EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 13.7.2016
COM(2016) 467 final
2016/0224(COD)
Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU
BEGRÜNDUNG
1.KONTEXT DES VORSCHLAGS
•Kontext und Gründe für den Vorschlag
Die Europäische Union arbeitet auf eine integrierte, nachhaltige und ganzheitliche EUMigrationspolitik hin, die auf Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten basiert und sowohl in ruhigen Zeiten als auch in Krisen wirksam funktionieren kann. Seit der Annahme der Europäischen Migrationsagenda war die Europäische Kommission bestrebt, Maßnahmen durchzuführen, um die unmittelbaren und die langfristigen Herausforderungen im Zusammenhang mit einer wirksamen und umfassenden Steuerung der Migrationsströme zu bewältigen.
Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf Vorschriften zur Bestimmung des für Anträge auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats (einschließlich einer Datenbank zum Abgleich der Fingerabdruckdaten von Asylbewerbern) und auf gemeinsame Normen für die Asylverfahren, die Aufnahmebedingungen sowie die Anerkennung und den Schutz von Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz. Bei der Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems werden die Mitgliedstaaten zudem vom Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen unterstützt.
Trotz der erheblichen Fortschritte bei der Schaffung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems bestehen nach wie vor beachtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Art der Verfahren, die den Antragstellern im Rahmen der Aufnahme gewährten Vorteile, die Anerkennungsquoten und die Art des Schutzes für Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz. Diese Unterschiede tragen zu Sekundärmigration und Asyl-Shopping bei, schaffen Pull-Faktoren und führen letztlich zu einer unausgewogenen Verteilung der Verantwortung der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Schutzgewährung für Menschen in Not.
Die hohen Zahlen der in jüngster Zeit in Europa angekommenen Asylsuchenden haben deutlich gemacht, dass die EU ein wirksames und effizientes Asylsystem braucht, um eine gerechte und nachhaltige Verteilung der Verantwortung zwischen den Mitgliedstaaten sicherzustellen, hinreichende und menschenwürdige Aufnahmebedingungen in der gesamten EU zu schaffen, in der EU eingereichte Asylanträge rasch und effizient zu bearbeiten und die Qualität der getroffenen Entscheidungen zu gewährleisten, damit Personen, die internationalen Schutz benötigen, diesen auch tatsächlich erhalten. Gleichzeitig muss die EU gegen irreguläre und gefährliche Migrationsströme vorgehen und Schleusern das Handwerk legen. Daher müssen einerseits Asylanträge von Personen, die keinen Anspruch auf internationalen Schutz haben, zügig bearbeitet und die betreffenden Migranten anschließend rasch rückgeführt werden. Andererseits müssen schutzbedürftigen Personen aus Drittstaaten sichere und legale Wege in die EU ermöglicht werden. Dieser Aspekt ist auch Bestandteil einer umfassenderen Partnerschaft mit vorrangigen Herkunfts- und Transitländern.
Am 6. April 2016 legte die Kommission in ihrer Mitteilung „Reformierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und Erleichterung legaler Wege nach Europa“ ihre Prioritäten für eine Strukturreform des europäischen Asyl- und Migrationsrahmens dar und erläuterte den Weg zu einer humaneren, gerechteren und wirksameren europäischen Asylpolitik sowie zu einer besser gesteuerten legalen Migration.
Am 4. Mai 2016 unterbreitete die Kommission eine erste Reihe von Vorschlägen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, mit denen die in ihrer Mitteilung genannten drei Prioritäten umgesetzt werden sollen: Einführung eines tragfähigen, fairen Dublin-Systems zur Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaats, Stärkung des Eurodac-Systems zur Verbesserung der Überwachung der Sekundärmigration und zur Erleichterung der Bekämpfung irregulärer Migration und Errichtung einer echten Asylagentur der Europäischen Union zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des europäischen Asylsystems. Diese Vorschläge waren die ersten Bausteine für die Erneuerung der Struktur des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems.
Mit dem zweiten Paket vollendet die Kommission die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems durch Annahme von vier weiteren Vorschlägen: eines Vorschlags zur Ersetzung der Asylverfahrensrichtlinie durch eine Verordnung, mit der die derzeitigen in allen Mitgliedstaaten unterschiedlichen Verfahrensvorschriften harmonisiert werden und ein echtes gemeinsames Verfahren eingeführt wird, eines Vorschlags zur Ersetzung der Anerkennungsrichtlinie durch eine Verordnung, mit der einheitliche Normen für die Anerkennung von Schutzbedürftigen und die Rechte für Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz festgelegt werden, sowie eines Vorschlags zur Überarbeitung der Richtlinie über die Aufnahmebedingungen, um die Aufnahmebedingungen in der EU weiter zu harmonisieren, die Integrationsaussichten der Antragsteller zu verbessern und die Sekundärmigration einzudämmen. Des Weiteren schlägt die Kommission im Nachgang zu ihrer Zusage vom 6. April 2016, die legalen Wege in die EU zu erleichtern, einen strukturierten Neuansiedlungsrahmen der Union vor, der eine bessere Koordinierung des internationalen Schutzes in der EU vorsieht, für Personen, die internationalen Schutz benötigen, geordnete und sichere Wege in die EU gewährleistet und darauf abzielt, die Anreize für irreguläre Zuwanderung schrittweise zu reduzieren.
Diese eng miteinander verflochtenen Vorschläge sind ein unentbehrlicher Bestandteil der umfassenden Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Mit diesem zweiten Paket von Legislativvorschlägen zur Reformierung des Asylrechts liegen nun alle Elemente eines soliden, kohärenten und integrierten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems auf der Grundlage von wirksamen – und zugleich den notwendigen Schutz gewährleistenden – gemeinsamen, harmonisierten Vorschriften im Einklang mit der Genfer Konvention auf dem Tisch.
Das weiterentwickelte Gemeinsame Europäische Asylsystem soll effektiv sein, den erforderlichen Schutz bieten, für eine vollständige Angleichung der nationalen Asylsysteme sorgen, die Anreize zur Sekundärmigration reduzieren, das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten stärken und insgesamt zu einem gut funktionierenden Dublin-System führen.
Es gewährleistet, dass Asylsuchende überall in der EU gleich und in angemessener Weise behandelt werden. Es umfasst die Instrumente, die benötigt werden, um rasch zu ermitteln, wer tatsächlich internationalen Schutz benötigt, und die nicht schutzbedürftigen Personen rückzuführen. Unter stetiger Wahrung der Grundrechte soll gegenüber Schutzbedürftigen Großzügigkeit praktiziert, aber gegen potenziellen Missbrauch rigoros vorgegangen werden. Das gemeinsame System ist zudem kosteneffizient und flexibel genug, damit die Mitgliedstaaten auf die komplexen Herausforderungen, mit denen sie in diesem Bereich konfrontiert sind, reagieren können.
•Ziele des Vorschlags
Dieser Vorschlag zielt darauf ab, ein wirklich gemeinsames Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes zu schaffen, das effizient, fair und ausgewogen ist. Anhand der gewählten Form einer unmittelbar in allen Mitgliedstaaten geltenden Verordnung, in der Ermessenskriterien gestrichen und Verfahrensvorschriften vereinfacht, gestrafft und konsolidiert werden, soll in allen Mitgliedstaaten ein höheres Maß an Harmonisierung und Einheitlichkeit beim Ausgang von Asylverfahren erreicht werden, sodass Anreize für Asyl-Shopping und Sekundärmigration zwischen den Mitgliedstaaten entfallen sollten.
Der Vorschlag dient dem Ziel, rasche und dennoch gründliche Entscheidungen auf allen Verfahrensstufen zu gewährleisten. Der Vorschlag verpflichtet die Mitgliedstaaten, ab der Stufe des Verwaltungsverfahrens in ihre Asylsysteme zu investieren und den zuständigen Behörden die nötigen Mittel für rasche und fundierte Entscheidungen bereitzustellen, damit schutzbedürftige Personen rasch als solche anerkannt werden und Personen, die keinen Schutz benötigen, schnell rückgeführt werden. Ein rascher und wirksamer Entscheidungsprozess liegt sowohl im Interesse der Antragsteller, die Klarheit über ihren rechtlichen Status erlangen, als auch der Mitgliedstaaten, für die sich Einsparungen bei der Aufnahme und den Verwaltungskosten ergeben.
Ein faires und effizientes gemeinsames Verfahren in der gesamten Union umfasst:
–einfachere, klarere und kürzere Verfahren anstelle der derzeit uneinheitlichen Verfahrensvorschriften in den Mitgliedstaaten. Der Vorschlag enthält kurze aber angemessene Fristen für den Zugang von Antragstellern zu dem Verfahren und für den Abschluss der Prüfung von Anträgen im Verwaltungs- und im Rechtsbehelfsverfahren. Für die Erstentscheidung wird die 6-Monats-Frist beibehalten, während für offensichtlich unbegründete und unzulässige Anträge erheblich kürzere Fristen vorgesehen sind. Den Mitgliedstaaten wird es auch möglich sein, Anträge vorrangig zu behandeln und rasch zu prüfen. Für die Registrierung, Einreichung und Prüfung der Anträge werden Fristen festgelegt, die jedoch ausnahmsweise verlängert werden können, wenn in den Mitgliedstaaten eine unverhältnismäßig große Zahl von Anträgen gleichzeitig eingeht. Vorsorglich dafür sollten die Mitgliedstaaten ihren Bedarf regelmäßig prüfen und Prognosen erstellen, um sicherzugehen, dass sie über angemessene Ressourcen für eine effiziente Verwaltung ihrer Asylsysteme verfügen. Falls nötig, können die Mitgliedstaaten auch Unterstützung durch die Asylagentur der Europäischen Union erhalten. Darüber hinaus wird die Anwendung des Zulässigkeitsverfahren und des beschleunigten Prüfungsverfahrens nunmehr verpflichtend vorgeschrieben; die Bestimmungen über Folgeanträge werden präzisiert und Ausnahmen vom Recht auf Verbleib am Ende bzw. während des Verwaltungsverfahrens werden ermöglicht.
–Verfahrensgarantien zum Schutz der Rechte der Antragsteller, um zu gewährleisten, dass Asylanträge im Rahmen eines strafferen und kürzeren Verfahrens angemessen geprüft werden. Zu diesem Zweck werden alle Antragsteller zu Beginn des Verfahrens über ihre Rechte und Pflichten sowie die Konsequenzen einer Nichteinhaltung ihrer Pflichten aufgeklärt. Die Antragsteller müssen effektiv Gelegenheit erhalten, mit den zuständigen Behörden zusammenzuarbeiten und mit diesen zu kommunizieren, damit sie alle verfügbaren Informationen zur Begründung ihres Antrags vorlegen können. Der Vorschlag sieht für Antragsteller angemessene Verfahrensgarantien vor, damit sie ihre Verfahren über sämtliche Instanzen betreiben können; diese Garantien umfassen insbesondere einen Anspruch auf eine persönliche Anhörung, eine Verdolmetschung sowie eine unentgeltliche Rechtsberatung und vertretung. Zudem steht ihnen während der Dauer des Verfahrens in der Regel das Recht auf Verbleib zu. Die Antragsteller haben außerdem das Recht auf eine in geeigneter Weise mitgeteilte sowie sachlich und rechtlich begründete Entscheidung und im Fall einer ablehnenden Entscheidung das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht. Für Personen mit besonderen Verfahrensbedürfnissen, wie beispielsweise unbegleitete Minderjährige, sind verstärkte Schutzmaßnahmen vorgesehen, etwa genauere Vorschriften darüber, wie die besonderen Verfahrensbedürfnisse der Antragsteller zu bewerten, zu dokumentieren und zu decken sind.
–Strengere Vorschriften um einen Missbrauch des Systems zu verhindern, offensichtlich missbräuchliche Anträge zu sanktionieren und Anreize zur Sekundärmigration zu beseitigen, indem die Antragsteller während der Dauer des Verfahrens zur Zusammenarbeit mit den Behörden verpflichtet und deutliche Konsequenzen bei Verletzung ihrer Pflichten festgelegt werden. In diesem Zusammenhang wird die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz an die Bedingungen geknüpft, dass ein Antrag eingereicht wird, Fingerabdrücke abgenommen werden, die erforderlichen Angaben für die Prüfung des Antrags bereitgestellt werden und die Antragsteller sich im zuständigen Mitgliedstaat aufhalten und dort verbleiben. Wird eine der Bedingungen nicht erfüllt, kann der Antrag im Einklang mit dem Verfahren der stillschweigenden Rücknahme als nicht weiter betrieben abgelehnt werden.
Die bereits vorhandenen optionalen Verfahrensinstrumente zur Sanktionierung von missbräuchlichem Verhalten der Antragsteller, Sekundärmigration und offensichtlich unbegründeten Anträgen werden verbindlich vorgeschrieben und weiter verschärft. Der Vorschlag enthält insbesondere klare, ausführliche und verbindliche Listen von Gründen für eine beschleunigte Prüfung oder eine Ablehnung von Anträgen als offensichtlich unbegründet oder nicht weiter betrieben. Zudem wurde die Reaktionsfähigkeit im Hinblick auf Folgeanträge, die das Asylverfahren missbrauchen, gestärkt, indem insbesondere ermöglicht wird, die betreffenden Antragsteller vor und nach einer Verwaltungsentscheidung über ihre Anträge aus den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten abzuschieben. Dabei ist für alle Garantien gesorgt, um die Rechte von Antragstellern jederzeit zu gewährleisten, etwa durch den Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf.
–Harmonisierte Vorschriften über sichere Staaten sind ein wesentlicher Aspekt eines wirksamen gemeinsamen Verfahrens, und der Vorschlag sorgt für eine Harmonisierung der verfahrensrechtlichen Folgen, wenn Konzepte des sicheren Staats angewandt werden. Benötigt ein Antragsteller offenkundig keinen internationalen Schutz, da er aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt, ist der Antrag rasch abzulehnen und eine schelle Rückführung zu veranlassen. Wenn einem Antragsteller bereits in einem ersten Asylstaat Schutz gewährt wird oder sein Antrag von einem sicheren Drittstaat geprüft werden kann, muss der Antrag für unzulässig erklärt werden. Die Kommission schlägt eine schrittweise vollständige Harmonisierung in diesem Bereich vor und regt an, die nationalen Listen sicherer Staaten innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung durch europäische Listen oder Benennungen auf Unionsebene zu ersetzen.
•Kohärenz mit bestehenden Vorschriften in diesem Bereich
Der vorliegende Vorschlag steht in vollem Einklang mit den am 4. Mai 2016 vorgelegten ersten Vorschlägen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, die die Dublin-Verordnung, das Eurodac-System und die Asylagentur der Europäischen Union betreffen, sowie mit den Vorschlägen für eine reformierte Anerkennungsverordnung, eine Neufassung der Richtlinie über Aufnahmebedingungen und einen strukturierten Neuansiedlungsrahmen der Union.
Was den Vorschlag für eine Neufassung der Dublin-Verordnung angeht, so betrifft der vorliegende Vorschlag Antragsteller, die ein Dublin-Verfahren durchlaufen. Der vorliegende Vorschlag steht im Einklang mit den Bestimmungen des Vorschlags für eine Neufassung der Dublin-Verordnung und präzisiert diese, etwa im Hinblick auf die Zulässigkeitsprüfung eines Antrags, das beschleunigte Prüfungsverfahren und Garantien für Minderjährige sowie besondere Garantien für unbegleitete Minderjährige. Der Vorschlag steht zudem im Einklang mit der Neufassung der Eurodac-Verordnung in Bezug auf die Erfassung der Fingerabdrücke und Gesichtsbilder der Antragsteller und deren Relevanz für Anträge auf internationalen Schutz.
Was den Vorschlag über die Asylagentur der Europäischen Union angeht, so verweist auch der vorliegende Vorschlag auf die Bedeutung der operativen und technischen Unterstützung der Agentur für die Mitgliedstaaten, damit diese eine effiziente Verwaltung der Anträge auf internationalen Schutz gewährleisten können, sowie auf den Aufbau von Kapazitäten durch die Agentur im Einklang mit ihrem vorgeschlagenen neuen Mandat.
Der Vorschlag für die Anerkennungsverordnung und der vorliegende Vorschlag ergänzen einander insofern, als der Vorschlag für die Anerkennungsverordnung die Standards für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz festlegt, während der vorliegende Vorschlag gemeinsame Verfahrensvorschriften für die Zu- und Aberkennung des internationalen Schutzstatus beinhaltet.
Der vorliegende Vorschlag hängt auch eng mit dem Vorschlag für eine Neufassung der Richtlinie über die Aufnahmebedingungen zusammen. Für eine rasche und effektive Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz ist es erforderlich, dass die Antragsteller ihre Meldepflichten gemäß dem Vorschlag für eine Neufassung der Richtlinie über die Aufnahmebedingungen erfüllen; der vorliegende Vorschlag enthält die verfahrensrechtlichen Konsequenzen für jene Antragsteller, die diesen Meldepflichten nicht nachkommen.
•Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen
Dieser Vorschlag steht im Einklang mit der umfassenden langfristigen Strategie für eine bessere Migrationssteuerung, die die Kommission in der Europäischen Migrationsagenda dargelegt hat und mit der die politischen Leitlinien von Präsident Juncker zu einer Reihe kohärenter und sich gegenseitig verstärkender Initiativen weiterentwickelt wurden, die auf vier Säulen basieren. Bei diesen Säulen handelt es sich um die Verringerung der Anreize zur irregulären Migration, die Sicherung der Außengrenzen und die Rettung von Menschenleben, eine starke Asylpolitik und eine neue Politik für legale Migration. Der vorliegende Vorschlag, mit dem die Europäische Migrationsagenda mit Blick auf das Ziel einer Stärkung der Asylpolitik der Union weiter umgesetzt wird, ist als Teil der umfassenderen Strategie auf EU-Ebene zu sehen. Mit dieser Strategie soll ein stabiles und wirksames System für eine dauerhafte Migrationssteuerung in der Zukunft geschaffen werden, das sowohl für die Aufnahmegesellschaften und die Bürger der EU als auch für die betroffenen Drittstaatsangehörigen und die Herkunfts- und Transitstaaten gerecht ist.
2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT
•Rechtsgrundlage
Rechtsgrundlage dieses Vorschlags ist Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe d des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, in dem der Erlass von Maßnahmen in Bezug auf gemeinsame Verfahren für die Gewährung und den Entzug des einheitlichen Asylstatus beziehungsweise des subsidiären Schutzstatus vorgesehen ist.
•Subsidiarität
Ziel dieses Vorschlags ist die Schaffung eines gemeinsamen Verfahrens für die Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes, das die verschiedenen Asylverfahren in den Mitgliedstaaten ersetzt und ein schnelles und wirksames Verfahren gewährleistet. Von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellte Anträge auf internationalen Schutz sollten in einem Verfahren geprüft werden, für das unabhängig vom Mitgliedstaat der Antragseinreichung die gleichen Vorschriften gelten, damit alle Anträge die gleiche Behandlung erfahren und die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für die Antragsteller gewährleistet ist. Da die Mitgliedstaaten gemeinsame Vorschriften zur Beseitigung der Anreize für Asyl-Shopping und Sekundärmigration zwischen den Mitgliedstaaten nicht einzeln festlegen können, ist ein Tätigwerden der Union erforderlich.
Das verfolgte Ziel kann auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden und ist daher wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Verordnung besser auf Unionsebene zu erreichen. Die Union kann daher im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
•Verhältnismäßigkeit
Entsprechend dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung ihrer Ziele erforderliche Maß hinaus.
Mit Blick auf die Schaffung eines gemeinsamen Verfahrens für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes sind sämtliche Elemente des Vorschlags auf das Maß beschränkt, das notwendig ist, um ein solches gemeinsames Verfahren einzurichten und zu ermöglichen, es zu straffen und zu vereinfachen, für Gleichbehandlung im Hinblick auf die Rechte und Garantien für Antragsteller zu sorgen und Diskrepanzen in den nationalen Verfahren, die unerwünschte Sekundärbewegungen fördern, zu vermeiden.
Die Einführung von Fristen in allen Verfahrensstufen, einschließlich für das Rechtsbehelfsverfahren, und die Verkürzung der Frist im Verwaltungsverfahren sind erforderlich, um straffere und wirksamere Verfahren zu erreichen. Die vorgeschlagenen Fristen für das Rechtsbehelfsverfahren ermöglichen die Wahrung aller einschlägigen Verfahrensgarantien, etwa des Rechts auf Anhörung und des Grundsatzes der Waffengleichheit. Mit den vorgeschlagenen Fristen möchte die Kommission ein Gleichgewicht schaffen zwischen dem Recht der Antragsteller auf eine Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist und ihrem Recht auf wirksamen Rechtsbehelf und Verteidigung, auch durch die Bereitstellung einer unentgeltlichen Rechtsberatung und -vertretung.
•Wahl des Instruments
Der Vorschlag sieht vor, die Richtlinie durch eine Verordnung aufzuheben und zu ersetzen. Mit der Richtlinie 2013/32/EU konnten die nationalen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes nicht ausreichend harmonisiert werden, um den Unterschieden bei der Art der angewandten Verfahren, den Verfahrensfristen, den Rechten und Verfahrensgarantien für die Antragsteller, den Anerkennungsquoten und der Art des gewährten Schutzes in ausreichendem Maß zu begegnen. Nur mit einer Verordnung zur Einführung eines gemeinsamen unionsweiten Asylverfahrens, deren Bestimmungen unmittelbar anwendbar sind, kann das notwendige Maß an Einheitlichkeit und Wirksamkeit bei der Anwendung der Verfahrensvorschriften des Asylrechts der Union erreicht werden.
3.KONSULTATION INTERESSIERTER KREISE
•Konsultation der Interessenträger
Im Zuge der Ausarbeitung dieses zweiten Vorschlagspakets führte die Kommission gezielte Konsultationen mit den Mitgliedstaaten, dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen und der Zivilgesellschaft durch, die sich an den Zielen der Reform des Gemeinsamen Europäische Asylsystems, wie in der Mitteilung der Kommission vom 6. April 2016 festgelegt, orientierten. Die Kommission hat die vorgebrachten Argumente sorgfältig geprüft und war bestrebt, in ihrem Vorschlag jenen Standpunkten Rechnung zu tragen, die von allen betroffenen Parteien weitgehend geteilt werden. Im Juni 2016 fand ein informeller Meinungsaustausch mit dem Europäischen Parlament über das zweite Vorschlagspaket statt.
–Das von der Kommission gewählte Rechtsinstrument einer Verordnung, die die derzeit geltende Richtlinie ersetzt, wurde von den meisten Mitgliedstaaten begrüßt; nur einige wenige Staaten äußerten Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit ihrem nationalen Rechtssystem. Im Zuge der Gespräche über den Vorschlag für die Asylverfahrensrichtlinie haben einige Interessenträger wiederholt festgehalten, dass eine Verordnung zur Festlegung unmittelbar abwendbarer Bestimmungen das wirksamste Rechtsinstrument zur Gewährleistung der Rechte der Antragsteller und ihrer Gleichbehandlung in allen Mitgliedstaaten darstellt. Einige Interessenträger haben jedoch vor der Gefahr gewarnt, Schutzstandards zugunsten eines gemeinsamen Nenners zu senken, zumal die Union eine Vorbildfunktion im Bereich des internationalen Flüchtlingsrechts einnimmt.
–Die meisten Mitgliedstaaten haben die Notwendigkeit der Vereinfachung und Präzisierung der geltenden Verfahrensvorschriften anerkannt und ihre Unterstützung für eine weitere Harmonisierung der Asylverfahren in der Europäischen Union bekundet. Sie räumen ein, dass die Gründe für die Zulässigkeit, die Anwendung von Grenzverfahren und beschleunigten Verfahren und die Bearbeitung von Folgeanträgen präzisiert und vereinfacht werden müssen.
Die Einführung von Höchstverfahrensdauern für die verschiedenen Verfahrensstufen, auch für das Rechtsbehelfsverfahren, fand unter den Mitgliedstaaten allgemeine Unterstützung. Die meisten Mitgliedstaaten äußerten sich zufrieden mit dem derzeitigen Zeitplan für das normale Verwaltungsverfahren, sahen jedoch die Notwendigkeit knapperer Fristen und einer Straffung des Verfahrens. Allerdings wiesen mehrere Mitgliedstaaten darauf hin, dass ein gewisses Maß an Flexibilität erforderlich sei, um starken Migrationsströmen oder einer unverhältnismäßig großen Zahl gleichzeitig eingehender Anträge begegnen zu können. Die Mitgliedstaaten unterstützen im Allgemeinen die Einführung verbindlicher Fristen für das Rechtsbehelfsverfahren, fordern jedoch eine Differenzierung der Fristen danach, ob ein Rechtsbehelf gegen Entscheidungen im normalen Verfahren oder im Schnellverfahren eingelegt wird.
Die Mehrheit der Interessenträger aus der Zivilgesellschaft forderte eine Vereinfachung der geltenden Verfahrensvorschriften. Was die Wirksamkeit verbindlicher Fristen für die verschiedenen Verfahrensstufen angeht, war die Gruppe skeptischer. Außerdem wurden Bedenken dahingehend geäußert, wie gewährleistet werden kann, dass die vorgesehenen Fristen mit der wirksamen Ausübung der Verfahrensgarantien vereinbar sind.
–Das beschleunigte Prüfungsverfahren, das Grenzverfahren und das Zulässigkeitsverfahren werden von den meisten Mitgliedstaaten als notwendige Werkzeuge für eine effizientere Prüfung von Anträgen betrachtet, die eindeutig in betrügerischer Absicht gestellt wurden, offensichtlich unbegründet oder unzulässig sind. im Hinblick auf die nunmehr verbindliche Anwendung der Konzepte des ersten Asylstaats und des sicheren Drittstaats für die Ablehnung von Anträgen als unzulässig sowie die verbindliche Anwendung des beschleunigten Prüfungsverfahrens und des Grenzverfahrens wurden unterschiedliche Standpunkte geäußert. Die meisten Mitgliedstaaten stimmen zu, dass Maßnahmen für ein effizienteres System notwendig sind, und befürworten die Erstellung gemeinsamer EU-Listen sicherer Herkunftsstaaten und sicherer Drittstaaten, sprechen sich jedoch auch für die Möglichkeit aus, nationale Listen weiterzuführen.
Nach Meinung mehrerer Interessenträger reicht die verbindliche Anwendung der Konzepte des ersten Asylstaats und des sicheren Drittstaats für die Feststellung der Zulässigkeit von Anträgen in Verbindung mit der Einführung gemeinsamer EU-Listen sicherer Drittstaaten unter Umständen nicht aus, um die angestrebte Harmonisierung zu erreichen, solange es in Einzelfällen noch einen Ermessensspielraum bei der Anwendung der Konzepte gibt. Einige Interessenträger äußerten Bedenken im Hinblick darauf, dass EU-Listen und nationale Listen sicherer Herkunftsstaaten womöglich parallel bestehen, und wiesen darauf hin, dass die Aufnahme eines Landes in eine gemeinsame EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten oder seine Entfernung von dieser Liste nur durch den Gerichtshof der Europäischen Union überprüft werden könne.
Die meisten Vertreter der Zivilgesellschaft warnen ebenso vor der verbindlichen Anwendung der Konzepte des ersten Asylstaats und des sicheren Drittstaats wie vor Sonderverfahren im Allgemeinen. Einige sind der Auffassung, dass nur solche Anträge in beschleunigten Verfahren geprüft werden sollten, die nach der ersten Vorabbewertung offensichtlich unbegründet oder eindeutig missbräuchlich sind.
In diesem Zusammenhang haben mehrere Interessenträger festgehalten, dass schutzbedürftige Personen, insbesondere unbegleitete Minderjährige, von der Anwendung von Sonderverfahren ausgenommen werden sollten. Einige der Konsultationsteilnehmer haben sich für bessere Garantien für unbegleitete Minderjährige ausgesprochen, insbesondere im Hinblick auf eine rasche Ernennung qualifizierter Vormunde.
–Die Mitgliedstaaten halten es für notwendig, Verfahrensmaßnahmen zur Eindämmung nicht gerechtfertigter Sekundärmigration vorzusehen. Nach Ansicht der meisten Mitgliedstaaten sollte der Vorschlag auch für die Personen, die internationalen Schutz beantragen, klare Verantwortlichkeiten festlegen und diese insbesondere verpflichten, mit den Behörden in allen Verfahrensstufen zusammenzuarbeiten und die erforderlichen Informationen für die Prüfung der Anträge beizubringen. Im Einklang mit den Bestimmungen des Vorschlags zur Reform der Dublin-Verordnung sollten die Antragsteller zudem der Verpflichtung nachkommen, das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, der den Antrag prüft, nicht zu verlassen. Die meisten Mitgliedstaaten befürworten den Vorschlag, Anträge von Personen, die untertauchen, unter voller Wahrung der einschlägigen Verfahrensgarantien im beschleunigten Verfahren zu prüfen.
Allerdings gaben einige wichtige Vertreter der Zivilgesellschaft zu Bedenken, dass Verfahren nicht als Sanktionsinstrumente genutzt werden sollten und die Anwendung des beschleunigten Verfahrens auf untergetauchte Personen nicht gerechtfertigt sei.
•Einholung und Nutzung von Expertenwissen
Einige der Daten über die Umsetzung der Asylverfahrensrichtlinie wurden vom Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen erhoben; dies geschah im Rahmen einer Bestandsaufnahme der Rechtsvorschriften und Verfahren der Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Instrumente des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems.
Zudem hat die Kommission seit Erlass der Asylverfahrensrichtlinie im Jahr 2013 eine Reihe von Sitzungen des Kontaktausschusses einberufen, um mit den Mitgliedstaaten die Schwierigkeiten bei der Anwendung der Richtlinie zu erörtern. Die Ergebnisse dieser beiden Prozesse sind in die Ausarbeitung dieses Vorschlags eingeflossen.
•Grundrechte
Dieser Vorschlag achtet die Grundrechte und wahrt die Grundsätze, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind und sich aus völkerrechtlichen Verpflichtungen ergeben, etwa aus der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes.
Das gemeinsame Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes wird unter uneingeschränkter Achtung der in der Charta verankerten Grundrechte durchgeführt, einschließlich des Rechts auf Achtung der Würde des Menschen (Artikel 1), des Verbots der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Artikel 4), des Rechts auf den Schutz personenbezogener Daten (Artikel 8), des Rechts auf Asyl (Artikel 18), des Schutzes vor Zurückweisung (Artikel 19), der Nichtdiskriminierung (Artikel 21), der Gleichheit von Männern und Frauen (Artikel 23), der Rechte des Kindes (Artikel 24) und des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf (Artikel 47 der Charta). Der Vorschlag trägt den Rechten des Kindes und den besonderen Bedürfnissen schutzbedürftiger Personen in vollem Umfang Rechnung.
Der Vorschlag gewährleistet, dass die besonderen Bedürfnisse Minderjähriger, insbesondere unbegleiteter Minderjähriger, angemessen berücksichtigt werden, indem sichergestellt wird, dass sie in allen Verfahrensstufen begleitet und unterstützt werden. Des Weiteren trägt der Vorschlag den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten gemäß dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul) Rechnung. Unter Berücksichtigung der Vorschläge der Kommission für die Beschlüsse des Rates über die Unterzeichnung und den Abschluss des Übereinkommens von Istanbul und um ausreichend Schutz für Frauen zu gewährleisten, die internationalen Schutz benötigen und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt waren, sollte bei der Auslegung und Anwendung dieser Verordnung ein geschlechtersensibler Ansatz verfolgt werden.
