierfür gibt es folgende Beispiele:
·Der Mittelmeerraum wird stärker von den Auswirkungen von hitzebedingter menschlicher Sterblichkeit, beschränktem Zugang zu Wasser, dem Verlust von Lebensräumen, dem Energieverbrauch für die Kühlung sowie von Waldbränden betroffen sein.
·Küstenregionen könnten in Szenarien mit hohen Emissionen (weltweiter Temperaturanstieg um 3,2 °C bis 5,4 °C in den Jahren 2081-2100)
unter wirtschaftlichen Schäden von etwa 39 Mrd. EUR jährlich bis 2050 und bis zu 960 Mrd. EUR jährlich gegen Ende des Jahrhunderts leiden.
·Vorläufige Erkenntnisse weisen auf einen erheblichen Schwund der Ökosysteme der alpinen Tundra in Europa hin, sogar wenn die Erderwärmung, wie im Übereinkommen von Paris vorgesehen, unter 2 °C gehalten wird. Abgesehen von ihrer Schlüsselrolle für die Wasserregulierung und das Frischwasser für den menschlichen Verbrauch ist die alpine Tundra auch für den Tourismus und ländliche Gemeinschaften von Bedeutung und bietet den Lebensraum für endemische Arten, die nur in Europa vorkommen.
Die Brände in Schweden im vergangenen Sommer verdeutlichen, dass trotz Modellrechnungen und Prognosen kein europäisches Land vor den Auswirkungen des Klimawandels geschützt ist.
Es zeichnet sich zunehmend ab, dass Europa auch für Auswirkungen des Klimawandels außerhalb der europäischen Grenzen anfällig ist, so beispielsweise durch Handel, internationale Zahlungsströme, Migration
und Sicherheit. Aufgrund der vielfältigen komplexen und globalen Verbindungen zwischen Menschen, Ökosystemen und Wirtschaften machen Klimarisiken nicht an Grenzen halt. Die Betrachtung der Anpassung an den Klimawandel als globales öffentliches Gut zur Bekämpfung grenzüberschreitender Risiken könnte Chancen für die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Resilienz bieten.
Durch die Unterstützung der Anpassung in anderen Ländern helfen die Geberländer so auch sich selbst.
Die Kommission hat erste Erkenntnisse dazu gesammelt, wie die Klimaauswirkungen in anderen Teilen der Welt Europa durch internationalen Handel (Einfuhren und Ausfuhren) beeinflussen könnten. Die nachstehende Karte veranschaulicht eine Bewertung der Verluste des jährlichen BIP der EU (in Mrd. Euro) aufgrund von Klimaauswirkungen im Rest der Welt und durch den internationalen Handel. Die für die verschiedenen Regionen eingefügten Zahlen stellen die Verluste für ein Szenario mit hohen Emissionen (in rot) und bei einer globalen Erwärmung um 2 °C (in blau) am Ende des Jahrhunderts dar. In die fließen lediglich vier Bereiche ein: Arbeitsproduktivität, Landwirtschaft, Energie und Flusshochwasser.
0,1 Mrd.
0,3 Mrd.
1,0 Mrd.
3,0 Mrd.
5,0 Mrd.
Folgen für das jährliche BIP der EU (in Mrd. Euro) aufgrund von Klimaauswirkungen im Rest der Welt und durch den internationalen Handel (Einfuhren und Ausfuhren)
Das Ausmaß dieser Folgen durch den internationalen Handel hängt von zwei Faktoren ab:
1.von der Schwere der Klimaauswirkungen in den Regionen im Rest der Welt und
2.vom Handelsvolumen zwischen diesen Regionen und der EU
.
Aus der Karte ist ersichtlich, dass die EU von Auswirkungen in Nord- und Südamerika und in Südasien am stärksten betroffen wäre. Von den vier bewerteten Bereichen hat die Landwirtschaft die größten grenzüberschreitenden Auswirkungen, gefolgt von der Arbeitsproduktivität. Falls der Klimawandel beispielsweise die Renditen eines landwirtschaftlichen Handelspartners der EU verringert, nimmt das BIP dieses Partnerlandes ab, was neben anderen Auswirkungen auch bedeutet, dass dieses Land weniger Erzeugnisse u. a. aus der EU einführen wird. Dies wiederum reduziert auch das BIP der EU.
Es liegt jedoch auf der Hand, dass diese Auswirkungen sich auch aus Störungen in der Lieferkette bei EU-Einfuhren, aus Schäden in anderen Sektoren oder durch andere strukturelle Veränderungen, die bei dieser Untersuchung nicht betrachtet wurden, ergeben können.
Im Hinblick auf Klima und Migration bestätigen jüngste Szenarien die Beziehung zwischen dem Klimawandel
und Schwankungen bei der Zahl der Asylanträge in der EU. Selbst in einem Szenario mit gemäßigten Emissionen
wird die Zahl der Asylanträge aufgrund von Klimaauswirkungen bis Ende des Jahrhunderts voraussichtlich um 28 % zunehmen (durchschnittlich 98 000 zusätzliche Asylanträge pro Jahr).
Bei der Anpassung an den Klimawandel geht es um Lösungen für und die Vorbereitung auf diese europäischen und internationalen Herausforderungen. Anpassung bedeutet auch, die vorgenannten Auswirkungen des Klimawandels vorauszusehen und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um Schäden zu verhindern bzw. so gering wie möglich zu halten, oder Chancen zu nutzen, die sich möglicherweise ergeben.
Seit 2005 setzt sich die Kommission mit der Notwendigkeit der Anpassung an Änderungen des Klimas in Europa auseinander. Als Ergebnis wurde 2009 ein Weißpapier
und 2013 eine EU-Strategie zur Anpassung (im Folgenden „die Strategie“)
angenommen.
Zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Strategie wurden die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Kosten einer Untätigkeit für die EU auf Grundlage einiger Wirtschaftszweige mit 100 Mrd. EUR im Jahr 2020 und mit 250 Mrd. EUR im Jahr 2050 veranschlagt.
Nach derzeitigen Schätzungen könnten die Kosten einer Untätigkeit bis zu den 2080ern exponentiell ansteigen.
Die derzeitigen Wirtschaftsmodelle zu den gesamten globalen Auswirkungen des Klimawandels könnten im Hinblick auf die Behandlung von Sektoren, die Einbeziehung der Auswirkungen auf die physische Umwelt, Ökosysteme, Biodiversität und deren Leistungen, Unsicherheiten und „Kipp-Punkte“ unzureichend sein. Es ist gut möglich, dass durch die Modelle zukünftige Risiken unterschätzt werden.
