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Document 52004XC0128(02)

    Leitlinien für die Minimierung des Risikos der Übertragung von Erregern der Spongiformen Enzephalopathie tierischen Ursprungs durch Human- und Tierarzneimittel (EMEA/410/01 Rev. 2 — Oktober 2003) angenommen vom Ausschuss für Arzneispezialitäten (Committee for Proprietary Medicinal Products — CPMP) und vom Ausschuss für Tierarzneimittel (Committee for Veterinary Medicinal Products — CVMP)

    ABl. C 24 vom 28.1.2004, p. 6–19 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    52004XC0128(02)

    Leitlinien für die Minimierung des Risikos der Übertragung von Erregern der Spongiformen Enzephalopathie tierischen Ursprungs durch Human- und Tierarzneimittel (EMEA/410/01 Rev. 2 — Oktober 2003) angenommen vom Ausschuss für Arzneispezialitäten (Committee for Proprietary Medicinal Products — CPMP) und vom Ausschuss für Tierarzneimittel (Committee for Veterinary Medicinal Products — CVMP)

    Amtsblatt Nr. C 024 vom 28/01/2004 S. 0006 - 0019


    Leitlinien für die Minimierung des Risikos der Übertragung von Erregern der Spongiformen Enzephalopathie tierischen Ursprungs durch Human- und Tierarzneimittel (EMEA/410/01 Rev. 2 - Oktober 2003) angenommen vom Ausschuss für Arzneispezialitäten (Committee for Proprietary Medicinal Products - CPMP) und vom Ausschuss für Tierarzneimittel (Committee for Veterinary Medicinal Products - CVMP)

    (2004/C 24/03)

    Das Ziel dieser Revision der TSE-Leitlinien (TSE = Transmissible Spongiforme Enzephalopathien) besteht u. a. darin, die Risikobewertung in das Verfahren zur Überwachung der Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften aufzunehmen, verschiedene Termine und Einstufungen klarzustellen sowie den wissenschaftlichen Fortschritt und die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften und Regelungen bezüglich der Genehmigung von Human- und Tierarzneimitteln zu berücksichtigen. Sie ersetzt die vorhergehende Revision der Leitlinien (EMEA/410/01 Rev. 1, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften C 286 vom 12.10.2001, S. 4). Diese Leitlinien gelten ab 1. Juli 2004.

    1. EINFÜHRUNG

    1.1 WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND

    Transmissible Spongiforme Enzephalopathien (TSE) sind chronische neurodegenerative Erkrankungen, die durch die Ansammlung einer abnormalen Isoform eines zellulären Glycoproteins, bekannt als PrP bzw. Prionprotein, gekennzeichnet sind. Die abnormale Isoform des PrP (PrPSc) unterscheidet sich vom normalen PrP (PrPc) durch ihre hohe Proteaseresistenz und Hitzebeständigkeit. PrPSc gilt als der für die Übertragung der TSE-Erkrankung verantwortliche Erreger.

    Zu den TSE-Erkrankungen bei Tieren zählen:

    - die spongiforme Enzephalopathie bei Rindern (BSE),

    - die Traberkrankheit bei Schafen und Ziegen (Scrapie),

    - die chronische Schwundkrankheit bei Hirschen und Elchen,

    - die transmissible Enzephalopathie bei gezüchteten Nerzen,

    - die spongiforme Enzephalopathie bei Feliden (insbesondere Hauskatzen und in Gefangenschaft lebende Großkatzen), sowie

    - die spongiforme Enzephalopathie bei im Zoo lebenden exotischen Huftieren.

    Beim Menschen gehören zu den spongiformen Enzephalopathien verschiedene Formen der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK), Kuru, das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom und die Schlafstörung Fatal Familial Insomnia.

    Fälle von iatrogener Übertragung spongiformer Enzephalopathien sind aufgetreten. Bei Schafen wurde Scrapie durch den Impfstoff Louping III übertragen: bei der Herstellung des Impfstoffs, der aus mit Formaldehyd behandeltem Gehirn- und Milzmaterial von Schafen gewonnen wird, wurde versehentlich Material von an Scrapie erkrankten Schafen verwendet. Beim Menschen wurden Fälle von CJK-Übertragung zurückgeführt auf die wiederholte parenterale Verabreichung von Wachstumshormonen und Gonadotropin, die aus postmortal entnommenem menschlichem Hypophysegewebe gewonnen wurden. CJK-Fälle werden auch in Verbindung gebracht mit der Verwendung kontaminierter Instrumente in der Gehirnchirurgie und mit der Transplantation von menschlicher Hirnhaut und Hornhaut.

    Die TSE-Übertragung zwischen Spezies wird durch Artenschranken gehemmt. Dabei wird die Übertragbarkeit durch die Herkunftsspezies, den Prionenstamm, die Dosis, den Ansteckungsweg und bei einigen Spezies durch die Wirtsallee des PrP-Gens beeinträchtigt. Unter bestimmten Umständen können Artenschranken übersprungen werden.

    Die spongiforme Enzephalopathie bei Rindern (BSE) wurde erstmals 1986 im Vereinigten Königreich festgestellt. Damals war eine große Anzahl von Rindern und Beständen befallen. BSE wird eindeutig durch Futtermittel übertragen, wobei ein Zusammenhang zur Verfütterung von Tiermehl besteht, das aus TSE-befallenen Tieren gewonnen wurde. In anderen Ländern traten BSE-Fälle entweder bei aus dem Vereinigten Königreich eingeführten Tieren oder bei einheimischen Tieren auf. Vieles spricht dafür, dass die Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK) von dem Erreger ausgelöst wird, der bei Rindern BSE verursacht. Daher ist größte Vorsicht angezeigt, wenn biologische Materialien von Spezies, die auf natürlichem Wege von TSE-Erkrankungen befallen wurden, für die Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden. Dies gilt insbesondere für Rindermaterial.

    Scrapie ist weltweit verbreitet. Die Krankheit ist in nahezu allen europäischen Ländern aufgetreten. Die meisten Scrapie-Fälle wurden im Vereinigten Königreich verzeichnet. Obgleich der Mensch seit mehr als 200 Jahren natürlich auftretenden Scrapie-Erkrankungen ausgesetzt war, gibt es keinen epidemiologischen Beweis für einen direkten Zusammenhang zwischen Scrapie und den spongiformen Enzephalopathien beim Menschen. Allerdings besteht theoretisch das derzeit nicht quantifizierbare Risiko, dass eventuell mit BSE verseuchte Futtermittel zur Eiweißergänzung an Schafe verfüttert wurden. Falls durch dieses Futtermittel eine rezividierende BSE-Infektion bei Schafen ausgelöst wird, kann diese als Scrapie-Erkrankung diagnostiziert werden und als solche das Risiko von TSE-Erkrankungen beim Menschen in sich bergen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass BSE-Erreger, die durch verseuchtes Futtermittel auf kleinere Wiederkäuer übertragen werden, voraussichtlich in den Recycling-Kreislauf gelangen und sich weiter ausbreiten.

    1.2 ÜBERWACHUNG DER EINHALTUNG DER GELTENDEN RECHTSVORSCHRIFTEN

    Risikobewertung - Da sich die Verwendung von aus Tieren gewonnenen Materialien für die Herstellung einiger Arzneimittel nicht vermeiden lässt und eine vollständige Risikobeseitigung an der Quelle selten möglich ist, dienen die Maßnahmen zur Eindämmung der Risikos einer TSE-Übertragung bei Tieren durch Arzneimittel vielmehr der Minimierung des Risikos als seiner Beseitigung. Folglich sollte die Überwachung der Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften auf der Grundlage einer Risikobewertung durchgeführt werden, wobei alle in diesen Leitlinien genannten einschlägigen Faktoren zu berücksichtigen sind (siehe unten).

    Rechtliche Aspekte - Diese Leitlinien haben durch die Anhänge I der Richtlinien 2001/82/EG bzw. 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Tier- bzw. Humanarzneimittel (Richtlinie 2001/83/EG geändert durch die Richtlinie 2003/63/EG der Kommission(1)) den Status von Rechtsvorschriften erhalten. Nach diesen Richtlinien muss bei der Stellung eines Antrags auf eine Marktzulassung für Human- bzw. Tierarzneimittel der Nachweis erbracht werden, dass die Arzneimittel gemäß der im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten neuesten Fassung dieser Leitlinien hergestellt werden. Diese Verpflichtung bleibt auch nach der Erteilung der Marktzulassung bestehen.

