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Document 52008DC0641

Grünbuch zur Qualität von Agrarerzeugnissen: Produktnormen, Bewirtschaftungsauflagen und Qualitätsregelungen

/* KOM/2008/0641 endg. */

52008DC0641

Grünbuch zur Qualität von Agrarerzeugnissen: Produktnormen, Bewirtschaftungsauflagen und Qualitätsregelungen /* KOM/2008/0641 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 15.10.2008

KOM(2008) 641 endgültig

GRÜNBUCH

zur Qualität von Agrarerzeugnissen: Produktnormen, Bewirtschaftungsauflagen und Qualitätsregelungen

GRÜNBUCH

zur Qualität von Agrarerzeugnissen: Produktnormen, Bewirtschaftungsauflagen und Qualitätsregelungen

Mit dieser Konsultation möchte die Kommission die Meinung aller Organisationen und Bürger einholen, die sich für die Qualität von Agrarerzeugnissen interessieren. Landwirte und Nahrungsmittelerzeuger, Nichtregierungsorganisationen, Verarbeiter, Groß- und Einzelhändler, Vertriebsgesellschaften, Verbraucher und öffentliche Stellen werden um Stellungnahme gebeten. Sie können zum Grünbuch insgesamt oder zu einem Teil davon Stellung nehmen. Die Beiträge können bis zum 31. Dezember 2008 gerichtet werden an: AGRI-QUALITY@ec.europa.eu oder an Grünbuch „Qualität“ Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung Europäische Kommission B-1049 Brüssel Die eingegangenen Beiträge werden unter Angabe des Verfassers (Name, Wohnort, Land)[1] ins Netz gestellt. Falls Sie die Veröffentlichung Ihrer persönlichen Daten ausdrücklich ablehnen, wird Ihr Beitrag entweder anonym oder gar nicht veröffentlicht. Für weitere Auskünfte zur Website der Kommission und zum Schutz personenbezogener Daten siehe „Wichtiger rechtlicher Hinweis“: http://www.ec.europa.eu/geninfo/legal_notices_de.htm Weitere Informationen finden Sie auf der Website zum Grünbuch: http://ec.europa.eu/agriculture/quality/policy/index_en.htm |

INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG 4

TEIL I: PRODUKTIONSANFORDERUNGEN UND VERMARKTUNGSNORMEN 6

1. EU-Bewirtschaftungsauflagen 6

2. Vermarktungsnormen 7

2.1. Pflichtbestandteile von Vermarktungsnormen 8

2.2. Vorbehaltene Angaben in Vermarktungsnormen 9

2.3. Vereinfachung von Vermarktungsnormen 10

TEIL II: BESONDERE EU-QUALITÄTSREGELUNGEN 12

3. Geografische Angaben 12

3.1 Schutz und Durchsetzung geografischer Angaben 13

3.2. Kriterien für die Eintragung geografischer Angaben 14

3.3. Schutz der geografischen Angaben der EU in Drittländern 15

3.4. Produkte mit geografischen Angaben als Zutaten von Verarbeitungserzeugnissen 15

3.5. Ursprung der Rohstoffe von Produkten mit geschützten geografischen Angaben 16

3.6. Kohärenz und Vereinfachung der Regelungen für geografische Angaben 16

4. Garantiert traditionelle Spezialitäten 17

5. Ökologischer Landbau/Biologische Landwirtschaft 17

6. Strategie für Qualitätsprodukte aus den Regionen in äußerster Randlage 18

7. Weitere EU-Regelungen 19

TEIL III: ZERTIFIZIERUNGSREGELUNGEN 20

8. Regelungen für die Qualitätszertifizierung von Nahrungsmitteln 20

8.1. Wirksamkeit der Zertifizierungsregelungen bei der Verwirklichung politischer Ziele 21

8.2. EU-Aufsicht 22

8.3. Aufwands- und Kostensenkung 22

8.4. Internationale Dimension 23

FAZIT 23

EINLEITUNG

MIT ZUNAHME DER GLOBALISIERUNG nimmt der Druck auf die EU-Landwirte durch Erzeugnisse aus Schwellenländern mit geringen Produktionskosten immer stärker zu. Der Konkurrenzkampf wird sowohl bei landwirtschaftlichen Grunderzeugnissen als auch bei Verarbeitungserzeugnissen immer härter. Angesichts dieser neuen wirtschaftlichen Herausforderungen ist Qualität die mächtigste Waffe der EU-Landwirte. Dank des hohen Maßes an Sicherheit, das die Gemeinschaftsvorschriften entlang der gesamten Lebensmittelkette garantieren und in das die Landwirte und ganz allgemein die Erzeuger investiert haben, ist die EU, was Qualität anbelangt, anderen Akteuren überlegen. Es gibt jedoch noch andere Aspekte, mit denen sich die Qualität im weiteren Sinn verbessern lässt.

Qualität bedeutet, die Erwartungen der Verbraucher zu erfüllen. Die Qualitätsaspekte von Agrarerzeugnissen, mit denen sich dieses Grünbuch befasst, sind die Produktmerkmale, wie beispielsweise die Bewirtschaftungsverfahren, der Produktionsort usw., die der Landwirt bekannter machen und über die der Verbraucher mehr wissen möchte. Qualität ist für jeden Landwirt und für jeden Käufer ein Thema, unabhängig davon, ob es sich um nach Mindestnormen produzierte Erzeugnisse oder um die hochwertigen Qualitätserzeugnisse handelt, mit denen Europa aufwarten kann. Dieses Grünbuch befasst sich nicht mit Qualitätsfragen, die die Lebensmittelsicherheit betreffen und die bereits durch andere Gemeinschaftsmaßnahmen (z. B. Nährwertkennzeichnung, Tierschutz usw.) abgedeckt sind.

Anforderungen des Marktes und der Gesellschaft

Hohe Rohstoffpreise verleiten dazu, das Produktionsvolumen zu steigern, doch sollte dies nicht als Vorwand dienen, die Qualitätsnormen herabzusetzen. Die Verbraucher wollen erschwingliche Nahrungsmittel, bei denen das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Abgesehen vom Preis stellen die Verbraucher und die Händler aber noch zahlreiche andere Ansprüche an den Wert und die Qualität der von ihnen gekauften Produkte. Diesen Ansprüchen gerecht zu werden, ist für die Landwirte eine große Herausforderung.

Die Anforderungen am Markt sind breit gefächert, und ständig kommen neue Wünsche hinzu. Die wichtigsten Themen in der EU sind Hygiene und Lebensmittelsicherheit (hier gibt es keine Kompromisse), Gesundheit und Nährwert sowie gesellschaftliche Belange. Darüber hinaus achten die Verbraucher zunehmend darauf, welche Rolle die Landwirtschaft in Bezug auf Nachhaltigkeit, Klimawandel, Ernährungssicherung und Entwicklung, Biodiversität, Tierschutz und Wasserknappheit spielt. Da die Landwirtschaft mit Abstand der flächenmäßig größte Landnutzer ist, beeinflusst sie die räumliche Entwicklung von Regionen, Landschaften und wertvollen Umweltgebieten wesentlich. Schließlich gibt es in vielen Teilen der Welt Verbraucher mit einem steigenden verfügbaren Einkommen, die bei den von ihnen gekauften Nahrungsmitteln Geschmack, Tradition und Authentizität sowie die Einhaltung von höheren Tierschutznormen erwarten.

Für die Landwirte der EU bietet sich hier eine echte Chance. Anstatt solche Forderungen als Belastung anzusehen, sollten sie sich diese zum Vorteil machen, indem sie den Verbrauchern genau liefern, was sie wollen, wofür sie im Gegenzug höhere Preise erzielen.

Die Agrarpolitik der EU muss die Anstrengungen unterstützen, die die Landwirte unternehmen, um im Qualitätswettbewerb zu gewinnen. Es gibt bereits EU-Regelungen und –Vorschriften, die dieses Ziel im Wesentlichen auf zwei Wegen verwirklichen sollen, nämlich durch Maßnahmen betreffend Mindestanforderungen und durch Qualitätsmaßnahmen.

Maßnahmen betreffend Mindestanforderungen

Die EU-Verordnungen enthalten einige der weltweit striktesten Mindestanforderungen an die Produktion. Diese betreffen die Bereiche Sicherheit und Hygiene, Produktidentität und Zusammensetzung des Erzeugnisses, Umweltschutz, Pflanzen- und Tiergesundheit sowie Tierschutz und spiegeln somit die eindeutig und demokratisch zum Ausdruck gebrachten Wünsche der Verbraucher und Bürger in der EU wider.