Die Strategie umfasst acht Aktionen, mit denen auf drei spezielle Ziele hingearbeitet wird:
1.Erhöhung der Resilienz in den Ländern, Regionen und Städten der EU.
2.Eine besser fundierte Entscheidungsfindung im Hinblick auf die Anpassung.
3.Erhöhung der Resilienz von gefährdeten Schlüsselsektoren und politischen Maßnahmen der EU.
Seit 2013 hat die Kommission diese drei Ziele in einem breiten Tätigkeitsbereich verfolgt. Sie sind auch heute weiterhin richtungsweisend für die Arbeit der Kommission.
In diesem Bericht werden der Prozess und die Ergebnisse der Bewertung der Strategie geprüft, was auch aus der bisherigen Umsetzung gewonnene Erkenntnisse umfasst.
2.Prozess
In der Strategie ist angegeben, dass die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat 2017 über den Stand der Umsetzung der Strategie Bericht erstattet und erforderlichenfalls eine Überarbeitung vorschlägt. Dies ist die Grundlage für den vorliegenden Bericht und das diesem Bericht beigefügte Arbeitspapier der Dienststellen der Kommission, in denen die Ergebnisse der Bewertung dargelegt werden.
Entsprechend den Leitlinien der Kommission für eine bessere Rechtsetzung wurde die Bewertung nach fünf Kriterien durchgeführt: (i) Wirksamkeit, (ii) Effizienz, (iii) Relevanz, (iv) Kohärenz und (v) EU-Mehrwert. Eine eingehende Bewertung nach diesen Kriterien ist im beigefügten Arbeitspapier der Dienststellen der Kommission enthalten.
Die Belege wurden hauptsächlich von Auftragnehmern zusammengetragen, die eine Auswertung der Fachliteratur, eine gezielte Umfrage, eine öffentliche Umfrage, Befragungen, Workshops und Fallstudien durchführten.
Zudem stützte die Kommission ihre Analyse auf mehrere Quellen, die entweder direkt von der Kommission herangezogen wurden oder im Bericht des Auftragnehmers einbezogen wurden, beispielsweise andere Bewertungen im Zusammenhang mit Aktionen im Rahmen der Strategie
, nationale Strategien der Mitgliedstaaten, gemäß der Verordnung über den Überwachungsmechanismus
durch die Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellte Informationen, Berichte zu seit 2014 durch die europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) geförderten Programmen
sowie Ergebnisse von durch EU-Rahmenprogramme finanzierten Forschungs- und Innovationsprojekten.
3.Bewertungsergebnisse
Insgesamt hat die Strategie ihre Ziele erreicht und bei jeder der acht einzelnen Aktionen konnten Fortschritte verzeichnet werden. Bei den Aktionen handelt es sich um folgende:
1.Sensibilisierung der Mitgliedstaaten für umfassende Anpassungsstrategien.
2.Bereitstellung von LIFE
-Mitteln zur Förderung des Kapazitätsaufbaus und zur Beschleunigung von Anpassungsmaßnahmen in Europa.
3.Berücksichtigung von Anpassungsbelangen im Konvent der Bürgermeister
.
4.Überbrückung von Wissenslücken.
5.Weiterer Ausbau der Plattform Climate-ADAPT
als zentrale Anlaufstelle für Informationen zur Klimaanpassung in Europa.
6.Die Klimasicherung der Gemeinsamen Agrarpolitik, der Kohäsionspolitik und der Gemeinsamen Fischereipolitik erleichtern.
7.Gewährleistung resilienterer Infrastrukturen.
8.Förderung von Versicherungs- und anderen Finanzprodukten für klimaresiliente Investitionen und Geschäftsentscheidungen.
Zwischen 2013 und 2018 hat sich die Anzahl der Mitgliedstaaten mit nationalen Anpassungsstrategien von 15 auf 25 erhöht. Die EU hat im Rahmen von LIFE-Projekten und dem Konvent der Bürgermeister für Klima und Energie („Konvent der Bürgermeister“) Maßnahmen gefördert und überwacht. Die Strategie hat dazu beigetragen, das Wissen bezüglich der Anpassung auszubauen und zu verbreiten und damit für eine besser fundierte Entscheidungsfindung zu sorgen. Durch die Strategie hat das Thema Anpassung in einem breiten Spektrum von wichtigen politischen Maßnahmen und Förderprogrammen der EU Berücksichtigung gefunden und diese geleitet. Zudem wurden durch die Strategie die Verbindungen zur Katastrophenvorsorge, zur Resilienz der Infrastrukturen und zum Finanzsektor gestärkt.
3.1.Relevanz
Seit der Annahme der Strategie gibt es immer mehr Beweise dafür, dass die Häufigkeit und Intensität von Wetter- und anderen mit dem Klima zusammenhängenden Extremen in Europa zunimmt. Die derzeitigen Emissionsreduktionsverpflichtungen gemäß dem Übereinkommen von Paris
würden zu einer Erderwärmung von mehr als 3 °C gegenüber vorindustriellen Werten führen. Es ist daher zwingend notwendig, die Resilienz der EU gegenüber Klimaschocks auszubauen, um kurz-, mittel- und langfristige wirtschaftliche, soziale und ökologische Kosten zu begrenzen.
Die Auswirkungen des Klimawandels werden einen großen Teil der Bevölkerung der EU wesentlich beeinflussen. Sowohl öffentliche Behörden als auch private Interessenvertreter (Haushalte, Unternehmen, Anleger) werden Präventionsmaßnahmen in Betracht ziehen müssen. Die anfänglichen Ziele der Strategie, nämlich eine besser fundierte Entscheidungsfindung und die Erhöhung der Resilienz in Europa, sind daher weiterhin relevant und sollten weiterverfolgt werden.
Seit 2013 haben Entwicklungen in der internationalen Politik, wie das Übereinkommen von Paris, die Ziele für nachhaltige Entwicklung und der Sendai-Rahmen für Katastrophenvorsorge
, weitere wesentliche politische Impulse für die Förderung der Anpassung an den Klimawandel auf der ganzen Welt geliefert. Klimaverpflichtungen und Ziele für nachhaltige Entwicklung müssen gemeinsam vorangebracht werden, um die drängenden Herausforderungen wirksam zu bewältigen, die sich durch die Verschlechterung des Zustands der Ökosysteme, die Klimaauswirkungen, die zunehmende Ungleichheit und die politische Instabilität
ergeben. Da der Anwendungsbereich der Strategie auf die Auswirkungen des Klimawandels auf das EU-Gebiet ausgelegt war, wurden mögliche Verflechtungen mit der Anpassung an den Klimawandel außerhalb der EU nicht behandelt. Aufgrund mangelnder Erkenntnisse wurden auch die möglichen Auswirkungen des Klimawandels außerhalb Europas und deren Folgen für die EU nur teilweise berücksichtigt.
