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Document 52012AE2497

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über fluorierte Treibhausgase — COM(2012) 643 final — 2012/0305 (COD)

ABl. C 271 vom 19.9.2013, p. 138–142 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

19.9.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 271/138


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über fluorierte Treibhausgase

COM(2012) 643 final — 2012/0305 (COD)

2013/C 271/26

Berichterstatter: Mário SOARES

Der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament beschlossen am 21. November 2012 bzw. 19. November 2012, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 192 Absatz 1 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über fluorierte Treibhausgase

COM(2012) 643 final - 2012/0305 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 26. April 2013 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 490. Plenartagung am 22./23. Mai 2013 (Sitzung vom 23. Mai) mit 92 gegen 2 Stimmen bei 1 Enthaltung folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss unterstützt ausdrücklich die Bemühungen der Europäischen Kommission, die Rechtvorschriften für fluorierte Treibhausgase zu stärken.

1.2

Der Ausschuss betont, dass rasch ein globales Übereinkommen über fluorierte Treibhausgase erzielt werden muss, damit die gleichen Regeln für alle Wirtschaften gelten.

1.3

In der aktuellen Wirtschafts- und Sozialkrise muss der Schutz der Arbeitsplätze Vorrang haben. Die Umstellung auf eine klima- und umweltschonende Wirtschaft muss auf einem starken sozialen Dialog fußen, um gemeinsam und demokratisch die anstehenden Änderungen zu bewältigen. Sozialer Dialog, Verhandlung und Partizipation sind Grundwerte und wesentliche Instrumente; sie sind Voraussetzung, damit die Förderung des sozialen Zusammenhalts und qualitativ hochwertiger Arbeitsplätze, die Ankurbelung der Beschäftigung, die Steigerung der Innovation und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaften stattfinden und miteinander in Einklang gebracht werden können.

1.4

Der Ausschuss fordert, die finanzielle Belastung und den Bürokratieaufwand in Verbindung mit der Umsetzung der verschiedenen Elemente dieser Verordnung zu verringern, insbesondere für KMU.

1.5

Der Ausschuss weist darauf hin, dass der Energieverbrauch über den gesamten Lebenszyklus hinweg stärker berücksichtigt werden und in der Kosten-Nutzen-Analyse auf die etwaigen Nachteile der vorgeschlagenen alternativen Technologien eingegangen werden muss.

1.6

Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten müssen Forschung und industrielle Innovation stärker unterstützen, insbesondere die Entwicklung von alternativen Technologien für fluorierte Treibhausgase.

1.7

Die Mitgliedstaaten und die Unternehmen müssen erhebliche Anstrengungen unternehmen, um im Rahmen der Maßnahmen zur Verringerung der Verwendung und Erzeugung von fluorierten Treibhausgasen einen sozial gerechten Übergang sicherzustellen.

1.8

Die Konzipierung von Schulungsprogrammen zur Vorbereitung der Arbeitnehmer auf die alternativen Technologien für fluorierte Treibhausgase könnte sich als notwendig erweisen; dabei muss jedoch der besonderen Situation von KMU Rechnung getragen werden. Die finanzielle Belastung und der Bürokratieaufwand für Ausbildung und Zertifizierung sollten in Grenzen gehalten werden.

1.9

Schon vor der Verwendung fluorierter Treibhausgase sollten Maßnahmen ergriffen werden, um durch eine Erhöhung der Anforderungen für das Design von Einrichtungen, die diese Gase enthalten, Leckagen vorzubeugen.

1.10

Die Mitgliedstaaten sollten Systeme für die getrennte Sammlung von fluorierte Substanzen enthaltenden Altgeräten gemäß den Grundsätzen der Richtlinie 2002/96/EG über Elektro- und Elektronik-Altgeräte entwickeln.

1.11

Die Ausbildungsprogramme sollten auf sämtliche Unternehmen, die Tätigkeiten in Verbindung mit der Herstellung, Verbreitung und Installation von Geräten, die fluorierte Treibhausgase enthalten, ausführen, ausgerichtet sein und außerdem auf die alternativen Technologien ausgeweitet werden, um die Technologiewende zu fördern.

