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Document 52008AR0255

    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen Bessere Kompetenzen für das 21. Jahrhundert: eine Agenda für die Europäische Zusammenarbeit im Schulwesen

    ABl. C 76 vom 31.3.2009, p. 58–62 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    31.3.2009   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 76/58


    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Bessere Kompetenzen für das 21. Jahrhundert: eine Agenda für die Europäische Zusammenarbeit im Schulwesen“

    (2009/C 76/12)

    DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

    betont zugleich, dass oberstes Ziel von über den nationalen Rahmen hinausreichenden Maßnahmen die Schaffung eines europäischen Mehrwerts sein muss. Darum schließt der Ausschuss sich der Forderung der Kommission an, die auf gemeinsamen Werten basierende Vielfalt der Schulsysteme in Europa mit ihrer großen Zahl innovativer und exzellenter Verfahren besser zu nutzen. Dies gilt insbesondere für den von der Kommission vertretenen Ansatz, die für die Gestaltung und Inhalte der Bildungssysteme verantwortlichen Stellen — auf lokaler und regionaler wie auf nationaler Ebene — durch die Erleichterung des Austauschs von Erfahrungen zu unterstützen;

    erinnert daran, dass der jeweilige Stand der Dezentralisation in den einzelnen Mitgliedstaaten auch weiterhin geachtet werden muss. In vielen Mitgliedstaaten liegt die Zuständigkeit für das Schulwesen bei den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften. Daher ist ein gutes politisches und administratives Zusammenspiel zwischen allen Ebenen wichtig. Das Schulwesen wird am erfolgreichsten verbessert, wenn die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dabei aktive Partner sind und für die Entwicklung des Unterrichtswesens Verantwortung übernehmen;

    hält die Beschränkung der Mitteilung auf die Strukturierung der europäischen Zusammenarbeit im Schulwesen für einen legitimen und praktikablen Ansatz. Darüber soll jedoch nicht vergessen werden, dass Bildung nicht nur in der Schule erworben wird, sondern auch in vorschulischen Einrichtungen sowie im außerschulischen Alltag, z.B. in der Familie, bei Freizeitgestaltung mit Gleichaltrigen oder durch die Medien. Die für Schulbildung Verantwortlichen sollten versuchen, die ihnen anvertrauten jungen Menschen in der Gesamtheit ihrer Lebensumstände zu sehen, und infolgedessen die außerschulischen Bildungsprozesse und daraus resultierenden Einstellungen zur schulischen Bildung nach Möglichkeit in ihre Überlegungen einbeziehen;

    stellt fest, dass das vorschulische Angebot europaweit zu einem großen Teil durch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften finanziert und seit vielen Jahren kontinuierlich ausgebaut und verbessert wird, so weit es in ihren Kräften steht. Viele Projekte konnten und können jedoch nur mit Unterstützung aus europäischen Programmmitteln gestartet werden, so z.B. die Förderung frühkindlicher Mehrsprachigkeit — vor allem in grenznahen Regionen. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Fördermaßnahmen der Europäischen Union in solchen Fällen mehr Kontinuität bieten müssten, um zu verhindern, dass gute Projekte nach wenigen Jahren aus Finanzmangel eingestellt werden und das erworbene Erfahrungswissen verloren geht. Für die Fortsetzung der Projekte sind Fördermittel seitens der EU vorzusehen;

    erhofft unter diesem Aspekt von dem neuen Programm Comenius Regio größere Entscheidungsspielräume für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, wo sie Prioritäten bei der Förderung von Projekten setzen möchten;

    unterstützt die Kommission in ihrer Forderung nach mehr Gerechtigkeit im Bildungssystem, kann sich jedoch ihren teilweise zu wenig differenzierenden Aussagen über voneinander abweichende Lösungen in einzelnen Mitgliedstaaten nicht anschließen.

    Berichterstatter

    :

    Helma KUHN-THEIS (DE/EVP), Mitglied des Landtags des Saarlandes

    Referenzdokument

    „Bessere Kompetenzen für das 21. Jahrhundert: eine Agenda für die europäische Zusammenarbeit im Schulwesen“

    KOM(2008) 425 endg.

    POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

    DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

    1.

    begrüßt die Mitteilung der Europäischen Kommission „Bessere Kompetenzen für das 21. Jahrhundert“. Sie formuliert wesentliche Herausforderungen, die sich den Schulsystemen in Europa stellen. Er stimmt der Kommission in ihrer Analyse der Probleme und bei den daraus gezogenen Schlussfolgerungen weitgehend zu. Insbesondere teilt er vollinhaltlich die Auffassung der Kommission, dass Investitionen in die Jugend — vor allem auf dem Gebiet der Bildung — höchste Priorität zukommt;

    2.

    hätte es in diesem Zusammenhang als eine wertvolle Hilfe betrachtet, wenn die Kommission den Versuch unternommen hätte, die Größenordnung des finanziellen Engagements der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften abzuschätzen, das sich aus der Umsetzung ihrer Vorschläge ergibt;

    3.

    ist nämlich der Auffassung, dass die Bewältigung der von der Kommission beobachteten Probleme bereits vielerorts im Mittelpunkt der Bemühungen nicht nur der Mitgliedstaaten, sondern auch der lokalen und regionalen Behörden steht. Insofern bedauert der Ausschuss, dass die Kommission in ihren Überlegungen nicht auf den Beitrag und die finanzielle Unterstützung eingeht, den die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufgrund ihrer vielfältigen Zuständigkeiten im Bildungssektor wie auch aufgrund ihrer genauen Kenntnis der örtlichen und regionalen Situation zur Lösung der aufgeworfenen Fragen jetzt schon erbringen;

    4.

    sieht jedoch andererseits durchaus weiteren Handlungsbedarf angesichts der Schlüsselrolle von Bildung für Wirtschaftswachstum und Wohlstand in Europa sowie mit Blick auf die herausragende Bedeutung von Schulbildung im Hinblick auf das lebenslange Lernen. Er befürwortet daher grundsätzlich den Vorschlag einer Verstärkung der europäischen Zusammenarbeit im Schulwesen;

    5.

    betont zugleich, dass oberstes Ziel von über den nationalen Rahmen hinausreichenden Maßnahmen die Schaffung eines europäischen Mehrwerts sein muss. Darum schließt der Ausschuss sich der Forderung der Kommission an, die auf gemeinsamen Werten basierende Vielfalt der Schulsysteme in Europa mit ihrer großen Zahl innovativer und exzellenter Verfahren besser zu nutzen. Dies gilt insbesondere für den von der Kommission vertretenen Ansatz, die für die Gestaltung und Inhalte der Bildungssysteme verantwortlichen Stellen — auf lokaler und regionaler wie auf nationaler Ebene — durch die Erleichterung des Austauschs von bewährten Verfahrensweisen zu unterstützen;

    6.

    erinnert daran, dass der jeweilige Stand der Dezentralisation in den einzelnen Mitgliedstaaten auch weiterhin geachtet werden muss. In vielen Mitgliedstaaten liegt die Zuständigkeit für das Schulwesen bei den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften. Daher ist ein gutes politisches und administratives Zusammenspiel zwischen allen Ebenen sowie die Gestaltung einer gemeinsamen Politik wichtig. Das Schulwesen wird am erfolgreichsten verbessert, wenn die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dabei aktive Partner sind und für die Entwicklung des Unterrichtswesens auf ihrem Territorium Verantwortung übernehmen;

    7.

    hält die Beschränkung der Mitteilung auf die Strukturierung der europäischen Zusammenarbeit im Schulwesen für einen legitimen und praktikablen Ansatz. Darüber soll jedoch nicht vergessen werden, dass Bildung nicht nur in der Schule erworben wird, sondern auch in vorschulischen Einrichtungen sowie im außerschulischen Alltag, z.B. in der Familie, bei Freizeitgestaltung mit Gleichaltrigen oder durch die Medien. Die für Bildung und Jugendpolitik Verantwortlichen sollten versuchen, die ihnen anvertrauten jungen Menschen in der Gesamtheit ihrer Lebensumstände zu sehen, und infolgedessen die außerschulischen Bildungsprozesse und daraus resultierenden Einstellungen zur schulischen Bildung sowie die informelle Bildung nach Möglichkeit in ihre Überlegungen einbeziehen.

