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Document 32018D0859
Commission Decision (EU) 2018/859 of 4 October 2017 on State aid SA.38944 (2014/C) (ex 2014/NN) implemented by Luxembourg to Amazon (notified under document C(2017) 6740) (Text with EEA relevance.)
Beschluss (EU) 2018/859 der Kommission vom 4. Oktober 2017 über die staatliche Beihilfe Luxemburgs SA.38944 (2014/C) (ex 2014/NN) zugunsten von Amazon (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2017) 6740) (Text von Bedeutung für den EWR.)
Beschluss (EU) 2018/859 der Kommission vom 4. Oktober 2017 über die staatliche Beihilfe Luxemburgs SA.38944 (2014/C) (ex 2014/NN) zugunsten von Amazon (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2017) 6740) (Text von Bedeutung für den EWR.)
C/2017/6740
ABl. L 153 vom 15.6.2018, p. 1–142
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
In force
15.6.2018 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 153/1 |
BESCHLUSS (EU) 2018/859 DER KOMMISSION
vom 4. Oktober 2017
über die staatliche Beihilfe Luxemburgs SA.38944 (2014/C) (ex 2014/NN) zugunsten von Amazon
(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2017) 6740)
(Nur der französische Text ist verbindlich)
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1
gestützt auf den Vertrag über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,
nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung nach den vorgenannten Artikeln (1) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,
in Erwägung folgender Gründe:
1. VERFAHREN
(1) |
Mit Schreiben vom 24. Juni 2014 ersuchte die Kommission Luxemburg um Informationen über die Steuervorbescheidpraxis im Hinblick auf Amazon. In dem Schreiben forderte die Kommission Luxemburg auf, zu bestätigen, dass Amazon in Luxemburg steuerpflichtig ist, und zu erläutern, in welchem Umfang für die Tätigkeiten der Amazon-Gruppe nach der Steuerregelung für geistiges Eigentum eine Steuerermäßigung gewährt wird. Außerdem forderte die Kommission sämtliche noch gültigen Steuervorbescheide an, die an die Amazon-Gruppe gerichtet worden waren. Mit E-Mail vom 18. Juli 2014 beantragte Luxemburg eine Verlängerung der Frist für die Beantwortung des Schreibens der Kommission vom 24. Juni 2014; diese Verlängerung wurde Luxemburg gewährt (2). |
(2) |
Am 4. August 2014 übermittelte Luxemburg seine Antwort auf das Ersuchen der Kommission vom 24. Juni 2014 und fügte seiner Antwort u. a. Folgendes bei: ein Schreiben (im Folgenden „angefochtener Steuervorbescheid“) der Administration des contributions directes (im Folgenden „Luxemburger Steuerbehörde“) vom 6. November 2003 an die Amazon.com, Inc., ein Schreiben vom 23. Oktober 2003 von der Amazon.com, Inc. und ein von [Beratungsgesellschaft 1] (*1) für die Amazon.com, Inc. erstelltes Schreiben vom 31. Oktober 2003 an die Luxemburger Steuerbehörde, in dem ein Vorbescheid beantragt wurde (im Folgenden „Antrag auf einen Steuervorbescheid“), sowie die Jahresabschlüsse der Amazon EU Société à responsabilité limitée (im Folgenden „LuxOpCo“) (3), der Amazon Europe Holding Technologies SCS (im Folgenden „LuxSCS“) (4), der Amazon Services Europe Société à responsabilité limitée (im Folgenden „ASE“), der Amazon Media EU Société à responsabilité limitée (im Folgenden „AMEU“) und anderer Unternehmen der Amazon-Gruppe in Luxemburg. |
(3) |
Am 7. Oktober 2014 nahm die Kommission einen Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV betreffend den angefochtenen Steuervorbescheid (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“) mit der Begründung an, dass sie ernste Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt hatte (5). Mit diesem Beschluss wurde Luxemburg aufgefordert, zusätzliche Informationen über den angefochtenen Steuervorbescheid zu übermitteln (6). Mit Schreiben vom 3. und 5. November 2014 beantragte Luxemburg eine Verlängerung der Frist für die Antwort auf den Einleitungsbeschluss. |
(4) |
Mit Schreiben vom 21. November 2014 übermittelte Luxemburg seine Anmerkungen zum Einleitungsbeschluss. Dieses Vorbringen enthielt u. a. einen von [Beratungsgesellschaft 2] für Amazon erstellten Bericht über die Verrechnungspreisvereinbarungen (im Folgenden „Verrechnungspreisbericht“), der der Kommission vorher noch nicht vorgelegt worden war. |
(5) |
Mit dem am 6. Februar 2015 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Einleitungsbeschluss (7) wurden die Beteiligten zur Stellungnahme aufgefordert. |
(6) |
Mit Schreiben vom 13. Februar 2015 sandte die Kommission Luxemburg ein weiteres Auskunftsersuchen. In diesem Schreiben ersuchte die Kommission Luxemburg ferner um die Zustimmung, verlangte Informationen, die sich nicht im Besitz von Luxemburg befanden, auch unmittelbar von Amazon zu beschaffen. Am 24. Februar 2015 beantragte Luxemburg eine Verlängerung der Frist für die Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission. |
(7) |
Mit Schreiben vom 5. März 2015 übermittelte Amazon seine Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss. Auch die folgenden Beteiligten übermittelten Stellungnahmen zum Einleitungsbeschluss: Oxfam am 14. Januar 2015, die Bundesarbeitskammer am 4. Februar 2015, Fedil am 27. Februar 2015, die Booksellers Association (im Folgenden „BA“) am 3. März 2015, das Syndicat de la librairie française (im Folgenden „SLF“) am 4. März 2015, die European and International Booksellers Federation (im Folgenden „EIBF“) am 4. März 2015, die ATOZ S.A. am 5. März 2015, die Computer and Communications Industry Association (im Folgenden „CCIA“) am 5. März 2015 und das European Policy Information Center (im Folgenden „EPICENTER“) am .5. März 2015 Jeweils am 5. März 2015 bekundeten die Federation of European Publishers (im Folgenden „FEP“) und das Syndicat des Distributeurs de Loisirs Culturels (im Folgenden „SDLC“) ihre Unterstützung für den Standpunkt der EIBF. |
(8) |
Am 12. März 2015 fand eine Telefonkonferenz der Kommission mit Luxemburg statt, in der Luxemburg der Kommission versicherte, dass es bis zum 17. März 2015 eine vollständige Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission der Kommission vom 13. Februar 2015 übermitteln könne. |
(9) |
Mit Schreiben vom 17. März 2015 antwortete Luxemburg teilweise auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 13. Februar 2015. Außerdem erläuterte Luxemburg, dass sich fehlende Informationen, insbesondere betreffend bestimmte Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmen der Amazon-Gruppe in Luxemburg und anderen Beteiligten, nicht im Besitz Luxemburgs befänden. |
(10) |
Am 19. März 2015 übermittelte die Kommission die Anmerkungen anderer Beteiligter zum Einleitungsbeschluss an Luxemburg. |
(11) |
Mit E-Mail vom 19. März 2015 schickte Amazon die geänderte und neu abgefasste Kostenteilungsvereinbarung (Cost Sharing Agreement, im Folgenden „CSA“), die LuxSCS am 1. Januar 2005 mit zwei Unternehmen der Amazon-Gruppe in den USA geschlossen hatte, und die am 2. Juli 2009 (mit Wirksamkeit ab dem 5. Januar 2009) erneut geändert und neu abgefasst und schließlich mit Wirkung zum 1. Januar 2014 nochmals geändert wurde (8). |
(12) |
Mit E-Mails vom 18., 19. und 20. März 2015 teilte die Kommission Luxemburg mit, dass die Antwort vom 17. März 2015 auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 13. Februar 2015 unvollständig war, und ersuchte um weitere Erläuterungen. |
(13) |
Am 20. März 2015 erklärte sich Luxemburg damit einverstanden, dass die Kommission ihre Fragen unmittelbar an Amazon richtete. Am 26. März 2015 unterrichtete die Kommission Luxemburg darüber, dass sie nach Artikel 6 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates (9) zu dem Schluss gekommen war, dass sich das förmliche Prüfverfahren zum angefochtenen Steuervorbescheid bislang als unwirksam erwiesen hatte. Auf dieser Grundlage und mit Zustimmung Luxemburgs (10) schickte die Kommission nach Artikel 6 Buchstabe a Nummer 6 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 am 26. März 2015 ein Auskunftsersuchen an Amazon (im Folgenden „MIT-Ersuchen“) mit der Aufforderung zur Vorlage sämtlicher seit 2000 von Amazon geschlossener Vereinbarungen, nach denen Lizenzen für die Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums von Amazon erteilt worden waren (im Folgenden „Vereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums“), sowie aller Kostenteilungs- und Eintrittsvereinbarungen zwischen LuxSCS und anderen Unternehmen der Amazon-Gruppe. Außerdem wurde Amazon aufgefordert, Informationen über die Tätigkeiten von LuxSCS sowie die Jahresabschlüsse von Amazon-Tochtergesellschaften mit Sitz außerhalb von Luxemburg zu übermitteln und bestimmte Finanzdaten zu erläutern oder abzugleichen. Und schließlich wurde um Auskünfte zu den letzten Änderungen der Rechtsstruktur der Amazon-Gruppe in Luxemburg ersucht. |
(14) |
Mit Schreiben vom 20. April 2015 ersuchte Luxemburg die Kommission um eine Erläuterung des Zwecks eines Treffens der Kommission mit Oxfam und Eurodad, über das Luxemburg nicht unterrichtet worden war. Außerdem übermittelte Luxemburg ein Ersuchen, den Beschluss zur Zusendung des MIT-Ersuchens nicht zu veröffentlichen. |
(15) |
Mit Schreiben vom 4. Mai 2015 antwortete Amazon teilweise auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 26. März 2015. Außerdem bestätigte Amazon, dass sich seine Struktur in Luxemburg im Jahr 2014 geändert hatte und dass Luxemburg auf dieser Grundlage einen neuen Steuervorbescheid übermittelt hatte; gleichzeitig erläuterte Amazon allerdings, dass die Änderung für die Zwecke der Untersuchung durch die Kommission unerheblich sei. |
(16) |
Ein Treffen der Kommissionsdienststellen mit Luxemburg und Amazon fand am 8. Mai 2015 statt. Mit Schreiben vom 12. Juni 2015 übermittelte Amazon im Anschluss an dieses Treffen weitere Anmerkungen. Darüber hinaus legte Amazon eine Liste mit Vereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums vor, die Amazon als „M.com-Vereinbarungen“ bezeichnete und nach denen Amazon nicht von dem Verfahren betroffenen Dritten die Genehmigung zur Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums im Zusammenhang mit seiner Plattformtechnologie erteilte. |
