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Document 52006AE1372
Opinion of the European Economic and Social Committee on the Communication from the Commission to the Council, the European Parliament, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions — A new framework strategy for multilingualism COM(2005) 596 final
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine neue Rahmenstrategie für Mehrsprachigkeit KOM(2005) 596 endg.
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine neue Rahmenstrategie für Mehrsprachigkeit KOM(2005) 596 endg.
ABl. C 324 vom 30.12.2006, p. 68–73
(ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)
30.12.2006 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 324/68 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine neue Rahmenstrategie für Mehrsprachigkeit“
KOM(2005) 596 endg.
(2006/C 324/24)
Die Europäische Kommission beschloss am 22. November 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.
Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 6. September 2006 an. Berichterstatterin war Frau LE NOUAIL-MARLIÈRE.
Aufgrund der Neubesetzung des Ausschusses hat das Plenum beschlossen, diese Stellungnahme auf der Oktober-Plenartagung zu erörtern, und hat Frau LE NOUAIL-MARLIÈRE gemäß Artikel 20 GO zur Hauptberichterstatterin bestellt.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 430. Plenartagung am 26. Oktober 2006 mit 105 gegen 1 Stimme bei 5 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen:
1.1 |
Der Ausschuss empfiehlt Folgendes:
|
2. Einleitung: Wesentlicher Inhalt der Kommissionsmitteilung
Mit dieser Mitteilung legt die Europäische Kommission eine neue Rahmenstrategie für Mehrsprachigkeit vor und erneuert ihr eigenes Engagement für die Mehrsprachigkeit. Zum ersten Mal befasst sich die Kommission in einer Mitteilung mit diesem Politikbereich. Sie beleuchtet verschiedene Dimensionen der europäischen Politik in diesem Bereich und schlägt spezifische Maßnahmen vor.
Die Mitgliedstaaten werden aufgerufen, ihre Aufgaben wahrzunehmen und das Lehren und Lernen von Fremdsprachen sowie ihre Anwendung zu fördern. Bemerkenswert ist die Einrichtung eines neuen institutionellen Konsultationsportals in 20 Sprachen durch die Kommission.
Die Kommission stellt in diesem ersten politischen Dokument zur Mehrsprachigkeit eine neue Rahmenstrategie vor, die spezifische Maßnahmen in den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft und Beziehungen zu den Bürgern beinhaltet. Sie verfolgt damit drei Zielsetzungen: Förderung des Sprachenlernens und der Sprachenvielfalt in der Gesellschaft; Förderung einer leistungsstarken multilingualen Wirtschaft; Zugang der Bürger zu den Rechtsvorschriften, Verfahren und Informationen der Europäischen Union in ihrer Sprache. Die Kommission erinnert daran, dass der Europäische Rat von Barcelona im Jahre 2002 die Notwendigkeit hervorgehoben hat, die Vermittlung von mindestens zwei Fremdsprachen zu fördern, und fordert die Mitgliedstaaten auf, Aktionspläne für die Mehrsprachigkeit zu verabschieden, die Ausbildung der Fremdsprachenlehrer zu verbessern, die notwendigen Mittel bereitzustellen, um das Sprachenlernen von frühester Kindheit an zu ermöglichen sowie das Unterrichten anderer Fächer in einer Fremdsprache auszubauen. Die europäischen Unternehmen brauchen Mitarbeiter mit Kenntnissen in den Sprachen der Europäischen Union und unserer Handelspartner in der Welt, und da die Wirtschaftsbereiche, in denen Sprachkenntnisse eine Rolle spielen, in den meisten europäischen Staaten eine rasante Entwicklung verzeichnen, schlägt die Kommission eine Reihe von Maßnahmen vor, um den Aspekt der Mehrsprachigkeit in der Wirtschaft der Union zu verstärken. Im Hinblick auf ihre multilinguale Kommunikationspolitik plant die Kommission einen Ausbau des mehrsprachigen Charakters ihrer zahlreichen Internetsites und ihrer Publikationen durch die Schaffung eines internen Netzes, das über die sprachliche Kohärenz in ihren Dienststellen wachen soll. Sie schlägt des Weiteren vor, eine hochrangige Gruppe zur Mehrsprachigkeit einzusetzen, die sich aus unabhängigen Sachverständigen zusammensetzt und ihr dabei behilflich ist, die Fortschritte in den Mitgliedstaaten zu analysieren. Ferner sollte in Kürze eine Ministerkonferenz über die Mehrsprachigkeit stattfinden, auf der die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, über ihre Fortschritte auf diesem Gebiet zu berichten. Schließlich soll eine neue Mitteilung vorbereitet werden, in der dieser globale Ansatz der Mehrsprachigkeit in der Europäischen Union weiterentwickelt wird.
