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Document 52013DC0032

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN über die Fortschritte im Bereich der Interoperabilität des Eisenbahnsystems

    /* COM/2013/032 final */

    52013DC0032

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN über die Fortschritte im Bereich der Interoperabilität des Eisenbahnsystems /* COM/2013/032 final */


    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

    über die Fortschritte im Bereich der Interoperabilität des Eisenbahnsystems

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    1.           Einleitung

    In diesem Bericht werden die Fortschritte bei der Verwirklichung der Interoperabilität des europäischen Eisenbahnsystems beschrieben, die seit dem Bericht der Kommission vom September 2009[1] erreicht wurden. Mit dem Bericht wird den Anforderungen des Artikels 39 der Richtlinie 2008/57/EG[2] entsprochen.

    Der Bericht stützt sich auf die Ergebnisse des Zweijahresberichts über die Fortschritte im Bereich der Eisenbahninteroperabilität in der EU, der von der Europäischen Eisenbahnagentur am 1. März 2012 veröffentlicht wurde[3].

    2.           Entwicklung der Interoperabilitätsvorschriften

    2.1.        Interoperabilitätsrichtlinien

    2.1.1.     Überblick

    Die neugefasste Richtlinie 2008/57/EG trat am 19. Juli 2008 in Kraft. Die Richtlinien 96/48/EG[4] und 2001/16/EG[5] wurden mit Wirkung vom 19. Juli 2010 aufgehoben.

    Die Richtlinie 2008/57/EG wurde durch folgende Rechtsakte geändert:

    – Richtlinie 2009/131/EG der Kommission vom 16. Oktober 2009 zur Änderung von Anhang VII der Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft[6]

    – Richtlinie 2011/18/EU der Kommission vom 1. März 2011 zur Änderung der Anhänge II, V und VI der Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft[7].

    2.1.2.     Umsetzung der Interoperabilitätsrichtlinien

    Die Frist für die Umsetzung der Richtlinien 2008/57/EG und 2009/131/EG in nationales Recht endete am 19. Juli 2011. Die Umsetzungsfrist der Richtlinie 2011/18/EU lief am 31. Dezember 2011 ab.

    Bis zum 20. November 2012 hatten alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Deutschland nationale Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2008/57/EG notifiziert. Die vom Vereinigten Königreich und Frankreich notifizierten Maßnahmen werden jedoch als unvollständig betrachtet, da sie nicht den Kanaltunnel einschließen. Zu demselben Zeitpunkt hatten alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Deutschland nationale Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2009/131/EG notifiziert, und in Bezug auf die Richtlinie 2011/18/EU wurden nationale Umsetzungsmaßnahmen von allen Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Polen und Slowenien notifiziert.

    Die Umsetzung dieser Interoperabilitätsrichtlinien in den Mitgliedstaaten wird von der Kommission sorgfältig beobachtet. Versäumen es die Mitgliedstaaten, nationale Umsetzungsmaßnahmen zu notifizieren, so werden sie von der Kommission formell zur Umsetzung der betreffenden Richtlinien aufgefordert. Bis zum 31. August 2012 hatte die Kommission gegen fünf Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtnotifizierung nationaler Umsetzungsmaßnahmen eingeleitet.

    Die Dienststellen der Kommission prüfen derzeit mit Unterstützung der Europäischen Eisenbahnagentur, ob die nationalen Durchführungsgesetze mit den Richtlinien im Einklang stehen. Bei einer etwaigen Nichtübereinstimmung werden die Mitgliedstaaten um weitere Klärungen gebeten. Bestätigt sich bei eingehenderer Prüfung die Nichtübereinstimmung, wird gegen den betreffenden Mitgliedstaat ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

    Die Interoperabilitätsrichtlinien sehen eine Vielzahl von Durchführungsvorschriften vor. Neben den technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI, siehe Abschnitt 2.3) wurden von der Kommission folgende Instrumente verabschiedet:

    – Entscheidung 2007/756/EG der Kommission vom 9. November 2007 zur Annahme einer gemeinsamen Spezifikation für das nationale Einstellungsregister nach Artikel 14 Absätze 4 und 5 der Richtlinien 96/48/EG und 2001/16/EG[8]