Der Vorschlag erlaubt die Speicherung von Daten bei der Registrierung und Einreichung eines Antrags auf internationalen Schutz – darunter personenbezogene Daten und für den Antrag relevante Elemente – sowie während der persönlichen Anhörung, einschließlich der Aufzeichnung bzw. des Wortprotokolls der Anhörung. Damit gewährleistet ist, dass die personenbezogenen Daten der Antragsteller nur so lange wie nötig gespeichert werden, wahrt der Vorschlag das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten durch die Festlegung einer maximalen Speicherdauer für diese Daten. Da diese Daten wesentlicher Bestandteil der Akte des Antragstellers sind, wird eine maximale Speicherdauer von zehn Jahren ab der endgültigen Entscheidung als erforderlich erachtet. Diese Speicherdauer gilt in den Fällen als erforderlich, in denen kein internationaler Schutz gewährt wird, denn Drittstaatsangehörige oder Staatenlose könnten in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragen oder über mehrere Jahre weitere Folgeanträge in demselben oder einem anderen Mitgliedstaat stellen. Dieselbe Speicherdauer gilt in Fällen von Personen, denen internationaler Schutz gewährt wird, als erforderlich, damit ihr Status überprüft werden kann; von Bedeutung ist dies insbesondere im Rahmen der im Vorschlag über die Anerkennungsverordnung festgelegten regelmäßigen Statusüberprüfung sowie der im Vorschlag für eine Neufassung der Dublin-Verordnung festgelegten verpflichtenden Rückübernahme in Bezug auf Personen mit internationalem Schutzstatus. Nach Ablauf dieser Frist werden Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die sich mehrere Jahre in der Union aufgehalten haben, einen dauerhaften Status oder sogar die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats erlangt haben. Daten von Person, die vor Ablauf der Frist von zehn Jahren die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats erworben haben, sollten umgehend gelöscht werden. In Eurodac sind diese Daten im Zentralsystem zu löschen, sobald der Herkunftsmitgliedstaat Kenntnis davon erhält, dass die betreffende Person die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats erlangt hat, da die Person damit nicht mehr in den Anwendungsbereich von Eurodac fällt.
4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Dieser Vorschlag beinhaltet keine finanziellen oder administrativen Belastungen für die Union. Er hat daher keine Auswirkungen auf den Unionshaushalt.
5.WEITERE ANGABEN
•Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten
Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung und danach alle fünf Jahre Bericht über deren Anwendung. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, der Kommission und der Asylagentur der Europäischen Union relevante Informationen für die Ausarbeitung des Berichts zukommen zu lassen. Im Rahmen des Monitoringmechanismus, den die Kommission im Zuge der Überarbeitung des Mandats der Agentur vorgeschlagen hat, wird die Agentur zudem die Einhaltung dieser Verordnung durch die Mitgliedstaaten überwachen.
•Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags
Ziel dieses Vorschlags ist es, eine schnelle und effiziente Bearbeitung von Anträgen auf internationalen Schutz zu gewährleisten, indem ein gemeinsames Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes geschaffen wird, das die verschiedenen Verfahren in den Mitgliedstaaten ersetzt und auf alle in den Mitgliedstaaten gestellten Anträge auf internationalen Schutz anwendbar ist.
Der Vorschlag präzisiert und strafft Verfahrenvorschriften, gibt den nationalen Behörden das nötige Werkzeug an die Hand, um Anträge effizient zu prüfen und über sie zu entscheiden sowie Missbrauch und Sekundärbewegungen innerhalb der EU zu bekämpfen, und verbessert gleichzeitig die notwendigen Verfahrensgarantien für Antragsteller, wodurch die Verfahren schneller und wirksamer gestaltet werden.
Straffung und Vereinfachung der Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes
Mit dem Vorschlag werden die verschiedenen Schritte für den Zugang zum Verfahren präzisiert, wodurch das Verfahren vereinfacht und gestrafft wird. Wenn ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser den Wunsch äußert, dass ihm ein Mitgliedstaat internationalen Schutz gewähren möge, gilt dies als Antragstellung (Artikel 25 Absatz 1). Der Antrag muss unverzüglich oder spätestens innerhalb von drei Arbeitstagen, nachdem er bei den nationalen Behörden eingegangen ist, registriert werden (Artikel 27 Absatz 1). Diese Frist ändert sich gegenüber der Asylverfahrensrichtlinie nicht. Der Antragsteller muss sodann effektiv die Möglichkeit erhalten, seinen Antrag einzureichen, und zwar innerhalb einer Frist von zehn Arbeitstagen ab der Registrierung des Antrags (Artikel 28 Absatz 1). Für unbegleitete Minderjährige beginnt diese Frist erst ab dem Zeitpunkt, ab dem ein Vormund für das Kind benannt wurde und mit ihn zusammengetroffen ist (Artikel 32 Absatz 2). Die Frist für die Einreichung des Antrags wurde gegenüber jener für die förmliche Antragstellung im Sinne der Asylverfahrensrichtlinie geändert.
Um sicherzugehen, dass die Mitgliedstaaten über angemessene Ressourcen für eine effiziente Verwaltung ihrer Asylsysteme verfügen, sollten sie ihren Bedarf regelmäßig prüfen und Prognosen erstellen und gegebenenfalls auch Notfallpläne erarbeiten. Damit die Mitgliedstaaten die festgelegten Fristen einhalten können, kann die Asylagentur der Europäischen Union ihnen die erforderliche operative und technische Unterstützung bieten. Kann ein Mitgliedstaat absehen, dass er die festgelegten Fristen nicht wird einhalten können, sollte er die Asylagentur der Europäischen Union auf der Grundlage der Bestimmungen des neuen vorgeschlagenen Mandats der Agentur um Unterstützung ersuchen. Wenn ein Mitgliedstaat nicht um Unterstützung ersucht und sein Asylsystem aufgrund unverhältnismäßigen Drucks so uneffektiv wird, dass das Funktionieren des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gefährdet ist, kann die Kommission die Agentur per Durchführungsbeschluss anweisen, den betreffenden Mitgliedstaat zu unterstützen.
Der Vorschlag sieht eine Straffung der Fristen im Verwaltungsverfahren vor. Obwohl in der Asylverfahrensrichtlinie Fristen festgelegt sind, bestehen zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede, und zwischen April 2015 und April 2016 waren im Durchschnitt 50 % der Fälle in der Europäischen Union seit mehr als sechs Monaten anhängig. Die im Vorschlag vorgesehene Frist für die Prüfung von Anträgen im regulären Verfahren beträgt sechs Monate; im Fall unverhältnismäßig hohen Drucks oder eines komplexen Sachverhalts kann diese Frist einmalig um drei Monate verlängert werden (Artikel 34 Absatz 2 und 3). Die in der Asylverfahrensrichtlinie vorgesehene Möglichkeit, die Prüfung eines Antrags aufgrund einer Veränderung der Umstände im Herkunftsstaat vorübergehend auszusetzen, bleibt bestehen. Allerdings sollte auch in solchen Fällen die Frist für die Prüfung des Antrags 15 Monate nicht übersteigen (Artikel 34 Absatz 5).
Neue Fristen werden für das beschleunigte Prüfungsverfahren (Artikel 40 Absatz 2) und für die Bearbeitung unzulässiger Anträge (Artikel 34 Absatz 1) festgesetzt. Da in der Asylverfahrensrichtlinie gegenwärtig keine Fristen für diese Verfahren vorgesehen sind, unterscheiden sich die Fristen der Mitgliedstaaten erheblich und reichen von wenigen Tagen bis zu einigen Monaten. Um diese Verfahren zweckmäßig zu gestalten, wird für das beschleunigte Prüfungsverfahren eine Frist von zwei Monaten und für das Verfahren bei unzulässigen Anträgen eine Frist von einem Monat vorgeschlagen. In Fällen, in denen die Unzulässigkeit darin begründet liegt, dass ein Antragsteller aus einem ersten Asylstaat oder einen sicheren Drittstaat kommt, wird die Frist für die Zulässigkeitsprüfung auf zehn Arbeitstage festgesetzt; dies soll die effiziente Anwendung der Bestimmungen der vorgeschlagenen Reform der Dublin-Verordnung gewährleisten, denen zufolge der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag eingereicht wird, die Zulässigkeit zu prüfen hat, bevor die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats angewandt werden (Artikel 34 Absatz 1 zweiter Unterabsatz). Die Frist für das Grenzverfahren bleibt bei vier Wochen, wie in der Asylverfahrensrichtlinie vorgesehen (Artikel 41 Absatz 2).
Da sich der Vorschlag auf das gesamte Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes bezieht, werden auch Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen und für Entscheidungen in der ersten Rechtsbehelfsinstanz festgelegt. Dies ist erforderlich, um die Gleichbehandlung der Anträge und die Wirksamkeit des Verfahrens zu gewährleisten und das übergeordnete Ziel einer stärkeren Harmonisierung zu erreichen (Artikel 55).
Zwar räumt die Kommission ein, dass es für die Mitgliedstaaten mitunter schwierig sein könnte, die in diesem Vorschlag festgelegten Fristen einzuhalten. Das Bedürfnis der einzelnen Antragsteller, in ihrer Situation Rechtssicherheit zu erlangen, ist jedoch von vorrangiger Bedeutung. Bei der Ausarbeitung ihres Vorschlags hat die Kommission auch ihren Vorschlag für eine deutliche Stärkung des Mandats der Asylagentur der Europäischen Union und über die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, auf operative und technische Unterstützung durch die Agentur, andere Mitgliedstaaten oder internationalen Organisationen zurückzugreifen, berücksichtigt.
Rechte und Pflichten der Antragsteller
Der Vorschlag enthält klare Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der Antragsteller im Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes. Er enthält die notwendigen Garantien für die Antragsteller, damit diese ihre Rechte wirksam wahrnehmen können, und sieht gleichzeitig eine Reihe von Verpflichtungen für die Antragsteller vor, sodass diese im gesamten Verfahren Verantwortung übernehmen (Artikel 7).
Im Einklang mit dem Vorschlag der Kommission zur Überarbeitung der Dublin-Verordnung müssen die Antragsteller ihren Antrag in dem Mitgliedstaat der ersten Einreise oder in dem Mitgliedstaat ihres rechtmäßigen Aufenthalts stellen (Artikel 7 Absatz 1). Die Antragsteller sind zur Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden zum Zweck der Feststellung ihrer Identität verpflichtet und müssen dazu unter anderem ihre Fingerabdrücke abgeben und ein Gesichtsbild vorlegen. Des Weiteren müssen die Antragsteller alle verfügbaren Elemente bereitstellen, die für die Prüfung des Antrags notwendig sind (Artikel 7 Absatz 2). Die Antragsteller müssen den zuständigen Behörden Wohnort und Telefonnummer mitteilen, damit sie für die Zwecke des Verfahrens erreicht werden können (Artikel 7 Absatz 4).
Die Antragsteller müssen über den Verlauf des Verfahrens ebenso informiert werden wie über ihre Rechte und Pflichten während des Verfahrens, die Konsequenzen bei Verletzung ihrer Pflichten, die Ergebnisse der Prüfung und die Möglichkeit der Anfechtung einer ablehnenden Entscheidung (Artikel 8 Absatz 2). Angesichts der Konsequenzen, die den Antragstellern bei Verletzung ihrer Pflichten drohen können, ist die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den Antragstellern alle erforderlichen Informationen bereitzustellen, von umso größerer Bedeutung. Wenn etwa ein Antragsteller die Kooperation verweigert, indem er die erforderlichen Angaben für die Prüfung des Antrags oder Fingerabdrücke und Gesichtsbild nicht vorlegt, kann dies dazu führen, dass der Antrag im Einklang mit dem Verfahren der stillschweigenden Rücknahme als nicht weiter betrieben abgelehnt wird (Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe c). Gegenwärtig wird ein beschleunigtes Prüfungsverfahren eingeleitet, wenn die verpflichtende Abgabe von Fingerabdrücken verweigert wird. Da dies jedoch ein wichtiges Element ist, um einen Antrag als vollständig betrachten zu können, muss der Antragsteller bei Verletzung dieser Pflicht in Zukunft mit schwerwiegenderen Konsequenzen rechnen.
Antragsteller müssen in dem Mitgliedstaat verbleiben, in dem sie sich im Einklang mit der Dublin-Verordnung aufzuhalten haben (Artikel 7 Absatz 5), und allen Meldepflichten nachkommen, die ihnen aus der Richtlinie über Aufnahmebedingungen erwachsen (Artikel 7 Absatz 6). Eine Verletzung der Meldepflichten kann dazu führen, dass ein Antrag als nicht weiter betrieben abgelehnt wird (Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe f), und falls ein Antragsteller nicht in dem Mitgliedstaat verbleibt, in dem er sich aufzuhalten hat, wird der Antrag im beschleunigten Verfahren behandelt (Artikel 40 Absatz 1 Buchstabe g).
Innerhalb von drei Arbeitstagen nach Einreichung eines Antrags muss dem Antragsteller ein Dokument ausgehändigt werden, das seinen Status als Antragsteller sowie sein Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats bescheinigt und in dem festgehalten ist, dass es sich dabei um kein gültiges Reisedokument handelt (Artikel 29). Mit Blick auf die Straffung des Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes wurden die wichtigsten Bestimmungen über Dokumente der Richtlinie über die Aufnahmebedingungen in diesem Vorschlag übernommen. Der Vorschlag legt die Art der Informationen fest, die in das Dokument aufgenommen werden sollten, und sieht die Möglichkeit vor, im Wege eines Durchführungsrechtsakts eine einheitliche Dokumentenvorlage festzulegen, um zu gewährleisten, dass alle Antragsteller in allen Mitgliedstaaten das gleiche Dokument erhalten (Artikel 29 Absatz 5).
Der Antragsteller hat für die Zwecke und Dauer des Verwaltungsverfahrens das Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats. Aus dem Recht auf Verbleib ergibt sich kein Anspruch auf Aufenthalt, und es verleiht dem Antragsteller nicht das Recht, ohne Genehmigung in einen anderen Mitgliedstaat zu reisen. Wie auch in der Asylverfahrensrichtlinie sind die Ausnahmen vom Recht auf Verbleib während des Verwaltungsverfahrens begrenzt; sie werden im Vorschlag klar definiert und beziehen sich auf Folgeanträge und Fälle der Überstellung oder Auslieferung an einen anderen Mitgliedstaat auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls, an einen Drittstaat oder ein internationales Strafgericht (Artikel 9).
Verfahrensgarantien
Eine Straffung des Verfahrens ist erforderlich, um die Effizienz des Verfahrens in allen Mitgliedstaaten zu garantieren und gleichzeitig zu gewährleisten dass den einzelnen Antragstellern so rasch wie möglich eine Entscheidung, ob positiv oder negativ, mitgeteilt wird. Dies sollte jedoch nicht zu einer unerwünschten Beeinträchtigung des Rechts des Einzelnen auf eine angemessene und umfassende Prüfung seines Antrags führen, die ihm Gelegenheit gibt, alle zur Begründung des Antrags relevanten Angaben im Rahmen der Prüfung vorzulegen. Aus diesem Grund enthält der Vorschlag wichtige Garantien für die Antragsteller, um zu gewährleisten, dass die Antragsteller – bis auf wenige Ausnahmen – in allen Verfahrensstufen das Recht auf eine persönliche Anhörung genießen, die erforderliche Verdolmetschung erhalten und eine unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung in Anspruch nehmen können.
Der Vorschlag garantiert das Recht des Antragstellers auf eine persönliche Anhörung über die Zulässigkeit oder die Begründetheit seines Antrags, unabhängig von der Art des auf seinen Fall angewandten Verwaltungsverfahrens (Artikel 12 Absatz 1). Damit er sein Recht auf persönliche Anhörung effektiv wahrnehmen kann, muss dem Antragsteller ein Dolmetscher zur Seite gestellt (Artikel 12 Absatz 8) und die Gelegenheit gegeben werden, die Gründe für seinen Antrag umfassend darzulegen. Es ist wichtig, dem Antragsteller ausreichend Zeit zuzugestehen, um sich auf die Anhörung vorzubereiten und den Rat eines Rechtsanwalts oder sonstigen Rechtsberaters einzuholen; ferner sollte ihm gestattet werden, sich bei der Anhörung von seinem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater unterstützen zu lassen. Bei Anhörungen zum Inhalt des Antrags im Zuge der Prüfung der Begründetheit wird dem Antragsteller Gelegenheit gegeben, alle zur Begründung seines Falls erforderlichen Angaben vorzulegen und sich zu fehlenden Angaben oder Unstimmigkeiten zu äußern (Artikel 11 Absatz 2). Im Rahmen des Zulassungsverfahrens hat der Antragsteller das Recht auf eine Anhörung zur Zulässigkeit des Antrags, bei der er Gelegenheit erhält, ordnungsgemäß zu begründen, weshalb sein Antrag nicht als unzulässig zurückgewiesen werden kann (Artikel 10 Absatz 2).
Die persönliche Anhörung sollte unter Bedingungen stattfinden, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten (Artikel 12 Absatz 2), und von Personen durchgeführt werden, die über eine einschlägige Ausbildung und Befähigung verfügen, erforderlichenfalls auch von Bediensteten von Behörden anderer Mitgliedstaaten oder von Sachverständigen der Asylagentur der Europäischen Union (Artikel 12 Absätze 3 und 7). Auf die persönliche Anhörung kann nur verzichtet werden, wenn die Asylbehörde dem Antrag ohnehin stattzugeben gedenkt oder der Auffassung ist, dass der Antragsteller aufgrund eines Umstands, der sich seinem Einfluss entzieht, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist (Artikel 12 Absatz 5). Da die persönliche Anhörung einen wesentlichen Bestandteil der Antragsprüfung darstellt, sollte eine Aufzeichnung erstellt werden, die ebenso wie die Niederschrift oder das Wortlautprotokoll der Anhörung den Antragstellern sowie ihren Rechtsanwälten zugänglich gemacht werden sollte, bevor die Asylbehörde über den Antrag entscheidet; im beschleunigten Verfahren sollten sie zu dem Zeitpunkt bereitgestellt werden, zu dem die Entscheidung ergeht (Artikel 13).
Im Rahmen der Asylverfahrensrichtlinie haben Antragsteller während des Verwaltungsverfahrens Anspruch auf unentgeltliche rechts- und verfahrenstechnische Auskünfte und sollten in der ersten Stufe des Rechtsbehelfsverfahrens unentgeltliche Rechtsberatung erhalten, soweit sie nicht über die Mittel verfügen, um die Kosten selbst zu tragen. Der Zugang zu Rechtsberatung und -vertretung wird in diesem Vorschlag angesichts der knapperen Fristen in allen Verfahrensstufen als erforderlich angesehen, damit die Antragsteller ihre Rechte in vollem Umfang ausüben können. Daher beinhaltet der Vorschlag das Recht der Antragsteller auf Beantragung unentgeltlicher Rechtsberatung und -vertretung in allen Verfahrensstufen – bis auf wenige, festgelegte Ausnahmen (Artikel 15 Absatz 1). Die Mitgliedstaaten können beschließen, keine unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung bereitzustellen, wenn der Antragsteller über ausreichende Mittel verfügt und wenn der Antrag oder das Rechtsbehelfsverfahren keine konkreten Erfolgsaussichten hat (Artikel 15 Absatz 3 Buchstaben a und b sowie Absatz 5 Buchstaben a und b). Im Verwaltungsverfahren können die Mitgliedstaaten auch beschließen, bei Folgeanträgen keine unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung anzubieten (Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe c); im Rechtsbehelfsverfahren können sie dies für die zweite oder eine höhere Instanz beschließen (Artikel 15 Absatz 5 Buchstabe c).
Die Kommission hält es für erforderlich und sinnvoll, dieses Recht auf das Verwaltungsverfahren auszudehnen und damit eine bereits in zweiundzwanzig Mitgliedstaaten gängige Praxis anzuerkennen. Dies setzt voraus, dass angemessene Ressourcen in die Qualität der Entscheidungsfindung im Verwaltungsverfahren investiert werden. Die Praxis in den Mitgliedstaaten, die diese Möglichkeit bereits vorsehen, zeigt jedoch, dass eine unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung sinnvoll ist, um einen qualitativ hochwertigen Rechtsbeistand zu gewährleisten, was zu einer besseren Qualität der Verwaltungsentscheidungen und tendenziell weniger Einsprüchen führt.
Unbegleitete Minderjährige und Antragsteller, die besondere Verfahrensgarantien benötigen
Der Vorschlag wahrt ein hohes Maß an besonderen Verfahrensgarantien für schutzbedürftige Antragsteller (Artikel 19) und insbesondere für unbegleitete Minderjährige (Artikel 21 und 22). Damit für diese Antragsteller ein faires Verfahren gewährleistet ist, müssen ihre Bedürfnisse möglichst früh im Verfahren ermittelt und ihnen angemessene Unterstützung und Beratung in allen Verfahrensstufen zur Verfügung gestellt werden (Artikel 20 Absatz 1). Wenn es im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens oder eines Grenzverfahrens nicht möglich ist, eine solche ausreichende Unterstützung bereitzustellen, sollten diese Verfahren nicht zur Anwendung kommen (Artikel 19 Absatz 3).
Bei der Anwendung des gemeinsamen Verfahrens ist das Kindeswohl generell vorrangig zu berücksichtigen. Alle Kinder haben unabhängig von ihrem Alter und unabhängig davon, ob sie begleitet werden oder nicht, ebenfalls das Recht auf eine persönliche Anhörung, es sei denn, dies steht ihrem Wohl offensichtlich entgegen (Artikel 21 Absätze 1 und 2).
Für unbegleitete Minderjährige sollte so bald wie möglich, spätestens aber am fünften Arbeitstag nachdem sie ihren Antrag gestellt haben, ein Vormund bestellt werden (Artikel 22 Absatz 1). Unterschiedliche Vormundschaftsregelungen für unbegleitete Minderjährige in den Mitgliedstaaten können dazu führen, dass Verfahrensgarantien nicht eingehalten oder Minderjährige nicht angemessen betreut werden und dadurch Gefahren oder prekären Situationen ausgesetzt sind, denen sie sich möglicherweise durch Untertauchen zu entziehen versuchen. Dieser Vorschlag zielt unter Berücksichtigung einer Studie der Grundrechteagentur über die Vormundschaft von Kindern auf eine Vereinheitlichung der Vormundschaftspraktiken ab, um zu gewährleisten, dass die Vormundschaft in der gesamten Union rasch und effektiv umgesetzt wird.
Aufgabe des Vormunds ist es, den unbegleiteten Minderjährigen zu unterstützen und zu vertreten, um im Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes das Wohl und das allgemeine Wohlergehen des Minderjährigen zu schützen. Soweit erforderlich und nach nationalem Recht möglich, kann der Vormund Rechtshandlungen für den Minderjährigen vornehmen (Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe f). Um sicherzustellen, dass unbegleitete Minderjährige angemessen unterstützt werden, sieht der Vorschlag vor, dass Vormunden keine unverhältnismäßig hohe Zahl Minderjähriger gleichzeitig anvertraut wird (Artikel 22 Absatz 4). In Anbetracht der Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Vormunds und der in dieser Verordnung vorgesehenen Fristen für die verschiedenen Verfahrensschritte ist es nicht nur erforderlich, dass den Vormunden eine angemessene Zahl an Fällen zugewiesen wird, sondern auch, dass die einzelnen Vormunde bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben überwacht werden; hierfür sieht der Vorschlag ein geeignetes System vor (Artikel 22 Absatz 4 Unterabsatz 2).
Anwendung des beschleunigten Prüfungsverfahrens und des Grenzverfahrens
Nach dem vorliegenden Vorschlag ist das beschleunigte Prüfungsverfahren unter bestimmten begrenzten Voraussetzungen, die mit offensichtlich unbegründeten Anträgen zusammenhängen, verpflichtend anwendbar, etwa wenn der Antragsteller eindeutig widersprüchliche oder falsche Angaben macht, die Behörden mit falschen Informationen in die Irre führt oder aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt. Ebenso sollten offensichtlich missbräuchliche Anträge im beschleunigten Verfahren geprüft werden, etwa wenn der Antragsteller eine Rückkehrentscheidung zu verzögern oder zu behindern versucht, wenn er nicht in dem Mitgliedstaat seiner ersten irregulären Einreise oder seines rechtmäßigen Aufenthalts internationalen Schutz beantragt hat, oder wenn er während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält und entsprechend den von der Kommission vorgeschlagenen neuen Vorschriften der Dublin-Verordnung wieder aufgenommen wird, ohne nachzuweisen, dass sein Versäumnis auf Umstände zurückzuführen ist, die sich seinem Einfluss entziehen (Artikel 40 Absatz 1).
Grenzverfahren, die üblicherweise eine Inhaftierung während des gesamten Verfahrens erfordern, bleiben fakultativ und können aus denselben Gründen, die auch im beschleunigten Prüfungsverfahren gelten, zur Prüfung der Zulässigkeit oder Begründetheit der Anträge angewandt werden. Ergeht innerhalb von vier Wochen keine Entscheidung, so erhält der Antragsteller das Recht auf Einreise und Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats (Artikel 41).
Da das beschleunigte Prüfungsverfahren nun verpflichtend anwendbar wird, das Grenzverfahren meist mit einer Inhaftierung einhergeht, beide Verfahren kurz sind und es im Anschluss an eine Entscheidung in diesen Verfahren keine automatische aufschiebende Wirkung gibt, ist es erforderlich, dass alle Verfahrensgarantien für die Antragsteller gewahrt werden, insbesondere das Recht auf eine persönliche Anhörung und unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung (Artikel 40 Absatz 1 und Artikel 41 Absatz 1). Die Anwendung dieser Verfahren auf unbegleitete Minderjährige wird eingeschränkt (Artikel 40 Absatz 5 und Artikel 41 Absatz 5), und sie können nicht auf Fälle von Antragstellern angewandt werden, die besondere Verfahrensgarantien benötigen, es sei denn, die Antragsteller können im Rahmen dieser Verfahren angemessene Unterstützung erhalten (Artikel 19 Absatz 3).
Zulässigkeit der Anträge
Allgemein gilt, dass ein Antrag auf internationalen Schutz auf seine Begründetheit geprüft werden sollte, um festzustellen, ob der Antragsteller gemäß der Verordnung (EU) XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzusehen ist. Ist ein Antrag im Einklang mit diesem Vorschlag als unzulässig zu erklären, ist eine Prüfung der Begründetheit nicht erforderlich.
Der Vorschlag sieht vor, dass der Antrag als unzulässig abgelehnt werden sollte, wenn eines der im Vorschlag genannten einschlägigen Kriterien erfüllt ist (Artikel 36 Absatz 1), wobei die Prüfung nicht mehr als einen Monat in Anspruch nehmen sollte (Artikel 34 Absatz 1). Wenn ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, als erster Asylstaat des Antragstellers oder als für den Antragsteller sicherer Drittstaat betrachtet wird, sollte der erste Mitgliedstaat, in dem ein Antrag eingereicht wurde, prüfen, ob der Antrag zulässig ist, bevor er den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der von der Kommission vorgeschlagenen neuen Regeln der Dublin-Verordnung bestimmt. Um das effiziente Funktionieren des Dublin-Systems zu gewährleisten, sollte sich die Prüfung der Kriterien in Bezug auf die Konzepte des ersten Asylstaats und des sicheren Drittstaats nicht auf mehr als zehn Arbeitstage erstrecken (Artikel 34 Absatz 1 Unterabsatz 2).
Ein Folgeantrag, bei dem keine neuen Elemente oder Erkenntnisse vorgebracht werden, sowie ein ungerechtfertigter separater Antrag eines Ehegatten, Partners oder begleiteten Minderjährigen, sollte als unzulässig gelten (Artikel 36 Absatz 1 Buchstaben c und d).
Auf Personen mit subsidiärem Schutzstatus, die im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Neuansiedlungsverordnung) neu angesiedelt worden sind und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beantragen, sobald sie sich auf dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten befinden, sollten die Kriterien in Bezug auf den ersten Asylstaat oder den sicheren Drittstaat nicht angewandt werden.
Fälle, die unter die Dublin-Verordnung fallen – also auch Fälle, in denen ein anderer Mitgliedstaat im Einklang mit dem Vorschlag für eine Reform der Dublin-Verordnung internationalen Schutz gewährt hat – sollten im Rahmen des Dublin-Systems behandelt werden (Artikel 36 Absatz 2).
Führt eine erste Vorabbewertung eindeutig zu dem Ergebnis, dass ein Antrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, kann der Antrag ohne Prüfung der Begründetheit auf dieser Grundlage abgelehnt werden.
Da das Zulässigkeitsverfahren sehr kurz ist und eine Entscheidung in gewissen Fällen keine automatische aufschiebende Wirkung hat, etwa wenn sie auf der Grundlage des Kriteriums des ersten Asylstaats ergangen ist, muss sichergestellt werden, dass alle Verfahrensgarantien für die einzelnen Antragsteller gewahrt werden, insbesondere das Recht auf eine persönliche Anhörung und unentgeltliche Rechtsberatung (Artikel 36 Absatz 1). Im Fall von Folgeanträgen gelten jedoch Ausnahmen im Hinblick auf die Verfahrensgarantien.
Bearbeitung von Folgeanträgen
Der Vorschlag präzisiert und vereinfacht das Verfahren zur Bearbeitung von Folgeanträgen und sieht die erforderlichen Instrumente vor, um eine missbräuchliche Verwendung von Folgeanträgen zu verhindern. Als Folgeantrag gilt ein Antrag, der von demselben Antragsteller in einem beliebigen Mitgliedstaat gestellt wird, nachdem sein früherer Antrag im Wege einer bestandskräftigen Entscheidung abgelehnt worden ist (Artikel 42 Absatz 1). Ein Folgeantrag wird einer ersten Prüfung unterzogen, um festzustellen, ob der Antragsteller relevante neue Elemente oder Erkenntnisse vorbringt, die die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöhen könnten, dass er als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist (Artikel 42 Absatz 2). Ist dies nicht der Fall, so ist der Antrag als unzulässig oder – wenn keine konkrete Aussicht auf Erfolg besteht, weil er eindeutig nicht stichhaltig oder missbräuchlich ist – als offensichtlich unbegründet abzulehnen (Artikel 42 Absatz 5).
Der Vorschlag sieht vor, dass die erste Prüfung auf der Grundlage schriftlicher Angaben und einer persönlichen Anhörung erfolgen sollte. Die persönliche Anhörung kann jedoch entfallen, wenn aus den schriftlichen Angaben hervorgeht, dass der Antrag keine maßgeblichen neuen Elemente oder Erkenntnisse enthält oder dass er eindeutig nicht stichhaltig ist und somit keine konkrete Aussicht auf Erfolg besteht (Artikel 42 Absatz 3). Während der ersten Prüfung hat der Antragsteller keinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtsberatung (Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe c).