Die Erkenntnisse weisen jedoch zunehmend darauf hin, dass die EU die Verbindung zwischen Klima und Sicherheit sowie grenzüberschreitende Auswirkungen der Anpassung bzw. einer fehlenden Anpassung in Drittländern berücksichtigen muss.
3.2.Wirksamkeit
Die weitreichenden Ziele der Strategie wurden innerhalb von fünf Jahren nicht komplett erfüllt, aber es wurden Fortschritte gemacht. Im Allgemeinen wurde die politische Aufmerksamkeit auf Anpassungsfragen und die Notwendigkeit der Vorbereitung auf die unvermeidbaren Auswirkungen gerichtet.
Auf einzelstaatlicher Ebene verfügen 25 Mitgliedstaaten jetzt über eine Anpassungsstrategie (verglichen mit 15 im Jahr 2013). Seit 2014 wurden durch das LIFE-Programm 60 Projekte im Zusammenhang mit der Anpassung mit Mitteln in Höhe von 184 Mio. EUR gefördert. Von diesen Projekten wird nach Abschluss erwartet, dass sie durch Replikation und Übertragung auf ein Gebiet von 1,8 Mio. km2 (entspricht einem Viertel des EU-Gebiets) Einfluss haben werden. Durch spezielle Projekte leistet LIFE zudem Unterstützung für die Umsetzung von nationalen und regionalen Anpassungsstrategien in Griechenland und Zypern. Darüber hinaus wurde die Annahme von Anpassungsstrategien durch die europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) beschleunigt, für die Risikobewertungen eingeführt wurden, bei denen die Anpassung an den Klimawandel als Voraussetzung berücksichtigt wird, um die wirksame und effiziente Mittelverwendung sicherzustellen.
Auf regionaler und lokaler Ebene hat die Kommission das Thema Anpassung im Konvent der Bürgermeister eingebracht, für das Thema sensibilisiert und mobilisiert sowie Städte bei der Annahme lokaler Anpassungsstrategien unterstützt. Bis April 2018 hatten sich 1076 Unterzeichner des Konvents aus 25 EU-Mitgliedstaaten, die etwa 60 Millionen Einwohner vertreten, verpflichtet, Vulnerabilitäts- und Risikobewertungen durchzuführen und Anpassungspläne zu entwickeln, umzusetzen und über sie Bericht zu erstatten. Es wird geschätzt, dass etwa 40 % der Städte mit mehr als 150 000 Einwohnern in der EU Anpassungspläne angenommen haben, um Europäer vor den Klimaauswirkungen zu schützen.
Die Bewertung bestätigt ebenfalls, dass das Wissen im Bereich Klimaanpassung aufgrund der Bemühungen der Kommission erheblich zugenommen hat, insbesondere aufgrund der EU-Rahmenprogramme in den Bereichen Forschung und Innovation sowie aufgrund der Europäischen Plattform für Klimaanpassung (Climate-ADAPT). Keine der wichtigsten Wissenslücken wurde jedoch geschlossen, und es sind neue Lücken entstanden. Zum einen wurden die Wissenslücken 2013 ergebnisoffen formuliert (keine sektorspezifischen Fragen), wodurch es schwierig ist, Fortschritte zu messen. Zum anderen ist Wissen möglicherweise nie vollständig und sicher, wie dies oft bei Lücken in anderen wissenschaftlichen Bereichen der Fall ist. Unsicherheit kann jedoch in Modellierungen und eine transparente und offene Entscheidungsfindung integriert werden – sie ist keine Rechtfertigung für Untätigkeit.
Auch bei der Einbindung in aktuelle politische Maßnahmen und Programme der EU sind Fortschritte sichtbar. Es gibt jedoch noch Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der Einbeziehung der Anpassung in einige gemeinsame EU-Politikbereichen, wie die Handels- und die Fischereipolitik. Beim Handel besteht eine Wissenslücke im Hinblick auf Ausstrahlungseffekte von Drittländern, deren Verständnis eine wirksamere Einbindung von Anpassung in die Handelspolitik der EU ermöglichen würde. Bei der Fischerei sind die Gründe hauptsächlich auf die unzureichende Berücksichtigung der Klimaanpassung in den einschlägigen EU-Fonds zurückzuführen.
Bei den EU-Fonds wurde die Klimaanpassung im Rahmen der europäischen Struktur- und Investitionsfonds unterschiedlich stark einbezogen: Zwar wurde ein System für die Verfolgung von klimabezogenen Ausgaben eingeführt, es erwies sich teilweise aber als schwierig zu bewerten, in welchem Umfang Investitionen einen Nutzen für die Anpassung vor Ort brachten. Eine vollständige Trennung der Ausgaben für den Klimaschutz und die Anpassung ist aufgrund von politischen Synergien, insbesondere im Landwirtschaftssektor, nicht immer möglich. Beim Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und beim Kohäsionsfonds (KF) kann jedoch ein wesentlicher Teil der Mittel direkt auf anpassungsbezogene Investitionen zurückgeführt werden. Zudem enthält die derzeitige Gemeinsame Agrarpolitik, die wenige Monate vor der Anpassungsstrategie angenommen wurde, eine Reihe von Maßnahmen, die sowohl für die Anpassung als auch für den Klimaschutz relevant sind (einschließlich bestimmter Cross-Compliance- und Ökologisierungsanforderungen), und mehrere Prioritäten abdecken. Die Zuweisungen für die Anpassung im Rahmen verschiedener Förderprogramme sind in der folgenden Tabelle dargestellt.