    – Beschluss 2010/713/EU der Kommission vom 9. November 2010 über Module für die Verfahren der Konformitäts- und Gebrauchstauglichkeitsbewertung sowie der EG-Prüfung, die in den gemäß Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates angenommenen technischen Spezifikationen für die Interoperabilität zu verwenden sind[9]

    – Beschluss 2011/107/EU der Kommission vom 10. Februar 2011 zur Änderung der Entscheidung 2007/756/EG zur Annahme einer gemeinsamen Spezifikation für das nationale Einstellungsregister[10]

    – Verordnung (EU) Nr. 201/2011 der Kommission vom 1. März 2011 über das Muster der Konformitätserklärung für genehmigte Schienenfahrzeugtypen[11]

    – Beschluss 2011/155/EU der Kommission vom 9. März 2011 über die Veröffentlichung und Verwaltung des Referenzdokuments gemäß Artikel 27 Absatz 4 der Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft[12]

    – Empfehlung 2011/217/EU der Kommission vom 29. März 2011 zur Genehmigung der Inbetriebnahme von strukturellen Teilsystemen und Fahrzeugen gemäß der Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates[13]

    – Durchführungsbeschluss 2011/633/EU der Kommission vom 15. September 2011 zu den gemeinsamen Spezifikationen des Eisenbahn-Infrastrukturregisters[14]

    – Durchführungsbeschluss 2011/665/EU der Kommission vom 4. Oktober 2011 über das Europäische Register genehmigter Schienenfahrzeugtypen[15].

    2.2.        Technische Spezifikationen für die Interoperabilität

    2.2.1.     Aktueller Stand

    Technische Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) werden von der Europäischen Eisenbahnagentur im Auftrag der Kommission erarbeitet. Um die grundlegenden Anforderungen in der Richtlinie 2008/57/EG zu erfüllen und die Interoperabilität des Eisenbahnsystems zu gewährleisten, müssen die Teilsysteme und Interoperabilitätskomponenten mit den einschlägigen TSI übereinstimmen.

    Die erste TSI-Reihe für das transeuropäische Hochgeschwindigkeitsbahnsystem (HS TSI) wurde 2002 erstellt und 2008 in weiten Teilen geändert.

    Die zweite TSI-Reihe, die hauptsächlich das konventionelle transeuropäische Eisenbahnsystem (CR TSI) und horizontale Aspekte wie die Sicherheit in Eisenbahntunneln und die Zugänglichkeit für Personen mit eingeschränkter Mobilität betrifft, wurde zwischen 2006 und 2011 veröffentlicht.

    Anhang I enthält eine Liste aller TSI, die von der Kommission bis zum 31. Dezember 2012 angenommen wurden.

    Wie in den geltenden Interoperabilitätsrichtlinien vorgesehen, wird dieser Rechtsrahmen ständig weiterentwickelt, um Fehler zu berichtigen, offene Punkte in den TSI zu klären und ihren geografischen Geltungsbereich auf das gesamte Bahnsystem in der Europäischen Union auszuweiten.

    Die Agentur ist in diesem Zusammenhang mit der Änderung folgender TSI befasst: Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung (OPE), Güterwagen (WAG), Lokomotiven und Reisezugwagen (LOC&PAS), Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung (ZZS), Telematikanwendungen für den Personenverkehr (TAP) und den Güterverkehr (TAF), Personen mit eingeschränkter Mobilität (PRM), Sicherheit in Eisenbahntunneln (SRT), Infrastruktur (INF) und Energie (ENE).

    In Bezug auf die TSI ZZS wurde am 16. April 2012 eine Vereinbarung unterzeichnet, in der die beteiligten Akteure zusagen, das europäische Eisenbahnverkehrsleitsystem ERTMS auf der Grundlage der Spezifikationen der „Baseline 3“ gemäß einer von der Agentur an demselben Tag abgegebenen Empfehlung einzuführen. Die Beteiligten erkennen damit an, dass in den Spezifikationen nunmehr alle wesentlichen Elemente enthalten sind. Die entsprechende Änderung der TSI ZZS wurde am 6. November 2012 verabschiedet.