(17) |
Mit Schreiben vom 13. Mai 2015 übermittelte Luxemburg seine Anmerkungen zur Stellungnahme dieses Dritten zum Einleitungsbeschluss. |
(18) |
Mit Schreiben vom 3. Juli 2015 erinnerte die Kommission Amazon an die noch ausstehende Übermittlung noch fehlender Informationen insbesondere zu den Vereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums und ersuchte um weitere Auskünfte. |
(19) |
Mit Schreiben vom 10. Juli 2015 (nochmals übermittelt am 23. Juli 2015) schickte Luxemburg eine Erklärung über die nicht rückwirkende Anwendung eines endgültigen Negativbeschlusses der Kommission. |
(20) |
Mit Schreiben vom 24. und 31. Juli 2015 übermittelte Amazon eine teilweise Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 3. Juli 2015 einschließlich Auskünften zu den M.com-Vereinbarungen. Auf der Grundlage dieser Antworten war Amazon der Auffassung, das Auskunftsersuchen bezüglich der Vereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums vollumfänglich beantwortet zu haben, da Amazon zufolge sonstige von Amazon getroffene Vereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums mit dem Intellectual Property License Agreement vom 30. April 2006 zwischen LuxSCS und LuxOpCo (im Folgenden „Lizenzvereinbarung“) nicht vergleichbar waren (11). Amazon beantragte eine Verlängerung auch der Frist zur Übermittlung der übrigen von der Kommission verlangten Informationen. |
(21) |
Mit Schreiben vom 31. Juli 2015 erinnerte die Kommission Amazon an die Übermittlung aller verlangten Informationen und insbesondere an die Vervollständigung der Auskünfte zu allen seit 2000 mit Amazon geschlossenen Vereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums. Die Kommission forderte Amazon zudem auf, den neuen Vorbescheid Luxemburgs aus dem Jahr 2014 vorzulegen, auf den im Schreiben Luxemburgs vom 4. August 2014 und im Schreiben von Amazon vom 4. Mai 2015 Bezug genommen wurde. |
(22) |
Mit Schreiben vom 21. August 2015 antwortete Amazon auf das Ersuchen der Kommission, legte allerdings noch immer keine Informationen über die übrigen Vereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums vor. |
(23) |
Am 8. September 2015 fand ein Treffen der Kommission mit Amazon statt, über das Luxemburg unterrichtet wurde. Nach diesem Treffen erinnerte die Kommission Amazon mit einer E-Mail vom 8. September 2015 an die fälligen Auskünfte zum Auskunftsversuchen betreffend die Vereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums. |
(24) |
Mit einer E-Mail vom 14. September 2015 erläuterte Amazon, dass keine sonstigen Vereinbarungen existierten, nach denen Rechte des geistigen Eigentums, die bereits der Lizenzvereinbarung unterliegen, Beteiligten dieses Verfahrens oder nicht beteiligten Dritten gewährt wurden oder würden. Gleichzeitig unterrichtete Amazon die Kommission darüber, dass es eine Liste konzerninterner Vereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums unabhängig davon erstelle, ob die Vereinbarungen die EU oder Rechte des geistigen Eigentums beträfen, die der Lizenzvereinbarung zwischen LuxSCS und LuxOpCo unterlägen. Diese Liste wurde der Kommission am 17. September 2015 vorgelegt. |
(25) |
Mit einer E-Mail vom 23. September 2015 übermittelte Amazon eine Liste mit Vereinbarungen, mit denen Lizenzen für die Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums von Dritten gewährt oder Dritten erteilt wurden. |
(26) |
Mit einer E-Mail vom 29. September 2015 erinnerte die Kommission Amazon an die fällige Übermittlung der Vereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums, um die die Kommission am 26. März und am 3. Juli 2015 nach den am 17. und am 23. September 2015 von Amazon vorgelegten Listen ersucht hatte. Darüber hinaus ersuchte die Kommission Amazon um weitere Informationen über die Berichte über Kostenteilungen und über die Kunden von LuxOpCo nach Websites. |
(27) |
Amazon übermittelte Informationen mit E-Mails vom 30. September und vom 1., 2., 12., 13., 20. und 27. Oktober 2015. |
(28) |
Am 28. Oktober 2015 fand ein Treffen der Kommission mit Luxemburg und Amazon statt. |
(29) |
Mit E-Mail vom 20. November 2015 erinnerte die Kommission Amazon an den Umfang ihres Auskunftsersuchens vom 26. März 2015 betreffend interne und externe Vereinbarungen von Amazon über Rechte des geistigen Eigentums und forderte Amazon zur Übermittlung zusätzlicher Informationen auf. |
(30) |
In einem Treffen am 27. November 2015 gab ein Unternehmen, das darum ersuchte, dass sein Name nicht offengelegt werde, (im Folgenden „Unternehmen X“) der Kommission Marktinformationen im Zusammenhang mit der Untersuchung der Kommission in Kenntnis. In einer Telefonkonferenz am 15. Januar 2016 teilte Unternehmen X weitere Informationen zum elektronischen Handel in Europa mit. Mit E-Mail vom 25. Januar 2016 betreffend das Protokoll der Telefonkonferenz übermittelte Unternehmen X nochmals zusätzliche Informationen. |
(31) |
Am 30. November 2016 legte Amazon zusätzliche Informationen vor. |
(32) |
Mit E-Mail vom 1. Dezember 2015 beantragte Amazon eine Verlängerung der Frist für die Beantwortung des Auskunftsersuchens der Kommission vom 20. November 2015. |
(33) |
Am 4. Dezember 2015 übermittelte Amazon die von der Kommission mit der E-Mail vom 20. November 2015 geforderten Informationen und beantragte eine Verlängerung der Frist für die übrigen Antworten. |
(34) |
Mit Schreiben vom 10. und 28. Dezember 2015 übermittelte Luxemburg seine Stellungnahme nach einem Treffen am 28. Oktober 2015. |
(35) |
Mit E-Mail vom 11. Dezember 2015 erinnerte die Kommission an die fälligen Antworten auf ihr Auskunftsersuchen vom 20. November 2015 und schickte ein weiteres Auskunftsersuchen mit weiteren Fragen an Amazon. |
(36) |
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 übermittelte Amazon weitere Antworten auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 20. November 2015. |
(37) |
Mit E-Mail vom 18. Dezember 2015 forderte die Kommission Luxemburg zur Übermittlung seiner Stellungnahme und seiner Anmerkungen zu den Informationen auf, die Amazon der Kommission bis zu diesem Zeitpunkt im Laufe der Untersuchung übermittelt hatte. |
(38) |
Am 12. und 15. Januar 2016 übermittelte Amazon teilweise Antworten auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 11. Dezember 2015 und beantragte eine Verlängerung der Frist für die Übermittlung der verlangten Informationen. |
(39) |
Am 18. Januar 2016 legte Amazon zusätzliche Informationen vor. |
(40) |
Mit E-Mail vom 19. Januar 2016 erinnerte die Kommission Amazon daran, dass das Unternehmen einige Fragen in früheren Auskunftsersuchen noch immer nicht beantwortet hatte. Außerdem ersuchte die Kommission um Erläuterungen um weitere Informationen. |
(41) |
Am 22. Januar 2015 antwortete Amazon teilweise auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 19. Dezember 2015. Am 28. Januar 2015 antwortete Amazon teilweise auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 11. Dezember 2015. Mit Schreiben vom 5., 15., 19. und 24. Februar 2016 übermittelte Amazon teilweise Antworten auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 19. Januar 2016. |
(42) |
Am 26. Februar 2016 schickte die Kommission Amazon eine Erinnerung, in der sie Amazon zur Beantwortung noch nicht beantworteten Fragen in den Auskunftsversuchen vom 20. November 2015, vom 11. und 18. Dezember 2015 und vom 19. Januar 2016 aufforderte. |
(43) |
Am 4. und 21. März 2016 antwortete Amazon teilweise auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 11. Dezember 2015. |
(44) |
Mit E-Mail vom 11. März 2016 übermittelte Amazon eine teilweise Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 26. Februar 2016. |
(45) |
Mit E-Mail vom 22. März 2016 übermittelte Amazon eine teilweise Antwort auf die Auskunftsersuchen der Kommission vom 19. Januar 2016 und vom 26. Februar 2016. |
(46) |
Mit E-Mail vom 8. März 2016 erklärte Amazon seinen Verzicht auf die zuvor in einem Schreiben vom 22. Januar 2016 gegenüber Luxemburg erhobenen Ansprüche auf vertrauliche Behandlung bestimmter übermittelter Informationen und verpflichtete sich, diese Informationen an Luxemburg weiterzugeben. |
(47) |
Am 14. März 2016 bestätigte Amazon die Weitergabe seines letzten Vorbringens gegenüber der Kommission an Luxemburg. |
(48) |
Am 1. April 2016 ersuchte die Kommission Unternehmen X um die Zustimmung zur Weitergabe bestimmter von Unternehmen X vorgelegter Informationen an Luxemburg. Am 5. April 2016 erteilte Unternehmen X seine Zustimmung. |
(49) |
Am 8. April 2016 erkundigte sich die Kommission bei Amazon nach den Informationen, die Amazon bis zu diesem Zeitpunkt im Laufe der Untersuchung an Luxemburg weitergeleitet hatte. Außerdem unterrichtete die Kommission Amazon darüber, dass bestimmte im Auskunftsersuchen der Kommission vom 11. Februar 2015 geforderte Informationen noch immer nicht übermittelt worden waren. Ferner richtete die Kommission ein Ersuchen um weitere Erläuterungen und Informationen an Amazon. |
(50) |
Mit E-Mail vom 11. April 2016 bestätigte Amazon, welche Informationen es an Luxemburg weitergeleitet hatte. |
(51) |
Mit Schreiben vom 18. April 2016 erkundigte sich die Kommission bei Luxemburg, welche Informationen Luxemburg von Amazon erhalten hatte und forderte Luxemburg zur Übermittlung seiner Stellungnahmen zu diesen Vorbringen auf. Außerdem erinnerte die Kommission an ihre E-Mail vom 18. Dezember 2015, mit der sie Luxemburg um Stellungnahme zu den Vorbringen von Amazon ersucht hatte. Und schließlich gab die Kommission die Marktinformationen wie mit Unternehmen X vereinbart an Luxemburg weiter und forderte Luxemburg zur Stellungnahme auf. |
(52) |
Am 22. April 2016 übermittelte Amazon eine teilweise Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 8. April 2016 und beantragte eine Verlängerung der Frist für die Beantwortung der übrigen Fragen. |
(53) |
Mit Schreiben vom 2. Mai 2016 (das am 10. Mai 2016 erneut übermittelt wurde) bestätigte Luxemburg den Erhalt der bis zu diesem Zeitpunkt im Laufe der Untersuchung von Amazon übermittelten Informationen und übermittelte seine Stellungnahme zu den Vorbringen von Amazon. Hinsichtlich der Marktinformationen von Unternehmen X teilte Luxemburg der Kommission mit, dass es diese Informationen an Amazon weitergeleitet hatte, da Amazon eher in der Lage sei, sich dazu zu äußern. |