Qualitätsmaßnahmen und –regelungen auf EU-Ebene

Viele Landwirte in der EU suchen ständig nach neuen, originellen Wegen, um neue Absatzmöglichkeiten zu finden und ihren Gewinn zu erhöhen. Dies umfasst

- die Erzeugung von Premiumprodukten, die dem Verbraucher mehr bieten als nur die Einhaltung der Mindestanforderungen, entweder in Form besonderer Merkmale wie Geschmack, Ursprung usw. oder aufgrund des Produktionsverfahrens;

- den Aufbau des Vertrauens der Verbraucher in die EU-Qualitätsregelungen und in die Behauptungen, die die Erzeuger zu ihren Premiumprodukten aufstellen;

- Hilfestellung für die Verbraucher bei der Auswahl und/oder bei der Entscheidung darüber, ob sie bereit sind, für ein bestimmtes Erzeugnis mehr zu bezahlen;

- den Schutz der Bezeichnungen von Nahrungsmittelerzeugnissen, Wein und Alkohol, deren besondere Merkmale oder deren Ansehen vom Produktionsort und vom Know-how der lokalen Produzenten abhängen, mittels geografischer Angaben , wie „Chablis“, „Prosciutto di Parma“, „Scotch Whisky“, „Café de Colombia“, „Sitia Lasithiou Kritis“, „Szegedi szalámi“, „Queso Manchego“ und „Nürnberger Lebkuchen“;

- die Regelung des ökologischen Landbaus/der biologischen Landwirtschaft durch strenge Auflagen, da immer mehr Verbraucher den im ökologischen Landbau eingesetzten Produktionsverfahren den Vorzug geben und speziell Nahrungsmittel mit einem Ökozeichen suchen;

- die Eintragung der Bezeichnungen traditioneller Produkte im Rahmen der EU-Regelung zur Förderung traditioneller Nahrungsmittel und Getränke;

- die Förderung des Absatzes von spezifischen Erzeugnissen aus den Regionen in äußerster Randlage der EU;

- die Aufstellung von EU- Vermarktungsnormen in vielen Sektoren zur Bestimmung besonderer Güteklassen für Produkte (z. B. „nativ extra“ für Olivenöl, „Klasse I“ für Obst und Gemüse und „aus Freilandhaltung“ für Eier);

- die Förderung von Zertifizierungssystemen öffentlicher oder privater Stellen, mit denen Verbraucher in der ganzen EU über landwirtschaftliche Verfahren und Produktmerkmale besser informiert werden können.

Grünbuch

Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Kommission zu analysieren, wie optimale politische und regulatorische Rahmenbedingungen gewährleistet werden können, um die Qualität von Agrarerzeugnissen ohne zusätzliche Kosten oder Belastungen zu schützen und zu fördern. Als ersten Schritt will sie eine breit angelegte Konsultation zu folgenden Fragen einleiten: Sind die bisherigen Instrumente adäquat oder könnten sie verbessert werden? Welche neuen Initiativen könnten ergriffen werden?

Teil I befasst sich mit den Mindestbewirtschaftungsauflagen und mit EU-gestützten Vermarktungsnormen, einschließlich denjenigen, die spezielle Güteklassen vorsehen.

Teil II befasst sich mit den derzeitigen Qualitätsregelungen für geografische Angaben, garantiert traditionelle Spezialitäten (g.t.S.), Erzeugnisse aus den Regionen in äußerster Randlage und dem Funktionieren des europäischen Binnenmarktes für Erzeugnisse des ökologischen Landbaus.

Teil III befasst sich mit Zertifizierungsregelungen vor allem im Privatsektor, die den Erzeugern helfen, Käufer und Verbraucher über ihr Erzeugnis zu informieren.

Teil I: Produktionsanforderungen und Vermarktungsnormen

1. EU-BEWIRTSCHAFTUNGSAUFLAGEN

Die Landwirte in der EU müssen eine Reihe von Bewirtschaftungsauflagen beachten, und alle in der EU erzeugten Nahrungsmittel werden gemäß diesen Vorschriften erzeugt. Diese Auflagen sollen nicht nur dafür sorgen, dass die in Verkehr gebrachten Endprodukte den Hygiene- und Sicherheitsnormen entsprechen, sondern sie umfassen auch gesellschaftliche (ökologische, ethische, soziale usw.) Belange.

Für die Landwirte bedeutet dies, dass sie Pestizide und Düngemittel mit der gebotenen Sorgfalt auswählen und anwenden, Hygienevorschriften beachten, Tierseuchen und Pflanzenerkrankungen vorbeugen, dafür sorgen, dass Landarbeiter ausgebildet und angemessen geschützt sind, Nutztiere artgerecht halten und die Natur schützen.

Für die Verbraucher bedeutet dies, dass sie darauf vertrauen können, dass bei allen in der EU erzeugten Agrarerzeugnissen tragbare Produktionsauflagen, einschließlich der bereits genannten legitimen gesellschaftlichen Belange, beachtet werden.

Die Bewirtschaftungsauflagen entwickeln sich entsprechend den Wünschen der Gesellschaft ständig weiter. Sie sollten einen wichtigen Teil der Qualität der zum Verkauf angebotenen Nahrungsmittel ausmachen und ein Plus bieten, mit dem die Landwirte aufwarten können. Allerdings gelingt es offenbar nicht, den Verbrauchern zu vermitteln, dass es diese Bewirtschaftungsauflagen gibt und dass sie bei der Nahrungsmittelproduktion beachtet werden.

Viele dieser Bewirtschaftungsauflagen, die nicht die Produkthygiene und –sicherheit betreffen, beispielsweise Umwelt- und Tierschutzvorschriften, gelten jedoch nicht notwendigerweise auch für importierte Nahrungsmittel. Warum diese Diskrepanz? Bewirtschaftungsnormen, Umwelt- und Tierschutz sowie die Sicherheit am Arbeitsplatz sind Angelegenheiten, die von den Regierungen der Länder geregelt werden, in denen die Landwirtschaft ausgeübt wird. Die Gemeinschaft kann also darauf bestehen, dass eingeführte Nahrungsmittel Mindestproduktnormen vor allem in Bezug auf Hygiene und Sicherheit genügen, und sie tut dies auch. Für die Überwachung der landwirtschaftlichen Verfahren, mit denen eingeführte Agrarerzeugnisse und Nahrungsmittel erzeugt werden, ist jedoch der Gesetzgeber im Produktionsland zuständig.

Der Zusammenhang zwischen den über Hygiene und Sicherheit hinausgehenden Bewirtschaftungsauflagen, an die sich alle Landwirte in der EU halten, und dem dabei erzeugten Produkt muss deutlicher herausgestellt werden. Wären diese Bewirtschaftungsauflagen mehr Verbrauchern bekannt und vertraut, könnten sie potenziell bei der Vermarktung einen Vorteil darstellen.

Allerdings muss auf diese Belange eingegangen werden, ohne Hindernisse für das Funktionieren des Binnenmarktes zu schaffen oder den Wettbewerb zu verzerren.

Frage 1: Wie könnten die über die Produkthygiene und –sicherheit hinausgehenden Auflagen und Normen, die von den Landwirten befolgt werden, besser bekannt gemacht werden? Was wären die Vor- und Nachteile der Erarbeitung neuer EU-Systeme mit einem oder mehreren Symbolen oder Logos, die auf die Beachtung von EU-Bewirtschaftungsauflagen anderen als Hygiene und Sicherheit hinweisen? Sollte eine solche Qualitätsregelung der EU auch für Drittlanderzeugnisse, die den Produktionsanforderungen der EU genügen, verwendet werden können? einer obligatorischen Angabe des Ortes, an dem die Grundstoffe erzeugt wurden (EU/Drittland)? |

- 2. Vermarktungsnormen

Die EU-Vermarktungsnormen sind Verordnungen, die die Begriffsbestimmungen für Erzeugnisse, Mindestnormen für Erzeugnisse und Erzeugniskategorien sowie die Etikettierungsanforderungen zur Information der Verbraucher für eine beträchtliche Zahl von Agrarerzeugnissen und einige verarbeitete Lebensmittel[2] enthalten. Sie sollen dazu beitragen, dass die Landwirte Produkte in der von den Verbrauchern gewünschten Qualität liefern, die Verbraucher nicht enttäuscht werden und Preise für unterschiedliche Erzeugnisqualitäten verglichen werden können. Die Vermarktungsnormen wurden aufgestellt, um verschiedene einzelstaatliche Normen zu ersetzen und so den Handel im Binnenmarkt zu erleichtern.

Nicht für alle Lebensmittel gelten Vermarktungsnormen auf EU-Ebene. So werden beispielsweise im Sektor Ackerkulturen (Weizen, Mais, Leguminosen usw.) Grunderzeugnisse nach amtlichen internationalen, nationalen oder privat aufgestellten Einstufungs- und Klassifizierungsnormen gehandelt. Für nicht unter EU-Vermarktungsnormen fallende Erzeugnisse, die an die Verbraucher verkauft werden, gelten allgemeine Vorschriften für den Verbraucherschutz und die Etikettierung, um eine Irreführung der Verbraucher zu verhindern.

Während einige EU-Vermarktungsnormen problemlos aufgestellt werden konnten, erwiesen sich andere als umstritten. Die Überarbeitung von Vermarktungsnormen im Wege einer EU-Verordnung kann ebenfalls aufwändig sein.