    In Anlehnung an die TSI ZZS verwaltet die Agentur in Bezug auf Telematikanwendungen ein von ihr eingeführtes Änderungsmanagement für die im Anhang der beiden TSI (TAP und TAF) genannten technischen Dokumente und überwacht deren Anwendung. Darüber hinaus wird die Anwendung dieser beiden TSI von einem Lenkungsausschuss und Branchenexperten unterstützt und nach einem Gesamtplan begleitet.

    2.2.2.     Untersuchung von TSI-Ausnahmen

    Ausnahmen ermöglichen es, unter bestimmten Umständen, die in den geltenden Interoperabilitätsrichtlinien festgelegt sind, von der Anwendung der TSI abzusehen. Zwischen 2007 und 31. August 2012 wurden der Kommission aus 17 Mitgliedstaaten 90 Ausnahmen gemeldet, die in nachstehendem Diagramm zusammengefasst sind.

    Das folgende Diagramm belegt, dass die Ausnahmen fast alle der geltenden TSI betreffen. Die meisten beziehen sich auf die TSI „Sicherheit in Eisenbahntunneln“ (27 Ausnahmen), „Lärm“ (22) und „Güterwagen“ (16).

    Die der Kommission von den Mitgliedstaaten gemeldeten Ausnahmen weisen darauf hin, dass der Begriff des „fortgeschrittenen Entwicklungsstadiums“ (Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a der Interoperabilitätsrichtlinie), der eine eventuelle Ausnahme von der TSI begründen kann, mitunter zu weit ausgelegt wird[16]. Dies könnte zu einer größeren Anzahl von Ausnahmeanträgen führen, als es im Sinne der EU-Rechtsvorschriften eigentlich vorgesehen ist.

    Eine inhaltliche Prüfung dieser Ausnahmen zeigt, dass Artikel 9 der Richtlinie 2008/57/EG einfacher gefasst und verbessert werden könnte, indem diejenigen Fälle präzisiert werden, in denen eine TSI-Ausnahme beantragt werden kann, das Antragsverfahren gestrafft und das Antragsdossier in bestimmten Fällen einfacher gestaltet wird.

    2.3.        Register

    2.3.1.     Nationale Einstellungsregister (NVR – Artikel 33 der Interoperabilitätsrichtlinie)

    Die Spezifikation für das NVR wurde mit der Entscheidung 2007/756/EG der Kommission angenommen und durch den Beschluss 2011/107/EU der Kommission geändert. NVR werden von Eintragungsstellen (Registration entities, RE), die von den Mitgliedstaaten benannt werden, geführt und müssen an das virtuelle Einstellungsregister (VVR), bei dem es sich um eine zentrale Suchmaschine handelt, angebunden sein.

    Die im standardisierten nationalen Einstellungsregister (sNVR) und im VVR verwendete Software wurde von der ERA entwickelt. Diese Software wird den Eintragungsstellen unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Das sNVR und das VVR wurden aktualisiert, um den mit dem Beschluss 2011/107/EU der Kommission eingeführten Änderungen Rechnung zu tragen. Bei der Anbindung ihrer NVR an das VVR werden die Eintragungsstellen derzeit von der ERA unterstützt.

    2.3.2.     Europäische Register genehmigter Fahrzeugtypen (ERATV – Artikel 34 der Interoperabilitätsrichtlinie)

    Die Spezifikation für das ERATV wurde mit dem Beschluss 2011/665/EU der Kommission angenommen. Die ERA wird dieses Register führen und von den nationalen Sicherheitsbehörden (NSB) bereitgestellte Informationen veröffentlichen.

    Die ERA entwickelt derzeit eine Software für das Register, die bis Ende 2012 in Betrieb genommen werden soll.

    2.3.3.     Infrastrukturregister (RINF – Artikel 35 der Interoperabilitätsrichtlinie)

    Die Spezifikation für das RINF wurde mit dem Beschluss 2011/633/EU der Kommission angenommen. Das RINF wird von Stellen, die von den Mitgliedstaaten benannt werden, geführt und muss an die einheitliche Benutzerschnittstelle (CUI) angebunden sein.

    Die ERA arbeitet derzeit an einer Durchführbarkeitsstudie, um die geeignete technische Lösung für die Schnittstelle festzulegen.