    Der Grundsatz der spezifizierten Risikomaterialien nach der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates(2) gilt per definitionem nicht für Arzneimittel. Die Verwendung von Stoffen, die aus hochinfektiösem Gewebe gewonnen werden, muss nach einer geeigneten Nutzen-Risiko-Analyse hinreichend begründet werden (siehe unten).

    Diese Leitlinien sind im Zusammenhang mit den verschiedenen Rechtsinstrumenten der Europäischen Gemeinschaft einschließlich der seit 1991 schrittweise umgesetzten Entscheidungen der Kommission zu sehen. Gegebenenfalls wird auf diese Entscheidungen im Text Bezug genommen. Die Stellungnahmen und Erläuterungen des Ausschusses für Arzneispezialitäten (CPMP) und des Ausschusses für Tierarzneimittel (CVMP) sind für die Überwachung der Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften weiterhin maßgebend, sofern sie nicht durch diese Leitlinien ersetzt werden.

    In das Europäische Arzneibuch wird eine allgemeine Monografie mit dem Titel: "Produkte, die Erreger von spongiformen Enzephalopathien tierischen Ursprungs übertragen können" aufgenommen. Diese Monografie bezieht sich auf ein allgemeines Kapitel des Europäischen Arzneibuchs, das mit den vorliegenden Leitlinien identisch ist. Auf der Grundlage dieser Monografie werden Eignungszertifikate ausgestellt, die als Nachweis dafür gelten, dass zur Herstellung von Human- und Tierarzneimitteln verwendete Stoffe und Materialien den TSE-Vorschriften entsprechen.

    Erläuterungen zu den Leitlinien - Da sich der Wissensstand bezüglich der TSE und insbesondere der Pathogenese dieser Erkrankungen ständig weiterentwickelt, kann es von Zeit zu Zeit erforderlich werden, dass der CPMP und seine Arbeitsgruppe "Biotechnologie" in Zusammenarbeit mit dem CVMP und dessen Arbeitsgruppe "Immunologie" zusätzliche Stellungnahmen oder Erläuterungen zu diesen Leitlinien ausarbeiten. Diese werden von der Kommission veröffentlicht und auf die Website der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) gesetzt. Darüber hinaus werden sie bei der Zertifizierung der Europäischen Direktion für Arzneimittelqualität (EDQM - European Directorate for the Quality of Medicines) entsprechend berücksichtigt.

    Umsetzung der überarbeiteten Leitlinien - Alle in der EU zugelassenen Arzneimittel entsprechen nachweislich den Leitlinien für die Minimierung des Risikos der Übertragung von Erregern der spongiformen Enzephalopathie tierischen Ursprungs durch Human- und Tierarzneimittel (EMEA/410/01 - Rev. 1) sowie den rechtlichen Anforderungen nach den Anhängen I der Richtlinie 2001/82/EG (Tierarzneimittel) bzw. der Richtlinie 2001/83/EG, geändert durch die Richtlinie 2003/63/EG (Humanarzneimittel). Diese überarbeiteten Leitlinien sind zukünftig rechtswirksam, d. h. sie gelten für alle Arzneimittel, die nach dem Inkrafttreten der überarbeiteten Leitlinien zugelassen bzw. deren Marktzulassung nach ihrem Inkrafttreten verlängert wird.

    2. GELTUNGSBEREICH DER LEITLINIEN

    TSE-relevante Tierarten - Zu den TSE-relevanten Tierarten zählen per definitionem Rinder, Schafe, Ziegen und sonstige Tiere, die naturgemäß für eine Infektion mit Erregern der transmissiblen spongiformen Enzephalopathie bzw. für eine Infektion auf oralem Wege anfällig sind. Ausgenommen sind Menschen(3) und nicht-menschliche Primaten(4).

    Materialien - Gegenstand dieser Leitlinien sind von TSE-relevanten Tierarten stammende Materialien, die verwendet werden für die Herstellung von:

    - Wirkstoffen,

    - Präparaten und Adjuvantien,

    - Rohmaterialien, Ausgangsmaterialien und Reagenzien für die Arzneimittelproduktion (z. B. Rinderserumalbumin, Enzyme, Zellkulturmedien einschließlich der für die Herstellung von Arbeitszellbänken bzw. neuen Masterzellbänken für Arzneimittel verwendeten, für die eine neue Marktzulassung erforderlich ist).

    Diese Leitlinien gelten auch für Materialien, die bei der Herstellung des Arzneimittels mit den benutzten Ausrüstungsgegenständen bzw. mit dem Arzneimittel selbst in direkten Kontakt kommen und daher eine Kontamination verursachen könnten.

    Bei Materialien, die für die Eignungsprüfung von Anlagen und Ausrüstungsgegenständen verwendet werden (z. B. Zellkulturmedien für Media Fills zur Validierung des aseptischen Abfuellverfahrens), wird davon ausgegangen, dass sie diesen Leitlinien entsprechen, sofern das Gewebe, dem der/die Bestandteil/e entnommen wurde/n, keine nachweisbare Infektiosität aufweist (Gewebe der Kategorie C) und auf das Risiko einer Kreuzkontamination mit eventuell infiziertem Gewebe hin überprüft wurde (siehe Abschnitt 3.3). Darüber hinaus müssen die Materialien aus einem Land der GBR-Kategorien I/II stammen (siehe Abschnitt 3.2). Die entsprechenden Informationen sind in den Antragsunterlagen für die Marktzulassung anzugeben. Während der Routinekontrolle wird überprüft, ob sie mit der Guten Herstellungspraxis übereinstimmen.

    Bei anderen Materialien wie beispielsweise Reinigungsmittel, Weichspüler und Schmierstoffe, die während der Routineherstellung, der Fertigstellung oder der Primärverpackung mit dem Arzneimittel in Kontakt kommen, wird davon ausgegangen, dass sie diesen Leitlinien entsprechen, sofern sie aus Talg nach den Bestimmungen des Abschnitts 6 gewonnen werden.

    Saatgutpartien, Zellbänke und Routinefermentierung/-herstellung(5) - Zum Zwecke der Überwachung der Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften fallen Master-Saatgut und Master-Zellbänke, die in Anträgen auf eine Marktzulassung angegeben werden, unter diese Leitlinien, falls die Anträge nach dem 1. Juli 2000 (für Humanarzneimittel) bzw. nach dem 1. Oktober 2000 (für Tierarzneimittel) eingereicht wurden.

    Bei Master-Zellgut und Master-Zellbänken

    a) für Impfantigene,

    b) für ein mit Hilfe eines biotechnologischen Verfahrens hergestelltes Arzneimittel nach Teil A des Anhangs der Richtlinie 2309/93 des Rates, sowie

    c) für sonstige Arzneimittel, für deren Herstellung Saatgut- oder Zellbanksysteme verwendet werden,

    deren Verwendung für die Herstellung eines Bestandteils eines zugelassenen Arzneimittels genehmigt wurde, wird davon ausgegangen, dass sie diesen Leitlinien entsprechen, selbst wenn die entsprechenden Anträge auf eine Marktzulassung nach dem 1. Juli 2000 (für Humanarzneimittel) bzw. nach dem 1. Oktober 2000 (für Tierarzneimittel) eingereicht wurden.

    Für eine Master-Zellbank bzw. für Master-Saatgut, die/das zwar vor dem 1. Juli 2000 (für Humanarzneimittel) bzw. vor dem 1. Oktober 2000 (für Tierarzneimittel) erstellt, jedoch noch nicht als Bestandteil eines zugelassenen Arzneimittels genehmigt wurde, ist der Nachweis zu erbringen, dass sie/es die Anforderungen dieser Leitlinien erfuellt. Falls für einige Roh- bzw. Ausgangsmaterialien oder Reagenzien, die für die Erstellung dieser Zellbanken oder Saatgutsysteme verwendet werden, kein vollständiges Nachweismaterial (mehr) vorhanden ist, legt der Antragsteller eine Risikobewertung nach Abschnitt 4 dieser Leitlinien vor.