(54) |
Mit E-Mail vom 2. Mai 2016 übermittelte Amazon eine teilweise Antwort und räumte ein, dass die im Schreiben vom 22. April 2016 als noch ausstehend bezeichneten Antworten auf die Fragen des Auskunftsersuchens der Kommission vom 8. April 2016 noch nicht übermittelt wurden. |
(55) |
Mit E-Mail vom 17. Mai 2016 erläuterte die Kommission den Umfang der Informationen, um die sie Amazon ersucht hatte und erinnerte daran, dass bestimmte in ihren Auskunftsersuchen vom 11. Dezember 2015 und vom 8. April 2016 verlangte Auskünfte noch immer nicht übermittelt worden waren. |
(56) |
Mit E-Mail vom 24. Mai 2016 übermittelte Amazon seine Antwort auf die E-Mail der Kommission vom 17. Mai 2016. |
(57) |
Am 26. Mai 2016 fand ein Treffen der Kommission mit Luxemburg und Amazon statt. In diesem Treffen stellte die Kommission Amazon weitere Fragen, die auch im Entwurf des Protokolls zu diesem Treffen vermerkt wurden. Mit Schreiben vom 20. Juni 2016 antwortete Amazon auf diese Fragen. |
(58) |
Mit Schreiben vom 21. Juni 2016 übermittelte Amazon seine Stellungnahme zu den Marktinformationen von Unternehmen X. Außerdem beantragte Amazon Zugang zum vollständigen Vorbringen von Unternehmen X sowie die Bekanntgabe der Identität von Unternehmen X. |
(59) |
Am 7. Juli 2016 übermittelte die Kommission Amazon ihre Anmerkungen zum geänderten Protokoll des Treffens vom 26. Mai 2016. Außerdem ersuchte die Kommission Amazon um weitere Informationen. |
(60) |
Mit E-Mail vom 22. Juli 2016 übermittelte Amazon eine teilweise Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 7. Juli 2016. In seiner Antwort teilte Amazon der Kommission mit, dass in einem Verfahren vor dem United States Tax Court (im Folgenden „US Tax Court“) verwendete Unterlagen einer Schutzanordnung (protective order) unterliegen. Daher regte Amazon die Übermittlung geschwärzter Unterlagen vor, die Amazon vorlagen. |
(61) |
Mit E-Mail vom 27. Juli 2016 erinnerte die Kommission Amazon an noch ausstehende Informationen nach ihrem Auskunftsersuchen vom 7. Juli 2016 und erklärte sich vorübergehend mit der Übermittlung geschwärzter Unterlagen aus dem Verfahren vor dem US Tax Court einverstanden. Außerdem ersuchte die Kommission Amazon um weitere Erläuterungen und Auskünfte. |
(62) |
Am 29. Juli 2016 übermittelte Amazon per E-Mail eine teilweise Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 7. Juli 2016 und beantragte eine Verlängerung der Frist für die Beantwortung der übrigen Fragen. Mit E-Mail vom 12. August 2016 übermittelte Amazon eine teilweise Antwort auf die Auskunftsersuchen der Kommission vom 7. Juli 2016 und vom 27. Juli 2016. |
(63) |
Mit E-Mail vom 19. August 2016 ersuchte die Kommission Amazon um weitere Erläuterungen und Auskünfte zu Antworten von Amazon auf das Auskunftsersuchen vom 7. Juli 2016. |
(64) |
Mit E-Mail vom 19. August 2016 und danach nochmals mit Schreiben vom 22. August 2016 übermittelte die Kommission Amazon ein Auskunftsersuchen, in dem sie Amazon zur Vorlage sämtlicher geschwärzter Unterlagen des Verfahrens vor dem US Tax Court aufforderte. |
(65) |
Am 26. August 2016 übermittelte Amazon eine teilweise Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 7. Juli 2016 und beantragte eine Verlängerung der Frist für die Vervollständigung seiner Antwort. |
(66) |
Mit E-Mail vom 30. August 2016 unterrichtete Amazon die Kommission über den Erfolg seines Antrags betreffend den Zugang zu den Unterlagen, die in dem Verfahren vor dem US Tax Court verwendet wurden, und kündigte an, dass es ungeschwärzte Unterlagen vorlegen werde. |
(67) |
Am 9. September 2016 antwortete Amazon teilweise auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 19. August 2016. |
(68) |
Am 30. September 2016 übermittelte Amazon die ungeschwärzten Unterlagen, die es für das Verfahren vor dem US Tax Court vorgelegt hatte, wie am 22. August 2016 von der Kommission gefordert. |
(69) |
Mit E-Mails vom 7. und 19. Dezember 2016 ersuchte die Kommission Amazon um weitere Informationen über das Verfahren vor dem US Tax Court. Am 20. Dezember 2016 übermittelte Amazon seine Antwort. |
(70) |
Am 21. Dezember 2016 übermittelte die Kommission Amazon ein Auskunftsersuchen, das Amazon am 20. Januar 2017 teilweise beantwortete. Mit E-Mail vom 2. Februar 2017 übermittelte die Kommission Amazon weitere Erläuterungen zu ihrem Auskunftsersuchen vom 21. Dezember 2017. Am 6., 8. und 27. Februar und am 6. März 2017 übermittelte Amazon der Kommission weitere Informationen und teilweise Antworten. Mit E-Mail vom 13. März 2017 erinnerte die Kommission Amazon an die Übermittlung noch ausstehender Informationen. |
(71) |
Am 14. März 2017 schickte die Kommission Amazon ein Auskunftsersuchen. |
(72) |
Mit E-Mail vom 24. März 2017 übermittelte Amazon die Beurteilung des US Tax Court vom 23. März 2017. |
(73) |
Mit E-Mail vom 27. März 2017 ersuchte die Kommission Amazon um weitere Informationen über die Beurteilung des US Tax Court. |
(74) |
Am 28. März 2017 antwortete Amazon der Kommission und beantragte unter Verweis auf die laufenden Verfahren im Anschluss an das Verfahren vor dem US Tax Court mehr Zeit für seine Antwort. |
(75) |
Mit E-Mail vom 4. April 2017 übermittelte Amazon eine teilweise Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 14. März 2017. |
(76) |
Mit E-Mail vom 7. April 2017 teilte die Kommission Luxemburg und Amazon mit, dass sie den Antrag von Amazon auf uneingeschränkten Zugang zum Vorbringen von Unternehmen X ablehnen musste. |
(77) |
Am 11. April 2017 übermittelte Amazon eine weitere teilweise Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 14. März 2017 und beantragte eine Verlängerung der Frist für die Beantwortung einiger verbliebener Teile seiner Antwort. |
(78) |
Mit E-Mail vom 12. April 2017 übermittelte Amazon der Kommission eine teilweise Antwort. |
(79) |
Am 17. April 2017 legte Amazon weitere Informationen zum Verfahren im Anschluss an das Verfahren vor dem US Tax Court vor. |
(80) |
Am 18. Mai 2017 schickte Amazon eine weitere teilweise Antwort und ergänzte damit seine Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 14. März 2017. |
(81) |
Mit E-Mail vom 19. Mai 2017 übermittelte die Kommission Amazon ein Auskunftsersuchen. |
(82) |
Am 29. Mai 2017 übermittelte Amazon der Kommission zusätzliche Informationen. |
(83) |
Mit E-Mail vom 7. Juni 2017 übermittelte Amazon seine Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 19. Mai 2017. |
(84) |
Mit E-Mail vom 14. Juni 2017 ersuchte die Kommission Amazon um die Bestätigung, dass alle Informationen, die Amazon der Kommission in den Jahren 2016 und 2017 übermittelt hatte, auch an Luxemburg weitergegeben worden waren; außerdem ersuchte sie Luxemburg um Übermittlung seiner Stellungnahme zu den Informationen, die Amazon der Kommission bis zu diesem Zeitpunkt im Laufe des Verfahrens übermittelt hatte. Am 19. Juni 2017 bestätigte Amazon, dass es alle Informationen, die es in den Jahren 2016 und 2017 an die Kommission übermittelt hatte, an Luxemburg weitergeleitet hatte. Mit E-Mail vom 21. Juni 2017 bestätigte Luxemburg, dass es alle Unterlagen erhalten hatte, die Amazon in den Jahren 2016 und 2017 der Kommission übermittelt hatte, und dass Luxemburg zu den Vorbringen von Amazon aus den Jahren 2016 und 2017 gegenüber der Kommission mit Ausnahme der Vorbringen von Amazon vom 30. September 2016 und vom 20. Januar 2017 keine weiteren Stellungnahmen beabsichtigte. |
(85) |
Am 22. Juni 2017 fand ein Treffen der Kommission mit Luxemburg und Amazon statt. |
(86) |
Am 6. Juli 2017 übermittelte Luxemburg seine Stellungnahme zu Vorbringen von Amazon vom 30. September 2016 und vom 20. Januar 2017. |
(87) |
Am 6. Juli 2017 übermittelte die Kommission Amazon ein Auskunftsersuchen, das Amazon am 10. und 27. Juli sowie am 4. und 7. August 2017 beantwortete. |
(88) |
Mit E-Mail vom 9. Mai 2017 übermittelte die Kommission Amazon ein Auskunftsersuchen. Am 7. September 2017 übermittelte Amazon seine Antwort. |
(89) |
Am 12. September 2017 bestätigte Luxemburg per E-Mail, dass es nicht beabsichtigte, sich noch weiter zu den Vorbringen von Amazon vom 10. und 27. Juli, 4. und 7. August und 7. September 2017 zu äußern. |
2. TATSÄCHLICHER UND RECHTLICHER HINTERGRUND
2.1. BESCHREIBUNG DES DURCH DEN ANGEFOCHTENEN STEUERVORBESCHEID BEGÜNSTIGTEN UNTERNEHMENS
2.1.1. DIE AMAZON-GRUPPE
(90) |
Die Amazon-Gruppe umfasst die Amazon.com, Inc. sowie alle mittelbar oder unmittelbar von der Amazon.com, Inc. kontrollierten Unternehmen (im Folgenden gemeinsam „Amazon“ oder „Amazon-Gruppe“ genannt). Der Sitz von Amazon befindet sich in Seattle, Washington, Vereinigte Staaten von Amerika. |
(91) |
Amazon ist im Einzelhandels- und im Dienstleistungsgeschäft tätig. |
(92) |
Der Gegenstand des Einzelhandelsgeschäfts von Amazon besteht darin, vielfältige von Amazon von Lieferanten zum Weiterverkauf eingekaufte Waren (Bücher, DVDs, Videos, Unterhaltungselektronik, Computer, Küchengeräte, Haushaltswaren, Werkzeuge, Hardware, Mobiltelefone usw.) und Inhalte (beispielsweise digitale Musik, E-Books und Spiele) über Websites an Kunden zu verkaufen (12). Amazon wickelt Kundenaufträge auf unterschiedliche Weise ab, u. a. über seine eigenen nordamerikanischen und internationalen Logistikzentren (im Folgenden „Fulfilment Centres“) und -netze sowie nach Maßgabe von Co-Sourcing- und Outsourcing-Vereinbarungen in verschiedenen Ländern und durch digitale Lieferung (13). |
(93) |
Das Dienstleistungsgeschäft von Amazon beinhaltet Tätigkeiten von Amazon im Rahmen von Programmen für Dritte (im Folgenden „Drittverkäuferprogramme“) wie beispielsweise Marketplace und Merchants@Amazon, über die Amazon anderen (kleineren) Unternehmen und Einzelpersonen (Marketplace) sowie mittleren und großen Einzelhändlern (Merchants@Amazon) die Möglichkeit bietet, ihre Produkte auf Amazon-Websites zum Verkauf anzubieten. Die Produkte der Dritthändler werden in die Amazon-Websites eingebunden. Die beteiligten Unternehmen und Einzelpersonen zahlen dafür Gebühren an Amazon (14). Diese Drittunternehmen und -verkäufer können Amazon auch ihre Bestände schicken, die Amazon dann in seinen Fulfilment Centres lagert (15), auf all seinen Websites führt und auswählt, verpackt und an die Kundenanschrift versendet (im Folgenden Geschäftstätigkeit „Fulfilment durch Amazon“ (16). |
