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Document 52011AE1180

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Energieeffizienzplan 2011 KOM(2011) 109 endg.

    ABl. C 318 vom 29.10.2011, p. 155–162 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    29.10.2011   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 318/155


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Energieeffizienzplan 2011“

    KOM(2011) 109 endg.

    2011/C 318/26

    Berichterstatterin: Ulla SIRKEINEN

    Die Europäische Kommission beschloss am 8. März 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

    Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: ‚Energieeffizienzplan 2011‘

    KOM(2011) 109 endg.

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 22. Juni 2011 an.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 473. Plenartagung am 13./14. Juli 2011 (Sitzung vom 14. Juli) einstimmig folgende Stellungnahme:

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1   Der Ausschuss – in seinen Schlussfolgerungen –

    bekräftigt seine ausdrückliche Unterstützung für das Ziel einer höheren Energieeffizienz als Kernstück der Europa-2020-Strategie;

    weist darauf hin, dass Energieeffizienz und Energieeinsparungen in erster Linie vom Engagement der Bürger, Unternehmen und Arbeitnehmer und einer Änderung ihres Verhaltens abhängen;

    empfiehlt, mehr Gewicht auf längerfristige nachhaltige Auswirkungen als auf kurzfristige Errungenschaften zu legen;

    betont, dass die Erhöhung der Energieeinsparungen der wirtschaftlichen Entwicklung, dem sozialen Wohlergehen und der Lebensqualität zuträglich sein sollte;

    streicht die Verantwortung der Mitgliedstaaten heraus, während die EU einen gemeinsamen Rahmen schaffen sollte;

    unterstreicht die Bedeutung der Wahl der richtigen Instrumente und hält freiwillige Vereinbarungen für nützlich, wobei verpflichtende Maßnahmen erforderlich sind, wenn positive Anreize versagen;

    unterstreicht die Bedeutung der Kraft-Wärme-Kopplung als hocheffizientes Energieerzeugungskonzept;

    spricht sich gegen die Festlegung eines verbindlichen Gesamtenergieeffizienzziels aus und empfiehlt vielmehr, alle Bemühungen auf wirksame Ergebnisse auszurichten;

    verweist auf die notwendige Sicherstellung der finanziellen Unterstützung und Investitionen, um das große Potenzial in den neuen Mitgliedstaaten auszuschöpfen.

    1.2   Der Ausschuss empfiehlt

    der Europäischen Kommission in Bezug auf den Energieeffizienzplan

    die Frage zu klären, wie die Ergebnisse der Energieeffizienzmaßnahmen gemessen werden sollen;

    die Grundlagen für die Schätzungen des Energieverbrauchs im Jahr 2020 ausführlicher darzulegen;

    die nationalen Aktionspläne für Energieeffizienz stärker strategisch auszurichten, wobei bei ihrer Erarbeitung und Evaluierung den Konsultationen mit der Zivilgesellschaft Rechnung zu tragen ist;

    die Anforderungen an den öffentlichen Sektor erneut zu klären, die Sanierungsrate für öffentliche Gebäude zu verdoppeln;

    eine eingehende Prüfung Weißer Zertifikate vorzunehmen und zu veröffentlichen;

    gezielte Maßnahmen, für einzelne Fälle von großem ungenutzten Energieeinsparungspotenzial einzusetzen und zugleich zu gewährleisten, dass in bestimmten Sonderfällen staatliche Beihilfen gewährt werden können;

    einen gesicherten Netzzugang für KWK-Strom zur Auflage zu machen, um den Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung bei der Wärme- und Stromerzeugung wesentlich zu steigern.

    in Bezug auf Maßnahmen zur Förderung von Verhaltensänderungen:

    die Energieverbraucher in den Mittelpunkt zu stellen;

    die Rolle des öffentlichen Sektors bei der Verbesserung der Energieeffizienz als nachahmenswertes Beispiel für Unternehmen und Haushalte stärker zu fördern;

    das menschliche Verhalten zu untersuchen und gezielte Informations- und Sensibilisierungskampagnen für die verschiedenen Nutzergruppen auszuarbeiten;

    sicherzustellen, dass die Nutzer von ihrem Handeln profitieren;

    ggf. notwendige, überlegt gestaltete und effektive Anreize bereitzustellen, da selbst kleine Anreize große Wirkung zeigen können;

    dass Bauunternehmen und Regierungen dafür Sorge tragen, dass zusätzliche Investitionen in Gebäude auch einen Wertzuwachs bringen;

    Aus- und Fortbildung im Bausektor zu erweitern und anzupassen;

    die Durchführung von Schulungen zu den Themen Energieeffizienz und grünes Beschaffungswesen für Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung zu fördern;

    dass die Europäische Kommission die Probleme untersucht und gegebenenfalls die Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Energieausweis für Gebäude und das neue System der Energiekennzeichnung von Elektrogeräten überarbeitet;

    dass die Europäische Kommission außerdem die Auswirkungen der Verbreitung von intelligenten Messgeräten auf die Energieverbraucher bewertet und zusätzliche Maßnahmen vorschlägt, um echte Vorteile zu erzielen;

    gut funktionierende langfristige freiwillige Vereinbarungen auf nationaler Ebene fortzuführen und auszubauen und sie auch auf den öffentlichen Sektor umzulegen;

    alle Interessenträger, d.h. Bürger, Unternehmen und Arbeitnehmer, umfassend einzubinden.

    2.   Einleitung

    2.1   Energieeffizienz steht im Mittelpunkt der Europa-2020-Strategie. Sie trägt zu allen drei Schlüsselzielen der Energiepolitik bei, namentlich Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Umwelt/Klimaschutz. Der Ausschuss hat das Ziel einer höheren Energieeffizienz stets unterstützt und sich in zahlreichen Stellungnahmen zu damit verbundenen Maßnahmen geäußert.