1.12

Nach Ansicht des Ausschusses wäre es sinnvoller, eine Unterscheidung zwischen den Technologien zu treffen, um einen schrittweisen Ausstieg anstelle einer schrittweisen Verringerung anzustreben, sofern dies technisch machbar und wirtschaftlich realistisch ist.

1.13

Die Beschränkungen, die den europäischen Erzeugern auferlegt werden, müssen auch für Importe in die EU gelten.

1.14

Die Europäische Kommission ist insbesondere mit der Einführung des Quotensystems beauftragt; sie muss seine Kosten begrenzen und gleichzeitig seine Umweltintegrität sicherstellen.

1.15

Die Europäische Kommission sollte für die Kontroll-, Prüf- und Einhaltungsverfahren in Verbindung mit dieser Verordnung zuständig sein.

1.16

Der Ausschuss stimmt der Wahl der Rechtsgrundlage, namentlich Umweltschutz, zu, betont jedoch, dass die Integrität des Binnenmarktes durch die Umsetzung der Verordnung nicht beeinträchtigt werden darf.

2.   Einleitung

2.1

Der Ausschuss verabschiedete 2004 eine Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte fluorierte Treibhausgase“ (1) (nunmehr Verordnung Nr. 842/2006), in der er betonte, dass die Konzentration der Treibhausgase sich aufgrund der menschlichen Aktivität erhöht hat und dauerhafte und möglicherweise nachteilige Klimaveränderungen die Folge sein werden, wenn diese Entwicklung und die daraus resultierende Erderwärmung nicht aufgehalten oder rückgängig gemacht werden kann. Obwohl er das Ziel und den allgemeinen Ansatz der Europäischen Kommission befürwortete, so warf er doch einige Fragen in Verbindung mit dem Verordnungsvorschlag auf. Einige dieser kritischen Anmerkungen haben immer noch Geltung und werden in dieser Stellungnahme bekräftigt.

2.2

Fluorierte Treibhausgase (F-Gase) sind stark klimawirksame, aufgrund menschlicher Aktivitäten entstehende Treibhausgase. Sie sind derzeit Gegenstand von zwei internationalen Übereinkommen, je nachdem, ob sie schädlich für die Ozonschicht sind oder nicht. In dem Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen (1987), das aus dem Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht hervorgegangen ist, sind Kontrollmaßnahmen für Produktion und Verbrauch ozonschichtschädigender Stoffe mit dem letztendlichen Ziel „Ausstieg“ vorgesehen. Dieses Protokoll wurde kontinuierlich weiterentwickelt, um seinen Anwendungsbereich auf neue Gase und neue Anwendungen auszuweiten. Emissionen von fluorierten Treibhausgasen, die keine Auswirkung auf die Ozonschicht haben, sind Gegenstand des Kyoto-Protokolls, um die Treibhausgasemissionen zu verringern. Die Koalition für Klima und saubere Luft (Climate and Clean Air Coalition - CCAC), die 2012 ins Leben gerufen wurde und kurzlebige Klimaschadstoffe bekämpft, hat auch die FKW-Emissionen auf ihre Agenda gesetzt.

2.3

Schulter an Schulter mit weiteren Akteuren steht die EU an vorderster Front im Kampf gegen fluorierte Treibhausgase. 2009, 2010, 2011 und 2012 haben mehrere Unterzeichner des Montrealer Protokolls, u.a. auch die Vereinigten Staaten, Vorschläge vorgelegt, um die Erzeugung und den Verbrauch von Fluorkohlenwasserstoffen (FKW) weltweit zu beschränken; diese Initiativen wurden von 108 Ländern unterstützt.

2.4

Dennoch konnten kaum Fortschritte erzielt werden, da u.a. China, Brasilien, Indien und die Golfstaaten die Erörterung dieser Frage im Rahmen des Montrealer Protokolls unter dem Vorbehalt ablehnen, dass die im Kyoto-Protokoll erfassten fluorierten Gase keinerlei Auswirkung auf die Ozonschicht haben.