    In Bezug auf das Thema „Kompetenzen als Schwerpunkt“ (Kapitel 2)

    8.

    unterstreicht der Ausschuss die Beobachtung der Kommission, dass der Erwerb von Kompetenzen ganz wesentlich von den Lernenden selbst bestimmt wird, „indem sie sich mit ihren Lernzielen auseinander setzen, beim Lernen Selbstdisziplin aufbringen, selbstständig und mit anderen zusammen arbeiten, sich bei Bedarf um Information und Unterstützung bemühen und sämtliche Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologien nutzen“ (Ziffer 2.3). Gerade in einer Gesellschaft, in der die Fähigkeit zum lebenslangen Lernen zunehmend wichtig wird, sind das „Lernen Lernen“ und das selbstständige Lernen von grundlegender Bedeutung und müssen als Schlüsselkompetenzen gefördert werden;

    9.

    hält der Ausschuss es deshalb für wichtig, dass die Schulen über ein schlüssiges Bildungskonzept verfügen, damit die Schülerinnen und Schüler verstehen, wie der von ihnen besuchte Unterricht aufgebaut ist und was von ihnen erwartet wird. Das Lernen von Kindern und Jugendlichen sollte gekennzeichnet sein durch positive Erwartungen, Aufnahme, Stimulierung und Orientierung;

    10.

    schließt er sich der Auffassung an, dass Reformen der Lehrpläne von einem ganzheitlichen und kompetenzorientierten Ansatz ausgehen sollten, der „Lehrkräfte, Lernende und andere Akteure voll einbezieht“ (Ziffer 2.5), wobei besonders die Einbeziehung der Erziehungsberechtigten wichtig ist. Dabei sollte man hohe Erwartungen an das Schulsystem stellen, sich gleichzeitig jedoch bewusst sein, dass Schule zwar viel bewirken kann, sie aber auch in hohem Maße von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen abhängig ist. Zwei Beispiele mögen dies verdeutlichen: Die Bemühungen der Schule fruchten mehr, wenn in Familie und in vorschulischen Einrichtungen bereits eine positive Einstellung zum Lernen grundgelegt wurde. Gegen Ende der Schulzeit sind die Signale, die von der Wirtschaft und vom Arbeitsmarkt ausgehen, ebenfalls sehr wichtig für die Lernmotivation von Jugendlichen. Die Schulen können ihrerseits eine neue staatsbürgerliche Kultur fördern, etwa durch:

    die Errichtung eines lokalen Bildungsnetzwerks, das gemäß dem Grundsatz der Subsidiarität Beiträgen der formellen und informellen Bildungseinrichtungen Rechnung trägt;

    die Bezugnahme auf die Kulturgüter, Traditionen und das wissenschaftliche und wirtschaftliche Erbe der lokalen Gebietskörperschaften;

    ein Curriculum, bei dem die Bildungsarbeit mit den Familien geteilt wird, unter Anerkennung der einzelnen Aufgaben und Unterschiede, aber auch durch die Festlegung der beiderseitigen Pflichten;

    11.

    hält er in Übereinstimmung mit der Kommission die Förderung der Lesekompetenz für eine zentrale Aufgabe der Schule. Manche der von der Kommission genannten Förderstrategien sind — vor allem im Umfeld der Schule — typische Aufgaben der Gebietskörperschaften wie z.B. Förderung der Sprachkompetenz von Familien und Verbesserung der Leseinfrastruktur. Auch für die Entwicklung einer positiven Einstellung zu Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) ist die meist von den Gebietskörperschaften finanzierte Ausstattung von Schulen, Mediatheken und Freizeiteinrichtungen ein wichtiger Faktor;

    12.

    hebt zusätzlich zu dem Erwerb der Schreib- und Lesekompetenz die Bedeutung der Entwicklung von Fertigkeiten im Umgang mit IKT (eLiteracy) in der Schule hervor. Dadurch können die Kinder und Jugendlichen bestmöglich auf ein selbstständiges Leben vorbereitet und befähigt werden, sich moderne Informationstechnologien anzueignen, die einen zusätzlichen Mehrwert für ihre eigene und die gesamtgesellschaftliche Entwicklung darstellen;

    13.

    teilt er die Auffassung der Kommission über die Bedeutung individualisierter Lernansätze wie auch der Intention, mit welcher Beurteilungen erfolgen. Eine Beurteilung sollte formativ, also zukunftsorientiert, sein mit dem Ziel, das weitere Lernen effektiver und individueller zu gestalten. Jedoch sind Beurteilungen häufig summativ, also abschließend, und werden lediglich dazu verwendet, Schüler einzustufen. Hier sieht der Ausschuss noch erheblichen Verbesserungsbedarf in der Lehrkräfteaus- und -fortbildung, wobei auch europäische Programme zur Verbreitung neuer Erkenntnisse beitragen können, vor allem, wenn dadurch die Lehrkräfte in der Aus- und Fortbildung erreicht werden;

