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Document 52008IE1685

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Brasilien

    ABl. C 100 vom 30.4.2009, p. 93–99 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    30.4.2009   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 100/93


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Brasilien“

    2009/C 100/15

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss auf seiner Plenartagung am 16. Januar 2008, gemäß Artikel 29 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung eine Initiativstellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten:

    „Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Brasilien“.

    Die mit den Vorarbeiten betraute Fachgruppe Außenbeziehungen nahm ihre Stellungnahme am 30. September 2008 an. Berichterstatter war Herr BARROS VALE, Mitberichterstatter Herr IULIANO.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 448. Plenartagung am 22./23. Oktober 2008 (Sitzung vom 22. Oktober) mit 116 Stimmen ohne Gegenstimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme:

    1.   Zusammenfassung

    1.1   In der vorliegenden Stellungnahme wird die Entwicklung der Beziehungen EU-Brasilien dargestellt und die aufstrebende politische und wirtschaftliche Rolle untersucht, die dieses Land mit immer größerem Nachdruck auf der internationalen Bühne spielt.

    1.2   Im Jahre 2007 wurde die neue strategische Zusammenarbeit EU-Brasilien (1) beschlossen, die im ersten Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs EU-Brasilien am 4. Juli 2007 einen konkreten Ausdruck fand. Der EWSA unterbreitet in der vorliegenden Stellungnahme seine Empfehlungen zu den Vorschlägen des gemeinsamen Aktionsplans, in dem die Inhalte für die strategische Zusammenarbeit entwickelt werden, u. a.: Mitwirkung und wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt, Wirtschafts- und Handelskooperation, Bildung, Forschung und Entwicklung, sozialer Dialog, Umwelt, Klimawandel und Biokraftstoffe, Einwanderung.

    1.3   Bezüglich der Rolle des EWSA wird in dieser Stellungnahme die Gründung eines Forums der Zivilgesellschaft EU/Brasilien vorgeschlagen, nach dem Beispiel der bereits bestehenden Diskussionsforen mit Indien und China. Sein Partner in diesem neuen Gremium wäre der Rat für wirtschaftliche und soziale Entwicklung Brasiliens (CDES), die mit dem EWSA vergleich-bare brasilianische Einrichtung, die im Jahre 2003 vom Staatspräsidenten Lula da Silva gegründet wurde. In der Stellungnahme werden Vorschläge für die künftige Zusammensetzung und Arbeitsweise dieses Diskussionsforums gemacht und die Themen genannt, die behandelt werden müssten; so wären wirtschaftliche, soziale und ökologische Fragen zu thematisieren, die multilateralen Beziehungen, die dreiseitige Zusammenarbeit EU-Brasilien mit Drittstaaten, die Rolle Brasiliens für die Integration des MERCOSUR und bei den Beziehungen EU-MERCOSUR.

    2.   Zweck der Stellungnahme

    2.1   Mit dieser Stellungnahme will der EWSA die Gründung eines Forums der Zivilgesellschaft EU-Brasilien, wie sie bereits mit China und mit Indien erfolgt ist, vorbereiten und seine Standpunkte dazu darlegen.

    2.2   Es ist darauf hinzuweisen, dass sich das geplante Diskussionsforum in die umfassende Strategie der EU eingliedert, die auch für die strategische Zusammenarbeit EU/Brasilien bestimmend ist, was aus den Schlussfolgerungen des Gipfeltreffens EU-Brasilien, das in Lissabon stattfand, deutlich hervorgeht; darin wird die Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Rat für wirtschaftliche und soziale Entwicklung Brasiliens als Teil der institutionellen Architektur der Beziehungen zwischen beiden Seiten ausdrücklich empfohlen (2).

    2.3   In der Stellungnahme werden der derzeitige Stand der Beziehungen EU-Brasilien, ihre Vorgeschichte und ihre Aussichten erörtert und dabei die Stellung Brasiliens gegenüber dem MERCOSUR und der internationalen Gemeinschaft unter besonderer Berücksichtigung derjenigen Aspekte behandelt, die direkt oder indirekt die Beziehungen des Landes zur EU auf den unterschiedlichsten Ebenen beeinflussen oder bestimmen.

    2.4   In dieser Initiativstellungnahme will der EWSA die künftige Arbeitsweise und die Hauptthemen umreißen, die seiner Ansicht nach das Diskussionsforum und seine Tätigkeit bestimmen sollten; sie soll als Beitrag der organisierten Zivilgesellschaft Europas zu dem Gipfeltreffen EU/Brasilien dienen, das im Dezember 2008 stattfinden soll und von dem die politische Zustimmung zur Gründung jenes Forums erwartet wird.

    3.   Aktionsrahmen

    3.1   Vorgeschichte

    3.1.1   Brasilien pflegt seit dem Ende der Kolonialzeit bis heute gute Beziehungen zu allen europäischen Staaten. Gleichwohl enthält der Gedanke, die Beziehungen zwischen der EU und Brasilien zu strukturieren, ein neues Element — nämlich dass es die EU selbst ist, die eine systematische und kontinuierliche Organisation der langfristigen Zusammenarbeit zwischen beiden geographischen Räumen zusammenführen, aufwerten und vertiefen will.