Struktur- und Investitionsfonds der EU 2014-2020 – klimabezogene Zuweisungen (in Mrd. EUR und in % des Gesamtbetrags)
|
EU-Unterstüt-zung
|
Klima-bezogen
|
davon
|
|
|
|
Direkt für Klimaschutz
|
Direkt für Anpassung
|
Unterstützungsmaß-nahmen für beide
|
EFRE und ETZ
|
196,7
|
37,9
|
30,8
|
3,4
|
3,6
|
|
|
[19,3 %]
|
[15,7 %]
|
[1,7 %]
|
[1,8 %]
|
KF
|
63,4
|
17,6
|
13,4
|
3,0
|
1,3
|
|
|
[27,8 %]
|
[21,1 %]
|
[4,7 %]
|
[2,0 %]
|
ESF
und Beschäftigungsinitiative für junge Menschen
|
88,9
|
1,2
|
1,2
|
-
|
-
|
|
|
[1,3 %]
|
[1,3 %]
|
-
|
-
|
EMFF
|
5,7
|
1,0
|
1,0
|
-
|
-
|
|
|
[18,2 %]
|
[18,2 %]
|
|
|
ELER
|
99,0
|
56,5
|
5,4
|
7,5
|
43,6
|
|
|
[57,1 %]
|
[5,5 %]
|
[7,6 %]
|
[44 %]
|
Insgesamt
|
453,7
|
114,2
|
51,9
|
13,9
|
48,5
|
|
|
[25,4 %]
|
[11,4 %]
|
[3,1 %]
|
[10,8 %]
|
Des Weiteren unterliegen alle durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Kohäsionsfonds (KF) geförderten Großprojekte
im Zeitraum 2014-2020 der Klimasicherung, die die Klimaresilienz betrifft und auf die die Identifizierung, Bewertung und Durchführung von entsprechenden Anpassungsmaßnahmen folgt.
Der Europäische Sozialfonds und der Europäische Meeres- und Fischereifonds tragen dem TZ 5(„Förderung der Anpassung an den Klimawandel sowie der Risikoprävention und des Risikomanagements“) trotz der Auswirkungen auf gefährdete Bevölkerungsgruppen, die Beschäftigung und Fischbestände nicht speziell Rechnung. Der Europäische Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL), der die Direktzahlungen im Rahmen der GAP finanziert, gehört nicht zu den ESI-Fonds; etwa 20 % der Direktzahlungen können jedoch als klimarelevant angesehen werden.
3.3.Effizienz
Die sich direkt aus der Strategie ergebenden Verwaltungskosten waren niedrig und mit Ausnahme von Förderprogrammen, bei denen andere (z. B. nationale) Organisationen die EU-Förderung ergänzen
, hauptsächlich auf die Kommission beschränkt. Die Kosten für andere Interessenvertreter waren in den meisten Fällen freiwillig und standen zum Großteil im Zusammenhang mit dem Zugang zu EU-Mitteln.
Der mit der Strategie verbundene Nutzen wurde dank Multiplikatoreffekten der Maßnahmen für Leitlinien, die Koordinierung, Verbreitung, Aufzeigung und Einbringung in andere politische Maßnahmen und Förderprogramme mit geringen Kosten erreicht.
Die EU-Strategie bietet insgesamt ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis, da die acht Aktionen der Strategie als äußerst kosteneffizient betrachtet werden können. Schätzungen zufolge haben beispielsweise die LIFE-Projekte, einschließlich der Anpassungsprojekte, im Jahr 2014 gesellschaftliche Vorteile von etwa 1,7 Mrd. EUR erbracht; dies ist viermal so viel wie der LIFE-Gesamthaushalt für das betreffende Jahr.
3.4.Kohärenz
In Europa werden künftig Klimaauswirkungen weitverbreitet sein. Anpassung ist nötig, um Maßnahmen auf allen Regierungsebenen so transformativ zu gestalten, dass mit systematischen Veränderungen in unserem Klima, unserer Umwelt und unserer Gesellschaft umgegangen werden kann.
Die Strategie steht allgemein im Einklang mit anderen EU-, nationalen, regionalen und lokalen Politikbereichen und Anpassungsmaßnahmen. Die im Rahmen der Strategie erstellten Leitlinien der Kommission haben zur Koordinierung nationaler Sektoren und Politik sowie zur Bewältigung von grenzüberschreitenden Klimaproblemen zwischen Mitgliedstaaten beigetragen. Die makroregionalen Strategien
der EU und der Konvent der Bürgermeister haben ebenfalls ähnliche Ansätze zwischen EU-Mitgliedstaaten mit vergleichbaren Klimarisiken gestärkt.
Im Hinblick auf die Kohärenz mit internationalen politischen Maßnahmen und Initiativen ergibt sich ein differenzierteres Bild. Zum Zeitpunkt der Entwicklung der Strategie beschloss die Kommission, schwerpunktmäßig die Auswirkungen des Klimawandels auf dem Gebiet der EU zu behandeln, wobei auch einige Analysen zu den Verbindungen zwischen Migration und Klimawandel
und möglichen Auswirkungen für die EU enthalten waren.
Dennoch hat die Umsetzung der Strategie dazu beigetragen, das auswärtige Handeln der EU im Bereich Klimaresilienz zu stärken, indem die Wissensgrundlage gestärkt und ein Testumfeld für Anpassungsoptionen und -reaktionen geboten wurde, die auch außerhalb der EU relevant sein könnten.
In Zukunft besteht noch Spielraum im Hinblick auf eine Umstrukturierung der Strategie, um diese besser an Entwicklungen in der internationalen Politik seit 2013 anzupassen sowie die Auswirkungen, die sich für die EU aus grenzüberschreitenden Effekten von Klimaauswirkungen in Drittländern (über z. B. Migrations-, Handels- und Zahlungsströme) ergeben, besser zu berücksichtigen.
Als Vertragspartei der UNFCCC
muss die EU über Fortschritte und Maßnahmen zur Anpassung Bericht erstatten und ihre Anpassungsambitionen durch Überprüfung ihrer Strategien und Politik gegebenenfalls neu festlegen. Dieser Prozess sollte durch die Strategie gefördert werden, indem die europäischen und globalen Anpassungsbemühungen gebündelt werden.
Es bestehen Verbindungsmöglichkeiten zwischen der zukünftigen Anpassungspolitik der EU und der Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung, dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt
und dem Sendai-Rahmen für Katastrophenvorsorge. Beispielsweise sind viele der für die Überwachung der Fortschritte im Hinblick auf diese weltweiten Rahmen entwickelten Indikatoren sehr relevant für die Anpassung. Zudem werden Modellierungsinstrumente entwickelt, bei denen Nachhaltigkeits- und Klimaszenarien und Herausforderungen (in Bezug auf Anpassung und Klimaschutz) einbezogen sind.
Was die interne Kohärenz (d. h. den Inhalt) der Strategie angeht, so wurde diese als hochgradig kohärent, sowie mehrere Aktionen als sich untereinander ergänzend, angesehen. So gab es beispielsweise einen reichhaltigen Strom an anpassungsbezogenem Wissen zwischen den EU-Einrichtungen, die dieses Wissen hervorbringen und sammeln
, Climate-ADAPT
und lokalen Behörden, die die notwendigen Informationen beziehen, um mit dem Konvent der Bürgermeister zu interagieren. Durch eine noch umfassendere Erschließung und Nutzung der Verbindungen zwischen den Aktionen hätte die interne Kohärenz allerdings noch weiter verbessert werden können.