Bei Folgeanträgen gilt keine automatische aufschiebende Wirkung, und es sind Ausnahmen vom Recht des Antragstellers auf Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zulässig, wenn ein Folgeantrag als unzulässig oder unbegründet abgelehnt wird und – im Falle eines zweiten oder weiteren Folgeantrags – wenn in einem beliebigen anderen Mitgliedstaat ein Antrag gestellt wird, nachdem ein vorhergehender Folgeantrag durch eine bestandskräftige Entscheidung als unzulässig, unbegründet oder offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist (Artikel 43). Die Kommission hält dieses Vorgehen für gerechtfertigt, da der Antrag bereits im Rahmen des Verwaltungsverfahrens sowie von einem Gericht geprüft wurde und dabei Verfahrensgarantien für den Antragsteller gewahrt wurden, einschließlich einer persönlichen Anhörung, Verdolmetschung und unentgeltlichen Rechtsberatung und vertretung.
Konzepte des sicheren Staats
In ihrer Mitteilung vom 6. April 2016 hat die Kommission festgehalten, dass ein wichtiger Aspekt eines gemeinsamen Ansatzes in der Anwendung der Verfahren der „sicheren Staaten“ besteht. Die Kommission hat insbesondere angekündigt, die verfahrensrechtlichen Folgen der Konzepte zu harmonisieren und den Ermessensspielraum in der Frage, ob die Konzepte anzuwenden sind, abzuschaffen.
Durch die Anwendung der Konzepte des ersten Asylstaats und des sicheren Drittstaats können bestimmte Anträge als unzulässig erklärt werden, wenn der Schutz in einem Drittstaat in Anspruch genommen werden könnte (Artikel 36 Absatz 1 Buchstaben a und b). Die beiden Konzepte können nach einer individuellen Prüfung, die auch eine Anhörung zur Zulässigkeit des Antrags umfasst, auf einen Antragsteller angewandt werden.
In diesem Vorschlag werden die beiden Konzepte, die auf dem Bestehen ausreichenden Schutzes im Sinne des Vorschlags (Artikel 44 und Artikel 45) basieren, präzisiert. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Konzepten betrifft den einzelnen Antragsteller. Das Konzept des ersten Asylstaats besagt, dass der Antragsteller in dem betreffenden Drittstaat Schutz im Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention oder ausreichenden Schutz erhalten hat und diesen Schutz weiterhin in Anspruch nehmen kann, während das Konzept des sicheren Drittstaats besagt, dass der Antragsteller die Möglichkeit hat, Schutz im Einklang mit den inhaltlichen Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention oder ausreichenden Schutz im Einklang mit diesem Vorschlag zu erlangen. Aufgrund dieses Unterschieds sieht der Vorschlag im Einklang mit dem geltenden Rechtsrahmen vor, dass ein Rechtsbehelf eine automatische aufschiebende Wirkung hat, wenn eine Entscheidung auf der Grundlage des Konzepts des sicheren Drittstaats ergeht, jedoch nicht auf der Grundlage des Konzepts des ersten Asylstaats (Artikel 53 Absatz 2 Buchstabe b). Es wird davon ausgegangen, dass bei Anwendung des Konzepts des sicheren Drittstaats ein erhöhtes Risiko für einen möglichen Verstoß gegen Artikel 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) besteht und daher die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs nach wie vor erforderlich ist, um einen wirksamen Rechtsbehelf im Einklang mit Artikel 13 der EMKR zu gewährleisten.
In ihrer Mitteilung vom 10. Februar 2016 hat die Kommission alle Mitgliedstaaten aufgerufen, in ihren nationalen Rechtsvorschriften das Konzept des sicheren Drittstaats sowie seine verpflichtende Anwendung zu verankern. Um zu gewährleisten, dass das Konzept in allen Mitgliedstaaten auf die gleiche Art und Weise angewandt wird, schlägt die Kommission einen EU-weit harmonisierten Ansatz für seine Anwendung unter vollständiger Einhaltung der internationalen Verpflichtungen vor, die sich aus der Grundrechtecharta, der EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention ergeben; zudem sollen sichere Drittstaaten auf Unionsebene bestimmt werden, und zwar im Rahmen einer künftigen Änderung dieser Verordnung nach den darin festgelegten Bedingungen und im Anschluss an eine detaillierte, faktengestützte Beurteilung, in die umfassende Recherchen und Konsultationen mit Mitgliedstaaten und einschlägigen Interessenträgern einfließen (Artikel 46). Allerdings kann das Konzept des sicheren Drittstaats in Einzelfällen auch direkt auf der Grundlage der in der Verordnung festgelegten Bedingungen angewandt werden.
Die Anwendung des Konzepts des sicheren Herkunftsstaats erlaubt es einem Mitgliedstaat, bei der Prüfung eines Antrags von der widerlegbaren Vermutung auszugehen, dass der Herkunftsstaat des Antragstellers sicher ist. Unter Anwendung dieses Konzepts können Anträge im beschleunigten Prüfungsverfahren bearbeitet werden (Artikel 40 Absatz 1 Buchstabe e); wird ein Antrag auf dieser Grundlage als offensichtlich unbegründet abgelehnt, hat der Rechtsbehelf keine automatische aufschiebende Wirkung (Artikel 53 Absatz 2 Buchstabe a).
Im September 2015 hat die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zur Erstellung einer gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten vorgelegt, die es ermöglichen soll, die Anträge von Personen aus den betreffenden Ländern zügig zu bearbeiten. Nach Auffassung der Kommission sollte die gemeinsame EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten fester Bestandteil dieses Verordnungsentwurfs sein. Aus diesem Grund enthält dieser Vorschlag den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zur Erstellung einer gemeinsamen EU -Liste sicherer Herkunftsstaaten einschließlich derselben Länderliste auf der Grundlage der gleichen Begründungen wie in jenem Vorschlag, jedoch mit geringfügigen Änderungen des Wortlauts, die den laufenden Beratungen der gesetzgebenden Organe Rechnung tragen (Artikel 48). Sobald sich die beiden gesetzgebenden Organe über den Vorschlag der Kommission zur Erstellung einer gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten geeinigt haben, sollte jener Vorschlag angenommen werden. Der endgültige Text jener neuen Verordnung müsste sodann in die Asylverfahrensverordnung aufgenommen werden, bevor sie erlassen wird, und die Verordnung zur Erstellung einer gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten sollte aufgehoben werden.
Ziel ist der Übergang zu einer auf Unionsebene vollständig harmonisierten Benennung sicherer Herkunftsstaaten und sicherer Drittstaaten auf der Grundlage von Vorschlägen der Kommission mit Unterstützung der Asylagentur der Europäischen Union. Aus diesem Grund enthält der Vorschlag auch eine Verfallsklausel, wonach die Mitgliedstaaten die nationalen Benennungen sicherer Herkunftsstaaten und sicherer Drittstaaten höchstens fünf Jahre ab dem Inkrafttreten dieser Verordnung beibehalten sollten (Artikel 50 Absatz 1).
Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf
Damit der Antragsteller sein Recht auf wirksamen Rechtsbehelf in Anspruch nehmen kann, hat er bis zum Ablauf der Frist für das Einlegen des Rechtsbehelfs in erster Instanz oder – wenn er sein Recht innerhalb der gesetzten Frist wahrnimmt – bis zum Ergebnis des Rechtsbehelfs das Recht auf Verbleib im Mitgliedstaat (Artikel 54 Absatz 1). Nur in wenigen Fällen hat der Rechtsbehelf unter Umständen keine automatische aufschiebende Wirkung, so dass der einzelne Antragsteller ein Gericht um die Aufschiebung der Vollstreckung einer Rückkehrentscheidung ersuchen muss oder das Gericht dies von sich aus veranlasst. In Fällen, in denen eine ablehnende Entscheidung ergeht, weil ein Antrag als offensichtlich unbegründet oder in Rahmen des beschleunigten Prüfungsverfahrens oder des Grenzverfahrens als unbegründet eingestuft wird oder als unzulässig gilt, weil der Antragsteller aus einem ersten Asylstaat kommt oder es sich um einen Folgeantrag handelt, sowie bei Ablehnung eines Antrags als ausdrücklich zurückgenommen oder nicht weiter betrieben kann ein Gericht dem Antragsteller entweder auf dessen Ersuchen hin oder von Amts wegen erlauben, bis zur Vollstreckung einer Rückkehrentscheidung im Mitgliedstaat zu verbleiben (Artikel 54 Absatz 2). Legt ein Antragsteller einen weiteren Rechtsbehelf gegen eine erste oder folgende Rechtsbehelfsentscheidung ein, so hat er grundsätzlich kein Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten (Artikel 54 Absatz 5).
Wenn ein Rechtsbehelf in Ausnahmefällen nicht automatisch aufschiebende Wirkung hat, sollten die Rechte des Antragstellers in angemessener Weise sichergestellt werden, indem ihm die erforderliche Verdolmetschung und Rechtsberatung sowie ausreichend Zeit gewährt wird, um seinen Antrag vorzubereiten und dem Gericht vorzulegen. Wie der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) in der Sache M.S.S gegen Belgien und Griechenland festgestellt hat, sollte in solch einem Rahmen zudem ein Gericht die abschlägige Entscheidung der Asylbehörde in faktischer und rechtlicher Hinsicht prüfen können. Unter Berücksichtigung des Urteils des EGMR in der Sache I.M. gegen Frankreich sowie des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache Dörr und angesichts der strengen Fristen für die Einlegung eines Rechtsbehelfs schlägt die Kommission in solchen Fällen vor, die Garantien, die nach der Asylverfahrensrichtlinie nur auf das Grenzverfahren anwendbar waren, auf alle Fälle auszuweiten, in denen der Antragsteller getrennt vorübergehenden Schutz beantragen muss (Artikel 54 Absatz 3). Dem Antragsteller sollte gestattet werden, im Hoheitsgebiet zu verbleiben, bis in dem Verfahren eine Entscheidung über seinen Verbleib ergeht. Diese Entscheidung sollte allerdings innerhalb eines Monats ab der Einlegung des Rechtsbehelfs gefällt werden (Artikel 54 Absatz 4).
Aberkennung des internationalen Schutzes
In ihrem Vorschlag für eine Anerkennungsverordnung schlägt die Kommission vor, die Regeln für die Statusüberprüfung zu stärken und systematische, regelmäßige Überprüfungen einzuführen, um festzustellen, ob die einschlägigen Kriterien weiterhin erfüllt werden. Diese Überprüfungen sind durchzuführen, wenn die Informationen über Herkunftsstaaten auf Unionsebene und die gemeinsamen Analysen der Asylagentur der Europäischen Union auf eine deutliche und maßgebliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat hinweisen; ebenfalls durchzuführen sind sie bei der ersten Erneuerung der Aufenthaltstitel von Flüchtlingen sowie bei der ersten und zweiten Erneuerung der Aufenthaltstitel von Personen mit subsidiärem Schutzstatus. Die zuständigen Behörden werden den Status aberkennen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn das Bedürfnis nach Schutz nicht länger besteht oder wenn Ausschlussgründe auftreten, nachdem Schutz gewährt worden ist. Das in diesem Vorschlag vorgesehene Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes bleibt gegenüber dem geltenden Rechtsrahmen weitgehend unverändert. Angesichts der vorgeschlagenen regelmäßigen Statusüberprüfungen erscheint es jedoch notwendig, die Verfahrensgarantien der Antragsteller zu verbessern und ihnen Gelegenheit zu geben, ihren Fall in einer persönlichen Anhörung darzulegen – statt wie bisher vorgesehen nur in einer schriftlichen Stellungnahme – und eine Verdolmetschung bereitzustellen (Artikel 52 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 52 Absatz 4). Die betreffende Person wird auch weiterhin das Recht auf unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung haben (Artikel 52 Absatz 4).
2016/0224 (COD)
Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe d,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Ziel dieser Verordnung ist es, die derzeit in den Mitgliedstaten geltenden Verfahrensvorschriften zu straffen, zu vereinfachen und zu harmonisieren, indem ein gemeinsames Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union eingeführt wird. Um dies zu erreichen, müssten an der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates erhebliche Änderungen vorgenommen werden, sodass diese aufgehoben und durch eine Verordnung ersetzt werden sollte. Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie sollten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung gelten.
(2)Eine gemeinsame Asylpolitik, einschließlich eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung des Genfer Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 in der Fassung des New Yorker Protokolls vom 31. Januar 1967 (Genfer Flüchtlingskonvention) stützt, ist wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig in der Union um Schutz nachsuchen. Für eine solche Politik sollte der Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten, auch in finanzieller Hinsicht, gelten.
(3)Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf gemeinsame Standards für Asylverfahren, Anerkennung und Schutz auf EU-Ebene sowie für die Aufnahmebedingungen und ein Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaats. Trotz der bislang bei der schrittweisen Schaffung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems erzielten Fortschritte bestehen zwischen den Mitgliedstaaten nach wie vor erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Art der Verfahren, die Anerkennungsquoten, die Art des Schutzes, die Aufnahmebedingungen und die Unterstützungsleistungen, die Antragstellern und Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz gewährt werden. Diese Unterschiede sind ein gewichtiger Beweggrund für Sekundärmigration und sie untergraben das Ziel, sicherzustellen, dass Antragsteller in einem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem überall in der EU gleich behandelt werden.
(4)Die Kommission legte in ihrer Mitteilung vom 6. April 2016 ihre Optionen zur Verbesserung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vor, wie die Einführung eines tragfähigen, fairen Systems zur Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaats, eine Stärkung des Eurodac-Systems, eine größere Konvergenz im Asylsystem der EU, die Verhinderung von Sekundärbewegungen innerhalb der Union und ein neues Mandat für die Asylagentur der Europäischen Union. Diese Mitteilung steht im Einklang mit den Forderungen des Europäischen Rates vom 18. und 19. Februar 2016 nach Fortschritten bei der Reform des bestehenden Rahmens der Union, um eine humane und wirksame Asylpolitik zu gewährleisten. Darin wird im Einklang mit dem ganzheitlichen Migrationskonzept, das im Initiativbericht des Europäischen Parlaments vom 12. April 2016 dargelegt ist, eine künftige Vorgehensweise vorgeschlagen.
(5)Um ein gut funktionierendes Gemeinsames Europäisches Asylsystem zu schaffen, müssen die nationalen Asylsysteme erheblich angeglichen werden. Die derzeitigen in allen Mitgliedstaaten unterschiedlichen Verfahren sollten durch ein gemeinsames Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes ersetzt werden, das gemäß der Verordnung (EU) XXXX/XXX des Europäischen Parlaments und des Rates (Anerkennungsverordnung) in allen Mitgliedstaaten gilt und ein zügiges und effektives Verfahren gewährleistet. Von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellte Anträge auf internationalen Schutz sollten mithilfe eines Verfahrens geprüft werden, für das unabhängig vom Mitgliedstaat, in dem der Antrag eingereicht wird, die gleichen Vorschriften gelten, damit alle Anträge die gleiche Behandlung erfahren und um Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für die Antragsteller zu gewährleisten.
(6)Ein gemeinsames Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes soll die Sekundärmigration von Antragstellern zwischen Mitgliedstaaten, soweit sie auf rechtliche Unterschiede zurückzuführen ist, eindämmen — indem die derzeitigen fakultativen Vorschriften durch harmonisierte Regeln ersetzt und die Rechte und Pflichten der Antragsteller sowie die Folgen eines Verstoßes gegen diese Pflichten präzisiert werden — und gleiche Bedingungen für die Anwendung der Verordnung (EU) XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) in den Mitgliedstaaten schaffen.
(7)Die vorliegende Verordnung sollte für alle Anträge auf internationalen Schutz, die im Hoheitsgebiet — einschließlich an den Außengrenzen, in den Hoheitsgewässern oder in den Transitzonen — der Mitgliedstaaten gestellt werden, sowie für die Aberkennung des internationalen Schutzes gelten. Befinden sich Personen, die um internationalen Schutz nachsuchen, in den Hoheitsgewässern eines Mitgliedstaats, sollten sie an Land gebracht und ihre Anträge nach Maßgabe der vorliegenden Verordnung geprüft werden.
(8)Die vorliegende Verordnung sollte für Anträge auf internationalen Schutz gelten und den Verfahren zugrunde liegen, mittels derer geprüft wird, ob die Antragsteller als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Verordnung (EU) XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) anzuerkennen sind. Neben der Gewährung internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten Personen, denen weder die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt noch ein subsidiärer Schutzstatus gewährt werden kann, einen anderen in ihrem nationalen Recht vorgesehenen humanitären Schutzstatus gewähren. Im Interesse einer Straffung der Verfahren in den Mitgliedstaaten sollten die Mitgliedstaaten die vorliegende Verordnung auch auf Anträge auf Zuerkennung eines derartigen Schutzstatus anwenden können.
(9)In Bezug auf die Behandlung von Personen, die unter diese Verordnung fallen, sind die Mitgliedstaaten an ihre Verpflichtungen aus den völkerrechtlichen Instrumenten gebunden, denen sie beigetreten sind.
(10)Die Bemühungen der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der vorliegenden Verordnung, insbesondere die Bemühungen der Mitgliedstaaten, deren Asyl- und Aufnahmesysteme einem besonderen und unverhältnismäßigen Druck ausgesetzt sind, sollten mit Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds in geeigneter Weise unterstützt werden.
(11)Die Asylagentur der Europäischen Union sollte den Mitgliedstaaten die für die Anwendung der vorliegenden Verordnung erforderliche operative und technische Unterstützung bereitstellen, indem sie den nationalen Behörden insbesondere Sachverständige zur Seite stellt, die sie bei der Entgegennahme, Registrierung und Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz unterstützen, und indem sie ihnen aktuelle Informationen über Drittstaaten, insbesondere Informationen über Herkunftsländer liefert und Orientierungshilfen zur Lage in bestimmten Herkunftsländern gibt. Bei der Anwendung der vorliegenden Verordnung sollten die Mitgliedstaaten die von der Asylagentur der Europäischen Union entwickelten operativen Normen, Indikatoren, Leitlinien und bewährten Verfahren berücksichtigen.
(12)Im Interesse einer ordnungsgemäßen Feststellung der Personen, die Schutz als Flüchtlinge im Sinne des Artikels 1 der Genfer Flüchtlingskonvention oder als Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz benötigen, sollte jeder Antragsteller effektiven Zugang zum Verfahren und die Gelegenheit erhalten, mit den zuständigen Behörden zu kooperieren und effektiv mit ihnen zu kommunizieren, um ihnen den ihn betreffenden Sachverhalt darlegen zu können; ferner sollten ausreichende Verfahrensgarantien bestehen, damit er sein Verfahren über sämtliche Instanzen betreiben kann.
(13)Der Antragsteller sollte effektiv Gelegenheit erhalten, der Asylbehörde alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Elemente vorzulegen. Aus diesem Grund sollte der Antragsteller vorbehaltlich begrenzter Ausnahmen das Recht genießen, im Rahmen einer persönlichen Anhörung je nach Sachlage zur Zulässigkeit oder zur Begründetheit seines Antrags gehört zu werden. Damit er sein Recht auf persönliche Anhörung effektiv wahrnehmen kann, sollte dem Antragsteller ein Dolmetscher zur Seite gestellt und ihm Gelegenheit gegeben werden, die Gründe für seinen Antrag umfassend darzulegen. Dem Antragsteller sollte ausreichend Zeit zugestanden werden, um sich auf die Anhörung vorzubereiten und den Rat eines Rechtsanwalts oder sonstigen Rechtsberaters einzuholen; ferner sollte ihm gestattet werden, sich bei der Anhörung von seinem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater unterstützen zu lassen. Die persönliche Anhörung sollte unter Bedingungen stattfinden, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten, und von Personen durchgeführt werden, die über eine einschlägige Ausbildung und Befähigung verfügen, erforderlichenfalls auch von Bediensteten von Behörden anderer Mitgliedstaaten oder von Sachverständigen der Asylagentur der Europäischen Union. Auf die persönliche Anhörung kann nur verzichtet werden, wenn die Asylbehörde dem Antrag ohnehin stattzugeben gedenkt oder der Auffassung ist, dass der Antragsteller aufgrund eines dauerhaften Umstands, der sich seinem Einfluss entzieht, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Da die persönliche Anhörung einen wesentlichen Bestandteil der Antragsprüfung darstellt, sollte sie aufgenommen werden, und bevor die Asylbehörde über den Antrag entscheidet, beziehungsweise — in einem beschleunigten Verfahren — zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung ergeht, sollte der Mitschnitt sowie die Niederschrift oder das Wortlautprotokoll der Anhörung den Antragstellern sowie ihren Rechtsanwälten zugänglich gemacht werden.
(14)Es liegt im Interesse der Mitgliedstaaten und der Antragsteller, dass bereits im Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß festgestellt wird, ob ein Antragsteller internationalen Schutz benötigt, und die Entscheidungsfindung ist effizienter und zuverlässiger, wenn hochwertige Informationen und Rechtsberatung gewährleistet sind. Der Zugang zu Rechtsberatung und Rechtsvertretung sollte daher im gemeinsamen Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes verankert sein. Damit die Rechte des Antragstellers — insbesondere das Recht auf Verteidigung und der Grundsatz des fairen Verfahrens — effektiv gewahrt werden und ein effizientes Verfahren gewährleistet ist, sollte den Antragstellern im Verwaltungsverfahren und im Rechtsbehelfsverfahren auf Antrag und nach Maßgabe der in der vorliegenden Verordnung festgelegten Bedingungen unentgeltliche Rechtsberatung und Rechtsvertretung gewährt werden. Die unentgeltliche Rechtsberatung und Rechtsvertretung sollten durch nach nationalem Recht dazu befähigte Personen geleistet werden.
(15)Bestimmte Antragsteller benötigen unter Umständen besondere Verfahrensgarantien, unter anderem aufgrund ihres Alters, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Ausrichtung, ihrer Geschlechtsidentität, einer Behinderung, einer schweren Erkrankung, einer psychischen Störung oder infolge von Folter, Vergewaltigung oder sonstigen schweren Formen psychischer, physischer oder sexueller oder geschlechtsbezogener Gewalt. Ob ein Antragsteller besondere Verfahrensgarantien benötigt, muss systematisch geprüft werden, und diese Prüfung muss so früh wie möglich nach der Antragstellung erfolgen, damit die betreffenden Antragsteller ermittelt werden, bevor eine Entscheidung ergeht.
(16)Um eine möglichst frühzeitige Ermittlung der Antragsteller, die besondere Verfahrensgarantien benötigen, sicherzustellen, sollten die Bediensteten der für die Entgegennahme und Registrierung der Anträge zuständigen Behörden in der Erkennung von Anzeichen für Schutzbedürftigkeit geschult und dazu eigens angewiesen werden. Weitere Maßnahmen, die sich auf die Erkennung und Dokumentation von Symptomen und Anzeichen von Folter oder sonstigen schweren Formen physischer oder psychischer Gewalt einschließlich sexueller Gewalt in Verfahren nach Maßgabe dieser Verordnung beziehen, sollten sich unter anderem auf das Handbuch für die wirksame Untersuchung und Dokumentation von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (Istanbul-Protokoll) stützen.
(17)Antragsteller, die besondere Verfahrensgarantien benötigen, sollten eine angemessene Unterstützung erhalten, einschließlich ausreichend Zeit, um die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie das Verfahren effektiv in Anspruch nehmen und die zur Begründung ihres Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Angaben machen können. In Fällen, in denen es im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens oder eines Verfahrens an der Grenze nicht möglich ist, einem Antragsteller, der besondere Verfahrensgarantien benötigt, ausreichend Unterstützung zu gewähren, sollte der Antragsteller von diesen Verfahren ausgenommen werden. Die Notwendigkeit besonderer Verfahrensgarantien, die der Anwendung des beschleunigten Verfahrens oder des Grenzverfahrens entgegenstehen könnten, sollte ferner bedeuten, dass der Antragsteller zusätzliche Garantien erhält, wenn sein Rechtsbehelf nicht automatisch aufschiebende Wirkung hat, damit der Rechtsbehelf unter den besonderen Umständen seines Falles effektiv ist.
(18)Die Prüfungsverfahren sollten geschlechtsspezifischen Anforderungen Rechnung tragen, um eine tatsächliche Gleichbehandlung weiblicher und männlicher Antragsteller zu gewährleisten. Insbesondere sollten persönliche Anhörungen in einer Weise abgehalten werden, die es weiblichen und männlichen Antragstellern gleichermaßen ermöglicht, über ihre Erfahrungen in Fällen geschlechtsspezifischer Verfolgung zu sprechen. Dabei sollte Frauen effektiv Gelegenheit gegeben werden, getrennt von ihrem Ehegatten, Lebenspartner oder anderen Familienmitgliedern gehört zu werden. Frauen und Mädchen sollten nach Möglichkeit weibliche Dolmetscher und Gesprächspartner erhalten. Für medizinische Untersuchungen an Frauen und Mädchen sollten weibliche Ärzte herangezogen werden; dies gilt insbesondere für Fälle, in denen der Verdacht besteht, dass die Antragstellerin geschlechtsbezogene Gewalt erlitten hat. In Verfahren, in denen auf das Konzept des ersten Asylstaats, das Konzept des sicheren Drittstaats, das Konzept des sicheren Herkunftsstaats oder den Begriff des Folgeantrags abgestellt wird, sollte der Komplexität geschlechtsspezifisch begründeter Anträge angemessen Rechnung getragen werden.
(19)Wird ein Antragsteller im Rahmen der Bearbeitung eines Antrags durchsucht, so sollte diese Durchsuchung durch eine Person gleichen Geschlechts durchgeführt werden. Eine Durchsuchung aus Sicherheitsgründen auf der Grundlage nationalen Rechts sollte davon unberührt bleiben.
(20)Bei der Anwendung dieser Verordnung sollten die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 24 der Charta und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes das Wohl des Kindes vorrangig berücksichtigen. Bei der Beurteilung des Kindeswohls sollten die Mitgliedstaaten insbesondere das Wohlbefinden und die soziale Entwicklung einschließlich des Hintergrunds des Minderjährigen berücksichtigen. Im Hinblick auf Artikel 12 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes sollte die Asylbehörde bezüglich des Rechts des Kindes, gehört zu werden, Minderjährigen Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung geben, sofern das Wohl des Minderjährigen dem nicht offensichtlich entgegensteht.
(21)Mit dem gemeinsamen Verfahren werden die Fristen für den Zugang von Antragstellern zum Verfahren, für die Prüfung der Anträge durch die Asylbehörden und für die Prüfung des Rechtsbehelfs in erster Instanz durch die Justizbehörden gestrafft. Falls eine unverhältnismäßig große Zahl von Anträgen zu einer Verzögerung des Zugangs zum Verfahren sowie der Prüfung der Anträge führen sollte, kann zuweilen als vorübergehende Maßnahme eine ausnahmsweise Verlängerung der Fristen erforderlich sein. Eine solche Fristverlängerung ist allerdings als letztes Mittel einzusetzen, denn die Mitgliedstaaten sollten, um die Effizienz ihres Asylsystems sicherzustellen, ihren Bedarf regelmäßig prüfen und erforderlichenfalls Notfallpläne aufstellen, und die Asylagentur der Europäischen Union sollte den Mitgliedstaaten die erforderliche operative und technische Unterstützung bereitstellen, um die Verfahrenseffektivität in jedem Fall gewährleisten zu können. Wenn ein Mitgliedstaat absehen kann, dass er die festgelegten Fristen nicht wird einhalten können, sollte er die Asylagentur der Europäischen Union um Unterstützung ersuchen. Wenn ein Mitgliedstaat nicht um Unterstützung ersucht und sein Asylsystem aufgrund unverhältnismäßigen Drucks so uneffektiv wird, dass das Funktionieren des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gefährdet ist, kann die Kommission die Agentur per Durchführungsbeschluss anweisen, den betreffenden Mitgliedstaat zu unterstützen.
(22)Der Zugang zum gemeinsamen Verfahren sollte auf einem dreistufigen Ansatz mit folgenden Elementen beruhen: Antragstellung, Registrierung des Antrags und Einreichung des Antrags. Die Antragstellung ist die erste Verfahrensstufe; sie bewirkt die Anwendung der vorliegenden Verordnung. Wenn ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser den Wunsch äußert, dass ihm ein Mitgliedstaat internationalen Schutz gewähren möge, gilt dies als Antragstellung. Dieser Wunsch kann in beliebiger Form geäußert werden und der Antragsteller braucht hierzu nicht unbedingt Fachbegriffe (wie „internationaler Schutz“, „Asyl“ oder „subsidiärer Schutz“) zu verwenden. Das wesentliche Element sollte die Aussage eines Drittstaatsangehörigen sein, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland – oder, im Falle eines Staatenlosen, in das Land seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts – befürchten muss, verfolgt zu werden oder ernsthaften Schaden zu erleiden. Bestehen bei einer Aussage Zweifel, ob sie als Antrag auf internationalen Schutz anzusehen ist, sollte der Drittstaatsangehörige oder der Staatenlose ausdrücklich gefragt werden, ob er internationalen Schutz zu erhalten wünscht. Sobald der Antragsteller in dieser Weise einen Antrag stellt, sollten ihm die entsprechenden Rechte aus der vorliegenden Verordnung sowie aus der Richtlinie XXXX/XX/EU (Richtlinie über die Aufnahmebedingungen) gewährt werden.
(23)Sobald ein Antrag gestellt wird, sollte er registriert werden. In dieser Stufe sollten die für die Entgegennahme und Registrierung der Anträge zuständigen Behörden, wie Grenzschutz, Polizei, Einwanderungsbehörden und für Gewahrsamseinrichtungen zuständige Behörden den Antrag zusammen mit den Personalien des Antragstellers registrieren. Diese Behörden sollten den Antragsteller über seine Rechte und Pflichten und über die Folgen, die ein Verstoß gegen diese Pflichten für ihn haben kann, aufklären. Dem Antragsteller sollte ein Dokument ausgehändigt werden, auf dem die Antragstellung bescheinigt wird. Die Frist für die Einreichung eines Antrags beginnt mit dem Zeitpunkt der Registrierung des Antrags.
(24)Die Einreichung des Antrags ist die Handlung, mit der der Antrag auf internationalen Schutz formalisiert wird. Der Antragsteller sollte darüber informiert werden, wie und wo er seinen Antrag auf internationalen Schutz einreichen kann, und es sollte ihm effektiv Gelegenheit gegeben werden, dies zu tun. In dieser Stufe muss er alle ihm zur Verfügung stehenden Elemente vorlegen, die zur Begründung und Ergänzung seines Antrags benötigt werden. Die Frist für das Verwaltungsverfahren beginnt mit dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags. Zu diesem Zeitpunkt sollte dem Antragsteller ein Dokument ausgehändigt werden, auf dem ihm sein Status als Antragsteller bescheinigt wird und das so lange gültig ist, wie er im Hoheitsgebiet des für die Prüfung seines Antrags zuständigen Mitgliedstaats zu verbleiben berechtigt ist.
(25)Der Antragsteller sollte frühzeitig und in einer Sprache, die er versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass er sie versteht, ordnungsgemäß über seine Rechte und Pflichten informiert werden, Da ein Antrag, falls der Antragsteller die Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden verweigert, indem er beispielsweise die für die Prüfung seines Antrags erforderlichen Elemente oder Fingerabdrücke oder Gesichtsbilder nicht vorlegt oder indem er seinen Antrag nicht innerhalb der gesetzten Frist einreicht, als nicht weiter betrieben abgelehnt werden könnte, müssen die Antragsteller darüber informiert werden, welche Folgen es haben kann, wenn sie diesen Pflichten nicht nachkommen.