    3.1.2   Diese Annäherung ist das Ziel verschiedener Initiativen zugunsten ihrer Formalisierung auf verschiedenen Ebenen, wie etwa — auf der Ebene der organisierten Zivilgesellschaft — der institutionellen Vereinbarung, die im Juli 2003 zwischen dem EWSA und dem CDES geschlossen wurde, dem im Jahre 1992 bereits ein Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Föderativen Republik Brasilien vorangegangen war. Der CDES, mit dem der EWSA die Beziehungen weiter intensivieren will, besteht seit Mai 2003. Der Präsident Brasiliens ist gegenwärtig auch Präsident des Rates, der aus 102 Mitgliedern (3) besteht.

    3.1.3   Trotz der Bemühungen beider Seiten hat die Vertiefung der Beziehungen, insbesondere im wirtschaftlichen und sozialen Bereich, nicht die erwartete Entwicklung genommen, wenn-gleich alles darauf hinweist, dass im Jahr 2007 ein Wiederaufschwung der Beziehungen vor allem jenseits des kommerziellen Bereichs stattgefunden hat. Es gab verschiedene Initiativen (4), und die Arbeit dürfte infolge der strategischen Partnerschaft zwischen der EU und Brasilien, wie sie in der Mitteilung der Kommission vom Mai 2007 angeregt worden war, im Jahr 2008 noch weiter intensiviert werden. Es besteht freilich ein Missverhältnis zwischen der Intensität, mit der sich die bilaterale Integration seitens der einzelnen Mitgliedstaaten mit Brasilien im wirtschaftlichen und unternehmerischen Bereich entwickelt, und dem langsamen Rhythmus der allgemeineren Kooperation und in den übrigen Bereichen zwischen der EU und Brasilien. Die Investitionen der europäischen Staaten in Brasilien und deren kommerzielle und industrielle Zusammenarbeit und die Entwicklungshilfe sowie der Dialog zwischen den Sozialpartnern sind positive Vorzeichen, die eine eindeutigere und stärkere Rolle der Zivilgesellschaft rechtfertigen, um bei den wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen, die rascher vorangetrieben werden sollen, auch die soziale Dimension zu gewährleisten.

    3.1.4   Mit dem Gipfeltreffen von Lissabon am 4. Juli 2007 wurden endlich solide Grundlagen für eine institutionelle bilaterale Beziehung auf höchster politischer Ebene gelegt, indem Verfahren für dauerhafte Gespräche geschaffen wurden, die neue fruchtbare Beziehungen erhoffen lassen. Diese neue Phase wird mit einer Stärkung der politischen Dialoge in den einzelnen Sektoren, mit der Antwort auf verschiedene aktuelle und künftige globale Herausforderungen, der Ausweitung und Vertiefung des Handels und der Wirtschaftsbeziehungen und der Annäherung zwischen den Völkern Europas und Brasiliens einhergehen.

    3.1.5   Wie es in der Mitteilung der Kommission heißt, kann die strategische Partnerschaft EU-Brasilien erheblich dazu beitragen, die Führungsstärke Brasiliens in der Welt und der Region auszubauen. In diesem Sinn versteht sich die strategische Partnerschaft als eine Ergänzung und treibende Kraft für die regionale Integration, insbesondere des MERCOSUR, und für dessen Verhandlungen mit der Europäischen Union zugunsten eines Assoziierungsabkommens zwischen den beiden Regionen, aber auch für die Bewegung zur Errichtung einer Union der südamerikanischen Staaten (UNASUR).

    3.2   Hintergrund

    3.2.1   Brasilien ist aufgrund seiner Bevölkerungsstärke, der Größe seines Territoriums — es grenzt an fast alle übrigen südamerikanischen Staaten — und seiner Wirtschaft einer der wichtigsten Akteure auf dem internationalen Parkett und spielt fraglos eine wichtige Rolle beim Aufbau des MERCOSUR, in Lateinamerika generell und immer mehr auch bei den Welthandelsverhandlungen; seine Bedeutung als einer der wichtigen Akteure auf der Weltbühne (BRIC (5)) in diesem neuen Jahrhundert lässt sich also unschwer absehen. Brasilien, das sein Modell unter Berücksichtigung des europäischen Wirtschafts- und Sozialmodells entwickelt hat, spielte auch die wichtigste Rolle bei der Förderung der politischen und sozialen Dimension in der Strategien des MERCOSUR, die im übrigen viel Ähnlichkeit mit denjenigen haben, die bei der Integration der Europäischen Gemeinschaft verfolgt wurden.

    3.2.2   Angesichts der ambitionierten Ziele für die Beziehungen EU-Brasilien, insbesondere in Bezug auf die Themenbereiche wirtschaftliche und soziale Integration, erscheint eine Stärkung des Institutionenaufbaus in Brasilien erforderlich, damit eine Schnittstelle zwischen beiden Seiten vorhanden ist und sich die Effizienz und die Ergebnisse der von beiden Seiten angestrebten strategischen Partnerschaft optimieren lassen.

    3.2.3   Derzeit konzentrieren sich die Beiträge Brasiliens zu den Beziehungen zur EU auf Handels- und Wirtschaftsaspekte, wie etwa Biokraftstoffe, dreiseitige Entwicklungszusammenarbeit (EU, Brasilien und Entwicklungsländer), Standortbestimmung und Rolle an der Seite der EU bei den Fragen Klimawandel, Wissenschaft und Technologie.