3. Allgemeine Bemerkungen
3.1 |
Der Ausschuss befürwortet den Vorschlag und weist darauf hin, dass es sich um eine „neue“ Rahmenstrategie handelt und die Mitteilung „das erste politische Dokument über Mehrsprachigkeit“ ist. In diesem Zusammenhang reichen die zahlreichen Anknüpfungspunkte zur alten Rahmenstrategie (1) nicht aus, um ein klares Bild von den Schlussfolgerungen zu erhalten. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass es von Nutzen wäre, wenn die Kommission in einer Synthese deutlich machte, welchen Mehrwert der neue Rahmen liefern soll und welche Auswirkungen im Vergleich erwartet werden. Wird es eine Folgenabschätzung geben, wie sie im interinstitutionellen Abkommen zwischen der Kommission und dem EWSA (2) und im Rahmen der Vereinfachung von Rechtsetzung und der Governance definiert wird? Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Mitteilung vielleicht allein nicht ausreicht, die Mitgliedstaaten davon zu überzeugen, Programme zu verabschieden, die dazu noch nicht einmal obligatorisch sind. Obwohl die Rahmenstrategie vom Rat gefordert wird, setzt sie eine notwendige Harmonisierung voraus, um die Ressourcen, die gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten und der Europäischen Union selbst zur Verfügung gestellt werden, zu optimieren. Diese Harmonisierung kann nur mit genauer Kenntnis der bereits durch die Mitgliedstaaten oder die EU durchgeführten Aktionen Gestalt annehmen. |
3.2 |
Die Europäische Kommission bekräftigt ihr eigenes Engagement: Der Ausschuss schließt daraus, dass es ein früheres Engagement gegeben hat. Er bemerkt, dass die Maßnahmen der Kommission im Bereich der Mehrsprachigkeit weder innerhalb der Kommissionsdienststellen noch in ihren Beziehungen nach außen Anlass zur Zufriedenheit geben. |
3.3 |
Der Ausschuss stellt ein störendes Ungleichgewicht bei der Behandlung der Institutionen auf der einen und der europäischen Zivilgesellschaft in allen ihren Organisationsformen (unabhängiger Dialog zwischen den Sozialpartnern und ziviler Dialog) auf der anderen Seite fest. Alle zur Erarbeitung des EU-Rechts, zu den Anhörungsverfahren und Diskussionen nützlichen und erforderlichen Vermerke, Untersuchungen und Dokumente sind zu einem unverhältnismäßig hohen Teil in englischer Sprache verfasst und zugänglich. Gleiches gilt in verstärktem Maße für die internen oder durch die Kommission organisierten Sitzungen. Ein Sachverständiger der Kommission muss daher de facto Englisch sprechen, ebenso ein Vertreter der Zivilgesellschaft in Brüssel. Fast alle statistischen oder qualitativen Untersuchungen, auf die in der vorliegenden Stellungnahme Bezug genommen wird, liegen ebenfalls nur in englischer Sprache vor. (3) |
3.4 |
Es kommt immer wieder vor, dass Dokumente nicht in der Sprache des Berichterstatters einer Institution oder der gewöhnlich konsultierten Fachleute vorliegen; die Vereinbarung über die drei Pivot-Arbeitssprachen der EU-Institutionen wird in der offiziellen wie auch der informellen Kommunikation der Institutionen bei weitem nicht immer eingehalten. Es sollte hinzugefügt werden, dass es auf diese Weise ein Leichtes ist, einige Diskussionsteilnehmer in zunehmendem Maße von Debatten auszuschließen. Es ist also nicht verwunderlich, in verschiedenen statistischen Erhebungen zu lesen, dass die befragten Personen es bevorzugen, ihr Studium in englischer Sprache zu absolvieren, da sie sich von dieser Entscheidung die besten Berufschancen versprechen. Genau aus dieser Motivation heraus sahen mehrere Generationen von Eltern und Regierungen das Erlernen des Englischen als „erste Wahl“ an und führten damit die gegenwärtige Situation herbei. |
3.5 |