3.5.EU-Mehrwert
Die Strategie erbringt einen Mehrwert für Europa, insbesondere da sie die Einbeziehung der Anpassung in Schlüsselsektoren, auf Regierungsebenen und in EU-Politikbereichen ermöglicht.
Die Interessenvertreter schätzten den Nutzen der Anpassungsforschung auf EU-Ebene und die Verbreitung von Wissen über Initiativen wie Climate-ADAPT.
Auch ohne die EU-Strategie wären Entscheidungsträger auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene möglicherweise gezwungen, der Anpassung an den Klimawandel Rechnung zu tragen. Die Interessenvertreter bestätigten jedoch, dass es im Falle des Fehlens einer EU-Leitung im Bereich Anpassung weniger Fortschritte und weniger Förderung für die Stärkung der Anpassungsfähigkeit gegeben hätte, insbesondere in Grenzgebieten in EU-Makroregionen mit gemeinsamen Klimarisiken
, z. B. in Flusseinzugsgebieten und in Alpengebieten. Ohne den Konvent der Bürgermeister wären die EU-Städte zudem gefährdeter und lokalen und regionalen Akteuren stünden weniger wissenschaftliche Informationen zur Verfügung, um die langfristige Planung zu stützen.
Zusätzlich bewerteten die Interessenvertreter die Katalysatorfunktion des LIFE-Programms sehr positiv. Durch das LIFE-Programm nahmen Bottom-up-Maßnahmen und das Lernen im Bereich Anpassung an den Klimawandel zu und die Einsetzung von politischen Maßnahmen der EU zur Umwelt und zum Klimawandel im Allgemeinen wurde optimiert.
Die Aktion der Strategie zum Versicherungs- und Finanzsektor war möglicherweise noch nicht ausreichend, um Hürden für die öffentlich-private Zusammenarbeit zu überwinden. Auch wenn sie zu einem besseren Verständnis der Funktionsweise von Versicherungsmärkten als wichtiges Anpassungswerkzeug in den Mitgliedstaaten, insbesondere der Rolle von Versicherungen im Klimarisikomanagement, beigetragen haben, konnten die EU-Maßnahmen noch keine eindeutigen Ergebnisse erzielen. In diesem Bereich besteht der EU-Mehrwert darin, die Zusammenarbeit zwischen Regierungen und Versicherungsunternehmen zu ermöglichen und für die Deckungslücke und die notwendige Einbeziehung von Versicherungen in das Management aller Klimarisiken durch die Regierungen zu sensibilisieren.
Zwar sieht Aktion 8 der Strategie die Förderung von Finanzprodukten für klimaresiliente Investitionen vor, doch sind die Auswirkungen des Aktionsplans der Kommission zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums
von 2018 aufgrund des Zeitplans nicht Teil dieser Bewertung. Allerdings ist es wahrscheinlich, dass der Aktionsplan sich als nützlich für die Sicherstellung der Stabilität des Finanzsystems der EU erweisen wird, indem Klimarisiken in die Risikomanagementprozesse von Unternehmen und Finanzinstituten aufgenommen werden. Durch den Aktionsplan sollen auch die Transparenz und Nachhaltigkeit von Investitionsentscheidungen betreffend die Notwendigkeit der Anpassung und Emissionsreduktionsmöglichkeiten gefördert werden.
4.Gewonnene Erkenntnisse
Die vorgenannten Ergebnisse und Beispiele zeigen, dass eine Anpassungsstrategie auf EU-Ebene weiterhin hochgradig relevant ist, einen Mehrwert für nationale, regionale und lokale Anpassungsbemühungen bringt und gleichzeitig kosteneffizient bleibt. Die Strategie, ein politisches Instrument mit wenigen administrativen Folgen für die meisten Interessenvertreter, war erfolgreich dabei, die Aufmerksamkeit von Entscheidungsträgern auf die Notwendigkeit der Vorbereitung auf Klimagefahren zu lenken. Die Strategie hat als Bezugspunkt fungiert, d. h. sie diente zur Ausrichtung und als Katalysator für Maßnahmen auf anderen Regierungsebenen. Sie hat zudem erfolgreich Bemühungen gebündelt, damit weiterhin sichergestellt wird, dass in der Politik und in Haushalten auf EU-Ebene Erwägungen zum Klimawandel berücksichtigt werden.
Während des Bewertungsprozesses hat die Kommission wertvolle Erkenntnisse über die ersten fünf Jahre der Umsetzung der Strategie gewonnen:
·Zwar können Wissenslücken möglicherweise niemals ganz geschlossen werden, jedoch wurde der Mehrwert der EU-Forschung und -Innovation seit 2013 von den Interessenvertretern stark geschätzt. Jetzt könnte der Zeitpunkt gekommen sein, um den Schwerpunkt der Strategie zu verlegen, und zwar vom Hervorbringen von Wissen hin zur Anwendung des Wissens für die Entscheidungsfindung unter unsicheren Umständen, insbesondere in Wirtschaftszweigen oder in Regionen, die potenziell besonders gefährdet sind, wie beispielsweise die Landwirtschaft in Regionen im Mittelmeerraum oder in europäischen Regionen in äußerster Randlage. Zu diesem Zweck könnte die Kommission einen Informationsaustausch über erfolgreiche Anpassungsmaßnahmen zwischen Interessenvertretern und der wissenschaftlichen Gemeinschaft vorsehen. In einem gewissen Umfang kann eine gemeinsam gestaltete Bottom-up-Anpassung trotz unvollständiger Belege entsprechend dem Vorsorgeprinzip
einen Anreiz für Maßnahmen und Lernen schaffen. Ein strukturierter Dialog zwischen Wissenschaft und Politik könnte regelmäßig geführt werden, beispielsweise im Rahmen der Europäischen Konferenz zur Anpassung an den Klimawandel (European Climate Change Adaptation, ECCA)
, die alle zwei Jahre stattfindet. Zusätzlich könnte ein Forum für die Analyse und Modellierung der Anpassung eingerichtet werden, um die Verwendung von Modellen zu Auswirkungen des Klimawandels und zur Anpassung in der Politikgestaltung zu verbessern. Durch das Forum könnten die kollektiven Fähigkeiten verschiedener Modelle genutzt, an den Stärken und Grenzen unterschiedlicher Anpassungsforschungsansätze gearbeitet und laufende Orientierung für weitere Bemühungen geliefert werden.