(94) |
Amazon generiert Einnahmen auch durch andere Vermarktungs- und Werbedienste, beispielsweise durch Online-Werbung und durch Vereinbarungen über Co-Branding-Kreditkarten. Früher bot Amazon seine Dienste, Leistungsmerkmale und Technologien im Bereich des elektronischen Handels auch für den Betrieb der Websites anderer Unternehmen an, die ihre Produkte im Rahmen des Programms „Merchant.com“ unter der Marke Amazon und über die URL von Amazon verkauften. Im Rahmen des Programms „Syndicated Stores“ bot Amazon früher seine Dienste, Leistungsmerkmale und Technologien im Bereich des elektronischen Handels auch für den Betrieb der Websites anderer Unternehmen an, die ihre Produkte unter der Marke und der URL anderer Unternehmen verkauften (17). Beide Programme wurden inzwischen eingestellt (18). |
(95) |
Und schließlich fertigt und verkauft Amazon Hardware-Produkte wie Amazon Kindle, Amazon Fire und Amazon Echo. |
(96) |
Amazon betreibt weltweit 13 Websites, darunter www.amazon.com und sechs europäische Websites: www.amazon.de, www.amazon.co.uk, www.amazon.fr, www.amazon.it und www.amazon.es (im Folgenden „EU-Websites“) sowie www.amazon.nl (19). Die Geschäftstätigkeit von Amazon ist in drei Segmenten organisiert: North America, International und Amazon Web Services (im Folgenden „AWS“) (20). |
(97) |
Die Umsätze des nordamerikanischen Segments werden in erster Linie im Einzelhandel mit dem Verkauf von Verbraucherprodukten (u. a. durch Drittverkäufer) und durch Abonnements über auf Nordamerika konzentrierte Websites wie www.amazon.com, www.amazon.ca, und www.amazon.com.mx erzielt. Dieses Segment beinhaltet auch die durch Ausfuhren über diese Websites erwirtschafteten Umsätze. |
(98) |
Die Umsätze des internationalen Segments werden in erster Linie im Einzelhandel mit dem Verkauf von Verbraucherprodukten (u. a. durch Drittverkäufer) und durch Abonnements über internationale Websites wie www.amazon.com.au, www.amazon.com.br, www.amazon.cn, www.amazon.in, www.amazon.co.jp, die EU-Websites und www.amazon.nl erzielt. Zu diesem Segment werden auch die durch Ausfuhren über diese internationalen Websites erwirtschafteten Umsätze (einschließlich der Ausfuhrverkäufe über diese Websites bei Kunden in den USA, in Mexiko und in Kanada) gerechnet; die Ausfuhrverkäufe der nordamerikanischen Amazon-Websites werden nicht zu diesem Segment gezählt. |
(99) |
Das Segment AWS umfasst die weltweiten Umsätze mit Dienstleistungsangeboten u. a. im Zusammenhang mit Computern, Speichermedien und Datenbanken für Start-ups, Unternehmen, Regierungsstellen und Hochschuleinrichtungen. Über AWS ermöglicht Amazon unterschiedlichen Arten von Unternehmen Zugang zu Technologieinfrastrukturen. |
(100) |
Im Jahr 2016 erwirtschaftete Amazon weltweit einen Nettoumsatz von etwa 136 Mrd. USD und Nettoeinnahmen von 2,37 Mrd. USD. Weltweit erzielt Amazon seine Einnahmen zu 91 % im Einzelhandelsgeschäft. 59 % des Nettoumsatzes entfallen auf das Segment Nordamerika, 32 % auf das internationale Segment und 9 % auf das Segment AWS. Im Jahr 2016 hatte Amazon 314 400 Mitarbeiter in Voll- und in Teilzeitbeschäftigung (21). |
2.1.2. DAS EUROPAGESCHÄFT VON AMAZON
(101) |
Vor Mai 2006 betrieb Amazon seine europäischen Websites über die Amazon.com International Sales, Inc. (im Folgenden „AIS“), eine 100 %ige US-amerikanische Tochtergesellschaft von Amazon.com, Inc. AIS fungierte als Geschäftsherr des Einzelhandelsgeschäfts über die europäischen Websites von Amazon (damals www.amazon.de, www.amazon.co.uk und www.amazon.fr); eine weitere US-amerikanische Gesellschaft (Amazon International Marketplace, Inc., im Folgenden „AIM“) fungierte als Geschäftsherr des über diese Websites betriebenen Dienstleistungsgeschäfts. AIM wiederum war einziger Anteilseigner der im Jahr 2003 gegründeten Gesellschaft ASE, die als Kommissionär für das über die europäischen Websites betriebene Dienstleistungsgeschäft fungierte. Und schließlich erbrachten im Vereinigten Königreich sowie in Deutschland und in Frankreich eingetragene 100 %ige Tochtergesellschaften von Amazon (im Folgenden „verbundene lokale Unternehmen“) (22) bestimmte Dienstleistungen im Zusammenhang mit den europäischen Websites (z. B. die Weiterleitung von Kunden) (23). |
(102) |
Die im Antrag auf den Steuervorbescheid beschriebene Umstrukturierung des Europageschäfts von Amazon (im Folgenden „Umstrukturierung von 2006“) trat zum Mai 2006 in Kraft. In den Geschäftsjahren vom 1. Mai 2006 bis zum 30. Juni 2014 (im Folgenden „relevanter Zeitraum“ bestand die in Abbildung 1 dargestellte Struktur. Im Juli 2014 strukturierte Amazon sein Europageschäft nochmals um (im Folgenden „Umstrukturierung von 2014“). Die Umstrukturierung von 2014 und das Europageschäft von Amazon nach der Umstrukturierung von 2014 sind nicht Gegenstand dieses Beschlusses. Abbildung 1 Struktur der europäischen Unternehmen von Amazon 2006-2014 Lizenzgebühr Lizenz-gebühr Kostentei-lung FuE Dienstleistungsgebühr Amazon.de Amazon.fr Amazon.co.uk Amazon Media Europe AMEU Amazon Services Europe ASE LuxOpCo LuxSCS Verbundene locale Unternehmen in der EU LUX USA Amazon US |
2.1.2.1. LuxSCS
(103) |
LuxSCS ist eine geschlossene Kommanditgesellschaft nach luxemburgischem Recht (Société en Commandite Simple). Die Eigentümerstruktur änderte sich im relevanten Zeitraum; Partner von LuxSCS waren aber immer in den USA ansässige Unternehmen (24). Bei der Gründung im Jahr 2004 waren die Amazon Europe Holding, Inc. (als Komplementär), die Amazon.com International Sales, Inc. und die Amazon.com International Marketplace, Inc. Partner von LuxSCS. Im Mai 2006 traten die ACI Holdings, Inc. und die Amazon.com, Inc. als Partner von LuxSCS an die Stelle der Amazon.com International Marketplace, Inc. Seit September 2009 waren die folgenden Unternehmen Partner von LuxSCS: die Amazon Europe Holding, Inc. (als Komplementär), die Amazon.com International Sales, Inc. und die Amazon.com, Inc. (25). |
(104) |
Im relevanten Zeitraum sollte LuxSCS als „immaterielle“ Holdinggesellschaft für das Europageschäft von Amazon fungieren, das hauptsächlich von LuxOpCo betrieben wurde (26). Wie von Amazon in einem Schreiben vom 20. April 2006 gegenüber der Luxemburger Steuerbehörde erläutert, beschränkte sich die Funktion von LuxSCS darauf, „bloßer Inhaber“ der immateriellen Wirtschaftsgüter zu sein und die Beteiligung an LuxOpCo zu übernehmen. Die „beschränkte Anzahl an rechtlichen Vereinbarungen“, die von LuxSCS geschlossen wurden, waren „für das Funktionieren der Luxemburger Struktur erforderlich“. LuxSCS erzielte ausschließlich passive Einnahmen (Lizenzgebühren und Zinsen) über seine Tochtergesellschaften (27). Außerdem vergab LuxSCS konzerninterne Darlehen an LuxOpCo und an andere Unternehmen der Gruppe (28). LuxSCS hatte im relevanten Zeitraum keine Geschäftsräume und keine Mitarbeiter. |
(105) |
Im Jahr 2005 schloss LuxSCS die Lizenzvereinbarung und die Abtretungsvereinbarung über bereits bestehende Rechte des geistigen Eigentums (im Folgenden „Eintrittsvereinbarung“) mit der Amazon Technologies, Inc. (im Folgenden „ATI“) (29) sowie die Kostenteilungsvereinbarung (Cost Sharing Agreement, im Folgenden „CSA“) (30) mit zwei in den USA ansässigen Unternehmen der Amazon-Gruppe (A9.com, Inc., im Folgenden „A9“, und ATI). LuxSCS traf ferner eine Vereinbarung über die Abtretung von Rechten des geistigen Eigentums (Intellectual Property Assignment) und eine Lizenzvereinbarung mit folgenden Unternehmen: Amazon.co.uk Ltd., Amazon.fr SARL und Amazon.de GmbH; nach Maßgabe dieser Vereinbarungen erwarb LuxSCS die Rechte zur Nutzung von Marken und Rechten des geistigen Eigentums an den europäischen Websites, die bis zum 30. April 2006 im Eigentum dieser verbundenen lokalen Unternehmen in der EU standen (31). |
(106) |
Mit der Eintrittsvereinbarung und der CSA erwarb LuxSCS das Recht zur Verwertung bestimmten geistigen Eigentums von Amazon und von Nebenprodukten (im Folgenden „immaterielle Wirtschaftsgüter“) (32) und zur Erteilung von Unterlizenzen für diese immateriellen Wirtschaftsgüter, die im Eigentum von A9 und ATI sowie von LuxSCS standen und von diesen weiterentwickelt wurden (33). LuxSCS erwarb diese Rechte zur Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter zum Zweck des Betriebs der europäischen Websites und zu allen sonstigen Zwecken innerhalb des europäischen Raums (34). Dafür musste LuxSCS Eintrittszahlungen leisten (siehe Tabelle 11) und einen jährlichen Anteil der Kosten des Programms zur Weiterentwicklung der CSA (siehe Tabelle 12) übernehmen (35). Nach der CSA musste LuxSCS sich nach Kräften bemühen, Verstöße gegen die Rechte in Verbindung mit den immateriellen Wirtschaftsgütern zu verhindern, für deren Nutzung A9 und ATI LuxSCS Lizenzen erteilt hatte (36). Außerdem war LuxSCS nach der geänderten und neu abgefassten CSA von 2009 verpflichtet, die in Anhang B der CSA genannten Aufgaben auszuüben und die dort genannten Risiken zu übernehmen (37). |
(107) |
Nach der CSA bestanden immaterielle Wirtschaftsgüter aus (i) „sämtlichen Rechten des geistigen Eigentums weltweit“, die im Eigentum von ATI und LuxSCS standen oder die ATI und LuxSCS in sonstiger Weise innehatten, sowie aus bestimmten Rechten des geistigen Eigentums von A9 (38), (ii) sämtlichen Rechten des geistigen Eigentums, für die diesen Parteien Lizenzen erteilt, bzw. die diesen Parteien übertragen oder an sie abgetreten wurden, und (iii) Nebenprodukten, die einer der Parteien nach Maßgabe der CSA übertragen wurden. Die immateriellen Wirtschaftsgüter beinhalteten im Wesentlichen drei Kategorien geistigen Eigentums, die im Folgenden als (i) „Technologie“ (39), (ii) „Kundendaten“ (40) und (iii) „Marken“ (41) bezeichnet werden. Namen von Internet-Domains zählen nicht zu diesen immateriellen Wirtschaftsgütern (42). |
2.1.2.2. LuxOpCo und seine Tochtergesellschaften
(108) |