In diesem Grünbuch stellt die Kommission Fragen zu drei allgemeinen Aspekten von Vermarktungsnormen: Was soll mit den obligatorischen Bestandteilen der EU-Vermarktungsnormen geschehen? Könnte die Verwendung fakultativer Angaben (auch „vorbehaltene“ Angaben genannt) ausgedehnt werden? Welche Möglichkeiten gibt es, den Rechtssetzungsprozess als solchen zu vereinfachen?

2.1. Pflichtbestandteile von Vermarktungsnormen

Produktidentität: In den meisten EU-Vermarktungsnormen sind die Agrarerzeugnisse oder Lebensmittel, für die sie gelten, so definiert, dass klare, gemeinsame Regeln für die Beschreibung des Erzeugnisses vorgegeben sind. Beispielsweise darf der Begriff „Saft“ nicht verwendet werden, wenn der Fruchtsaft verdünnt wurde. In gleicher Weise darf der Begriff „Milch“ nicht für Sojagetränke verwendet werden.

Bewirtschaftungsauflagen: In einigen Fällen, wie bei frischem Obst und Gemüse oder bei Geflügelfleisch, wird in den Vermarktungsnormen verbindlich verlangt, dass die Erzeugnisse in „einwandfreiem Zustand, unverfälscht und von vermarktbarer Qualität“ sind, was eine Grundvoraussetzung für den Verkauf an die Verbraucher ist. Frisches Obst und Gemüse darf nicht an Verbraucher verkauft werden, wenn es verdorben oder verfault, beschädigt, schmutzig, von Schädlingen befallen, unterentwickelt oder – im Falle von Frischobst – nicht reif ist. Die Vorschriften umfassen außerdem Mindestgrößen (Reifeindikator). Dies kann dazu führen, dass genusstaugliches Obst und Gemüse (das gefahrlos gegessen werden könnte) vom Markt für Frischerzeugnisse ausgeschlossen und stattdessen entweder verarbeitet oder vernichtet wird.

Güte- und Größenklassen: Mehrere Vermarktungsnormen sehen verbindliche Klassifizierungssysteme vor. Diese wurden ursprünglich der Markttransparenz halber eingeführt, damit die Käufer die Preise bekannter Erzeugnisklassen oder -kategorien vergleichen können. Geflügelschlachtkörper und Geflügelteile müssen nach Qualitätskriterien wie der technischen Beschreibung der Beschaffenheit und des Aussehens sowie etwaiger Schäden des Schlachtkörpers in die Handelsklasse „A“ oder die Handelsklasse „B“ eingestuft werden. Eier müssen nach Gewicht in eine der vier Klassen – „XL“, „L“, „M“ und „S“ – und nach der Legehennenhaltung wie folgt eingestuft werden: Käfighaltung, Bodenhaltung, Freilandhaltung und ökologische Erzeugung. Ebenso müssen einige Obst- und Gemüsesorten, bevor sie verkauft werden können, in die Klassen „Extra“, „Klasse I“ oder „Klasse II“ eingestuft werden.

In Bezug auf die Verbindlichkeit der Vermarktungsnormen stellt sich in erster Linie die Frage, ob Regeln notwendig sind, um berechtigte politische Ziele zu verwirklichen, ob die mit dem Verwaltungsaufwand verbundenen Kosten verhältnismäßig sind und ob ihre Anwendung unerwünschte Auswirkungen hat, ob sie also zum Beispiel verhindert, dass innovative oder nicht gängige Erzeugnisse auf den Markt gebracht oder genusstaugliche Erzeugnisse vernichtet werden.

Frage 2: Wie wirkt sich die Tatsache, dass in den Vermarktungsnormen nach EU-Recht Produktidentitäten festgeschrieben sind, auf die Verbraucher, Händler und Erzeuger aus? Was sind die Vor- und Nachteile? Sollte es zulässig sein, im Einzelhandel Erzeugnisse zu verkaufen, die den Hygiene- und Sicherheitsauflagen entsprechen, den Vermarktungsnormen aber aus ästhetischen oder ähnlichen Gründen nicht genügen? Falls ja, sind für solche Erzeugnisse besondere Verbraucherinformationen erforderlich? Könnte die obligatorische Güte- und Gewichtsklassifizierung fakultativ in Form von „fakultativen, vorbehaltenen Angaben“ erfolgen (wie in Abschnitt 2.2 dargelegt)? |

2.2. Vorbehaltene Angaben in Vermarktungsnormen

Fakultative, vorbehaltene Angaben sind gesetzlich definiert. Durch vorbehaltene Angaben erfahren die Käufer, dass das betreffende Erzeugnis einem vorgegebenen landwirtschaftlichen Verfahren oder bestimmten Merkmalen entspricht. Vorbehaltene Angaben in Vermarktungsnormen sollen dem Verbraucher nützliche, richtige und sachbezogene Informationen liefern. Vorbehaltene Angaben dürften auch für Landwirte hilfreich sein, indem sie wertsteigernde Merkmale oder landwirtschaftliche Verfahren hervorheben und somit sicherstellen, dass zusätzliche Produktionskosten zu einer zusätzlichen Rendite führen.

Mit fakultativen, vorbehaltenen Angaben werden außerdem Handelsklassen oder Qualitätsstufen eines Erzeugnisses gekennzeichnet. Das Erzeugnis darf allerdings auch ohne Verwendung einer solchen vorbehaltenen Angabe verkauft werden. Beispiele:

- nach den Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch ist die Verwendung der fakultativen Angaben „gefüttert mit …“, „extensive Bodenhaltung“, „Auslaufhaltung“ oder „bäuerliche Auslaufhaltung“ auf Erzeugnisse beschränkt, die nach vorgegebenen Verfahren erzeugt wurden;

- der Begriff „Kaltpressung“ darf nur für natives Olivenöl oder natives Olivenöl extra verwendet werden, das durch dieses vorgegebene Verfahren gewonnen wurde – der Begriff muss aber nicht verwendet werden.

Vorbehaltene Angaben, deren Gebrauch fakultativ ist, können erforderlichenfalls feststehende Begriffsbestimmungen umfassen, sodass die Landwirte auf bestimmte Erzeugnismerkmale und landwirtschaftliche Verfahren hinweisen können.

Andererseits verwenden Landwirte und Primärerzeuger von Nahrungsmitteln in verschiedenen Agrarsektoren, die die Verbraucher über bestimmte Bewirtschaftungsverfahren informieren wollen, häufig Begriffe wie „Bauern-“, „Berg-“, „kohlendioxidarm“, „natürlich“ usw. Diese beschreibenden Begriffe können verwendet werden, solange sie der eventuell für sie geltenden einzelstaatlichen Definition und der allgemeinen Vorschrift genügen, dass der Verbraucher nicht irregeführt werden darf. Diese Wörter und die dahinterstehenden Bewirtschaftungsverfahren machen die Erzeugnisse attraktiv. Deswegen können die Verbraucher in die Irre geführt werden, wenn beispielsweise durch bestimmte Begriffe der Einsatz extensiver Bewirtschaftungsverfahren nahegelegt wird, das Erzeugnis aber aus einer eher intensiven Landwirtschaft stammt. In jüngster Zeit sind verschiedene Kennzeichnungen aufgetreten, denen zufolge die entsprechenden Bewirtschaftungsverfahren angeblich weniger klimaschädlich sind, was für eine gewisse Verwirrung gesorgt hat. Deswegen kann es erforderlich sein, solche Bewirtschaftungsbegriffe in bestimmten Sektoren auf EU-Ebene festzulegen.

Frage 3: Inwieweit ist es notwendig, in den Vermarktungsnormen auf EU-Ebene „fakultative, vorbehaltene Angaben“ zu definieren? Sollte die Gemeinschaft fakultative, vorbehaltene Angaben definieren, mit denen Bewirtschaftungsverfahren in bestimmten Sektoren beschrieben werden (z. B. „Berg-“, „Bauern-“ und „kohlendioxidarm“)? |

2.3. Vereinfachung von Vermarktungsnormen

Um allgemein EU-Vermarktungsnormen aufzustellen, müssen wir untersuchen, wie sich das Regelungsverfahren vereinfachen lässt. Diese Aufgabe kann entweder in der Kommission wahrgenommen oder anderen Stellen übertragen werden. Möglich ist auch die Heranziehung internationaler Normen.

Eine Vereinfachung sollte auch dem Verwaltungsaufwand der öffentlichen Behörden und der Interessenvertreter Rechnung tragen. So ist die obligatorische Klassifizierung (z. B. Größeneinstufung) von Obst und Gemüse mit Kosten für die Erzeuger verbunden und erfordert, dass die Behörden die Einhaltung der Normen kontrollieren.