In dem Anhang zur Mitteilung steht des Weiteren zu lesen, dass die (als Mutter- oder Fremdsprache) meistgesprochene Sprache in der EU nicht jene ist, die die höchste Zahl an Muttersprachlern aufweist. Diese Sprache werde (werde, da Eurostat nicht definiert, wie hoch das Niveau und wie groß der Wortschatz sein muss, bevor man eine Sprache wirklich sprechen kann) von 47 % der Befragten gesprochen, während sie nur für 13 % von ihnen die Muttersprache sei. |
3.6 |
Der Ausschuss ist der Ansicht, dass dadurch die direkte und indirekte demokratische Beteiligung der Unionsbürger sowie ihrer Vertretungen — Parlament und Ausschüsse (EWSA, AdR) — an der Erarbeitung der sie betreffenden Regelungen faktisch beeinträchtigt wird. Wenn Berichterstatter der Institutionen oder Vertreter der Zivilgesellschaft im Rahmen der demokratischen und gesetzlichen Institutionen oder Instanzen konsultiert werden, können sie sich häufig nur mühsam oder durch vage Vermutungen einen Begriff davon machen, was die Kommission vorbringt. Wie kann ignoriert werden, dass der Bürger im Vorfeld zu keinem Zeitpunkt effizienten Zugang zur Information gehabt hat? Im Rahmen einer Mitteilung über ein derartiges Thema ist das besonders inkohärent. Es erfordert Mittel und den politischen Willen, diese gemeinsame, intellektuelle und kulturelle Inkohärenz und die Abhängigkeit von der Wirtschaft zu überwinden, die der erforderlichen Beteiligung der Bürger abträglich ist. Der Ausschuss nimmt daher erfreut zur Kenntnis, dass die Kommission beabsichtigt, diese Nachteile auszugleichen und ein leistungsfähigeres Portal zu schaffen, das allerdings die Mehrsprachigkeit und nicht ihre gesamte Kommunikation betrifft. Die von der Kommission verfolgten Zielsetzungen zur institutionellen Kommunikation treten im Kapitel „Mehrsprachigkeit und die Beziehungen Kommission — BürgerInnen“ nicht sehr deutlich hervor: Die vorliegende Mitteilung könnte als einfache Fortsetzung des Plans D aufgefasst werden. Die Kommunikation in 20 Amtssprachen ändert nichts an der institutionellen Kommunikation, die erst stattfindet, nachdem Beschlüsse gefasst wurden, an denen der Bürger keinen Anteil hat und durch die die Bürgerbeteiligung an sich keine Stärkung erfährt. |
3.7 |
Zahlreiche Beobachter weisen darauf hin, dass die ersten Seiten der Portale oder Websites der Institutionen vielsprachig scheinen, aber bei einer vertieften Recherche nur noch Dokumente in englischer Sprache zur Verfügung stehen. |
3.8 |
Der Ausschuss betont, dass jede Sprache als Teil des kulturellen Erbes der Menschheit ihre Daseinsberechtigung hat, und ist der Ansicht, dass die englische Sprache durch übermäßige und laienhafte, weil in der Fachwelt erzwungene, kulturell jedoch weniger entwickelte Verwendung Schaden nehmen könnte. Mit dieser Bemerkung verweist der Ausschuss auf seine Beobachtungen zum Thema weiter unten sowie auf den Status der Sprachen und ihre Verwendungsweisen. |
3.9 |
Angesichts der rein wirtschaftlichen Ausrichtung der Mehrsprachigkeit (auf Konsum, Information, Beruf, Industrie, wissensbasierte Wirtschaft) schlägt der Ausschuss eine stärkere Berücksichtigung menschlicher, sozialer, soziologischer, kultureller und politischer Aspekte vor. Wenn, wie auf der Pressekonferenz aus Anlass der Veröffentlichung dieser Kommissionsmitteilung verlautete, das Kernstück dessen, was den Menschen vom Tier unterscheidet, die Sprache und der durch sie ermöglichte Austausch der Menschen untereinander ist, dann sollte in der Mitteilung gebührend berücksichtigt werden, dass die zwischenmenschlichen Kontakte nicht nur kaufmännischer oder kommerzieller Natur sind, genauso wenig, wie sie ausschließlich durch Beziehungen im Zusammenhang mit der Landes- oder Ressourcenverteidigung bestimmt werden. So wäre es von Vorteil, wenn die Kommission sich in ihrer Mitteilung auf die Arbeiten der Unesco auf diesem Gebiet stützen würde, um konstruktive Empfehlungen unterbreiten zu können. (4) |
3.10 |