    3.2.4   Die bilateralen Beziehungen zwischen Brasilien und den Mitgliedstaaten der EU, die durch die bereits so wichtige Position Brasiliens in der Welt bedingt sind, gehen bei weitem über Wirtschafts- und Handelsbeziehungen hinaus und sind in großem Maße auch darin begründet, dass in vielen europäischen Ländern bedeutende Gemeinden brasilianischer Einwanderer vorhanden sind. Denn es gibt seit Jahrhunderten Wanderungsbewegungen in beide Richtungen, was enge Bande zwischen Brasilien und zahlreichen EU-Mitgliedstaaten schuf.

    3.2.5   Das nächste Gipfeltreffen EU-Brasilien findet im Dezember 2008 in Rio de Janeiro statt und wird ein neuer Meilenstein sein — unabhängig vom Stand der Verhandlungen über das Abkommen EU-MERCOSUR. Die EU bringt folgende Vorschläge mit, von denen sie erwartet, dass sie in die Ausarbeitung eines gemeinsamen Aktionsplans eingehen, der spätestens auf dem diesjährigen Gipfeltreffen verabschiedet wird: Festlegung einer gemeinsamen Agenda, Stärkung des Multilateralismus, Verbesserung der Standards für die Menschenrechte, Demokratie und verantwortliche Regierungsführung, Förderung der sozialen und menschlichen Entwicklung, Umweltschutz, Energieversorgungssicherheit, Stabilität und Wohlstand in Lateinamerika, Festigung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen (Schwerpunkt: Probleme der Finanzmärkte), Informationsgesellschaft, Luft- und Seeverkehr, wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit, Förderung des Friedens und Austausch in den Bereichen Bildung und Kultur sowie zwischen den Zivilgesellschaften beider Seiten.

    3.2.6   Wenngleich die Festlegung eines eindeutigen Rahmens für die Beziehungen EU-Brasilien wichtig ist, liegt doch auf der Hand, dass die normalen Beziehungen nicht zwischen den „politischen Repräsentanten“ stattfinden, sondern vor allem über die vielfältigen Formen der Zivilgesellschaft. Es sind die Unternehmen, die Einrichtungen ohne Erwerbszweck in den unterschiedlichsten Ausprägungen, einzelne Bürger oder Gruppen, die die eigentlich treibende Kraft für die Entwicklung dieser Beziehungen bilden. Die Gewerkschaften und die Unternehmerverbände waren z. B. unabdingbar für die Reformen in Brasilien und sind es immer noch: die IAO hob in ihrem Bericht von 2006 über beide Amerika Brasilien hervor, weil sich dort Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz verbessert haben und sich die Gewerkschaften und Unternehmen darauf verständigt haben, der körperlichen Unversehrtheit der Arbeitnehmer vor bloßen Lohnforderungen Vorrang zu geben. Auch die NGO haben die nationalen Bemühungen zu einer Umlenkung von Ressourcen in die ärmsten Bevölkerungsgruppen und Wohngebiete unterstützt; dabei ging es nicht nur um die Bekämpfung der Armut, sondern auch um die Förderung des sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts mit Hilfe der Sozialpartner, der Genossenschaften und der NGO-Netzwerke, die sich über das gesamte Land spannen. Man kann von einem wirklich erfolgreichen Modell unter breiter Mitwirkung der Zivilgesellschaft sprechen, das vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP anerkannt ist. Dank der aktiven Mitarbeit der Gesellschaft gelang es, den Index der menschlichen Entwicklung in 5 000 Kommunen Brasiliens zu ermitteln. Ferner stellte die Europäische Kommission (6) fest, dass die EU im Jahre 2005 mit Hilfe der NGO vor Ort 37 Vorhaben (mit einem Gesamtvolumen von 24 Mio. EUR) durchgeführt hat: die Kommission hebt hervor, dass die Partner dieser Projekte verantwortungsbewusst, kompetent und fähig sind, den Herausforderungen zu begegnen und sich dem Wandel zu stellen.

    3.2.7   Die Möglichkeiten der auf den verschiedenen Ebenen vorhandenen Beziehungen zwischen der EU und Brasilien werden nicht vollständig genutzt, da es keine konkrete Förderpolitik zugunsten der portugiesischen Sprache gibt und Instrumente zur Sprachvermittlung fehlen.

    3.2.8   Auch die Förderung des touristischen Potenzials, sowohl der EU in Brasilien als auch Brasiliens in der EU, ist noch weit davon entfernt, das Potenzial der jeweiligen Märkte und ihrer Besonderheiten voll auszunutzen.

    3.3   Aussichten

    3.3.1   Mitwirkung und wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt. Die Weiterentwicklung und Konsolidierung der Demokratie sind Prioritäten der brasilianischen Politik. In diesem Rahmen ist die Stärkung der partizipativen Demokratie eine grundlegende politische Ausrichtung. Die partizipative Demokratie stützt sich auf die brasilianische Verfassung, und es wurden dazu verschiedene Verfahren geschaffen. Die organisierte Zivilgesellschaft und insbesondere der Rat für wirtschaftliche und soziale Entwicklung Brasiliens messen diesen Ausdrucksformen für die Bürger große Bedeutung bei.