(26)Damit die Bediensteten der für die Entgegennahme und Registrierung der Anträge zuständigen Behörden ihre Pflichten aus der vorliegenden Verordnung erfüllen können, sollten sie über angemessene Kenntnisse in Fragen des internationalen Schutzes verfügen und die hierzu erforderlichen Schulungen erhalten haben, wobei auch die Unterstützung der Asylagentur der Europäischen Union in Anspruch genommen werden kann. Damit sie ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen können, sollten ihnen außerdem angemessene Mittel und Anweisungen zur Verfügung gestellt werden.
(27)Um die Inanspruchnahme des Verfahrens an den Grenzübergangsstellen und in den Gewahrsamseinrichtungen zu erleichtern, sollten Informationen über die Möglichkeit, internationalen Schutz zu beantragen, bereitgestellt werden. Es sollten Dolmetscher bereitgestellt werden, um ein Mindestmaß an Kommunikation zu gewährleisten, damit die zuständigen Behörden verstehen können, ob Personen ihnen gegenüber erklären, dass sie internationalen Schutz erhalten wollen.
(28)Die vorliegende Verordnung sollte die Möglichkeit vorsehen, dass ein Antragsteller auch Anträge im Namen seines Ehegatten, seines Partners, der mit ihm eine stabile, dauerhafte Beziehung führt, sowie der von ihm abhängigen Volljährigen und Minderjährigen einreicht. Wenn von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, sollten diese Anträge gemeinsam geprüft werden können. Falls ein Antragsteller es versäumt, innerhalb der für die Einreichung von Anträgen geltenden Frist Anträge im Namen seines Ehegatten, seines Partners, der von ihm abhängigen Volljährigen oder Minderjährigen einzureichen, wird das Recht jeder Person, um internationalen Schutz nachzusuchen, dadurch gewährleistet, dass der Ehegatte oder Partner dies auch in eigenem Namen tun kann und die Asylbehörde abhängige Volljährige oder Minderjährige dabei unterstützen wird. Ist eine getrennte Antragstellung allerdings nicht gerechtfertigt, sollte der betreffende Antrag als unzulässig betrachtet werden.
(29)Um unbegleiteten Minderjährigen einen effektiven Zugang zum Verfahren zu gewährleisten, sollte stets ein Vormund für sie ernannt werden. Der Vormund sollte eine Einzelperson oder eine in Vertretung einer Organisation handelnde Person sein, die bestellt wird, um den Minderjährigen während des Verfahrens zu unterstützen und zu begleiten, damit das Wohl des Kindes und sein allgemeines Wohlergehen geschützt werden. Soweit erforderlich sollte der Vormund Rechtshandlungen für den Minderjährigen vornehmen. Damit der Vormund die unbegleiteten Minderjährigen effektiv unterstützen kann, sollte ihm keine unverhältnismäßig große Zahl unbegleiteter Minderjähriger zur gleichen Zeit zugewiesen werden. Die Mitgliedstaaten sollten Einrichtungen oder Personen benennen, die dafür zuständig sind, die Vormunde bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, zu beaufsichtigen und zu überwachen. Unbegleitete Minderjährige sollten ihren Antrag in ihrem eigenen Namen oder über ihren Vormund einreichen. Um die Rechte und Verfahrensgarantien unbegleiteter Minderjähriger zu gewährleisten, sollte ihre Frist für die Einreichung eines Antrags erst beginnen, wenn ihr Vormund ernannt wird und sie diesen treffen. Falls der Vormund es versäumt, den Antrag für den unbegleiteten Minderjährigen innerhalb der geltenden Frist einzureichen, sollte diesem Gelegenheit gegeben werden, den Antrag mit Unterstützung der Asylbehörde in eigenem Namen einzureichen. Reicht ein unbegleiteter Minderjähriger einen Antrag in eigenem Namen ein, so sollte dies keinen Grund dafür darstellen, keinen Vormund für ihn zu bestellen.
(30)Um die Rechte der Antragsteller zu gewährleisten, sollte über alle Anträge auf internationalen Schutz nach einer eingehenden Prüfung, bei der sämtliche vom Antragsteller vorgelegten Elemente sowie dessen individuelle Umstände Berücksichtigung finden, tatsachenbasiert, objektiv, unparteiisch und im Einzelfall entscheiden werden. Zur Gewährleistung einer sorgfältigen Prüfung der Anträge sollte die Asylbehörde sachdienliche, präzise und aktuelle Informationen über die Lage im Herkunftsland des Antragstellers berücksichtigen, die sie bei der Asylagentur der Europäischen Union und bei anderen Quellen, wie dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) einholt. Ferner sollte die Asylbehörde sachdienliche, von der Asylagentur der Europäischen Union erstellte gemeinsame Analysen von Informationen über Herkunftsländer berücksichtigen. Unbeschadet der nach der vorliegenden Verordnung geltenden Grundsätze der Verfahrenseffizienz und des fairen Verfahrens sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass eine etwaige Verzögerung beim Abschluss der Verfahren in vollem Umfang mit ihren Verpflichtungen aus der Verordnung (EU) XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) und aus dem Recht auf eine gute Verwaltung im Einklang steht.
(31)Um die Rechte der Antragsteller zu gewährleisten, sollte die Entscheidung über ihren Antrag in schriftlicher Form ergehen. Wird dem Antragsteller kein internationaler Schutz gewährt, so sollten ihm die Gründe für diese Entscheidung mitgeteilt werden, und er sollte über ihre Folgen sowie darüber informiert werden, wie er die Entscheidung anfechten kann. Unbeschadet des Rechts auf Verbleib des Antragstellers und unbeschadet des Grundsatzes der Nichtzurückweisung kann gleichzeitig mit dieser Entscheidung eine Rückkehrentscheidung nach Artikel 6 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ergehen oder die Entscheidung kann eine solche Rückkehrentscheidung bereits enthalten.
(32)Sämtliche Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz müssen von Behörden getroffen werden, deren Bedienstete über angemessene Kenntnisse in Fragen des internationalen Schutzes verfügen und die hierzu erforderlichen Schulungen erhalten haben und die ihre Tätigkeit unter gebührender Achtung der geltenden berufsethischen Grundsätze ausüben. Das Gleiche gilt für die Bediensteten von Behörden anderer Mitgliedstaaten und für die Sachverständigen der Asylagentur der Europäischen Union, die entsandt werden, um die Asylbehörde eines Mitgliedstaats bei der Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz zu unterstützen.
(33)Unbeschadet der Durchführung einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz liegt es im Interesse sowohl der Mitgliedstaaten als auch der Antragsteller, dass so rasch wie möglich über die Anträge entschieden wird. Um das Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes zu straffen, sollten sowohl für das Verwaltungsverfahren als auch für den Rechtsbehelf in erster Instanz eine Höchstverfahrensdauer festgelegt werden. Auf diese Weise könnte erreicht werden, dass die Antragsteller in allen Mitgliedstaaten in möglichst rasch eine Entscheidung über ihren Antrag erhalten und somit ein rasches und effizientes Verfahren sichergestellt wird.
(34)Damit die Gesamtdauer des Verfahrens in bestimmten Fällen verkürzt wird, sollten die Mitgliedstaaten entsprechend ihren nationalen Bedürfnissen die Flexibilität haben, der Prüfung eines Antrags Vorrang vor der Prüfung anderer, früher gestellter Anträge einzuräumen, ohne dabei von den üblicherweise geltenden Fristen, Grundsätzen und Garantien abzuweichen.
(35)Bevor der erste Mitgliedstaat, in dem ein Antrag eingereicht wurde, den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Verordnung (EU) XXXX/XX des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-Verordnung) ) bestimmt, sollte er angesichts der Möglichkeit, dass ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, als erster Asylstaat des Antragstellers oder als für den Antragsteller sicherer Drittstaat betrachtet wird, prüfen, ob der Antrag zulässig ist. Auch ein Folgeantrag, bei dem keine neuen Umstände oder Erkenntnisse vorgebracht werden, oder ein ungerechtfertigter separater Antrag eines Ehegatten, Partners, abhängigen Volljährigen oder Minderjährigen sollte als unzulässig betrachtet werden.
(36)Wenn vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass ein anderer Staat Schutz auf der Grundlage der materiellen Standards der Genfer Flüchtlingskonvention gewähren oder für einen ausreichenden Schutz des Antragstellers sorgen würde, sollte der Antrag gemäß dem Konzept des ersten Asylstaats als unzulässig betrachtet werden. Insbesondere in Fällen, in denen der erste Asylstaat dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt oder ihm anderweitig ausreichenden Schutz gewährt hat, sollten die Mitgliedstaaten den Antrag nicht auf seine Begründetheit hin prüfen. Die Mitgliedstaaten sollten nur dann nach diesem Prinzip verfahren, wenn sie die Gewissheit haben – wobei sie sich dies erforderlichenfalls von dem betreffenden Drittstaat bestätigen lassen –, dass dem Antragsteller in diesem Staat Schutz auf der Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention oder anderweitig ausreichender Schutz gewährt wurde und ihm dieser weiter gewährt werden wird und dass er dort insbesondere im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsstandards ein Aufenthaltsrecht genießt, Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Aufnahmeeinrichtungen, zu medizinischer Versorgung und zu Bildungsleistungen hat und das Recht auf Familienzusammenführung in Anspruch nehmen kann.
(37)Der Antrag sollte gemäß dem Konzept des sicheren Drittstaats als unzulässig betrachtet werden, wenn vom Antragsteller aufgrund einer Verbindung zu einem Drittstaat, einschließlich sicherer Drittstaaten, die er durchquert hat, vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er in diesem Drittstaat Schutz suchen wird, und wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Übernahme oder Rückübernahme des Antragstellers in diesen Staat gewährleistet ist. Die Mitgliedstaaten sollten nur dann nach diesem Prinzip verfahren, wenn sie die Gewissheit haben – wobei sie sich dies erforderlichenfalls von dem betreffenden Drittstaat bestätigen lassen –, dass dem Antragsteller in diesem Staat Schutz auf der Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention oder anderweitig ausreichender Schutz gewährt wurde und ihm dieser weiter gewährt werden wird und dass er dort insbesondere im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsstandards ein Aufenthaltsrecht genießt, Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Aufnahmeeinrichtungen, zu medizinischer Versorgung und zu Bildungsleistungen hat und das Recht auf Familienzusammenführung in Anspruch nehmen kann.
(38)Ein Antrag auf internationalen Schutz sollte auf seine Begründetheit geprüft werden, um festzustellen, ob der Antragsteller gemäß der Verordnung (EU) XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist. Im Falle, dass ein Antrag gemäß dieser Verordnung als unzulässig anzusehen wäre, ist eine Prüfung der Begründetheit nicht erforderlich. Führt eine erste Vorab-Bewertung eindeutig zu dem Ergebnis, dass ein Antrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, kann der Antrag ohne Prüfung der Begründetheit aus diesem Grund abgelehnt werden.
(39)Die Prüfung des Antrags sollte beschleunigt und innerhalb von höchstens zwei Monaten abgeschlossen werden, wenn ein Antrag offensichtlich unbegründet ist, weil es sich um einen missbräuchlichen Antrag handelt, beispielsweise wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt oder den Antrag nur stellt, um eine Abschiebungsentscheidung zu verzögern oder zu behindern, wenn ein Antrag schwerwiegende Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung aufwirft, wenn der Antragsteller den internationalen Schutz nicht im Mitgliedstaat der ersten Einreise oder im Mitgliedstaat des rechtmäßigen Aufenthalts beantragt, und wenn ein Antragsteller, dessen Antrag bereits geprüft wird und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, gemäß der Dublin-Verordnung wieder aufgenommen wird. Im letzteren Fall sollte die Prüfung des Antrags nicht beschleunigt werden, wenn der Antragsteller hinreichend begründen kann, weshalb er sich ohne Genehmigung in einen anderen Mitgliedstaat begeben hat, weshalb er in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat bzw. weshalb er den zuständigen Behörden nicht zur Verfügung stand, d. h., wenn er beispielsweise anführen kann, dass er nicht in angemessener Weise und frühzeitig über seine Pflichten informiert wurde. Im Falle unbegleiteter Minderjähriger kann ein beschleunigtes Prüfungsverfahren nur unter den wenigen, in der vorliegenden Verordnung aufgeführten Umständen angewandt werden.
(40)Viele Anträge auf internationalen Schutz werden an der Grenze oder in Transitzonen eines Mitgliedstaats gestellt, bevor eine Entscheidung über die Einreise des Antragstellers vorliegt. Die Mitgliedstaaten sollten Verfahren für die Prüfung der Zulässigkeit oder der Begründetheit von Anträgen vorsehen können, die es ermöglichen, unter genau festgelegten Umständen an Ort und Stelle über solche Anträge zu entscheiden. Das Verfahren an der Grenze sollte nicht länger als vier Wochen dauern, und nach Ablauf dieser Zeit sollte den Antragstellern die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats gestattet werden. Lediglich, wenn eine unverhältnismäßig große Zahl von Antragstellern Anträge an der Grenze oder in einer Transitzone stellen, sollte das Grenzverfahren auch in der Nähe der Grenze oder der Transitzone angewandt werden können. Im Falle unbegleiteter Minderjähriger kann ein Grenzverfahren nur unter den wenigen, in der vorliegenden Verordnung aufgeführten Umständen angewandt werden.
(41)Der Begriff „öffentliche Ordnung“ kann unter anderem die Verurteilung wegen der Begehung einer schweren Straftat umfassen.
(42)Solange ein Antragsteller seinen Antrag rechtfertigen kann, sollte das Fehlen von Dokumenten bei der Einreise oder die Verwendung falscher oder gefälschter Dokumente allein nicht automatisch die Anwendung eines beschleunigten Verfahrens oder eines Grenzverfahrens zur Folge haben.
(43)Wenn ein Antragsteller seinen Antrag aus freien Stücken ausdrücklich zurücknimmt oder wenn er seinen Verpflichtungen aus der vorliegenden Verordnung, aus der Verordnung (EU) XXXX/XX (Dublin-Verordnung) oder aus der Richtlinie XXXX/XX/EU (Richtlinie über die Aufnahmebedingungen) nicht nachkommt und dadurch seinen Antrag stillschweigend zurücknimmt, sollte der Antrag nicht weiter geprüft werden und als ausdrücklich zurückgenommen oder nicht weiter betrieben abgelehnt werden, und nach dieser Entscheidung sollte jeder weitere Antrag dieses Antragstellers in den Mitgliedstaaten als Folgeantrag angesehen werden. Allerdings sollte nicht automatisch von einer stillschweigenden Zurücknahme ausgegangen werden, sondern dem Antragsteller sollte Gelegenheit gegeben werden, sich bei der Asylbehörde zu melden und nachzuweisen, dass der Verstoß gegen seine Verpflichtungen auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte.
(44)Stellt ein Antragsteller einen Folgeantrag, ohne dabei neue Beweiselemente oder Erkenntnisse vorzubringen, die erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass er als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, oder die die Gründe für die Ablehnung seines vorherigen Antrags wegen Unzulässigkeit betreffen, so sollte dieser Folgeantrag nicht einem vollständigen Prüfungsverfahren unterzogen werden. In diesen Fällen sollten die Anträge gemäß dem Grundsatz der rechtskräftig entschiedenen Sache (res iudicata) nach einer ersten Prüfung als unzulässig oder als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, wenn keine konkrete Aussicht auf Erfolg besteht, weil sie eindeutig nicht stichhaltig oder missbräuchlich sind. Die erste Prüfung erfolgt auf der Grundlage schriftlicher Angaben und einer persönlichen Anhörung, wobei die persönliche Anhörung entfallen kann, wenn aus den schriftlichen Angaben hervorgeht, dass der Antrag keine maßgeblichen neuen Elemente oder Erkenntnisse enthält oder dass er eindeutig nicht stichhaltig ist und somit keine konkrete Aussicht auf Erfolg besteht. In Bezug auf das Recht des Antragstellers auf Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats können bei Folgeanträgen Ausnahmen gemacht werden; dies gilt, wenn ein Folgeantrag als unzulässig oder unbegründet abgelehnt wird und – im Falle eines zweiten oder weiteren Folgeantrags – wenn in einem beliebigen anderen Mitgliedstaat ein Antrag gestellt wird, nachdem ein vorhergehender Folgeantrag durch eine bestandskräftige Entscheidung als unzulässig, unbegründet oder offensichtlich unbegründet abgelehnt worden war.
(45)Ein entscheidendes Kriterium für die Begründetheit eines Antrags auf internationalen Schutz ist die Sicherheit des Antragstellers in seinem Herkunftsstaat. In Anbetracht des Ziels der Verordnung (EU) XXXX/XX (Anerkennungsverordnung), die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz so weit wie möglich zu vereinheitlichen, sollten mit der vorliegenden Verordnung gemeinsame Kriterien für die Benennung von Drittstaaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden und im Hinblick auf die Notwendigkeit, das Konzept des sicheren Herkunftsstaats als wesentliches Instrument zur Unterstützung der zügigen Bearbeitung von Anträgen, die voraussichtlich unbegründet sind, anzuwenden, sollte die vorliegende Verordnung eine gemeinsame EUB-Liste sicherer Herkunftsstaaten enthalten.
(46)Der Umstand, dass ein Drittstaat in der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten aufgeführt ist, kann keine absolute Garantie für die Sicherheit von Staatsangehörigen dieses Staates begründen, und es ist daher weiterhin geboten, Anträge auf internationalen Schutz in jedem einzelnen Fall angemessen zu prüfen. Bei der dieser Benennung zugrunde liegenden Prüfung können naturgemäß nur die allgemeinen staatsbürgerlichen, rechtlichen und politischen Gegebenheiten in dem betreffenden Staat sowie der Umstand berücksichtigt werden, ob Personen, die in diesem Staat der Verfolgung, Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung für schuldig befunden werden, auch tatsächlich bestraft werden. Daher kann ein als sicher eingestufter Staat für einen Antragsteller nicht länger als solcher gelten, wenn dieser aufzeigt, dass es schwerwiegende Gründe für die Annahme gibt, dass der betreffende Staat für ihn in seiner besonderen Situation nicht sicher ist.
(47)Mit der vorliegenden Verordnung sollte eine Benennung der sicheren Drittstaaten vorgenommen werden, die EU-weit gilt. Die Benennung von Drittstaaten als sichere Drittstaaten auf Unionsebene sollte im Wege einer Änderung der vorliegenden Verordnung erfolgen; dabei sollten die in der vorliegenden Verordnung festgelegten Bedingungen beachtet und zunächst eine eingehende, faktengestützte Bewertung mit einer dokumentierten Analyse und einer breit angelegten Konsultation mit den Mitgliedstaaten und sonstigen Interessenträgern durchgeführt werden.
(48)Durch die Erstellung einer gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten und einer gemeinsamen EU-Liste sicherer Drittstaaten werden einige der bestehenden Unterschiede zwischen den von den Mitgliedstaaten erstellten nationalen Listen sicherer Staaten behoben. Auch wenn die Mitgliedstaaten weiterhin das Recht haben sollten, Rechtsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen, die es ermöglichen, auf nationaler Ebene sichere Drittstaaten zu benennen, die nicht als sichere Drittstaaten auf Unionsebene benannt wurden oder in der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten aufgeführt sind, sollte durch die gemeinsame Benennung oder Liste sichergestellt werden, dass das Konzept von allen Mitgliedstaaten einheitlich gegenüber Antragstellern angewendet wird, deren Herkunftsstaaten auf der gemeinsamen Liste stehen oder die eine Verbindung zu einem sicheren Drittstaat haben. Dies sollte zu einheitlicheren Verfahren führen, wodurch auch der Sekundärmigration von Personen, die internationalen Schutz beantragen, entgegengewirkt werden soll. Aus diesem Grund sollte die Möglichkeit, einzelstaatliche Listen oder Benennungen zu verwenden, innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung enden.
(49)Die Kommission sollte mit der Unterstützung der Asylagentur der Europäischen Union regelmäßig die Lage in den Drittstaaten überprüfen, die als sichere Drittstaaten auf Unionsebene benannt wurden oder in der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten aufgeführt sind. Im Falle einer plötzlichen Verschlechterung der Lage in einem solchen Drittstaat sollte der Kommission im Einklang mit Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Befugnis zur Annahme eines delegierten Rechtsaktes übertragen werden, um den betreffenden Drittstaat vorübergehend von der Benennung als sicherer Drittstaat auf Unionsebene auszunehmen oder von der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten zu streichen. Innerhalb von drei Monaten nach dem Erlass des delegierten Rechtsakts, mit dem der Drittstaat vorübergehend ausgenommen wird, sollte die Kommission außerdem eine Änderung der vorliegenden Verordnung vorschlagen, um den Drittstaat nicht mehr als sicheren Drittstaat auf Unionsebene zu benennen oder den Drittstaat von der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten zu entfernen.
(50)Für die Zwecke dieser substantiierten Bewertung sollte sich die Kommission auf eine Reihe ihr zur Verfügung stehender Informationsquellen stützen. Hierzu gehören insbesondere ihre jährlichen Fortschrittsberichte über die vom Europäischen Rat als Kandidatenländer benannten Drittstaaten, regelmäßige Berichte des Europäischen Auswärtigen Dienstes sowie Informationen der Mitgliedstaaten, der Asylagentur der Europäischen Union, des Amtes des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, des Europarats und sonstiger einschlägiger internationaler Organisationen. Die Kommission sollte die Befugnis besitzen, die Ausnahme von der Benennung eines Drittstaats als sicheren Drittstaat auf Unionsebene oder die Entfernung eines Drittstaats von der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten um einen Zeitraum von sechs Monaten zu verlängern und diese Verlängerung einmal zu erneuern. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.
(51)Läuft die Geltungsdauer des delegierten Rechtsakts und seine etwaigen Verlängerungen aus und wird kein weiterer delegierter Rechtsakt erlassen, sollten die Ausnahme des Drittstaats von der Benennung als sicheren Drittstaat auf Unionsebene oder die Streichung des Drittstaats von der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten aufgehoben werden. Dies lässt etwaige Änderungsvorschläge zur Entfernung des Drittstaates von den Listen unberührt.
(52)Die Kommission sollte mit der Unterstützung der Asylagentur der Europäischen Union regelmäßig die Lage in den Drittstaaten überprüfen, die von der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten oder sicherer Drittstaaten entfernt wurden. Sie sollte dies auch tun, wenn ein Mitgliedstaat der Kommission mitteilt, dass er aufgrund einer substantiierten Bewertung zu der Auffassung gelangt ist, dass der Staat infolge von Änderungen seiner Lage die in der vorliegenden Verordnung festgelegten Bedingungen für die Benennung als sicherer Staat wieder erfüllt. In einem solchen Fall sollen die Mitgliedstaaten den betreffenden Mitgliedstaat lediglich auf einzelstaatlicher Ebene als sicheren Herkunftsstaat oder sicheren Drittstaat benennen dürfen, solange die Kommission keine Einwände gegen diese Benennung erhebt. Ist die Kommission der Auffassung, dass diese Bedingungen erfüllt sind, kann sie einen Vorschlag zur Änderung der Benennung der sicheren Drittstaaten auf Unionsebene oder der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten vorlegen, um den Drittstaat hinzuzufügen.
(53)Im Anschluss an die Schlussfolgerungen des Rates „Justiz und Inneres“ zu sicheren Herkunftsstaaten vom 20. Juli 2015, denen zufolge die Mitgliedstaaten vereinbart haben, dass alle Mitgliedstaaten vorrangig den Sicherheitsstatus der Länder des Westbalkans bewerten sollten, organisierte die Asylagentur der Europäischen Union am 2. September 2015 eine Sitzung mit Sachverständigen der Mitgliedstaaten, in der ein breiter Konsens darüber erzielt wurde, dass Albanien, Bosnien und Herzegowina, das Kosovo, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro und Serbien als sichere Herkunftsstaaten im Sinne der vorliegenden Verordnung angesehen werden sollten.
(54)Gestützt auf eine Reihe von Informationsquellen, insbesondere auf Berichte des Europäischen Auswärtigen Dienstes sowie auf Informationen der Mitgliedstaaten, der Asylagentur der Europäischen Union, des Amtes des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, des Europarates und sonstiger einschlägiger internationaler Organisationen, ist bei einer Reihe von Drittstaaten davon auszugehen, dass sie die Kriterien eines sicheren Herkunftsstaats erfüllen.
(55)Im Hinblick auf Albanien bilden materiell- und verfahrensrechtliche Vorschriften im Bereich der Menschenrechte und des Diskriminierungsverbots, einschließlich der Teilnahme an allen maßgeblichen internationalen Menschenrechtsübereinkommen, eine angemessene Rechtsgrundlage für den Schutz vor Verfolgung und Misshandlung. Im Jahr 2014 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei vier von insgesamt 150 Anträgen Verstöße fest. Es gibt keine Hinweise auf Fälle, in denen ein Staatsbürger in einen Drittstaat ausgewiesen, abgeschoben oder ausgeliefert worden wäre, in dem für diese Person unter anderem das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung bestünde oder in dem ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, sexuellen Ausrichtung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung gefährdet wäre oder in dem für sie eine ernsthafte Gefahr der Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung in einen anderen Drittstaat bestünde. Im gleichen Jahr waren nach Auffassung der Mitgliedstaaten 7,8 % (1040) der Asylanträge von Bürgern aus Albanien begründet. Mindestens acht Mitgliedstaaten stufen Albanien als sicheren Herkunftsstaat ein. Albanien wurde vom Europäischen Rat als Kandidatenland benannt. Der damaligen Einschätzung zufolge erfüllte Albanien die vom Europäischen Rat auf seiner Tagung vom 21./22. Juni 1993 in Kopenhagen festgelegten Kriterien in Bezug auf die institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten und muss diese Kriterien im Einklang mit den im jährlichen Fortschrittsbericht enthaltenen Empfehlungen auch weiterhin erfüllen, um Mitglied der Union zu werden.
(56)Was Bosnien und Herzegowina betrifft, so bildet die Verfassung die Grundlage für die Aufteilung von Zuständigkeiten zwischen den konstituierenden Volksgruppen des Landes. Materiell- und verfahrensrechtliche Vorschriften im Bereich der Menschenrechte und des Diskriminierungsverbots, einschließlich der Teilnahme an allen maßgeblichen internationalen Menschenrechtsübereinkommen, bieten eine angemessene Rechtsgrundlage für den Schutz vor Verfolgung und Misshandlung. Im Jahr 2014 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei fünf von insgesamt 1196 Anträgen Verstöße fest. Es gibt keine Hinweise auf Fälle, in denen ein Staatsbürger in einen Drittstaat ausgewiesen, abgeschoben oder ausgeliefert worden wäre, in dem für diese Person unter anderem das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung bestünde oder in dem ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, sexuellen Ausrichtung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung gefährdet wäre oder in dem für sie eine ernsthafte Gefahr der Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung in einen anderen Drittstaat bestünde. Im gleichen Jahr waren nach Auffassung der Mitgliedstaaten 4,6 % (330) der Asylanträge von Bürgern aus Bosnien und Herzegowina begründet. Mindestens neun Mitgliedstaaten stufen Bosnien und Herzegowina als sicheren Herkunftsstaat ein.
(57)Im Hinblick auf die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien bilden grundlegende materiell- und verfahrensrechtliche Vorschriften im Bereich der Menschenrechte und des Diskriminierungsverbots, einschließlich der Teilnahme an allen maßgeblichen internationalen Menschenrechtsübereinkommen, eine angemessene Rechtsgrundlage für den Schutz vor Verfolgung und Misshandlung. Im Jahr 2014 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei sechs von insgesamt 502 Anträgen Verstöße fest. Es gibt keine Hinweise auf Fälle, in denen ein Staatsbürger in einen Drittstaat ausgewiesen, abgeschoben oder ausgeliefert worden wäre, in dem für diese Person unter anderem das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung bestünde oder in dem ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, sexuellen Ausrichtung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung gefährdet wäre oder in dem für sie eine ernsthafte Gefahr der Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung in einen anderen Drittstaat bestünde. Im gleichen Jahr waren nach Auffassung der Mitgliedstaaten 0,9 % (70) der Asylanträge von Bürgern der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien begründet. Mindestens sieben Mitgliedstaaten stufen die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien als sicheren Herkunftsstaat ein. Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien wurde vom Europäischen Rat als Kandidatenland benannt. Der damaligen Einschätzung zufolge erfüllte die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien die vom Europäischen Rat auf seiner Tagung vom 21./22. Juni 1993 in Kopenhagen festgelegten Kriterien in Bezug auf die institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten. Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien muss diese Kriterien im Einklang mit den im jährlichen Fortschrittsbericht enthaltenen Empfehlungen auch weiterhin erfüllen, um Mitglied der Union zu werden.
(58)Im Hinblick auf das Kosovo* bilden materiell- und verfahrensrechtliche Vorschriften im Bereich der Menschenrechte und des Diskriminierungsverbots eine angemessene Rechtsgrundlage für den Schutz vor Verfolgung und Misshandlung. Der Umstand, dass das Kosovo* einschlägigen internationalen Menschenrechtsinstrumenten wie der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht beigetreten ist, ist auf den fehlenden internationalen Konsens über seinen Status als souveräner Staat zurückzuführen. Es gibt keine Hinweise auf Fälle, in denen ein Staatsbürger in einen Drittstaat ausgewiesen, abgeschoben oder ausgeliefert worden wäre, in dem für diese Person unter anderem das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung bestünde oder in dem ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, sexuellen Ausrichtung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung gefährdet wäre oder in dem für sie eine ernsthafte Gefahr der Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung in einen anderen Drittstaat bestünde. Im Jahr 2014 waren nach Auffassung der Mitgliedstaaten 6,3 % (830) der Asylanträge von Bürgern aus dem Kosovo* begründet. Mindestens sechs Mitgliedstaaten stufen das Kosovo* als sicheren Herkunftsstaat ein.
(59)Diese Verordnung berührt nicht die Standpunkte der Mitgliedstaaten zum Status des Kosovos, die gemäß den nationalen Gepflogenheiten und dem Völkerrecht festgelegt werden. Darüber hinaus stellen die in dieser Verordnung verwendeten Ausdrücke, Formulierungen und Definitionen weder eine Anerkennung des Kosovos als unabhängiger Staat durch die Union noch eine derartige Anerkennung des Kosovos durch einzelne Mitgliedstaaten dar, sofern diese nicht zuvor einen solchen Schritt unternommen haben. So impliziert insbesondere die Verwendung des Begriffs „Staat“ nicht die Anerkennung der Staatlichkeit.