Viele EU-Vermarktungsnormen basieren auf den international im Codex Alimentarius oder in der UN-Wirtschaftskommission für Europa ( United Nations Economic Commission for Europe – UN/ECE) vereinbarten Normen. Wenn sie sachdienlich sind, werden diese internationalen Normen als Grundlage für die EU-Vermarktungsnormen herangezogen. Bei Ackerkulturen, für die keine EU-Vermarktungsnormen aufgestellt wurden, wird in einzelstaatlichen Normen auf internationale Normen Bezug genommen oder die privaten Händler berufen sich unmittelbar auf diese, während für bestimmte Obst- und Gemüsesorten verbindliche EU-Normen gelten. Die EU nimmt auch an der Ausarbeitung internationaler Normen teil, denen zuweilen die Normen der EU als Grundlage dienen.

Da sich die Marktnachfrage ändert und technologische Fortschritte erzielt werden, können Vermarktungsnormen teilweise veraltet sein und müssen angepasst und aktualisiert werden. Ganz allgemein gesprochen, gibt es zwei Möglichkeiten, auf dem Laufenden zu bleiben.

Selbstregulierung

Die Wirtschaftsbeteiligten in dem betreffenden Sektor können damit betraut werden, Vermarktungsnormen aufzustellen und zu überwachen, die Produktidentitäten, Produktklassifikationen und vorbehaltene Angaben umfassen. Sofern es internationale Normen gibt, können diese einfach im Handel von den Erzeugern und Händlern angewendet werden.

Händler und Geschäftsleute in einem bestimmten Sektor können auf eigene Initiative Referenznormen oder Verhaltenskodizes aufstellen. Dies bezeichnet man als Selbstregulierung. Die Verwaltungskosten für die Durchsetzung in der Öffentlichkeit sind niedrig, etwaige Streitigkeiten können von den Betreffenden selbst beispielsweise durch Schlichtung gelöst werden. Dagegen ziehen Normen, für deren Durchsetzung Behörden zuständig sind, Inspektions- und Kontrollkosten nach sich, zu denen gegebenenfalls noch Gerichtskosten hinzukommen.

Die Selbstregulierung hat den Vorteil, dass die Maßnahmen von Fachleuten aus der Praxis, die dem tatsächlichen Marktgeschehen sehr nahe stehen, beschlossen, durchgeführt und durchgesetzt werden. Die Verfahren für den Entwurf von Normen können einfacher sein und mehr Flexibilität und schnellere Anpassungen in einem dynamischen Marktumfeld gestatten. Gleichzeitig gelten die technischen Vorschriften nur für die Unternehmen, die sich verpflichtet haben, sie zu beachten (Vereinbarungen unter Vertragspartnern)

Beispiele für die Selbstregulierung bilden der Handel mit Kartoffeln und der Fruchtsaftsektor.

Vereinfachte EU-Verordnung

Eine weitere Möglichkeit, Vermarktungsnormen auf dem neuesten Stand zu halten, besteht darin, die Annahme und Überarbeitung von EU-Vermarktungsnormen durch Koregulierung, direkte Bezugnahme auf internationale Normen und gegebenenfalls durch Selbstverpflichtungen zu vereinfachen.

- Als „Koregulierung“ wird der Prozess bezeichnet, bei dem die Verwirklichung eindeutig definierter Ziele mit einem gemeinschaftlichen Rechtsakt auf in der jeweiligen Branche anerkannte Interessenvertreter übertragen wird. Bei den Vermarktungsnormen würde der Gesetzgeber sich wohl auf die wesentlichen Aspekte des Rechtsakts konzentrieren, während die Interessenvertreter aufgefordert würden, die Gesetzgebung zu ergänzen und auf der Grundlage ihrer Erfahrung technische Daten und Spezifikationen aufzustellen.

- Die EU-Rechtsakte könnten schlicht und einfach auf international vereinbarte Normen verweisen. Damit bräuchten auf EU-Ebene keine Vermarktungsnormen aufgestellt werden. Internationale Normen werden allerdings in der Regel nur in wenigen Sprachfassungen und mit Sicherheit nur in sehr wenigen EU-Amtssprachen angenommen.

- Schließlich könnte die Substanz der derzeitigen Vorschriften beispielsweise durch eine kritische Überprüfung (siehe vorstehende Erörterung der verschiedenen Aspekte von Vermarktungsnormen, insbesondere die „vorbehaltenen Angaben“) vereinfacht und gestrafft werden, und es könnte ein neuer, harmonisierter Rahmen für Vermarktungsnormen entworfen werden, wie dies inzwischen für den Obst- und Gemüsesektor der Fall ist.

Frage 4: In welchem Maße könnte der Entwurf, die Anwendung und die Kontrolle von Vermarktungsnormen (oder Teilen davon) der Selbstregulierung überlassen werden? Falls Vermarktungsnormen (oder Teile davon) weiterhin durch EU-Recht geregelt werden, was wären die Vor- und Nachteile (einschließlich Verwaltungsaufwand) des Einsatzes von Koregulierung? des Verweises auf internationale Normen? der Beibehaltung des derzeitigen legislativen Konzepts (bei möglichst weitgehender Vereinfachung der Substanz)? |

- Teil II: Besondere EU-Qualitätsregelungen

DIE EU HAT VIER SPEZIFISCHE EU-QUALITÄTSREGELUNGEN EINGEFÜHRT, UM GEOGRAFISCHE ANGABEN, DEN ORGANISCHEN LANDBAU, TRADITIONELLE SPEZIALITÄTEN UND ERZEUGNISSE AUS DEN REGIONEN IN ÄUßERSTER RANDLAGE DER EU ZU FÖRDERN. IM RAHMEN DIESER REGELUNGEN WERDEN DEM VERBRAUCHER ERZEUGNISSE KENNTLICH GEMACHT, DIE AUFGRUND IHRES BESONDEREN URSPRUNGS UND/ODER DER BEWIRTSCHAFTUNGSVERFAHREN BESONDERE QUALITÄTSMERKMALE HABEN. DAMIT DIE VERBRAUCHER DARAUF VERTRAUEN KÖNNEN, DASS DIE MIT DEM GÜTEZEICHEN VERBUNDENEN BEHAUPTUNGEN GERECHTFERTIGT SIND, ÜBERWACHEN ÖFFENTLICHE BEHÖRDEN ODER EINE PRIVATE ZERTIFIZIERUNGSSTELLE, OB DIE SPEZIFIKATION BEACHTET WIRD. DIE LANDWIRTE, DIE DIE ORIGINALERZEUGNISSE PRODUZIEREN, WERDEN DAVOR GESCHÜTZT, VON NACHAHMUNGSERZEUGNISSEN, DIE MIT DER GESCHÜTZTEN BEZEICHNUNG VERKAUFT WERDEN, UNTERBOTEN ZU WERDEN. DESWEGEN SOLLTE ES IHNEN MÖGLICH SEIN, FÜR IHRE ZUSÄTZLICHE SORGFALT UND MÜHE EINEN PREMIUMPREIS ZU ERZIELEN.

Die vier Regelungen sollen auf bestimmte Marktnachfragen nach Erzeugnissen mit diesen besonderen Qualitätsmerkmalen eingehen. Zweck dieses Grünbuchs ist es, verschiedene Aspekte dieser Regelungen sowie das Potenzial für weitere EU-Regelungen eingehend zu prüfen.

3. Geografische Angaben

Eine „geografische Angabe“ ist ein Name für ein Agrarerzeugnis oder Lebensmittel, dessen Merkmale oder Ansehen auf das geografische Gebiet zurückgeht, in dem es erzeugt wird. Viele Verbraucher in der EU und zunehmend auch weltweit wünschen Qualitätserzeugnisse und wählen authentische Erzeugnisse aus einem bestimmten geografischen Gebiet. Sie sind bereit, hierfür einen Aufpreis zu bezahlen. Für die Landwirte und Erzeuger können geografische Angaben eine wichtige Einkommensquelle und ein wichtiger Sicherheitsfaktor sein. Darüber hinaus erfüllt sie die Produktion von Qualitätserzeugnissen, die Teil des europäischen Erbes sind, mit Zufriedenheit und mit Stolz.

Dies erklärt, warum die EU Register mit geografischen Angaben für Agrarerzeugnisse, Lebensmittel, Wein und Spirituosen eingerichtet hat, die es erleichtern sollen, den Namen der in Betracht kommenden Erzeugnisse als geistiges Eigentum zu schützen. Die „geografische Angabe“ schließt sowohl die „geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.)“ als auch die „geschützte geografische Angabe (g. g. A.)“ ein. Damit ein Name als g. U. anerkannt wird, müssen sämtliche Produktionsstufen[3] grundsätzlich in dem geografischen Gebiet erfolgen, und die Merkmale des Erzeugnisses müssen ausschließlich oder im Wesentlichen auf den geografischen Ursprung zurückgehen. Damit ein Name als g. g. A. anerkannt wird, muss mindestens eine Produktionsstufe in dem Gebiet erfolgen und der Zusammenhang mit dem Gebiet kann aufgrund einer bestimmten Qualität, des Ansehens oder eines anderen mit dem geografischen Gebiet zusammenhängenden Merkmals begründet werden.

Die Regelung für geografische Angaben der EU steht selbstverständlich auch Drittlandserzeugern offen.