2.5

Die Europäische Union hat 2009 Ziele zur Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2020 und 2050 angenommen: bis 2020 müssen sie um 20 % gegenüber den Werten von 1990 gesenkt werden; sofern sich die anderen Industrieländer in einem globalen Übereinkommen zu vergleichbaren Emissionsreduzierungen verpflichten, werden 30 % anvisiert.

2.6

Zur Verwirklichung dieser Ziele hat die EU ein Reihe innovativer Instrumente aufgelegt; die wichtigsten sind das Gemeinschaftssystem für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten EU-ETS (Richtlinie 2009/29/EG), die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (Richtlinie 2009/28/EG), die Energieeffizienz-Richtlinie (Richtlinie 2012/27/EU) und die Entscheidung über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen (Entscheidung Nr. 406/2009/EG). Sie hat außerdem anerkannt, dass die Treibhausgasemissionen der Industrieländer bis 2050 um 80 bis 95 % gegenüber den Werten von 1990 reduziert werden müssen, um die Erderwärmung auf 2 °C zu begrenzen.

2.7

In ihrem „Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050“ kommt die Europäische Kommission zu dem Schluss, dass die kostengünstigsten Szenarien Emissionsminderungsziele gegenüber 1990 enthalten, und zwar von 25 % bis 2020, 40 % bis 2030 und 60 % bis 2040.

2.8

Aufgrund ihrer potenziellen Wirkung auf die Erderwärmung sind fluorierte Treibhausgase im europäischen Klimaschutzrahmen erfasst. Die derzeitigen EU-Rechtsvorschriften über fluorierte Treibhausgase setzen sich hauptsächlich aus zwei Rechtsakten zusammen:

die Verordnung (EG) Nr. 842/2006, mit der ein System zur Verhinderung des Entweichens der Gase bei der Verwendung und der Entsorgung von stationären Anlagen eingerichtet und eine begrenzte Anzahl von F-Gas-Verboten für eng definierte Nischenanwendungen konzentriert festgelegt werden (F-Gas-Verordnung);

die Richtlinie 2006/40/EG über die Verwendung von F-Gasen in Klimaanlagen neuer Kraftfahrzeuge.

2.9

Der verstärkte Einsatz der EU für den Klimaschutz und die Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft ist zu begrüßen, muss jedoch mit einem glaubwürdigen Sozialprogramm und den notwendigen Mitteln zur Unterstützung der Sektoren und Regionen flankiert werden, in denen aufgrund mangelnder Fortschritte der anderen großen Länder Arbeitsplätze verloren gehen. Angesichts des globalen wirtschaftlichen und energetischen Kontexts ist die Frage der Wettbewerbsfähigkeit eine äußerst heikle, insbesondere in den energieintensiven Exportsektoren. Die Anstrengungen zur Ökologisierung der europäischen Wirtschaft muss noch stärker auf Vorhaben zur Re-Industrialisierung ausgerichtet sein, die auf einer effizienten Ressourcennutzung, u.a. auch der Energie, und nachhaltigen und innovativen Technologien beruhen.

3.   Zusammenfassung und Begründung des Kommissionsvorschlags

3.1   Der Kommissionsvorschlag zielt darauf ab:

3.1.1

die Verordnung (EG) Nr. 842/2006 über bestimmte fluorierte Treibhausgase zu ersetzen, um einen kostenwirksameren Beitrag zum Erreichen der Klimaziele der EU sicherzustellen, indem die Abkehr von der Verwendung von F-Gasen mit starker Klimawirkung und die Zuwendung zu energieeffizienten und sicheren Alternativen gefördert und die Reduzierung und Entsorgung von Erzeugnissen und Einrichtungen, die F-Gase enthalten, verbessert werden;

3.1.2

durch die Verbesserung der Vermarktungsmöglichkeiten für alternative Technologien und Gase mit geringer Klimawirkung nachhaltiges Wachstum zu fördern, Innovation anzuregen und für die Entwicklung grüner Technologien zu sorgen;