    Auch bei Arbeitssaatgut bzw. Arbeitszellbänken, das/die zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet wird/werden, welche vor dem 1. Juli 2000 (Humanarzneimittel) bzw. vor dem 1. Oktober 2000 (Tierarzneimittel) zugelassen wurden, und dessen/deren Zulassung von der zuständigen Behörde des jeweiligen Mitgliedstaates oder der EMEA nach einer ordnungsgemäß durchgeführten Risikobewertung befürwortet wurde, wird davon ausgegangen, dass eine Übereinstimmung mit diesen Leitlinien gegeben ist.

    Werden allerdings zur Fermentierung, für Routineproduktionsverfahren oder zur Erstellung von Arbeitssaatgut und Arbeitszellbänken Materialien verwendet, die von TSE-relevanten Tierarten stammen, muss der Antragsteller nachweisen, dass diese die Anforderungen dieser Leitlinien erfuellen.

    3. ALLGEMEINE ERWAEGUNGEN

    3.1 WISSENSCHAFTLICHE GRUNDSÄTZE FÜR DIE RISIKOMINIMIERUNG

    Wenn die Hersteller die Wahl haben, ist die Verwendung von aus "nicht-TSE-relevanten Tierarten" gewonnenen Materialien oder von Materialien nicht-tierischen Ursprungs vorzuziehen. Werden Materialien verwendet, die von "TSE-relevanten Tierarten" stammen, anstatt Materialien von "nicht-TSE-relevanten Tierarten" oder Materialien nicht-tierischen Ursprungs, so ist dies zu begründen. Ist die Verwendung von Materialien von "TSE-relevanten Tierarten" unumgänglich, so sollten alle zur Minimierung des Risikos einer TSE-Übertragung erforderlichen Maßnahmen geprüft werden.

    Unmittelbar anwendbare In-vivo-Diagnoseverfahren zur Feststellung einer TSE-Infektiosität stehen noch nicht zur Verfügung. Die Diagnose basiert auf einer postmortalen histopathologischen Bestätigung charakteristischer Gehirnschädigungen und/oder auf der Feststellung von PrPSc durch das Western-Blot-Verfahren oder mittels Immunoassay. Die Infektiosität lässt sich auch nachweisen durch Inokulation verdächtigen Gewebes in Zielspezies oder Labortiere. Allerdings sind die Ergebnisse der In-vivo-Tests aufgrund der langen Inkubationszeit der TSE-Erkrankungen erst nach Monaten oder Jahren verfügbar.

    Es wurden zwar mehrere In-vitro-Diagnoseverfahren zur Feststellung von PrPSc in Gehirnproben von infizierten Tieren zugelassen, allerdings ist ihre Sensitivität geringer als diejenige von In-vivo-Infektiositätsanalysen. Durch ein Screening-Verfahren mit In-vitro-Tests kann dennoch verhindert werden, dass Material von Tieren verwendet wird, die sich in den letzten Inkubationsstadien der Krankheit befinden. Außerdem können diese Untersuchungen Informationen über den epidemiologischen Status einen bestimmten Landes oder einer bestimmten Region liefern.

    Die Minimierung der Risiken einer TSE-Übertragung basiert auf folgenden sich ergänzenden Parametern:

    - der geografischen Herkunft der Tiere,

    - der Art des zur Herstellung verwendeten Tiergewebes und der Verfahren, die zur Verhinderung einer Kreuzkontamination mit Material einer höheren Risikogruppe angewandt werden,

    - dem/den Herstellungsverfahren einschließlich des vorhandenen Qualitätssicherungssystems zur Sicherstellung der Konsistenz und der Rückverfolgbarkeit des Produkts.

    3.2 ZUSTAND DER TIERE

    Die Ausgangsmaterialien für die Produktion von Materialien, die ihrerseits zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden, müssen von Tieren stammen, die bei der Schlachttier- und Fleischuntersuchung nach den Anforderungen der Gemeinschaft oder entsprechenden Anforderungen (eines Drittlandes) für genusstauglich befunden wurden. Stammen die Materialien von Lebendtieren, so müssen diese nach einer tierärztlichen Untersuchung für gesund befunden worden sein.

    3.2.1 GEOGRAFISCHE HERKUNFT DER TIERE

    3.2.1.1 Rindermaterialien

    Derzeit sind zwei Stellen damit befasst, den BSE-Status eines bestimmten Landes oder Gebietes zu beurteilen. Das Internationale Tierseuchenamt (Organisation Internationale des Epizooties - OIE)(6) legt die Kriterien für die Einstufung von Ländern in Abhängigkeit vom BSE-Status im "International Animal Health Code Chapter" über BSE fest. Das OIE gibt auch eine Liste der weltweit gemeldeten BSE-Fälle heraus. Daneben hat der Wissenschaftliche Lenkungsausschuss (WLA)(7) der Europäischen Kommission ein System zur Einstufung der Länder in Abhängigkeit von ihrem geografischen BSE-Risiko (GBR) ausgearbeitet.

    Die Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (TSE-Verordnung)(8) ist am 1. Juli 2001 in Kraft getreten. Wenn auch Arzneimittel, Medizinprodukte und kosmetische Mittel vom Geltungsbereich dieser Verordnung ausgeschlossen sind, sollten doch die Grundsätze für die Festlegung des BSE-Status bei der Klassifizierung des BSE-Status eines Landes bzw. einer Region berücksichtigt werden.

    Für den Zweck dieser Leitlinien ist die GBR-Klassifikation des WLA als Indikator für den Status eines Landes zu verwenden. Für Länder, die nach der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 eingestuft sind, ist jedoch die Klassifizierung dieser Verordnung zu verwenden.

    Klassifizierung des Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses der Europäischen Kommission

    Die Klassifizierung des geografischen BSE-Risikos (GBR) des Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses gibt einen Hinweis auf die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Land oder einer Region eine klinische oder präklinische BSE-Infektion bei einem oder mehreren Rindern auftritt. Die folgende Tabelle enthält die Definition der vier Kategorien:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Berichte über die GBR-Bewertung der einzelnen Länder stehen auf der WLA-Website(9) zur Verfügung. Falls der WLA den BSE-Status eines Landes nicht klassifiziert hat, ist eine Risikobewertung vorzulegen, welche die WLA-Kriterien für die GBR-Klassifizierung berücksichtigt.

    Falls eine Wahlmöglichkeit besteht, sollten die Tiere aus Ländern der möglichst niedrigen GBR-Kategorie stammen, es sei denn die Verwendung von Material aus Ländern einer höheren GBR-Kategorie ist gerechtfertigt. Einige der in Abschnitt 6 "Spezifische Bedingungen" aufgeführten Materialien können aus Ländern der GBR-Kategorie III, in einigen Fällen sogar der Kategorie IV stammen, sofern die Kontrollen und Anforderungen der entsprechenden Abschnitte durchgeführt bzw. erfuellt werden. Abgesehen von diesen Ausnahmefällen, darf von Tieren aus Ländern der Kategorie IV kein Material verwendet werden. Die Verwendung von Tieren aus Ländern der Kategorie III ist stets zu begründen.

    3.2.1.2 Schafe und Ziegen (kleine Wiederkäuer)

    Natürlich auftretende Scrapie-Erkrankungen wurden weltweit in einer Reihe von Ländern festgestellt. Da BSE bei Schafen irrtümlicherweise für Scrapie gehalten werden könnte, muss als Vorsichtsmaßnahme bei Materialien, die von kleinen Wiederkäuern gewonnen werden, sowohl die Verbreitung von BSE und Scrapie in dem betreffenden Land als auch die Art des Gewebes, aus dem die Materialien stammen, berücksichtigt werden.

    Die Grundsätze für "Rinderbestände mit vernachlässigbarem BSE-Risiko (geschlossene Rinderbestände)" (BSE Negligible risk (closed) bovine herds) (siehe Abschnitt 3.2.2) könnten auch auf kleine Wiederkäuer angewandt werden, um auf diese Weise den Rahmen für die Feststellung des TSE-Status eines Bestands von kleinen Wiederkäuern zu schaffen. Um TSE-freie Bestände zu schaffen ist bei Schafen aufgrund der Möglichkeit einer BSE-Infektion die Verwendung eines BSE/Scrapie-resistenten Genotyps zu erwägen. Bei Ziegen liegen jedoch noch keine ausreichenden Erkenntnisse über eine Genotyp-spezifische Sensitivität vor.

