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Document 52005AE0844

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Abänderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates hinsichtlich der Jahresabschlüsse bestimmter Arten von Unternehmen und konsolidierter Abschlüsse“(KOM(2004) 725 endg. — 2004/0250 (COD))

    ABl. C 294 vom 25.11.2005, p. 4–6 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

    25.11.2005   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 294/4


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Abänderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates hinsichtlich der Jahresabschlüsse bestimmter Arten von Unternehmen und konsolidierter Abschlüsse“

    (KOM(2004) 725 endg. — 2004/0250 (COD))

    (2005/C 294/02)

    Der Rat beschloss am 3. Februar 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 44 Absatz 1 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu der obenerwähnten Vorlage zu ersuchen.

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 23. Juni 2005 an. Berichterstatter war Herr BYRNE.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 419. Plenartagung am 13./14. Juli 2005 (Sitzung vom 13. Juli) einstimmig folgende Stellungnahme:

    1.   Zusammenfassung

    1.1

    Der Vorschlag zur Abänderung der Richtlinien zur Rechnungslegung ist eine der Maßnahmen des von der Kommission am 21. Mai 2003 angenommenen Aktionsplans zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts und zur Verbesserung der Unternehmensführung und -kontrolle (Corporate Governance) auf EU-Ebene.

    1.2

    Ziel dieses Vorschlags ist eine weitere Stärkung des Vertrauens in die Jahresabschlüsse und Lageberichte, die von europäischen Unternehmen veröffentlicht werden, um Aktionären und anderen interessierten Parteien (z.B. Mitarbeitern und Lieferfirmen) zuverlässige, vollständige und leicht zugängliche Informationen bereitzustellen.

    1.3

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat sich zu einigen Details des Vorschlags kritisch geäußert, unterstützt jedoch im Allgemeinen die Zielsetzung der Kommission und ist der Auffassung, dass diese Aktion zum Schutz aller interessierten Parteien erforderlich ist.

    2.   Einzelheiten des Kommissionsvorschlags

    2.1

    In dem Vorschlag wird eine Änderung der Rechnungslegungsrichtlinien (78/660/EWG und 83/349/EWG) gefordert, um:

    (a)

    eine kollektive Verantwortung von Organmitgliedern festzulegen, so dass die Verantwortung für die Aufstellung der Jahresabschlüsse kollektiv bei allen Organmitgliedern liegt (unabhängig davon, ob es sich um ein Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan handelt);

    (b)

    die Transparenz von Transaktionen mit nahe stehenden Personen zu vergrößern, so dass alle nicht unter regulären Handelsbedingungen durchgeführten Transaktionen der Unternehmen mit ihren Managern, deren Familienangehörigen oder sonstigen so genannten nahe stehenden Personen einbezogen werden;

    (c)

    die Transparenz nicht-bilanzierter Geschäfte durch die Aktualisierung der Anforderungen in den Rechnungslegungsrichtlinien zu verbessern, so dass diese z.B. auch Spezielle Finanzierungsgesellschaften (SFG) umfassen;

    (d)

    eine Corporate-Governance-Erklärung einzuführen, so dass jedes börsennotierte Unternehmen — in einem spezifischen Abschnitt des Lageberichts — Informationen über seine Praktiken in einer „Corporate-Governance-Erklärung“ bekannt machen sollte.

    2.2

    Die Kommission betont, ihr Ansatz sei prinzipienbasiert; dies solle Proportionalität gewährleisten und für Flexibilität sorgen.

    2.3

    Die Kommission räumt ein, ihr Vorschlag falle nicht unter die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft. Jedoch müssten Jahresabschlüsse in der gesamten EU vergleichbar sein, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Abschlüsse zu erhöhen.

    3.   Allgemeine Bemerkungen

    3.1

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss erkennt an, dass es in Anbetracht der jüngsten Skandale inner- und außerhalb Europas notwendig ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Jahresabschlüsse zu verbessern. Er unterstützt daher diese Initiative mit Entschiedenheit.

    3.2

    Da der Ausschuss die Auffassung teilt, dass gewisse Regelungen umgangen werden oder veralten können, unterstützt er den prinzipienbasierten Ansatz des Vorschlags.