    2.2   Gegenstand dieser Stellungnahme sind zwei Initiativen. Der Ausschuss beschloss, 2011 eine Initiativstellungnahme zur Energieeffizienz zu erarbeiten, die insbesondere Verhaltensänderungen und Wegen zum Erfolg gewidmet ist. Nachdem die Europäische Kommission im März 2011 ihren neuen „Energieeffizienzplan 2011“ vorgelegt hatte, beschloss der Ausschuss, diesen Plan in ein und derselben Stellungnahme zu behandeln.

    2.2.1   Daher betreffen die Schlussfolgerungen und Empfehlungen sowie Ziffer 2 „Einleitung“ und Ziffer 4 „Allgemeine Bemerkungen zur Energieeffizienz“ beide Initiativen. In Ziffer 3 „Wesentlicher Inhalt der Mitteilung zum Energieeffizienzplan 2011“ und Ziffer 5 „Besondere Bemerkungen“ wird die Mitteilung zum Energieeffizienzplan und in Ziffer 6 „Maßnahmen für die Förderung von Verhaltensänderungen“ die Fragestellung behandelt, die der Initiativstellungnahme des Ausschuss zugrunde liegt. Die letzte Ziffer beruht vor allem auf Erkenntnissen aus der Anhörung am 18. Mai 2011.

    2.3   Im Jahr 2007 wurde der Bruttoinlandsenergieverbrauch für 2020 (abzüglich nichtenergetischer Nutzungen) mit 1 842 Mio. t RÖE (Rohölequivalente) veranschlagt, was sich in einem Einsparungsziel von 368 Mio. t RÖE übersetzt. Jüngsten Berechnungen zufolge wird für 2020 ein Energieverbrauch von 1 678 Mio. t RÖE prognostiziert. Laut den aktuellsten Statistiken aus dem Jahr 2008 beläuft sich der Bruttoenergieverbrauch im Binnenmarkt auf 1 685 Mio. t RÖE.

    2.4   Der Endenergieverbrauch im Jahr 2008 betrug 1 169 Mio. t RÖE. 25 % der Energie wurden in Privathaushalten und 12 % im Dienstleistungssektor verbraucht. In den Privathaushalten entfallen 67 % des Energieverbrauchs auf Raumheizung, 15 % auf Beleuchtung und Haushaltsgeräte, 14 % auf Warmwasserbereitung und 4 % auf Kochen. Der Anteil des Verkehrswesens am Energieverbrauch beträgt 32 %, der Industrie 27 % und sonstiger Verwendungszwecke 4 %.

    3.   Wesentlicher Inhalt der Mitteilung zum Energieeffizienzplan 2011

    3.1   Der frühere Energieeffizienzplan aus dem Jahr 2006 und anschließende rechtliche und sonstige Maßnahmen waren bereits erfolgreiche Impulsgeber für die Erhöhung der Energieeffizienz. Sie waren jedoch nicht dazu angelegt, das später festgelegte Ziel zu verwirklichen, den Primärenergieverbrauch bis 2020 um 20 % zu senken. Schätzungen zufolge wird die EU nur die Hälfte dieses 20 %-Ziels erreichen.

    3.2   Der neue Plan ist Teil der Leitinitiative Ressourcenschonendes Europa “ der Europa-2020-Strategie. Das Ziel sind Energieeinsparungen in Höhe von 20 % bis 2020. In diesem Plan werden die Ziele der Europäischen Kommission dargelegt, die durch Legislativ- und sonstige Vorschläge im Laufe dieses Jahres erreicht werden sollen, zunächst durch die Überarbeitung der Energiedienstleistungsrichtlinie und der KWK-Richtlinie (1).

    3.3   Die vollständige Durchführung vorhandener und neuer Maßnahmen kann nach Aussagen der Europäischen Kommission pro Jahr und Haushalt zu Einsparungen von bis zu 1 000 EUR führen, bis zu 2 Mio. Arbeitsplätze schaffen, die jährlichen Treibhausgasemissionen um 740 Mio. Tonnen senken und die industrielle Wettbewerbsfähigkeit Europas verbessern.

    3.4   Das größte Einsparpotenzial liegt im Gebäudesektor vor. Der Schwerpunkt liegt auf der Beschleunigung der Sanierung öffentlicher und privater Gebäude sowie der Verbesserung der Energieeffizienz der darin verwendeten Komponenten und Geräte:

    Einführung des verbindlichen Ziels, die Sanierungsrate für öffentliche Gebäude zu verdoppeln, um diese auf den Stand der besten 10 % des nationalen Gebäudebestands zu bringen; ab 2019 müssen alle neuen Gebäude „Niedrigstenergiegebäude“ sein;

    Förderung des Einspar-Contracting und Unterstützung des Bürgermeisterkonvents.

    3.5   Zur Verringerung des Energieverbrauchs in Wohngebäuden:

    Förderung der Nutzung von Fernwärme und Fernkühlung;

    rechtliche Bestimmungen zur Bewältigung des Problems getrennter Anreize (Eigentümer/ Mieter);

    Förderung von Schulungsmaßnahmen, um den 50 % höheren Bedarf an Sanierungsfachkräften zu decken;

    Unterstützung bei der Beseitigung von Markthindernissen für Energiedienstleistungsunternehmen.

    3.6   Zur Verbesserung der Energieeffizienz im Energiesektor (auf den 30 % des Primärenergieverbrauchs entfallen):

    verbindliche Vorschrift zum Erreichen der Werte der besten verfügbaren Technologien für neue Anlagen sowie für bestehende Anlagen im Zuge der Verlängerung ihrer Genehmigung;

    verpflichtende Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) für neue thermische Stromerzeugungsanlagen bei ausreichender potenzieller Nachfrage und vorrangiger Netzzugang für KWK-Strom zu Stromverteilernetzen;

    bessere Berücksichtigung der Energieeffizienz seitens der nationalen Netzregulierer bei ihren Entscheidungen und bei der Überwachung des Managements;

    Einführung eines nationalen Systems verpflichtender Energieeinsparungen in allen Mitgliedstaaten (Weiße Zertifikate?).