    14.

    hält er die Formulierung im dritten Punkt der Zusammenfassung „Anwendung eines umfassenden Ansatzes für die Kompetenzentwicklung, der sich erstreckt auf Lehrpläne, Lernmaterialien, Lehrerausbildung …“ für unglücklich gewählt, da die Präzisierung fehlt, dass hier nicht an einen europaweit harmonisierten Ansatz gedacht ist, sondern dass es sich um eine Anregung für die Mitgliedstaaten und die dort für das Bildungswesen Verantwortlichen handelt;

    15.

    sieht er die Erziehung zu unternehmerischem Verhalten und die Entwicklung von Unternehmergeist in engem Zusammenhang mit dem weiter oben bereits angesprochenen Prinzip, dass generell die Entwicklung zu eigenständigen Persönlichkeiten gefördert werden soll, die bereit sind, von sich aus initiativ zu werden — und dies nicht nur auf wirtschaftlichem Gebiet, sondern auch in bürgerschaftlichem Engagement durch die Übernahme von Verantwortung für die Gemeinschaft. Die Schule muss also ein hochwertiges Lernangebot für alle Schülerinnen und Schüler entwickeln (Kapitel 3), indem sie sich als eine Gemeinschaft für kognitive, kulturelle und soziale Bildung anbietet und Wissen, aber auch staatsbürgerliches Bewusstsein vermittelt. Im Übrigen ist in dieser Hinsicht eine enge Zusammenarbeit mit der örtlichen und regionalen Wirtschaft wichtig.

    In Bezug auf ein hochwertiges Lernangebot für alle Schülerinnen und Schüler (Kapitel 3)

    16.

    schließt der Ausschuss sich vorbehaltlos dem Plädoyer der Kommission für bessere Lernangebote für Vorschulkinder an. Er bekräftigt ausdrücklich die Aussage, dass „eine Verbesserung des Betreuungsangebots und ein erweiterter Zugang dazu möglicherweise die wichtigsten Beiträge (…) zur Verbesserung der Chancen für alle und zur Erreichung der Ziele von Lissabon“ sind. In vorschulischen Einrichtungen werden wesentliche Grundlagen für den späteren Lernerfolg in der gesamten Schulzeit gelegt. Dies gilt nicht nur für Kinder aus benachteiligten Gruppen; eine gute vorschulische Bildung nützt allen. Der Besuch von vorschulischen Einrichtungen bietet eine erste Gelegenheit, Kindern Wissen näher zu bringen, sofern mit sozialpädagogischen Maßnahmen von frühester Jugend an die Grundlagen für eine positive Sozialisation und für positive Einstellungen zum Engagement, zum Lernen und für eine Teilnahme der Familien an der Bildung der eigenen Kinder gelegt werden. Innovative pädagogische Methoden, die in den vorschulischen Einrichtungen angewandt werden, lassen auch qualifizierte Weiterentwicklungen auf den nachfolgenden Bildungsstufen zu. Vorsorglich weist der Ausschuss allerdings darauf hin, dass selbst eine optimale Gestaltung der Vorschulphase die an dem weiteren Bildungsverlauf beteiligten Lehrkräfte nicht von ihrer Verantwortung entbindet, bei ihren Schülern Entdeckungsfreude und Lust am Lernen wach zu halten und weiterzuentwickeln;

    17.

    stellt der Ausschuss fest, dass das vorschulische Angebot europaweit zu einem großen Teil durch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften finanziert und seit vielen Jahren kontinuierlich ausgebaut und verbessert wird, so weit es in ihren Kräften steht. Viele Projekte konnten und können jedoch nur mit Unterstützung aus europäischen Programmmitteln gestartet werden, so z.B. die Förderung frühkindlicher Mehrsprachigkeit — vor allem in grenznahen Regionen. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Fördermaßnahmen der Europäischen Union in solchen Fällen mehr Kontinuität bieten müssten, um zu verhindern, dass gute Projekte nach wenigen Jahren aus Finanzmangel eingestellt werden und das erworbene Erfahrungswissen verloren geht. Für die Fortsetzung der Projekte sind Fördermittel seitens der EU vorzusehen;