    3.3

    In Anbetracht der Notwendigkeit, Unternehmergeist und Beschäftigung in der EU zu fördern, ist es wichtig, keine übertriebenen Anforderungen hinsichtlich der Offenlegungspflichten festzulegen. Eine übertriebene Offenlegungspflicht könnte zudem von den tatsächlich wesentlichen Dingen ablenken. Der Ausschuss begrüßt daher die Einbeziehung eines Kriteriums der „Wesentlichkeit“ in die Vorschläge; seiner Auffassung nach wäre sogar zu überlegen, ob dieses Kriterium in den Richtlinien nicht vorrangig sein sollte.

    3.4

    Der Ausschuss wünscht zudem, dass die Anforderungen an die Rechnungslegung die nicht börsennotierten KMU nicht übermäßig belasten, da diese Betriebe Wachstumsmotoren der EU sind. Dem Ausschuss ist bekannt, dass es den Mitgliedstaaten freigestellt ist, kleinen und mittleren Unternehmen zu gestatten, den Berichtspflichten nicht vollständig nachzukommen. Seiner Meinung nach wäre es angemessen, die Schwellenwerte für eine Einstufung als kleines oder mittleres Unternehmen grundlegend zu überprüfen, wobei ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden sollte, für die kleinsten unternehmerischen Einheiten die Belastungen zu verringern (1).

    3.5

    Dem Ausschuss ist bekannt, dass das International Accounting Standards Board (IASB) derzeit im Begriff ist, Rechnungslegungsgrundsätze speziell für KMU auszuarbeiten. Der Ausschuss begrüßt diese Entwicklung.

    4.   Besondere Bemerkungen

    4.1   Verantwortung von Organmitgliedern

    4.1.1

    Der Ausschuss unterstützt die Vorschläge zur Festlegung einer kollektiven Verantwortung von Organmitgliedern für die Aufstellung der Jahresabschlüsse und die Erstellung des Lageberichts, wie sie in der EU bereits allgemein praktiziert wird. Wo jedoch eine zweistufige Struktur besteht, ist es wichtig, jedes dieser Organe (Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan) in Bezug auf seine jeweiligen Aufgaben verantwortlich zu machen, ohne dass dabei jedoch die jedem der Organe durch das einzelstaatliche Recht zugewiesenen Kompetenzen überschritten werden.

    4.1.2

    Der Ausschuss schlägt vor, von den Organmitgliedern zu fordern, ihren Abschlussprüfern nach Treu und Glauben und ohne besondere Aufforderung alle Angaben offen zu legen, die für die Jahresabschlüsse und den Lagebericht für relevant erachtet werden.

    4.2   Transaktionen mit nahe stehenden Personen

    4.2.1

    Der Ausschuss begrüßt das von der Kommission gesetzte Ziel, die Transparenz in Bezug auf Transaktionen mit nahe stehenden Personen für nicht börsennotierte Unternehmen zu verbessern, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Jahresabschlüsse von Unternehmen wieder herzustellen. Transaktionen mit nahe stehenden Personen sind in Privatunternehmen, u.a. auch in KMU, häufig von besonderer Bedeutung.

    4.2.2

    Artikel 1 zur Änderung von Artikel 43 der Vierten Richtlinie durch Einfügung von Ziffer 7 (b) fordert, „die Natur, den Geschäftszweck und den Betrag“ von Transaktionen mit nahe stehenden Personen, die nicht „zu regulären wirtschaftlichen Bedingungen“ abgeschlossen wurden, offen zu legen. Diese Offenlegung geht über die Anforderungen der IAS 24 insbesondere insoweit hinaus, als gefordert wird, „den Geschäftszweck“ solcher Transaktionen offen zu legen. Der Ausschuss stellt den Vorschlag in Frage, über die IAS 24 hinauszugehen, was vielen nicht börsennotierten Unternehmen wahrscheinlich bedeutende Zusatzkosten verursachen würde, die nicht im Verhältnis zu dem Nutzen für die Leser der Jahresabschlüsse stünden.

    4.3   Nicht-bilanzierte Geschäfte und Spezielle Finanzierungsgesellschaften

    4.3.1

    Die Kommission schlägt vor, die Transparenz insbesondere durch die Anforderung zu verbessern, die Offenlegung von Material zu nicht-bilanzierten „Geschäften“ einschließlich SFG in den Anhang zu den Jahresabschlüssen einzubeziehen. Der Ausschuss unterstützt diese Forderung, doch bleibt diese seiner Auffassung nach aufgrund der fehlenden Definition des Begriffs „Geschäft“ recht vage; aus diesem Grund besteht nach Ansicht des Ausschusses die Notwendigkeit einer Klärung und der Erstellung von Leitlinien, möglichst an Hand passender Beispiele.