3.1.3

die EU auf den Stand der jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse auf internationaler Ebene zu bringen, die im Vierten Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) der UN, z.B. hinsichtlich der einbezogenen Stoffe und der Berechnung des Treibhauspotenzials (GWP), beschrieben sind;

3.1.4

zur Einigung über ein internationales Abkommen über den allmählichen Ausstieg aus der Verwendung von teilfluorierten Kohlenwasserstoffen (HFKW), der bedeutendsten Gruppe der F-Gase, gemäß dem Montrealer Protokoll beizutragen;

3.1.5

die Verordnung (EG) Nr. 842/2006 zu vereinfachen und eindeutiger zu machen, um den Verwaltungsaufwand im Einklang mit dem Engagement der Kommission für eine bessere Rechtsetzung zu verringern.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1

Der Ausschuss unterstützt ausdrücklich die Bemühungen der Europäischen Kommission, die Rechtsvorschriften für fluorierte Treibhausgase zu stärken; aufgrund ihres Treibhauspotenzials müssen weitere Anstrengungen zur Einschränkung ihrer Emissionen bei der Erzeugung und Verwendung in der EU unternommen werden.

4.2

An der geltenden Verordnung ist inhaltlich nichts auszusetzen, ihre Umsetzung stieß jedoch auf zahlreiche Schwierigkeiten, die der Ausschuss großteils in seiner Stellungnahme aus dem Jahr 2004 ermittelt hat. Er fordert die Mitgliedstaaten auf, mehr für die Anwendung ihrer eigenen Entscheidungen zu tun.

4.3

Der Ausschuss begrüßt die Initiativen der EU, verweist jedoch darauf, dass rasch ein globales Übereinkommen über fluorierte Treibhausgase erzielt werden muss, damit die gleichen Regeln für alle Wirtschaften gelten.

4.4

Da es bereits technisch zuverlässige und wirtschaftlich rentable alternative Technologien gibt, kann die Stärkung der Rechtsvorschriften auf ein interessantes Kosten-Nutzen-Verhältnis gestützt werden, so dass ihre allgemeinen makroökonomischen Folgen äußerst begrenzt sind, einige bestimmte Sektoren ausgenommen. Die durch die Umsetzung der Verordnung entstehenden Kosten können einerseits durch Energieeffizienzgewinne und andererseits durch eine strategische Marktpositionierung innovativer Unternehmen wettgemacht werden. Obwohl die Kostenwirksamkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen sorgfältig geprüft wurde, betont der Ausschuss, dass die mit der Umsetzung der Bestimmungen dieses Verordnungsvorschlags verbundenen Kosten so weit wie möglich begrenzt werden müssen. Darüber hinaus weist der Ausschuss darauf hin, dass der Energieverbrauch über den gesamten Lebenszyklus hinweg stärker berücksichtigt werden und in der Kosten-Nutzen-Analyse auf die etwaigen Nachteile der vorgeschlagenen alternativen Technologien eingegangen werden muss (Brennbarkeit, Explosionsgefahr, Toxizität und höhere Druckbereiche). Ferner könnte aufgrund der in einigen Sektoren wie dem Schienenverkehr vorgeschriebenen Sicherheitsniveaus die Verwendung alternativer Stoffe verhindert werden, auch wenn sie erfolgreich entwickelt werden konnten. Daher muss für diese Sektoren tatkräftig nach alternativen, ökologisch und wirtschaftlich brauchbaren Lösungen gesucht werden.

4.5

Der Ausschuss fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten außerdem auf, Forschung und industrielle Innovation stärker zu unterstützen, insbesondere die Entwicklung von alternativen Technologien für fluorierte Treibhausgase. In der gegenwärtigen Wirtschaftskrise ist die Innovationsförderung ein entscheidendes Element jedweder Re-Industrialisierungsstrategie. Gleichzeitig muss auch berücksichtigt werden, dass nicht gewährleistet ist, dass Substanzen bzw. Technologien zu vertretbaren Kosten entwickelt werden können, die grundlegende Aufgaben für das Funktionieren der Industriegesellschaften, beispielsweise Kühlung, übernehmen können.