    18.

    erhofft er unter diesem Aspekt von dem neuen Programm Comenius Regio größere Entscheidungsspielräume für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, wo sie Prioritäten bei der Förderung von Projekten setzen möchten;

    19.

    unterstützt er die Kommission in ihrer Forderung nach mehr Gerechtigkeit im Bildungssystem, kann sich jedoch ihren teilweise zu wenig differenzierenden Aussagen über voneinander abweichende Lösungen in einzelnen Mitgliedstaaten nicht anschließen. Dies betrifft etwa die Frage, ob Kinder früher oder später auf Schulen, die qualitativ unterschiedliche Schulabschlüsse vermitteln, verteilt werden. Aus einer McKinsey-Studie von 2007 (1) geht hervor, dass die Struktur des Unterrichts für den Lernerfolg weitaus wichtiger ist als die Organisation des Schulsystems. Wie die Kommission es an anderer Stelle ihrer Mitteilung (Kapitel 4) richtigerweise tut, sollte man deshalb an der Verbesserung der Qualität der Lehrerausbildung arbeiten;

    20.

    hält er es für wichtig, dass sich alle Mitgliedstaaten um noch mehr Chancengleichheit beim Zugang zur Schulbildung bemühen. Das Ziel besteht darin, dass alle Zugang zu einer qualitativ hoch stehenden Schulbildung erlangen können und dass soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten für den Bildungserfolg keine maßgebende Rolle spielen;

    21.

    ist er sich dessen bewusst, dass Schüler mit Migrationshintergrund sich in der Mehrzahl der Fälle vor sehr komplexe Probleme gestellt sehen und dass sie deshalb besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Vor diesem Hintergrund begrüßt er, dass die Kommission ein Grünbuch (2) zu der Thematik vorgelegt hat, das Gegenstand einer eigenen Stellungnahme des Ausschusses der Regionen sein wird. Diesbezüglich müssen die Anstrengungen der Schule, die ausländischen Kinder und Jugendlichen und ihre Familien zu integrieren, unterstützt werden mit Angeboten der interkulturellen Erziehung, die allen Personen Aufmerksamkeit schenken und die Unterschiede respektieren. Das Verständnis der grundlegenden Beziehung zwischen Sprache und Kultur verdeutlicht die große Bedeutung des Sprachenerwerbs, ausgehend vom Hör — und Leseverstehen der Sprache des Gastlandes als Mittel der Kommunikation und der Kontaktnahme, bis hin zur Pflege der Sprache des Herkunftslandes als Anerkennung der Identität und Zeichen der Respektierung und Hochschätzung der Vielfalt;

    22.

    betrachtet er es als eine ganz wesentliche Aufgabe der Schule, benachteiligte Schüler zu unterstützen, ihr Selbstvertrauen zu stärken, ihre Fortschritte anzuerkennen und ihnen Wege zum Erfolg zu zeigen, die ihren individuellen Voraussetzungen und Bedürfnissen so weit wie möglich entsprechen. Es soll aber auch nicht vergessen werden, dass Schüler mit guten Voraussetzungen und besonderen Neigungen und Begabungen ebenso Anspruch darauf haben, stimuliert, gefördert und gefordert zu werden. Auch dies gehört zu einem gerechten Schulsystem. Es gehört zu den vornehmsten und schwierigsten pädagogischen Aufgaben, die individuelle Förderung aller Schüler so zu gestalten, dass sie nicht zu gesellschaftlicher Desolidarisierung führt. Das Verantwortungsgefühl des Einzelnen für das Ganze muss erhalten bleiben;

    23.

    fordert er eine massive Verstärkung der Tragweite schulischer wie außerschulischer Maßnahmen zur Reduzierung der Fälle vorzeitigen Schulabbruchs. Lokale und regionale Gebietskörperschaften haben hier eine große Mitverantwortung und investieren erhebliche Mittel. Der Ausschuss erkennt in diesem Zusammenhang die Bereitstellung von Ressourcen aus den europäischen Strukturfonds als eine wesentliche Hilfe an, würde es jedoch begrüßen, wenn den Gebietskörperschaften weitere, möglichst unbürokratische Zugangsmöglichkeiten zu europäischen Fördermitteln eingeräumt würden;

    24.

