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Document 52018AE2770

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Straffung von Maßnahmen zur rascheren Verwirklichung des transeuropäischen Verkehrsnetzes“ (COM(2018) 277 final — 2018/0138 (COD))

    EESC 2018/02770

    ABl. C 62 vom 15.2.2019, p. 269–273 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    15.2.2019   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 62/269


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Straffung von Maßnahmen zur rascheren Verwirklichung des transeuropäischen Verkehrsnetzes“

    (COM(2018) 277 final — 2018/0138 (COD))

    (2019/C 62/42)

    Berichterstatter:

    Dumitru FORNEA

    Befassung

    Europäisches Parlament, 11.6.2018

    Rat, 15.6.2018

    Rechtsgrundlage

    Artikel 172 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

     

     

    Beschluss des Plenums

    22/05/2018

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

    Annahme in der Fachgruppe

    4.10.2018

    Verabschiedung auf der Plenartagung

    17.10.2018

    Plenartagung Nr.

    538

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    210/3/4

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss erachtet die in dem dritten Paket „Europa in Bewegung“ gebündelten Initiativen als notwendig, um auf EU-Ebene einen wirksamen Rechtsrahmen bereitzustellen und die politischen und finanziellen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zu bekräftigen, das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) fristgerecht zu vollenden: Das Kernnetz sollte bis 2030 fertiggestellt sein, das Gesamtnetz bis 2050.

    1.2.

    Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass im Rahmen des Verordnungsvorschlags durch die Ermittlung bewährter Verfahren aus der gesamten EU Vorteile erzielt und eine Reihe wichtiger Aspekte geregelt werden, um die fristgerechte Durchführung von Vorhaben zu fördern und durch die Vergabe öffentlicher Aufträge für Verkehrsinfrastruktur weiterhin Anreize für öffentliche und private Investoren zu geben.

    1.3.

    Der EWSA befürwortet den Ansatz der Europäischen Kommission als geeignet und relevant, um das wesentliche Ziel der vorgeschlagenen Verordnung, die Verringerung von Verzögerungen bei der Durchführung von TEN-V-Infrastrukturvorhaben, zu erreichen. Diese Verzögerungen können erheblich reduziert werden, wenn Vorhaben von gemeinsamem Interesse vorrangig behandelt werden, wenn eine einzige zuständige Behörde benannt und mit fachkundigem Personal und angemessenen Mitteln ausgestattet wird, die zwecks echter Verwaltungsvereinfachung konkurrierende Stellen und Einrichtungen in sich vereint, wenn Verfahren zusammengefasst und koordiniert und für Beschaffungen gemeinsamer Stellen die Rechtsvorschriften eines einzigen Landes angewendet werden.

    1.4.

    Der EWSA begrüßt den von der Europäischen Kommission vorgegebenen Referenzwert für die Dauer der Genehmigungsverfahren und hält eine Begrenzung des gesamten Genehmigungsprozesses auf maximal drei Jahre für sinnvoll. Er weist indes darauf hin, dass die Standpunkte der zuständigen nationalen Behörden berücksichtigt werden sollten, um sicherzustellen, dass die vorgeschlagenen Fristen angesichts der spezifischen einzelstaatlichen Gegebenheiten realistisch sind.

    1.5.

    Der EWSA geht davon aus, dass in einigen Mitgliedstaaten verschiedene rechtliche und administrative Neuregelungen erforderlich sein werden, um die in der vorgeschlagenen Verordnung festgelegten verpflichtenden Fristen einzuhalten. Dadurch können die zuständigen Rechts- und Verwaltungsorgane ihre Arbeitsverfahren beschleunigen und straffen, um Klagen auf nationaler oder EU-Ebene wegen Nichteinhaltung der Fristen zu vermeiden.

    1.6.

    Der EWSA begrüßt die unter Artikel 9 vorgeschlagene technische Hilfe, weist die Europäische Kommission allerdings darauf hin, dass genauere Informationen zu den Auswahlkriterien und den Verfahren zur Beantragung der vorgesehenen technischen Hilfe erteilt werden müssen.