4.6

Der Ausschuss begrüßt, dass der Vorschlag einen Artikel zu Ausbildung und Zertifizierung enthält, mit dem die Wirksamkeit der Rechtsvorschriften gestärkt wird; er sollte außerdem Synergien mit den EU-Rechtsvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz fördern, da insbesondere auch die Risiken der alternativen Technologien aufgegriffen werden. Der Ausschuss hält jedoch fest, dass eine mangelnde angemessene Schulung der Arbeitnehmer oftmals ein großes Hindernis für die Umsetzung von Vorschriften ist. Sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Unternehmen müssen erhebliche Anstrengungen unternehmen, um die notwendigen Schulungsprogramme zur Vorbereitung der Arbeitnehmer auf die alternativen Technologien für fluorierte Treibhausgase zu konzipieren. Der besonderen Situation von KMU sollte ebenfalls Rechnung getragen werden; die finanzielle Belastung und der Bürokratieaufwand für Ausbildung und Zertifizierung sollten in Grenzen gehalten werden.

4.7

Nach Meinung des Ausschusses müssen die in einigen Mitgliedstaaten entwickelten bewährten Verfahren zur Lösung der Problematik „fluorierte Treibhausgase“ als Vorbild herangezogen werden.

5.   Besondere Bemerkungen

5.1

Aufgrund der erheblichen Kosten für Reduzierungsmaßnahmen, d.h. Kontrollen auf Dichtheit, Leckage-Erkennung, Führung von Aufzeichnungen usw., für die Endnutzer, die oftmals KMU sind, ist der Ausschuss über die finanzielle Belastung besorgt, die die Bestimmungen für fluorierte Gase für diesen von der Wirtschaftskrise bereits arg gebeutelten Wirtschaftssektor bedeutet. Er betont, dass schon vor der Verwendung Maßnahmen ergriffen werden müssen, und fordert daher, durch eine Erhöhung der Anforderungen für das Design von Einrichtungen, die fluorierte Treibhausgase enthalten, Leckagen zu verhindern.

5.2

Die in Artikel 7 Absatz 4 enthaltenen Verpflichtungen zur Rückgewinnung betreffen in einigen Fällen Haushaltsgeräte (Klimaanlagen, Wärmepumpen). Daher scheint es zweckdienlicher, die Mitgliedstaaten zur Entwicklung von Systemen für die getrennte Sammlung von fluorierte Substanzen enthaltenden Altgeräten gemäß den Grundsätzen der Richtlinie 2002/96/EG über Elektro- und Elektronik-Altgeräte anzuhalten.

5.3   Ausbildung und Zertifizierung (Artikel 8)

5.3.1

Die Verpflichtung zur Aufstellung von Ausbildungsprogrammen ist auf Unternehmen beschränkt, die die in Artikel 8 Absatz 1 genannten Tätigkeiten für andere Parteien ausführen. Nach Meinung des Ausschusses sollten diese Ausbildungsprogramme auf sämtliche Unternehmen, die Tätigkeiten in Verbindung mit der Herstellung, Verbreitung und Installation von Geräten, die fluorierte Treibhausgase enthalten, ausführen, ausgerichtet sein. Er betont, dass sie außerdem auf die alternativen Technologien ausgeweitet werden müssen, um die Technologiewende zu fördern.

5.3.2

Da diese Programme insbesondere Substanzen und Verfahren betreffen, die die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer gefährden können, sollten die Sozialpartner eng in die Aufstellung dieser Programme durch die Mitgliedstaaten eingebunden sein. Damit kann der Vorschlag in Einklang mit den Grundsätzen der EU-Rechtsvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz gebracht werden.

5.3.3

Da nicht sicher ist, wann dieser Verordnungsvorschlag endgültig angenommen wird, sollte das Datum, an dem die Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission ihre Ausbildungs- und Zertifizierungsprogramme mitteilen müssen, durch eine Fristsetzung in Verbindung mit dem Datum des Inkrafttretens der Verordnung ersetzt werden.