Im relevanten Zeitraum war LuxOpCo eine 100 %ige Tochtergesellschaft von LuxSCS (43). Es wurde erwartet, dass das Unternehmen im Rahmen der Umstrukturierung von 2006 die Aufgaben von ASI und AIM übernahm (44). Ferner wurde erwartet, dass das Unternehmen das softwaregestützte Geschäftsmodell weiterentwickelte und verbesserte, das dem Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäft von Amazon in Europa zugrunde lag (45). In diesem Zeitraum fungierte LuxOpCo wie vorgesehen als Hauptsitz der Amazon-Gruppe in Europa und als Hauptbetreiber des über die EU-Websites durchgeführten Online-Einzelhandels- und -Dienstleistungsgeschäfts von Amazon in Europa (46). LuxOpCo sollte für die strategischen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Einzelhandels- und dem Dienstleistungsgeschäft über die EU-Websites sowie für die Verwaltung der wesentlichen physischen Elemente des Einzelhandelsgeschäfts zuständig sein (47). Das Unternehmen sollte die Strategien und Leitlinien für die Auswahl und den Verkauf von Produkten auf den EU-Websites sowie die Preise und die Merchandisingstrategien für die anzubietenden Produkte und Dienstleistungen festlegen und über bestimmte Werbemaßnahmen auf den Websites und über auf den EU-Websites angebotene Werbeprogramme entscheiden. Außerdem wurde dem Unternehmen die Zuständigkeit für strategische Entscheidungen in Bezug auf die Auswahl von Dritthändlern und von Produktkategorien und für die Vermarktung bei Dritten übertragen. Und schließlich sollte das Unternehmen für sämtliche Bestandteile der Auftragsabwicklung zuständig sein (48). |
(109) |
Im relevanten Zeitraum verbuchte LuxOpCo Einnahmen sowohl aus dem Verkauf von Produkten als auch aus Dienstleistungen im Bereich der Auftragsabwicklung. Es kaufte Waren zum Weiterverkauf von Anbietern in verschiedenen Rechtsgebieten, die dann an Endkunden versandt wurden, die über die EU-Websites einkauften. LuxOpCo war der Verkäufer (seller of record) (49) der Bestände von Amazon auf den EU-Websites und Eigentümer des Bestands und trug das in diesem Zusammenhang bestehende Verlustrisiko (50). Außerdem war LuxOpCo für die von Drittunternehmen und von Einzelpersonen direkt an die Fulfilment Centres versandte Ware verantwortlich (51). |
(110) |
LuxOpCo übte ferner Funktionen im Bereich der Rechnungsführung aus (52) und war (mittelbar oder unmittelbar) am Gesellschaftskapital von ASE und AMEU sowie der verbundenen lokalen Unternehmen in der EU beteiligt, die die Geschäftstätigkeit von LuxOpCo durch verschiedene Dienstleistungen innerhalb der Gruppe unterstützten. |
(111) |
Im relevanten Zeitraum bildeten ASE und AMEU, beides in Luxemburg ansässige Unternehmen, für die Zwecke der luxemburgischen Besteuerung eine steuerliche Einheit mit LuxOpCo, bei der LuxOpCo als Muttergesellschaft fungierte (53). Nach luxemburgischem Steuerrecht wurden diese luxemburgischen Unternehmen daher nicht als getrennte Unternehmen behandelt, sondern entrichteten Steuern auf konsolidierter Basis, als würde es sich nur um einen einzigen Steuerpflichtigen handeln (54). |
(112) |
Nach der Umstrukturierung von 2006 sollte ASE weiterhin als Dienstleister für LuxOpCo tätig sein (55). Im relevanten Zeitraum betrieb das Unternehmen das Amazon-Angebot für Drittverkäufer in der EU („Marketplace“). Marketplace bietet kleinen Unternehmen und Verkäufern die Möglichkeit, ihre Waren auf den EU-Websites anzubieten. Außerdem ermöglicht Marketplace ihnen, ihre Bestände zur Lagerung in den Fulfilment Centres an Amazon zu schicken, wo Amazon die Waren auswählt, verpackt und an beliebige Orte in Europa verschickt. Im relevanten Zeitraum betrieb AMEU das Digitalgeschäft von Amazon in der EU (beispielsweise zum Verkauf von MP3-Dateien und von e-Books). |
(113) |
In den Jahren 2013 und 2014 belief sich der konsolidierte Nettoumsatz von LuxOpCo auf 13 612 449 784 EUR bzw. auf 15 463 362 589 EUR. Im Geschäftsjahr 2013 beschäftigten LuxOpCo durchschnittlich 523 Vollzeitäquivalente („VZÄ“), ASE 63 VZÄ und AMEU 5 VZÄ. Die Mitarbeiter von LuxOpCo, ASE und AMEU waren u. a. im Bereich des strategischen Managements tätig und mit der Leitung und der Koordinierung des gesamten Europageschäfts von Amazon befasst (56). |
(114) |
Nach der Umstrukturierung von 2006 sollten die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU die gleichen Dienstleistungen in Bezug auf die EU-Websites, die sie zuvor für AIS und AIM erbracht hatten, für LuxOpCo erbringen (57). Daher erbrachten die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU im relevanten Zeitraum Weiterleitungsdienste im Zusammenhang mit den EU-Websites; die Dienstleistungen bestanden in Kunden- und Händlerleistungen, Unterstützungsleistungen (z. B. Lokalisierungs- und Anpassungsleistungen für die Vermarktung von Waren), Unterstützungsleistungen im Bereich Forschung und Entwicklung (im Folgenden „FuE-Unterstützung“) und Leistungen zur Auftragsabwicklung (58). Die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU entwickelten lokale Inhalte zur Verwendung auf den EU-Websites und unterstützten die Verwaltung von Waren für die Einzelhandels-Online-Shops wie von LuxOpCo gefordert. Die Unterstützung im Kundendienstbereich beinhaltete Pre- und After-Sale-Supportleistungen per E-Mail, telefonisch, in Chats oder mit sonstigen Kommunikationsmitteln, um die Kundenanforderungen zu erfüllen, wie von LuxOpCo gefordert. Die Unterstützung umfasste allgemeine Leistungen und Verwaltungsleistungen. Und schließlich trugen die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU dazu bei, die Betreiber anderer lokaler Websites zu bewegen, bei ihren Kunden (im Rahmen des „Partnerprogramms“) für die EU-Websites zu werben. |
(115) |
Die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU erbrachten ihre Dienstleistungen gegenüber LuxOpCo nach Maßgabe der „Dienstleistungsvereinbarungen“ (Service Agreements), die mit Wirkung zum 1. Mai 2006 zwischen den einzelnen Unternehmen und LuxOpCo geschlossen worden waren (59). Die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU erbrachten diese Dienstleistungen für LuxOpCo im eigenen Namen, übernahmen Risiken aber weder im Hinblick auf die Verkäufe noch in Bezug auf die Lagerbestände (60). Nach den Dienstleistungsvereinbarungen erhielten die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU von LuxOpCo eine Vergütung auf Kostenaufschlagsbasis (61) entsprechend ihrer Funktion im Hinblick auf LuxOpCo (62). In der Praxis wurden die den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU bei der Erbringung der Dienstleistungen für LuxOpCo entstandenen Kosten LuxOpCo mit einem Aufschlag zwischen 3 und 8 % in Rechnung gestellt. Im Jahr 2003 erzielten die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU die folgenden Umsätze: Amazon.co.uk Ltd: [400-500] Mio. GBP, Amazon Logistik GmbH: [100-200] Mio. EUR, Amazon.de GmbH: [90-100] Mio. EUR, Amazon.fr Logistique SAS: [100-200] Mio. EUR und Amazon.fr SARL: [50-60] Mio. EUR. |
2.1.2.3. Die Lizenzvereinbarung
(116) |
Mit Wirkung zum 30. April 2006 schloss LuxOpCo eine Lizenzvereinbarung mit LuxSCS. Nach dieser Vereinbarung erwarb LuxOpCo für die Zahlung der jährlichen Lizenzgebühr (63) das unwiderrufliche ausschließliche Recht zur Entwicklung, Verbesserung und Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter zum Betrieb der EU-Websites sowie für alle sonstigen Zwecke innerhalb des geografischen Gebiets des jeweiligen europäischen Landes (64) (65). Jegliches geistige Eigentum, das von LuxOpCo auf der Grundlage oder infolge des Zugangs zu den immateriellen Wirtschaftsgütern (66) erlangt hat, wird an LuxSCS abgetreten (67). LuxOpCo wurde verpflichtet, aus eigener Initiative und auf eigenes Risiko tätig zu werden, um die immateriellen Wirtschaftsgüter zu schützen und zu erhalten (68). Die Lizenzvereinbarung sah u. a. vor, dass LuxOpCo Unternehmensdienstleistungen zugunsten von LuxSCS erbrachte, für die LuxOpCo keine separate Vergütung erhalten sollte (69). Außerdem verpflichtete sich LuxOpCo, sämtliche Risiken in Verbindung mit allen nach Maßgabe der Lizenzvereinbarung durchzuführenden Tätigkeiten zu tragen (70). Wenn LuxOpCo von Dritten geistiges Eigentum zur Verwendung für die Zwecke erwarb, für die auch die immateriellen Wirtschaftsgüter verwendet wurden, musste LuxOpCo LuxSCS gebührenfreie Lizenzen für die Nutzung dieses geistigen Eigentums erteilen (71). |
(117) |
LuxOpCo, ASE, AMEU und verbundene lokale Unternehmen in der EU nutzten die immateriellen Wirtschaftsgüter zur Ausübung ihrer Geschäftstätigkeiten (72). |
(118) |
Nach der Lizenzvereinbarung konnte LuxOpCo verbundenen Unternehmen Unterlizenzen für die immateriellen Wirtschaftsgüter erteilen (73). Mit Wirkung zum 30. April 2006 schloss LuxOpCo eine Vereinbarung über die Lizenzierung geistiger Rechte“ (Intellectual Property License Agreement) sowohl mit ASE als auch mit AMEU, nach der ASE und AMEU unwiderruflich nicht ausschließliche Lizenzen für die immateriellen Wirtschaftsgüter erteilt wurden. Diese beiden Vereinbarungen entsprachen sehr weitgehend der Lizenzvereinbarung zwischen LuxOpCo und LuxSCS. Nach diesen Vereinbarungen wurde eine von ASE und AMEU an LuxOpCo zahlbare Lizenzgebühr auf genau dieselbe Weise festgesetzt wie die von LuxOpCo nach der Lizenzvereinbarung an LuxSCS zu zahlende Lizenzgebühr. |
(119) |
Nach den Dienstleistungsvereinbarungen konnten die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU die immateriellen Wirtschaftsgüter sowie weitere immaterielle Wirtschaftsgüter und Marken, die im Eigentum von LuxOpCo standen oder die LuxOpCo auf sonstige Weise innehatte, in dem für die Erbringung ihrer Dienstleistungen gegenüber LuxOpCo erforderlichen Umfang nutzen. Der gesamte Geschäfts- oder Firmenwert aufgrund dieser Nutzung sollte ausschließlich LuxOpCo zufallen (74). Sämtliche Rechte des geistigen Eigentums sowie von den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU im Rahmen der Erbringung dieser Dienstleistungen entwickelte oder erworbene Nebenprodukte sollten Eigentum von LuxOpCo bleiben (75). |
(120) |