    Brasilien ist dabei, Erfahrungen mit der Mitwirkung auf verschiedenen Ebenen zu sammeln, um die wichtigsten Programme für die Umverteilung von Mitteln und die soziale Unterstützung durchzuführen. Die EU hat ihrerseits in den vergangenen Jahrzehnten ein vergleichbares System entwickelt, um ihre Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts zu verwirklichen. Es ist von größtem Gewinn, diese beiden Erfahrungen miteinander zu vergleichen, vor allem, wenn man berücksichtigt, dass in Brasilien große regionale Asymmetrien bestehen, wenngleich sich der Gini-Koeffizient (7) verbessert hat. Es muss immer wieder betont werden, dass bei diesen Formen der Mitwirkung auch die Organisationen der Sozialpartner (Gewerkschaften und Arbeitgeber), die NGO und die nationalen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften einbezogen werden müssen. Nur auf diese Weise können Netzwerke von verantwortungsbewussten Akteuren geschaffen werden, die sich für die Politik der Entwicklung und des Ausgleichs mitverantwortlich fühlen.

    3.3.2   Zusammenarbeit in Industrie und Handel, das Problem Landwirtschaft. Es wird erforderlich sein, Strategien und Instrumente zur Unterstützung einer immer besseren Integration von Industrie und Handel zu entwickeln, ausgehend von den strategischen Sektoren, bei denen Brasilien und die EU in einem globalisierten Umfeld wettbewerbsfähig sind; ferner wird es wichtig sein, für die organisierte Zivilgesellschaft Bereiche der Mitwirkung und Überwachung zu schaffen, die es gestatten, Investitionstrends und die Ergebnisse der Zusammenarbeit zu verfolgen. Gegenwärtig ist Brasilien bereits einer der weltweit größten Exporteure von Lebensmitteln, und man ist dort davon überzeugt, dass auch die wachsende internationale Nachfrage auf diesem Gebiet gedeckt werden könnte, sofern Brasilien die erforderlichen externen Investitionen erhält. Es sei angemerkt, dass die Zunahme der landwirtschaftlichen Produktion eher durch eine Steigerung der Produktivität als durch eine Ausweitung der Agrarflächen erfolgt ist, was ein wichtiger Faktor für die Verringerung der Abholzung des Amazonaswaldes sein könnte. Die Schwierigkeiten, die im Rahmen der WTO-Verhandlungen (Doha-Verhandlungen und Vorstöße der G20) in den Diskussionen über die Subventionen für die landwirtschaftlichen Erzeuger und die Zolltarife für die Agrarerzeugnisse auftraten, sind Ausdruck der unterschiedlichen Interessen der EU und Brasiliens. Die Reform der GAP muss zugunsten größerer Gerechtigkeit und Ausgewogenheit beim Agrarhandel gestaltet werden. Ebenso wichtig ist die Einführung größerer Markttransparenz und einer besseren Lebensmittelsicherheit, um bei den Verbrauchern mehr Vertrauen zu schaffen.

    3.3.3   Zusammenarbeit im Bildungsbereich. Diesem Thema muss im Diskussionsforum besondere Beachtung geschenkt werden, zumal es zu den ausgewählten Prioritäten der Europä-ischen Kommission gehört. Der EWSA empfiehlt ebenfalls diese Priorität, wobei auf die europäischen Erfahrungen mit dem lebenslangen Lernen besonderer Nachdruck zu legen ist, das von den europäischen Sozialpartnern im Rahmen des sozialen Dialogs wie auch der Strategie zur Förderung von Arbeitsplätzen im Zusammenhang mit dem Luxemburg-Prozess gefördert wird. Dies könnte in der Form einer vorbildlichen europäischen Praxis geschehen, die auch für Brasilien zweckmäßig ist. Es ist zweifellos richtig, die Thematisierung der Hochschulbildung im Strategiepapier zu unterstützen, aber die Probleme, die Brasilien auf der Ebene der Grundschul- und Sekundarschulausbildung hat, sind ebenfalls schwerwiegend. Die Annäherung zwischen Brasilien und der EU kann in großem Maße über den Austausch zwischen Bildungsanstalten auf verschiedenen Ebenen erfolgen, insbesondere dem Schüler- und Lehreraustausch. Die großen Erfolge mit dem Austausch von Schülern und Studenten innerhalb der EU sollten — neben dem im Länderstrategiepapier 2007—2013 bereits geplanten Erasmus Mundus-Programm (das notwendigerweise begrenzt ist) — als Grundlage für ähnliche Programme dienen, an denen EU und Brasilien beteiligt sind und die in Zukunft eine noch größere Annäherung und bessere gegenseitige Kenntnis fördern.

    3.3.4   Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Entwicklung. Im Bereich Forschung und Entwicklung gibt es wegen der unterschiedlichen besonderen Schwerpunkte, die die jeweiligen wissenschaftlichen und technologischen Gemeinden setzen, und den Prioritäten aufgrund der Optionen der beiden unterschiedlichen Ökonomien und Kulturen wichtige gegenseitige Ergänzungen und Synergien. Die EU sollte insbesondere die Möglichkeiten für einen reibungslosen Austausch — „fast track“ — für brasilianische Wissenschaftler im Rahmen des 7. FuE-Rahmenprogramms prüfen.

    3.3.5   Sozialer Dialog in den europäischen multinationalen Unternehmen, die in Brasilien operieren. Die europäischen Betriebsräte — Instrumente der Unterrichtung und Konsultierung der Arbeitnehmer in den europäischen multinationalen Unternehmen — sind ein weiteres Beispiel für vorbildliche europäische Verfahren, die freiwillig oder im Rahmen der sozialen Unternehmensverantwortung von den europäischen multinationalen Unternehmen angenommen werden könnten, die in Brasilien operieren.