    erinnert er im Zusammenhang mit der Erwähnung von „Schulen der zweiten Chance“ an die Bedeutung eines zweiten Bildungswegs nicht nur für Jugendliche, sondern während des ganzen Lebens. Allen Erwachsenen, aber natürlich besonders denjenigen, die in Kindheit und Jugend viel versäumt haben, müssen noch Entwicklungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen;

    25.

    hält er allgemeine Vorgaben, welche Bildungsangebote Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gemacht werden sollten, nicht für angemessen. Erstens sind die individuellen Bedürfnisse solcher Kinder sehr unterschiedlich und zweitens unterscheiden sich die Systeme der sonderpädagogischen Förderung in den Mitgliedstaaten erheblich. Es muss generelles Ziel pädagogischen Handelns sein, Schülern mit Lern- und Anpassungsproblemen rechtzeitig und flexibel zu helfen, unabhängig von der Schulform, in der sie sich befinden. Es ist daher nicht korrekt, die Bewertung der Qualität sonderpädagogischer Förderung auf die Frage der besuchten Schulform zu reduzieren. Zahlreichen Schülerinnen und Schülern ermöglichen erst spezialisierte Förderschulen den Zugang zur Bildung. Insbesondere ist es für Kinder mit möglichem sonderpädagogischen Förderbedarf jedoch wesentlich, dass dieser schon im vorschulischen Bereich so früh als möglich erfasst und erkannt wird, um Stützmechanismen zum Einsatz zu bringen. Dies erleichtert den betroffenen Kindern und deren Familien wesentlich den Übertritt in die Schule;

    26.

    unterstreicht er die Bedeutung von Schulentwicklung für die Nachhaltigkeit der in den verschiedenen Bildungssystemen eingeleiteten Reformen. Dabei sollte auch die Rolle der Schulinspektion untersucht werden, die die Flexibilität und Innovation in den Schulen begünstigen und unterstützen sollten. In diesem Zusammenhang fordert der Ausschuss die Kommission dringend zu Vorsicht auf bei Koordinierungs- und Kohärenzmaßnahmen, die den allgemeinen Zielen von Innovation und Unternehmergeist auf Schulebene entgegenwirken könnten, wenn sie als Mittel für eine Standardisierung eingesetzt würden. Der Ausschuss hält Schulentwicklung für ein Thema, bei dem neben den Mitgliedstaaten auch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie die Schulen selbst von einem Austausch der Erfahrungen profitieren können, und er erkennt an, dass europäische Programme, insbesondere Comenius und das frühere ARION, hier von großem Nutzen waren und sind;

    27.

    bekräftigt er die Auffassung des Rates (3), dass Schulen sich zu Lerngemeinschaften entwickeln sollten, die sich selbst evaluieren und neue Ziele setzen, wobei sie sich je nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben der einzelnen Mitgliedstaaten in die Bildungspolitik der lokalen Gebietskörperschaft einbringen und diese Politik mitgestalten sollten. Dies schließt eine Verstärkung der Angebote an die Lehrkräfte ein, sich ständig weiterzubilden und weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang begrüßt der Ausschuss es, wenn Schulen und Lehrkräfte gute Kontakte zur Gemeinschaft in ihrem unmittelbaren Umfeld pflegen. Seines Erachtens ist die regionale und lokale Ebene für die positive Entwicklung einer Schule von ausschlaggebender Bedeutung.

    In Bezug auf das Thema „Lehrkräfte und Schulpersonal“ (Kapitel 4)

    28.

    pflichtet der Ausschuss der Kommission darin bei, dass zum Erreichen der Ziele von Lissabon den Lehrkräften eine Schlüsselposition zukommt. Er sieht eine sowohl pädagogisch als auch fachlich qualitativ hochwertige Erstausbildung mit integrierten Praxisanteilen für vorrangig an;

    29.

    fordert er eine stärkere Mobilität der Lehrkräfte in Aus- und Weiterbildung. Von Lehrkräften, die eigene Erfahrungen in anderen europäischen Staaten gesammelt haben, kann erwartet werden, dass sie ihren Schülern in anschaulicher Weise die Vielfalt europäischer Traditionen und Kulturen, aber auch die Anerkennung gemeinsamer Werte vermitteln können;

    30.