    Materialien von kleinen Wiederkäuern sollten vorzugsweise aus Ländern stammen, in denen über einen langen Zeitraum hinweg keine Scrapie-Erkrankungen aufgetreten sind (z. B. Neuseeland oder Australien) oder sie sollten nachweislich TSE-freien Beständen entnommen werden. Stammt das Material aus andern Ländern bzw. Beständen, so ist dies zu begründen.

    3.2.2 RINDERBESTÄNDE MIT VERNACHLÄSSIGBAREM BSE-RISIKO (GESCHLOSSENE RINDERBESTÄNDE)

    Am sichersten ist die Gewinnung von Materialien aus Ländern, in denen das Auftreten von BSE höchst unwahrscheinlich ist (GBR I). In anderen Ländern treten/traten vielleicht BSE-Fälle während eines bestimmten Zeitraums auf. Für diesen Fall hat der WLA mit Unterstützung des CPMP und des CVMP das praktische Konzept der "Rinderbestände mit vernachlässigbarem BSE-Risiko (geschlossene Rinderbestände)" ausgearbeitet. Die Kriterien für die Schaffung und Erhaltung eines "Rinderbestands mit vernachlässigbarem BSE-Risiko (geschlossenen Rinderbestands)" sind im Gutachten des WLA vom 22./23. Juli 1999(10) enthalten.

    Vorläufig ist es nicht möglich, die Verringerung des geografischen BSE-Risikos für Vieh aus Rinderbeständen mit vernachlässigbarem BSE-Risiko (geschlossenen Rinderbeständen) zu quantifizieren. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass sich das Risiko erheblich verringern lässt. Daher wird bei der Risikobewertung neben der GBR-Einstufung des Landes auch die Entnahme von Materialien aus solchen geschlossenen Beständen berücksichtigt.

    3.3 TIERKÖRPERTEILE, KÖRPERFLÜSSIGKEITEN UND SEKRETE ALS AUSGANGSMATERIALIEN

    Bei von TSE befallenen Tieren sind die unterschiedlichen Organe und Sekrete unterschiedlich infektiös(11). In den Tabellen im Anhang dieser Leitlinien(12) sind die aktuellen Daten zum Auftreten einer BSE-Infektiosität und zur Feststellung von PrPSc bei Rindern sowie zum Auftreten einer Scrapie-Infektiosität und zur Feststellung von PrPSc bei Schafen und Ziegen zusammengefasst.

    Diese Daten basieren ausschließlich auf Beobachtungen von natürlich auftretenden Erkrankungen oder experimentellen Erstinfektionen auf oralem Wege (bei Rindern). Angaben über Versuche mit an Labortiere angepassten TSE-Stämmen sind nicht berücksichtigt, da die Phänotypen passagierter Stämme von den Phänotypen natürlich auftretender Krankheiten in signifikanter, nicht vorhersagbarer Weise abweichen können. Da sich herausgestellt hat, dass die Feststellung von umgefaltetem Wirtsprotein (PrPSc) nach dem immunhistochemischen und/oder dem Western-Blot-Verfahren ein indirektes Anzeichen für eine Infektiosität darstellt, wurden die PrPSc-Testergebnisse neben den Bioassay-Daten dargestellt. Die Gewebe werden ungeachtet des Krankheitsstadiums in drei Infektiositäts-Hauptkategorien unterteilt:

    Kategorie A: Hohe Infektiosität des Gewebes: Gewebe des Zentralen Nervensystems (ZN), das in den letzten Stadien aller TSE-Erkrankungen einen hohen Infektionstiter erreicht, sowie bestimmtes Gewebe, das anatomisch mit dem ZN in Verbindung steht.

    Kategorie B: Mäßige Infektiosität des Gewebes: Peripheres Gewebe mit positivem Befund beim Infektiositäts- und/oder PrPSc-Test bei zumindest einer TSE-Form.

    Kategorie C: Keine nachweisbare Infektiosität des Gewebes: Gewebe, das mit negativem Befund auf Infektiosität getestet wurde, d. h. dass keine Infektiosität und/oder kein PrPSc nachgewiesen werden konnte.

    Gewebe der Kategorie A und daraus gewonnene Stoffe werden zur Herstellung von Arzneimitteln nicht verwendet, es sei denn, die Verwendung ist begründet (siehe Abschnitt 5).

    Die Kategorie "Mäßige Infektiosität des Gewebes" (Gewebe der Kategorie B) umfasst mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Gewebe einer niedrigeren Risikostufe (z. B. Blut) als die übrigen Gewebe dieser Kategorie (z. B. lymphoretikuläres Gewebe). Die über die unterschiedliche Infektiosität dieser Gewebe vorliegenden Daten reichen jedoch nicht aus, um die Kategorie in verschiedene Risikostufen zu unterteilen. Natürlich kann die Einstufung eines bestimmten Gewebes in die eine oder andere Kategorie auch von der jeweiligen Krankheit bzw. Tierart abhängen. Liegen neue Daten vor, kann die Einstufung auch geändert werden.

    Für die Risikobewertung (siehe Abschnitt 4) berücksichtigen die Hersteller und/oder Inhaber einer Marktzulassung/Antragsteller die in der Anlage dieser Leitlinien enthaltenen Gewebeklassifizierungstabellen(13).

    Die Kategorien in den Tabellen sind nur als grobe Orientierung zu verstehen. Folgende Punkte sind zu berücksichtigen:

    - In bestimmten Situationen kann es zu einer Kreuzkontamination zwischen Geweben unterschiedlicher Infektiosität kommen. Das potenzielle Risiko ist dabei abhängig von den Umständen, unter denen die Gewebe entnommen wurden; insbesondere spielt eine Rolle, ob Gewebe mit mäßiger Infektiosität oder ohne nachweisbare Infektiosität (Gewebe der Kategorien B und C) mit Gewebe mit hoher Infektiosität (Gewebe der Kategorie A) in Berührung kommt. Die Gefahr einer Kreuzkontamination bestimmter Gewebe kann sich z. B. erhöhen, wenn befallene Tiere mit einer Bolzenschusspistole getötet werden oder wenn der Schädel und/oder das Rückenmark aufgesägt werden. Die Gefahr einer Kreuzkontamination vermindert sich, wenn die Körperfluessigkeiten bei minimaler Gewebeschädigung entnommen werden, wenn zelluläre Komponenten entfernt werden, und wenn fötales Blut entnommen wird, ohne dass es dabei zu einer Kontamination durch anderes Mutter- oder Fötusgewebe, einschließlich Plazenta, Fruchtwasser oder Allantois-Flüssigkeit, kommen kann. Bei bestimmten Geweben (z. B. Schädel) ist es äußerst schwierig bzw. unmöglich, eine Kreuzkontamination mit Geweben der Kategorie A zu verhindern. Diese Tatsache muss bei der Risikobewertung berücksichtigt werden.

    - Zur Minimierung des potenziellen Risikos kann bei bestimmten Stoffen die jeweils angewandte Betäubungs-/Schlachtmethode von entscheidender Bedeutung sein(14), da von ihr die Wahrscheinlichkeit abhängt, ob Hirnpartikel in die peripheren Organe, insbesondere die Lunge, gelangen. Daher sollten sowohl die Betäubungs- und Schlachtmethoden als auch die Verfahren zur Entfernung hochinfektiöser Gewebe beschrieben werden. Auch die Verfahren zur Entnahme der zu verwendenden Tiergewebe/-organe und die Maßnahmen zur Vermeidung einer Kreuzkontamination mit Material einer höheren Risikostufe sind ausführlich darzustellen.

    - Das Risiko einer Kontamination von Geweben und Organen mit einer BSE-Infektiosität, die infolge der zur Schlachtung von Rindern angewandten Betäubungsmethode potenziell im zentralen Nervengewebe vorhandenen ist, hängt von folgenden Faktoren ab:

    - Grad der BSE-Infektiosität im Hirn des geschlachteten Tieres,

    - Ausmaß des Hirnschadens,

    - Verbreitung der Hirnpartikel im Tierkörper.