    1.7.

    Der EWSA hält es für möglich, die Umsetzung von Infrastrukturvorhaben zu beschleunigen, wenn auf europäischer Ebene einheitliche Vertragsbedingungen und spezifische Modalitäten für die öffentliche Beschaffung festgelegt werden.

    1.8.

    Nach Meinung des EWSA können die nationalen Behörden potenzielle Konflikte bei der Umsetzung von TEN-V-Vorhaben dadurch entschärfen, dass sie die Interessenträger bereits in der Planungsphase der Verkehrsinfrastrukturen einbeziehen und die Öffentlichkeit, zivilgesellschaftlichen Organisationen und zuständigen lokalen Behörden wirksam und rechtzeitig konsultieren.

    1.9.

    Als wesentliche Voraussetzungen eines für die Umsetzung der europäischen Verkehrsinfrastrukturkonzepte günstigen politischen und gesellschaftlichen Klimas erachtet der EWSA die Durchführung von Sensibilisierungsmaßnahmen und die rechtzeitige Erkennung von Versuchen, die TEN-V-Vorhaben zu diskreditieren. Die europäischen Behörden können den durch falsche Informationen angerichteten Schaden begrenzen, indem sie den Kontakt zu den Massenmedien pflegen und die institutionellen Instrumente zur Bereitstellung präziser Informationen und zur Konsultation der Öffentlichkeit weiterentwickeln.

    1.10.

    Der EWSA macht auf eine Unstimmigkeit im Wortlaut des Vorschlags aufmerksam. Ein „grenzüberschreitendes Vorhaben von gemeinsamem Interesse“ bezeichnet Artikel 2 Buchstabe (e) zufolge ein von einer gemeinsamen Stelle durchgeführtes Vorhaben, während laut Artikel 7 Absatz 2 und Artikel 8 Absatz 1 offenbar auch Vorhaben erfasst werden, für die keine gemeinsame Stelle eingerichtet worden ist.

    1.11.

    Die Verfahren der grenzüberschreitenden Koordinierung für das TEN-V-Netz können nach Ansicht des EWSA verbessert werden, wenn die Befugnisse der Europäischen Koordinatoren und die ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente gestärkt werden. Zur bestmöglichen Nutzung der Erfahrungen und der Kompetenz der Europäischen Koordinatoren könnte sich eine Überarbeitung der Rechtsvorschriften, in denen ihr Mandat festgelegt ist, als notwendig erweisen, um ihren Aufgabenbereich zu erweitern und die europäische Führungsrolle bei der Umsetzung der von den Mitgliedstaaten in Angriff genommenen grenzübergreifenden Verkehrsinfrastrukturvorhaben zu festigen.

    1.12.

    Der EWSA stellt fest, dass nicht klar ist, welche Sanktionen bei Nichteinhaltung der in der vorgeschlagenen Verordnung festgelegten Rechtsvorschriften greifen. In Anbetracht des Hauptziels des Vorschlags, Verzögerungen zu verringern, muss diese Frage geklärt werden, um den rechtsverbindlichen Charakter der Verordnung zu untermauern und einen transparenten und berechenbaren Rechtsrahmen für die europäischen Bürger, die Zivilgesellschaft, Behörden und nationalen wie auch europäischen Gerichte zu gewährleisten.

    2.   Allgemeine Bemerkungen

    2.1.

    Der in dieser Stellungnahme erörterte Verordnungsvorschlag wurde von der Europäischen Kommission im Mai 2018 vorgelegt, um die in dem dritten Paket „Europa in Bewegung“ gebündelten Initiativen durch geeignete rechtliche und administrative Maßnahmen zu ergänzen, die eine beschleunigte Umsetzung von Investitionsprogrammen und damit die fristgerechte Vollendung des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) ermöglichen: Das Kernnetz sollte bis 2030 fertiggestellt sein, das Gesamtnetz bis 2050.

    2.2.