5.4   Inverkehrbringen und Beschränkung der Verwendung

5.4.1

Ungeachtet der in Artikel 9, 11 und 12 vorgesehenen spezifischen Beschränkungen ist der allgemeine Ansatz des Verordnungsvorschlags eher auf eine schrittweise Verringerung (phasing down) bis 2030 als auf einen schrittweisen Ausstieg (phasing out) ausgerichtet. So ist in Artikel 13 eine Verringerung des Inverkehrbringens von teilfluorierten Kohlenwasserstoffen durch eine schrittweise Mengenbeschränkung vorgesehen, wobei nicht zwischen den verschiedenen von diesem Verordnungsvorschlag betroffenen Technologien unterschieden wird.

5.4.2

Nach Ansicht des Ausschusses wäre es sinnvoller, eine Unterscheidung zwischen diesen Technologien zu treffen, um einen schrittweisen Ausstieg anstelle einer schrittweisen Verringerung zu bewerkstelligen, sofern dies technisch machbar und wirtschaftlich realistisch ist. Außerdem sollte langfristig ein Ziel für das Verbot von fluorierten Treibhausgasen festgelegt werden, das mit den Zielen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen in der EU bis 2050 und der Entwicklung von alternativen Technologien im Einklang steht. Für bestimmte Sektoren oder Untersektoren wie kommerzielle Kühlung oder große industrielle Kühlsysteme könnte ein Verbot für das Inverkehrbringen neuer Einrichtungen, die fluorierte Kohlenwasserstoffe enthalten, ab 2025 in Betracht gezogen werden. Nicht wieder auffüllbare Behälter (Spray- und Sprühdosen), die fluorierte Gase enthalten, sollten ebenfalls verboten werden, wobei es mögliche Ausnahmen für bestimmte unabkömmliche Verwendungszwecke (z.B. im medizinischen Bereich) geben könnte, für die bislang keine glaubwürdige Alternative besteht.

5.4.3

Neben den offensichtlichen ökologischen Vorteilen des Verbots von stark klimawirksamen Technologien und trotz der damit verbundenen Kosten sind systematischere Bemühungen zur Ersetzung dieser Gase innovationsfördernd und ermöglichen es innovativen Unternehmen, einen Wettbewerbsvorteil auf den Märkten zu erzielen, die durch diese neuen Bestimmungen entstehen werden.

5.5

In Bezug auf die Kennzeichnung ist festzuhalten, dass sie eine grundlegende Informationsquelle für die Arbeitnehmer, die die von diesem Verordnungsvorschlag betroffenen Einrichtungen bedienen, und die Endverbraucher über die Gefahren der genutzten Technologien ist. Für die Arbeitnehmer muss die technische Kennzeichnung ausführliche, klare und verbindliche Informationen enthalten, die für Installation, Wartung oder Außerbetriebnahme bei weitestmöglicher Begrenzung der Umweltrisiken erforderlich sind.

5.6

Zur Maximierung ihrer Wirkung und aufgrund der technischen Komplexität dieses Themas sollten die Informationen für die breite Öffentlichkeit einfach und verständlich gehalten sein. Diesbezüglich sollten Synergien mit dem geltenden in der Richtlinie 2005/32/EG (Ökodesign-Richtlinie) verankerten System geschaffen werden, um dort, wo dies technisch möglich ist, ein harmonisiertes Ökokennzeichnungssystem auf europäischer Ebene zu bevorzugen.