Der Ausschuss begrüßt die Verbindungen zwischen der Lissabon-Strategie, ihrer Umsetzung, der europäischen Strategie für Beschäftigung und dieser neuen Rahmenstrategie, schlägt aber vor, dass in der Mitteilung verstärkt auf die notwendigen konkreten Verfügungen zu einer stärkeren Kohärenz zwischen den internen Dienststellen und den Generaldirektionen (Beschäftigung, Kultur, …) der Kommission eingegangen wird. Der Ausschuss empfiehlt, dass die Kommission den Mitgliedstaaten präzise die vorhandenen Verbindungen oder die zusätzlich umzusetzenden Maßnahmen erläutern und ihnen plausibel machen sollte, dass durch die Mehrsprachigkeit ein möglicher Beitrag zur politischen und kulturellen Integration der EU geleistet werden kann und sie als Katalysator für Verständigung und soziale Eingliederung fungiert. Eine Studie über die sektoralen Auswirkungen sollte auch Angaben über Qualität und Anzahl der gesicherten bzw. geschaffenen Arbeitsplätze sowie darüber enthalten, welche realen Veränderungen bei den Löhnen erwartet werden. Der Ausschuss unterstützt die Aufforderung an die Mitgliedstaaten, „nationale Pläne auszuarbeiten, die Aktionen zugunsten der Mehrsprachigkeit eine Struktur geben, ihre Kohärenz sichern und ihnen die Richtung vorgeben“, weist jedoch darauf hin, dass das Angebot auf europäischer Ebene koordiniert werden muss, wenn man auf lange Sicht erreichen will, dass nicht nur einige wenige Sprachen als kompetenzfördernd angesehen werden. Im Rahmen der „Strategie, die EU zum wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen“ sollten die Europäer auch in anderen Weltsprachen kommunizieren können und sich nicht auf die im Binnenmarkt praktizierten Sprachen beschränken, damit Europa seine Sprachbarrieren überwinden kann. Andernfalls könnte die Europäische Union Gefahr laufen, Gefangene ihrer eigenen Sprachbarrieren zu werden. Das Recht der Einwanderer, die Sprache des Aufnahmelandes zu erlernen, sollte mit dem Recht einhergehen, ihre eigene Sprache und Kultur zu bewahren. (5) Die Europäische Union sollte diese Sprachkenntnisse als zusätzliche Humanressource zur Erreichung „weltweiter Wettbewerbsfähigkeit“ ansehen. Einige Unternehmen haben das bereits bedacht, aber es muss noch einmal daran erinnert werden, dass die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaftsvertreter sowie bestimmte Verbraucherorganisationen in diese Überlegungen eingebunden werden müssten. Eine Vorbildfunktion sollten ferner die lokalen Gebietskörperschaften haben, die konkrete Maßnahmen ins Leben gerufen haben und beispielsweise Neuankömmlinge im Hinblick auf ihre Integration in den gängigsten Sprachen der neuen Einwanderer empfangen. |
3.11 |
Ein weiterer Bereich der Wirtschaft, der in der Mitteilung vertieft werden sollte, betrifft die Bedürfnisse und Motivationen der Arbeitnehmer in der Ausübung ihres Berufes oder innerhalb der Beratungsinstanzen, beispielsweise der europäischen Betriebsräte. Der Ausschuss hält es für bedauerlich, dass durch die Mitteilung harmonisierte Programme empfohlen werden könnten, in denen diesen besonderen Bedürfnissen nicht Rechnung getragen wird. In einer Mitteilung dieser Tragweite sollten unter voller Berücksichtigung des sozialen Dialogs und der Grundrechte (6) Themen vorgeschlagen werden, die den Unternehmen und Beschäftigten Perspektiven und Mittel an die Hand geben, um die wichtigsten Träger dieser auf Wissen basierenden, weltweit wettbewerbsfähigsten Wirtschaft zu sein. |
3.12 |
Der Ausschuss erkennt die Einzigartigkeit Europas im Hinblick auf die Mehrsprachigkeit an. (7) Europa ist in dieser Hinsicht kein Einzelfall, es gibt andere Kontinente, Staaten oder politische Gebilde, in denen eine Vielzahl von verschiedenen Sprachen gesprochen wird. |
4. Spezifische Bemerkungen
4.1 |
Die Debatten sowie die europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen des Europarats (8) dürfen nicht den Blick auf andere wichtige Bereiche versperren, z.B.:
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4.2 |
Nach Ansicht des Ausschusses sollte die Kommission Kenntnisse über die bisherige Sprachenpolitik der Mitgliedstaaten auswerten, damit sie die Maßnahmen einschätzen kann, die sie den Mitgliedstaaten vorgibt. |
4.3 |
Der Ausschuss nimmt die Bemühungen der Kommission zur Kenntnis, begrüßt den innovativ angelegten Ansatz, befürwortet die Sprachenvielfalt als ein Aspekt des kulturellen, sozialen und politischen Pluralismus und ist sich der Gefahr des kontraproduktiven Ergebnisses einer weiteren Institutionalisierung des Gebrauchs einer reduzierten Anzahl von Sprachen bewusst. Der Ausschuss erwartet, dass die angekündigte Mitteilung zu diesem Thema auf einer umfassenderen Konsultation der Zivilgesellschaft beruht. |
4.4 |
Der Ausschuss befürwortet die Initiative der Kommission, die Forschungsarbeiten der Hochschulen im Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms stärker zu unterstützen, und empfiehlt, dabei nicht nur die akademischen Arbeiten zu berücksichtigen, sondern auch die Maßnahmen der Netze der in diesem Bereich aktiven Verbände (19). Im Anhang der vorliegenden Stellungnahme gibt der Ausschuss die Arbeiten der im November 2005 von Verbänden der organisierten Zivilgesellschaft (20) veranstalteten „Europäischen Konferenz über Mehrsprachigkeit“ wieder, an denen auch das Forum der Kulturinstitute (21) mitgewirkt hat. Im Ergebnis dieser Konferenz wurde eine „Charta der Mehrsprachigkeit“ erarbeitet, die auf der Website des Verbandes ASEDIFRES, der beabsichtigt, sie den Abgeordneten des Europäischen Parlaments und institutionellen Vertretern zu unterbreiten, zur Diskussion gestellt wird. Der Ausschuss befürwortet und fördert in seiner Eigenschaft als „Brücke zwischen der Zivilgesellschaft und den Institutionen“ derartiger Initiativen als bewährte Praktik. |
Brüssel, den 26. Oktober 2006
Der Präsident
des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Dimitris DIMITRIADIS
(1) KOM(2002) 72, KOM(2003) 449, KOM(2005) 24 vom 2.2.2005, 2005/29/EG, KOM(2005) 356, KOM(2005) 229 und 465.
(2) Protokoll über die Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss (November 2005).
(3) Anm. 2, 12, 17, 19, 24, 25, 26, 30, 31, 32, 37 etc. der Mitteilung KOM(2005) 596.
(4) Allgemeine Erklärung der Unesco zur kulturellen Vielfalt vom 2. November 2001, Konvention zum Schutz und zur Förderung kultureller Ausdrucksformen vom 10. Dezember 2005, die an die notwendige sprachliche Vielfalt sowie an die Ausdrucksformen zur Umsetzung der Vielfalt und des kulturellen Pluralismus als unveräußerliche, unverzichtbare und miteinander verbundene Grundrechte erinnern. Ferner muss die Allgemeine Erklärung der Sprachenrechte erwähnt werden, die auf der Weltkonferenz der Sprachenrechte (6.-8. Juni 1996) in Barcelona proklamiert und von 66 nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen sowie Juristenverbänden unterzeichnet wurde.
(5) Stellungnahme des AdR, CdR 33/2006, verabschiedet auf der 65. Plenartagung am 14. Juni 2006. Berichterstatter: Seamus MURRAY, Ziffer 1.10.
(6) Durch Artikel 21 der Grundrechtscharta der Europäischen Union wird die Diskriminierung aufgrund der Sprache verurteilt. In Artikel 22 heißt es, dass die EU die kulturelle, religiöse und sprachliche Vielfalt respektiert. Es kann bereits auf Gerichtsverfahren verwiesen werden, in denen Arbeitssituationen verhandelt wurden, in denen diese durch die nationale Gesetzgebung garantierten Rechte missachtet werden (General electric medical systems GEMS, Entscheidung des Berufungsgerichts von Versailles, 2. März 2006, Frankreich).
(7) Ziffer IV.2 der Mitteilung.
(8) Charta der Regional- und Minderheitensprachen vom 5. November 1992, ratifiziert von 21 Mitgliedern des Europarats, darunter 13 EU-Mitgliedstaaten.
(9) KOM(2004) 469 endg.
(10) „Weniger verbreitete Sprachen“.