    3.3.6   Umwelt, Klimawandel und Biokraftstoffe. Zu einem Zeitpunkt, wo einerseits die Bekämpfung des Klimawandels und andererseits die Suche nach nachhaltigen und weniger umweltbelastenden Energiequellen zu den ersten Prioritäten der internationalen Agenda gehört, kann Brasilien für Europa und die übrige Welt ein wichtiger Partner sein, auch für die Lieferung von Biokraftstoffen, insbesondere von Bioethanol — ein Sektor, in dem es kürzlich erhebliche Fortschritte gab. Darüber hinaus können Europa und Brasilien als Partner eine Zusammenarbeit mit Afrika in dem Sinne aufbauen, dass dorthin brasilianische Technologie und brasilianisches Know-how ausgeführt werden, um auf dem afrikanischen Kontinent die Produktion von Bioethanol aufnehmen zu können und damit dessen Entwicklung durch eine neue Generation von dreiseitiger Kooperationspolitik zu fördern.

    Ein für die europäischen und weltweiten Interessen relevantes Thema ist die Erhaltung des Amazonas-Urwaldes (8), für dessen Schutz internationale Partnerschaften unter Einbeziehung von staatlichen und privaten Körperschaften geschaffen werden müssen, ohne allerdings die Souveränität der brasilianischen Gesetze und des brasilianischen Staates über dieses Welterbe zu berühren. Die öffentliche Meinung und die staatlichen Stellen in Brasilien reagieren auf dieses Thema sehr empfindlich, aber es handelt sich um ein Problem, das angesichts des derzeitigen Zustands der Erde und ihrer vorhersagbaren Entwicklung unter allen Umständen eine Priorität in der Kooperation zwischen Brasilien und Europa darstellen muss.

    Es sei darauf hingewiesen, dass es seit circa drei Jahren einen formell geschaffenen „Dialog EU-Brasilien über eine nachhaltige Entwicklung und den Klimawandel“ gibt, dessen Tätigkeit sich bislang aber nur auf einige Sitzungen zur Festlegung einer Agenda mit dem Ziel beschränkt hat, dass beide Seiten zu bestimmten Themen ihre Standpunkte erläutern können.

    3.3.7   Armut und soziale Probleme. In der Rangfolge des Human Development Index der Vereinten Nationen befand sich Brasilien im Jahr 2007 auf dem 70. Platz, ein sehr bescheidener Rang, wenn man Brasilien mit jenen Ländern vergleicht, die eine ähnliches wirtschaftliches und technologisches Entwicklungsniveau aufweisen. Nach diesen Daten der UN nahm die Zahl der Brasilianer, die unterhalb der Armutsgrenze lebten, von 2003 bis 2005 um 19,3 % ab. Derzeit machen sie 22,8 % der Gesamtbevölkerung (d. h. 43 Millionen Personen) aus. Mit den sozialen Programmen der Regierung Lula konnten einige kleine, aber sehr wirksame Schritte bei der Bekämpfung der Armut und der Ungleichheit gemacht werden (9). Gleichwohl ist Brasilien weiterhin eines der Länder mit großen internen Ungleichgewichten: die ärmsten 20 % der Bevölkerung — vorwiegend im Nordosten lebend — erhalten nur 4,2 % der nationalen Ressourcen. Der Zugang zur Bildung hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, aber noch immer herrschen große regionale Unterschiede, insbesondere im Sekundar — und Hochschulwesen. Die Alphabetisierungsquote ist ziemlich hoch bei Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren (93,6 %), aber sehr hoch ist immer noch die Analphabetenquote bei Erwachsenen (12 %). Auch die Indikatoren im Gesundheitswesen haben sich verbessert. Brasilien verwendet 7,9 % seines BIP für das Gesundheitswesen (Durchschnitt der OECD: 8,72 %). Die Sozialpolitik hatte eine Verringerung der Sterblichkeitsrate von Kindern zur Folge (36 pro 1 000), aber im Norden und Nordosten des Landes bleibt noch immer viel zu tun. Nach Angaben von UN-AIDS sind circa 650 000 Brasilianer Träger des HIV-Virus: Brasilien garantiert gesetzlich den allgemeinen Zugang zu medizinischer Behandlung, auch mit Anti-Retroviren-Medikamenten. Die Arbeitslosigkeit hat sich im Zeitraum 2004—2006 von 12,3 % auf 8,4 % verringert. Auch die Jugendarbeitslosigkeit (18—24-Jährige) nahm ab, ist aber immer noch sehr hoch. Deshalb ist die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, gemeinsam mit der Bekämpfung der Kinderarbeit und der Zwangsarbeit (10), eine der Prioritäten des Regierungsprogramms. Der Zugang zu Ackerland ist ein sehr heikles Problem: 1 % der Großgrundbesitzer kontrollieren die Hälfte der fruchtbaren Böden. Auf der Agenda der Regierung steht zwar eine Agrarreform mit dem Ziel, Land an 430 000 Landarbeiterfamilien zu verteilen, und sie sollte bis zum Jahr 2007 erfolgt sein, aber dieses Ziel ist bei weitem noch nicht erreicht (11). Sehr viel bleibt auch noch im Hinblick auf das Wohnungsproblem zu tun, denn immer noch sind mehrere Millionen Brasilianer gezwungen, in Elendsvierteln zu leben.