    Die Europäische Kommission veranschlagt den Investitionsbedarf zur Vollendung des TEN-V-Kernnetzes im Zeitraum von 2021 bis 2030 auf etwa 500 Mrd. EUR und zur Fertigstellung des TEN-V-Gesamtnetzes auf etwa 1,5 Billionen EUR. Aufgrund der Hebelwirkung der Investitionen in die europäische Verkehrsinfrastruktur werden 13 Mio. Arbeitsplätze jährlich bis 2030 entstehen und zusätzliche Einnahmen von bis zu 4,5 Billionen EUR (1,8 % des EU-BIP) generiert.

    2.3.

    Im Juni 2018 kündigte die Europäische Kommission ihre Absicht an, der Fazilität „Connecting Europe“ im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 30,6 Mrd. EUR zuzuweisen, was einer nominellen Aufstockung um 47 % gegenüber dem Zeitraum 2014-2020 entspricht. Das starke Engagement der EU für die Vollendung des TEN-V-Netzes und ihr hoher finanzieller Beitrag werden jedoch nicht ausreichen, wenn die Mitgliedstaaten sich nicht auch konkret einbringen und alternative Konzepte zur Kofinanzierung oder Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturprojekten vorlegen.

    2.4.

    Zur Durchführung der TEN-V-Investitionsprogramme müssen Investoren ermittelt, die notwendigen Mittel bereitgestellt und die notwendigen rechtlichen und administrativen Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Investitionen rechtzeitig und unter Einhaltung der festgelegten Standards getätigt werden können. Aus den öffentlichen Konsultationen geht hervor, dass alle Interessenträger (öffentliche und private Investoren, Unternehmen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Bürger) wünschen, dass die Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit der Umsetzung von Infrastrukturprojekten effizient und berechenbar sind, im Einklang mit den Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung sowie dem Fortschritt in der Digitaltechnologie stehen und auf die in der EU in europäischen und nationalen Strategien festgelegten Mobilitätsziele ausgerichtet sind.

    2.5.

    In Artikel 6 des Verordnungsvorschlags werden die Phasen und Fristen für die Durchführung des Genehmigungsverfahrens festgelegt: ein höchstens zwei Jahre andauernder Vorantragsabschnitt und eine maximal ein Jahr andauernde Phase der Bewertung des Antrags und der Entscheidungsfindung durch die einzige zuständige Behörde. Durch die in dem Vorschlag vorgesehenen Fristen werden u. a. die Rechtsbehelfsverfahren vor Verwaltungsbehörden und die für ein Verfahren vor einem Gericht vorgesehenen Rechtsbehelfe nicht unmittelbar berührt.

    2.6.

    Im Rahmen des Vorantragsabschnitts sind der einzigen zuständigen Behörde Fristen gesetzt, innerhalb derer sie wesentliche Phasen dieses Abschnitts abschließen muss, das heißt:

    spätestens zwei Monate nach Erhalt der Mitteilung eines Vorhabenträgers muss die einzige Genehmigungsbehörde entweder die Einleitung des Genehmigungsverfahrens schriftlich bestätigen oder, wenn sie das Vorhaben als nicht ausreichend ausgereift erachtet, die Mitteilung schriftlich ablehnen;

    innerhalb von drei Monaten nach Beginn des Genehmigungsverfahrens muss die einzige zuständige Behörde in enger Zusammenarbeit mit dem Vorhabenträger und anderen betroffenen Behörden eine ausführliche Antragsübersicht erstellen und übermitteln. Erst dann kann die erforderliche Erlaubnis zur Inangriffnahme eines Vorhabens erteilt werden;

    spätestens zwei Monate nach Vorlage der vollständigen Antragsunterlagen muss die zuständige Behörde dem Vorhabenträger schriftlich bestätigen, dass die Antragsunterlagen vollständig sind.

    2.7.

    In Anbetracht all dessen verfolgt die Europäische Kommission mit dieser legislativen Initiative vier wesentliche Ziele:

    I.