    3.7   Neue Maßnahmen für die verarbeitende Industrie:

    Ermutigung der Mitgliedstaaten, Informationen für KMU bereitzustellen und Anreize zu entwickeln (Steuern, Finanzierung);

    verpflichtende regelmäßige Energieaudits für große Unternehmen und Anreize für die Einführung eines Energiemanagementsystems;

    Ökodesign-Anforderungen für industrielle Standardausrüstungen wie Industriemotoren, Großpumpen, Druckluft-, Trocknungs-, Schmelz-, Guss- und Destillationsausrüstungen und Öfen;

    Förderung freiwilliger Vereinbarungen, die auf klaren Zielvorgaben, Methoden, Mess- und Überwachungssystemen beruhen.

    3.8   Die Europäische Kommission wird außerdem die Entwicklung, Erprobung und Einführung neuer energieeffizienter Technologien weiter fördern.

    3.9   Die Finanzierung von Energieeffizienzmaßnahmen zur Überwindung von Markt- und Regulierungshindernissen erfolgt in erster Linie durch die Mitgliedstaaten. Als Ergänzung dazu fördert die EU ihrerseits Energieeffizienz mittels der Programme der Kohäsionspolitik, des Programms „Intelligente Energie – Europa“, Intermediäre, des Europäischen Konjunkturprogramms und des Rahmenprogramms für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration. Im Zuge der Ausarbeitung des nächsten Mehrjahresfinanzrahmens wird die Europäische Kommission weitere Optionen prüfen.

    3.10   In Bezug auf die Verbraucher will die Europäische Kommission die besten Lösungen ermitteln und Konsultation durchführen, um die Verhaltensänderungen herbeizuführen. Außerdem will sie:

    strengere Verbrauchsstandards für verschiedene Haushaltsgeräte einführen;

    die Marktakzeptanz effizienterer Gebäudekomponenten erleichtern, z.B. durch die Anwendung der Ökodesign- oder Kennzeichnungsrahmenvorschriften auf Fenster sowie von Ökodesign und Energiekennzeichnung auf ganze Systeme;

    bessere Informationen über den Energieverbrauch mittels Rechnungen usw. zur Verfügung stellen, die verpflichtende Bereitstellung von intelligenten Stromzählern für mindestens 80 % der Endkunden bis 2020 einführen (wenn diese Maßnahme durch eine positive nationale Kosten-Nutzen-Analyse gestützt wird) und neue intelligente Energiesparsysteme entwickeln (wobei die personenbezogenen Daten geschützt bleiben müssen);

    Energieetikette (Energieausweise) sowie Gebäude- und Gerätenormen einführen, die die Vorbereitung der Geräte und Gebäude auf den Anschluss an intelligente Netze widerspiegeln.

    3.11   Trotz der höchsten Energieverbrauchszuwachsrate ist das Verkehrswesen in diesem Plan nicht berücksichtigt, da die Vorlage des Verkehrs-Weißbuches (das letztlich im April 2011 veröffentlicht worden ist) abgewartet wurde.

    3.12   Die nationalen Aktionspläne für Energieeffizienz sollen dahingehend erweitert werden, dass sie die gesamte Energiekette umfassen. Berichterstattung und Überwachung werden in die Ex-ante-Politikkoordinierung im Rahmen der Europa-2020-Strategie aufgenommen (Schlagwort „Europäisches Semester“).

    3.13   Die Europäische Kommission schlägt derzeit keine verbindlichen nationalen Ziele vor. Sie wird zunächst 2013 die Entwicklungen bewerten und derartige verbindliche nationale Ziele nur vorschlagen, falls das 20 %-Ziel voraussichtlich nicht erreicht werden kann. Der Energieeffizienzplan enthält einige (vorstehend beschriebene) sektorspezifische Ziele.

    4.   Allgemeine Bemerkungen zur Energieeffizienz

    4.1   Der Ausschuss begrüßt den Kommissionsvorschlag für einen neuen Energieeffizienzplan, der nun mit großer Verspätung endlich vorgelegt wurde. Er unterstützt das Ziel der Mitteilung, möchte jedoch in dieser Stellungnahme einige Bemerkungen vorbringen sowie auch Klarstellungen seitens der Europäischen Kommission erhalten. Der Ausschuss sieht den Legislativ- und sonstigen Vorschlägen zur Umsetzung dieses Plans mit Interesse entgegen und wird detailliert dazu Stellung nehmen. Energieeffizienz und Energieeinsparungen hängen in erster Linie vom Engagement der Bürger, Unternehmen und Arbeitnehmer ab; daher ist eine umfassende Konsultation und Teilhabe der Zivilgesellschaft besonders wichtig.

    4.2   In der aktuellen Wirtschaftslage mit begrenzten öffentlichen Mitteln, hoher Arbeitslosigkeit und einem allgemein fehlenden Investitionsvertrauen ist dies kein leichtes Unterfangen, selbst wenn es relativ kurzfristig Vorteile bringen könnte. Oberstes Ziel muss eine umfassende, nachhaltige und langfristige Entwicklung hin zu einer weitaus höheren Energieeffizienz sein. Wird nur auf kurzfristige Ziele gedrängt, bringt dies möglicherweise keine nachhaltigen Ergebnisse.

    4.3   Die Wahl der Maßnahmen ist ausschlaggebend für die Erzielung tatsächlicher Ergebnisse. Der EWSA vertritt die Auffassung – die er im Übrigen bereits 2008 in seiner Stellungnahme zur Energieeffizienz (2) vertreten hat –, dass freiwillige Vereinbarungen mit einzelstaatlichen Akteuren sinnvoll sind, aber bei jedweden Vereinbarungen im Falle des Nichterreichens der festgelegten Ziele verbindliche Regelungen eingeführt werden. In vielen Fällen ist Regulierung unvermeidlich, allerdings nur, wenn positive Anreize wirkungslos bleiben. Es gilt, wann immer möglich den sozialen und zivilen Dialog zu führen und zusätzliche Verwaltungshürden für alle, insbesondere KMU, zu vermeiden.