    2.4.        Normung

    Am 28. Januar 2011 erteilte die Kommission den europäischen Normungsgremien im Rahmen der Richtlinie 2008/57/EG den Planungs- und Normungsauftrag M 483 auf dem Gebiet der Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union. Dieses Mandat ersetzt die Aufträge M 275 vom 13. November 1998 auf dem Gebiet der Eisenbahnausrüstung für die Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems sowie M 334 vom 22. Mai 2003 auf dem Gebiet der Interoperabilität des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems.

    Die Liste der harmonisierten Normen im Sinne der Richtlinie 2008/57/EG wurde im Amtsblatt der Europäischen Union vom 20. Juli 2011 veröffentlicht.

    3.           Fortschritte im Bereich der Interoperabilität

    3.1.        Verwirklichung der Interoperabilität

    In dem von der Europäischen Eisenbahnagentur am 1. März 2012 veröffentlichten Zweijahresbericht werden die im Bereich der Eisenbahninteroperabilität in der EU erzielten Fortschritte im Einzelnen dargelegt. Zur Messung der Fortschritte hat die Agentur drei Hauptgruppen von Indikatoren festgelegt: institutionelle Indikatoren (hauptsächlich für NSB und benannte Stellen), rechtliche Indikatoren (für die Ausarbeitung von TSI und die Klärung offener Punkte) sowie Indikatoren auf Ebene der Teilsysteme (EG-Bescheinigungen, Genehmigungen für Fahrzeuge und ortsfeste Einrichtungen usw.).

    3.2.        Fortbestehende Interoperabilitätsbarrieren

    3.2.1.     Geltungsbereich und Anwendung der TSI

    Die noch offenen Punkte in den TSI und ihr begrenzter geografischer Geltungsbereich bilden Interoperabilitätsbarrieren und können als solche die künftige Integration des europäischen Eisenbahnsystems behindern. Daher ist es äußerst wichtig, die offenen Punkte innerhalb einer angemessen kurzen Frist zu klären und den Geltungsbereich der TSI auf das gesamte Eisenbahnsystem in der EU auszuweiten.

    Die Agentur hat 2011 mit Hilfe externer Berater die Anwendung der TSI PRM in sieben Mitgliedstaaten nachträglich analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass mehrere wichtige Entscheidungskriterien bei der Anwendung (oder Nichtanwendung) der TSI PRM eine Rolle spielen. Bei schon vorhandenen Infrastruktureinrichtungen und Fahrzeugen werden Projekte entweder als Erneuerung oder Umrüstung (gemäß Interoperabilitätsrichtlinie) eingestuft, je nachdem, ob es sich um „umfangreiche“ Änderungen handelt oder nicht. Dabei wurden sehr unterschiedliche Auslegungen des Begriffs „umfangreich“ beobachtet, was eine sehr uneinheitliche Anwendung der TSI PRM zur Folge hat. Dies wiederum hat dazu geführt, dass die TSI nur in begrenztem Maße angewendet und die Verwirklichung eines barrierefreien Eisenbahnsystems beeinträchtigt wird.

    Seit dem Inkrafttreten der TSI PRM im Juli 2008 haben sich die Mitgliedstaaten bei Erneuerungen oder Umrüstungen häufig auf Artikel 20 der Interoperabilitätsrichtlinie berufen und nach freiem Ermessen entschieden, eine TSI vollständig anzuwenden oder nicht. So kommt es, dass bei Erneuerungen und Umrüstungen die TSI PRM zwar gemäß den Umsetzungsbestimmungen in Kapitel 7 angewendet und nur in Ausnahmefällen (Artikel 9 der Richtlinie) oder Sonderfällen (Abschnitt 7.4 der TSI PRM) davon abgewichen werden sollte, dies aber durch eine generelle Berufung auf Artikel 20 der Interoperabilitätsrichtlinie untergraben wird. Um Abhilfe zu schaffen, wird dieser Aspekt in den Vorschlägen der Kommission zum vierten Eisenbahnpaket behandelt, die auch eine klarere Definition der in die TSI aufzunehmenden Elemente zum Thema Umrüstung und Erneuerung vorsehen.

    3.2.2.     Inbetriebnahme von Schienenfahrzeugen

    Die Richtlinie 2008/57/EG sieht Inbetriebnahmegenehmigungen für Schienenfahrzeuge in jedem Mitgliedstaat vor, sofern die Erstzulassung nicht länderübergreifend in anderen Mitgliedstaaten anerkannt wird. Durch diese Regelung wurden die Hersteller und Eisenbahnunternehmen mit übermäßig langen und teuren Zulassungsverfahren belastet.