    Verringerung von Verzögerungen bei der Durchführung von Infrastrukturvorhaben zur Vollendung des TEN-V-Netzes;

    II.

    größere Klarheit bei den Verfahren, die von Vorhabenträgern oder an der Durchführung Beteiligten zu befolgen sind, insbesondere der Genehmigungsverfahren, der Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge, der Antragsverfahren für staatliche Beihilfen sowie anderer behördlicher Verfahren;

    III.

    die systematische Anwendung eines einzigen Regelwerks bei grenzüberschreitenden Vorhaben, die von einer gemeinsamen Stelle durchgeführt werden, sofern die beteiligten Mitgliedstaaten nichts anderes beschließen;

    IV.

    größere Klarheit bei den Bürgern und der Zivilgesellschaft durch Stärkung des Transparenzrahmens und ihrer Einbeziehung in die Planung und Durchführung von TEN-V-Vorhaben.

    3.   Besondere Bemerkungen

    3.1.

    Nach Meinung des EWSA kann das TEN-V-Netz ohne ein entschiedenes politisches Engagement der Mitgliedstaaten sowie Führungsstärke und eine enge Zusammenarbeit auf europäischer Ebene nicht vollendet werden. In dem Verordnungsvorschlag wird Nutzen aus bewährten Verfahren aus der gesamten EU geschöpft. So wird eine Reihe wichtiger Aspekte reguliert, um die fristgerechte Durchführung von Vorhaben zu fördern und durch die Vergabe öffentlicher Aufträge für Verkehrsinfrastruktur weiterhin Anreize für öffentliche und private Investoren zu geben.

    3.2.

    In Anbetracht der wesentlichen Aspekte, die durch die vorgeschlagene Verordnung geregelt werden sollen, befürwortet der EWSA den Ansatz der Kommission als geeignet und relevant. Dabei geht es um folgende Aspekte: die Anerkennung des Vorrangstatus von Vorhaben von gemeinsamem Interesse, die Zusammenfassung der Genehmigungsverfahren, die Benennung einer einzigen zuständigen Behörde für die Erteilung von Genehmigungen, die Aufstellung eines Zeitplans für die Gewährung und Umsetzung von Genehmigungen, die Koordinierung grenzüberschreitender Genehmigungsverfahren, die Vereinfachung der öffentlichen Beschaffung bei grenzüberschreitenden Vorhaben von gemeinsamem Interesse, technische Hilfe der EU bei der Anwendung der Verordnung und bei der Durchführung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse.

    3.3.

    Die von der Europäischen Kommission getroffene Wahl der Option Verbindliche Maßnahmen von begrenztem Umfang, die zu dezentralisieren und auf nationaler Ebene umzusetzen sind , ist in Anbetracht der gegenwärtigen politischen Entwicklungen in einigen Mitgliedstaaten nachvollziehbar und lässt interessante Rückschlüsse auf die Haltung der einzelstaatlichen Regierungen zu EU-Legislativinitiativen zu, mit denen eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene in Bereichen vorgeschlagen wird, in denen Subsidiaritätsanforderungen zu berücksichtigen sind.

    3.4.

    Die in dem Vorschlag gesetzten Fristen für Genehmigungsverfahren sind zu begrüßen, werden jedoch in Anbetracht der Beschränkungen hinsichtlich der Konformität mit einzelstaatlichen Rechtsvorschriften für Investitionen und öffentliche Aufträge als vergleichsweise optimistisch erachtet.

    3.5.

    Der EWSA begrüßt den von der Europäischen Kommission vorgegebenen Referenzwert für die Dauer der Genehmigungsverfahren, weist indes darauf hin, dass die zuständigen nationalen Behörden konsultiert werden sollten, um sicherzustellen, dass die vorgeschlagenen Fristen angesichts der spezifischen einzelstaatlichen Gegebenheiten realistisch sind. Ausgehend von den bisherigen Erfahrungen ist es denkbar, dass der erforderliche Zeitaufwand für jeden Verfahrensabschnitt — die Genehmigung der technischen Unterlagen, die technischen und wirtschaftlichen Indikatoren und die öffentlichen Auftragsvergabeverfahren sowie der Abschluss und die Durchführung der einschlägigen Verträge innerhalb der Fristen und im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften usw. — die in dieser Verordnung vorgeschlagenen Fristen möglicherweise in erheblichem Maße sprengt.