    sieht er weitere Aspekte, die in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften berücksichtigt werden sollten. Dies sind z.B.: Das veränderte Lernverhalten durch die Nutzung des Internets und die damit verbundenen Neuerungen; insofern müssen sich das Lehrerbild und ihre Selbstwahrnehmung ändern. Flexibilität ist unerlässlich: Lehrkräfte müssen Bildungstrends frühzeitig erkennen und sich mit Änderungen im Bildungssektor auseinandersetzen. Lehrer, Sozialarbeiter, Jugendarbeiter und viele andere im pädagogischen Bereich müssen zusammenarbeiten und versuchen, die Berufswelt des jeweils anderen zu verstehen. Teamarbeit sollte ein zentrales Thema in Aus-, Fort- und Weiterbildung sein. Ebenso wichtig sind Netzwerkbildung und Kooperation mit Kollegen an anderen Schulen;

    31.

    schlägt er vor, sich ebenfalls mit der Rolle ergänzender, möglicherweise auch halbprofessioneller Tätigkeiten zu befassen. So wurde z.B. in manchen Regionen die Funktion des Lernbetreuers (Learning Coach) geschaffen, um auf die individuellen Bedürfnisse bestimmter Lernender einzugehen. Hier gibt es möglicherweise nachahmenswerte Modelle für andere Schulsysteme;

    32.

    hält den Vorschlag der Kommission für bessere Einstellungsverfahren für eine Frage, die Aufmerksamkeit erfordert. Den von der Kommission in Ziffer 4.4 genannten Weg einer gezielten Anwerbung qualifizierter Bewerber und ihrer kontinuierlichen Begleitung in Ausbildung und Beruf hält der Ausschuss für einen richtigen Ansatz;

    33.

    stimmt er mit der Kommission darin überein, dass die Ansprüche an die mit der Leitung einer Schule betrauten Personen enorm gestiegen sind. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften haben dies erkannt und in dem Bestreben, kompetente Persönlichkeiten für diese Aufgabe zu gewinnen, bemühen sie sich, die Schulen auch für die Schulleiter zu attraktiven Arbeitsplätzen zu machen;

    34.

    hält es für wichtig, in der weiteren Zusammenarbeit eine generelle Debatte über die Rolle, Aufgaben und den Kompetenzbedarf von Schulleitern zu führen. In diesem Zusammenhang ist auch ein Erfahrungsaustausch über bewährte Verfahren zur Einstellung von Schulleitern wichtig.

    In Bezug auf die Zusammenfassung des Kommissionsvorschlags (Kapitel 5)

    35.

    bietet der Ausschuss der Kommission bei der von ihr vorgeschlagenen Zusammenarbeit seine Unterstützung an. Er unterstreicht nochmals, dass die Zusammenarbeit vorrangig im unmittelbaren Erfahrungsaustausch zwischen den bildungspolitisch verantwortlichen Stellen der Mitgliedstaaten bestehen soll. Der Ausschuss sieht dabei die von der Kommission in der Zusammenfassung vorgeschlagene Fokussierung auf die Verbesserung der Schreib- und Lesekompetenz, die Erweiterung des Zugangs zur Vorschulbildung und die Intensivierung der Lehrerbildung als in der Tat vordringlich an. Er plädiert für eine Vermehrung und Erleichterung der Möglichkeiten, die Weitergabe und Erprobung von Verfahren, die sich in den Kommunen und Regionen bewährt haben, mit Mitteln der EU zu unterstützen — immer unter Beachtung des Grundsatzes, dass die Übertragung von Modellen aus einer Region in eine andere wegen des unterschiedlichen kulturellen und sozialen Kontexts immer sehr umsichtig erfolgen muss und letztlich immer nur aufgrund einer bewussten Entscheidung und mit ausdrücklicher Zustimmung der örtlich Verantwortlichen erfolgen darf;

    36.

    dankt der Ausschuss der Kommission für die in ihrer Mitteilung enthaltenen Impulse und bittet sie um Beachtung der vorstehend gemachten Bemerkungen im weiteren Fortgang der Diskussion.

    Brüssel, den 27. November 2008

    Der Präsident

    des Ausschusses der Regionen

    Luc VAN DEN BRANDE


    (1)  Michael Barber, Mona Mourshed: „How the world's best-performing school systems come out on top“, McKinsey & Company, September 2007.

    (2)  KOM(2008) 423.

    (3)  ABl. C 300 vom 12.12.2007, S. 7.


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