    4.4   Die Situation ist insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten paradox: Sie weisen das größte Energieeffizienzpotenzial auf, doch verfügen sie über die geringsten wirtschaftlichen Ressourcen. So müssen beispielsweise dringend Lecks in den Fernwärmesystemen behoben werden. Außerdem muss eine hohe Qualität im Gebäude- und im Haushaltsgerätesektor gewährleistet werden. Die Regierungen müssen im längerfristigen Interesse der Allgemeinheit handeln. Die Strukturfonds sollten besser genutzt werden.

    4.5   Bei der Debatte über Energieeffizienz und Energieeinsparungen sollten einige grundlegende Aspekte berücksichtigt werden.

    4.5.1   Eine höhere Energieeffizienz bedeutet weniger eingesetzte Energie pro gewonnene Energieeinheit. Dies wird vor allem durch ausgefeiltere Technologien erreicht. Investitionen in neue technologische Lösungen wirken sich nachhaltig über deren gesamte Lebensdauer aus. Es geht allerdings nicht nur darum, die Technologien zu entwickeln, sie müssen auch in der Praxis eingesetzt werden.

    4.5.2   Trotz einer Verbesserung der Energieeffizienz kann der Energieverbrauch auch in Zeiten wirtschaftlicher Einschränkungen aufgrund eines höheren Einkommens, einer zunehmenden Zahl an Haushalten mit höherem Lebensstandard und einer größeren Zahl an Elektrogeräten, stärkerer Reisetätigkeit usw. weiter steigen.

    4.5.3   Energieeinsparungen bedeuten eine geringere Energienutzung, insbesondere durch Verhaltensänderungen. Insbesondere hier muss der Hebel angesetzt werden. Für echte Fortschritte sollten diese Veränderungen dauerhaft sein, doch können sie leicht durch den so genannten Rebound-Effekt zunichte gemacht werden. Der Ausschuss betont, dass die Beweggründe und Muster für menschliches Verhalten umfassender und eingehender betrachtet werden müssen. Welche Art von Anreizen können Menschen wirklich zu einer Verhaltensänderung bringen? (Siehe auch Ziffer 6).

    4.5.4   Energieeinsparungen können auch das Ergebnis verminderter Wirtschaftstätigkeit sein, wie die jüngste Finanzkrise gezeigt hat. Die Erhöhung der Energieeinsparungen sollte der wirtschaftlichen Entwicklung, dem sozialen Wohlergehen und der Lebensqualität zuträglich sein. Ziel ist es, das Wirtschaftswachstum von der Zunahme des Energieverbrauchs abzukoppeln.

    4.5.5   Ferner müssen die Auswirkungen der mit den Energieeffizienzmaßnahmen verbundenen Kosten auf die von den Verbrauchern zu zahlende Rechnung bewertet und begrenzt werden, um nicht den Zugang der Verbraucher zur Energieversorgung zu erschweren und die Energiearmut noch weiter zu verschärfen. Es ist von größter Bedeutung, ein optimales Gleichgewicht zwischen Kosten und Nutzen der Energieeffizienz zu erreichen, damit der Universaldienstcharakter und der Zugang der Verbraucher zur Energieversorgung nicht gefährdet werden.

    4.6   Die Messung der Ergebnisse der Energieeffizienzmaßnahmen ist eine heikle Frage. Es ist verwunderlich, dass die Europäische Kommission diese Frage vollkommen ausklammert, selbst in ihrer Folgenabschätzung. Vielfach werden die Maßnahmen selbst und ihr theoretisches Potenzial als Ergebnisse geführt. Die echten aggregierten Ergebnisse, d.h. die Änderungen gegenüber dem prognostizierten Energieverbrauch, liegen erst erheblich später vor. Außerdem sind auch Statistiken immer erst mit großer Verzögerung verfügbar; so stammen die derzeit aktuellsten Daten aus dem Jahr 2008.

    4.7   Die Grundlagen für die Annahme, dass die EU bis 2020 die Hälfte des 20 %-Ziels erreichen wird, sind ebenfalls nicht wirklich klar. Offenbar beruht sie auf verschiedenen Quellen und Berechnungen, in denen die jüngste Wirtschaftskrise berücksichtigt wurde. Ist dies jedoch ein Mittelwert oder die optimistischste bzw. pessimistischste Annahme?

    4.8   Nach Meinung des Ausschusses fallen Energieeffizienz und Energieeinsparungen aufgrund des umfangreichen Potenzials vor Ort, das von lokalen Gegebenheiten und Gewohnheiten bestimmt wird, in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Der Ausschuss unterstreicht ausdrücklich die Bedeutung umfassender und ehrgeiziger nationaler Aktionspläne für Energieeffizienz. Er weist darauf hin, dass die Pläne künftig stärker strategisch ausgerichtet werden sollten und bei ihrer Erarbeitung und Evaluierung den Konsultationen mit der Zivilgesellschaft Rechnung zu tragen ist. Zudem begrüßt er den neuen Ansatz für Berichterstattung und Überwachung. Die Mitgliedstaaten sollten sich nicht aus dieser Verantwortung stehlen können. Die Europäische Kommission sollte dazu beitragen, diese Verantwortung der Mitgliedstaaten zu stärken und einen gemeinsamen Rahmen für diese Tätigkeiten zu schaffen.

    4.9   Der Ausschuss teilt die Ansicht der Europäischen Kommission in Bezug auf die diesbezügliche Rolle der EU, die sich aus Artikel 194 Absatz 1 AEUV ergibt, d.h. kurz zusammenfasst: Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt; gemeinsamer Rahmen für Mechanismen, aber Entscheidungsfreiheit über konkrete Zielsetzungen für die Mitgliedstaaten in Koordinierung mit der EU-Ebene; Plattform für den Austausch bewährter Verfahren und Aufbau von Kapazitäten; Finanzierung durch EU-Instrumente; Förderung der internationalen Vorreiterrolle der EU.