(60)Im Hinblick auf Montenegro bilden materiell- und verfahrensrechtliche Vorschriften im Bereich der Menschenrechte und des Diskriminierungsverbots, einschließlich der Teilnahme an allen maßgeblichen internationalen Menschenrechtsübereinkommen, eine angemessene Rechtsgrundlage für den Schutz vor Verfolgung und Misshandlung. Im Jahr 2014 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei einem von insgesamt 447 Anträgen einen Verstoß fest. Es gibt keine Hinweise auf Fälle, in denen ein Staatsbürger in einen Drittstaat ausgewiesen, abgeschoben oder ausgeliefert worden wäre, in dem für diese Person unter anderem das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung bestünde oder in dem ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, sexuellen Ausrichtung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung gefährdet wäre oder in dem für sie eine ernsthafte Gefahr der Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung in einen anderen Drittstaat bestünde. Im gleichen Jahr waren nach Auffassung der Mitgliedstaaten 3,0 % (40) der Asylanträge von Bürgern aus Montenegro begründet. Mindestens neun Mitgliedstaaten stufen Montenegro als sicheren Herkunftsstaat ein. Montenegro wurde vom Europäischen Rat als Kandidatenland benannt, und die Verhandlungen wurden eröffnet. Der damaligen Einschätzung zufolge erfüllte Montenegro die vom Europäischen Rat auf seiner Tagung vom 21./22. Juni 1993 in Kopenhagen festgelegten Kriterien in Bezug auf die institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten. Montenegro muss diese Kriterien im Einklang mit den im jährlichen Fortschrittsbericht enthaltenen Empfehlungen auch weiterhin erfüllen, um Mitglied der Union zu werden.
(61)Im Hinblick auf Serbien bildet die Verfassung die Grundlage für die Selbstverwaltung der Minderheiten in den Bereichen Bildung, Sprache, Information und Kultur. Materiell- und verfahrensrechtliche Vorschriften im Bereich der Menschenrechte und des Diskriminierungsverbots, einschließlich der Teilnahme an allen maßgeblichen internationalen Menschenrechtsübereinkommen, bieten eine angemessene Rechtsgrundlage für den Schutz vor Verfolgung und Misshandlung. Im Jahr 2014 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei 16 von insgesamt 11 490 Anträgen Verstöße fest. Es gibt keine Hinweise auf Fälle, in denen ein Staatsbürger in einen Drittstaat ausgewiesen, abgeschoben oder ausgeliefert worden wäre, in dem für diese Person unter anderem das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung bestünde oder in dem ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, sexuellen Ausrichtung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung gefährdet wäre oder in dem für sie eine ernsthafte Gefahr der Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung in einen anderen Drittstaat bestünde. Im gleichen Jahr waren nach Auffassung der Mitgliedstaaten 1,8 % (400) der Asylanträge von Bürgern aus Serbien begründet. Mindestens neun Mitgliedstaaten stufen Serbien als sicheren Herkunftsstaat ein. Serbien wurde vom Europäischen Rat als Kandidatenland benannt, und die Verhandlungen wurden eröffnet. Der damaligen Einschätzung zufolge erfüllte Serbien die vom Europäischen Rat auf seiner Tagung vom 21./22. Juni 1993 in Kopenhagen festgelegten Kriterien in Bezug auf die institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten. Serbien muss diese Kriterien im Einklang mit den im jährlichen Fortschrittsbericht enthaltenen Empfehlungen auch weiterhin erfüllen, um Mitglied der Union zu werden.
(62)Im Hinblick auf die Türkei bilden materiell- und verfahrensrechtliche Vorschriften im Bereich der Menschenrechte und des Diskriminierungsverbots, einschließlich der Teilnahme an allen maßgeblichen internationalen Menschenrechtsübereinkommen, eine angemessene Rechtsgrundlage für den Schutz vor Verfolgung und Misshandlung. Im Jahr 2014 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei 94 von insgesamt 2 899 Anträgen Verstöße fest. Es gibt keine Hinweise auf Fälle, in denen ein Staatsbürger in einen Drittstaat ausgewiesen, abgeschoben oder ausgeliefert worden wäre, in dem für diese Person unter anderem das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung bestünde oder in dem ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, sexuellen Ausrichtung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung gefährdet wäre oder in dem für sie eine ernsthafte Gefahr der Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung in einen anderen Drittstaat bestünde. Im gleichen Jahr waren nach Auffassung der Mitgliedstaaten 23,1 % (310) der Asylanträge von Bürgern der Türkei begründet. Ein Mitgliedstaat stuft die Türkei als sicheren Herkunftsstaat ein. Die Türkei wurde vom Europäischen Rat als Kandidatenland benannt, und die Verhandlungen wurden eröffnet. Der damaligen Einschätzung zufolge erfüllte die Türkei die vom Europäischen Rat auf seiner Tagung vom 21./22. Juni 1993 in Kopenhagen festgelegten politischen Kriterien in Bezug auf die institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten ausreichend. Die Türkei muss diese Kriterien im Einklang mit den im jährlichen Fortschrittsbericht enthaltenen Empfehlungen auch weiterhin erfüllen, um Mitglied der Union zu werden.
(63)Bezüglich der Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus und insbesondere im Hinblick auf die im Einklang mit der Verordnung (EU) XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) durchzuführende regelmäßige Überprüfung des Status sollten die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Personen mit internationalem Schutzstatus ordnungsgemäß über eine eventuelle Überprüfung ihres Status informiert werden und dass ihnen Gelegenheit gegeben wird, innerhalb einer angemessenen Frist in einer schriftlichen Erklärung oder in einer persönlichen Anhörung ihren Standpunkt darzulegen, bevor die Behörden eine begründete Entscheidung über die Aberkennung ihres Status treffen können.
(64)Gegen Entscheidungen über einen Antrag auf internationalen Schutz, einschließlich Entscheidungen über eine ausdrückliche oder stillschweigende Rücknahme eines Antrags und Entscheidungen über die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus, sollte ein wirksamer Rechtsbehelf vor einem Gericht gegeben sein, der sämtliche in Artikel 47 der Charta festgeschriebenen Anforderungen und Bedingungen erfüllt. Der Antragsteller sollte seinen Rechtsbehelf innerhalb einer bestimmten Frist einlegen, um ein effektives Verfahren sicherzustellen. Damit der Antragsteller diese Frist einhalten kann und um sicherzustellen, dass er die gerichtliche Überprüfung effektiv in Anspruch nehmen kann, sollte ihm ein Dolmetscher zur Seite gestellt und unentgeltliche Rechtsberatung und Rechtsvertretung gewährt werden.
(65)Damit der Antragsteller sein Recht auf wirksamen Rechtsbehelf in Anspruch nehmen kann, sollte es ihm gestattet sein, bis zum Ablauf der Frist für das Einlegen des Rechtsbehelfs in erster Instanz oder – wenn er sein Recht innerhalb der gesetzten Frist wahrnimmt – bis zum Ergebnis des Rechtsbehelfs im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu verbleiben. Nur in wenigen, in der vorliegenden Verordnung genannten Fällen hat der Rechtsbehelf nicht automatisch aufschiebende Wirkung, so dass der Antragsteller das Gericht um die Aufschiebung der Vollstreckung einer Rückkehrentscheidung ersuchen muss oder das Gericht dies von sich aus veranlasst. Wenn ein Rechtsbehelf in Ausnahmefällen nicht automatisch aufschiebende Wirkung hat, sollte das Recht auf Verteidigung für den Antragsteller in angemessener Weise sichergestellt werden, indem ihm die erforderliche Verdolmetschung und ein rechtlicher Beistand sowie ausreichend Zeit gewährt wird, um seinen Antrag auszuarbeiten und dem Gericht vorzulegen. In diesem Kontext sollte zudem sichergestellt werden, dass das Gericht die sachliche und rechtliche Begründung einer Entscheidung zur Ablehnung internationalen Schutzes prüfen kann. Bis zur Entscheidung darüber, ob er verbleiben darf, sollte dem Antragsteller gestattet werden, im Hoheitsgebiet zu verbleiben. Die Entscheidung sollte allerdings innerhalb eines Monats gefällt werden.
(66)Angesichts der Notwendigkeit, alle Anträge gleich zu behandeln und die Wirksamkeit des gemeinsamen Verfahrens für die Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes zu gewährleisten, sollten nicht nur für das Verwaltungsverfahren Fristen festgelegt werden, sondern auch für das Rechtsbehelfsverfahren, zumindest für das Verfahren in erster Instanz. Allerdings sollte dadurch nicht die Durchführung einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Rechtsbehelfsanträge in Frage gestellt werden, sodass für Fälle mit komplexen Sachverhalten oder komplexen Rechtsfragen ein gewisses Maß an Flexibilität gelten sollte.
(67)Nach Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union berührt diese Verordnung nicht die Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.
(68)Die Verarbeitung personenbezogener Daten in den Mitgliedstaaten gemäß der vorliegenden Verordnung erfolgt nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung).
(69)Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Asylagentur der Europäischen Union im Rahmen der vorliegenden Verordnung sollte im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie mit der Verordnung (EU) XXXX/XX (EU-Asylagentur-Verordnung) und insbesondere mit den Grundsätzen der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit erfolgen.
(70)Personenbezogene Daten, die bei der Registrierung oder Einreichung eines Antrags auf internationalen Schutz oder während der persönlichen Anhörung erhoben werden, sollten als Informationen der Akte des Antragstellers gelten und mehrere Jahre lang aufbewahrt werden, da Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die in einem Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragen, möglicherweise über Jahre hin versuchen können, auch in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz zu beantragen, oder im selben oder in einem anderen Mitgliedstaat weitere Folgeanträge zu stellen. Da die meisten Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, die sich über mehrere Jahre in der Union aufhalten, zehn Jahre nach der Gewährung internationalen Schutzes einen dauerhaften Status erlangt oder sogar die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats erworben haben dürften, sollte für die Speicherung von personenbezogenen Daten, einschließlich Fingerabdrücke und Gesichtsbilder, ein Zeitraum von zehn Jahren als erforderlich angesehen werden.
(71)Um insbesondere hinsichtlich der Informationen und Dokumente, die Antragstellern zur Verfügung zu stellen sind, und hinsichtlich der Maßnahmen zugunsten von Antragstellern – einschließlich Minderjähriger – die besondere Verfahrensgarantien benötigen, einheitliche Bedingungen für die Durchführung der vorliegenden Verordnung zu gewährleisten, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren, ausgeübt werden.
(72)Um auf eine plötzliche Verschlechterung der Lage in einem Drittstaat, der als sicherer Drittstaat auf Unionsebene benannt wurde oder der auf der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten verzeichnet ist, reagieren zu können, sollte der Kommission im Einklang mit Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Befugnis zur Annahme eines delegierten Rechtsaktes übertragen werden, um den betreffenden Drittstaat für den Zeitraum von sechs Monaten von der Benennung als sicherer Drittstaat auf Unionsebene auszunehmen oder von der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten zu streichen, wenn sie aufgrund einer substantiierten Bewertung zu der Auffassung gelangt, dass die in der vorliegenden Verordnung festgelegten Bedingungen nicht mehr erfüllt sind. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt und dass diese Konsultationen mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung niedergelegt wurden. Damit insbesondere das Europäische Parlament und der Rat gleichberechtigt an der Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte beteiligt sind, erhalten sie alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.
(73)Die vorliegende Verordnung betrifft nicht die Verfahren zwischen Mitgliedstaaten im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Dublin-Verordnung).
(74)Die vorliegende Verordnung sollte für Antragsteller, für die die Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Dublin-Verordnung) gilt, zusätzlich zu den Bestimmungen jener Verordnung und unbeschadet ihrer Bestimmungen gelten.
(75)Die Anwendung dieser Verordnung sollte in regelmäßigen Abständen bewertet werden.
(76)Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Einführung eines gemeinsamen Verfahrens für die Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Verordnung besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(77)[Nach Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts haben diese Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten.]
ODER
[Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligen sich diese Mitgliedstaaten nicht an der Annahme dieser Verordnung und sind weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.]
ODER
[(XX) Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligt sich das Vereinigte Königreich nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.
(XX) Nach Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts hat Irland (mit Schreiben vom ...) mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchte.]
ODER
[(XX) Nach Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts hat das Vereinigte Königreich (mit Schreiben vom ...) mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchte.
(XX) Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligt sich Irland nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.]
(78)Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.
(79)Die Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Die Verordnung zielt insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung der Menschenwürde zu gewährleisten und die Anwendung der Artikel 1, 4, 8, 18, 19, 21, 23, 24, und 47 der Charta zu fördern —
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
KAPITEL I
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 1
Gegenstand
Mit der vorliegenden Verordnung wird ein gemeinsames Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes im Sinne der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) eingeführt.
Artikel 2
Anwendungsbereich
(1) Die vorliegende Verordnung gilt für alle Anträge auf internationalen Schutz, die im Hoheitsgebiet - einschließlich an den Außengrenzen, in den Hoheitsgewässern oder in den Transitzonen - der Mitgliedstaaten gestellt werden, sowie für die Aberkennung des internationalen Schutzes.
(2) Diese Verordnung gilt nicht für Anträge auf internationalen Schutz und Ersuchen um diplomatisches oder territoriales Asyl in Vertretungen der Mitgliedstaaten.
Artikel 3
Erweiterter Anwendungsbereich
Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Verordnung auf Anträge auf Schutz jedweder Form anzuwenden, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) fallen.
Artikel 4
Begriffsbestimmungen
(1)Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende in Artikel 2 der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) festgelegten Begriffsbestimmungen:
a)„Genfer Flüchtlingskonvention“;
b)„Flüchtling“;
c)„Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz“;
d)„internationaler Schutz“;
e)„Flüchtlingseigenschaft“;
f)„subsidiärer Schutzstatus“;
g)„Minderjähriger“;
h)„unbegleiteter Minderjähriger“;
(2)Neben den Begriffsbestimmungen nach Absatz 1 bezeichnet der Ausdruck:
a)„Antrag auf internationalen Schutz“ oder „Antrag“ das Ersuchen eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen um Schutz durch einen Mitgliedstaat, bei dem davon ausgegangen werden kann, dass er die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt;
b)„Antragsteller“ einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch keine bestandskräftige Entscheidung ergangen ist;
c)„Antragsteller, der besondere Verfahrensgarantien benötigt,“ einen Antragsteller, dessen Fähigkeit, die Rechte aus dieser Verordnung in Anspruch zu nehmen und den sich aus dieser Verordnung ergebenden Pflichten nachzukommen, aufgrund individueller Umstände eingeschränkt ist;
d)„bestandskräftige Entscheidung“ eine Entscheidung darüber, ob einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuzuerkennen ist, — einschließlich einer Entscheidung, den Antrag als unzulässig zu betrachten, oder einer Entscheidung, den Antrag als ausdrücklich zurückgenommen oder nicht weiter betrieben zu betrachten — und gegen die in dem betreffenden Mitgliedstaat kein Rechtsbehelf mehr eingelegt werden kann;
e)„Asylbehörde“ jede gerichtsähnliche Behörde beziehungsweise jede Verwaltungsstelle eines Mitgliedstaats, die für die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz zuständig und befugt ist, erstinstanzliche Entscheidungen zu erlassen;
f)„Vormund“ eine Person oder Organisation, die zur Unterstützung und Vertretung eines unbegleiteten Minderjährigen bestellt wurde, um in Verfahren nach Maßgabe dieser Verordnung das Wohl und das allgemeine Wohlergehen des Minderjährigen zu schützen und für ihn, soweit erforderlich, Rechtshandlungen vorzunehmen;
g)„Aberkennung des internationalen Schutzes“ die Entscheidung einer Asylbehörde, einer Person die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus abzuerkennen, diese bzw. diesen zu beenden oder nicht mehr zu verlängern;
h)„Verbleib im Mitgliedstaat“ den Verbleib im Hoheitsgebiet — einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen — des Mitgliedstaats, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde oder geprüft wird;
i)„Folgeantrag“ einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, der in einem beliebigen Mitgliedstaat nach Erlass einer bestandskräftigen Entscheidung über einen früheren Antrag gestellt wird, auch in Fällen, in denen der Antrag nach der stillschweigenden Rücknahme als ausdrücklich zurückgenommen oder nicht weiter betrieben abgelehnt wurde;
j)„zuständiger Mitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, der nach der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Dublin-Verordnung) für die Prüfung eines Antrags zuständig ist.
Artikel 5
Zuständige Behörden
(1) Jeder Mitgliedstaat benennt eine Asylbehörde. Der Asylbehörde obliegen folgende Aufgaben:
a)Entgegennahme, Registrierung und Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz;
b)Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz;
c)Entscheidungen, einer Person im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus abzuerkennen, diese bzw. diesen zu beenden oder nicht mehr zu verlängern.
(2)Jeder Mitgliedstaat sorgt dafür, dass die Asylbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Maßgabe der vorliegenden Verordnung angemessen ausgestattet ist und über kompetentes Personal in ausreichender Zahl verfügt. Im Hinblick darauf bewertet jeder Mitgliedstaat regelmäßig den Bedarf der Asylbehörde, um sicherzustellen, dass diese zu jedem Zeitpunkt in der Lage ist, die Anträge auf internationalen Schutz effektiv zu bearbeiten, insbesondere auch, wenn eine unverhältnismäßig große Zahl von Anträgen gleichzeitig eingeht.
(3)Die nachstehenden Behörden haben die Aufgabe, Anträge auf internationalen Schutz entgegenzunehmen und zu registrieren und die Antragsteller darüber zu informieren, wie und wo sie ihren Antrag auf internationalen Schutz stellen können:
a)Grenzschutz;
b)Polizei;
c)Einwanderungsbehörden;
d)für Gewahrsamseinrichtungen zuständige Behörden.
Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus andere Behörden mit diesen Aufgaben betrauen.
(4)Die folgenden Stellen können die Asylbehörde des zuständigen Mitgliedstaats bei der Entgegennahme, Registrierung und Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz unterstützen:
a)Behörden eines anderen Mitgliedstaats, die von diesem Mitgliedstaat mit der Entgegennahme, Registrierung oder Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz betraut wurden;
b)Sachverständige der Asylagentur der Europäischen Union, nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (EU-Asylagentur-Verordnung).
(5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Bediensteten der Asylbehörde sowie jeder anderen gemäß Absatz 3 für die Entgegennahme und Registrierung der Anträge auf internationalen Schutz zuständigen Behörde über angemessene Kenntnisse verfügen und die erforderlichen Schulungen erhalten haben, um ihre Pflichten bei der Anwendung der vorliegenden Verordnung erfüllen zu können.
Artikel 6
Grundsatz der Vertraulichkeit
(1)Die mit der Anwendung der vorliegenden Verordnung betrauten Behörden stellen die Vertraulichkeit aller Informationen, von denen sie bei ihrer Tätigkeit Kenntnis erlangen, sicher.
(2)Während des gesamten Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes und nach Erlass einer bestandskräftigen Entscheidung über den Antrag
a)geben die Behörden keine Informationen über einzelne Anträge auf internationalen Schutz oder über die Tatsache, dass ein solcher Antrag gestellt wurde, an die Stellen weiter, die den Antragsteller seinen Angaben zufolge verfolgt oder ihm einen ernsthaften Schaden zugefügt haben;
b)werden von den Behörden bei den Stellen, die den Antragsteller seinen Angaben zufolge verfolgt oder ihm einen ernsthaften Schaden zugefügt haben, keine Informationen in einer Weise eingeholt, die diesen Stellen unmittelbar die Tatsache zur Kenntnis bringen würde, dass der betreffende Antragsteller einen Antrag gestellt hat, und die die körperliche Unversehrtheit des Antragstellers oder der von ihm abhängigen Personen oder die Freiheit und Sicherheit seiner noch im Herkunftsstaat lebenden Familienangehörigen in Gefahr bringen würde.
KAPITEL II
GRUNDSÄTZE UND GARANTIEN
Abschnitt I
Rechte und Pflichten des Antragstellers
Artikel 7
Pflichten des Antragstellers
(1) Gemäß Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Dublin-Verordnung) stellt der Antragsteller seinen Antrag im Mitgliedstaat der ersten Einreise, es sei denn, er hält sich rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat auf; in diesem Fall stellt er den Antrag in diesem Mitgliedstaat.
(2) Der Antragsteller kooperiert mit den zuständigen Behörden, damit diese seine Identität feststellen, seinen Antrag registrieren, die Einreichung des Antrags ermöglichen und den Antrag prüfen können, indem er
a)die in Artikel 27 Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Informationen vorlegt;
b)Fingerabdrücke und Gesichtsbilder gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Eurodac-Verordnung) vorlegt;
c)seinen Antrag gemäß Artikel 28 innerhalb der festgelegten Frist und unter Beifügung aller ihm zur Verfügung stehenden Elemente, die zur Begründung seines Antrags benötigt werden, einreicht;
d)die in seinem Besitz befindlichen und für die Prüfung des Antrags relevanten Dokumente übergibt.
(3)Falls ein Antragsteller die Zusammenarbeit verweigert, indem er die für die Prüfung seines Antrags erforderlichen Elemente oder Fingerabdrücke oder Gesichtsbilder nicht vorlegt, und die zuständigen Behörden ihn ordnungsgemäß über seine Pflichten informiert und sichergestellt haben, dass ihm effektiv Gelegenheit gegeben wurde, diese Pflichten zu erfüllen, wird sein Antrag gemäß dem in Artikel 39 vorgesehenen Verfahren als nicht weiter betrieben abgelehnt.
(4)Der Antragsteller teilt der Asylbehörde des Mitgliedstaats, in dem er sich aufzuhalten hat, seinen Aufenthaltsort oder eine Anschrift oder Telefonnummer mit, damit ihn die Asylbehörde oder andere zuständige Behörden kontaktieren können. Er teilt dieser Asylbehörde jede etwaige Änderung mit. Der Antragsteller muss an dem von ihm zuletzt mitgeteilten Aufenthaltsort erfolgte bzw. an die letzte mitgeteilte Anschrift gerichtete Mitteilungen gegen sich gelten lassen, insbesondere, wenn er einen Antrag gemäß Artikel 28 einreicht.
(5)Der Antragsteller verbleibt im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem er sich gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Dublin-Verordnung) aufzuhalten hat.
(6)Der Antragsteller kommt seiner Pflicht nach, sich entsprechend den Vorgaben des Mitgliedstaats, in dem er sich gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Dublin-Verordnung) aufhalten muss, entweder regelmäßig bei den zuständigen Behörden zu melden oder dort unverzüglich oder zu einem bestimmten Zeitpunkt persönlich vorstellig zu werden oder sich gemäß der Richtlinie XXXX/XX/EU (Richtlinie über die Aufnahmebedingungen) in einem bestimmten Gebiet innerhalb des Hoheitsgebiets aufzuhalten.
(7)Sofern dies für die Prüfung eines Antrags erforderlich ist, können die zuständigen Behörden vom Antragsteller verlangen, sich oder seine Sachen durchsuchen zu lassen. Unbeschadet einer Durchsuchung aus Sicherheitsgründen wird eine Durchsuchung des Antragstellers gemäß der vorliegenden Verordnung von einer Person gleichen Geschlechts unter uneingeschränkter Achtung der Grundsätze der Menschenwürde und der körperlichen und geistigen Unversehrtheit durchgeführt;
Artikel 8
Garantien für Antragsteller
(1) Während des Verwaltungsverfahrens nach Kapitel III verfügen die Antragsteller über die in den Absätzen 2 bis 8 des vorliegenden Artikels genannten Garantien.
(2) Die Asylbehörde informiert die Antragsteller in einer Sprache, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen, über
a)das Recht, einen Einzelantrag einzureichen;
b)das anwendbare Verfahren;
c)ihre Rechte und Pflichten während des Verfahrens, einschließlich der Pflicht, im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu verbleiben, in dem sie sich gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Dublin-Verordnung) aufzuhalten haben;
d)die möglichen Folgen ihres Verhaltens, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommen und nicht mit den Behörden zusammenarbeiten;
e)die Verfahrensdauer;
f)die Möglichkeiten, die ihnen zur Einhaltung der Verpflichtung, die Angaben nach Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) vorzulegen, zur Verfügung stehen;
g)die Folgen einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Rücknahme des Antrags;
h)die Entscheidung der Asylbehörde, die Gründe für diese Entscheidung, die Folgen einer Entscheidung zur Ablehnung internationalen Schutzes sowie die Art und Weise, wie eine solche Entscheidung angefochten werden kann.
Die Informationen nach Absatz 1 werden so rechtzeitig gegeben, dass die Antragsteller die in der vorliegenden Verordnung garantierten Rechte in Anspruch nehmen und ihren in Artikel 7 genannten Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen können.
(3) Falls eine angemessene Verständigung anderenfalls nicht gewährleistet werden kann, stellt die Asylbehörde den Antragstellern einen Dolmetscher zur Seite, damit sie ihren Fall der Asylbehörde und den Gerichten darlegen können. Die Kosten für den Dolmetscher trägt die öffentliche Hand.
(4) Die Asylbehörde gibt den Antragstellern Gelegenheit, mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen oder einer anderen Organisation, die für Antragsteller nach Maßgabe des einzelstaatlichen Rechts Rechtsberatung oder sonstige Beratungsleistungen erbringt, Verbindung aufzunehmen.
(5) Die Asylbehörde stellt sicher, dass den Antragstellern und gegebenenfalls ihren Vormündern, Rechtsanwälten oder sonstigen Rechtsberatern Zugang zu den in Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe e genannten für die Prüfung des Antrags erforderlichen Informationen oder den von Sachverständigen gemäß Artikel 33 Absatz 3 bereitgestellten Informationen gegeben wird, sofern diese Informationen von der Asylbehörde zum Zweck der Entscheidung über den Antrag berücksichtigt wurden.
(6) Die Asylbehörde setzt die Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist von der Entscheidung über ihren Antrag in Kenntnis. Wird der Antragsteller durch einen Vormund, Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater vertreten, so kann die Asylbehörde bestimmen, dass dieser statt des Antragstellers von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wird.
Artikel 9
Berechtigung zum Verbleib während der Prüfung des Antrags
(1)Antragsteller sind berechtigt, ausschließlich zum Zwecke des Verfahrens so lange im zuständigen Mitgliedstaat zu verbleiben, bis die Asylbehörde auf der Grundlage des in Kapitel III genannten Verwaltungsverfahrens über den Antrag entschieden hat.
(2) Aus dem Recht auf Verbleib ergibt sich kein Anspruch auf einen Aufenthaltstitel, und es verleiht dem Antragsteller nicht das Recht, ohne Genehmigung nach Artikel 6 der Richtlinie XXXX/XX/EU (Richtlinie über die Aufnahmebedingungen) in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates zu reisen.
(3) Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten können dem Antragsteller das Recht auf Verbleib in ihrem Hoheitsgebiet aberkennen, wenn dieser im Verlauf des Verwaltungsverfahrens
a)einen Folgeantrag im Sinne von Artikel 42 stellt und die in Artikel 43 festgelegten Bedingungen erfüllt sind;
b)aufgrund von Verpflichtungen aus einem Europäischen Haftbefehl an einen anderen Mitgliedstaat oder an einen Drittstaat oder an internationale Strafgerichte überstellt beziehungsweise ausgeliefert wird.
(4) Ein Mitgliedstaat darf einen Antragsteller nur dann gemäß Absatz 3 Buchstabe b an einen Drittstaat ausliefern, wenn sich die Asylbehörde davon überzeugt hat, dass eine Auslieferungsentscheidung keine unmittelbare oder mittelbare Zurückweisung zur Folge hat, die einen Verstoß gegen die völkerrechtlichen und unionsrechtlichen Pflichten dieses Mitgliedstaats darstellt.
Abschnitt II
Persönliche Anhörungen
Artikel 10
Anhörung zur Zulässigkeit des Antrags
(1)Bevor die Asylbehörde eine Entscheidung über die Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz trifft, wird dem Antragsteller Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zur Zulässigkeit seines Antrags gegeben.
(2)Im Rahmen der Anhörung zur Zulässigkeit wird dem Antragsteller die Gelegenheit gegeben, ordnungsgemäß zu begründen, weshalb die in Artikel 36 Absatz 1 genannten Zulässigkeitskriterien in seiner besonderen Situation nicht anwendbar sind.
Artikel 11
Anhörung zum Inhalt des Antrags
(1) Bevor die Asylbehörde eine Entscheidung über die Begründetheit eines Antrags auf internationalen Schutz trifft, wird dem Antragsteller Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zum Inhalt seines Antrags gegeben.
(2)Im Rahmen der Anhörung zum Inhalt des Antrags wird dem Antragsteller in angemessener Weise Gelegenheit gegeben, die zur Begründung seines Antrags notwendigen Angaben gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) vorzulegen, wobei er sämtliche ihm vorliegenden Angaben möglichst vollständig vorlegen muss. Dem Antragsteller wird die Gelegenheit gegeben, sich zu fehlenden Angaben oder zu Abweichungen oder Widersprüchen in seinen Aussagen zu äußern.
(3) Die Person, die die Anhörung zum Inhalt des Antrags durchführt, darf keine Militär- oder Polizeiuniform tragen.
Artikel 12
Anforderungen an persönliche Anhörungen
(1) Dem Antragsteller wird gemäß den Bedingungen der vorliegenden Verordnung Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zu seinem Antrag gegeben.
(2) Die persönlichen Anhörungen werden unter Bedingungen durchgeführt, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten und den Antragstellern eine umfassende Darlegung der Gründe ihrer Anträge gestatten.
(3)Persönliche Anhörungen werden von Bediensteten der Asylbehörde durchgeführt, die gegebenenfalls durch Bedienstete von Behörden anderer Mitgliedstaaten gemäß Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a oder durch Sachverständige der Asylagentur der Europäischen Union gemäß Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b unterstützt werden.
(4)Gestaltet es sich für die Asylbehörde wegen einer unverhältnismäßig großen Zahl von gleichzeitig eingehenden Anträgen auf internationalen Schutz von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in der Praxis schwierig, fristgerecht persönliche Anhörungen jedes Antragstellers durchzuführen, so kann sie bei der Durchführung dieser Anhörungen durch Bedienstete von Behörden anderer Mitgliedstaaten gemäß Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a und durch Sachverständige der Asylagentur der Europäischen Union gemäß Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b unterstützt werden.
(5)Auf die persönliche Anhörung kann in den folgenden Fällen verzichtet werden:
a)wenn die Asylbehörde anhand der verfügbaren Beweismittel eine positive Entscheidung im Hinblick auf die Flüchtlingseigenschaft oder die Zulässigkeit des Antrags treffen kann; oder
b)wenn die Asylbehörde der Auffassung ist, dass der Antragsteller aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist.
Die Tatsache, dass nach Buchstabe b keine persönliche Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung der Asylbehörde nicht negativ beeinflussen. In diesem Fall gibt die Asylbehörde dem Antragsteller effektiv Gelegenheit zur Vorlage weiterer Informationen. Wenn die Asylbehörde Zweifel am Zustand des Antragstellers hat, konsultiert sie medizinisches Fachpersonal, um festzustellen, ob es sich bei dem Umstand, der dazu führt, dass der Antragsteller nicht zu einer Anhörung in der Lage ist, um einen vorübergehenden oder dauerhaften Zustand handelt.
(6)Die anhörende Person muss befähigt sein, die persönlichen und allgemeinen Umstände des Antrags einschließlich der kulturellen Herkunft, des Alters, der Geschlechtszugehörigkeit, der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität und der Schutzbedürftigkeit des Antragstellers zu berücksichtigen. Die Bediensteten, die die Antragsteller anhören, müssen außerdem allgemeine Kenntnisse über die Probleme erworben haben, die die Fähigkeit des Antragstellers, angehört zu werden, beeinträchtigen könnten, beispielsweise Anzeichen dafür, dass die Person in der Vergangenheit möglicherweise gefoltert worden sein könnte.