    3.6.

    Einige der bisherigen, bei der Umsetzung von TEN-V-Vorhaben festgestellten Verzögerungen sind auf ein unpassendes, teils übermäßig politisiertes nationales institutionelles Gefüge zurückzuführen, in dem die staatlichen Stellen nicht in der Lage sind, Reformen durchzuführen und moderne Arbeitsmethoden anzuwenden, und sich auf überholte Verwaltungsverfahren stützen, die andernorts längst weitgehend durch elektronische Anwendungen abgelöst worden sind.

    3.7.

    In Anbetracht dieser Sachlage wird die Verordnung sich unmittelbar auf die Verwaltungsstrukturen derjenigen Mitgliedstaaten auswirken, die hinter den europäischen Standards zurückbleiben. Eine Reform dieser Institutionen sollte in Betracht gezogen werden. Diesbezüglich ist die gemäß Artikel 9 vorgesehene technische Hilfe für diejenigen Mitgliedstaaten vorteilhaft, die sie im Hinblick auf die Umsetzung von Vorhaben im Zusammenhang mit der Vollendung des TEN-V-Netzes beantragen. Allerdings sind genauere Informationen zu den Auswahlkriterien und den Verfahren zur Beantragung der in dem Vorschlag vorgesehenen technischen Hilfe erforderlich.

    3.8.

    Viele Verzögerungen beruhen auf Rechtsstreitigkeiten infolge von Unstimmigkeiten zwischen Interessenträgern oder von der Durchführung der Vorhaben Betroffenen. Rechtsprechung hat u. a. zum Ziel, einen Ausgleich zwischen den Rechten der Einzelnen und dem nationalen Gesetz zu finden. Die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Bereich Justiz und der komplizierte nationale und europäische Rechtsrahmen für die Erteilung von Genehmigungen für Infrastrukturprojekte führen zu einem Flickwerk unausweichlicher rechtlicher Auflagen, das die ehrgeizigen Ziele der Europäischen Kommission beträchtlich untergraben könnte.

    3.9.

    Langwierige verwaltungsrechtliche Beschwerdeverfahren und Gerichtsverfahren, Aufschübe, technische Probleme bei der Fertigstellung von Infrastrukturen, fehlende grundlegende Verwaltungsunterlagen für den Nachweis der Rechtmäßigkeit von Verfahren und fehlende Mittel wirken sich allesamt negativ auf die Dauer des Genehmigungserteilungsverfahrens aus. Die europäischen Gesetzgeber müssen deshalb diese Aspekte berücksichtigen, wenn sie ihren endgültigen Beschluss über die in der Verordnung auf EU-Ebene geregelten Fristen für Genehmigungsverfahren fassen.

    3.10.

    Auch könnten einschlägige fachspezifische Weiterbildungsmaßnahmen für Richter, Justizbedienstete und Rechtsanwälte im Bereich Infrastrukturvorhaben von öffentlichem Interesse dazu beitragen, dass die Gerichtsverfahren verkürzt, die Qualität der Rechtsprechung verbessert und gleichzeitig alle rechtlichen Anforderungen eingehalten werden.

    3.11.

    Die Vergabeverfahren für Verkehrsinfrastrukturarbeiten sind außerordentlich zeitaufwendig und tragen in hohem Maße zu den Verzögerungen bei den TEN-V-Projekten bei. Der EWSA hält es für möglich, die Umsetzung von Infrastrukturvorhaben zu beschleunigen, wenn auf europäischer Ebene einheitliche Vertragsbedingungen und spezifische Modalitäten für die öffentliche Beschaffung festgelegt werden.

    3.12.