    4.10   Sämtliches Potenzial für die Erhöhung der Energieeffizienz muss ausgeschöpft werden. Um innerhalb einer vertretbaren Zeit ohne hohen Kostenaufwand greifbare Ergebnisse zu erzielen und dadurch die Beteiligten zu motivieren, sollten Maßnahmen zunächst auf die Bereiche ausgerichtet werden, in denen das kosteneffizienteste und größte Potenzial vorhanden ist.

    4.11   In Bezug auf die vorgeschlagenen Maßnahmen unterstützt der Ausschuss die Ausweitung der Anforderungen für Ökodesign und Energiekennzeichnung, allerdings muss zunächst die Funktionsweise des neuen Kennzeichnungssystems bewertet werden (siehe Ziffer 6.8). Er unterstützt ebenfalls Maßnahmen, um Investitionen in Gebäudesanierung und -umrüstung zu erleichtern. Er empfiehlt jedoch, die Sektoren zu untersuchen, in denen langfristige freiwillige Vereinbarungen effizient genutzt werden können.

    4.11.1   Die Umsetzung sämtlicher Maßnahmen muss unter Abwägung der Kosteneffizienz und der unterschiedlichen Bedingungen durchgeführt werden. Weder Privathaushalte noch Unternehmen noch der öffentliche Sektor sollten über Gebühr belastet werden. Höhere Energiepreise und weitere damit verbundene Kosten führen theoretisch zwar zu einer Senkung des Energieverbrauchs, in der Praxis bergen sie jedoch die Gefahr der Energiearmut, da die Preiselastizität der Haushalte bekanntlich niedrig ist. Darüber hinaus sind die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Arbeitsplätze in Gefahr. Diese Tatsache liegt zwar eigentlich auf der Hand, doch muss sie angesichts einiger Kommissionsvorschläge, die in der folgenden Ziffer erörtert werden, offenbar bekräftigt werden.

    4.11.2   Der Ausschuss wiederholt seine Bedenken bezüglich der finanziellen und der sonstigen Auswirkungen einiger dieser Maßnahmen für die Verbraucher. Die Politik muss auf die langfristigste und nachhaltigste Lösung für Energiearmut ausgerichtet sein, und zwar die radikale Verbesserung der Energieeffizienznormen für Gebäude, insbesondere die Gebäude, in denen einkommensschwache und bedürftige Haushalte wohnen.

    4.11.3   Wie die Europäische Kommission betont, gibt es in zahlreichen Mitgliedstaaten wirksame Programme, von denen einige bereits seit Jahren bzw. sogar Jahrzehnten sehr erfolgreich laufen. Nach Ansicht des Ausschusses sollte diese Programme vorzugsweise fortgeführt und – wo sinnvoll – ausgebaut werden, anstatt sie als überholt abzustempeln und ausschließlich neue Maßnahmen zu fördern.

    5.   Besondere Bemerkungen

    5.1   Der Ausschuss stimmt dem Vorschlag zu, den öffentlichen Sektor zum Vorreiter und für Unternehmen und Haushalte nachahmenswertem Vorbild zu machen. Allerdings könnte sich die Bestimmung, die Sanierungsrate für öffentliche Gebäude zu verdoppeln, trotz all ihrer positiven Wirkung als eine zu große Belastung erweisen. Außerdem muss der Begriff „öffentliches Gebäude“ geklärt werden.

    5.2   Die Maßnahmen zur Erhöhung von Energieeffizienz und Energieeinsparungen in Privathaushalten sind zu begrüßen. Der Ausschuss hat 2008 (3) detaillierte Empfehlungen zu Maßnahmen, insbesondere steuerlichen Anreizen, für die Energieeffizienz von Gebäuden vorgelegt. Er bekräftigt die Notwendigkeit eines besseren Verständnisses des menschlichen Verhaltens für die Gestaltung der besten Anreize, die nicht unbedingt immer wirtschaftlicher Natur sein müssen (siehe Ziffer 6.5 und 6.5.1).

    5.3   Der Ausschuss unterstützt das Ziel der Erhöhung der Energieeffizienz bei der Erzeugung von Wärme und Strom, erachtet jedoch einige der vorgeschlagenen Bestimmungen als möglicherweise zu schwerwiegend und ineffizient.

    5.3.1   Die Energiewirtschaft sollte an sich ausreichend wirtschaftliche Anreize für Versorgungsbetriebe bieten, um in die energieeffizientesten verfügbaren und einsatzbereiten Technologien zu investieren und dadurch massive Eingriffe seitens der öffentlichen Hand zu vermeiden. Bahnbrechende technologische Neuentwicklungen, die noch nicht ausgereift und sehr kostspielig, also in der Praxis noch nicht wirklich auf dem Markt verfügbar sind, sollten vor einer Förderung ihrer Übernahme durch die Nutzer zunächst im Hinblick auf ihre Weiterentwicklung unterstützt werden.

    5.3.2   Der Ausschuss unterstreicht die Rolle der KWK als hocheffiziente Art der Wärme- und Energieerzeugung. KWK wird bereits erfolgreich großflächig in Europa eingesetzt, sie weist jedoch noch ein gewisses ungenutztes Kosteneinsparungspotenzial auf. Fernwärme und Fernkühlung können in Europa potenziell noch stark ausgebaut werden, allerdings sollten diesbezüglich Verpflichtungen sorgsam überdacht und nicht in ein paar Jahren wieder aufgehoben werden, da diese Systeme sehr kostenintensiv sind. Ein gesicherter Netzzugang für KWK-Strom kann eine sinnvolle Maßnahme zur Unterstützung eines kostenwirksamen Ausbaus zentraler und dezentraler KWK-Systeme sein.