    4.3.2

    Der Ausschuss empfiehlt, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einzuräumen, die Offenlegung auf die Informationen zu beschränken, die unbedingt zur Beurteilung der finanziellen Situation eines Unternehmens erforderlich sind, um so zu verhindern, dass sich die Offenlegung bei den KMU zu stark auswirkt.

    4.4   Corporate-Governance-Erklärung

    4.4.1

    Der Ausschuss begrüßt die Anforderung an börsennotierte Unternehmen, Informationen über Unternehmensführungs- und -kontrollstrukturen offen zu legen, die für Investoren von großer Bedeutung sind. Wird diese Erklärung in den Jahresabschluss einbezogen, werden sich die Abschlussprüfer dazu äußern müssen, ob sie mit den Jahresabschlüssen für dasselbe Geschäftsjahr in Übereinstimmung steht, wie es bereits nach Artikel 5 Ziffer 1.1 der Vierten Richtlinie für den Jahresabschluss selbst der Fall ist.

    4.4.2

    Allerdings zeichnet sich bereits ein Problem ab, da einige Mitgliedstaaten über die Anforderungen der Vierten und der Siebten Richtlinie hinausgegangen sind und den Jahresabschluss — der in Zukunft auch die Corporate-Governance-Erklärung einbeziehen würde — zum Gegenstand einer vollständigen Rechnungsprüfung gemacht haben. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass sich nicht alle Teile der Corporate-Governance-Erklärung für eine vollständige Rechnungsprüfung anbieten. Eine Lösung könnte sein, börsennotierte Unternehmen zu verpflichten, eine Corporate-Governance-Erklärung „zusammen mit dem Jahresabschluss und dem Lagebericht“ zu veröffentlichen, doch sollte diese Erklärung einer Übereinstimmungsprüfung wie in Absatz 4.4.1 beschrieben unterworfen werden.

    4.4.3

    Der Ausschuss ist der Auffassung, dass Artikel 46a Ziffer 3 zu weit gefasst ist. Er schlägt folgenden Wortlaut vor: „eine Beschreibung der Hauptmerkmale des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems des Unternehmens in Bezug auf den Rechnungslegungsprozess.“

    4.5   Weitere Punkte

    4.5.1

    Die in Artikel 2 zur Änderung der Siebten Richtlinie verwendete Terminologie „von direkter Relevanz ist und Unterstützung […] bietet“ unterscheidet sich von der für die Vierte Richtlinie verwendeten „wesentlich sind und […] unterstützen“. Für diese offensichtliche Inkonsistenz ist kein plausibler Grund ersichtlich. Daher schlägt der Ausschuss vor, in beiden Fällen den Wortlaut für die Vierte Richtlinie zu verwenden, der das wichtige Wort „wesentlich“ enthält.

    4.5.2

    Die Wendung „nicht zu regulären wirtschaftlichen Bedingungen“ wird in Artikel 1 zur Änderung von Artikel 43 Ziffer (1) der Vierten Richtlinie durch Einfügung von Ziffer 7 (b) verwendet. Eine ähnliche Formulierung findet sich in Bezug auf die Siebte Richtlinie in Artikel 34 Ziffer 7 (b). In der Begründung wird „nicht unter regulären geschäftlichen Bedingungen“ durch die Hinzufügung von „d.h. nicht auf rein geschäftlicher Grundlage wie unter unabhängigen Partnern“ definiert. Da es sich bei Letzterem um einen im Rechnungswesen allgemein verwendeten Begriff handelt, schlägt der Ausschuss vor, bei der Änderung der Richtlinien diesen Begriff zu verwenden.

    Brüssel, den 13. Juli 2005

    Die Präsidentin

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Anne-Marie SIGMUND


    (1)  In den Artikeln 11 und 27 der Vierten Richtlinie werden für die Zwecke der Richtlinie folgende Größenkriterien für KMU festgelegt:

     

    Artikel 11

    (Kleinunternehmen)

    Artikel 27

    (Mittlere Unternehmen)

    Bilanzsumme

    EUR 3 650 000

    EUR 14 600 000

    Nettoumsatzerlöse

    EUR 7 300 000

    EUR 29 200 000

    Durchschnittliche Anzahl der während des Geschäftsjahrs Beschäftigten

    50

    250


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