    Neben der GBR-Klassifizierung der Tiere, dem Alter der Tiere im Falle von Rindern und der Schlachtkörperuntersuchung anhand einer validierten Methode müssen auch diese Faktoren berücksichtigt werden.

    Die oben genannten Grundsätze gelten entsprechend für Schafe und Ziegen.

    Das Risiko einer Kreuzkontamination ist abhängig von verschiedenen anderen Faktoren wie beispielsweise:

    - Maßnahmen zur Verhütung einer Kontamination bei der Entnahme von Gewebe (siehe oben),

    - Grad der Kontamination (Menge des kontaminierenden Gewebes),

    - Menge und Art der zum selben Zeitpunkt entnommenen Materialien.

    Die Hersteller bzw. die Inhaber der Marktzulassung/Antragsteller berücksichtigen das Risiko einer Kreuzkontamination.

    3.4 ALTER DER TIERE

    Da in Rindern die TSE-Infektiosität während der mehrjährigen Inkubationszeit akkumuliert wird, sollten die Materialien vorsichtshalber bei jungen Tieren entnommen werden.

    3.5 HERSTELLUNGSVERFAHREN

    Zur der Bewertung der allgemeinen Minderung des TSE-Risikos bei der Herstellung eines Arzneimittels werden die Kontrollmaßnahmen berücksichtigt, die hinsichtlich

    - der Herkunft der Roh-/Ausgangsmaterialien sowie

    - des Herstellungsverfahrens vorgesehen sind.

    In Anbetracht der nachgewiesenen Resistenz der TSE-Erreger gegen die meisten Inaktivierungsverfahren ist die Herkunftssicherung eine äußerst wichtige Maßnahme zur Gewährleistung der Produktsicherheit.

    Zur Überwachung des Herstellungsverfahrens und zur Chargenabgrenzung (d. h. Definition der Chargen, Trennung der Chargen, Reinigung zwischen einzelnen Chargen) müssen Qualitätssicherungsverfahren wie die ISO 9000-Zertifizierung, die HACCP-Analyse(15) oder die Gute Herstellungspraxis angewandt werden. Außerdem sind Verfahren zur Sicherung der Rückverfolgbarkeit sowie zur Selbstkontrolle und zur Überwachung der Lieferer von Roh-/Ausgangsmaterialien vorzusehen.

    Bestimmte Produktionsverfahren können zur Minderung des Risikos einer TSE-Kontamination erheblich beitragen. Dies gilt z. B. für Verfahren, die bei der Herstellung von Talgderivaten (siehe Abschnitt 6) angewandt werden. Da solche genau festgelegten Herstellungsverfahren nur bei wenigen Produkten angewandt werden können, sind physikalische Verfahren wie Präzipitation und Filtration zur Entfernung von prionenhaltigem Material wahrscheinlich geeigneter als chemische Behandlungen. Es ist eine Beschreibung des Herstellungsverfahrens einschließlich der angewandten Inprozesskontrollen vorzulegen, in der die Schritte, die eventuell zur Minderung bzw. Eliminierung des Risikos einer TSE-Kontamination beitragen, dargelegt sind. Ist die Herstellung auf mehrere Produktionsstätten verteilt, so sind die in jeder einzelnen Produktionsstätte vorgenommenen Schritte genau anzugeben. Ferner sind auch die Maßnahmen zur Sicherung der Rückverfolgbarkeit der einzelnen Produktionschargen zu beschreiben.

    Reinigungsverfahren - Eine Validierung der Reinigung von verfahrenstechnischen Ausrüstungsgegenständen im Hinblick auf die Eliminierung von TSE-Erregern dürfte schwierig sein. Es wird berichtet, dass an der Oberfläche von nicht-rostendem Stahl, der hochtitrigen Präparationen von TSE-Erregern ausgesetzt war, eine nachweisbare Infektiosität zurückbleiben kann. Bei nicht ersetzbaren Ausrüstungsgegenständen, die potenziell kontaminiertem Material ausgesetzt waren, wurde die Verwendung von Desinfektionsmitteln, die Natriumhydroxid oder Chlor freisetzen (z. B. 20000 ppm Chlor während einer Stunde) als Verfahren zur Entfernung des adsorbierten Proteins akzeptiert. Werden zur Herstellung eines Produkts Materialien der Kategorie A verwendet, so werden - außer in begründeten Fällen - speziell dafür vorgesehene Ausrüstungsgegenstände benutzt.

    Falls zur Herstellung eines Produkts Risikomaterialien verwendet werden, sind zur Minimierung des Risikos einer Kreuzkontamination zwischen Produktchargen entsprechende Reinigungsverfahren und Kontrollmaßnahmen vorzusehen. Dies gilt insbesondere, wenn Materialien unterschiedlicher Risikokategorien in derselben Produktionsstätte und mit denselben Ausrüstungsgegenständen verarbeitet werden.

    Beseitigung/Inaktivierung - Validierungsstudien für Verfahren zur Beseitigung/Inaktivierung von TSE sind schwierig zu interpretieren. Dabei müssen die Art des dotierten Materials und die Entsprechung mit der realen Situation, die Konzeption der Studie (einschließlich Maßstabreduktion von Verfahren) und die Methode des Nachweises des Erregers (in vitro oder in vivo) berücksichtigt werden. Weitere Forschungsarbeiten sind erforderlich, um die optimale Dotierung der Präparate für Validierungsstudien herauszufinden. Daher werden Validierungsstudien gegenwärtig noch nicht allgemein gefordert. Wird jedoch im Rahmen der Produktsicherheit geltend gemacht, dass ein Herstellungsprozess TSE-Erreger beseitigt oder inaktiviert, so ist dies durch entsprechende Validierungsstudien nachzuweisen.

    Die Hersteller sind aufgefordert, neben der Sicherung der Herkunft der Materialien ihre Forschungsanstrengungen in Bezug auf Verfahren zur Beseitigung und Inaktivierung von TSE fortzusetzen. In jedem Fall sollten bereits jetzt Herstellungsprozesse nach Möglichkeit so ausgelegt werden, dass der gegenwärtige Kenntnisstand über potenziell geeignete Verfahren zur Inaktivierung und Beseitigung von TSE-Erregern berücksichtigt wird.

    4. RISIKOBEWERTUNG VON MATERIALIEN ODER STOFFEN, DIE ZUR HERSTELLUNG UND ZUBEREITUNG VON ARZNEIMITTELN VERWENDET WERDEN, IM RAHMEN DER ÜBERWACHUNG DER EINHALTUNG DER GELTENDEN RECHTSVORSCHRIFTEN

    Die Bewertung des Risikos im Zusammenhang mit TSE bedarf einer sorgfältigen Prüfung aller Parameter (siehe Abschnitt 3.1 - Wissenschaftliche Grundsätze für die Risikominimierung).

    Wie in der Einführung zu diesen Leitlinien dargestellt, ist die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften gegeben, wenn die Risikobewertung zu einem positiven Ergebnis kommt. Die von den Herstellern und/oder Inhabern von Marktzulassungen bzw. Antragstellern durchgeführten Risikobewertungen für die verschiedenen Materialien oder Stoffe, die von "TSE-relevanten Tierarten" gewonnen und zur Herstellung eines Arzneimittels verwendet werden, belegen, dass alle TSE-Risikofaktoren berücksichtigt wurden und dass das Risiko durch die Anwendung der Grundsätze dieser Leitlinien nach Möglichkeit minimiert wurde. Die Inhaber einer Marktzulassung bzw. die Antragsteller können das von der EDQM ausgestellte TSE-Eignungszertifikat als Grundlage für die Risikobewertung verwenden.

    In der vom Inhaber der Marktzulassung bzw. vom Antragsteller durchgeführten allgemeinen Risikobewertung für ein bestimmtes Arzneimittel werden die Risikobewertungen für alle von "TSE-relevanten Tierarten" stammenden Materialien berücksichtigt. Dies gilt gegebenenfalls auch für die Reduzierung bzw. Inaktivierung von TSE-Erregern während der einzelnen Herstellungsschritte des Wirkstoffs und/oder des Fertigprodukts.

    Die endgültige Entscheidung über die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften bleibt der zuständigen Behörde überlassen.