    Nach Meinung des EWSA können die nationalen Behörden potenzielle Konflikte bei der Umsetzung von TEN-V-Vorhaben dadurch entschärfen, dass sie die Interessenträger bereits in der Planungsphase der Verkehrsinfrastrukturen einbeziehen und die Öffentlichkeit, zivilgesellschaftlichen Organisationen und zuständigen lokalen Behörden wirksam und rechtzeitig konsultieren. Der soziale und zivilgesellschaftliche Dialog auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene kann die öffentliche Akzeptanz von Verkehrsinfrastrukturvorhaben wesentlich fördern und durch die Einführung und Umsetzung integrierter Genehmigungsverfahren zur Verbesserung der behördlichen Arbeitsverfahren beitragen.

    3.12.1.

    Der EWSA macht auf eine Unstimmigkeit im Wortlaut des Vorschlags aufmerksam. Ein „grenzüberschreitendes Vorhaben von gemeinsamem Interesse“ bezeichnet Artikel 2 Buchstabe (e) zufolge ein von einer gemeinsamen Stelle durchgeführtes Vorhaben, während laut Artikel 7 Absatz 2 und Artikel 8 Absatz 1 offenbar auch Vorhaben erfasst werden, für die keine gemeinsame Stelle eingerichtet worden ist.

    3.13.

    In einigen Mitgliedstaaten sind TEN-V- und TEN-E-Infrastrukturprojekte Gegenstand von Falschinformationen und Diskreditierungskampagnen, da sie bisweilen im Widerspruch zu den geopolitischen Interessen von Staaten oder Interessengruppen stehen, die aus dem Fortschritt bzw. dem Mangel an Fortschritt von EU-geförderten Infrastrukturprojekten politisches Kapital schlagen wollen. Wesentliche Voraussetzungen eines für die Umsetzung der europäischen Verkehrsinfrastrukturkonzepte günstigen politischen und gesellschaftlichen Klimas sind Sensibilisierungsmaßnahmen und die rechtzeitige Erkennung derartiger Bedrohungen. Die europäischen Behörden können den durch falsche Informationen angerichteten Schaden begrenzen, indem sie den Kontakt zu den Massenmedien pflegen und die institutionellen Instrumente zur Bereitstellung präziser Informationen und zur Konsultation der Öffentlichkeit weiterentwickeln.

    3.14.

    Die Verfahren der grenzüberschreitenden Koordinierung für das TEN-V-Netz können nach Ansicht des EWSA verbessert werden, wenn die Befugnisse der Europäischen Koordinatoren und die ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente gestärkt werden. In dem Verordnungsvorschlag wird dieser Aspekt berücksichtigt und die maßgebende Rolle der TEN-V-Koordinatoren beschrieben, die mit der genauen Überwachung des Genehmigungsverfahrens für europäische Projekte von gemeinsamem Interesse und der regelmäßigen Berichterstattung über die erzielten Fortschritte beauftragt sind. Zur bestmöglichen Nutzung der Erfahrungen und der Kompetenz der Europäischen Koordinatoren könnte sich eine Überarbeitung der Rechtsvorschriften, in denen ihr Mandat festgelegt ist, als notwendig erweisen, um ihren Aufgabenbereich zu erweitern und die europäische Führungsrolle bei der Umsetzung der von den Mitgliedstaaten in Angriff genommenen grenzübergreifenden Verkehrsinfrastrukturvorhaben zu festigen.

    3.15.

    Der EWSA stellt fest, dass bei Nichteinhaltung der in der vorgeschlagenen Verordnung festgelegten Rechtsvorschriften keine Sanktionen vorgesehen sind. Eine Klärung dieser Frage würde den rechtsverbindlichen Charakter der Verordnung untermauern, und die europäischen Bürger, die Zivilgesellschaft, Behörden und nationalen wie auch europäischen Gerichte hätten somit einen transparenten und berechenbaren Rechtsrahmen.

    Brüssel, den 17. Oktober 2018

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Luca JAHIER


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