    5.4   Der Ausschuss stimmt mit der Europäischen Kommission überein, dass Energieeffizienz ein vielversprechender Wirtschaftssektor ist, dessen Entwicklung jedoch durch die Förderung der Nachfrage und nicht in erster Linie des Angebots unterstützt werden sollte. Versorgungsbetriebe sollten auf alle Fälle verpflichtet werden, viel bessere Informationen, auch auf Rechnungen, zu erteilen, als dies derzeit häufig der Fall ist. Der Ausschuss hat bereits in seiner Stellungnahme zur Energiedienstleistungsrichtlinie (4) Zweifel an Energieeinsparverpflichtungen für Versorgungsbetriebe geäußert, da eine derartige Maßnahme jedweder wirtschaftlichen Logik entbehrt.

    5.4.1   In Bezug auf Weiße Zertifikate schlägt der Ausschuss vor, dass die Europäische Kommission zunächst eine eingehende Analyse der bestehenden Systeme unter Berücksichtigung der Erfahrungswerte vornimmt und dabei ihre Gesamtauswirkungen und Durchführbarkeit in Verbindung mit den Binnenmarkt- und sonstigen geltenden Rechtsvorschriften bewertet.

    5.5   Die Europäische Kommission hält fest, dass die Fortschritte im Bereich Energieeffizienz in der verarbeitenden Industrie (mit einer Verbesserung der Energieintensität von 30 % in 20 Jahre) am größten waren. Darüber hinaus sind EU-Maßnahmen wie das Emissionshandelssystem (EHS) bereits auf energieintensive Industrien ausgerichtet. Es ist allerdings nicht klar, was die Europäische Kommission unter „großen Unternehmen“ versteht: große Energieverbraucher wie energieintensive Industrien oder alle Großbetriebe? Der Ausschuss unterstützt jedenfalls die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von KMU.

    5.5.1   Es gibt immer Verbesserungsmöglichkeiten. Um diese auszuschöpfen empfiehlt der Ausschuss zusätzlich die Nutzung langfristiger freiwilliger Vereinbarungen. In einigen Fällen gibt es zwar sicherlich noch ein außergewöhnlich großes Einsparungspotenzial. Hat eine Minderheit in einer Branche etwa ihr Energieeinsparpotenzial noch nicht ausgeschöpft, so rechtfertigt dies jedoch keinesfalls neue verpflichtende Maßnahmen für eine ganze Branche. Ungenutztes Energieeinsparungspotenzial sollte direkter und zielgerichteter angegangen werden. Energieaudits und Energiemanagement-Systeme sind bereits weit verbreitet und werden immer stärker genutzt. Sie sind in der Regel Teil der Verpflichtungen im Rahmen von freiwilligen Vereinbarungen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Möglichkeit der Gewährung staatlicher Beihilfen aufrecht zu erhalten - und für verpflichtende Maßnahmen sind Beihilfen laut EU-Vorschriften verboten.

    5.5.2   Die Ausweitung der Ökodesign-Anforderungen auf industrielle Standardausrüstungen ist sicherlich sinnvoll, doch dürfen dadurch weder verbreitete maßgeschneiderte Lösungen noch die Innovationsbereitschaft von Unternehmen beeinträchtigt werden.

    5.6   Der Ausschuss stimmt mit der Europäischen Kommission überein, dass die Nutzung von IKT wie intelligente Messung und zahlreiche damit verbundene Anwendungen noch ein großes Potenzial für Energieeinsparungen birgt. Dies ist ein vielversprechender Bereich für europäische Innovation, der in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Interessenträgern auf Hochtouren entwickelt werden sollte.

    5.7   Der Ausschuss hat bereits seine Bedenken über verbindliche Gesamtziele für die Energieeffizienz zum Ausdruck gebracht und die Untersuchung der Machbarkeit von sektorspezifischen Zielen auf Einzelfallbasis empfohlen. Erfreulicherweise folgt die Europäische Kommission bislang dieser Empfehlung. Sämtliche Anstrengungen sollten auf Maßnahmen ausgerichtet werden, mit denen echte Fortschritte erzielt werden.

    5.8   Der Ausschuss bedauert, dass die Europäische Kommission die Frage der Energieeffizienz im Dienstleistungssektor wie Einzelhandel, Freizeit und Sport mit Ausnahme vom Gebäudewesen nicht aufgreift. Außerdem wird auch die externe Dimension der Energieeffizienz nur am Rande erwähnt, ohne näher darauf einzugehen. Der Ausschuss hat in jüngster Vergangenheit in zwei Stellungnahmen Empfehlungen zur externen Dimension der EU-Energiepolitik einschl. Energieeffizienz ausgesprochen (Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu den „Energieaußenbeziehungen der EU“, ABl. C 182 vom 4. August 2009, S. 8, und zum Thema „Energieversorgung: Wie muss eine Nachbarschaftspolitik aussehen, die die Versorgungssicherheit der EU gewährleistet?“ (CESE 541/2011)).

    6.   Maßnahmen für die Förderung von Verhaltensänderungen

    6.1   Im Mittelpunkt zahlreicher Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz steht die Angebotsseite, nicht zuletzt in dem neuen Kommissionsplan, der die gesamte Energiekette erfasst. Überall werden technische Entwicklung, Mindestleistungsanforderungen sowie Kennzeichnungs- und Zertifizierungsanforderungen gefördert, und es sind weitere Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene vorgesehen. Allerdings reichen diese Bemühungen alleine nicht aus, um effektive Ergebnisse zu bringen, da viel vom Verhalten der Bürger und Unternehmen abhängt. Daher ergreift der Ausschuss nun die Initiative, das Augenmerk auf die Nachfrageseite und auf praktische Erfahrungen mit Maßnahmen zur Förderung von Verhaltensänderungen zu lenken.

    6.1.1   Zu diesem Zweck hat der Ausschuss am 18. Mai 2011 eine Anhörung veranstaltet. Das Programm der Anhörung und die Präsentationen können in seinem Internetportal abgerufen werden (5). Dieser Abschnitt baut auf den Präsentationen und Diskussionen im Rahmen dieser Anhörung auf.