3.1 Schutz und Durchsetzung geografischer Angaben

Schutz

Die Eintragung einer geografischen Angabe bewirkt ihren Schutz als geistiges Eigentum und berechtigt die Erzeuger, Händler und Verkäufer des Originalerzeugnisses, den eingetragenen Namen zu verwenden. Der eingetragene Name darf nicht für ähnliche Erzeugnisse verwendet werden, auch nicht zusammen mit Ausdrücken wie „Art“, „Typ“, „Fasson“; ebenso sind Anspielungen auf den Namen oder Übersetzungen des Namens verboten.

Die Eintragung und der Schutz einer geografischen Angabe können zu Konflikten mit bisherigen (oder potenziellen) Verwendern des Namens führen, wie Inhabern von Marken oder Verwendern von Namen von Pflanzensorten oder Tierrassen, die eine geografische Angabe enthalten. Einige Verwender führen an, der Name werde als Gattungsbezeichnung verwendet, da eine Gattungsbezeichnung nicht als geografische Angabe eingetragen werden kann. Es gibt Rechtsvorschriften, mit denen eine Lösung solcher Konfliktfälle angestrebt wird, und der Europäische Gerichtshof hat die Frage der Gattungsbezeichnung weitgehend geklärt.

Zur besseren Kennzeichnung von Erzeugnissen mit einer geschützten geografischen Angabe hat die EU Bildzeichen eingeführt, mit denen Erzeugnisse mit eingetragenem Namen vermarktet werden.

Durchsetzungsmaßnahmen

Die öffentlichen Behörden oder private Zertifizierungsstellen kontrollieren, ob die Landwirte die Produktspezifikation beachtet haben. Außerdem nehmen die Mitgliedstaaten Verwaltungskontrollen in Bezug auf die Verwendung eingetragener Namen für im Groß- und Einzelhandel vertriebene Produkte, für die die besonderen Rechtsvorschriften für Weine und Spirituosen gelten, und als Teil der amtlichen Kontrollen nach dem EU-Nahrungsmittelrecht bei anderen Produkten vor.

Die Tatsache, dass die Kontrollen geografischer Angaben durch öffentliche Behörden vorgenommen werden, unterscheidet dieses Instrument vom Schutz von Warenzeichen. Warenzeichen sind ein privatrechtliches Instrument. Der Inhaber muss das Warenzeichen notfalls durch Privatklage schützen.

Frage 5: Sollte irgendein Aspekt der Regeln für die Rechte der Verwender geografischer Angaben und anderer Verwender (oder potenzieller Verwender) eines Namens geklärt oder geändert werden? Anhand welcher Kriterien sollte bestimmt werden, dass ein Name eine Gattungsbezeichnung ist? Ist die Regelung für geografische Angaben zu ändern in Bezug auf den Schutzumfang? die Durchsetzung des Schutzes? die darunter fallenden Agrarerzeugnisse und Lebensmittel? Sollte der Rückgriff auf andere Instrumente wie den Schutz von Warenzeichen aktiver gefördert werden? |

- 3.2. Kriterien für die Eintragung geografischer Angaben

Eintragungen müssen unbedingt den Erwartungen entsprechen, die Verbraucher an Qualitätsprodukte richten. Nur so kann das Vertrauen in die Regelung der geografischen Angaben erhalten werden. Insgesamt wurden etwa 3000 geografische Angaben für Weine, Spirituosen, Agrarerzeugnisse und Lebensmittel eingetragen bzw. werden derzeit geprüft. Zahlreiche Anträge werden heutzutage für Produkte eingereicht, die hauptsächlich auf lokalen oder regionalen Märkten verkauft werden. Bei einigen Namen von Verarbeitungserzeugnissen basiert der Zusammenhang zwischen dem geografischen Ort und der Herstellung weniger auf der Rohstofferzeugung, sondern eher auf dem Verarbeitungsverfahren und dem Ansehen des Erzeugnisses. Es ist daher möglich, dass die Rohstoffe außerhalb des Gebiets erzeugt werden, was möglicherweise nicht den Verbrauchererwartungen entspricht.

Bei vielen Produkten beruhen die Qualität und das Ansehen nicht ausschließlich auf Faktoren, die mit der Herkunft und/oder dem Know-how der örtlichen Erzeuger zusammenhängen. Für die Produktqualität und die Erfüllung der Verbrauchererwartungen können auch Nachhaltigkeitskriterien von Belang sein, wie

- der Beitrag des Produkts zur Wirtschaft eines begrenzten geografischen Gebiets,

- die ökologische Nachhaltigkeit der Produktionsverfahren,

- die wirtschaftliche Rentabilität der Produkte und das Exportpotenzial,

- die Anforderung, dass bei verarbeiteten Lebensmitteln alle Rohstoffe ebenfalls aus einem Gebiet im Umland des Gebiets stammen, in dem das Produkt erzeugt wird.

Frage 6: Sollten zusätzliche, einschränkende Kriterien für die Anträge auf Eintragung als geografische Angabe eingeführt werden? Sollten insbesondere die Kriterien für geschützte geografische Angaben – im Unterschied zu den geschützten Ursprungsbezeichnungen – strenger werden, um den Zusammenhang zwischen dem Erzeugnis und dem geografischen Gebiet stärker zu betonen? Sollten besondere Nachhaltigkeitskriterien oder andere Kriterien in die Spezifikation aufgenommen werden, unabhängig davon, ob sie als solche mit dem Ursprung zusammenhängen oder nicht? Was wären die Vor- und Nachteile? |

3.3. Schutz der geografischen Angaben der EU in Drittländern

Einige Erzeugnisse mit geografischer Angabe haben beträchtliches Potenzial für die Ausfuhr auf Märkte für Spitzenprodukte. Wo immer Verbraucher Qualitätsprodukte wünschen, können die EU-Ausführer ihre Stärken ausspielen. Allerdings sind erfolgreiche geografische Angaben auch verlockend für Nachahmung und unbefugte Verwendung. Als Anreiz für EU-Ausführer, Qualitätserzeugnisse außerhalb der EU zu vermarkten, und um ihre Investition zu schützen, muss unbedingt für den Rechtsschutz von geografischen Angaben der Europäischen Union gesorgt werden.

Einige Drittländer haben spezielle Systeme für den Schutz geografischer Angaben, während andere sich für diesen Zweck auf Gesetze über Warenzeichen, Etikettierungsvorschriften oder eine Kombination von Rechtsinstrumenten stützen.

Geografische Angaben sind im Rahmen zahlreicher multilateraler Abkommen geschützt. Die EU hat namentlich im Weinbausektor eine Reihe bilateraler Abkommen geschlossen. Sie strebt einen besseren Schutz und eine besser gesicherte Eintragung auf multilateraler (WTO)-Ebene und durch die Aushandlung zahlreicher bilateraler Übereinkünfte für alle Agrarerzeugnisse an. In bilateralen Übereinkünften wurde angestrebt, die Gesamtliste der geografischen Angaben der EU unter Schutz zu stellen. Da aber viele der 3000 geografischen Angaben, die derzeit in der EU geschützt sind, nur Produkte betreffen, die hauptsächlich auf lokalen oder regionalen Märkten verkauft werden, stellt sich die Frage, ob der internationale Schutz all dieser Namen weiter angestrebt werden sollte.

Frage 7: Auf welche Schwierigkeit stoßen die Verwender von geografischen Angaben, wenn sie versuchen, den Schutz in Drittländern durchzusetzen? Was sollte die EU unternehmen, um geografische Angaben in Drittländern möglichst wirksam zu schützen? |

3.4. Produkte mit geografischen Angaben als Zutaten von Verarbeitungserzeugnissen

Auf den Etiketten verarbeiteter und zubereiteter Erzeugnisse werden häufig die Hauptzutaten genannt. Fällt eine Zutat unter eine geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.) oder eine geschützte geografische Angabe (g. g. A.), so will der Hersteller des Verarbeitungserzeugnisses möglicherweise auf die Verwendung dieser Zutat verweisen, indem er die eingetragene Bezeichnung verwendet. Die Hersteller der Zutat können allerdings Einspruch dagegen einlegen, dass ein Verarbeitungserzeugnis mit der eingetragenen Bezeichnung vermarktet wird.

Die allgemeinen Vorschriften über die Angaben für den Verbraucher umfassen Bestimmungen darüber, wie auf solche Zutaten verwiesen werden darf, ohne die Verbraucher irrezuführen. Wird beispielsweise eine Zutat in der Handelsbezeichnung verwendet, so muss der prozentuale Anteil der Zutat in der Zutatenliste vermerkt sein.