Die Lizenzvereinbarung galt für die Nutzungsdauer sämtlicher lizenzierter immaterieller Wirtschaftsgüter (76) und konnte nur bei einer Änderung der Kontrolle oder bei erheblicher Belastung (77) sowie dann gekündigt werden, wenn eine der Parteien einen Mangel aufgrund einer Nichterfüllung ihrer Leistungen nach dieser Vereinbarung nicht heilen konnte (78). Daher hatte LuxSCS keine Möglichkeit, die Lizenzvereinbarung einseitig zu kündigen. Die Lizenzvereinbarung wurde im Januar 2010 rückwirkend zum 1. Januar 2009 geändert (79). Die Änderung betraf die Definition des Begriffs „Betriebsergebnis in der EU“; das Betriebsergebnis in der EU wurde für die Berechnung der jährlichen Lizenzgebühr verwendet (80). |
2.2. DIE BEANSTANDETE MAẞNAHME
2.2.1. DER ANGEFOCHTENE STEUERVORBESCHEID
(121) |
Der angefochtene Steuervorbescheid bestand in einem Schreiben der Luxemburger Steuerbehörde vom 6. November 2003 an die Amazon.com, Inc., das ausschließlich aus dem folgenden Satz bestand: „Nachdem ich mich mit dem Schreiben vom 31. Oktober 2003 vertraut gemacht habe, das ebenso wie Ihr Schreiben vom 23. Oktober 2003 von [Beratungsgesellschaft 1] an mich gerichtet wurde und das Ihren Standpunkt bezüglich der Behandlung nach Luxemburger Steuerrecht im Rahmen Ihrer künftigen Tätigkeiten erläutert, freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass ich die beiden Schreiben inhaltlich billigen kann.“ |
(122) |
Nach einer Verzögerung bei der Durchführung der Umstrukturierung des Europageschäfts von Amazon ersuchte Amazon die Luxemburger Steuerbehörde mit Schreiben vom 5. Dezember 2004 um die Bestätigung, dass der angefochtene Steuervorbescheid weiterhin gelte; die Luxemburger Steuerbehörde bestätigte dies mit Schreiben vom 23. Dezember 2004 (81). Der ursprünglich für fünf Jahre gültige angefochtene Steuervorbescheid wurde 2010 verlängert und bis Juni 2014 in Anspruch genommen (82). |
2.2.2. DAS SCHREIBEN VOM 31. OKTOBER 2003
(123) |
In seinem Schreiben vom 31. Oktober 2003 an die Luxemburger Steuerbehörde (im Folgenden „Schreiben von Amazon vom 31. Oktober 2003“) ersuchte Amazon um die Bestätigung der steuerlichen Behandlung von LuxSCS, seiner in den USA ansässigen Partner und der Dividenden, die innerhalb dieser Struktur an LuxOpCo ausgeschüttet wurden. In diesem Schreiben wurde erläutert, dass LuxSCS als Société en Commandite Simple nicht als von seinen Partnern unabhängiges eigenes steuerliches Rechtssubjekt betrachtet wurde und daher in Luxemburg weder der Körperschaftsteuer noch der Vermögenssteuer unterliege. |
(124) |
Ungeachtet der steuerlichen Transparenz von LuxSCS könnten LuxSCS bzw. die in den USA ansässigen Partner dieses Unternehmens in Luxemburg besteuert werden, wenn davon ausgegangen würde, dass ihre Tätigkeiten von einer Betriebsstätte in Luxemburg erbracht werden. In dem Schreiben wird daher ferner erläutert, dass weder bei LuxSCS noch bei seinen Partnern von einer konkreten Präsenz in Luxemburg (Büros, Mitarbeiter usw.) ausgegangen werden könne und dass LuxSCS daher ohne einen festen Geschäftsort nicht als von seinen Partnern unabhängiges Rechtssubjekt betrachtet und auch nicht angenommen werden könne, dass LuxSCS einer Geschäftstätigkeit in Luxemburg nachgehe (83). Auch bei seinen Partnern sei nicht davon auszugehen, dass sie eine Betriebsstätte in Luxemburg unterhielten. |
2.2.3. DAS SCHREIBEN VOM 23. OKTOBER 2003
(125) |
In seinem Schreiben vom 23. Oktober 2003 an die Luxemburger Steuerbehörde (im Folgenden „Schreiben von Amazon vom 23. Oktober 2003“) beantragte Amazon einen Steuervorbescheid zur Bestätigung der Behandlung von LuxOpCo für die Zwecke der Luxemburger Körperschaftsteuer (84). Das Schreiben erläutert die von Amazon vorgesehene Geschäftsstruktur in Europa und ersucht um die Bestätigung, dass die Verrechnungspreisvereinbarung für die dort beschriebene Lizenzvereinbarung zu einem „angemessenen und annehmbaren Ertrag“ für LuxOpCo „im Hinblick auf die Verrechnungspreispolitik und auf die Bestimmungen von Artikel 56 und Artikel 164 Absatz 3 LITL“ führt. |
(126) |
Dieses Schreiben nimmt Bezug auf eine beigefügte „wirtschaftliche Analyse“, in der „die von LuxOpCo auszuübenden Funktionen und zu übernehmenden Risiken sowie Art und Umfang der von der Lizenzvereinbarung [zwischen LuxSCS und LuxOpCo] über die immateriellen Wirtschaftsgüter betroffenen immateriellen Wirtschaftsgüter“ erläutert werden. Ausgehend von dieser Analyse wurde eine Verrechnungspreisvereinbarung vorgeschlagen, nach der die Höhe der jährlichen Lizenzgebühr (im Schreiben „License Fee“ genannt) festgesetzt werden sollte, die LuxOpCo für die Nutzung der immateriellen Wirtschaftsgüter an LuxSCS zahlen sollte. |
(127) |
Nach dieser Vereinbarung sollte die jährliche Lizenzgebühr sich auf einen bestimmten Prozentanteil sämtlicher Einnahmen belaufen, die LuxOpCo in Verbindung mit dem Betrieb der EU-Websites erzielte (im Folgenden „Prozentsatz der Lizenzgebühr“ (Royalty Rate)). Ferner wurde in dem Schreiben erläutert, dass die jährliche Lizenzgebühr und der Prozentsatz der Lizenzgebühr immer nach der folgenden Methode berechnet würden (85):
|
(128) |
Für die Zwecke der Berechnung des Prozentsatzes der Lizenzgebühr gelten die folgenden Begriffsbestimmungen (86): „‚EU COGS‘: Selbstkosten (Costs of Goods Sold), die nach den US-amerikanischen GAAP (Generally Accepted Accounting Principles = allgemein anerkannte Rechnungslegungsgrundsätze) ermittelt werden und dem Betrieb der europäischen Websites durch LuxOpCo zuzurechnen sind. ‚Betriebskosten in der EU‘: Gesamtkosten von LuxOpCo einschließlich konzerninterner Ausgaben, jedoch ohne: Selbstkosten in der EU, die jährliche Lizenzgebühr, Fremdwährungsgewinne und -verluste und Zinsaufwendungen, berechnet nach den US-amerikanischen GAAP. ‚Einnahmen in der EU‘: Summe der mit den Umsätzen von LuxOpCo über die EU-Websites erzielten Nettoeinnahmen, entsprechend der Summe (a) des Gesamtbetrags der Verkaufspreise der von LuxOpCo verkauften Produkte wie auf den an die Kunden verschickten Rechnungen angegeben einschließlich Einnahmen aus der Herstellung von Geschenkverpackungen sowie aus Versand- und Abfertigungsgebühren abzüglich: Mehrwertsteuern, Rücksendungen und sonstigen abzugsfähigen Positionen und (b) der Summe der von LuxOpCo mit Dienstleistungen in Verbindung mit dem Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen nicht verbundener Parteien über die EU-Websites erzielten Einnahmen abzüglich Mehrwertsteuern. ‚Betriebsergebnis in der EU‘: Einnahmen in der EU abzüglich: Selbstkosten in der EU und Betriebskosten in der EU.“ |
2.2.4. DER VERRECHNUNGSPREISBERICHT
(129) |
Luxemburg übermittelte den Verrechnungspreisbericht als Antwort auf den Einleitungsbeschluss (87). Luxemburg bezeichnet den Verrechnungspreisbericht als „wirtschaftliche Analyse“; auf diesen Bericht nimmt Amazon im Schreiben vom 23. Oktober 2003 Bezug. Der Verrechnungspreisbericht wurde unter Berücksichtigung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen (Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations, im Folgenden „OECD-Verrechnungspreisleitlinien“) erstellt (88). |
2.2.4.1. Funktionsanalyse
(130) |
Abschnitt 3 des Verrechnungspreisberichts enthält eine Funktionsanalyse für LuxSCS und LuxOpCo. |
(131) |
Nach dieser Funktionsanalyse beschränkt sich die Tätigkeit von LuxSCS hauptsächlich auf die einer immateriellen Holdinggesellschaft und eines Beteiligten an der ständigen Weiterentwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter nach Maßgabe der CSA (89). Außerdem erteilt LuxSCS LuxOpCo nach den Bestimmungen der Lizenzvereinbarung eine Lizenz für die immateriellen Wirtschaftsgüter und erhält Lizenzgebühren nach dieser Vereinbarung. |
(132) |
Mit Bezug auf LuxOpCo wird im Verrechnungspreisbericht erklärt: „LuxOpCo trifft durch seine in Vollzeit beschäftigten Führungskräfte strategische Entscheidungen im Hinblick auf das über die EU-Websites betriebene Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäft und entscheidet auch über die wesentlichen physischen Bestandteile des Einzelhandelsgeschäfts.“ (90) Nach dem Schreiben von Amazon vom 23. Oktober 2003 sollte LuxOpCo „insgesamt mindestens 25-30 Mitarbeiter in Vollzeitanstellung einschließlich bestimmter wichtiger Führungskräfte für das gesamteuropäische Geschäft mit Zuständigkeit für strategische Entscheidungen in Verbindung mit den EU-Websites“ haben (91), wobei die übrigen Vollzeitmitarbeiter (etwa 20) mit Zuständigkeiten u. a. für Marketing, Technologie und Verbindlichkeiten eingesetzt werden sollten. |
(133) |
Außerdem wird im Verrechnungspreisbericht erläutert: „Nach der Umstrukturierung wird davon ausgegangen, dass sich die hauptsächliche Tätigkeit von LuxOpCo auf die Nutzung der Software-Plattform von Amazon konzentriert, um das dem über die EU-Websites betriebenen Einzelhandels- und dem Dienstleistungsgeschäft zugrunde liegende softwaregestützte Geschäftsmodell kontinuierlich weiterzuentwickeln und zu verbessern. … (*2). Im Rahmen der diesbezüglichen Bemühungen wird das Management von LuxOpCo Möglichkeiten zur Verbesserung des Einzelhandels- und des Dienstleistungsgeschäfts unter Nutzung neu entwickelter und besserer Plattformmerkmale und -funktionen ermitteln. Sowohl als Einzelhändler als auch als Dienstleister wird LuxOpCo bestrebt sein, den Kunden bestmögliche Erfahrungen in allen Bereichen einschließlich Auftragsabwicklung, Zahlung, Bearbeitung, Merchandising und Überwachung der Leistungen von Drittverkäufern zu vermitteln …“ (92) |
(134) |
In seiner Funktion als Einzelhändler sollte LuxOpCo Entscheidungen in den Bereichen Merchandising und Preisbildung treffen und das Management sämtlicher Aspekte der Auftragsabwicklung übernehmen (93). Als Betreiber des Dienstleistungsgeschäfts sollte LuxOpCo zudem „für strategische Entscheidungen über die Auswahl von Dritthändlern und von Produktkategorien sowie für das Marketing bei Dritthändlern und für Verhandlungen mit Dritthändlern zuständig“ sein (94). Für den Betrieb der EU-Websites sollte LuxOpCo die von LuxSCS lizenzierten immateriellen Wirtschaftsgüter nutzen. Der gesamte Bestand sollte im Eigentum von LuxOpCo stehen (95). LuxOpCo sollte sämtliche Risiken in Verbindung mit der Unterhaltung des Bestands und mit dem Verkauf von Produkten über die EU-Websites übernehmen (96). Nach dem Schreiben von Amazon vom 23. Oktober 2003 sollten die in Luxemburg befindlichen Server zur Verarbeitung von Geschäftsvorgängen im Eigentum von LuxOpCo stehen und von LuxOpCo zur Abwicklung der Geschäftsvorgänge mit Kunden und mit Dritten sowie zur Freigabe diesbezüglicher Zahlungen einschließlich Zahlungen an Dritthändlern genutzt werden (97). |