    6.2   Es besteht ein umfangreiches Energieeinsparungspotenzial, für das keine Investitionen erforderlich sind. So können die Bürger zu Hause ganz einfach das Licht in nicht benutzten Räumen ausschalten, die Raumtemperatur senken, Elektrogeräte nicht im Bereitschaftszustand lassen, weniger oft ihr Privatfahrzeug benutzen oder auch einen ökonomischeren Fahrstil (Eco-Driving) pflegen. In Unternehmen haben Audits im Rahmen von freiwilligen Vereinbarungen gezeigt, dass ähnliche Maßnahmen ergriffen werden können.

    6.2.1   Der Ausschuss kann selbst mit einem guten Beispiel für eine erfolgreiche freiwillige Maßnahme aufwarten. In einer vor Kurzem durchgeführten EMAS-Bewertung der Gebäude von EWSA und AdR wurde festgehalten, dass der Stromverbrauch von 2008 bis Dezember 2010 um 10,6 % und der Gasverbrauch um 30,3 % verringert werden konnte.

    6.3   Information und Sensibilisierung sind die ersten Schritte, um diese einfachen Maßnahmen in die Tat umzusetzen, gefolgt von weiteren Etappen, die allerdings ein gewisses Investitionsvolumen erfordern. Erfahrungen u.a. des dänischen Versorgungsunternehmens SEAS-NVE zeigen, dass Informationen gezielt auf die unterschiedlichen Werte, Vorlieben und Anforderungen der Nutzer ausgerichtet werden müssen, um wirksam zu sein. Hierfür ist ein tieferes Verständnis des menschlichen Verhaltens erforderlich, wobei die Verhaltenspsychologie von großer Bedeutung ist.

    6.3.1   Um sich in der Fülle an Informationen besser zurechtfinden zu können, brauchen die Energienutzer Unterstützung beim Vergleich der Merkmale der verschiedenen Geräte und Maßnahmen. Ein Beispiel für eine derartige Unterstützung ist die „Topten“-Website des WWF, die dieser in Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen unterhält und die in ganz Europa zur Verfügung steht.

    6.3.2   Die Stadien „Desinteresse – Absichtslosigkeit – Absichtsbildung – Vorbereitung – Handlung – Aufrechterhaltung“ sind aus Erfahrung der Energiewendestädte des „Transition Town Movement die Schritte der Bürger“ auf dem Weg zu Energieeinsparungen. Für ein tatsächliches Handeln muss auch das Bewusstsein vorhanden sein, dies alleine reicht jedoch nicht aus.

    6.3.3   Laut einer vor Kurzem veröffentlichten Studie der OECD sind preisliche Anreize in Form von billigeren Geräten der Hauptmotivationsgrund für die Senkung des Energieverbrauchs in Privathaushalten, wohingegen umfassendere praktische Informationen und die Anpreisung von Umweltvorteilen weitaus weniger Anreizwirkung haben.

    6.4   Die politischen Entscheidungsträger dürfen daher nicht nur auf Informations- und Sensibilisierungskampagnen oder umweltpolitische Aufklärung setzen, um Fortschritte bei Energieeffizienz und Energieeinsparungen zu erzielen. Die Verbraucher und andere Energienutzer müssen Vorteile aus ihrem Handeln ziehen können, beispielsweise in Form einer unmittelbar niedrigeren Stromrechnung. Andernfalls sind Anreize erforderlich.

    6.5   Steuersenkungen, Garantien, Direkthilfen usw. sind mögliche wirtschaftliche Anreize, die zwar notwendig sind, aber mit großer Umsicht angewendet werden sollten, insbesondere angesichts der derzeitigen Zwänge für die Staatshaushalte. So sollten Fördermittel beispielsweise eher in die Weiterentwicklung der neuesten, sehr kostspieligen Technologien fließen, um diese zu einem niedrigeren Preis anbieten zu können, als in Anreize, damit Nutzer in diese Technologien investieren.

    6.5.1   Die EU-Strukturfonds könnten einen größeren und wirksameren Beitrag leisten, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten, wo ein großes Potenzial vorhanden und Förderung dringend notwendig ist. Die Europäische Kommission sollte die Gründe für die geringe Nutzung der vorhandenen Ressourcen untersuchen und gegebenenfalls die Finanzierungsvorschriften überarbeiten. Offenbar ist der Anteil der EU-Finanzierung vielfach zu gering, um als Anreiz wirken zu können.

    6.6   Selbst sehr kleine Anreize können große Wirkung zeigen. So können positives Feedback in Form eines Schreibens zur Anerkennung der Bemühungen oder ein Erfolg in einem lokalen Wettbewerb oftmals schon ausreichen. Gesellschaftlicher Druck in der Nachbarschaft ist ebenfalls ein guter Anreiz. Oftmals ist auch eine Empfehlung von Freunden der entscheidende Faktor. Soziale Medien könnten zur Verstärkung dieser Art von Anreizen genutzt werden. Derartige Phänomene, so genannte „nudges“ – ein Anstoß, ein Hinweis, ein „Schau mal“ – müssen eingehender untersucht und entwickelt werden.

    6.7   Im Gebäudesektor wird die Energieeffizienz neuer Gebäude durch Rechtsvorschriften geregelt. In diesem Zusammenhang muss auch das Problem getrennter Anreize (Eigentümer/Mieter) angegangen werden.

    6.7.1   In Bezug auf den Gebäudebestand herrschen Zweifel an den finanziellen Auswirkungen von Investitionen in Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz: Die Ergebnisse werden immer noch vom Verhalten beeinflusst, und der Marktwert der Investitionen ist unklar. Bauunternehmen sollten diese Zweifel z.B. durch hohe Energieeffizienz-Garantien ausräumen. Die Regierungen sollten zusätzlich zu Sensibilisierungsmaßnahmen eine beständige Linie in ihrer Politik verfolgen und finanzielle Anreize bereitstellen.

    6.7.2   Für einkommensschwache Haushalte sollte diese Verbesserung kostenlos sein und nicht durch Darlehen finanziert werden, da viele einkommensschwache Haushalte Darlehen häufig ablehnend gegenüber stehen bzw. sich diese nicht leisten können. Eine straßen- bzw. viertelweise Gebäudesanierung ist oftmals kosteneffizienter.