·Bei langfristigen Investitionen in die Infrastruktur ist Klimaresilienz gegenüber dem Klimawandel von wesentlicher Bedeutung: dafür sind unter anderem spezielle Anpassungsnormen
, Erdbeobachtungsdaten, andere Weltraumdaten und weltraumgestützte Dienste, Bürgerwissenschaft und Leitlinien, die sowohl Sachverständigen als auch Entscheidungsträgern zur Verfügung stehen, notwendig. Die Einbeziehung der Anpassung in die Infrastruktur kann weiter ausgebaut werden, z. B. indem Klimasicherung für alle von der EU geförderten Infrastrukturen
und insbesondere in Fällen, in denen die Infrastruktur von zentraler Bedeutung für Emissionsreduktionsbemühungen ist, vorgeschrieben wird.
·Die Aktionen der Strategie könnten besser aufeinander abgestimmt werden. Zwischen den Aktionen kam es spontan zu Verbindungen, diese hätten aber besser identifiziert und genutzt werden können. Climate-ADAPT könnte beispielsweise einen besseren Überblick über aktuelle von der EU finanzierte Forschungsprojekte oder operative Tätigkeiten wie die verschiedenen Copernicus-Dienste bieten. Zudem sollte es einen regelmäßigeren Methodik- und Ergebnisaustausch für Akteure und relevante nationale und EU-Plattformen geben, z. B. durch interaktivere Tools oder Webinare.
·Gleichermaßen sollte bei der Strategie die internationale Dimension der Anpassung stärker einbezogen werden, um sie mit der globalen gemeinsamen Politik und Maßnahmen für u. a. die nachhaltige Entwicklung, Biodiversität und Katastrophenvorsorge zu synchronisieren. Die Kommission strebt also die Bündelung ihrer Bemühungen zur durchgängigen Berücksichtigung und ihrer Prozesse zur Erreichung der SDG und Klimaverpflichtungen sowohl in der EU als auch durch Unterstützung von bzw. Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern an.
·Durch die Strategie wurden Anpassungspläne auf allen Ebenen gefördert, sie war aber weniger wirksam im Hinblick auf die Durchführung und Überwachung dieser Pläne in den Mitgliedstaaten. Ein gestraffter Prozess zur Verfolgung der Fortschritte bei nationalen Anpassungsmaßnahmen und zur Erleichterung von Peer-Learning könnte zur weiteren Beschleunigung der Anpassungsmaßnahmen beitragen. Das Thema Anpassung ist in der Verordnung über das Governance-System der Energieunion
enthalten, durch die eine systematischere regelmäßige Berichterstattung zu verschiedenen Anpassungszielen und -fortschritten durch die Mitgliedstaaten ermöglicht wird. Dies wird auch zur Durchführung des Übereinkommens von Paris beitragen. Dadurch sollte sich auch ein verstärkter EU-weiter Überwachungsrahmen für nationale bzw. regionale bzw. lokale Strategien ergeben, wodurch wiederum Bereiche für verstärkte Maßnahmen und Zusammenarbeit, gemeinsame Herausforderungen und geteilte Unsicherheiten wirksamer identifiziert werden könnten.
·Bei der Anzahl der lokalen Anpassungsstrategien wurden langsamer Fortschritte erzielt als 2013 vorgesehen und diese fallen in den Mitgliedstaaten unterschiedlich aus. Dies ist vermutlich auf die nationalen Kontexte zurückzuführen, d. h. darauf, ob verbindliche nationale Rechtsvorschriften bestehen, nach denen lokale Behörden lokale Anpassungspläne vorlegen müssen
. Um die Entwicklung und Durchführung von lokalen Anpassungsstrategien zu fördern, sollte die Kommission:
(1)die Mitgliedstaaten ermutigen, Rahmen zur aktiven und stetigen Ausweitung lokaler Maßnahmen in Betracht zu ziehen und
(2)die Sensibilisierungsmaßnahmen sowie technische und finanzielle Unterstützung für lokale Behörden ausbauen, z. B. über den Konvent der Bürgermeister oder andere Initiativen, insbesondere in Mitgliedstaaten, in denen lokale Anpassungsstrategien weniger verbreitet sind (d. h. Süd- und Osteuropa).
·Die fünf Jahre seit Annahme der Strategie sind ein zu kurzer Zeitrahmen für eine Analyse der Verteilungseffekte der Anpassung (oder der fehlenden Anpassung). Die prognostizierten Auswirkungen unterscheiden sich qualitativ und quantitativ zwischen den Regionen der EU. So werden möglicherweise die Solidaritätsinstrumente und der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt der EU auf den Prüfstand gestellt: es könnte sowohl in regionaler oder sozialer Hinsicht als auch in Bezug auf wirtschaftliche Akteure Gewinner und Verlierer geben. Für eine Messung der speziellen Auswirkungen auf Länder, Regionen, Bevölkerungsgruppen und Sektoren würden geeignete, auf EU-Ebene aggregierte Leistungsindikatoren benötigt. Nach Abschluss der unter dem mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2014-2020 finanzierten Projekte könnte eine Aggregierung der relevanten und innovativen Gesellschaftsindikatoren möglich sein, um die sozioökonomischen Auswirkungen des Klimawandels und der Anpassungspolitik besser abzubilden. Dies könnte möglicherweise zu besseren Ansätzen für die Kohäsionspolitik der Kommission für den Programmplanungszeitraum nach 2027 führen.
·In bestimmten Bereichen könnte die Strategie in der Zukunft mehr erreichen; zu diesen gehören:
oKatastrophenvorsorge, insbesondere bei der Einbeziehung von Anpassungsaspekten in Methoden und Indikatoren, das Wissen über die Risikobewertung und einen systematischeren Dialog zwischen Akteuren im Bereich Anpassung und Akteuren im Bereich Katastrophenvorsorge. Auch die Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger könnte in Betracht gezogen werden.
oBessere Einbeziehung der Anpassung in die Meeres- und Fischereipolitik der EU und in Küstengebieten im Allgemeinen. Selbst bei Stabilisierung der Emissionen und Temperaturen wird der Meeresspiegel weiter steigen. Jeder Dritte EU-Bürger wohnt weniger als 50 km von der Meeresküste entfernt. Ohne Anpassungsmaßnahmen werden Millionen Bürgerinnen und Bürger von Überschwemmungen in Küstengebieten betroffen sein. Politische Maßnahmen der EU mit Auswirkungen auf die Wechselwirkungen zwischen Land und Meer in Küstengebieten, wie beispielsweise die maritime Raumplanung und das integrierte Küstenzonenmanagement
, Horizont Europa und der Europäische Meeres- und Fischereifonds
sowie die Maßnahmen der Agenda der internationalen Meerespolitik
, sollten besser darauf vorbereitet sein, in Zukunft mit diesen Schwierigkeiten umzugehen.
oEntwicklung und Anwendung von Instrumenten und Tools für Anleger und Versicherungsunternehmen, die den Klimawandel möglicherweise nicht ausreichend in ihre Risikomanagementpraxis einbeziehen.