    Die Arbeiten der Kommissionsdienststellen und der Europäischen Eisenbahnagentur 2010 haben es allen Beteiligten ermöglicht, ein einheitliches Verständnis über die Bestimmungen dieser Richtlinie bezüglich der Inbetriebnahme von Schienenfahrzeugen zu entwickeln. Dies führte zu der Empfehlung der Kommission vom 29. März 2011 zur Genehmigung der Inbetriebnahme von strukturellen Teilsystemen und Fahrzeugen gemäß der Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates.

    Im Verlauf dieser Arbeiten haben sich allerdings neue Fragen aufgetan, u. a. auch Schwierigkeiten bei der Anwendung gemeinsamer Sicherheitsmethoden für die Risikobewertung und bei der Erfassung von Sicherheitsrisiken in den TSI, um deren systematische Anwendung anstelle nationaler Vorschriften zu gewährleisten.

    Im September 2011 haben die Kommissionsdienststellen deshalb eine Arbeitsgruppe mit den betroffenen Akteuren eingesetzt, um die in den Zulassungsverfahren aufgetretenen Probleme zu untersuchen und die verbesserungsfähigen Bereiche zu ermitteln. Die Arbeitsgruppe trat fünfmal zusammen und hat ihre Arbeit im Juni 2012 abgeschlossen[17].

    Mit Blick auf die EU-Rechtsvorschriften für den Eisenbahnbereich hat die Arbeitsgruppe drei Problembereiche ausgemacht, nämlich

    · eine mitunter unsachgemäße Anwendung,

    · ein teilweise unzureichendes Verständnis sowie

    · Verbesserungspotenziale.

    Neben einer stärkeren Kontrolle der Anwendung der EU-Rechtsvorschriften für den Eisenbahnbereich sowie Verbreitungs- und Schulungsmaßnahmen ist deshalb auch eine Änderung des EU-Verfahrens für die Inbetriebnahme von Fahrzeugen notwendig. Dieser Aspekt wird in den Vorschlägen der Kommission zum vierten Eisenbahnpaket behandelt.

    3.2.3.     Nationale Vorschriften

    Als weitere Hindernisse kommen hinzu, dass die nationalen Rechtsrahmen für die Zulassung von Fahrzeugen nicht hinreichend transparent und die nationalen Vorschriften nicht öffentlich verfügbar sind. Mit beiden Aspekten befasst sich die Europäische Eisenbahnagentur, die die nationalen Vorschriften gegenwärtig einstuft und in Beziehung zueinander setzt.

    Schließlich muss auch das Problem der noch geltenden nationalen Vorschriften, die sich mit den TSI überschneiden oder ihnen widersprechen, geregelt werden, und zwar zunächst von den Mitgliedstaaten und anschließend von der Europäischen Eisenbahnagentur. Solange sich nämlich die TSI nicht auf das gesamte Bahnsystem in der EU erstrecken, werden weiterhin eine Vielzahl nationaler Vorschriften von den Mitgliedstaaten notifiziert. Nachdem die TSI auf das gesamte Bahnsystem in der Union ausgeweitet und die offenen Punkte geklärt worden sind, sollten die nationalen Vorschriften, die den TSI widersprechen oder sich mit ihnen überschneiden, von den Mitgliedstaaten aufgehoben werden. Die Kommission bringt dies im vierten Eisenbahnpaket klar zum Ausdruck. Ferner sollte die Agentur mehr Befugnisse gegenüber den Mitgliedstaaten erhalten, damit inkohärente, diskriminierende oder unverhältnismäßige nationale Vorschriften aufgehoben werden. Das vierte Eisenbahnpaket sieht zu diesem Zweck die Möglichkeit vor, dass die Agentur Stellungnahmen an die Mitgliedstaaten richtet, in denen sie darlegt, warum eine nationale Vorschrift, die sich mit den TSI oder anderen Rechtsvorschriften der EU überschneidet oder ihnen widerspricht, nicht in Kraft treten oder angewendet werden sollte.