Frage 8: Haben sich aus der Nennung von Zutaten mit einer g. U. oder g. g. A., die in verarbeiteten oder zubereiteten Nahrungsmitteln verwendet wurden, irgendwelche Schwierigkeiten ergeben? |

3.5. Ursprung der Rohstoffe von Produkten mit geschützten geografischen Angaben

Um der Definition der geschützten geografischen Angaben zu genügen, braucht nur eine Produktionsstufe in dem namensgebenden Gebiet stattzufinden. Bei vielen g. g. A. (und einigen g. U.) für Verarbeitungserzeugnisse werden die Rohstoffe nicht in dem betreffenden Gebiet erzeugt. Einige Verbraucher erwarten möglicherweise, dass die Rohstoffe aus diesem Gebiet stammen, während andere möglicherweise erwarten, dass die spezialisierten Hersteller im geografischen Gebiet die hochwertigsten Rohstoffe ungeachtet der Herkunft auswählen. Je nach Art des Erzeugnisses können die Erwartungen der Verbraucher also unterschiedlich sein.

Frage 9: Welche Vor- und Nachteile hat es, den Ursprung der Rohstoffe in den Fällen anzugeben, in denen sie nicht aus dem Gebiet der geografischen Angabe stammen? |

3.6. Kohärenz und Vereinfachung der Regelungen für geografische Angaben

Derzeit gibt es drei Regelungen für die Eintragung und den Schutz geografischer Angaben für Agrarerzeugnisse in der EU, eines für Agrarprodukte und Lebensmittel, eines für Spirituosen und eines für Weinbauerzeugnisse. Dies geht zum Teil auf die Besonderheiten der betreffenden Erzeugnisse und die schrittweise Einführung einer Schutzregelung für jede Erzeugnisart zurück.

Die drei Regelungen basieren zwar auf einer ähnlichen Grundlage: Art des Schutzes, Begriffsbestimmungen, Durchsetzung durch die Verwaltung, Zusammenhang mit Warenzeichen, Regeln für das gleichzeitige Bestehen von gleichlautenden Bezeichnungen, Einrichtung eines Registers und Rolle einer Produktspezifikation. Aufgrund der besonderen Anforderungen für die einzelnen Arten von Erzeugnissen gibt es aber auch Unterschiede u. a. bei den Verfahren. So kommen Weine, landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel sowohl für eine g. U. als auch für eine g. g. A. in Betracht, für Spirituosen hingegen ist nur eine Eintragung als g. g. A. möglich.

Frage 10: Sollten die drei EU-Regelungen für den Schutz geografischer Angaben vereinfacht und harmonisiert werden, und falls ja, in welchem Umfang? Oder sollten sie weiter als eigenständige Eintragungsinstrumente fortentwickelt werden? |

4. Garantiert traditionelle Spezialitäten

„Garantiert traditionelle Spezialitäten“ (g. t. S.) sind die Bezeichnungen von Agrarerzeugnissen oder Lebensmitteln, die unter Verwendung traditioneller Rohstoffe oder mittels traditioneller Herstellungsverfahren erzeugt werden oder die eine traditionelle Zusammensetzung haben. Unter diese Regelung fallen für den menschlichen Verzehr bestimmte Agrarerzeugnisse und eine Reihe von Lebensmitteln wie Bier, Süßwaren, Teigwaren, Fertiggerichte, Suppen, Eiscreme und Sorbets.

Seit der Einführung im Jahr 1992 wurden lediglich 20 g. t. S. eingetragen und etwa 30 weitere Erzeugnisse warten auf die Eintragung. Doch selbst wenn diese durchweg eingetragen werden, ist diese Zahl sehr klein. Wenige der eingetragenen Namen sind wirtschaftlich von Bedeutung.

In den meisten Fällen dient die Eintragung nur dazu, die traditionelle Form des Erzeugnisses festzuhalten, für nicht traditionell hergestellte Erzeugnisse kann die Bezeichnung weiter verwendet werden. Mehr als zwei Drittel der Antragsteller haben sich für diese Art der Eintragung ohne Schutz des Namens entschieden. Als Alternative kann der Name durch die Eintragung vorbehalten werden. In diesem Fall darf er nur für das Erzeugnis verwendet werden, das nach der Spezifikation hergestellt wurde, unabhängig davon, ob es die Angabe „garantiert traditionelle Spezialität“, die Abkürzung „g. t. S.“ oder das EU-Logo trägt. Dies zeigt, dass die meisten Eintragungen als g. t. S. nur der Bestimmung des traditionellen Erzeugnisses, nicht jedoch dem Schutz der Bezeichnung dienen.

Nach dieser Regelung darf jeder Erzeuger, der die vorgeschriebenen Kontrollen zulässt, das traditionelle Erzeugnis herstellen und vermarkten. Offensichtlich haben allerdings nur wenige Erzeuger, die nicht in dem Land tätig sind, in dem der ursprüngliche Antrag gestellt wurde, diese Bestimmung der Verordnung über die garantiert traditionelle Spezialität ausgenutzt.

Frage 11: Gibt es angesichts der geringen Inanspruchnahme der Regelung für die garantiert traditionelle Spezialität einen besseren Weg, traditionelle Spezialitäten zu kennzeichnen und ihren Absatz zu fördern? |

5. Ökologischer Landbau/Biologische Landwirtschaft

Die Verbrauchernachfrage nach ökologisch erzeugten Nahrungsmitteln nimmt seit einigen Jahren ständig zu, und die Nachfrage wächst schneller als das Angebot. Die Landwirte und die Verbraucher verlassen sich darauf, dass die Integrität der Regelung für den ökologischen Landbau gewährleistet, dass das Erzeugnis wie behauptet produziert wurde. Kontrollen durch öffentliche Behörden oder durch Zertifizierungsstellen sind wesentlich, um das Vertrauen in das System zu erhalten und Premiumpreise zu rechtfertigen.

Der Markt für ökologische Nahrungsmittel ist in der EU noch immer in nationale Märkte aufgesplittert. Die Supermärkte der einzelnen Länder neigen dazu, Waren mit dem Zertifikat inländischer Zertifizierungsstellen anzukaufen, obwohl sich alle Zertifizierungsstellen nach den einheitlichen EU-Normen für den ökologischen Landbau richten. Die EU hat daher derzeit die Aufgabe, einen funktionierenden Binnenmarkt für ökologisch erzeugte Waren zu schaffen, ohne den Ruf und die Glaubwürdigkeit der Öko-Kennzeichnung aufs Spiel zu setzen oder zu schmälern.

Seit 1991 gilt in der EU für europäische Erzeuger und Verarbeiter sowie für Drittlandsausführer die ökologische Erzeugnisse in der EU vermarkten wollen, eine Norm mit den Vorschriften für den ökologischen Landbau. Die EU-Norm orientiert sich weitestgehend an den Vorschriften für den ökologischen Landbau, die in einer internationalen Norm des Codex Alimentarius festgelegt wurde , was die Anerkennung von ökologischen EU-Erzeugnissen bei der Ausfuhr in Drittländer vereinfacht.

2004 wurden strategische und politische Ziele für den ökologischen Landbau vereinbart, die im Europäischen Aktionsplan für ökologisch erzeugte Lebensmittel und den ökologischen Landbau dargelegt sind. Das wichtigste Ergebnis bei der Rechtsetzung war eine neue Verordnung über den ökologischen Landbau, die im Juni 2007 angenommen wurde. Da dieser Rechtsakt erst seit Kurzem besteht, will die Kommission in den Mittelpunkt der Anhörung nicht die strategischen Einzelheiten des Rechtsaktes, sondern vielmehr die Frage stellen, wie der Markt für ökologische Erzeugnisse funktioniert.

Frage 12: Welche Faktoren könnten der Entstehung eines europäischen Binnenmarktes für Erzeugnisse des ökologischen Landbaus im Wege stehen? Wie kann das Funktionieren des europäischen Binnenmarktes für Erzeugnisse des ökologischen Landbaus verbessert werden? |

6. Strategie für Qualitätsprodukte aus den Regionen in äusserster Randlage

Die Verordnung über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union[4] sieht die Einführung eines Bildzeichens vor, das für unbearbeitete oder verarbeitete, für die Regionen in äußerster Randlage typische landwirtschaftliche Qualitätserzeugnisse sensibilisieren und deren Verbrauch steigern soll. Die Verwendung des Bildzeichens wird von Stellen überwacht, die von den nationalen Behörden benannt werden. Die Bedingungen für die Verwendung werden von den betreffenden Berufsverbänden aufgestellt. Die Agrarerzeugnisse, für die das Bildzeichen verwendet werden darf, müssen Anforderungen entsprechen, die auf EU-Vorschriften oder – in Ermangelung solcher Vorschriften – auf internationale Normen basieren.

Erforderlichenfalls können auf Vorschlag der repräsentativen Berufsverbände zusätzliche Sonderanforderungen für Erzeugnisse aus den Regionen in äußerster Randlage aufgestellt werden. Bislang haben die Erzeuger in den spanischen und französischen Regionen in äußerster Randlage diese Möglichkeit genutzt (z. B. für Ananas, Bananen, Melonen und andere exotische Früchte aus Guadeloupe, Martinique und La Réunion sowie für Bananen, Tomaten, Gurken und anderes Obst und Gemüse sowie für Blumen und Wein von den Kanarischen Inseln).