    Bei Marktzulassungen für Human- oder Tierarzneimittel ist es Aufgabe des Herstellers und/oder Inhabers der Marktzulassung oder des Antragstellers, die Kontrollmaßnahmen für ein von "TSE-relevanten Tierarten" stammendes Derivat unter Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik auszuwählen und zu begründen.

    5. NUTZEN-RISIKO-ANALYSE

    Neben den in den Abschnitten 3 und 4 genannten Parametern sind für die Entscheidung, ob ein bestimmtes Arzneimittel, das von "TSE-relevanten Tierarten" stammendes Material enthält bzw. das nach der Herstellung solches Material enthalten könnte, vertretbar ist, auch folgende Faktoren zu berücksichtigen:

    - Art der Verabreichung des Arzneimittels,

    - Menge des im Arzneimittel verwendeten tierischen Materials,

    - therapeutische Hoechstdosis (Tagesdosis und Behandlungsdauer),

    - vorgesehene Verwendung des Arzneimittels und sein klinischer Nutzen.

    Hochinfektiöse Gewebe (Gewebe der Kategorie A) und daraus gewonnene Stoffe werden nicht zur Herstellung von Arzneimitteln, ihren Ausgangsmaterialien und Zwischenprodukten (einschließlich Wirkstoffe, Trägerstoffe und Reagenzien) verwendet, es sei denn, es wird begründet, weshalb keine anderen Materialien verwendet werden können. In Ausnahmefällen und sofern durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt, könnte die Verwendung von hochinfektiösem Gewebe zur Herstellung von Wirkstoffen in Betracht gezogen werden, wenn nach Durchführung der Risikobewertung nach Abschnitt 4 dieser Leitlinien und unter Berücksichtigung der beabsichtigten klinischen Verwendung eine positive Nutzen-Risiko-Analyse von dem die Zulassung Beantragenden vorgelegt werden kann. Aus Materialien der Kategorie A abgeleitete Stoffe müssen, sofern ihre Verwendung begründet ist, von Tieren aus Ländern der GBR-Kategorie I stammen.

    6. SPEZIFISCHE BEDINGUNGEN

    Bei den nachstehend genannten, von "TSE-relevanten Tierarten" gewonnenen Materialien wird davon ausgegangen, dass die diesen Leitlinien entsprechen, sofern sie zumindest die im Folgenden aufgeführten Bedingungen erfuellen. Der Inhaber der Marktzulassung/Antragsteller liefert die diesbezüglichen Informationen bzw. legt ein von der EDQM ausgestelltes Eignungszertifikat vor.

    6.1 KOLLAGEN

    Kollagen ist ein Faserproteinbestandteil im Bindegewebe von Säugetieren.

    Die für Kollagen zum Nachweis der Einhaltung dieser Leitlinien vorzulegende Dokumentation muss den in den Abschnitten 3 bis 5 genannten Bestimmungen Rechnung tragen. Darüber hinaus ist Folgendes zu berücksichtigen:

    - Bei Kollagen, das aus Knochen gewonnen wird, gelten die für Gelatine genannten Vorgaben (siehe unten).

    - Sofern Kontamination durch potentiell infiziertes Material wie austretendes Blut und/oder zentrales Nervengewebe während der Herstellung vermieden wird, weist aus Gewebe wie Fellen und Häuten gewonnenes Kollagen im Normalfall kein messbares TSE-Risiko auf.

    6.2 GELATINE

    Gelatine ist ein natürliches, lösliches gelierendes oder nicht gelierendes Protein, das durch partielle Hydrolyse von Kollagen, d. h. aus Knochen, Fellen, Häuten oder Sehnen von Tieren gewonnenem Kollagen, hergestellt wird.

    Die für Gelatine zum Nachweis der Einhaltung dieser Leitlinien vorzulegende Dokumentation muss den in den Abschnitten 3 bis 5 genannten Bestimmungen Rechnung tragen. Darüber hinaus ist Folgendes zu berücksichtigen:

    i) Verwendetes Ausgangsmaterial

    In Arzneimitteln verwendete Gelatine kann aus Knochen oder Häuten gewonnen werden.

    - Häute als Ausgangsmaterial - Nach bisherigen Erkenntnissen sind Häute als Ausgangsmaterial für die Gelatinegewinnung wesentlich sicherer als Knochen. Dennoch wird dringend nahegelegt, Maßnahmen zu ergreifen, um Kreuzkontamination mit möglicherweise infektiösem Material bei der Gewinnung zu vermeiden.

    - Knochen als Ausgangsmaterial - Wird Gelatine aus Knochen hergestellt, gelten strengere Auflagen für die Herstellung (siehe unten). In jedem Fall ist die Entfernung von Schädel und Rückenmark aus dem Ausgangsmaterial eine erste für die Sicherheit des Produkts sehr wesentliche Vorsichtsmaßnahme. Wenn möglich, sollten Knochen aus GBR-I- und GBR-II-Ländern verwendet werden. Allerdings können auch Knochen aus GBR-III-Ländern verwendet werden, wenn die Gelatine unter den nachstehenden Bedingungen hergestellt wird und Wirbelsäulen von Rindern, die über 12 Monate alt sind, aus dem Roh-/Ausgangsmaterial beseitigt werden(16).

    ii) Herstellungsverfahren

    Für Gelatine, die aus Häuten gewonnen wird, sind keine besonderen Maßnahmen bei der Verarbeitung erforderlich, sofern entsprechende Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, um Kreuzkontamination sowohl bei der Beschaffung der Häute und als auch während des Herstellungsprozesses zu vermeiden.

    Werden als Ausgangsmaterial allerdings Knochen verwendet, so spielt die Art der Herstellung eine Rolle.

    - Knochen (einschließlich Wirbelsäule) für die Herstellung von Gelatine im sauren Verfahren dürfen nur aus GBR-I- oder GBR-II-Ländern stammen. Eine zusätzliche alkalische Behandlung (pH 13, 1 Stunde) von Knochen/Ossein kann die TSE-Sicherheit von im sauren Verfahren gewonnener Knochengelatine weiter erhöhen.

    Bei Knochen aus einem GBR-III-Land ist das alkalische Verfahren anzuwenden. Für Knochen aus GBR-I- und GBR-II-Ländern ist die Anwendung dieses Herstellungsverfahren dagegen fakultativ.

    - Bei einem typischen alkalischen Herstellungsprozess werden die Knochen fein zerkleinert, mit heißem Wasser entfettet und mit verdünnter Salzsäure (Mindestkonzentration 4 % und pH < 1,5) mindestens zwei Tage lang entmineralisiert. So entsteht das Ossein. Dann erfolgt über einen Zeitraum von mindestens 20 Tagen eine alkalische Behandlung mit gesättigter Kalklösung (pH-Wert mindestens 12,5). Die Gelatine wird extrahiert, gewaschen, gefiltert und konzentriert. Daran schließt sich eine kurze Erhitzung für 4 Sekunden auf 138-140 °C zur Sterilisation an. Gelatine aus Rinderhaut kann ebenfalls im alkalischen Verfahren hergestellt werden. Genauso kann für Rinderknochen ein saures Verfahren angewandt werden. Die Behandlung mit Kalklösung wird dann ersetzt durch eine saure Vorbehandlung, bei der das Ossein über Nacht in einer Lösung mit pH < 4 eingelegt wird.

    6.3 BOVINE BLUTDERIVATE

    Fötales bovines Serum wird allgemein in der Zellkulturtechnik eingesetzt. Fötales bovines Serum sollte aus Föten stammen, die in Schlachthöfen gesunden und für den menschlichen Verzehr geeigneten Muttertieren entnommen werden, wobei der Uterus vollständig zu entfernen und das Fötenblut in einem speziellen Raum oder Bereich durch Herzpunktion gewonnen und in keimfreier Umgebung in ein geschlossenes Auffangsystem einzuleiten ist.

    Neugeborenen-Kalbsserum wird Kälbern vor dem 20. Lebenstag und Kalbsserum Tieren vor Erreichen des 12. Lebensmonats entnommen. Bei Spenderserum von Rindern, die noch nicht 36 Monate alt sein dürfen, ist der TSE-Status der Spenderherde hinreichend zu definieren und zu dokumentieren. In allen Fällen ist die Gewinnung von Serum nach spezifischen Protokollen und durch Personal vorzunehmen, das mit diesen Verfahren vertraut ist, um Kreuzkontamination mit Risikogewebe zu vermeiden.