    3.3.8   Einwanderung. Die Wanderungsbewegungen zwischen den europäischen Staaten und Brasilien sind seit vielen Jahren eine konstante Erscheinung, die in beide Richtungen verläuft. [ANMERKUNG: Während des gesamten 20. Jahrhunderts handelte es sich bei den Migrationsströmen aus Europa nach Brasilien vor allem um Menschen aus Italien und Deutschland, gefolgt von — nach Zahlen geordnet — Portugal, Spanien und Polen. Dies erklärt, warum heute in Brasilien 30 Mio. Menschen italienischer Abstammung und 8. Mio. Menschen deutscher Abstammung leben.] Zuwanderfragen fallen heutzutage unter die Maßnahmen und Vorschläge der EU zur Immigration aus Drittstaaten, da die irreguläre Zuwanderung bekämpft werden muss, aber vor allem, um die Bewegungen zu fördern, die für beide Seiten von Nutzen sind (12). Die EU-Mitgliedstaaten müssen anerkennen, dass Europa eine Region mit starkem demografischem Rückgang ist, während Brasilien in einigen Gebieten des Landes ein erhebliches Bevölkerungswachstum erwarten lässt (13). Wegen der besonderen Bedeutung der Aussicht auf eine strategische Zusammenarbeit EU/Brasilien müssen die Fragen der Wanderungsbewegungen von und nach Brasilien nach spezifischen Kriterien behandelt werden: beide Seiten müssen die Verfahren für die Erteilung von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen vereinfachen, gründlichere und besser verbreitete Informationen über die Möglichkeit einer regulären Zuwanderung, insbesondere für Studenten und Wissenschaftler, bieten, aber gleichzeitig eine Begünstigung des „brain drain“ verhindern. Darüber hinaus ist es unerlässlich, gemeinsam ein System der gegenseitigen Anerkennung von Diplomen, Qualifikationen und Berufserfahrungen zu schaffen und die Übertragbarkeit von Rentenbezügen zu regeln.

    3.3.9   „Unsere Völker zusammenbringen“. Die Bedeutung dieser Frage für die Regierungen beider Blöcke kam auf dem Gipfeltreffen von Lissabon zum Ausdruck und wurde in Erwä-gungsgrund 16 seiner Schlussfolgerungen thematisiert (14). Getrennt durch den Atlantik, aber vereint durch eine gemeinsame Geschichte, können und müssen Brasilien und Europa die gegenseitige Kenntnis und den Austausch über ihre jeweilige gesellschaftliche, natürliche, künstlerische, kulturelle und wissenschaftliche Realität vorantreiben. Bei der Verfolgung dieses Ziels spielt die Zivilgesellschaft eine grundlegende Rolle, indem sie Kultur- und Sportveranstaltungen und sonstige Veranstaltungen organisiert, die es den Bürgern Brasiliens und Europas ermöglichen, sich kennen zu lernen, einander näher zu kommen und kontinuierlich gemeinsame Initiativen ins Leben zu rufen.

    3.3.10   Der Stand der Wirtschaftsbeziehungen. Der Handelsaustausch zwischen Brasilien und der EU nimmt spürbar zu, wie die Daten der brasilianischen Regierung für den Zeitraum Januar — Mai 2008 zeigen. Die brasilianischen Ausfuhren in die EU nahmen gegenüber demselben Zeitraum im Vorjahr um 19 % zu; die EU ist nach den lateinamerikanischen Staaten, die der Lateinamerikanischen Integrationsvereinigung ALADI angehören, nach Asien und den USA der wichtigste Adressat für die brasilianischen Ausfuhren. Die EU ist nach Asien der zweit-größte Handelspartner Brasiliens. Wenn er sich weiterhin so entwickelt wie bisher, könnte der bilaterale Handel im Jahr 2008 einen Rekordumfang von 84 Milliarden US$ erreichen (+25 % gegenüber 2007) (15). Das Potenzial für den Handelsaustausch zwischen der EU und Brasilien lässt noch ehrgeizigere Ziele möglich erscheinen, aber dazu wäre es erforderlich, die Verfahren zu vereinfachen und zu entbürokratisieren und die Einhaltung der Normen und den Schutz von geistigem Eigentum zu garantieren. Sehr wichtig wäre es auch, dass die brasilianische Regierung die Zölle auf die Einfuhr mancher Waren überprüft, denn sie erschweren erheblich den Zugang europäischer Produkte zum brasilianischen Markt.

    4.   Diskussionsforum EU-Brasilien

    4.1   Organisation und Arbeitsweise

    4.1.1   Allein die Gründung eines Diskussionsforums EU-Brasilien ist bereits ein wichtiges Zeichen für die Bedeutung, die beide Seiten ihrer künftigen Zusammenarbeit beimessen.

    4.1.2   Der EWSA ist der Meinung, dass zweimal jährlich ein Treffen dieses Forums stattfinden sollte, einmal in Brasilien, ein andermal in Europa, und zwar in der Weise, dass die Rolle der Zivilgesellschaft in der Partnerschaft EU-Brasilien erweitert und vertieft wird.

    4.1.3   Das Diskussionsforum sollte paritätisch mit Mitgliedern des EWSA und des CDES besetzt werden und die Delegationen sollten — was gegenwärtig für angemessen erachtet wird — jeweils 12 Mitglieder umfassen.