    3.2.4.     Benannte Stellen

    Am 20. November 2012 gab es in der EU und Norwegen insgesamt 53 benannte Stellen, die im Rahmen der Richtlinie 2008/57/EG tätig sind. Ihre Verteilung auf die einzelnen Länder ist in folgendem Diagramm[18] dargestellt.

    Das Haupthindernis für einen EU-weiten Wettbewerb zwischen den benannten Stellen ist die Sprache des Antragstellers. Bei Antragstellern aus Ländern, deren Sprache nicht zu den Arbeitssprachen der benannten Stelle gehört, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass sie zusätzliches Geld für eine Übersetzung ausgeben. Ein echter Wettbewerb zwischen den benannten Stellen findet daher innerhalb einzelner Sprachregionen und weniger auf EU-Ebene statt.

    Die Erfahrungen der letzten Jahre, die u. a. auf unterschiedliche Zuständigkeiten der benannten Stellen hinweisen, belegen auch, dass die Tätigkeiten dieser Stellen stärker kontrolliert und koordiniert werden müssen. Die Änderung der Richtlinie 2008/57/EG wird Gelegenheit zur Anwendung des neuen Rechtsrahmens für die Vermarktung von Produkten bieten, insbesondere der Bestimmungen des Beschlusses Nr. 768/2008/EG in Bezug auf benannte Stellen.

    4.           Fazit

    Die dank des EU-Rechtsrahmens für Eisenbahninteroperabilität erzielten Fortschritte werden dazu beitragen, den weiteren Ausbau des Eisenbahnbinnenmarkts voranzutreiben, Unternehmensgründungen zu fördern, Markteintrittskosten zu senken und letztlich die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn gegenüber anderen Verkehrsträgern zu verbessern.

    Die für diesen Bericht durchgeführten Untersuchungen ergeben folgendes Bild:

    Die Durchführungsvorschriften über die Interoperabilität (TSI und andere rechtliche Maßnahmen) sind, was das transeuropäische Eisenbahnsystem betrifft, inzwischen vollständig. Wie bereits im geltenden Rechtsrahmen vorgesehen, dürfte sich bis 2015 der Geltungsbereich der meisten TSI auf das gesamte Bahnsystem in der Europäischen Union erstrecken. Nach diesem Termin werden die TSI regelmäßig an den technischen Fortschritt, die Marktentwicklungen und die gesellschaftlichen Anforderungen angepasst.

    Bei künftigen TSI-Änderungen sollte auch das Regulierungsumfeld vereinfacht werden, um die Zweckdienlichkeit, Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit der Rechtsvorschriften für den Eisenbahnverkehr zu gewährleisten. So wird etwa in stärkerem Maße auf die Anwendung freiwilliger europäischer Normen geachtet werden.

    Durch die Ausweitung der TSI und die Klärung ihrer offenen Punkte erhalten die Agentur und die Mitgliedstaaten zudem die Möglichkeit, nationale Vorschriften, die sich mit den TSI überschneiden oder ihnen widersprechen, zu ermitteln und aufzuheben. Dieser im bestehenden Rechtsrahmen bereits vorgesehene Vereinfachungsprozess wird in den Vorschlägen der Kommission zum vierten Eisenbahnpaket weiter verbessert und präzisiert.

    In dem Paket unterbreitet die Kommission auch Klärungsvorschläge, die die Anwendung der TSI bei Erneuerung oder Umrüstung vorhandener Teilsysteme betreffen.

    Zudem misst die Kommission in dem Paket der Rolle und dem einwandfreien Funktionieren der benannten Stellen größeres Gewicht bei, indem sie die Interoperabilitätsvorschriften mit dem neuen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten in Einklang bringt.

    Schließlich werden im vierten Eisenbahnpaket auch die gegenwärtigen Schwierigkeiten bei der Fahrzeugzulassung behandelt, die durch die Einführung einer einheitlichen, EU-weit gültigen Genehmigung für das Inverkehrbringen von Fahrzeugen gelöst werden sollen. Dadurch wird die Rolle der Agentur gestärkt und größeres Augenmerk auf die Überwachungsaufgaben der nationalen Sicherheitsbehörden gelegt.