(7)Die Bediensteten, die die Antragsteller anhören, einschließlich der Sachverständigen der Asylagentur der Europäischen Union, müssen zuvor eine entsprechende Schulung erhalten haben, die sich auch auf die in Artikel 7 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (EU-Asylagentur-Verordnung) aufgeführten Punkte erstreckt und unter anderem die folgenden Themen abdeckt: internationale Menschenrechtsnormen, Asylrecht der Union, Bestimmungen über die Inanspruchnahme des Verfahrens des internationalen Schutzes, einschließlich für Personen, die möglicherweise besondere Verfahrensgarantien benötigen.
(8)Für die persönliche Anhörung wird ein Dolmetscher hinzugezogen, der eine angemessene Verständigung zwischen dem Antragsteller und der anhörenden Person zu gewährleisten vermag. Die Verständigung erfolgt in der vom Antragsteller bevorzugten Sprache, es sei denn, es gibt eine andere Sprache, die er versteht und in der er sich klar ausdrücken kann.
Falls der Antragsteller darum ersucht, sieht die Asylbehörde, soweit möglich, vor, dass die Anhörung des Antragstellers und die Verdolmetschung von Personen gleichen Geschlechts durchgeführt werden, es sei denn, die Asylbehörde hat Grund zu der Annahme, dass das Ersuchen auf Gründen beruht, die nicht mit den Schwierigkeiten des Antragstellers in Verbindung stehen, die Gründe für seinen Antrag umfassend darzulegen.
(9) Die Tatsache, dass keine persönliche Anhörung stattgefunden hat, hindert die Asylbehörde nicht daran, über den Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden.
Artikel 13
Niederschrift und audiovisuelle Aufzeichnung der persönlichen Anhörungen
(1) Die Asylbehörde beziehungsweise die anderen Behörden oder Sachverständigen, die sie unterstützen oder die persönliche Anhörung durchführen, erstellen von jeder persönlichen Anhörung entweder eine ausführliche und objektive Niederschrift mit allen wesentlichen Angaben oder ein Wortprotokoll.
(2) Die persönliche Anhörung wird mithilfe von audiovisuellen Aufnahmegeräten aufgezeichnet. Dem Antragsteller wird dies im Voraus mitgeteilt.
(3) Der Antragsteller erhält nach Abschluss der persönlichen Anhörung oder innerhalb einer bestimmten Frist, bevor die Asylbehörde ihre Entscheidung trifft, Gelegenheit, sich mündlich oder schriftlich zu Übersetzungsfehlern oder missverständlichen Formulierungen in der Niederschrift oder dem Wortprotokoll zu äußern oder diese zu klären. Zu diesem Zweck wird der Antragsteller, wenn notwendig mit Hilfe eines Dolmetschers, in vollem Umfang vom Inhalt der Niederschrift oder von den wesentlichen Angaben des Wortprotokolls in Kenntnis gesetzt. Der Antragsteller wird anschließend aufgefordert, zu bestätigen, dass der Inhalt der Niederschrift oder des Wortprotokolls die Anhörung korrekt wiedergibt.
(4) Weigert sich der Antragsteller, zu bestätigen, dass der Inhalt der Niederschrift oder des Wortprotokolls die persönliche Anhörung korrekt wiedergibt, so werden die dafür geltend gemachten Gründe in seiner Akte vermerkt. Diese Weigerung hindert die Asylbehörde nicht daran, über den Antrag zu entscheiden.
(5) Bevor die Asylbehörde ihre Entscheidung trifft, wird den Antragstellern und ihren Rechtsanwälten oder sonstigen Rechtsberatern Einsicht in die Niederschrift oder das Wortprotokoll und in die Aufzeichnung gewährt.
(6) Wird der Antrag im beschleunigten Prüfungsverfahren geprüft, so kann die Asylbehörde zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung ergeht, Einsicht in die Niederschrift oder das Wortprotokoll oder die Aufzeichnung gewähren.
(7)Die zuständigen Behörden bewahren entweder die Aufzeichnung oder das Wortprotokoll ab der bestandskräftigen Entscheidung zehn Jahre lang auf. Nach Ablauf dieses Zeitraums oder – sofern die Aufzeichnung eine Person betrifft, die vor Ablauf dieses Zeitraums die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats erworben hat – sobald der Mitgliedstaat Kenntnis davon erhält, dass die betreffende Person diese Staatsbürgerschaft erworben hat, wird die Aufzeichnung gelöscht.
Abschnitt III
Rechtsberatung und -vertretung
Artikel 14
Anspruch auf Rechtsberatung und -vertretung
(1) Die Antragsteller haben in allen Phasen des Verfahrens das Recht, in Fragen ihres Antrags effektiv einen Rechtsanwalt oder sonstigen nach nationalem Recht zugelassenen oder zulässigen Rechtsberater zu konsultieren.
(2)Unbeschadet seines Rechts, seinen eigenen Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater auf eigene Kosten zu wählen, kann der Antragsteller gemäß den Artikeln 15 bis 17 in allen Phasen des Verfahrens um unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung ersuchen. Dem Antragsteller wird mitgeteilt, dass er in allen Phasen des Verfahrens das Recht hat, um unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung zu ersuchen.
Artikel 15
Unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung
(1) Auf Ersuchen des Antragstellers gewähren die Mitgliedstaaten diesem im Verwaltungsverfahren nach Kapitel III und im Rechtsbehelfsverfahren nach Kapitel V unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung.
(2)Im Verwaltungsverfahren umfasst die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung mindestens Folgendes:
a)Bereitstellung von Informationen über das Verfahren vor dem Hintergrund der persönlichen Umstände des Antragstellers;
b)Unterstützung bei der Vorbereitung des Antrags und der persönlichen Anhörung und, soweit erforderlich, Teilnahme an der persönlichen Anhörung;
c)Erläuterung der Gründe für eine Entscheidung zur Ablehnung internationalen Schutzes sowie ihrer Folgen und Unterrichtung darüber, wie eine solche Entscheidung angefochten werden kann.
(3) Im Verwaltungsverfahren kann unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung verweigert werden, wenn
a)der Antragsteller über ausreichende Mittel verfügt;
b)der Antrag keine konkreten Erfolgsaussichten hat;
c)es sich um einen Folgeantrag handelt.
(4)Im Rechtsbehelfsverfahren umfasst die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung mindestens die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente, die Vorbereitung des Rechtsbehelfs und die Teilnahme an der Verhandlung vor einem Gericht im Namen des Antragstellers.
(5) Im Rechtsbehelfsverfahren kann unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung verweigert werden, wenn
a)der Antragsteller über ausreichende Mittel verfügt;
b)der Rechtsbehelf keine konkreten Erfolgsaussichten hat;
c)es sich um einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung in zweiter oder höherer Instanz handelt oder um erneute Anhörungen oder Rechtsbehelfsüberprüfungen, wie im einzelstaatlichen Recht vorgesehen.
Wird die Entscheidung, dass keine unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gewährt wird, nicht von einem Gericht getroffen und damit begründet, dass der Rechtsbehelf keine konkreten Erfolgsaussichten hat, so wird dem Antragsteller das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung vor einem Gericht und zu diesem Zweck auf sein Ersuchen unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gewährt.
Artikel 16
Umfang der Rechtsberatung und -vertretung
(1) Dem Rechtsanwalt oder dem sonstigen nach nationalem Recht zugelassenen oder zulässigen Rechtsberater, der einen Antragsteller gemäß den nationalen Rechtsvorschriften unterstützt oder vertritt, wird Zugang zu den Informationen in der Akte des Antragstellers gewährt, auf deren Grundlage über den Antrag entschieden wurde oder entschieden wird.
(2)Die Asylbehörde kann den Zugang zu den Informationen in der Akte des Antragstellers verweigern, wenn die Offenlegung von Informationen oder Quellen die nationale Sicherheit, die Sicherheit der Organisationen oder Personen, von denen diese Informationen stammen, oder die Sicherheit der Personen, die die Informationen betreffen, gefährden oder wenn die Ermittlungsinteressen im Rahmen der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder die internationalen Beziehungen der Mitgliedstaaten beeinträchtigt würden. In diesen Fällen trägt die Asylbehörde dafür Sorge,
a)dass den Gerichten im Rechtsbehelfsverfahren Zugang zu den betreffenden Informationen oder Quellen gewährt wird; und
b)dass das Recht auf Verteidigung des Antragstellers geachtet wird.
Hinsichtlich der Regelung in Buchstabe b gewährt die Asylbehörde insbesondere einem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater, der einer Sicherheitsprüfung unterzogen wurde, Zugang zu Informationen oder Quellen, soweit die Informationen für die Prüfung des Antrags oder für die Entscheidung zur Aberkennung des internationalen Schutzes relevant sind.
(3) Der Rechtsanwalt oder sonstige Rechtsberater, der einen Antragsteller unterstützt oder vertritt, erhält gemäß der Richtlinie XXXX/XX/EU (Richtlinie über die Aufnahmebedingungen) zum Zweck der Beratung des Antragstellers Zugang zu abgeschlossenen Bereichen, wie Gewahrsamseinrichtungen oder Transitzonen.
(4) Dem Antragsteller wird gestattet, sich bei der persönlichen Anhörung von einem Rechtsanwalt oder sonstigen nach nationalem Recht zugelassenen oder zulässigen Rechtsberater begleiten zu lassen. Der Rechtsanwalt oder sonstige Rechtsberater ist befugt, während der persönlichen Anhörung einzugreifen.
(5) Die Asylbehörde kann verlangen, dass der Antragsteller auch dann bei der persönlichen Anhörung anwesend ist, wenn er sich nach Maßgabe der nationalen Rechtsvorschriften von einem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater vertreten lässt; ferner kann sie verlangen, dass der Antragsteller die Fragen persönlich beantwortet.
(6) Unbeschadet von Artikel 22 Absatz 5 kann die Asylbehörde eine persönliche Anhörung des Antragstellers auch dann durchführen, wenn der Rechtsanwalt oder Rechtsberater nicht daran teilnimmt.
Artikel 17
Bedingungen für die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung
(1) Die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung erfolgt durch einen Rechtsanwalt oder sonstige nach nationalem Recht zur Unterstützung oder Vertretung von Antragstellern zugelassene Rechtsberater oder durch eine Nichtregierungsorganisation, die nach nationalem Recht für die Erbringung von Beratungs- und Vertretungsdiensten akkreditiert ist.
(2) Die Mitgliedstaaten legen spezifische Verfahrensvorschriften fest, in denen die Einzelheiten für die Stellung und Bearbeitung von Anträgen auf unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung im Zusammenhang mit Anträgen auf internationalen Schutz geregelt sind; anderenfalls wenden sie die Vorschriften an, die für ähnliche, nur nationales Recht betreffende Anträge gelten, soweit diese Vorschriften den Zugang zu unentgeltlicher Rechtsberatung und -vertretung weder unmöglich machen noch übermäßig erschweren.
(3) Die Mitgliedstaaten können für die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung außerdem eine finanzielle oder zeitliche Begrenzung vorsehen, soweit dadurch der Zugang zu unentgeltlicher Rechtsberatung und -vertretung nicht willkürlich eingeschränkt wird. Hinsichtlich der Gebühren und anderen Kosten darf Antragstellern keine ungünstigere Behandlung zuteilwerden, als sie den Staatsangehörigen in Fragen der Rechtsberatung im Allgemeinen gewährt wird.
(4) Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der Antragsteller ihnen die verauslagten Kosten ganz oder teilweise zurückerstattet, wenn sich seine finanzielle Lage beträchtlich verbessert oder wenn die Entscheidung zur Verauslagung solcher Kosten aufgrund falscher Angaben des Antragstellers getroffen wurde.
Artikel 18
Rolle des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen
(1) Die Mitgliedstaaten gewähren dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen
a)Zugang zu Antragstellern, auch zu denen, die sich in Aufnahmezentren, Gewahrsam, an der Grenze oder in Transitzonen befinden;
b)Zugang zu Informationen über einzelne Anträge auf internationalen Schutz, über den Verlauf des Verfahrens und über die erlassenen Entscheidungen, sofern der Antragsteller dem zustimmt;
c)die Möglichkeit zur Stellungnahme zu einzelnen Anträgen auf internationalen Schutz in jedem Verfahrensabschnitt und bei jeder zuständigen Behörde in Ausübung der Überwachungsbefugnisse nach Artikel 35 der Genfer Flüchtlingskonvention.
(2) Absatz 1 findet auch auf eine Organisation Anwendung, die im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats im Auftrag des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen auf der Grundlage einer Vereinbarung mit diesem Mitgliedstaat tätig ist.
Abschnitt IV
Besondere Garantien
Artikel 19
Antragsteller, die besondere Verfahrensgarantien benötigen
(1) Die Asylbehörde prüft systematisch, ob ein Antragsteller besondere Verfahrensgarantien benötigt. Diese Prüfung kann in vorhandene nationale Verfahren oder in die Prüfung nach Artikel 21 der Richtlinie XXXX/XX/EU (Richtlinie über die Aufnahmebedingungen) einbezogen werden und muss nicht in Form eines Verwaltungsverfahrens vorgenommen werden.
Bei dieser Prüfung berücksichtigt die Asylbehörde die in Artikel 20 festgelegten allgemeinen Grundsätze für die Bewertung besonderer Verfahrensbedürfnisse.
(2) Wird festgestellt, dass Antragsteller besondere Verfahrensgarantien benötigen, so erhalten diese Antragsteller angemessene Unterstützung, damit sie während der Dauer des Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes die Rechte aus dieser Verordnung in Anspruch nehmen und den sich aus dieser Verordnung ergebenden Pflichten nachkommen können.
(3) Kann diese angemessene Unterstützung im Rahmen des beschleunigten Prüfungsverfahrens nach Artikel 40 oder des Verfahrens an der Grenze nach Artikel 41 nicht geleistet werden, insbesondere wenn die Asylbehörde der Auffassung ist, dass der Antragsteller besondere Verfahrensgarantien benötigt, da er Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer, sexueller oder geschlechtsbezogener Gewalt erlitten hat, so wendet die Asylbehörde diese Verfahren für diesen Antragsteller nicht oder nicht mehr an.
(4) Die Kommission kann im Wege von Durchführungsrechtsakten Einzelheiten und spezielle Maßnahmen festlegen, die bei der Prüfung und der Behandlung der besonderen Verfahrensbedürfnisse von Antragstellern und insbesondere unbegleiteten Minderjährigen zu berücksichtigen sind. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 58 genannten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 20
Allgemeine Grundsätze für die Bewertung besonderer Verfahrensbedürfnisse
(1)Die Ermittlung von Antragstellern mit besonderen Verfahrensbedürfnissen wird von den für die Entgegennahme und Registrierung der Anträge zuständigen Behörden eingeleitet, sobald ein Antrag gestellt wird, und von der Asylbehörde weitergeführt, sobald der Antrag eingereicht wurde.
(2) Die Bediensteten der für die Entgegennahme und Registrierung der Anträge zuständigen Behörden halten bei der Registrierung des Antrags fest, ob ein Antragsteller erste Anzeichen für eine Schutzbedürftigkeit aufweist, die möglicherweise besondere Verfahrensgarantien rechtfertigt und auf die von körperlichen Merkmalen oder den Erklärungen oder dem Verhalten des Antragstellers geschlossen werden kann.
Wenn ein Antragsteller erste Anzeichen für eine Schutzbedürftigkeit aufweist, wird diese Tatsache zusammen mit einer Beschreibung der Anzeichen, aufgrund derer der Antragsteller möglicherweise besondere Verfahrensgarantien benötigt, in die Akte des Antragstellers aufgenommen.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Bediensteten der in Artikel 5 genannten Behörden für die Erkennung erster Anzeichen für eine Schutzbedürftigkeit von Antragstellern, die möglicherweise besondere Verfahrensgarantien benötigen, geschult sind und dazu eigens angewiesen werden.
(3) Wenn es Hinweise darauf gibt, dass der Antragsteller möglicherweise Folter, Vergewaltigung oder eine andere schwere Form psychischer, physischer, sexueller oder geschlechtsbezogener Gewalt erlitten hat und dass dies seine Fähigkeit zur effektiven Verfahrensteilnahme beeinträchtigen könnte, überweist die Asylbehörde den Antragsteller für die weitere Untersuchung seines geistigen und körperlichen Zustands an einen Arzt oder Psychologen.
Bei der Entscheidung über die besondere Unterstützung, die dem Antragsteller während des Verfahrens gewährt werden könnte, trägt die Asylbehörde dem Ergebnis dieser Untersuchung Rechnung.
Die medizinischen Untersuchungen nach den Artikeln 23 und 24 bleiben von dieser Untersuchung unberührt.
(4)Die zuständigen Behörden tragen der Notwendigkeit besonderer Verfahrensgarantien gemäß diesem Artikel auch dann Rechnung, wenn diese Notwendigkeit erst in einer späteren Phase des Verfahrens zutage tritt, wobei das Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes deshalb nicht von Neuem begonnen werden muss.
Artikel 21
Garantien für Minderjährige
(1) Bei der Anwendung dieser Verordnung berücksichtigen die Mitgliedstaaten vorrangig das Kindeswohl.
(2) Sofern das Wohl des Minderjährigen dem nicht offensichtlich entgegensteht, gibt die Asylbehörde Minderjährigen Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung; dies gilt auch in Fällen, in denen diese den Antrag gemäß Artikel 31 Absatz 6 oder gemäß Artikel 32 Absatz 1 in eigenem Namen stellen. Entscheidet eine Asylbehörde, einem Minderjährigen in einem solchen Fall keine Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zu geben, so begründet sie dies.
Die persönliche Anhörung wird von einer Person durchgeführt, die mit den Rechten und besonderen Bedürfnissen von Minderjährigen vertraut ist; sie wird in einer kind- und situationsgerechten Weise durchgeführt.
(3) Entscheidungen über Anträge Minderjähriger werden von Bediensteten der Asylbehörde vorbereitet, die mit den Rechten und besonderen Bedürfnissen von Minderjährigen vertraut sind.
Artikel 22
Besondere Garantien für unbegleitete Minderjährige
(1) Wenn ein unbegleiteter Minderjähriger einen Antrag stellt, bestellen die zuständigen Behörden so bald wie möglich, spätestens aber am fünften Arbeitstag nach der Antragstellung eine Person oder eine Organisation zum Vormund.
Wird eine Organisation zum Vertreter bestellt, so benennt diese eine Person, die die Pflichten des Vormunds wahrnimmt.
Die Asylbehörde setzt den unbegleiteten Minderjährigen unverzüglich von der Ernennung seines Vormunds in Kenntnis.
(2)Die Asylbehörde unterrichtet den Vormund über alle den unbegleiteten Minderjährigen betreffenden Fakten sowie über die Verfahrensschritte und Fristen.
(3) Um das Wohl und das allgemeine Wohlergehen des Minderjährigen zu schützen, fällt dem Vormund die Aufgabe zu,
a)den unbegleiteten Minderjährigen in den Verfahren gemäß der vorliegenden Verordnung zu unterstützen und zu vertreten und
b)diesem zu ermöglichen, die Rechte aus dieser Verordnung in Anspruch zu nehmen und den sich aus dieser Verordnung ergebenden Pflichten nachzukommen.
(4) Der Vormund nimmt seine Aufgaben im Interesse des Kindeswohls wahr, verfügt über die erforderliche Fachkenntnis und ist nicht wegen Straftaten oder Vergehen im Zusammenhang mit Kindern vorbestraft.
Die als Vormund handelnde Person kann nicht durch eine andere Person ersetzt werden, es sei denn, die zuständigen Behörden sind der Auffassung, dass sie ihre Aufgabe als Vormund nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Organisationen oder Personen, deren Interessen mit den Interessen des unbegleiteten Minderjährigen in Konflikt stehen oder stehen könnten, werden nicht zum Vormund bestellt.
(5) Die zuständigen Behörden weisen einem Vormund nicht zur gleichen Zeit eine unverhältnismäßig große Zahl unbegleiteter Minderjähriger zu, die es ihm unmöglich machen würde, seine Aufgaben wirksam wahrzunehmen.
Die Mitgliedstaaten benennen Einrichtungen oder Personen, die für die Erfüllung der Aufgaben durch die Vormunde verantwortlich sind und überwachen und regelmäßig kontrollieren, dass die Vormunde ihre Aufgaben in zufriedenstellender Weise erfüllen. Diese Einrichtungen oder Personen sind auch dafür zuständig, Beschwerden unbegleiteter Minderjähriger gegen ihren Vormund zu prüfen.
(6) Der Vormund klärt den unbegleiteten Minderjährigen über die Bedeutung und die möglichen Konsequenzen seiner persönlichen Anhörung sowie gegebenenfalls darüber auf, wie er sich auf seine persönliche Anhörung vorbereiten kann. Bei dieser Anhörung sind der Vormund sowie gegebenenfalls ein Rechtsanwalt oder ein sonstiger nach nationalem Recht zugelassener oder zulässiger Rechtsberater anwesend, und sie erhalten innerhalb des von der anhörenden Person festgelegten Rahmens Gelegenheit, Fragen zu stellen und Bemerkungen vorzubringen. Die Asylbehörde kann verlangen, dass der unbegleitete Minderjährige auch dann bei der persönlichen Anhörung anwesend ist, wenn der Vormund zugegen ist.
Abschnitt V
Medizinische Untersuchungen
Artikel 23
Medizinische Untersuchung
(1) Hält die Asylbehörde dies für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) für erforderlich, so veranlasst sie vorbehaltlich der Zustimmung des Antragstellers eine medizinische Untersuchung des Antragstellers im Hinblick auf Anzeichen und Symptome für eine in der Vergangenheit erlittene Verfolgung oder einen in der Vergangenheit erlittenen ernsthaften Schaden.
(2) Die medizinische Untersuchung wird von qualifizierten medizinischen Fachkräften durchgeführt. Die Mitgliedstaaten können die medizinischen Fachkräfte benennen, die diese medizinischen Untersuchungen durchführen dürfen. Die Kosten für diese medizinischen Untersuchungen trägt die öffentliche Hand.
(3) Wird keine medizinische Untersuchung gemäß Absatz 1 durchgeführt, so teilt die Asylbehörde dem Antragsteller mit, dass er von sich aus und auf seine eigenen Kosten eine medizinische Untersuchung im Hinblick auf Anzeichen und Symptome für eine in der Vergangenheit erlittene Verfolgung oder einen in der Vergangenheit erlittenen ernsthaften Schaden veranlassen kann.
(4) Die Ergebnisse der medizinischen Untersuchung werden der Asylbehörde so schnell wie möglich mitgeteilt und von dieser zusammen mit den anderen Angaben im Antrag gewürdigt.
(5) Die Weigerung eines Antragstellers, sich medizinisch untersuchen zu lassen, hindert die Asylbehörde nicht daran, über den Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden.
Artikel 24
Medizinische Untersuchung von unbegleiteten Minderjährigen
(1) Im Rahmen der Prüfung eines Antrags können medizinische Untersuchungen zur Bestimmung des Alters unbegleiteter Minderjähriger veranlasst werden, wenn aufgrund von Aussagen des Antragstellers oder anderen einschlägigen Hinweisen, einschließlich einer psychosozialen Einschätzung, angezweifelt wird, ob der Antragsteller tatsächlich jünger als 18 Jahre ist. Sind die Ergebnisse der medizinischen Untersuchung nicht eindeutig oder ergibt sich eine Spanne, die bis unter das Alter von 18 Jahren reicht, so gehen die Mitgliedstaaten davon aus, dass der Antragsteller minderjährig ist.
(2)Die medizinische Untersuchung zur Bestimmung des Alters eines unbegleiteten Minderjährigen darf nicht ohne seine Einwilligung oder die Einwilligung seines Vormunds durchgeführt werden.
(3)Die medizinische Untersuchung wird unter uneingeschränkter Achtung der Würde der Person und mit den schonendsten Methoden von qualifizierten medizinischen Fachkräften durchgeführt, die Ergebnisse mit höchster Zuverlässigkeit gewährleisten können.
(4)Bevor eine medizinische Untersuchung zur Bestimmung des Alters eines unbegleiteten Minderjährigen veranlasst wird, stellt die Asylbehörde sicher, dass der unbegleitete Minderjährige vor der Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz in einer Sprache, die er versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass er sie versteht, über die Möglichkeit der Altersbestimmung im Wege einer medizinischen Untersuchung informiert wird. Diese Information umfasst eine Aufklärung über die Untersuchungsmethode, über die möglichen Folgen des Untersuchungsergebnisses für die Prüfung des Antrags sowie über die Möglichkeit und die Folgen der Weigerung des unbegleiteten Minderjährigen oder seines Vormunds, die medizinische Untersuchung vornehmen zu lassen.
(5) Die Weigerung des unbegleiteten Minderjährigen oder seines Vormunds, die medizinische Untersuchung vornehmen zu lassen, gibt jedenfalls Anlass zu der widerlegbaren Vermutung, dass der Antragsteller nicht minderjährig ist, und hindert die Asylbehörde nicht daran, über den Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden.
(6) Wenn ein Mitgliedstaat auf der Grundlage einer medizinischen Untersuchung gemäß diesem Artikel und mit in seinem nationalen Recht anerkannten Methoden über das Alter eines Antragstellers entscheidet, wird diese Entscheidung von den übrigen Mitgliedstaaten anerkannt.
KAPITEL III
VERWALTUNGSVERFAHREN
Abschnitt I
Zugang zum Verfahren
Artikel 25
Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Wenn ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser Bediensteten der Asylbehörde oder anderer Behörden nach Artikel 5 Absätze 3 oder 4 gegenüber den Wunsch äußert, internationalen Schutz zu erhalten, so wird dies als Antrag auf internationalen Schutz betrachtet.
Haben die Bediensteten bei einer Aussage Zweifel, ob diese als Antrag zu verstehen ist, fragen sie die Person ausdrücklich, ob sie internationalen Schutz zu erhalten wünscht.
(2) Ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, der einen Antrag auf internationalen Schutz stellt, gilt so lange als Antragsteller auf internationalen Schutz, bis eine bestandskräftige Entscheidung über seinen Antrag ergeht.
Artikel 26
Aufgaben der zuständigen Behörden bei der Antragstellung
(1) Die für die Entgegennahme und Registrierung der Anträge zuständigen Behörden
a)klären den Antragsteller über seine Rechte und Pflichten auf, insbesondere über die Bestimmungen der Artikel 27, 28 und 31 in Bezug auf die Registrierung und Einreichung von Anträgen, des Artikels 7 in Bezug auf die Pflichten der Antragsteller und die Folgen einer Nichterfüllung dieser Pflichten, des Artikels 9 in Bezug auf das Recht der Antragsteller, im Hoheitsgebiet des zuständigen Mitgliedstaats zu verbleiben, und des Artikels 8 in Bezug auf die allgemeinen Garantien für Antragsteller;
b)registrieren den Antrag gemäß Artikel 27;
c)teilen dem Antragsteller bei der Registrierung mit, wo und wie er seinen Antrag auf internationalen Schutz einreichen muss;
d)setzen die gemäß der Richtlinie XXXX/XX/EU (Richtlinie über die Aufnahmebedingungen) für die Aufnahmebedingungen zuständigen Behörden über den Antrag in Kenntnis.
(2) Die Kommission kann im Wege von Durchführungsrechtsakten die Informationen festlegen, die den Antragstellern bei der Stellung ihres Antrags mitzuteilen sind. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 58 genannten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 27
Registrierung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die für die Entgegennahme und Registrierung der Anträge auf internationalen Schutz zuständigen Behörden registrieren die Anträge umgehend und spätestens am dritten Arbeitstag nach der Antragstellung. Sie registrieren außerdem die folgenden Angaben:
a)Name, Geburtsdatum, Geschlecht, Staatsangehörigkeit sowie weitere personenbezogene Daten des Antragstellers;
b)Art und Nummer etwaiger Identitäts- oder Reisedokumente des Antragstellers,
c)Datum des Antrags, Ort der Antragstellung sowie Behörde, bei der der Antrag gestellt wurde.
Soweit die Mitgliedstaaten die Angaben der Buchstaben a und b bereits vor der Antragstellung erhalten haben, werden diese nicht erneut verlangt.
(2)Werden die Angaben von der Asylbehörde oder von einer anderen Behörde, die diese bei der Prüfung des Antrags unterstützt, erhoben, so können bei der Registrierung außerdem weitere, für die Prüfung des Antrags erforderliche Angaben erhoben werden.
(3) Beantragt eine unverhältnismäßig große Zahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gleichzeitig internationalen Schutz, so dass es in der Praxis schwierig ist, die Anträge innerhalb von drei Arbeitstagen nach der Antragstellung zu registrieren, so können die Behörden der Mitgliedstaaten diese Frist auf zehn Arbeitstage verlängern.
(4)Die zuständigen Behörden bewahren sämtliche Daten nach Absatz 1 sowie etwaige nach Absatz 2 erhobene relevante Daten ab der bestandskräftigen Entscheidung zehn Jahre lang auf. Nach Ablauf dieses Zeitraums oder – sofern die Daten eine Person betreffen, die vor Ablauf dieses Zeitraums die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats erworben hat – sobald der Mitgliedstaat Kenntnis davon erhält, dass die betreffende Person die Staatsbürgerschaft erworben hat, werden die Daten gelöscht.
Artikel 28
Einreichung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Der Antragsteller reicht seinen Antrag innerhalb von zehn Arbeitstagen nach der Registrierung des Antrags ein, sofern ihm effektiv Gelegenheit gegeben wurde, dies innerhalb dieser Frist zu tun.
(2)Die für die Entgegennahme und Registrierung der Anträge auf internationalen Schutz zuständige Behörde gibt dem Antragsteller effektiv Gelegenheit, seinen Antrag innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist einzureichen.
(3)Ersucht eine unverhältnismäßig große Zahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gleichzeitig um internationalen Schutz, so dass eine Einreichung der Anträge innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist in der Praxis schwierig zu ermöglichen ist, gibt die zuständige Behörde dem Antragsteller effektiv Gelegenheit, seinen Antrag spätestens einen Monat nach der Registrierung des Antrags einzureichen.
(4) Bei der Einreichung ihres Antrags müssen die Antragsteller sämtliche in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Anerkennungsverordnung) genannten Elemente vorlegen, die zur Begründung ihres Antrags benötigt werden. Nach der Einreichung ihres Antrags dürfen die Antragsteller, solange über den Antrag im Verwaltungsverfahren noch nicht entschieden wurde, weitere für dessen Prüfung relevante Elemente vorlegen.
Die für die Entgegennahme und Registrierung der Anträge auf internationalen Schutz zuständige Behörde weist den Antragsteller darauf hin, dass er nach Ergehen der Entscheidung über seinen Antrag lediglich neue, für dessen Prüfung relevante Elemente nachreichen darf, von denen er zuvor keine Kenntnis haben konnte oder die eine Änderung seiner persönlichen Lage betreffen.
(5) Anträge auf internationalen Schutz werden persönlich und an einem bestimmten Ort eingereicht. Zu diesem Zweck wird den Antragstellern bei der Registrierung ihres Antrags ein Termin bei der für die Einreichung des Antrags zuständigen Behörde gegeben.