    4.1.4   Das Diskussionsforum muss seine Arbeitsweise selber erörtern und festlegen, um Ausgewo-genheit und stabile Arbeitsregelungen zu gewährleisten.

    4.1.5   Der EWSA hält die Schaffung einer eigenen Rubrik für das Diskussionsforum EU-Brasilien im Internetportal des EWSA für überaus zweckmäßig, um Impulse für die Beteiligung und für Beiträge der Zivilgesellschaft zu geben.

    4.2   Thematische Vorschläge für die künftige Agenda für den Dialog

    Der Mehrwert, den das künftige Diskussionsforum für die strategische Partnerschaft, die entwickelt werden soll, erbringen kann, hängt selbstverständlich eng von den Themen ab, die von ihr vorzugsweise behandelt werden; deshalb hält der EWSA folgende Bereiche für vorrangige Diskussionsthemen (16):

    4.2.1   Wirtschaftlicher und sozialer Bereich

    Wirtschaftliche Zusammenarbeit, bilateraler Handel und Investitionen;

    Folgen der Globalisierung, Verringerung der negativen Auswirkungen und Potenzierung ihrer Vorteile;

    Bewertung der sozialen Modelle, Erfahrungsaustausch und Ausarbeitung von politischen Vorschlägen in diesem Bereich, unter Berücksichtigung der Rolle der Zivilgesellschaft und der Förderung ihrer echten und wirksamen Beteiligung;

    Begleitung der Entwicklung der Vorschläge, Modelle und Maßnahmen der WTO;

    Analyse der Migrationsbewegungen und Kooperation bezüglich der Rechte der europäischen Einwanderer in Brasilien und der brasilianischen Einwanderer in Europa mit Blick auf eine vollständige Integration der Bürger in den jeweiligen Zielstaaten;

    Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet der Sozial- und Arbeitsbeziehungen, insbesondere hinsichtlich der Rolle der Sozialpartner für die ausgewogene Entwicklung der Länder, die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die Organisation und Zusammensetzung der Strukturen auf Arbeitgeberseite und Gewerkschaftsseite, Arbeitsrecht und Tarifverhandlungen;

    Diskussion über Fragen im Bereich Lebensmittelsicherheit und Pflanzenschutz sowie über Fragen der Funktionsweise und des Austauschs der Agrarmärkte, Förderung des Erfahrungsaustauschs über beispielhafte Verfahren zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung dieses Sektors;

    Diskussion über die Problematik der Informationsgesellschaft und die Rolle der Informations- und Kommunikationstechnologien im aktuellen Kontext einer nachhaltigen Entwicklung der Staaten;

    Förderung der Diskussion über die Thematik der sozialen Verantwortung der Unternehmen und Erarbeitung von Initiativen zur Sensibilisierung der verschiedenen beteiligten Akteure, damit auf Arbeitgeberseite eine rasche und effiziente Übernahme von entsprechenden Systemen erfolgt;

    Diskussion über das Thema und Förderung von Initiativen, die zu einer tatsächlichen Annahme und Integration von Konzepten bezüglich der Gleichstellung von Männern und Frauen, der Chancengleichheit und der Rechte von ethnischen und sozialen Minderheiten führen;

    Infrastrukturen und Dienstleistungen — Erörterungen zu diesem Themenkreis, darunter Bau von Straßennetzen und Bildung von Energiekonsortien;

    Erfahrungsaustausch im Bereich der wesentlichen Arbeitsnormen;

    Erörterungen über die Machbarkeit von öffentlich-privaten Partnerschaften bei der Verfolgung von staatlichen Zielen und über etwaige Probleme dabei.

    4.2.2   Politisch-diplomatischer Bereich und Entwicklungshilfe

    Dreiseitige Zusammenarbeit zwischen EU, Brasilien und Drittstaaten bei der Analyse der aktuellen Realität und der vorhandenen Initiativen, aber auch bei der Abstimmung der künftigen Initiativen und Maßnahmen;

    Begleitung der Entwicklung der regionalen Integrationsprozesse in der EU und im MERCOSUR;

    Einsatz der strategischen Zusammenarbeit zwischen der EU und Brasilien als Instrument für die regionale Integration und Weiterentwicklung des MERCOSUR und seiner Beziehungen zu Europa.

    4.2.3   Umwelt- und Energiebereich

    Vertiefung der Thematik Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung als Grundlage für das Wirtschaftswachstum der Länder und die globale Entwicklung;

    Untersuchung der Energieprobleme, der alternativen Energiequellen und der Zusammenarbeit in diesem Bereich, da es sich hierbei um drängende und entscheidende Fragen für die Zukunft der Menschen, der Länder und der Erde insgesamt handelt. Bei dieser Thematik ist den Biokraftstoffen und der Notwendigkeit von Vorschriften und Standards für ihre Vermarktung besonderes Gewicht beizumessen.

    4.2.4   Themenbereich Forschung und Technologie und geistiges Eigentum

    Gegenseitiger Schutz des geistigen Eigentums;

    Entwicklung von Systemen für die wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit zur Förderung von Forschungen zugunsten der beiderseitigen Fortschritte.