    Die für bovine Blutderivate zum Nachweis der Einhaltung dieser Leitlinien vorzulegende Dokumentation muss den in den Abschnitten 3 bis 5 genannten Bestimmungen Rechnung tragen. Darüber hinaus ist Folgendes zu berücksichtigen:

    i) Rückverfolgbarkeit

    Jede Serum- oder Plasmacharge muss bis zum Schlachthof rückverfolgbar sein. Den Schlachthöfen müssen Verzeichnisse der landwirtschaftlichen Betriebe vorliegen, aus denen die Tiere stammen. Wird Serum von lebenden Tieren gewonnen, so muss für jede Serumcharge nachgewiesen werden können, aus welchem Betrieb sie kommt.

    ii) Geografische Herkunft

    Zwar ist die BSE-Infektiosität bei Rindern stärker auf spezifisches Gewebe begrenzt als bei Scrapie, doch sollte außer in begründeten Fällen vorsichtshalber nur Rinderblut aus GBR-I- und GBR-II-Ländern verwendet werden.

    iii) Betäubungsverfahren

    Bei der Gewinnung aus Schlachtkörpern ist die Schlachtmethode für die Sicherheit des Materials ausschlaggebend. Es wurde nachgewiesen, dass Betäubung durch Bolzenschuss mit oder ohne Rückenmarkzerstörung sowie pneumatische Betäubung, insbesondere bei anschließender Zuführung von Druckluft, das Gehirn zerstören und damit Hirn in den Blutkreislauf gelangen kann. Bei einer Betäubung ohne Penetration und bei Elektronarkose(17) dagegen ist das Risiko vernachlässigbar. Aus diesem Grund müssen für die Gewinnung von Rinderblut die Betäubungsverfahren beschrieben werden.

    Wenn die Verwendung von Material aus Ländern, in denen BSE festgestellt wurde (GBR III), gestattet ist, so muss bei der Schlachtung ein Betäubungsverfahren ohne Penetration angewandt werden.

    6.4 TALGDERIVATE

    Talg ist Fett, das aus Gewebe im Unterhaut-, Bauch- und Zwischenmuskelbereich sowie aus Knochen gewonnen wird. Wird Talg als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Talgderivativen verwendet, ist er als Material der Kategorie 3 oder einer vergleichbaren Kategorie im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002(18) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte zu behandeln.

    Bei Talgderivaten wie Glycerol und Fettsäuren, die nach strikten Vorgaben hergestellt werden, ist die Wahrscheinlichkeit der Infektiosität sehr gering. CPMP und CVMP haben sich speziell mit ihnen befasst. Aus diesem Grund wird davon ausgegangen, dass solche Derivate, deren Herstellung unter mindestens so strikten wie den nachstehend genannten Bedingungen erfolgt, ungeachtet ihrer geografischen Herkunft und der Art des Gewebes, aus dem die Talgderivate gewonnen werden, leitlinienkonform sind. Als strikte Verfahren gelten beispielsweise:

    - Umesterung oder Hydrolyse unter Druck bei einer Mindesttemperatur von 200 °C und einer Prozessdauer von mindestens 20 Minuten (Herstellung von Glycerol, Fettsäuren und Fettsäureester).

    - Verseifung mit NaOH 12 M (Herstellung von Glycerol und Seife).

    - Batch-Verfahren: bei einer Mindesttemperatur von 95 °C und einer Prozessdauer von mindestens 3 Stunden;

    - Kontinuierliches Verfahren: unter Druck bei einer Mindesttemperatur von 140 °C und einer Prozessdauer von mindestens 8 Minuten oder vergleichbares Verfahren.

    - Destillation bei 200 °C.

    Bei Talgderivaten, die auf diese Weise hergestellt werden, ist das TSE-Risiko äußerst gering. Daher werden sie als leitlinienkonform eingestuft.

    Für Talgderivate, die unter anderen Bedingungen hergestellt werden, ist die Einhaltung dieser Leitlinien nachzuweisen.

    6.5 TIERKOHLE

    Zur Herstellung von Tierkohle werden tierische Gewebe, wie Knochen, bei hohen Temperaturen von über 800 °C geglüht. Außer in begründeten Fällen ist das Ausgangsmaterial für die Herstellung von Tierkohle als Material der Kategorie 3 oder einer vergleichbaren Kategorie im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte zu behandeln. Regelungstechnisch wird Tierkohle ungeachtet ihrer geografischen Herkunft und der Art des verwendeten Gewebes als leitlinienkonform eingestuft.

    Bei Kohle, die gemäß diesen Vorgaben hergestellt wird, ist das TSE-Risiko äußerst gering. Daher wird sie als leitlinienkonform eingestuft. Für Kohle, die unter anderen Bedingungen hergestellt ist, ist die Einhaltung dieser Leitlinien nachzuweisen.

    6.6 MILCH UND MILCHDERIVATE

    Den derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge besteht bei Milch, unabhängig von ihrer geografischen Herkunft, mit großer Wahrscheinlichkeit kein Risiko einer TSE-Kontamination.

    Bestimmte Stoffe, einschließlich Laktose, werden aus Molke, der bei der Käseherstellung nach der Gerinnung ablaufenden Flüssigkeit, extrahiert. Die Gerinnung kann durch den Zusatz von Lab, einem Extrakt aus dem Labmagen von Kälbern oder anderen Wiederkäuern, ausgelöst werden. CPMP und CVMP haben eine Risikobewertung für Laktose und andere unter Verwendung von Kälberlab produzierte Molkederivate vorgenommen und sind zu dem Schluss gekommen, dass das TSE-Risiko vernachlässigbar ist, wenn das Kälberlab entsprechend dem im Bericht über die Risikobewertung beschriebenen Verfahren gewonnen wird(19). Dieses Ergebnis wurde vom wissenschaftlichen Lenkungsausschuss(20), der ebenfalls eine allgemeine Bewertung des TSE-Risikos von Lab vorgenommen hat, bestätigt(21).

    Bei Milchderivaten, die unter den nachstehenden Bedingungen hergestellt werden, ist das TSE-Risiko äußerst gering. Daher werden sie als leitlinienkonform eingestuft.

    - Die Milch wird von gesunden Tieren und in derselben Weise gewonnen wie Milch für den menschlichen Verzehr.

    - Abgesehen von Kälberlab wird bei der Herstellung solcher Derivate kein Wiederkäuermaterial verwendet (z. B.: pankreasverdautes Kasein).

    Für Milchderivate, die unter anderen Bedingungen oder mit dem Lab anderer Wiederkäuerarten hergestellt werden, ist die Einhaltung dieser Leitlinien nachzuweisen.

    6.7 WOLLDERIVATE

    Derivate aus der Wolle und dem Fell von Wiederkäuern, wie z. B. aus Fell gewonnenes Lanolin oder Wollalkohol, gelten als leitlinienkonform, sofern die Wolle bzw. das Fell von lebenden Tieren stammt.

    Bei Wollderivaten aus Wolle, die von "für den menschlichen Verzehr geeigneten" Schlachttieren stammt und bei deren Verarbeitung zumindest eine der im Folgenden genannten Vorgaben hinsichtlich pH-Wert, Temperatur und Dauer erfuellt ist, besteht mit großer Wahrscheinlichkeit kein TSE-Risiko. Sie werden daher als leitlinienkonform eingestuft.

    - Mindestens einstuendige Behandlung bei pH >= 13 (Ausgangswert, d. h. eine NaOH-Konzentration von mindestens 0,1 M NaOH) und einer Temperatur von >= 60 °C. Dies erfolgt normalerweise während der Refluxphase der organisch-alkalischen Behandlung.

    - Molekulare Destillation bei >= 220 °C unter reduziertem Druck.

    Für Wollderivate, die unter anderen Bedingungen hergestellt werden, ist die Einhaltung dieser Leitlinien nachzuweisen.

    6.8 AMINOSÄUREN

    Aminosäuren können durch Hydrolyse aus Material unterschiedlichster Provenienz gewonnen werden.

    Außer in begründeten Fällen ist das Ausgangsmaterial für die Herstellung von Aminosäuren als Kategorie 3 oder eine vergleichbare Kategorie im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte zu behandeln.