5.7

Die Beschränkungen, die den europäischen Erzeugern auferlegt werden, müssen auch für Importe in die EU gelten. Mit dem Verbot der Vorbefüllung von Einrichtungen können Einfuhren von fluorierten Treibhausgasen sowohl aus ökologischer als auch wirtschaftlicher Sicht effizient reguliert werden. Der Ausschuss wirft jedoch die Frage auf, ob die Befüllung in einer Industrieanlage kein besserer Garant für die Zuverlässigkeit ist, da sie mit Spezialausrüstung und von eigens für diese Aufgabe geschultem Personal vorgenommen wird. Er fordert daher, in der Verordnung ausdrücklich festzuhalten, dass das Verbot der Vorbefüllung nicht auf für den Export bestimmte Einrichtungen Anwendung findet. Außerdem fordert er die Ausarbeitung von Ausnahmeregelungen für das Verbot der Vorbefüllung von Einrichtungen, in denen eine derartige Vorbefüllung aus Gründen der Zuverlässigkeit, der Sicherheit und der Umweltleistung gerechtfertigt ist.

5.8

Hersteller und Einführer von fluorierten Treibhausgasen müssen Quoten einhalten. Verbraucher und Einrichtungsbetreiber hingegen müssen keiner derartigen Verpflichtung nachkommen. Zur Verringerung des Verwaltungsaufwands wird als Grenzwert 1 metrische Tonne oder 1 000 Tonnen CO2-Äquivalent fluorierter Treibhausgase angelegt. Die ausgeführten Mengen werden nicht in die Quoten für die Inverkehrbringung eingerechnet. Die Zuweisung der Quoten beruht auf den Emissionen früherer Jahre. Eine Versteigerung ist als Alternative nicht vorgesehen, da zu wenige Akteure auf dem Markt tätig sind (es gibt einfach nicht genug Akteure für einen wirksamen Markt) und dieses Verfahren die Verwaltungskosten in die Höhe getrieben hätte. 5 % sind für „neue Marktakteure“ vorgesehen. Die Zuweisung der Quoten erfolgt auf der Grundlage der gemeldeten Mengen für 2008-2011. Die Verpflichtungen für Registrierung und Meldung müssen bewältigbar bleiben und dürfen keinen übermäßigen Verwaltungsaufwand für die Unternehmen, insbesondere die KMU, verursachen. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis dieses Quotensystems sollte ganz allgemein geprüft werden.

5.9

Der Ausschuss fordert die Europäische Kommission auf, regelmäßig Berichte auf der Grundlage der gemäß Artikel 17 und 18 des Verordnungsvorschlags erfassten Daten vorzulegen. Diese Berichte sollten jedoch keinesfalls den vertraulichen Charakter der von den Unternehmen erhobenen Daten beeinträchtigen, die durch Rechte geistigen Eigentums geschützte industrielle Verfahren betreffen. Die Europäische Kommission sollte ebenfalls darauf achten, den mit der Datenerhebung in den Unternehmen und den Mitgliedstaaten verbundenen Bürokratieaufwand zu begrenzen.

5.10

Mit Artikel 21 wird ein Ausschuss eingerichtet, der die Europäische Kommission bei der Ausübung ihres Rechts auf Erlass von delegierten Rechtsakten unterstützen soll. Alle betroffenen Interessenträger sollten in diesem Ausschuss vertreten sein, auch die Sozialpartner.

5.11

Der Ausschuss bedauert, dass der Europäischen Kommission in Artikel 22 keine Zuständigkeit für die Kontroll-, Prüf- und Einhaltungsverfahren übertragen wird. Auch wenn Einhaltungsverfahren ein Vorrecht der Mitgliedstaaten sind, so wäre es zweckdienlich gewesen, dass die Europäische Kommission nach Vorbild der in Artikel 8 und 18 vorgesehenen Bestimmungen Mindestvorschriften erlassen kann.

5.12

Der Ausschuss unterstützt die Absicht der Europäischen Kommission, die Verordnung auf Artikel 192 Absatz 1 AEUV als Rechtsgrundlage zu stützen, da mit dieser Verordnung vor allem ein hohes Umweltschutzniveau, insbesondere durch Klimaschutzmaßnahmen, gewährleistet werden soll. Er betont jedoch, dass die Integrität des Binnenmarktes durch die Umsetzung der Verordnung nicht beeinträchtigt werden darf.

Brüssel, den 23. Mai 2013

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Henri MALOSSE


(1)  ABl. C 108 vom 30.4.2004.


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