(135) |
LuxOpCo sollte ASE beauftragen, das im eigenen Namen, aber zugunsten von LuxOpCo als Kommissionär für das Dienstleistungsgeschäft in Verbindung mit den Drittverkäuferprogrammen von Amazon in Europa fungieren sollte. Die Dienstleistungen von ASE sollten im Wesentlichen aus bestimmten Leistungen bei der Abwicklung von Aufträgen im Zusammenhang mit dem Dienstleistungsgeschäft bestehen. |
(136) |
Die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU mit Sitz in Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich sollten verschiedene Dienstleistungen betreffend die EU-Websites erbringen (u. a. in Verbindung mit der Weiterleitung und der Unterstützung von Kunden sowie mit den Bereichen Marketing und Auftragsabwicklung) (98). |
(137) |
Den von Amazon für den Verrechnungspreisbericht vorgelegten Managementprognosen zufolge sollte LuxOpCo seine Einnahmen im Laufe seiner Tätigkeit von ca. 3,2 Mrd. EUR im Jahr 2005 auf etwa 8,3 Mrd. EUR im Jahr 2010 steigern; dabei wurden die Kosten wie folgt veranschlagt: Die Kosten der Waren ausgedrückt als Prozentanteil der Einnahmen wurden mit durchschnittlich 77,5 % angesetzt; damit ergab sich eine Bruttomarge von etwa 22,5 %. Nach der Umstrukturierung im Jahr 2006 sollte LuxOpCo die laufenden Kosten in Verbindung mit dem Management und dem Betrieb der Amazon-Plattform in Europa einschließlich der Aufwendungen in Verbindung mit Zahlungs- und Inkassoprozessen, uneinbringlichen Forderungen, bestimmten Ausgaben zur Unterstützung des Systems sowie der Gehälter in den Bereichen Management und Technologie und der Gehälter sonstiger Mitarbeiter übernehmen, die zur Unterstützung des Betriebs der Amazon-Plattform in der Region beschäftigt werden (99). Die der Managementprognose zugrunde liegenden Annahmen wurden im Verrechnungspreisbericht nie offengelegt oder überprüft (100). |
2.2.4.2. Auswahl der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode
(138) |
In Abschnitt 5 des Verrechnungspreisberichts wird die Auswahl der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode zur Ermittlung des Prozentsatzes der Lizenzgebühr nach dem Fremdvergleichsgrundsatz behandelt. |
(139) |
Um die LuxOpCo zuzurechnende Vergütung und die nach Maßgabe der Lizenzvereinbarung von LuxOpCo an LuxSCS zu zahlende Lizenzgebühr zu Fremdvergleichsbedingungen zu ermitteln, werden im Verrechnungspreisbericht alternative Verrechnungspreisvereinbarungen vorgeschlagen: eine beruhend auf der Preisvergleichsmethode (im Folgenden „CUP-Methode“) und eine andere auf der Grundlage der Methode der Restgewinnaufteilung (101). |
2.2.4.3. Verrechnungspreisermittlung nach der CUP-Methode
(140) |
In Abschnitt 6.1 des Verrechnungspreisberichts wird die fremdvergleichskonforme Bandbreite der Lizenzgebühr nach der CUP-Methode berechnet. |
(141) |
Zunächst wurden in der internen Amazon-Datenbank der Lizenzvereinbarungen vergleichbare Geschäftsvorgänge gesucht, und eine externe Agentur wurde mit einer Recherche zu Lizenzvereinbarungen in Verbindung mit immateriellen Wirtschaftsgütern beauftragt, die den immateriellen Wirtschaftsgütern von Amazon vergleichbar waren. Die infolge der Suche bzw. der Recherchen ermittelten Geschäftsvorgänge wurden nicht als hinreichend vergleichbar betrachtet und daher in der Analyse nach der CUP-Methode nicht verwendet. |
(142) |
Danach wurden im Verrechnungspreisbericht die folgenden seit dem Jahr 2000 geschlossenen Vereinbarungen von Amazon mit Drittverkäufern beschrieben, nach denen Amazon den betreffenden Einzelhändlern seine Technologie-Plattform zur Verfügung stellte: die Vereinbarung über die strategische Allianz zwischen der Rocket.zeta, Inc., der Amazon.com, Inc., der target.direct LLC und der Target Corporation (im Folgenden „Zielvereinbarung“) (102), die Vereinbarung über die strategische Allilanz zwischen der Rock-Bound, Inc. und der ToysRUs.com LLC (im Folgenden „ToysRUs-Vereinbarung“), die Verkaufsvereinbarung (Product Listing Agreement) zwischen der Amazon.com Payments, Inc und der Circuit City Stores, Inc. (im Folgenden „Circuit City-Vereinbarung“), die Hosting-Vereinbarung über einem Spiegel-Server zwischen der Frontier.zeta, Inc. und der Borders Online LLC (im Folgenden „Borders-Vereinbarung“) und die Vereinbarung über einen Spiegel-Server zwischen der Amazon.com International Sales, Inc. und der Waterstones Bookseller Ltd. (im Folgenden „Waterstones-Vereinbarung“). Amazon bezeichnet diese Vereinbarungen als die „M.com-Vereinbarungen“. Nach der Überprüfung dieser Vereinbarungen gelangte der Verrechnungspreisbericht zu dem Schluss, dass die Vereinbarung mit [A] insoweit eine vergleichbare Vereinbarung darstellte, als die übrigen Vereinbarungen „keine Bestimmung über die Technologieplattform für den elektronischen Handel enthielten“ (103). |
(143) |
Nach der Vereinbarung mit [A] verpflichtete sich Amazon zur Einrichtung und Entwicklung sowie zum Hosting und zur Unterhaltung einer neuen Website für [A] und eines Shops für [A] auf Amazon-Websites, die an die Stelle der bestehenden Website von [A] für den elektronischen Handel treten sollte. Die in die Website von [A] aufzunehmenden Funktionen sollten im Wesentlichen den allgemein auf Amazon-Websites vorhandenen Funktionen vergleichbar sein. Dafür sollte [A] Amazon eine Vergütung u. a. bestehend aus Einrichtungsgebühren (104), Grundgebühren (105) und Verkaufsprovisionen (106) zahlen. |
(144) |
Um diese Vergütung mit der jährlichen Lizenzgebühr (im Verrechnungspreisbericht als „Lizenzgebühr“ bezeichnet) vergleichen zu können, wurden die Einrichtungsgebühren über die vier in der Vereinbarung genannten Zeiträume abgeschrieben und zusammen mit der jährlichen Grundgebühr in einen Prozentanteil der Umsätze (zwischen 3,4 und 7,2 %) umgerechnet. Da die in der Vereinbarung mit [A] vorgesehene Provision sich auf 4-5 % der Umsätze belief, gelangte der Verrechnungspreisbericht zunächst zu dem Schluss, dass die implizite Lizenzgebühr bei der Vereinbarung mit [A] bei 8,4-11,7 % der Umsätze lag. [A] hatte sich allerdings auch verpflichtet, Amazon bestimmte Gebühren als Ausgleich für überschüssige Auftragskapazitäten und für überschüssige Bestände zu zahlen. Diese in der Vereinbarung vorgesehenen Gebühren wurden ebenfalls in einen Prozentanteil der Umsätze umgerechnet und bewegten sich zwischen 1,2 und 0,7 %. Daher wurde die zu Fremdvergleichsbedingungen ermittelte fremdvergleichskonforme Bandbreite der Lizenzgebühr zunächst im Bereich von 9,6 bis 12,6 % der Umsätze angesetzt. |
(145) |
Und da [A] nach der Vereinbarung keinen Zugang zu Kundendaten von Amazon erhielt, wurde im Verrechnungspreisbericht eine Anpassung vorgenommen, um beim Preisvergleich die Tatsache zu berücksichtigen, dass LuxSCS LuxOpCo Zugang zu Kundendaten von Amazon gewährte. Entsprechend wurde aufgrund der Informationen in der Vereinbarung mit [B] eine Erhöhung um 1 % vorgeschlagen; damit ergab sich eine fremdvergleichskonforme Bandbreite des Prozentsatzes der Lizenzgebühr zwischen 10,6 und 13,6 % der Umsätze von LuxOpCo. |
2.2.4.4. Verrechnungspreisermittlung nach der Methode der Restgewinnaufteilung
(146) |
In Abschnitt 6.2 des Verrechnungspreisberichts wird die fremdvergleichskonforme Bandbreite der jährlichen Lizenzgebühr (im Verrechnungspreisbericht „Prozentsatz der Lizenzgebühr“ genannt) zu Fremdvergleichsbedingungen nach der Methode der Restgewinnaufteilung ermittelt. Bei der Anwendung dieser Methode wurde im Verrechnungspreisbericht der Ertrag in Verbindung mit den „routinemäßigen Funktionen [von LuxOpCo] in seiner Eigenschaft als europäische Betriebsgesellschaft“ (107) ausgehend von dem von LuxOpCo zu tragenden Kostenaufschlag (108) geschätzt. |
(147) |
Um die fremdvergleichskonforme Bandbreite für diesen Aufschlag zu bestimmen, wurde im Verrechnungspreisbericht nach vergleichbaren Unternehmen gesucht, die allgemein mit dem Management und der Durchführung softwaregestützter Geschäftstätigkeiten befasst sein sollten. Bei einer Suche nach vergleichbaren Unternehmen in der Amadeus-Datenbank (109) mithilfe der geografischen Region als Suchkriterium (110), mit Suchbegriffen für die Beschreibung der Geschäftstätigkeit (111) und mit Branchenkategorisierungen in Verbindung mit manuellen Filtern wurden sieben Unternehmen als mit Amazon vergleichbar bestimmt (112). |
(148) |
Auf dieser Grundlage wurde im Verrechnungspreisbericht ein „Netto-Kostenaufschlag“ als Indikator für die Gewinnspanne für eine Prüfung der Vergütung verwendet, die zu Fremdvergleichsbedingungen den vorgesehenen Funktionen von LuxOpCo zugerechnet werden konnten; diese Vergütung war definiert als Betriebsergebnis geteilt durch die Summe der Aufwendungen für Waren und Betriebskosten (113). Ausgehend von Daten der sieben vergleichbaren Unternehmen wurde der folgende durchschnittliche Quartilabstand für einen Zeitraum von drei Jahren (1999-2001) angegeben: unteres Quartil 2,3 %, Median 4,2 % und oberes Quartil 6,7 %. In der Tabelle mit den Ergebnissen heißt es, dass sich die angegebenen Zahlen auf die Prozentanteile der Nettoumsätze beziehen (114). |
(149) |
Daher wurde ein Aufschlag von [4-6] % ausgewählt und zu den Betriebskosten von LuxOpCo hinzugerechnet, um den „den Funktionen von LuxOpCo zuzurechnenden relevanten regelmäßigen Ertrag“ (115) zu ermitteln. Dieser Ertrag wurde anschließend vom Betriebsergebnis von LuxOpCo abgezogen. Die entstehende Differenz zwischen diesem Ertrag und dem von LuxOpCo verzeichneten Restgewinn wurde im Verrechnungspreisbericht als in vollem Umfang der Nutzung der von LuxSCS lizenzierten immateriellen Wirtschaftsgüter zuzurechnend dargestellt. |
(150) |