    6.7.3   Die Zertifizierung der Energieeffizienz von Gebäuden ist eine positive Maßnahme, zumindest in der Theorie. In der Praxis hat sie jedoch zu zahlreichen Problemen geführt, von unqualifizierten Prüfstellen bis zum Fehlen eines echten Mehrwerts der Energieausweise auf dem Markt. Stichproben haben gezeigt, dass verschiedene Prüfstellen die Energieeffizienz ein und desselben Gebäudes äußerst unterschiedlichen bewerten. In der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden bleibt es den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie den Energiebedarf oder den Energieverbrauch als Maßstab anlegen. Dies gilt auch für die Energienorm EN 15217. Ein europaweiter Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden auf der Grundlage des berechneten Energiebedarfs und eine Überarbeitung der EN 15217 sind erforderlich. Die Europäische Kommission sollte die Anforderungen und das System für Zertifizierungen eingehend untersuchen und zumindest gemeinsame Prüfkriterien festlegen. Eine harmonisierte Berechnungsmethode für den Energieverbrauch von Gebäuden auf der Grundlage von Referenzgebäuden in verschiedenen Klimazonen ist eine zweckdienliche Lösung.

    6.7.4   Sowohl in Bezug auf Neubauten als auch die Renovierung bestehender Gebäude ist die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitnehmer in Design, Planung und Bau von grundlegender Bedeutung – und eine Schwachstelle. Es bedarf unverzüglich effektiver Maßnahmen zum Ausbau von Aus- und Fortbildung für alle Beteiligten, von den Architekten und Raumplanern bis hin zu den Bauarbeitern. Außerdem müssen die Lehrpläne angepasst werden, um den Anforderungen der Energieeffizienz Rechnung zu tragen.

    6.8   Betreffend Haushaltsgeräte ist die Energiekennzeichnung eine wichtige Maßnahme zur Information der Verbraucher, die bereits gute Ergebnisse geliefert hat und auch in Zukunft liefern könnte, selbst wenn das Potenzial bereits großteils ausgeschöpft wurde. Allerdings ist das überarbeitete System auch auf Kritik gestoßen, da es ist nicht klar genug ist und zu Fehlinterpretationen führen kann (z.B. kann die Energieeffizienzklasse „A+“ als Kennzeichnung für das höchste Leistungsniveau stehen). Darüber hinaus wurde seine Struktur auch nicht gründlich durch die Verbraucher getestet. Die Europäische Kommission sollte die Situation beleuchten und die notwendigen Anpassungen vornehmen.

    6.9   Die intelligente (Fern-)Messung des Energieverbrauchs setzt sich im Einklang mit den EU-Anforderungen rasch durch. Sie führt unbestritten zu einer Produktivitätssteigerung für die Energieunternehmen, die Vorteile für die Haushalte, die in erster Linie direkt oder indirekt hierfür bezahlen, sind jedoch nicht klar. Das Messgerät alleine bringt noch keine große Veränderung. Der Energieverbrauch sollte einfach und gut sichtbar abgelesen werden können. Hierfür stehen bereits zahlreiche innovative Lösungen zur Verfügung bzw. werden vom IT-Sektor entwickelt. Außerdem sollte die Anpassung des eigenen Energieverbrauchs einfach möglich sein (z.B. Ersuchen an das Energieunternehmen um Unterbrechung der Stromversorgung zu bestimmten Uhrzeiten usw.). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sollte die Europäische Kommission die Nutzung von intelligenten Messgeräten in den Mitgliedstaaten und ihre Auswirkungen auf das Verhalten der Bürger analysieren und gegebenenfalls geltende Bestimmungen ändern oder neue Maßnahmen vorschlagen, wobei die personenbezogenen Daten geschützt bleiben müssen.

    6.10   In der Industrie hat die Nutzung langfristiger freiwilliger Vereinbarungen überzeugende positive Ergebnissen in mehreren Mitgliedstaaten gebracht, z.B. in Finnland. In der Regel sind derartige Vereinbarungen an Anreize gebunden. Die finnischen Erfahrungen zeigen, dass selbst bei sehr geringen Anreizen die Teilnehmer durch das Wissen motiviert werden, dass im Falle eines Misserfolgs nur Rechtsvorschriften als Alternative in Frage kommen. Freiwillige Vereinbarungen könnten auch im öffentlichen Sektor eine wirksame Maßnahme sein, wie die jüngsten Entwicklungen in Finnland zeigen. Sektorspezifische Vereinbarungen auf EU-Ebene konnten ebenfalls Erfolge verzeichnen, sie haben jedoch nicht immer die erwarteten Ergebnisse gebracht. Es gibt keinerlei Grund, bestehende und gut funktionierende langfristige Vereinbarungen in den Mitgliedstaaten abschätzig einzustufen.

    6.11   Alles in allem müssen die Energieverbraucher ihr Verhalten grundlegend und dauerhaft ändern. Die Bürger als Verbraucher, Arbeitnehmer und Wähler sind die wichtigsten Akteure. Vorhaben können nur dann erfolgreich sein, wenn alle Interessenträger, d.h. nicht nur die Behörden und Unternehmen, sondern auch die Gewerkschaften und Verbraucher umfassend eingebunden werden.

    Brüssel, den 14. Juli 2011

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Staffan NILSSON


    (1)  ABl. L 114 vom 27. April 2006, S. 64; ABl. L 52 vom 21. Februar 2004, S. 50.

    (2)  ABl. C 77, 31.03.2009, S. 54.

    (3)  ABl. C 162 vom 25. Juni 2008, S. 62.

    (4)  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Endenergieeffizienz und zu Energiedienstleistungen“, ABl. C 120 vom 20. Mai 2005, S. 115.

    (5)  http://www.eesc.europa.eu/?i=portal.en.events-and-activities-energy-efficiency-changing-behaviour.


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