Es gibt ungenutztes Potenzial für die Verbesserung von Vorhersagen und Risikoanalysen durch Klimadienste und besseren Datenaustausch
in Fällen, in denen aufkommende Marktmöglichkeiten die Anpassung fördern könnten, insbesondere durch Nutzung der Klimainformationen von Copernicus
. In der Weltraumstrategie für Europa
werden Klimaprobleme als eines der wichtigsten aufkommenden Nutzerbedürfnisse identifiziert.
oVerwendung privater Investitionen für die Anpassung. Öffentliche Mittel werden nicht ausreichen, um eine klimaresiliente Wirtschaft zu gewährleisten. Um auch private Finanzierungen anzuziehen, soll mit dem Aktionsplan für die Finanzierung nachhaltigen Wachstums
durch eine Taxonomie ökologisch nachhaltiger Investitionen
für Klarheit darüber gesorgt werden, ob Investitionen zur Anpassung an den Klimawandel beitragen. Diese Maßnahme eröffnet gemeinsam mit der Investitionsförderung durch das Programm „InvestEU“ Wege, um den privaten Sektor in die Richtung klimaresilienter Unternehmen zu leiten und eine Reihe von gezielten Anpassungsprojekten zu schaffen. Idealerweise würde dies begleitet von der Entwicklung von Instrumenten wie technischen Normen über die Klimaresilienz und Kosten-Nutzen-Analysen, bei denen die wirtschaftlichen Vorteile der Anpassung hervorgehoben werden.
oÖkosystembasierte Anpassung (z. B. erhaltungsorientierte landwirtschaftliche Verfahren, grüne Infrastruktur, Naturschutz) bietet zahlreiche Vorteile, unter anderem für die Biodiversität, Ökosysteme, die Anpassung an den Klimawandel, den Klimaschutz, die Luft- und Bodenqualität und das gesellschaftliche Wohlergehen. Diese Multifunktionalität sollte in die Bewertung der Anpassungsoptionen besser einfließen. So könnten naturbasierte Anpassungslösungen kurzfristig besser mit anderen, konventionelleren oder „grauen“ Infrastrukturoptionen mithalten. Ökosystembasierte Anpassung könnte auch in der Kapitalaufstockung und in Investitionen durchgängig berücksichtigt werden. Erkenntnisse aus dem LIFE-Programm (einschließlich aus dessen Finanzierungsfazilität für Naturkapital), Horizont 2020 und anderen von der EU finanzierten Projekten sollten berücksichtigt werden, um den Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums umzusetzen und Investitionen in grüne Infrastruktur und naturbasierte Lösungen zu mobilisieren.
oFörderung der Annahme und Überwachung von lokalen Anpassungsstrategien und -maßnahmen. Die bessere Einbeziehung der Anpassung in nationale/regionale Rechtsrahmen (z. B. Stadt-, Raum- und Küstenplanung) ist von großer Bedeutung. Politische Verpflichtungen sollten auf allen Regierungsebenen gefördert werden, da sie zu besserer technischer Unterstützung von regionalen und lokalen Behörden und mehr Mitteln für die Anpassung führen. Auf Grundlage der in der Verordnung über das Governance-System der Energieunion vorgesehenen ständigen nationalen Klima- und Energiedialoge, die auf vielen Ebenen geführt werden, könnte der Konvent der Bürgermeister einen Beitrag zur Identifizierung und dem Austausch von bewährten nationalen Verfahren leisten, um die Städte miteinzubeziehen.
oBessere Vorbereitung von geografischen Gebieten mit besonderen Umweltherausforderungen, naturbedingten Benachteiligungen oder Gefährdungen mit hoher Exposition gegenüber dem Klimawandel, wie die Regionen in äußerster Randlage.
oFörderung der Bewertung und Abbildung der sozialen Gefährdung gegenüber mit dem Klima zusammenhängenden Ereignissen sowie Identifizierung und Einbeziehung von gefährdeten Gruppen bei der Gestaltung von gerechter Anpassungspolitik auf allen relevanten Regierungsebenen. Beispielsweise könnte die Kommission durch EU-Förderprogramme die Notwendigkeit der Bewertung, Planung und Durchführung von sozial gerechter Anpassung in Städten erhöhen, z. B. durch Unterstützung des Kapazitätsaufbaus in Gemeinden, damit diese Anpassungspolitik gestalten können, die sozial gerecht ist. Einige Beispiele aus Finnland, der Slowakei und Frankreich könnten hierfür einen Anfangspunkt bilden.
oStärkung der Verbindungen zwischen öffentlicher Gesundheit und Anpassung, insbesondere zur Verbesserung der sektorüberschreitenden Zusammenarbeit bei der Risikobewertung und Überwachung und zur Erhöhung der Sensibilisierung und der Kapazität im Gesundheitssektor, einschließlich auf lokaler Ebene, um aktuelle und entstehende Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit dem Klima anzugehen. Beispielsweise könnte die Kommission die Entwicklung und den Austausch von bewährten Verfahren und neuem Wissen zu Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit dem Klima durch Horizont 2020 und dessen Nachfolgeprogramm, das LIFE-Programm sowie möglicherweise durch die Komponente Gesundheit des vorgeschlagenen Europäischen Sozialfonds Plus
für 2021-2027 weiter unterstützen.
oFörderung von Verbindungen mit der Klimaschutzpolitik auf allen Regierungsebenen. Auf EU-Ebene wird die Kommission Anpassung in ihre bevorstehende Strategie für die langfristige emissionsarme Entwicklung aufnehmen. Anpassung bietet wirtschaftliche und soziale Stabilität, wohingegen eine fehlende (oder falsche) Anpassung Ungleichheiten vertiefen, den territorialen Zusammenhalt schwächen und Sicherheitsrisiken und Umsiedlungen erhöhen wird. Auf nationaler Ebene werden die Anpassungsziele Teil der nationalen Energie- und Klimapläne im Rahmen der Verordnung über das Governance-System der Energieunion bilden. Die Kommission erwartet, dass sich in diesen Plänen die Notwendigkeit der Klimasicherung von für die Emissionsreduktion zentralen Sektoren niederschlägt (z. B. Landnutzung, Landwirtschaft, Energie oder Verkehr).