    4.2.5   Themenbereich Bildung

    Förderung des Austauschs zwischen Schulen und Universitäten, vor allem durch akademische Austauschprogramme für Studenten und Lehrkräfte, durch Praktika und andere Formen der Förderung des Kenntnisstands und der Weiterentwicklung der Hochschulen;

    Erörterungen und Analysen zu Fragen der Bildung und Ausbildung als kontinuierlicher und lebenslanger Prozess, der für die Entwicklung des Einzelnen und der Gesellschaft von entscheidender Bedeutung ist.

    4.2.6   Themenbereich Kulturaustausch und Fremdenverkehr

    Förderung des Kulturaustauschs und Verbreitung von Kenntnissen der Geschichte und aktuellen sozialen Realität, um sich gegenseitig besser kennen und verstehen zu lernen;

    Untersuchung und Verifizierung der Rolle des Fremdenverkehrs für die Annäherung zwischen der EU und Brasilien und Entwicklung von Strategien zu ihrer Steigerung in nach-haltiger und ausgewogener Form.

    Brüssel, den 22. Oktober 2008

    Der Präsident

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Mario SEPI


    (1)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: „Auf dem Weg zu einer strategischen Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Brasilien“, KOM(2007) 281 endg. 30.5.2007.

    (2)  Gipfeltreffen EU-Brasilien, Lissabon, 4. Juli 2007 — Gemeinsame Erklärung, Ziffer 16 — PR 111531/07 (Presse 162) [nur auf Englisch].

    (3)  Die Sozialpartner machen fast die Hälfte der Repräsentanten im Rat für wirtschaftliche und soziale Entwicklung (CDES) aus. Ferner stammen die Mitglieder aus sozialen, wirtschaftlichen und statistischen Studien- und Forschungszentren, aus privaten Stiftungen, weltlichen und kirchlichen NGO, Behindertenverbänden, Bürgerbewegungen, Genossenschaften, Studentenorganisationen oder sie sind Vertreter der Universitätsrektoren usw.

    (4)  Für die Zivilgesellschaft seien folgende Initiativen erwähnt: Gemeinsames Seminar von CDES und EWSA im Juli 2007 zum Thema „EU und MERCOSUR: Beitrag der Einrichtungen der Zivilgesellschaft zur nationalen und regionalen Entwicklung“; Unterzeichnung einer gemeinsamen Absichtserklärung durch EWSA und CDES zur Vertiefung der Beziehungen EU-Brasilien.

    (5)  Brasilien, Russland, Indien, China.

    (6)  Länderstrategiepapier Brasilien, 2007—2013.

    (7)  Gini-Index: Allgemein verwendetes Maß zur Darstellung von Ungleichverteilungen von Einkommen. In der graphischen Darstellung wird auf der vertikalen Achse die Anzahl der Personen und auf der horizontalen Achse die Höhe des Einkommens eingetragen.

    (8)  Die brasilianische Regierung führt gegenwärtig den „Plan nachhaltiges Amazonien“ (Plano Amazónia Sustentável — PAS) durch, der Strategien, Perspektiven und Maßnahmen für das Amazonasgebiet umsetzt und mit dem in diesem riesigen Gebiet staatliche Eingriffe, insbesondere gegen die Abholzung, nicht nur als Umweltfrage, sondern als integraler Bestandteil der Regierungspolitik betrachtet werden. Es gibt außerdem einen Fonds, in den alle einzahlen können und mit dessen Hilfe eine Verringerung der Emissionen im Amazonasgebiet unterstützt werden soll. Dabei wird einer Logik gefolgt, die nur Maßnahmen mit nachweisbaren Ergebnissen fördert, nicht aber Modell- oder Pilotvorhaben.

    (9)  Siehe v. a. das innovative Programm „Familiengeld“ („Bolsa Familia“) (2,38 Mrd. Real), von dem 8,7 Mio. Familien profitiert haben (Daten von Ende 2007).

    (10)  Kinder sind am stärksten betroffen: Nach Angaben der ILO wurden im Jahr 2002 450 000 Minderjährige gezwungen, in Haushalten, in der Landwirtschaft oder in der Sex-Industrie zu arbeiten.

    (11)  Die „Landlosenbewegung“ („Movimento dos Sem Terra“, 1,5 Mio. Anhänger) fordert nachdrücklich eine radikale Landreform. Sie ist derzeit nicht im CDES vertreten.

    (12)  In Bezug auf das EU-Regelungspaket „Einwanderung“ sei auf die Kritik und die Empfehlungen des EWSA verwiesen, die in einer Reihe von Stellungnahmen zu den Vorschlägen, darunter auch Initiativ- und Sondierungsstellungnahmen, dokumentiert sind.

    (13)  Gemäß der Erhebung der PNAD (Haushaltsstichprobenuntersuchung) 2006 lag die Geburtenrate in Brasilien im Jahr 2006 bei 2 Kindern pro Frau.

    (14)  http://www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/en/er/95167.pdf

    (15)  Für eine Vertiefung dieses Themas sei auf die Anhänge zur Wirtschaft verwiesen.

    (16)  Bei der Festlegung der Vorschläge, die auf dem Diskussionsforum erörtert werden könnten, wurden die Bestimmungen der Lissabon-Strategie berücksichtigt, da sie ein strategisches Instrument von größter Bedeutung für die EU ist; deshalb durfte sich der EWSA bei seinen Vorschlägen nicht von den in der Strategie aufgeführten Leitlinien, Konzepten und Zwecken entfernen.


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