    Anhang I

    TSI || Nummer des Dokuments || Veröffentlicht im Amtsblatt Nr. || Gültig seit

    TSI für strukturelle Teilsysteme (*): Infrastruktur (INF), Energie (ENE), Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung (ZZS), Fahrzeuge (RST, WAG, NOI)

    HS INF || Entscheidung 2002/732/EG der Kommission || L 245/143 (2002) || 1.12.2002

    HS INF (Änderung) || Entscheidung 2008/217/EG der Kommission || L 77/1 (2008) || 1.7.2008

    HS ENE || Entscheidung 2002/733/EG der Kommission || L 245/280 (2002) || 1.12.2002

    HS ENE (Änderung) || Entscheidung 2008/284/EG der Kommission || L 104/1 (2008) || 1.10.2008

    HS ZZS || Entscheidung 2002/731/EG der Kommission || L 245/37 (2002) || 1.12.2002

    HS ZZS (Berichtigung) || - || L275/3 (2002) || 1.12.2002

    HS ZZS (Änderung) || Entscheidung 2004/447/EG der Kommission || L 155/67 (2004) || 31.4.2004

    HS ZZS (Änderung) || Entscheidung 2006/860/EG der Kommission || L 342/1 (2006) || 7.11.2006

    HS ZZS (Änderung) || Entscheidung 2007/153/EG der Kommission || L 67/13 (2007) || 6.3.2007

    HS ZZS (Änderung) || Entscheidung 2008/386/EG der Kommission || L 136/11 (2008) || 1.6.2008

    HS RST || Entscheidung 2002/735/EG der Kommission || L 245/402 (2002) || 1.12.2002

    HS RST (Änderung) || Entscheidung 2008/232/EG der Kommission || L 84/132 (2008) || 1.09.2008

    HS RST (Berichtigung) || - || L 104/80 (2008) || 1.9.2008

    CR RST LOC&PAS || Beschluss 2011/291/EU der Kommission || L 139/1 (2011) || 1.6.2011

    CR ZZS || Entscheidung 2006/679/EG der Kommission || L 284/1 (2006) || 28.9.2006

    CR ZZS (Änderung) || Entscheidung 2006/860/EG der Kommission || L 342/1 (2006) || 7.11.2006

    CR ZZS (Änderung) || Entscheidung 2007/153/EG der Kommission || L 67/13 (2007) || 6.3.2007

    CR ZZS (Änderung) || Entscheidung 2008/386/EG der Kommission || L 136/11 (2008) || 1.6.2008

    CR ZZS (Änderung) || Entscheidung 2010/79/EG der Kommission || L37/74 (2010) || 1.4.2010

    CR ZZS || Entscheidung 2009/561/EG der Kommission || L 194/60 (2009) || 22.7.2009

    CR NOI || Entscheidung 2006/66/EG der Kommission || L 37/1 (2006) || 23.6.2006

    CR NOI (Änderung) || Beschluss 2011/229/EU der Kommission || L 99/1 (2011) || 5.4.2011

    CR WAG || Entscheidung 2006/861/EG der Kommission || L 344/1 (2006) || 31.1.2007

    CR WAG (Änderung) || Entscheidung 2009/107/EG der Kommission || L 45/1 (2009) || 1.7.2009

    CR INF || Beschluss 2011/275/EU der Kommission || L 126 (2011) || 1.6.2011

    CR ENE || Beschluss 2011/274/EU der Kommission || L 126 (2011) || 1.6.2011

    HS & CR ZZS (Änderung) || Beschluss 2012/88/EU der Kommission || L 51 (2012) || 26.7.2012

    HS & CR ZZS (Änderung) || Beschluss 2012/696/EU der Kommission || L 311 (2012) || 1.1.2013

    TSI für funktionelle Teilsysteme (*): Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung (OPE), Telematikanwendungen für den Personen- und Güterverkehr (TAP, TAF), Instandhaltung (MAI)

    HS OPE || Entscheidung 2002/734/EG der Kommission || L 245/370 (2002) || 1.12.2002

    HS OPE (Änderung) || Entscheidung 2008/231/EG der Kommission || L 84/1 (2008) || 1.9.2008

    CR & HS OPE (Änderung) || Beschluss 2010/640/EG der Kommission || L280/29 (2010) || 25.10.2010

    CR OPE (Änderung) || Beschluss 2011/314/EU der Kommission || L 144/1 (2011) || 1.1.2012