    Bei Aminosäuren, die gemäß der Entscheidung 98/256/EG(22) des Rates und der Entscheidung 2001/376/EG(23) der Kommission entsprechend den nachstehenden Vorgaben hergestellt werden, besteht mit großer Wahrscheinlichkeit kein TSE-Risiko. Sie gelten als leitlinienkonform.

    - Aminosäuren und Peptide, die aus Häuten und Fellen nach einem Verfahren gewonnen wurden, das gewährleistet, dass das Rohmaterial zunächst auf einen pH-Wert von 1-2 und anschließend auf einen pH-Wert von > 11 gebracht und schließlich für 30 Minuten bei 140 °C und einem Druck von 3 bar hitzebehandelt wurde.

    - Die so gewonnenen Aminosäuren und Peptide müssen anschließend gefiltert werden.

    - Außerdem werden die verbleibenden intakten Makromoleküle nach einem validierten und empfindlichen Analyseverfahren unter Anwendung eines geeigneten Grenzwertes geprüft.

    Für Aminosäuren, die unter anderen Bedingungen hergestellt werden, ist die Einhaltung dieser Leitlinien nachzuweisen.

    (1) ABl. L 159 vom 27.6.2003, S. 46.

    (2) ABl. L 147 vom 31.5.2001, S. 1.

    (3) Der Ausschuss für Arzneispezialitäten und seine Arbeitsgruppe "Biotechnologie" haben Leitlinien und Stellungnahmen zu aus menschlichem Gewebe stammenden Arzneimitteln in Verbindung mit CJK und vCJK veröffentlicht. Diese Unterlagen sind unter der Web-Adresse http://www.emea.eu.int verfügbar.

    (4) Schweine und Vögel sind für die Herstellung von Arzneimitteln von besonderer Bedeutung. Diese Tierarten sind für eine Infektion auf oralem Wege naturgemäß nicht anfällig. Daher zählen sie nicht zu den TSE-relevanten Tierarten im Sinne dieser Leitlinien. Dies gilt auch für Hunde, Kaninchen und Fische.

    (5) Siehe auch: Positionspapier über die Bewertung des Risikos der Übertragung von Erregern der spongiformen Enzephalopathie tierischen Ursprungs durch Stammimpfgut, das bei der Herstellung von Tierimpfstoffen verwendet wird (EMEA/CVMP/019/01 - Februar 2001) verabschiedet vom Ausschuss für Tierarzneimittel (CVMP) im Juli 2001, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften C 286 vom 12. Oktober 2001, S. 12.

    (6) http://www.oie.int

    (7) Der durch den Beschluss 97/404/EG der Kommission eingesetzte Wissenschaftliche Lenkungsausschuss unterstützt die Kommission bei der Aufgabe, in Fragen der Verbrauchergesundheit die bestmöglichen wissenschaftlichen Gutachten einzuholen. Seit Mai 2003 wurden die Aufgaben des Ausschusses von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) übernommen: http://www.efsa.eu.int

    (8) ABl. L 147 vom 31.5.2001, S. 1.

    (9) http://europa.eu.int/comm/ food/fs/sc/ssc/outcome_en.html

    (10) Wissenschaftliches Gutachten des WLA zu den Bedingungen für "Rinderbestände mit vernachlässigbarem BSE-Risiko (geschlossene Rinderbestände)", verabschiedet in der Sitzung vom 22./23. Juli 1999. http://europa.eu.int/comm/ food/fs/sc/ssc/out56_en.html

    (11) Ist die Verwendung von Materialien von "TSE-relevanten Tierarten" unumgänglich, so ist darauf zu achten, dass es sich um Materialien der niedrigsten Risikokategorie handelt.

    (12) Die Tabellen zur Gewebeklassifizierung basieren auf den neuesten Leitlinien der WHO über Transmissible Spongiforme Enzephalopathien im Zusammenhang mit biologischen und pharmazeutischen Produkten (Februar 2003) WHO/BCT/QSD/03.01.

    (13) Auch nach der Einführung des Klassifizierungssystems mit drei Gewebekategorien behalten die auf der Grundlage der zuvor angewandten Klassifizierung mit vier Gewebekategorien durchgeführten Risikobewertungen für zugelassene Arzneimittel ihre Gültigkeit.

    (14) Gutachten des WLA zu Betäubungsmethoden und zum BSE-Risiko (The risk of dissemination of brain particles into the blood and carcass when applying certain stunning methods - Risiko der Verbreitung von Hirnpartikeln im Blut und im Schlachtkörper durch die Anwendung bestimmter Betäubungsmethoden), angenommen in der Sitzung vom 10./11. Januar 2002. http://europa.eu.int/comm/ food/fs/sc/ssc/out245_en.pdf

    (15) HACCP - Hazard Analysis Critical Control Point (Analyse der Risiken und der kritischen Punkte).

    (16) Außer in begründeten Fällen gilt die Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Hygienevorschriften für nicht zum menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte. Für die Herstellung von Gelatine und Kollagen oder die Einfuhr von Rohmaterial zur Herstellung und Verwendung in Arzneimitteln darf nur Material von Tieren genutzt werden, das für den menschlichen Verzehr geeignet ist. Die Verwendung der Wirbelsäule von Tieren aus Kategorie-II-Ländern ist auch weiterhin gestattet, wenn sie der Risikobewertung zufolge sicher ist.

    (17) Stellungnahme des wissenschaftlichen Lenkungsausschusses, die bei der Sitzung am 10. und 11. Januar 2002 angenommen wurde: Opinion on stunning methods and BSE risk (The risk of dissemination of brain particles into the blood and carcass when applying certain stunning methods). http://europa.eu.int/comm/ food/fs/sc/ssc/out245_en.pdf

    (18) ABl. L 273 vom 10.10.2002, S. 1.

    (19) Der Ausschuss für Arzneispezialitäten und seine Arbeitsgruppe "Biotechnologie" haben für Laktose aus Kälberlab eine Risikobewertung vorgenommen und die Regelungslage geprüft. Bei der Risikobewertung wurden die Herkunftstiere, das Ausschneiden des Magens und die Existenz exakt gefasster Verfahren zur Qualitätssicherung geprüft. Besonders wichtig ist die Qualität aller Milchersatzstoffe, die an die Tiere verfüttert werden, deren Mägen zur Labgewinnung verwendet werden. Der Bericht ist einzusehen unter http://www.emea.eu.int

    (20) Vom wissenschaftlichen Lenkungsausschuss bei seiner Sitzung am 4. und 5. April 2002 angenommene vorläufige Erklärung zur Sicherheit von Kälberlab für die Laktoseherstellung. (http://europa.eu.int/comm/ food/fs/sc/ssc/out255_en.pdf)

    (21) Der wissenschaftliche Lenkungsausschuss hat bei seiner Sitzung am 16. Mai 2002 eine Stellungnahme zur Sicherheit von Tierlab insbesondere hinsichtlich des Risikos der Übertragung von tierischer TSE und BSE angenommen. (http://europa.eu.int/comm/ food/fs/sc/ssc/out265_en.pdf)

    (22) ABl. L 113 vom 15.4.1998, S. 32.

    (23) ABl. L 132 vom 15.5.2001, S. 17.

    ANHANG

    INFEKTIOSITÄT - HAUPTKATEGORIEN

    Die nachstehenden Tabellen sind an die WHO Guidelines on Transmissible Spongiform Encephalopathies in Relation to Biological and Pharmaceutical Products (Februar 2003) angelehnt.

    Die Angaben bedeuten Folgendes:

    + Infektiosität oder PrPTSE(1) gegeben.

    - Weder nachweisbare Infektiosität noch PrPTSE gegeben.

    NT Nicht getestet.?

    Kontroverse oder unsichere Ergebnisse.

    Kategorie A: Hohe Infektiosität des Gewebes

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Kategorie B: Mäßige Infektiosität des Gewebes

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Kategorie C: Keine nachgewiesene Infektiosität des Gewebes

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (1) Im Hauptteil dieses Textes wird die umgefaltete Isoform des Prionproteins als PrPSc bezeichnet. Da diese Tabellen jedoch direkt an die genannten WHO-Leitlinien angelehnt sind, wird hier die WHO-Bezeichnung für das umgeformte Prionprotein (PrPTSE) beibehalten.

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