(6)Die zuständigen Behörden bewahren die in Absatz 4 genannten Daten ab der bestandskräftigen Entscheidung zehn Jahre lang auf. Nach Ablauf dieses Zeitraums oder – sofern die Daten eine Person betreffen, die vor Ablauf dieses Zeitraums die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats erworben hat – sobald der Mitgliedstaat Kenntnis davon erhält, dass die betreffende Person die Staatsbürgerschaft erworben hat, werden die Daten gelöscht.
Artikel 29
Dokumente für den Antragsteller
(1) Die Behörden des Mitgliedstaats, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird, händigen dem Antragsteller bei der Registrierung ein Dokument aus, das insbesondere bestätigt, dass ein Antrag gestellt wurde und dass der Antragsteller zum Zweck der Einreichung seines Antrags gemäß der vorliegenden Verordnung auf dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleiben darf.
(2) Die Behörden des Mitgliedstaats, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz eingereicht wird, händigen dem Antragsteller innerhalb von drei Arbeitstagen nach der Einreichung des Antrags ein auf seinen Namen ausgestelltes Dokument aus,
a)auf dem die Identität des Antragstellers angegeben ist und das mindestens die in Artikel 27 Absatz 1 Buchstaben a und b genannten – überprüften und gegebenenfalls aktualisierten – Angaben, ein Gesichtsbild des Antragstellers, seine Unterschrift, seinen Aufenthaltsort und das Datum der Einreichung des Antrags enthält;
b)auf dem die ausstellende Behörde, das Datum und der Ort seiner Ausstellung und die Gültigkeitsdauer des Dokuments angegeben sind;
c)mit dem bestätigt wird, dass die Person den Status eines Antragstellers genießt;
d)aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller ein Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats genießt und ob er sich im gesamten Hoheitsgebiet oder in einem Teilgebiet frei bewegen darf;
e)auf dem angegeben ist, dass das Dokument kein gültiges Reisedokument darstellt und dass es dem Antragsteller nicht gestattet ist, ohne Genehmigung in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates zu reisen, solange das Verfahren gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Dublin-Verordnung) zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Antrags zuständig ist, noch nicht stattgefunden hat;
f)aus dem hervorgeht, ob es dem Antragsteller gestattet ist, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.
(3)Wird infolge eines Verfahrens gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Dublin-Verordnung) zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Antrags zuständig ist, ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Antrags zuständig bestimmt, so händigen die Behörden dieses Mitgliedstaats dem Antragsteller innerhalb von drei Arbeitstagen nach seiner Überstellung in diesen Mitgliedstaat ein Dokument nach Absatz 2 aus.
(4)Das Dokument nach Absatz 2 hat eine Gültigkeit von sechs Monaten, die gegebenenfalls verlängert wird, um sicherzustellen, dass es so lange gültig ist, wie der Antragsteller im Hoheitsgebiet des für die Prüfung seines Antrags zuständigen Mitgliedstaats zu verbleiben berechtigt ist.
Die auf dem Dokument angegebene Gültigkeit verleiht dem Antragsteller kein Recht auf Verbleib, wenn dieses Recht beendet oder ausgesetzt wurde.
(5)Die Kommission kann im Wege von Durchführungsrechtsakten die Form und den Inhalt der Dokumente festlegen, die den Antragstellern bei der Registrierung und bei der Einreichung ihres Antrags auszuhändigen sind. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 58 genannten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 30
Zugang zum Verfahren in Gewahrsamseinrichtungen und an Grenzübergangsstellen
(1)Gibt es Anzeichen dafür, dass Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die sich in Gewahrsamseinrichtungen oder an Grenzübergangsstellen an den Außengrenzen, einschließlich Transitzonen, befinden, möglicherweise internationalen Schutz benötigen, so weisen die zuständigen Behörden diese Personen auf die Möglichkeit hin, um internationalen Schutz zu ersuchen; dies gilt insbesondere in Fällen, in denen
a)es sich möglicherweise um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt;
b)offensichtliche Hinweise dafür vorliegen, dass die Person eine psychische oder andere Störung aufweist, die es ihr unmöglich macht, zu bestätigen, dass sie internationalen Schutz benötigt;
c)die Person aus einem bestimmten Herkunftsstaat kommt und es aufgrund der bekannten Lage in diesem Staat wahrscheinlich ist, dass sie internationalen Schutz benötigt.
(2) Um den Zugang zum Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes zu erleichtern, treffen die zuständigen Behörden die erforderlichen Vorkehrungen zur Bereitstellung von Dolmetschdiensten.
(3)Organisationen und Personen, die Beratungsleistungen erbringen, wird effektiver Zugang zu Drittstaatsangehörigen in Gewahrsamseinrichtungen und an Grenzübergangsstellen an den Außengrenzen, einschließlich Transitzonen, gewährt.
Die Mitgliedstaaten dürfen Beschränkungen eines solchen Zugangs nur verhängen, wenn sie nach Maßgabe des nationalen Rechts für die Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder die Verwaltung der Grenzübergangsstelle oder Gewahrsamseinrichtung erforderlich sind und sofern der Zugang nicht erheblich behindert oder unmöglich gemacht wird.
Artikel 31
Anträge im Namen eines Ehegatten, eines Lebenspartners, eines Minderjährigen oder eines abhängigen Volljährigen
(1) Ein Antragsteller kann einen Antrag im Namen seines Ehegatten, seines Partners, der mit ihm eine stabile, dauerhafte Beziehung führt, sowie von Minderjährigen oder von abhängigen, nicht geschäftsfähigen Volljährigen einreichen.
(2) Der Ehegatte oder Partner nach Absatz 1 wird unter vier Augen über die verfahrensrechtlichen Folgen der Einreichung eines Antrags in seinem Namen belehrt sowie über sein Recht, einen gesonderten Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Falls der Ehegatte oder Partner der Einreichung eines Antrags in seinem Namen nicht zustimmt, wird ihm Gelegenheit gegeben, einen Antrag in eigenem Namen einzureichen.
(3)Reicht ein Antragsteller den Antrag im Namen seines Ehegatten oder Partners gemäß Absatz 1 nicht innerhalb des in Artikel 28 Absatz 1 genannten Zeitraums von zehn Arbeitstagen ein, wird dem Ehegatten oder Partner Gelegenheit gegeben, nach Ablauf dieser ersten Frist innerhalb eines weiteren Zeitraums von zehn Arbeitstagen seinen Antrag in eigenem Namen einzureichen. Reicht der Ehegatte oder Partner seinen Antrag innerhalb dieses weiteren Zeitraums von zehn Arbeitstagen erneut nicht ein, wird sein Antrag gemäß dem in Artikel 39 vorgesehenen Verfahren als nicht weiter betrieben abgelehnt.
(4)Reicht ein Antragsteller den Antrag im Namen des von ihm abhängigen Volljährigen gemäß Absatz 1 nicht innerhalb des in Artikel 28 Absatz 1 genannten Zeitraums von zehn Arbeitstagen ein, so reicht die Asylbehörde einen Antrag im Namen dieses abhängigen Volljährigen ein, sofern sie auf der Grundlage einer Bewertung der persönlichen Umstände des abhängigen Volljährigen der Auffassung ist, dass der abhängige Volljährige möglicherweise internationalen Schutz benötigt.
(5)Hat eine Person einen Antrag im Namen seines Ehegatten, seines Partners, der mit ihm eine stabile, dauerhafte Beziehung führt, oder eines abhängigen, nicht geschäftsfähigen Volljährigen eingereicht, so wird jeder dieser Personen Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung gegeben.
(6)Ein Minderjähriger hat das Recht, entweder in eigenem Namen – wenn er nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats verfahrensfähig ist – oder über einen gesetzlich oder nach den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats für ihn verantwortlichen Erwachsenen – der im Falle eines begleiteten Minderjährigen ein Elternteil, eine andere gesetzlich bestimmte oder gewöhnlich für ihn sorgende Betreuungsperson oder ein volljähriger Familienangehöriger und im Falle eines unbegleiteten Minderjährigen ein Vormund sein kann – einen Antrag einzureichen.
(7) Im Falle eines begleiteten Minderjährigen ist ein durch den für ihn verantwortlichen Erwachsenen gemäß Absatz 6 eingereichter Antrag auch als im Namen des Minderjährigen eingereichter Antrag auf internationalen Schutz anzusehen.
(8)Stellt der für den begleiteten Minderjährigen verantwortliche Erwachsene keinen Antrag für sich selbst, so wird der begleitete Minderjährige bei der Stellung seines Antrags ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er die Möglichkeit hat, einen Antrag in eigenem Namen einzureichen; das damit einhergehende Verfahren wird ihm in der Folge erläutert.
(9)Reicht der für den begleiteten Minderjährigen verantwortliche Erwachsene den Antrag im Namen des Minderjährigen nicht innerhalb des in Artikel 28 Absatz 1 genannten Zeitraums von zehn Arbeitstagen ein, so wird der Minderjährige – wenn er nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats verfahrensfähig ist – darauf hingewiesen, dass er die Möglichkeit hat, einen Antrag in eigenem Namen einzureichen, und es wird ihm Gelegenheit gegeben, dies nach Ablauf dieser ersten Frist innerhalb eines weiteren Zeitraums von zehn Arbeitstagen zu tun. Reicht der Minderjährige seinen Antrag in eigenem Namen innerhalb dieses weiteren Zeitraums von zehn Arbeitstagen nicht ein, wird sein Antrag gemäß dem in Artikel 39 vorgesehenen Verfahren als nicht weiter betrieben abgelehnt.
(10)Für die Zwecke der gemäß Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe d zu treffenden Entscheidung über die Zulässigkeit eines gesonderten Antrags eines Ehegatten, Partners oder Minderjährigen wird ein Antrag auf internationalen Schutz zunächst daraufhin geprüft, ob Tatsachen betreffend die Situation des Ehegatten, Partners oder Minderjährigen vorliegen, die einen gesonderten Antrag rechtfertigen.
Liegen Tatsachen betreffend die Situation des Ehegatten, Partners oder Minderjährigen vor, die einen gesonderten Antrag rechtfertigen, so wird dieser gesonderte Antrag weiter geprüft, um eine Entscheidung über seine Begründetheit zu treffen. Anderenfalls wird der gesonderte Antrag unbeschadet der ordnungsgemäßen Prüfung eines etwaigen im Namen des Ehegatten, Partners oder Minderjährigen eingereichten Antrags als unzulässig abgelehnt.
Artikel 32
Anträge unbegleiteter Minderjähriger
(1) Sofern ein unbegleiteter Minderjähriger nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats verfahrensfähig ist, reicht er einen Antrag in eigenem Namen ein; anderenfalls reicht sein Vormund diesen Antrag in seinem Namen ein. Der Vormund unterstützt den unbegleiteten Minderjährigen und informiert ihn darüber, wie und wo ein Antrag eingereicht werden kann.
(2)Für unbegleitete Minderjährige beginnt die in Artikel 28 Absatz 1 genannte Frist von zehn Arbeitstagen für die Einreichung eines Antrags erst, wenn ihr Vormund ernannt wird und sie diesen treffen. Reicht der Vormund den Antrag im Namen des unbegleiteten Minderjährigen innerhalb dieses Zeitraums von zehn Arbeitstagen nicht ein, so reicht die Asylbehörde einen Antrag im Namen des unbegleiteten Minderjährigen ein, sofern sie auf der Grundlage einer Bewertung der persönlichen Umstände des Minderjährigen der Auffassung ist, dass der Minderjährige möglicherweise internationalen Schutz benötigt.
(3)Die Stellen im Sinne von Artikel 10 der Richtlinie 2008/115/EG haben das Recht, im Namen eines unbegleiteten Minderjährigen einen Antrag auf internationalen Schutz einzureichen, wenn diese Stellen auf der Grundlage einer Bewertung der persönlichen Umstände des Minderjährigen der Auffassung sind, dass der Minderjährige möglicherweise internationalen Schutz benötigt.
Abschnitt II
Prüfungsverfahren
Artikel 33
Prüfung von Anträgen
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen Anträge auf internationalen Schutz unter Beachtung der Grundsätze und Garantien in Kapitel II.
(2) Die Asylbehörde trifft ihre Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz nach angemessener Prüfung seiner Zulässigkeit und Begründetheit. Die Asylbehörde prüft die Anträge objektiv, unparteiisch und einzelfallbezogen. Bei der Prüfung der Anträge berücksichtigt sie Folgendes:
a)die maßgeblichen Angaben des Antragstellers und die von ihm vorgelegten Unterlagen, einschließlich Informationen zu der Frage, ob er verfolgt worden ist bzw. verfolgt werden könnte oder einen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. erleiden könnte;
b)sämtliche genauen und aktuellen Informationen über die Lage im Herkunftsland des Antragstellers, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag relevant sind, einschließlich der Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Herkunftslandes und der Weise, in der sie angewandt werden, sowie sonstige relevante Informationen aus Quellen wie der Asylagentur der Europäischen Union, dem Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder einschlägigen internationalen Menschenrechtsorganisationen;
c)die in Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (EU-Asylagentur-Verordnung) genannte gemeinsame Analyse von Informationen über Herkunftsländer;
d)die individuelle Lage und die persönlichen Umstände des Antragstellers, einschließlich solcher Faktoren wie familiärer und sozialer Hintergrund, Geschlecht, Alter, sexuelle Ausrichtung und Geschlechtsidentität, um bewerten zu können, ob in Anbetracht seiner persönlichen Umstände die Handlungen, denen er ausgesetzt war oder ausgesetzt sein könnte, einer Verfolgung oder einem sonstigen ernsthaften Schaden gleichzusetzen sind;
e)die Frage, ob der Antragsteller die Aktivitäten, die er seit Verlassen des Herkunftslandes aufgenommen hat, ausschließlich oder hauptsächlich ausgeübt hat, um die für die Beantragung von internationalem Schutz erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit bewertet werden kann, ob der Antragsteller im Fall einer Rückkehr in dieses Land aufgrund dieser Aktivitäten verfolgt oder ernsthaften Schaden erleiden würde;
f)die Frage, ob vom Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er den Schutz eines anderen Staates in Anspruch nimmt, dessen Staatsbürgerschaft er für sich geltend machen könnte.
(3)Die für die Prüfung und Entscheidung der Anträge zuständigen Bediensteten sind mit den im Bereich Asyl- und Flüchtlingsrecht anzuwendenden Standards ausreichend vertraut. Sie haben die Möglichkeit, in bestimmten, unter anderem medizinischen, kulturellen, religiösen und kinder- oder geschlechtsspezifischen Fragen, den Rat von Sachverständigen einzuholen, wann immer dies erforderlich ist. Erforderlichenfalls können sie gemäß Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (EU-Asylagentur-Verordnung) Anfragen an die Asylagentur der Europäischen Union richten.
(4) Falls dies notwendig ist, sind die für die Prüfung der Anträge durch die Asylbehörde sachdienlichen Unterlagen für die Zwecke dieser Prüfung zu übersetzen.
(5) Die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz kann im Einklang mit den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II vorgezogen werden, insbesondere,
a)wenn der Antrag begründet erscheint;
b)wenn beim Antragsteller besondere Bedürfnisse bei der Aufnahme im Sinne von Artikel 20 der Richtlinie XXXX/XX/EU (Richtlinie über die Aufnahmebedingungen) vorliegen oder er besondere Verfahrensgarantien benötigt; dies gilt insbesondere für unbegleitete Minderjährige.
Artikel 34
Dauer des Prüfungsverfahrens
(1) Die Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags gemäß Artikel 36 Absatz 1 erstreckt sich über höchstens einen Monat ab der Einreichung des Antrags.
Die Frist für diese Prüfung beträgt zehn Arbeitstage, wenn der erste Mitgliedstaat, in dem ein Antrag eingereicht wird, gemäß Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Dublin-Verordnung) das Konzept des ersten Asylstaats oder des sicheren Drittstaats nach Artikel 36 Absatz 1 Buchstaben a und b der vorliegenden Verordnung anwendet.
(2) Die Asylbehörde stellt sicher, dass das Verfahren zur Prüfung der Begründetheit unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung so rasch wie möglich und spätestens sechs Monate nach Einreichung des Antrags zum Abschluss gebracht wird.
(3) Die Asylbehörde kann diese Sechsmonatsfrist um höchstens drei weitere Monate verlängern, wenn
a)eine unverhältnismäßig große Anzahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gleichzeitig internationalen Schutz beantragt, so dass es in der Praxis schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist von sechs Monaten abzuschließen;
b)es um komplexe Sachverhalte oder komplexe Rechtsfragen geht.
(4) Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Dublin-Verordnung) zu behandeln, so beginnt die in Absatz 2 festgelegte Frist, sobald der für die Prüfung zuständige Mitgliedstaat gemäß jener Verordnung bestimmt ist, sich der Antragsteller im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats befindet und gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXXX/XX (Dublin-Verordnung) betreut wird.
(5) Die Asylbehörde kann den Abschluss des Prüfungsverfahrens aufschieben, wenn von ihr aufgrund einer aller Voraussicht nach vorübergehenden ungewissen Lage im Herkunftsstaat vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, innerhalb der in Absatz 2 festgelegten Frist bzw. – im Falle des beschleunigten Prüfungsverfahrens – innerhalb der in Artikel 40 Absatz 4 festgelegten Frist zu entscheiden. In solchen Fällen geht die Asylbehörde wie folgt vor:
a)Sie überprüft mindestens alle zwei Monate die Lage in diesem Herkunftsstaat;
b)sie unterrichtet die betroffenen Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist über die Gründe der Aufschiebung des Verfahrens.
Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission und die Asylagentur der Europäischen Union innerhalb einer angemessenen Frist über die Aufschiebung der Verfahren für diesen Herkunftsstaat. Die Asylbehörde schließt das Prüfungsverfahren in jedem Fall innerhalb von 15 Monaten nach der Einreichung des Antrags ab.
Abschnitt III
Entscheidungen über Anträge
Artikel 35
Entscheidungen der Asylbehörde
1. Entscheidungen über einen Antrag auf internationalen Schutz werden dem Antragsteller schriftlich und ohne unangemessene Verzögerung in einer Sprache mitgeteilt, die er versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass er sie versteht.
2. Wird ein Antrag als unzulässig, als unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus, als ausdrücklich zurückgenommen oder als nicht weiter betrieben abgelehnt, sind die sachlichen und rechtlichen Gründe für die Ablehnung in der Entscheidung darzulegen. Der Antragsteller wird schriftlich darüber informiert, wie eine Entscheidung über die Ablehnung internationalen Schutzes angefochten werden kann, es sei denn, er wurde bereits in anderer Form entsprechend informiert.
3. Im Falle von Anträgen im Namen von Ehegatten, Lebenspartnern, Minderjährigen oder abhängigen, nicht geschäftsfähigen Volljährigen und immer dann, wenn dieselben Gründe für den Antrag genannt werden, kann die Asylbehörde eine einzige Entscheidung für alle vom Antrag erfassten Personen treffen, es sei denn, dies hätte die Offenlegung bestimmter Umstände eines Antragstellers zur Folge, durch die dessen Interessen gefährdet werden könnten, insbesondere in Fällen, in denen es um Verfolgung wegen der Geschlechtszugehörigkeit, der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität oder des Alters geht. In derartigen Fällen ergeht für die betroffene Person eine gesonderte Entscheidung.
Artikel 36
Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags
1.Die Asylbehörde prüft die Zulässigkeit eines Antrags im Einklang mit den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II. Anträge, auf die einer der folgenden Gründe zutrifft, werden als unzulässig abgelehnt:
a)Ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, wird gemäß Artikel 44 als erster Asylstaat des Antragstellers betrachtet, es sei denn, es ist eindeutig, dass der Antragsteller in dieses Land nicht übernommen oder nicht rückübernommen wird;
b)ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, wird gemäß Artikel 45 als ein für den Antragsteller sicherer Drittstaat betrachtet, es sei denn, es ist eindeutig, dass der Antragsteller in dieses Land nicht übernommen oder nicht rückübernommen wird;
c)bei dem Antrag handelt es sich um einen Folgeantrag, bei dem keine neuen Elemente oder Erkenntnisse zu der Frage, ob der Antragsteller nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung) als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, oder in Bezug auf den zuvor genannten Grund für die Unzulässigkeit des Antrags zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind;
d)ein Ehegatte, ein Lebenspartner oder ein Minderjähriger stellt einen förmlichen Antrag, nachdem er zugestimmt hatte, dass in seinem Namen ein Antrag eingereicht wird, und es gibt keine Tatsachen betreffend die Situation des Ehepartners, des Lebenspartners oder des Minderjährigen, die einen gesonderten Antrag rechtfertigen würden.
2.Ein nicht im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Dublin-Verordnung) geprüfter Antrag darf nicht auf seine Begründetheit hin geprüft werden; dies gilt auch dann, wenn ein anderer Mitgliedstaat dem Antragsteller internationalen Schutz gewährt hat, oder wenn der Antrag gemäß Absatz 1 als unzulässig abgelehnt wird.
3.Absatz 1 Buchstaben a und b finden keine Anwendung auf eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz, die in einem beschleunigten Verfahren gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Neuansiedlungsverordnung) neu angesiedelt wurde.
4. Betrachtet der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag eingereicht wird, diesen nach Prüfung gemäß Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Dublin-Verordnung) als zulässig, so muss der zuständige Mitgliedstaat die Bestimmungen nach Absatz 1 Buchstaben a und b nicht erneut anwenden.
5.Wenn die Asylbehörde nach der Vorab-Bewertung der Auffassung ist, dass ein Antrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann, ist sie nicht verpflichtet, zur Zulässigkeit des Antrags Stellung zu beziehen.
Artikel 37
Entscheidung über die Begründetheit des Antrags
1. Bei der Prüfung der Begründetheit eines Antrags entscheidet die Asylbehörde, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling erfüllt; ist dies nicht der Fall, stellt sie fest, ob der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung) hat.
2. Die Asylbehörde lehnt einen Antrag als unbegründet ab, wenn sie festgestellt hat, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzstatus nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung) nicht erfüllt.
3. Die Asylbehörde erklärt einen unbegründeten Antrag in den in Artikel 40 Absatz 1 Buchstaben a, b, c, d und e genannten Fällen für offensichtlich unbegründet.
Artikel 38
Ausdrückliche Rücknahme des Antrags
1. Ein Antragsteller kann seinen Antrag aus eigener Initiative zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens zurücknehmen.
2. Nimmt ein Antragsteller seinen Antrag ausdrücklich zurück, trifft die Asylbehörde die Entscheidung, den Antrag als ausdrücklich zurückgenommen oder als unbegründet abzulehnen, wenn sie in der Phase, in der der Antrag ausdrücklich zurückgenommen wurde, bereits festgestellt hat, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzstatus nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung) nicht erfüllt.
Artikel 39
Stillschweigende Rücknahme des Antrags
1. Die Asylbehörde lehnt einen Antrag als nicht weiter betrieben ab, wenn
a)der Antragsteller seinen Antrag nicht gemäß Artikel 28 eingereicht hat, obwohl er durchaus Gelegenheit dazu hatte;
b)ein Ehegatte, Lebenspartner oder Minderjähriger seinen Antrag nicht eingereicht hat, nachdem der Antragsteller es versäumt hat, den Antrag in seinem eigenen Namen gemäß Artikel 31 Absatz 3 und 8 einzureichen;
c)der Antragsteller die Zusammenarbeit verweigert, indem er weder die zur Prüfung der Bewerbung erforderlichen Informationen noch seine Fingerabdrücke oder sein Gesichtsbild gemäß Artikel 7 Absatz 3 vorlegt;
d)der Antragsteller nicht zur persönlichen Anhörung erschienen ist, obwohl er gemäß den Artikeln 10 bis 12 dazu verpflichtet war;
e)der Antragsteller seinen Wohnsitz aufgegeben hat, ohne die zuständigen Behörden davon zu unterrichten oder eine entsprechende Genehmigung gemäß Artikel 7 Absatz 4 einzuholen;
f)der Antragsteller seinen Meldepflichten gemäß Artikel 7 Absatz 5 wiederholt nicht nachgekommen ist.
2. In den in Absatz 1 genannten Fällen stellt die Asylbehörde die Prüfung des Antrags ein und teilt dem Antragsteller in einem an seinen Aufenthaltsort oder seine Adresse nach Artikel 7 Absatz 4 adressierten Schreiben mit, dass die Prüfung des Antrags eingestellt wurde und dass der Antrag als nicht weiter betrieben endgültig abgelehnt werden wird, es sei denn, der Antragsteller meldet sich innerhalb einer Frist von einem Monat nach Übermittlung der schriftlichen Mitteilung bei der Asylbehörde.
3. Wenn der Antragsteller sich innerhalb der Frist von einem Monat bei der Asylbehörde meldet und nachweist, dass sein Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte, nimmt die Asylbehörde die Prüfung des Antrags wieder auf.
4. Wenn der Antragsteller sich innerhalb der Frist von einem Monat nicht bei der Asylbehörde meldet und nicht nachweist, dass sein Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte, geht die Asylbehörde davon aus, dass der Antrag stillschweigend zurückgenommen wurde.
5. Wenn ein Antrag stillschweigend zurückgenommen wird, trifft die Asylbehörde die Entscheidung, den Antrag als nicht weiter betrieben oder als unbegründet abzulehnen, wenn sie in der Phase, in der der Antrag stillschweigend zurückgenommen wurde, bereits festgestellt hat, dass der Antragsteller nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzstatus nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung) erfüllt.
Abschnitt IV
Besondere Verfahren
Artikel 40
Beschleunigtes Prüfungsverfahren
1. Gemäß den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II beschleunigt die Asylbehörde die Begründetheitsprüfung eines Antrags auf internationalen Schutz in folgenden Fällen:
a)der Antragsteller hat bei der Stellung seines Antrags und der Darlegung der Tatsachen nur Umstände vorgebracht, die für die Prüfung der Frage, ob er als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung) anzuerkennen ist, nicht von Belang sind;
b)der Antragsteller hat eindeutig unstimmige und widersprüchliche, eindeutig falsche oder offensichtlich unwahrscheinliche Angaben gemacht, die im Widerspruch zu hinreichend gesicherten Herkunftslandinformationen stehen, so dass die Begründung für seine Behauptung, dass er als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung) anzuerkennen ist, offensichtlich nicht überzeugend ist;
c)der Antragsteller hat die Behörden durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder Staatsangehörigkeit, die sich negativ auf die Entscheidung hätten auswirken können, getäuscht;
d)der Antragsteller stellt den Antrag nur, um die Vollstreckung einer bereits getroffenen oder unmittelbar bevorstehenden Entscheidung über seine Abschiebung aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verzögern oder zu behindern;
e)ein Drittstaat kann als sicherer Herkunftsstaat für den Antragsteller im Sinne dieser Verordnung angesehen werden;
f)es gibt schwerwiegende Gründe für die Annahme, dass der Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung der Mitgliedstaaten darstellen kann;
g)der Antragsteller kommt den Pflichten nach Artikel 4 Absatz 1 und Artikel 20 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Dublin-Verordnung) nicht nach, es sei denn, er weist nach, dass sein Versäumnis auf Umstände außerhalb seines Einflussbereichs zurückzuführen ist;
h)es handelt sich um einen Folgeantrag zu einem Antrag, der so offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich ist, dass er keine konkrete Aussicht auf Erfolg hat.
2. Die Asylbehörde schließt das beschleunigte Prüfungsverfahren innerhalb von zwei Monaten nach der förmlichen Antragstellung ab. In den in Absatz 1 Buchstabe d genannten Fällen schließt die Asylbehörde das beschleunigte Prüfungsverfahren ausnahmsweise innerhalb von acht Arbeitstagen ab.
3.Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Dublin-Verordnung) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 2, sobald der für die Prüfung zuständige Mitgliedstaat gemäß der Verordnung bestimmt ist, der Antragsteller sich im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats befindet und gemäß Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Dublin-Verordnung) von der zuständigen Behörde betreut wird.
4.Wenn die Asylbehörde der Ansicht ist, dass die Prüfung des Antrags Sach- oder Rechtsfragen umfasst, die zu komplex sind, um im Rahmen eines beschleunigten Prüfungsverfahrens geprüft zu werden, kann sie die Begründetheitsprüfung gemäß den Artikeln 34 und 37 fortsetzen. In diesem Fall oder falls eine Entscheidung innerhalb der in Absatz 2 genannten Fristen nicht getroffen werden kann, wird der betreffende Antragsteller über die Änderung des Verfahrens informiert.
5.Das beschleunigte Prüfungsverfahren darf nur in den folgenden Fällen auf unbegleitete Minderjährige angewendet werden:
a)der Antragsteller kommt aus einem Drittstaat, der gemäß den in Artikel 47 genannten Bedingungen als sicherer Herkunftsstaat anzusehen ist;
b)es gibt schwerwiegende Gründe für die Annahme, dass der Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellen kann, oder der Antragsteller wurde aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung nach nationalem Recht zwangsausgewiesen;
Artikel 41
Verfahren an der Grenze
1. Die Asylbehörde kann unter Beachtung der Grundsätze und Garantien nach Kapitel II an der Grenze oder in Transitzonen des Mitgliedstaats über Folgendes entscheiden:
a)die Zulässigkeit eines an derartigen Orten gestellten Antrags
gemäß Artikel 36 Absatz 1 oder
b)die Begründetheit eines Antrags in den Fällen, in denen das beschleunigte Prüfungsverfahren nach Artikel 40 zur Anwendung kommt.
2. Eine Entscheidung nach Absatz 1 ergeht unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung des Antrags so rasch wie möglich, spätestens aber vier Wochen ab dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag eingereicht wurde.
3.Ist innerhalb der in Absatz 2 genannten vier Wochen keine Entscheidung ergangen, so wird der Antragsteller nicht länger an der Grenze oder in den Transitzonen festgehalten. Dem Antragsteller wird die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats gestattet, damit sein Antrag nach Maßgabe der anderen Bestimmungen dieser Verordnung bearbeitet werden kann.
4. Wenn es aufgrund der Ankunft einer unverhältnismäßig großen Anzahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen an der Grenze oder in Transitzonen, die Anträge auf internationalen Schutz einreichen, in der Praxis nicht möglich ist, die Bestimmungen des Absatzes 1 an derartigen Orten anzuwenden, kann das Grenzverfahren auch an Orten angewandt werden, die sich in der Nähe der Grenze oder der Transitzone befinden.
5.Das Verfahren an der Grenze kann nach Maßgabe der Artikel 8 bis 11 der Richtlinie (EU) Nr. XXX/XXX (Richtlinie über Aufnahmebedingungen) nur in den folgenden Fällen auf unbegleitete Minderjährige angewendet werden:
a)der Antragsteller kommt aus einem Drittstaat, der gemäß den in Artikel 47 genannten Bedingungen als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist;
b)es gibt schwerwiegende Gründe für die Annahme, dass der Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellen kann oder er aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung nach nationalem Recht zwangsausgewiesen wurde;
c)es gibt berechtigte Gründe für die Annahme, dass ein Drittstaat gemäß den in Artikel 45 genannten Bedingungen als für den Antragsteller sicherer Drittstaat zu betrachten ist;
d)der Antragsteller hat die Behörden durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder Staatsangehörigkeit, die sich negativ auf die Entscheidung hätten auswirken können, getäuscht;
Buchstabe d wird nur dann angewendet, wenn es ernsthafte Gründe für die Annahme gibt, dass der Antragsteller wesentliche Elemente, die aller Voraussicht nach zu einer Entscheidung zur Ablehnung internationalen Schutzes führen würden, verheimlichen will, und wenn ihm wirklich die Möglichkeit eingeräumt wurde, sein Handeln konkret zu begründen.