    HS MAI || Entscheidung 2002/730/EG der Kommission || L245/1 (2002) || 1.12.2002

    HS MAI (Berichtigung) || - || L 275/5 (2002) || 1.12.2002

    CR OPE || Entscheidung 2006/920/EG der Kommission || L 359/1 (2006) || 11.2.2007

    CR OPE (Änderung) || Entscheidung 2008/231/EG der Kommission || L 84/1 (2008) || 1.9.2008

    CR OPE (Änderung) || Entscheidung 2009/107/EG der Kommission || L 45/1 (2009) || 1.7.2009

    CR & HS OPE (Änderung) || Beschluss 2012/757/EU der Kommission || L 345/1 (2012) || 1.1.2014

    CR TAF || Verordnung (EG) Nr. 62/2006 der Kommission || L 13/1 (2006) || 19.1.2006

    CR TAF (Änderung) || Verordnung (EU) Nr. 328/2012 der Kommission || L 106/14 (2012) || 20.5.2012

    HS&CR TAP || Verordnung (EU) Nr. 454/2011 der Kommission || L 123/11 (2012) || 13.5.2011

    HS & CR TAP Änderung || Verordnung (EU) Nr. 665/2012 der Kommission || L 194/1 (2012) || 22.7.2012

    Horizontale TSI: Personen mit eingeschränkter Mobilität (PRM), Sicherheit in Eisenbahntunneln (SRT), Änderungen verschiedener TSI (Omnibus)

    SRT || Entscheidung 2008/163/EG der Kommission || L 64/1 (2008) || 1.7.2008

    PRM || Entscheidung 2008/164/EG der Kommission || L 64/72 (2008) || 1.7.2008

    Omnibus 1 || Beschluss 2012/462/EU der Kommission || L 217/1 (2012) || 24.1.2013

    Omnibus 2 || Beschluss 2012/463/EU der Kommission || L 217/11 (2012) || 24.1.2013

    Omnibus 3 || Beschluss 2012/464/EU der Kommission || L 217/20 (2012) || 24.1.2013

    (*) TSI für strukturelle Teilsysteme (z. B. Fahrzeuge, Infrastruktur) können auch funktionelle Anforderungen enthalten (z. B. an die Instandhaltung).

    [1]               Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Bericht über die Fortschritte bei der Anwendung der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit und der Richtlinien über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems, KOM(2009) 464 endg.

    [2]               Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft, ABl. L 191 vom 18.7.2008, S. 1.

    [3]               http://www.era.europa.eu/Document-Register/Pages/Interoperabilitybiennialreport-2011.aspx.

    [4]               Richtlinie 96/48/EG des Rates vom 23. Juli 1996 über die Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems, ABl. L 235 vom 17.9.1996, S. 6.

    [5]               Richtlinie 2001/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die Interoperabilität des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems, ABl. L 110 vom 20.4.2001, S. 1.

    [6]               ABl. L 273 vom 17.10.2009, S. 12-13.

    [7]               ABl. L 57 vom 2.3.2011, S. 21-28.

    [8]               ABl. L 305 vom 23.11.2007, S. 30-51.

    [9]               ABl. L 319 vom 4.12.2010, S. 1-52.

    [10]             ABl. L 43 vom 17.2.2011, S. 33-54.

    [11]             ABl. L 57 vom 2.3.2011, S. 8-9.

    [12]             ABl. L 63 vom 10.3.2011, S. 22-25.

    [13]             ABl. L 95 vom 8.4.2011, S. 1-29.

    [14]             ABl. L 256 vom 1.10.2011, S. 1-25.

    [15]             ABl. L 264 vom 8.10.2011, S. 32-54.

    [16]             Beispielsweise wenn es ohne oder mit nur geringen Auswirkungen auf den Projektzeitplan und die Kosten möglich gewesen wäre, das betreffende Vorhaben mit der TSI in Einklang zu bringen.

    [17]             Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe ist abrufbar unter:       http://www.era.europa.eu/Document-Register/Pages/Report_TF_Railway_Vehicles_Auth.aspx.

    [18]             Quelle: NANDO (http://ec.europa.eu/enterprise/newapproach/nando/index.cfm?fuseaction=directive.notifiedbody&sort=country&dir_id=30) .

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