Im Allgemeinen haben die acht Aktionen der Strategie trotz ihrer freiwilligen und indirekten Art (Leitlinien, Koordinierung, Forschung, Verbreitung, Einbeziehung in Politik und Sektoren) Impulse geliefert und die nationale, regionale, lokale und grenzüberschreitende Anpassung gefördert.
Die Strategie ist zu einem kooperativen Referenzrahmen geworden, mit dem Wissen aktualisiert und der Bedarf des Wandels unserer Gesellschaften angesichts real werdender Klimaauswirkungen angezeigt wird. Vergleichbare Fortschritte wären ohne die Strategie nicht möglich gewesen, insbesondere was die Entwicklung und den Austausch von Wissen und die Einbeziehung der Anpassung in die EU-Politik anbelangt. Das Klimaziel der Kommission für den Haushalt 2021-2027 baut auf den bereits 2013 in der Strategie verankerten Ideen auf.
So beabsichtigt die Kommission beispielsweise 25 % des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens (2021-2027)
auf Ziele in den Bereichen Klimaschutz und Anpassung zu verwenden. In dem Vorschlag ist vorgesehen, dass 35 % des EU-Forschungsrahmenprogramms für klimabezogene Themen angewendet werden.
Beim Europäischen Fonds für regionale Entwicklung werden 30 % und beim Kohäsionsfonds 37 % klimabezogene Ausgaben angestrebt. Für diese zwei Förderprogramme entspricht dies einer bedeutenden relativen Zunahme im Vergleich zum derzeitigen Zeitraum. Darüber hinaus ist in den Vorschlägen der Kommission
vorgesehen, dass
(1)ein breiteres Spektrum an EU-finanzierten Infrastrukturinvestitionen klimaresilient sind und
(2)die Unterstützung durch die Mittel von Kohäsionsfonds gegebenenfalls von mit nationalen Anpassungsstrategien kohärenten Katastrophenvorsorgeplänen und nationalen Energie- und Klimaplänen abhängig gemacht wird.
Dies wird durch legislative und nichtlegislative Maßnahmen im Rahmen der Initiative der Kommission für ein nachhaltiges Finanzwesen unterstützt, um privates Kapital in Klimaschutz und Anpassungstätigkeiten zu lenken und zusätzliche Wege für gemischte Finanzinstrumente zu ermöglichen.
Zusätzlich hat die Kommission Anpassung in ihrem Gesetzgebungsvorschlag für eine zukünftige gemeinsame Agrarpolitik
weiter konsolidiert, in dem die Anpassung an den Klimawandel jetzt eindeutig als eines der neun spezifischen Ziele mit zugehörigen spezifischen Wirkungs- und Ergebnisindikatoren zur Überwachung der Fortschritte identifiziert wird. Es wird erwartet, dass 40 % des zukünftigen GAP-Haushalts zu Klimaschutzmaßnahmen beitragen werden und dass in den GAP-Strategieplänen der Mitgliedstaaten eine Interventionsstrategie auf Grundlage der Bewertung der Bedürfnisse entwickelt wird, in der die relevante Politik und Planung zum Klimawandel betrachtet wird.
Zu diesem Zeitpunkt betrachtet die Kommission die aktuelle Strategie als zweckmäßig, erkennt aber gleichzeitig, dass sich die Bedürfnisse im Bereich der Anpassung seit 2013 verstärkt haben und vielfältiger geworden sind. Vor der Entscheidung über eine mögliche Änderung der Strategie müssen eine Reihe von Veranstaltungen und deren Ergebnisse bis 2020 berücksichtigt werden, z. B.:
·Die COP24 der UNFCCC
und der unterstützende (Talanoa-)Dialog im Jahr 2018. Anpassung ist ein wichtiger Aspekt im Arbeitsprogramm des Übereinkommens von Paris, über das derzeit verhandelt wird. Durch die COP24 und den Talanoa-Dialog werden globale und europäische Überlegungen über gemeinsame und individuelle Fortschritte zur Erreichung der langfristigen Ziele unter dem Übereinkommen von Paris gefördert. Diese könnten Auswirkungen auf die Diskussionen zum Thema Anpassung haben, insbesondere angesichts des Sonderberichts des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) über die Auswirkungen der globalen Erwärmung um 1,5 °C und des Sonderberichts des IPCC über den Klimawandel, Ozeane und die Kryosphäre.
·Die anfängliche Umsetzung der Verordnung über das Governance-System der Energieunion. Nationale Energie- und Klimapläne werden gegebenenfalls auch Anpassungsziele umfassen. Nach der Verordnung bewertet die Kommission die Entwürfe der Pläne und sie ist befugt, Empfehlungen zu diesen auszusprechen. Die Mitgliedstaaten müssen etwaigen Empfehlungen angemessen Rechnung tragen oder ihre Begründung für die fehlende Berücksichtigung öffentlich machen. Auch langfristige nationale Strategien werden die Anpassung abdecken und müssen mit den nationalen Energie- und Klimaplänen im Einklang stehen. Über die Fortschritte zur Anpassung wird durch die Mitgliedstaaten systematischer und regelmäßiger Bericht erstattet und dieser Prozess wird durch Durchführungsrechtsakte über die Struktur und das Format dieser Berichterstattung erleichtert.
·Die langfristige Strategie der EU zur Reduktion der Treibhausgasemissionen. Anpassung wird Teil der langfristigen Strategie sein, mit der die Notwendigkeit für EU-Unternehmen und -Regierungen hervorgehoben wird, Pläne für die langsam einsetzenden Auswirkungen wie die Erhöhung des Meeresspiegels und Wasserknappheit zu machen. Sie wird zudem die Kombination aus Klimaschutz und Anpassung in kohärente Klimaschutzmaßnahmen und -reaktionen umleiten.
In der Zwischenzeit werden die Bemühungen zur durchgängigen Berücksichtigung weiterhin in der Umwelt- und Meerespolitik der EU (z. B. thematische Strategie für den Bodenschutz, Biodiversitätsstrategie), in der bioökonomischen Strategie, den laufenden Bewertungen der Gemeinsamen Agrarpolitik, der Regional- und Kohäsionspolitik und im nächsten Haushalt für 2021-2027 gebündelt. Die Unterstützung für die Anpassung im Rahmen von LIFE, den Kohäsionsfonds und Horizont 2020 wird bis 2020 erhalten bleiben. Es wird erwartet, dass das modernisierte Katastrophenschutzverfahren, falls es angenommen wird, die Verbindungen zwischen Anpassung und Katastrophenvorsorge stärken wird. In den Städten wird der Konvent der Bürgermeister den Schutz der europäischen Bürgerinnen und Bürger vor den Auswirkungen des Klimawandels vorantreiben.