(11) Les processus de modernisation dans l'enseignement des langues pour adultes (Modernisierungsprozesse im Sprachunterricht für Erwachsene), Doktorarbeit von Judith BARNA, Universität Charles de Gaulle — Lille 3, Frankreich, 2005.
(12) Am 14. Dezember 2005 auf der Vollversammlung des Wirtschafts- und Sozialrats von Aquitanien verabschiedete Stellungnahme, Langues et cultures d'Aquitaine (Sprachen und Kulturen von Aquitanien), Berichterstatter: Sèrgi JAVALOYES.
(13) Schlussfolgerungen des Rates zu dem Europäischen Indikator für Sprachenkompetenz (ABl. 2006/C 172/01).
(14) Vorgenannte Stellungnahme, CdR 33/2006.
(15) Eine Muttersprache und zwei lebende Fremdsprachen, Europäischer Rat von Barcelona, 15./16. März 2002, Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Teil I, Ziffer 43.
(16) L'enseignement des langues étrangères comme politique publique (Fremdsprachenunterricht als öffentliche Politik), François GRIN, 2005.
(17) GRIN, 2005, a.a.O., Fußnoten 59 und 84: Alle haben vergessen, dass zu Zeiten des Völkerbunds zahlreiche Staaten die Einführung des Esperanto als internationale Sprache unterstützt haben oder dass die Vollversammlungen der UNESCO 1954 und 1985 Entschließungen verabschiedet haben, die das Esperanto befürworteten. Damals (im September 1922) wurde der Vorgang von Frankreich blockiert, das die Unterrichtung des Esperanto und die Propaganda für diese Sprache als gefährlichen Vektor des Internationalismus und Konkurrent für die Rolle der französischen Sprache in der Welt untersagt hatte. Ebenfalls ist hier die Einführungsvorlesung zum Thema „La Quête d'une langue parfaite dans l'histoire de la culture européenne“ (Die Suche nach einer perfekten Sprache in der Geschichte der europäischen Kultur) von Umberto ECO anzuführen, der 1992 den europäischen Lehrstuhl im Collège de France, Paris, erhielt.
In diesem Zusammenhang verweist der Ausschuss darauf, dass der Unterricht in den alten, so genannten toten Sprachen nach und nach eingestellt wurde. Über die Frage, welche lingua franca (gemeinsame Sprache) eventuell am besten für die heutige europäische Welt geeignet wäre, hinaus trugen diese Sprachen insofern den Keim für eine erleichterte gegenseitige Verständigung zwischen Europäern in sich, als sie der Ursprung zahlreicher europäischer Sprachen (die sich in die Gruppe der indoeuropäischen und die der finnougrischen Sprachen unterteilen lassen) sind und ihre Kenntnis das rasche Erlernen anderer Sprachen ermöglicht.
(18) Für den Begriff Mehrsprachigkeit im Französischen (plurilinguisme und multilinguisme) gibt es mehrere Definitionen. Einige verstehen unter „plurilinguisme“ die Fähigkeit des Einzelnen, mehrere Sprachen zu sprechen, und unter „multilinguisme“ das soziale Umfeld in einem geographischen Gebiet, in dem mehrere Sprachen in Gebrauch sind (Europäische Konferenz über Mehrsprachigkeit, 2005). Andere wiederum definieren die beiden Begriffe genau umgekehrt (GRIN, 2005). In den Augen der Kommission deckt der Begriff „multilinguisme“ beide Aspekte ab, sowohl die Fähigkeiten des Einzelnen als auch das gemeinsame Umfeld.
(19) Wie zum Beispiel: Linguamón, Casa de les llengües, Projekt „Haus der gefährdeten Sprachen“, linguamon@linguamon.cat, das assoziative Netz Babel freiwilliger Dolmetscher und Übersetzer, die an den internationalen und regionalen Sozialforen mitwirken, oder der Verband ASEDIFRES, www.europe-avenir.com, Mitveranstalter der „Europäischen Konferenz über Mehrsprachigkeit“ im November 2005.
(20) Die Teilnehmerliste, die Ergebnisse und die vollständigen Berichte über die Arbeiten können von der in Fußnote 21 genannten Website abgerufen werden.
(21) Mitglieder dieses Forums sind: die Alliance française, das schwedische Kulturzentrum, das italienische Sprachen- und Kulturzentrum, das Institut der Universität London in Paris, das Institut Camões, das Institut Cervantes, das finnische Institut, das Goethe-Institut, das ungarische Institut und das niederländische Institut,
http://www.forumdeslangues.net.