Diese Initiativen sollen die Landwirte motivieren, die Qualitätsanforderungen für ihre Erzeugnisse zu beachten, und den Wert der lokalen Erzeugung von Regionen steigern, die durch ihre Entfernung vom europäischen Mutterland und durch die Insellage sowie durch die schwierigen geografischen und meteorologischen Bedingungen benachteiligt sind. Auf diese Weise sollen das Bildzeichen und die daran geknüpften Produktionsauflagen dazu beitragen, den Agrarsektor auf den lokalen und auf den externen Märkten wettbewerbsfähiger zu machen.

Frage 13: Inwieweit hat die Verwendung des Bildzeichens für die Regionen in äußerster Randlage der EU das Bewusstsein für Erzeugnisse aus diesen Regionen geschärft? Wie sollten diese Initiativen fortgeführt werden, damit in diesen Regionen mehr landwirtschaftliche Qualitätserzeugnisse hervorgebracht werden? |

7. Weitere EU-Regelungen

Themen der derzeitigen EU-Qualitätsregelungen sind der geografische Ursprung, traditionelle Erzeugnisse, Erzeugnisse aus bestimmten Regionen und der ökologische Landbau. Diese Systeme sind ein Eckstein der Qualitätspolitik der EU. Es gibt zahlreiche Anwärter für weitere EU-Regelungen, einschließlich Produkte aus Gebieten mit hohem Landschaftswert oder aus Berggebieten, die tiergerechte Haltung (Welfare Quality®)[5], ein EU-Ursprungskennzeichen und die Ausdehnung des Umweltzeichens auf verarbeitete Agrarerzeugnisse. Auch könnte die Innovation gefördert werden.

Jede neue Qualitätsregelung auf EU-Ebene muss politischen Erfordernissen auf EU-Ebene entsprechen, denen eine einzelstaatliche Regelung, eine Regelung des Privatsektors oder ein anderes Instrument nicht adäquat nachkommen kann. Im Rahmen des Gesundheitschecks der Gemeinsamen Agrarpolitik wurden als die wichtigsten Prioritäten die Auswirkungen des Klimawandels, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Wassernutzung hervorgehoben.

Die Kommission würde bei etwaigen neuen Regelungen prüfen, ob weitere Rechtsvorschriften erforderlich sind oder ob in einigen Fällen die Aufstellung von Leitlinien ausreichen könnte.

Verbindliche Regelungen wären insbesondere bei komplexen rechtlichen und wissenschaftlichen Bereichen (z. B. Tierschutz) von Vorteil, während in anderen Fällen freiwillige Regelungen, die dazu dienen, die Betreiber der Systeme bei der Ausarbeitung und Verbesserung ihrer Systeme zu unterstützen, ausreichen könnten.

Der Verwaltungsaufwand für Landwirte und andere Interessenträger, aber auch für die Behörden der Mitgliedstaaten und für die Kommission ist gemäß dem Grundsatz einer besseren Rechtssetzung zu berücksichtigen.

Frage 14: Gibt es drängende Fragen, bei denen die derzeitigen Regelungen ungeeignet sind und vieles dafür spricht, sie auf EU-Ebene zu regeln? Sollte die Kommission in bestimmten Fällen (z. B. bei komplexen rechtlichen und wissenschaftlichen Situationen oder um eine höhere Akzeptanz bei den Verbrauchern zu gewährleisten) verbindliche Regelungen in Erwägung ziehen? Falls dies der Fall ist, wie kann der Verwaltungsaufwand für Interessenvertreter und öffentliche Behörden möglichst gering gehalten werden? |

Teil III: Zertifizierungsregelungen

8. REGELUNGEN FÜR DIE QUALITÄTSZERTIFIZIERUNG VON NAHRUNGSMITTELN

In den letzten Jahren war ein beträchtlicher Zuwachs bei den privaten und staatlichen Regelungen für die Qualitätszertifizierung von Nahrungsmitteln zu beobachten. Dem Einzelhandel bieten diese die Möglichkeit, auf die sich wandelnde Verbrauchernachfrage zu reagieren und den Verbrauchern Erzeugnisse mit besonderen Qualitätsmerkmalen (Eigenschaften des Erzeugnisses oder Produktionsverfahren) anzubieten. Den Verbrauchern bietet die Tatsache, dass die Regelungen auf einer Zertifizierung beruhen, eine zusätzliche Garantie, dass die Angaben auf dem Etikett zuverlässig sind. Für die Landwirte bedeuten sie einerseits einen Kostenfaktor, aber sie bieten ihnen andererseits auch die Möglichkeit, die Verbraucher über die Qualitätsmerkmale des Erzeugnisses zu unterrichten.

In der EU reichen Zertifizierungsregelungen von der Einhaltung verbindlicher Produktionsvorschriften bis zu zusätzlichen Auflagen im Hinblick auf Umwelt- und Tierschutz, organoleptische Merkmale, Arbeitnehmerschutz, fairen Handel, Klimaschutz, ethische, religiöse oder kulturelle Erwägungen, Anbauverfahren und den Ursprung.

Die Lebensmittelindustrie und der Einzelhandel können sich auf die Qualitätszertifizierung verlassen, die eine zusätzliche Garantie für die gelieferten Erzeugnisse bietet. Die Zertifizierung gewährleistet die Rechtssicherheit, dass die Landwirte sich an die richtigen Vorschriften gehalten haben, und verbessert das Image des Einzelhändlers.

Mit der Multiplikation von Regelungen und Kennzeichnungen in jüngster Zeit nahmen allerdings die Bedenken hinsichtlich der Transparenz der Anforderungen von Regelungen, der Glaubwürdigkeit der aufgestellten Behauptungen und deren möglicher Wirkung auf faire Handelsbeziehungen zu.

Mit dieser Anhörung möchte die Kommission Meinungen zum Funktionieren dieser weitgehend privaten Regelungen und ihrer Auswirkungen auf Landwirte innerhalb und außerhalb der EU, einschließlich in Entwicklungsländern, einholen.

8.1. Wirksamkeit der Zertifizierungsregelungen bei der Verwirklichung politischer Ziele

Große Einzelhändler können mithilfe der Zertifizierungsregelungen sicherstellen oder durchsetzen, dass bestimmte Produktions- und Lieferbedingungen beachtet werden. In der Tatsache, dass die Regelungen im Laufe der Zeit immer mehr wurden, hat sich widergespiegelt, wie die Einzelhändler den Wunsch der Verbraucher nach mehr Informationen über die von ihnen gekauften Lebensmittel eingeschätzt haben. Die wichtigsten Aspekte für viele Verbraucher sind Hygiene und Sicherheit sowie der Preis. Für Verbraucher, die Qualitätserzeugnisse mit bestimmten Merkmalen oder mit bestimmten landwirtschaftlichen Verfahren erzeugte Qualitätserzeugnisse nachfragen, schließen die innovationsbegründenden Faktoren Folgendes ein:

- der Wunsch der Verbraucher, wieder mit der Landwirtschaft in Gleichklang zu kommen und lokalen und Saisonerzeugnissen aus einer Landwirtschaft, die für Natur und Gesellschaft nachhaltig ist, den Vorzug zu geben;

- die Umweltanliegen Bekämpfung des Klimawandels, effizientere Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen wie Wasser und Böden sowie Erhaltung der biologischen Vielfalt;

- Förderung des Nährwertes von Lebensmitteln;

- soziale Anliegen: das Gütesiegel für fairen Handel ist ein Beispiel für eine Regelung, die auf der strategischen Absicht aufbaut, den Erzeugern und Arbeitnehmern (vor allem in Entwicklungsländern) zu helfen, aus wirtschaftlicher und sozialer Unsicherheit zu Sicherheit und wirtschaftlicher Selbstversorgung zu gelangen;

- Tierschutz: von Tierschutzvereinen und Landwirten, die mit Einzelhändlern und Wissenschaftlern zusammenarbeiten, geförderte private Regelungen. Im Rahmen dieser Tierschutzregelungen wird in der Regel bescheinigt, dass strengere Anforderungen als die für die Vermarktung geltenden Mindestanforderungen eingehalten werden.

Diese Impulse für die Politik könnten zumindest teilweise erklären, warum so viele Zertifizierungsregelungen eingerichtet wurden. Die Einrichtung und Nutzung einer Zertifizierungsregelung hängt in einigen Fällen davon ab, ob eine Marktnachfrage vorhanden ist.

Regelungen, die sicherstellen sollen, dass geltende Rechtsvorschriften beachtet werden, werden als „Grundregelungen“ bezeichnet. Mit diesen Regelungen werden nicht zusätzlich besondere Qualitätsauflagen eingeführt, sondern ausgehend von grundlegenden Vorschriften ausführliche Regeln für Betreiber vorgegeben (beispielsweise zusätzliche Aufzeichnungen) und Kontrollen vorgesehen, die sicherstellen, dass diese Regeln beachtet werden. Eine solche Regelung wird herangezogen, um damit zu werben, dass die Erzeugung „zertifiziert“ oder „garantiert“ den geltenden Vorschriften (Hygiene usw.) entspricht. Solche Regelungen werden häufig bei Geschäften zwischen Unternehmen eingesetzt, da sie den Unternehmen gewährleisten, dass das gelieferte Erzeugnis geltenden Normen und Auflagen genügt. Diese Regelungen können zum Schutz des Rufs des Unternehmens konzipiert werden und verringern die Wahrscheinlichkeit und die Folgen von Haftungsklagen. Derzeit werden die Endverbraucher nicht darüber informiert, dass ein Erzeugnis diese Grundregelungen erfüllt.