Artikel 42
Folgeanträge
1. Nachdem ein erster Antrag durch eine bestandskräftige Entscheidung abgelehnt wurde, wird jeder weitere Antrag des gleichen Antragstellers in einem beliebigen Mitgliedstaat von dem zuständigen Mitgliedstaat als Folgeantrag betrachtet.
2. Ein Folgeantrag unterliegt einer ersten Prüfung, bei der die Asylbehörde feststellt, ob relevante neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind, durch die die Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung) anzuerkennen ist, erheblich erhöht wird, oder die im Zusammenhang mit den Gründen stehen, aus denen der erste Antrag als unzulässig abgelehnt wurde.
3.Die erste Prüfung wird auf der Grundlage schriftlicher Angaben und einer persönlichen Anhörung unter Beachtung der Grundsätze und Garantien nach Kapitel II durchgeführt. Die persönliche Anhörung kann entfallen, wenn aus den schriftlichen Angaben eindeutig hervorgeht, dass der Antrag keine neuen Elemente oder Erkenntnisse enthält oder dass er offensichtlich so unbegründet ist, dass er keine konkrete Aussicht auf Erfolg hat.
4.Ein neues Verfahren für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz wird eingeleitet, wenn
a)relevante neue Elemente oder Erkenntnisse gemäß Absatz 2 zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind;
b)der Antragsteller ohne eigenes Verschulden nicht in der Lage war, diese Elemente oder Erkenntnisse während des Verfahrens im Rahmen des ersten Antrags vorzubringen, oder es als unangemessen angesehen wird, diese Elemente oder Erkenntnisse nicht zu berücksichtigen.
5.Wenn die Voraussetzungen für die Einleitung eines neuen Verfahrens gemäß Absatz 4 nicht erfüllt sind, lehnt die Asylbehörde den Antrag als unzulässig oder als offensichtlich unbegründet ab, wenn der Antrag so offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich ist, dass er keine konkrete Aussicht auf Erfolg hat.
Artikel 43
Ausnahmen vom Recht auf Verbleib bei Folgeanträgen
Unbeschadet des Grundsatzes der Nichtzurückweisung können die Mitgliedstaaten eine Ausnahme vom Recht auf Verbleib in ihrem Hoheitsgebiet machen und von Artikel 54 Absatz 1 abweichen, wenn
a)ein Folgeantrag von der Asylbehörde als unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde;
b)nach einer bestandskräftigen Entscheidung, einen ersten Folgeantrag als unzulässig, unbegründet oder offensichtlich unbegründet abzulehnen, ein zweiter oder weitere Folgeanträge in einem Mitgliedstaat gestellt werden,
Abschnitt V
Konzepte des
sicheren Staats
Artikel 44
Konzept des ersten Asylstaats
1. Ein Staat wird als erster Asylstaat für einen Antragsteller betrachtet, wenn
a)der Antragsteller in diesem Land vor seiner Reise in die Union gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention Schutz genossen hat und er diesen Schutz weiterhin in Anspruch nehmen kann oder
b)wenn der Antragsteller in dem betreffenden Land vor seiner Reise in die Union auf einer anderen Grundlage ausreichenden Schutz genossen hat und er diesen Schutz weiterhin in Anspruch nehmen kann.
2. Nach Auffassung der Asylbehörde genießt ein Antragsteller ausreichenden Schutz im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b, wenn sie sich davon überzeugt hat, dass
a)keine Gefährdung von Leben und Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung besteht;
b)keine Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung) zu nehmen, besteht;
c)der Grundsatz der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention gewahrt ist;
d)das Verbot der Abschiebung eingehalten wird, wenn diese einen Verstoß gegen das im Völkerrecht festgelegte Verbot der Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung darstellt;
e)das Recht auf rechtmäßigen Aufenthalt besteht;
f)es einen angemessenen Zugang zu Arbeitsmarkt, Aufnahme- und Betreuungseinrichtungen, Gesundheitsversorgung und Bildung gibt und
g)es ein Recht auf Familienzusammenführung gibt, das den internationalen Menschenrechtsstandards entspricht.
3. Bevor sein Antrag gemäß Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe a als unzulässig abgelehnt werden kann, wird dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt, die Anwendung des Konzepts des ersten Asylstaats unter Berufung auf seine besonderen Umstände zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags und der Anhörung im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung anzufechten.
4. Auf unbegleitete Minderjährige darf das Konzept des ersten Asylstaats nur angewendet werden, wenn den Behörden der Mitgliedstaaten von den Behörden des betreffenden Drittstaats versichert wurde, dass sie den unbegleiteten Minderjährigen betreuen werden und dass er unverzüglich eine der in Absatz 1 genannten Formen des Schutzes in Anspruch nehmen kann.
5. Wird ein Antrag in Anwendung des Konzepts des ersten Asylstaats als unzulässig abgelehnt, ergreift die Asylbehörde folgende Maßnahmen:
a)sie unterrichtet den Antragsteller entsprechend und
b)händigt ihm ein Dokument aus, in dem die Behörden des Drittstaats in der Landessprache darüber unterrichtet werden, dass der Antrag aufgrund der Anwendung des Konzepts des ersten Asylstaats nicht in der Sache geprüft wurde.
6. Ist der betreffende Drittstaat nicht bereit, den Antragsteller in sein Hoheitsgebiet aufzunehmen oder wiederaufzunehmen, widerruft die Asylbehörde die Entscheidung, den Antrag als unzulässig abzulehnen, und gewährt unter Beachtung der Grundsätze und Garantien nach Kapitel II und Abschnitt I von Kapitel III Zugang zu dem Verfahren.
7. Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission und die Asylagentur der Europäischen Union jedes Jahr darüber, auf welche Staaten das Konzept des ersten Asylstaats angewandt wird.
Artikel 45
Das Konzept des sicheren Drittstaats
1. Ein Drittstaat wird als sicherer Drittstaat bezeichnet, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a)keine Gefährdung von Leben und Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung;
b)keine Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX zu erleiden;
c)Wahrung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;
d)Einhaltung des Verbots der Abschiebung, wenn diese einen Verstoß gegen das im Völkerrecht festgelegte Verbot der Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung darstellt,
e)es besteht die Möglichkeit zur Erlangung von Schutz im Einklang mit den inhaltlichen Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention oder eines ausreichenden Schutzes im Sinne von Artikel 44 Absatz 2.
Zur Beurteilung der Frage, ob ein Drittstaat als sicherer Drittstaat gemäß dieser Verordnung benannt werden kann, werden verschiedene Informationsquellen, insbesondere Informationen der Mitgliedstaaten, der Asylagentur der Europäischen Union, des Europäischen Auswärtigen Dienstes, des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, des Europarats und anderer einschlägiger Organisationen herangezogen.
2. Das Konzept des sicheren Drittstaats kommt in folgenden Fällen zur Anwendung:
a)wenn ein Drittstaat gemäß Artikel 50 als sicherer Drittstaat benannt wurde;
b)wenn ein Drittstaat als sicherer Drittstaat auf Unionsebene benannt wurde oder
c)in Einzelfällen in Bezug auf einen bestimmten Antragsteller.
3. Die Asylbehörde betrachtet einen Drittstaat nur dann als sicheren Drittstaat für einen bestimmten Antragsteller, wenn sie sich nach individueller Prüfung des Antrags davon überzeugt hat, dass die Sicherheit des Drittstaats für einen bestimmten Antragsteller im Einklang mit den Kriterien gemäß Absatz 1 gewährleistet ist und sie festgestellt hat, dass
a)eine Verbindung zwischen dem Antragsteller und dem betreffenden Drittstaat besteht, aufgrund derer es sinnvoll wäre, dass diese Person sich in diesen Staat begibt, unter anderem weil der Antragsteller im Transit durch diesen Drittstaat, der sich geografisch in der Nähe seines Herkunftslands befindet, gereist ist;
b)der Antragsteller keine stichhaltigen Gründe dafür vorgelegt hat, dass das Land für ihn in seiner besonderen Situation nicht ein sicherer Drittstaat sein könnte.
4. Bevor sein Antrag als unzulässig gemäß Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe b abgelehnt werden kann, wird dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt, die Anwendung des Konzepts des sicheren Drittstaats in Anbetracht seiner besonderen Umstände bei der Einreichung des Antrags und während der Anhörung im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung anzufechten.
5. In Bezug auf unbegleitete Minderjährige kann das Konzept des sicheren Drittstaats nur dann angewendet werden, wenn die Behörden der Mitgliedstaaten von den Behörden des betreffenden Drittstaats die Bestätigung erhalten haben, dass diese den unbegleiteten Minderjährigen betreuen werden und dass er unverzüglich eine Form des Schutzes gemäß Absatz 1 Buchstabe e in Anspruch nehmen kann.
6. Wird ein Antrag aufgrund der Anwendung des Konzepts des sicheren Drittstaats als unzulässig abgelehnt, ergreift die Asylbehörde folgende Maßnahmen:
a)sie informiert den Antragsteller entsprechend und
b)händigt ihm ein Dokument aus, in dem die Behörden des Drittstaats in der Landessprache darüber unterrichtet werden, dass der Antrag aufgrund der Anwendung des Konzepts des sicheren Drittstaats nicht in der Sache geprüft wurde.
7. Ist der betreffende Drittstaat nicht bereit, den Antragsteller in sein Hoheitsgebiet aufzunehmen oder wiederaufzunehmen, widerruft die Asylbehörde die Entscheidung, den Antrag als unzulässig abzulehnen und gewährt unter Beachtung der Grundsätze und Garantien nach Kapitel II und Abschnitt I von Kapitel III Zugang zu dem Verfahren.
Artikel 46
Benennung sicherer Drittstaaten auf Unionsebene
1. Drittstaaten werden gemäß den in Artikel 45 Absatz 1 festgelegten Bedingungen auf Unionsebene als sichere Drittstaaten benannt.
2. Die Kommission überprüft regelmäßig die Lage in den auf Unionsebene als sichere Drittstaaten benannten Drittstaaten. Sie wird dabei von der Asylagentur der Europäischen Union unterstützt und stützt sich auf die Informationsquellen gemäß Artikel 45 Absatz 1 Unterabsatz 2.
3. Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zur Aussetzung der Benennung eines Drittstaats als sicherer Drittstaat auf Unionsebene unter den in Artikel 49 festgelegten Bedingungen zu erlassen.
Artikel 47
Das Konzept des sicheren Herkunftsstaats
1. Ein Drittstaat kann gemäß dieser Verordnung als sicherer Herkunftsstaat benannt werden, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung) noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.
2. Zur Beurteilung der Frage, ob ein Drittstaat als sicherer Herkunftsstaat gemäß dieser Verordnung benannt werden kann, werden verschiedene Informationsquellen, insbesondere Informationen der Mitgliedstaaten, der Asylagentur der Europäischen Union, des Europäischen Auswärtigen Dienstes, des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, des Europarats sowie anderer einschlägiger Organisationen herangezogen. Des Weiteren wird der gemeinsamen Analyse der Informationen über die Herkunftsstaaten gemäß Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Asylagentur der Europäischen Union Rechnung getragen.
3. Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch
a)die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;
b)die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;
c)die Tatsache, dass eigene Staatsangehörige nicht in Drittstaaten ausgewiesen, abgeschoben oder ausgeliefert werden, in denen unter anderem die ernste Gefahr besteht, dass sie der Todesstrafe, der Folter, der Verfolgung oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe ausgesetzt würden oder in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, sexuellen Ausrichtung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung bedroht wären oder in denen die ernste Gefahr der Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung in einen anderen Drittstaat besteht;
d)eine Regelung, die bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten wirksame Rechtsbehelfe gewährleistet.
4. Ein gemäß dieser Verordnung als sicherer Herkunftsstaat benannter Drittstaat kann nach individueller Prüfung des Antrags nur dann als sicherer Herkunftsstaat für einen bestimmten Antragsteller betrachtet werden, wenn
a)der Antragsteller die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates besitzt oder
b)der Antragsteller staatenlos ist und zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Staat hatte und
c)er keine schwerwiegenden Gründe dafür vorgebracht hat, dass der Staat aufgrund der besonderen Umständen seines Falles nicht als sicherer Herkunftsstaat betrachtet werden kann.
Artikel 48
Benennung sicherer Herkunftsstaaten auf Unionsebene
1. Die in Anhang 1 zu dieser Verordnung aufgeführten Drittstaaten werden gemäß den in Artikel 47 festgelegten Bedingungen auf Unionsebene als sichere Herkunftsstaaten benannt.
2. Die Kommission überprüft regelmäßig die Lage in den auf der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten stehenden Drittstaaten. Sie wird dabei von der Asylagentur der Europäischen Union unterstützt und stützt sich auf die Informationsquellen gemäß Artikel 45 Absatz 2.
3. Gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Verordnung über die Asylagentur der Europäischen Union) kann die Kommission die Asylagentur ersuchen, ihr Informationen zu bestimmten Drittstaaten, die für die Aufnahme in die gemeinsame EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten in Frage kommen könnten, zur Verfügung zu stellen.
4. Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zur vorübergehenden Entfernung eines Drittstaats von der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten unter den in Artikel 49 festgelegten Bedingungen zu erlassen.
Artikel 49
Aussetzung der Benennung eines Drittstaats als sicherer Drittstaat auf Unionsebene und Entfernung eines Drittstaats von der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten
1. Im Falle plötzlicher Änderungen der Lage in einem als sicherer Drittstaat auf Unionsebene benannten Drittstaat oder einem in die gemeinsame EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten aufgenommenen Drittstaat prüft die Kommission im Rahmen einer substantiierten Bewertung, ob das Land die in Artikel 45 oder Artikel 47 aufgeführten Bedingungen weiterhin erfüllt. Ist die Kommission der Auffassung, dass diese Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind, erlässt sie einen delegierten Rechtsakt zur Aussetzung der Benennung eines Drittstaats als sicherer Drittstaat auf Unionsebene oder zur vorübergehenden Entfernung eines Drittstaats von der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten für einen Zeitraum von sechs Monaten.
2. Die Kommission prüft die Lage in dem betreffenden Drittstaat fortlaufend und berücksichtigt dabei unter anderem die von den Mitgliedstaaten übermittelten Angaben zu späteren Änderungen der Situation in diesem Land.
3.Wenn die Kommission einen delegierten Rechtsakt zur Aussetzung der Benennung eines Drittstaats als sicherer Drittstaat auf Unionsebene oder zur vorübergehenden Entfernung eines Drittstaats von der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten gemäß Absatz 1 erlassen hat, legt sie innerhalb von drei Monaten nach dem Datum des Erlasses dieses delegierten Rechtsakts gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren einen Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung vor, um die Benennung dieses Drittstaats als sicherer Drittstaat auf Unionsebene auszusetzen oder ihn von der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten zu entfernen.
4. Legt die Kommission einen solchen Vorschlag nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Erlass des delegierten Rechtsakts nach Absatz 2 vor, wird der delegierte Rechtsakt zur Aussetzung der Benennung des Drittstaats als sicherer Drittstaat auf Unionsebene oder zur Entfernung des Drittstaats von der gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten unwirksam. Legt die Kommission einen solchen Vorschlag innerhalb von drei Monaten vor, wird sie ermächtigt, auf der Grundlage einer substantiierten Bewertung die Geltungsdauer des delegierten Rechtsakts um einen Zeitraum von sechs Monaten zu verlängern und diese Verlängerung gegebenenfalls einmal zu erneuern.
Artikel 50
Benennung von Drittstaaten als sichere Drittstaaten oder sichere Herkunftsstaaten auf nationaler Ebene
1. Für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Inkrafttreten dieser Verordnung können die Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften beibehalten oder erlassen, die es gestatten, zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz zusätzlich zu den auf Unionsebene benannten oder in der gemeinsamen Liste der EU in Anhang 1 aufgeführten sicheren Drittstaaten und sicheren Herkunftsstaaten sichere Drittstaaten und sichere Herkunftsstaaten auf nationaler Ebene zu benennen.
2. Wenn die Benennung eines Drittstaats als sicherer Drittstaat auf Unionsebene ausgesetzt oder ein Drittstaat gemäß Artikel 49 Absatz 1 von der gemeinsamen EU-Liste in Anhang 1 zu dieser Verordnung entfernt wird, benennen die Mitgliedstaaten dieses Land nicht als sicheren Drittstaat oder als sicheren Herkunftsstaat auf nationaler Ebene und wenden das Konzept des sicheren Drittstaats nicht auf Ad-hoc-Basis auf einen bestimmten Antragsteller an.
3. Wenn ein Drittstaat nicht länger als sicherer Drittstaat auf Unionsebene benannt wird oder gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren von der gemeinsamen EU-Liste in Anhang I zu der Verordnung entfernt wurde, kann ein Mitgliedstaat die Kommission darüber in Kenntnis setzen, dass dieser aufgrund einer Änderung der Lage in diesem Drittstaat seiner Auffassung nach erneut die Bedingungen nach Artikel 45 Absatz 1 und Artikel 47 erfüllt.
Die Mitteilung umfasst eine substantiierte Bewertung, in der nachgewiesen wird, dass der Drittstaat die Bedingungen gemäß Artikel 45 Absatz 1 und Artikel 47 erfüllt, und in der die Änderungen der Lage des Drittstaats erläutert werden, aufgrund derer das Land diese Voraussetzungen erneut erfüllt.
Der mitteilende Mitgliedstaat kann diesen Drittstaat nur als sicheren Drittstaat oder als sicheres Herkunftsland auf nationaler Ebene benennen, sofern die Kommission keine Einwände gegen diese Benennung hat.
4. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission und der Asylagentur der Europäischen Union unmittelbar nach der Benennung der betreffenden Drittstaaten mit, welche Drittstaaten auf nationaler Ebene als sichere Drittstaaten oder als sichere Herkunftsstaaten benannt wurden. Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission und die Agentur einmal im Jahr über die anderen sicheren Drittstaaten, auf die das Konzept im Zusammenhang mit bestimmten Antragstellern ad hoc angewandt wird.
KAPITEL IV
VERFAHREN ZUR ABERKENNUNG DES INTERNATIONALEN SCHUTZES
Artikel 51
Aberkennung des internationalen Schutzes
Die Asylbehörde leitet die Prüfung zur Aberkennung des internationalen Schutzes einer bestimmten Person ein, wenn neue Elemente oder Erkenntnisse zutage treten, die darauf hindeuten, dass Gründe für eine Überprüfung ihres Anspruchs auf internationalen Schutz bestehen. Dies gilt insbesondere in den Fällen nach den Artikeln 15 und 21 der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung).
Artikel 52
Verfahrensvorschriften
1. In den Fällen, in denen die zuständige Behörde in Erwägung zieht, den internationalen Schutz eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, auch im Rahmen einer regelmäßigen Überprüfung des Schutzstatus gemäß Artikel 15 und 21 der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung), abzuerkennen, verfügt die betreffende Person über folgende Garantien:
a)Sie wird schriftlich davon in Kenntnis gesetzt, dass die zuständige Behörde den Anspruch auf internationalen Schutz überprüft und über die Gründe informiert, aus denen eine solche Überprüfung stattfindet, und
b)sie erhält Gelegenheit, innerhalb einer angemessenen Frist in einer schriftlichen Erklärung und in einer persönlichen Anhörung Gründe vorzubringen, die dagegen sprechen, ihr den internationalen Schutz abzuerkennen.
2. Für die Zwecke von Absatz 1 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass
a)die zuständige Behörde in der Lage ist, aus verschiedenen Quellen, wie gegebenenfalls von der Asylagentur der Europäischen Union und dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, genaue und aktuelle Informationen über die allgemeine Lage in den Herkunftsstaaten der betroffenen Personen einzuholen, und
b)wenn die Informationen für die Zwecke der Überprüfung des internationalen Schutzes im Einzelfall eingeholt werden, diese nicht von den Urhebern der Verfolgung oder des ernsthaften Schadens in einer Weise beschafft werden, dass Letztere unmittelbar darüber unterrichtet werden, dass es sich bei der betreffenden Person um eine Person mit Anspruch auf internationalen Schutz handelt, deren Status überprüft wird, oder dass die körperliche Unversehrtheit der Person oder der von ihr abhängigen Personen oder die Freiheit und Sicherheit ihrer noch im Herkunftsstaat lebenden Familienangehörigen gefährdet werden.
3. Die Entscheidung der zuständigen Behörde, den internationalen Schutz abzuerkennen, ergeht schriftlich. Die Entscheidung enthält eine sachliche und rechtliche Begründung sowie eine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung.
4. Wenn die zuständige Behörde die Entscheidung getroffen hat, den internationalen Schutz abzuerkennen, kommen Artikel 8 Absatz 3 und Artikel 15 bis Artikel 18 zur Anwendung.
5. Abweichend von den Absätzen 1 bis 4 dieses Artikels erlischt der internationale Schutz durch die Mitgliedstaaten im Falle eines eindeutigen Verzichts der Person mit Anspruch auf internationalen Schutz auf ihre Anerkennung als solche. Der internationale Schutz erlischt ebenfalls, wenn die Person mit Anspruch auf internationalen Schutz die Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaats erworben hat, der ihr den internationalen Schutz gewährt hatte.
KAPITEL V
Rechtsbehelfe
Artikel 53
Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf
1. Die Antragsteller haben gemäß den Grundsätzen und Garantien nach Kapitel II das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht gegen
a)eine Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutz, einschließlich einer Entscheidung,
i) einen Antrag nach Artikel 36 Absatz 1 als unzulässig abzulehnen;
ii) einen Antrag nach Artikel 37 Absätze 2 und 3 oder Artikel 42 Absatz 4 als unbegründet oder offensichtlich unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus abzulehnen;
iii) einen Antrag nach Artikel 38 und 39 als ausdrücklich zurückgenommen oder als nicht weiter betrieben abzulehnen;
iv) die im Anschluss an ein Verfahren an der Grenze nach Artikel 41 ergangen ist;
a)eine Entscheidung über die Aberkennung des internationalen Schutzes nach Artikel 52.
2. Personen, deren Anspruch auf subsidiären Schutz anerkannt wurde, haben das Recht, gegen eine Entscheidung, einen Antrag als unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft zu betrachten, einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
3. Ein wirksamer Rechtsbehelf im Sinne von Absatz 1 sieht eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vor, die sich sowohl auf Tatsachen als auch
auf Rechtsfragen erstreckt und bei der gegebenenfalls auch das Bedürfnis
nach internationalem Schutz gemäß der Verordnung (EU) Nr. XXX/XXX (Anerkennungsverordnung) beurteilt wird.
Der Antragsteller darf nur neue Elemente vorbringen, die für die Prüfung seines Antrags relevant sind und deren Bedeutung er sich zu einem früheren Zeitpunkt nicht bewusst sein konnte oder die damit zusammenhängen, dass seine Situation sich geändert hat.
4. Die Gerichte haben über die Asylbehörde, den Antragsteller oder in sonstiger Weise Zugang zu den allgemeinen Informationen nach Artikel 33 Absatz 2 Buchstaben b und c.
5. Sachdienliche Unterlagen für die Prüfung der Anträge durch das Gericht im Rechtsbehelfsverfahren werden, soweit erforderlich, übersetzt, sofern sie nicht bereits gemäß Artikel 33 Absatz 4 übersetzt wurden.
6. Die Antragsteller legen gegen die in Absatz 1 aufgeführten Entscheidungen Rechtsbehelfe ein:
a)innerhalb von einer Woche im Fall einer Entscheidung, einen Folgeantrag als unzulässig oder offensichtlich unbegründet abzulehnen;
b)innerhalb von zwei Wochen im Fall einer Entscheidung, einen Antrag als unzulässig oder im Fall einer Entscheidung, einen Antrag als ausdrücklich zurückgenommen oder als nicht weiter betrieben oder im Fall einer Entscheidung, einen Antrag als unbegründet oder offensichtlich unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus abzulehnen, die nach einem beschleunigten Prüfungsverfahren oder einem Verfahren an der Grenze oder während der Antragsteller sich in Gewahrsam befindet, ergangen ist;
c)innerhalb von einem Monat im Fall einer Entscheidung, einen Antrag als unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus abzulehnen, wenn die Prüfung nicht beschleunigt wird, oder im Fall einer Entscheidung über die Aberkennung des internationalen Schutzes.
Für die Zwecke von Buchstabe b können die Mitgliedstaaten von Amts wegen eine Überprüfung von Entscheidungen, die im Anschluss an ein Verfahren an der Grenze ergangen sind, vorsehen.
Die in diesem Absatz vorgesehenen Fristen beginnen ab dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung der Asylbehörde dem Antragsteller mitgeteilt wird, oder ab dem Zeitpunkt, zu dem der rechtliche Beistand oder Berater ernannt wird, wenn der Antragsteller unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung beantragt hat.
Artikel 54
Aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs
1. Der zuständige Mitgliedstaat gestattet den Antragstellern den Verbleib in seinem Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
2. Ein Gericht ist befugt, entweder auf Antrag des Antragstellers oder von Amts wegen darüber zu entscheiden, ob der Antragsteller im Hoheitsgebiet des zuständigen Mitgliedstaats verbleiben darf, wenn das Recht des Antragstellers auf Verbleib in dem Mitgliedstaat als Folge einer der folgenden Entscheidungen beendet wird:
a)in Fällen, in denen ein beschleunigtes Prüfungsverfahren oder ein Verfahren an der Grenze angewandt wird, eine Entscheidung, einen Antrag als offensichtlich unbegründet oder als unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus abzulehnen;
b)eine Entscheidung, einen Antrag als unzulässig gemäß Artikel 36 Absatz 1 Buchstaben a und c abzulehnen;
c)eine Entscheidung, einen Antrag als ausdrücklich zurückgenommen oder als nicht weiter betrieben gemäß Artikel 38 oder Artikel 39 abzulehnen.
3. Ein Gericht ist befugt, darüber zu entscheiden, ob der Antragsteller im Hoheitsgebiet des zuständigen Mitgliedstaats verbleiben darf, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:
a)der Antragsteller verfügt über die erforderliche Verdolmetschung, rechtlichen Beistand und ausreichend Zeit für die Ausarbeitung des Antrags und die Vorlage der Argumente vor Gericht für eine Gewährung des Rechts auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf, und
b)das Gericht prüft im Rahmen der Prüfung des Antrags auf Verbleib im Hoheitsgebiet des zuständigen Mitgliedstaats die Entscheidung zur Ablehnung internationalen Schutzes in faktischer und rechtlicher Hinsicht.
4. Die Mitgliedstaaten gestatten dem Antragsteller, bis zur Entscheidung in dem Verfahren darüber, ob der Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleiben darf, im Hoheitsgebiet zu verbleiben. Diese Entscheidung wird binnen eines Monats nach Einlegung des Rechtsbehelfs getroffen.
5.Ein Antragsteller, der einen weiteren Rechtsbehelf gegen die erste oder die folgende Entscheidung über den Rechtsbehelf einlegt, hat kein Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, es sei denn, ein Gericht entscheidet auf Antrag des Antragstellers oder von Amts wegen anders. Diese Entscheidung wird binnen eines Monats nach Einlegung des weiteren Rechtsbehelfs getroffen.
Artikel 55
Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens in erster Instanz
1.Unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung eines Rechtsbehelfs entscheiden die Gerichte innerhalb der folgenden Fristen ab dem Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsbehelfs über den Rechtsbehelf in erster Instanz:
a)innerhalb von sechs Monaten im Falle einer Entscheidung, den Antrag als unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus abzulehnen, wenn die Prüfung nicht beschleunigt wird, oder im Falle einer Entscheidung über die Aberkennung des internationalen Schutzes;
b)innerhalb von zwei Monaten im Fall einer Entscheidung, einen Antrag als unzulässig oder im Fall einer Entscheidung, einen Antrag als ausdrücklich zurückgenommen oder als nicht weiter betrieben oder als unbegründet oder als offensichtlich unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus abzulehnen, die nach einem beschleunigten Prüfverfahren oder einem Verfahren an der Grenze oder während der Antragsteller sich in Gewahrsam befindet, ergangen ist;
c)innerhalb von einem Monat im Fall einer Entscheidung, einen Folgeantrag als unzulässig oder offensichtlich unbegründet abzulehnen.
2.In Fällen, in denen es um komplexe Sach- oder Rechtsfragen geht, können die Fristen nach Absatz 1 um weitere drei Monate verlängert werden.
KAPITEL VI
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 56
Anfechtung durch die Behörden
Die Möglichkeit der Behörden, die behördlichen oder gerichtlichen Entscheidungen nach Maßgabe des nationalen Rechts anzufechten, bleibt von dieser Verordnung unberührt.
Artikel 57
Zusammenarbeit
1. Jeder Mitgliedstaat benennt eine nationale Kontaktstelle und teilt deren Anschrift der Kommission mit. Die Kommission leitet diese Angaben an die übrigen Mitgliedstaaten weiter.
2. Die Mitgliedstaaten treffen in Abstimmung mit der Kommission alle zweckdienlichen Vorkehrungen für eine direkte Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden.
3. Wenn die Mitgliedstaaten von den Maßnahmen nach Artikel 27 Absatz 3, Artikel 28 Absatz 3 und Artikel 34 Absatz 3 Gebrauch machen, unterrichten sie die Kommission und die Asylagentur der Europäischen Union hierüber, sobald die Gründe für die Anwendung dieser außergewöhnlichen Maßnahmen nicht mehr bestehen, mindestens aber jährlich. Diese Informationen enthalten möglichst Angaben zum Prozentanteil der Anträge, auf die Ausnahmen angewendet wurden, an der Gesamtzahl der in dem betreffenden Zeitraum bearbeiteten Anträge.
Artikel 58
Ausschussverfahren
1. Die Kommission wird von dem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
2. Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
3. Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 in Verbindung mit deren Artikel 5.
Artikel 59
Delegierte Rechtsakte
1. Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.
2.Die Befugnis zum Erlass der in Absatz 1 genannten delegierten Rechtsakte wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab Inkrafttreten dieser Verordnung übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.
3. Die Befugnisübertragung kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.
4. Wenn die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, teilt sie dies dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig mit.
5. Ein delegierter Rechtsakt und die während der Verlängerung der Befugnisübertragung erlassenen Rechtsakte treten nur in Kraft, wenn das Europäische Parlament und der Rat innerhalb einer Frist von einem Monat ab dem Tag der Mitteilung dieses Rechtsakts keine Einwände erhoben haben oder wenn das Europäische Parlament und der Rat der Kommission vor Ablauf dieser Frist mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden.
Artikel 60
Überwachung und Bewertung
Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis [zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung] und danach alle fünf Jahre Bericht über die Anwendung dieser Verordnung in den Mitgliedstaaten und schlägt gegebenenfalls Änderungen vor.
Auf Ersuchen der Kommission übermitteln ihr die Mitgliedstaaten die für die Ausarbeitung ihres Berichts erforderlichen Informationen spätestens neun Monate vor Ablauf dieser Frist.
Artikel 61
Aufhebung
Die Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates wird aufgehoben.
Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang 2 zu lesen.
Artikel 62
Inkrafttreten und Geltung
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung gilt ab dem [sechs Monate nach Inkrafttreten der Verordnung].
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Im Namen des Rates
Der Präsident
Der Präsident