Frage 15: In welchem Maße können Zertifizierungsregelungen für Qualitätserzeugnisse die wichtigsten Forderungen der Gesellschaft in Bezug auf die Produktmerkmale und landwirtschaftlichen Verfahren erfüllen? Inwieweit besteht das Risiko, dass die Verbraucher durch Zertifizierungsregelungen, die für die Einhaltung von grundlegenden Vorschriften sorgen, irregeleitet werden? Mit welchen Kosten und Vorteilen für Landwirte und andere Lebensmittelerzeuger (häufig kleine und mittlere Unternehmen) ist die Teilnahme an Zertifizierungsregelungen verbunden? Sollte eine aktivere Mitwirkung von Erzeugerorganisationen gefördert werden? |

8.2. EU-Aufsicht

Wegen der breiten Vielfalt der Zertifizierungsregelungen sind die einschlägigen Rechtsvorschriften komplex und umfassen mehrere Politikbereiche. Zertifizierungsregelungen unterliegen bestimmten Zwängen, namentlich

- den Regeln des Binnenmarktes. Zertifizierungsdienste sollten grenzüberschreitend frei zugänglich sein. Die Regelungen dürfen nicht de facto zu Handelshindernissen auf dem Binnenmarkt führen;

- den Wettbewerbsregeln;

- den Vorschriften für Verbraucherinformation und Etikettierung. Ist den Verbrauchern bewusst, was hinter dem Anspruch eines Gütezeichens steht?

- den besonderen Rechtsvorschriften für den Bereich, für den die Zertifizierungsregelung gilt.

Die Kommission sieht grundsätzlich keinen Bedarf für eine weitere, spezielle Rechtsetzung für Zertifizierungsregelungen zu diesen Themen, könnte jedoch die Aufstellung von Leitlinien in Betracht ziehen. Diese könnten dazu dienen, den Regelungseignern bei der Aufstellung und Verbesserung der Regelungen zu helfen.

Frage 16: Könnten EU-Leitlinien ausreichen, um zu einer kohärenteren Entwicklung von Zertifizierungsregelungen beizutragen? Welche Kriterien müssten in ein solches Handbuch oder solche Leitlinien aufgenommen werden? |

8.3. Aufwands- und Kostensenkung

Die Kosten für den Beitritt zu einer Zertifizierungsregelung lassen sich in „direkte“ und „indirekte“ Kosten gliedern. Direkte Kosten ergeben sich aus Mitgliedsbeiträgen sowie aus Kontrollen und der Zertifizierung durch Dritte. Indirekte Kosten hängen mit der Einhaltung der Normen der Zertifizierungsregelung (Investitionskosten für die Modernisierung von Anlagen) und zusätzlichen Produktionskosten zusammen.

Die Notwendigkeit, mehr als einer Regelung anzugehören, geht vor allem für Kleinerzeuger mit beträchtlichem (finanziellem und Verwaltungs-)Aufwand einher. Tritt ein Landwirt nicht einer bestimmten Regelung bei, kann sein Erzeugnis von bestimmten Absatzmärkten ausgeschlossen werden.

Die Zertifizierungs- und Kontrollauflagen privater Regelungen kommen zu den amtlichen Kontrollauflagen hinzu.

Frage 17: Wie lassen sich die Verwaltungskosten und der Veraltungsaufwand der Mitgliedschaft in einer oder mehreren Qualitätszertifizierungsregelungen verringern? |

8.4. Internationale Dimension

Im internationalen Handel können Zertifizierungsregelungen dazu dienen, Erzeugnisse mit bestimmten Qualitätsmerkmalen zu bewerben und zu vermarkten. Da die meisten derzeitigen Regelungen in privater Hand (Landwirte, Erzeuger, Lebensmittelindustrie oder Einzelhändler) sind, ist die Europäische Kommission kaum einbezogen.

Für Landwirte in Entwicklungsländern, die den EU-Markt beliefern, sind private Zertifizierungsregelungen mit Kosten, aber auch mit Chancen verbunden. Die Landwirte haben möglicherweise Schwierigkeiten, die Auflagen zu erfüllen. Wenn sie jedoch im Rahmen einer Regelung eines EU-Einzelhändlers zertifiziert werden können, sind sie möglicherweise besser gestellt, um ihre Erzeugnisse in der EU abzusetzen.

Was den Tierschutz anbelangt, so könnte die Anwendung extensiver Bewirtschaftungsverfahren, insbesondere in Entwicklungsländern, die Möglichkeit bieten, den Handel mit tierschutzgerecht erzeugten Produkten zu entwickeln, da die Zertifizierung der Produktionsmethode den Verbrauchern in der EU die gewünschte Garantie in Bezug auf die Angemessenheit der Produktionsbedingungen bieten würde.

Frage 18: Wie können private Zertifizierungsregelungen dafür eingesetzt werden, EU-Ausfuhren zu unterstützen und europäische Qualitätserzeugnisse auf Exportmärkten zu fördern? Wie kann die EU den Erzeugern in Entwicklungsländern, die privaten Zertifizierungsregelungen genügen müssen, um bestimmte Einzelhändler beliefern zu können, den Marktzugang erleichtern? |

Fazit

VORSTEHEND WURDE DIE QUALITÄTSPOLITIK FÜR AGRARERZEUGNISSE ALLGEMEIN DARGESTELLT. DIESES GRÜNBUCH SOLL DEN ANSTOß FÜR DISKUSSION UND SCHRIFTLICHE BEITRÄGE GEBEN. DESWEGEN WERDEN ALLE INTERESSIERTEN KREISE UND BETEILIGTEN AUFGEFORDERT ZU ANTWORTEN. IN EINKLANG MIT DER MITTEILUNG DER KOMMISSION ÜBER „BESSERE RECHTSETZUNG“ SOLLTE DIE ERARBEITUNG VON POLITISCHEN MAßNAHMEN SO TRANSPARENT WIE MÖGLICH SEIN, UND MAßNAHMEN SOLLTEN ERST NACH EINER EINGEHENDEN ANHÖRUNG DER BETEILIGTEN GETROFFEN WERDEN.

Das Grünbuch ist daher der erste Schritt für die politische Entscheidungsfindung. Die eingegangenen Beiträge sollen die Grundlage für die Überlegungen der Kommission über den Entwurf eines Papiers über politische Optionen in Form einer Mitteilung bilden, die heutigen Plänen zufolge im Mai 2009 veröffentlicht werden soll. Der Erfolg der Anhörung im Rahmen dieses Grünbuchs hängt von der Bereitschaft eines breiten Spektrums von Beteiligten ab, in diesem wichtigen öffentlichen Prozess ihre Sorgen, Analysen und Ideen mitzuteilen und auszuführen.

Die Kommission wird die Beiträge veröffentlichen und prüfen und ihre eigene Rückmeldung bekannt machen.

Frage 19: Die Befragten werden gebeten, jeden weiteren Aspekt der Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse zur Sprache zu bringen, der hier nicht erfasst wurde. |

[1] Die Kommission bearbeitet personenbezogene Daten in Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1).

[2] Für folgende Erzeugnisse gelten Vermarktungsnormen: Rindfleisch, Eier, frisches und verarbeitetes Obst und Gemüse, Honig, Hopfen, Milch- und Milcherzeugnisse, Olivenöl, Schweinefleisch, Geflügelfleisch, Schaffleisch, Zucker, Wein, Kakao- und Schokoladeerzeugnisse, Kaffee-Extrakte und Zichorien-Extrakte, Fruchtsaft, Konfitüren, Gelees, Marmeladen usw., Spirituosen sowie Butter, Margarine und Mischfette.

[3] Z. B. Beschaffung der Rohstoffe, Reinigen und Klassifizieren; Verarbeitung, Reifung, Zubereitung oder Endprodukt usw.

[4] Die überseeischen Departements Guayana, Martinique, Guadeloupe und La Réunion (Frankreich), die Kanarischen Inseln (Spanien) sowie die Azoren und Madeira (Portugal).

[5] http://www.welfarequality.net/everyone: Welfare Quality® - ist ein von der Europäischen Kommission gefördertes integriertes Projekt des 6. Rahmenprogramms der EU. Das Forschungsprojekt zielt auf die Entwicklung eines europäischen Bewertungsrahmens für tiergerechte Haltung im Betrieb und von Produktinformationssystemen sowie auf die Entwicklung praktischer Strategien zur Verbesserung des Wohlbefindens landwirtschaftlicher Nutztiere ab.

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