Und schließlich wurden im Verrechnungspreisbericht die jeweiligen prognostizierten jährlichen Restgewinne durch die prognostizierten Nettoumsätze von LuxOpCo geteilt, um einen Anhaltspunkt für die jährliche Lizenzgebühr zu erhalten. Auf dieser Grundlage wurde im Verrechnungspreisbericht festgestellt: „[E]in LuxOpCo von LusSCS in Rechnung zu stellender Prozentsatz der Lizenzgebühr in einer Bandbreite von 10,1-12,3 % der Nettoeinnahmen würde einem Fremdvergleich nach den OECD-Leitlinien standhalten.“ (116) |
(151) |
Die Berechnungen im Verrechnungspreisbericht werden in Tabelle 1 zusammenfassend dargestellt (117). Die Spalten 1 und 3 wurden von der Kommission hinzugefügt, um die Berechnungen zu erläutern: Tabelle 1 Berechnung im Verrechnungspreisbericht (siehe S. 32 des Verrechnungspreisberichts) (Spalten 1 und 3 von der Kommission ergänzt)
|
2.2.4.5. Vergleichende Beurteilung der beiden Verrechnungspreisvereinbarungen
(152) |
Nach der Zusammenfassung der Verrechnungspreisanalysen der Lizenzvereinbarung nach der CUP-Methode und nach der Methode der Restgewinnaufteilung gelangte der Verrechnungspreisbericht zu dem Ergebnis, dass die Ergebnisse sich einander annähern und setzte daher für den von LuxOpCo an LuxSCS nach der Vereinbarung zu zahlenden Prozentsatz der Lizenzgebühr die fremdvergleichskonforme Bandbreite von 10,1-12,3 % der Umsätze von LuxOpCo an. |
(153) |
Diesbezüglich stellte der Verrechnungspreisbericht fest: „[E]s kann vernünftigerweise konstatiert werden, dass der Prozentsatz der Lizenzgebühr innerhalb der Bandbreite der nach beiden Methoden ermittelten Prozentsätze der Lizenzgebühr dem Fremdvergleichsgrundsatz standhalten würde; allerdings könnten geringfügige Unterschiede hinsichtlich der nach der Vereinbarung von [A] übertragenen immateriellen Wirtschaftsgüter bestehen, die auf die geringen Unterschiede der nach den beiden Methoden berechneten Ergebnisse zurückzuführen wären. … vernünftigerweise ist festzustellen, … dass bei der Methode der Restgewinnaufteilung verzerrte Schätzungen weniger wahrscheinlich sind und dass diese Methode daher als zuverlässigerer Maßstab für einen fremdvergleichskonfornen Prozentsatz der Lizenzgebühr zu Fremdvergleichsbedingungen betrachtet werden könnte.“ (118) |
2.2.5. FOLGEN DES ANGEFOCHTENEN STEUERVORBESCHEIDS
(154) |
Mit dem angefochtenen Steuervorbescheid schloss sich die Luxemburger Steuerbehörde dem Sachvortrag der Schreiben von Amazon vom 23. und vom 31. Oktober 2003 an. Insbesondere billigte die Steuerbehörde, dass die Verrechnungspreisvereinbarung zur Ermittlung der Höhe der nach der Lizenzvereinbarung von LuxOpCo an LuxSCS zu zahlenden jährlichen Lizenzgebühr, die sich auf die steuerpflichtigen jährlichen Einnahmen in Luxemburg auswirkte, fremdvergleichskonform war. Die betreffende Regelung wird in Abbildung 2 zusammenfassend dargestellt: Abbildung 2 Struktur der europäischen Unternehmen von Amazon 2006-2014 einschließlich der Regelung für die Zahlung der Lizenzgebühren In Luxemburg verbuchte und in Rechnung gestellte Umsätze in der EU Der den im angefochtenen Steuervorbescheid gebilligten steuerpflichtigen Gewinn überschreitende Gewinn wird von LuxOpCo in Form einer Lizenzgebühr an LuxSCS gezahlt. Lizenzgebühr Im angefochtenen Steuervorbescheid gebilligter steuerpflichtiger Gewinn von LuxOpCo 0,45 % des Umsatzes [4-6] % der Betriebsk. 0,55 % des Umsatzes Amazon.com, Inc. USA LUX LuxSCS Amazon EU Sàrl LuxOpCo Tochtergesellschaften in der EU Amazon.co.uk Amazon.fr Amazon.de |
(155) |
LuxOpCo ermittelte im relevanten Zeitraum auf der Grundlage des angefochtenen Steuervorbescheids die jährlich in Luxemburg zahlbare Körperschaftsteuer des Unternehmens für die Abgabe der jährlichen Steuererklärungen. Außerdem stützten sich LuxSCS und seine in den USA ansässigen Partner auf die mit dem angefochtenen Steuervorbescheid verbundene Bestätigung, dass weder LuxSCS noch seine Partner der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuer und — für die letztgenannten Unternehmen — einer Besteuerung ihrer Beteiligung an LuxSCS nach den luxemburgischen Steuervorschriften unterlägen (119). |
(156) |
In Tabelle 2 sind die Auswirkungen des angefochtenen Steuervorbescheids auf die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage von LuxOpCo in Luxemburg und auf die Höhe der seit 2006 an LuxSCS zu zahlenden Lizenzgebühr dargestellt. Die Kommission erinnert daran, dass LuxOpCo als Muttergesellschaft der mit ASE und AMEU gebildeten steuerlichen Einheit tätig ist, und dass diese Unternehmen daher für die Zwecke des Luxemburger Steuerrechts als einen einzigen Steuerpflichtigen zu behandeln sind. Daher wurde Tabelle 2 als konsolidierte Darstellung gestaltet, und im Folgenden wird in diesem Beschluss zwischen LuxOpCo, ASE und AMEU nicht mehr unterschieden. Tabelle 2 Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage von LuxOpCo und der Lizenzgebühren 2006-2013
|
(157) |
Nach der Berechnung der an LuxSCS zu zahlenden jährlichen Lizenzgebühr (120) besteht die Kostenbasis zur Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage von LuxOpCo für die Zwecke des Luxemburger Steuerrechts in den Betriebskosten des Unternehmens und in den Kosten, die den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU entstanden sind und die anschließend von LuxOpCo erstattet werden (in Tabelle 2 bezeichnet als „LuxOpCo — konzernintern“). Die Kosten der verkauften Waren sowie bestimmte weitere Kosten (in Tabelle 2 „aus dem Aufschlag ausgenommene Kosten (Management und aktienbasierte Vergütung (RSU))“ werden bei der Berechnung des steuerpflichtigen Gewinns von LuxOpCo nicht berücksichtigt. Die letztgenannte Gruppe von Ausgaben umfasst folgende Kosten: (i) ab 2008: von mit der Amazon.com, Inc. verbundenen Unternehmen in den USA geforderte Gebühren für Unterstützungsleistungen (121), die zum Zeitpunkt des angefochtenen Steuervorbescheids noch nicht absehbar waren; (ii) ab 2010: von der Amazon.com, Inc. von LuxOpCo geforderte Gebühren für die Mitarbeitern von LuxOpCo sowie manchen mittelbar und unmittelbar mit dem Unternehmen verbundenen europäischen Tochtergesellschaften als Ausgleich übertragenen Beteiligungen (122). Amazon erklärt, dass diese Gebühren keine Auswirkungen auf die Funktionen und die Risiken von LuxOpCo hatten. |
(158) |
Durch Addition des Aufschlags von [4-6] % zur Summe der Betriebskosten und der konzerninternen Kosten von LuxOpCo ergibt sich der Gesamtertrag der Gruppe als steuerlicher Einheit nach Luxemburger Steuerrecht. Dieses Ergebnis wird dann zu den Ober- und Untergrenzen (0,55 % bzw. 0,45 % der Einnahmen) in Bezug gesetzt. Wenn der geschätzte Gesamtertrag mehr als 0,55 % der Einnahmen betrug (wie in den Jahren 2006, 2007, 2011, 2012 und 2013), war die Obergrenze maßgeblich für die Annahme des steuerpflichtigen Ertrags von LuxOpCo in Luxemburg (in Tabelle 2 bezeichnet als „Gesamtgewinn in Luxemburg — für Ober-/Untergrenze und Ertrag“). |
(159) |
Und schließlich wurde der Gesamtgewinn in Luxemburg (im Antrag auf einen Steuervorbescheid als Ertrag von LuxOpCo bezeichnet) vom Betriebsergebnis (im Antrag auf einen Steuervorbescheid „Betriebsergebnis in der EU“ genannt) abgezogen, um die an LuxSCS zu zahlende jährliche Lizenzgebühr zu ermitteln. |
2.3. ERGÄNZENDE INFORMATIONEN, DIE NACH EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS ÜBERMITTELT WURDEN
(160) |
Im Laufe der Untersuchung übermittelte Amazon Informationen zum europäischen Einzelhandelsmarkt, zu seinem Geschäftsmodell im Allgemeinen und zu seinem Europageschäft im Besonderen, zu den Lizenzvereinbarungen über Rechte des geistigen Eigentums, die Amazon mit nicht mit Amazon verbundenen Unternehmen geschlossen hatte, und zu seiner neuen Unternehmens- und Steuerstruktur in Luxemburg mit Wirkung zum Juni 2014. Diese Informationen ergänzen die bereits in den Abschnitten 2.1 und 2.2 erläuterten Informationen. |
2.3.1. INFORMATIONEN ZUM EUROPÄISCHEN EINZELHANDELSMARKT
(161) |
Der europäische Einzelhandelsmarkt war Gegenstand eines Berichts, den Amazon bei der Beratungsgesellschaft [Beratungsgesellschaft 3] in Auftrag gegeben hatte und der eine Analyse der wirtschaftlichen Entwicklungen im Bereich des elektronischen Handels in Europa enthält (im Folgenden „Bericht von [Beratungsgesellschaft 3]“) (123). Im Bericht von [Beratungsgesellschaft 3] wird der „Online-Einzelhandel“ als Online-Verkauf physischer Waren durch Online-Einzelhändler beschrieben, d. h. durch Wirtschaftsteilnehmer, die Waren einkaufen, in ihrem Bestand halten und online verkaufen (124). |
(162) |
Diesem Bericht zufolge sind die Tätigkeiten von Online-Einzelhändlern eher den Tätigkeiten herkömmlicher Einzelhändler als der Tätigkeit von Anbietern digitaler Dienste vergleichbar (125). Der wichtigste Unterschied zwischen herkömmlichen Einzelhändlern und Online-Einzelhändlern besteht im verwendeten Vertriebsweg. (126) In dem Bericht wird auch festgestellt, dass Online-Einzelhändler strukturell weniger rentabel tätig sind als Anbieter digitaler Dienste, da bei Online-Einzelhändlern eine grundsätzlich variable Kostenbasis besteht. Die Kostenstruktur bei Anbietern digitaler Dienste ist stabiler als bei Einzelhändlern; daher kommen Größenvorteile und höhere Gewinnspannen zum Tragen, wenn ein Unternehmen eine bestimmte kritische Größe erreicht hat (127). Im Einzelhandel (online und herkömmlich) wirken Größenvorteile sich nur beschränkt aus, da die Kosten zum überwiegenden Teil variabel sind. Änderungen der Kosten der verkauften Waren sowie Nachlässe und Logistikkosten, auf die ein wesentlicher Anteil der Gesamtkosten entfällt, hängen erheblich vom Umfang der Geschäftstätigkeit ab (128). In Verbindung mit dem intensiven Wettbewerb im Online-Einzelhandel führte dies zu negativen durchschnittlichen EBIT-Spannen im europäischen Online-Einzelhandel. Im Zeitraum 2006-2013 lag der durchschnittliche EBIT bezogen auf den Umsatz bei -0,5 %. |
(163) |
Die Analyse der Marktdynamik in den fünf bevölkerungsreichsten Ländern Europas (129) im Bericht von [Beratungsgesellschaft 3] gelangte zu folgendem Schluss: „[D]er Online-Einzelhandel ist in den Jahren 2006-2013 stark gewachsen und war von starkem Wettbewerb gekennzeichnet.“ (130) Insbesondere wurde festgestellt: „Angesichts des ausgeprägten Wettbewerbs sahen sich Online-Einzelhändler gezwungen, erheblich zu investieren, um das Wachstum dieses Marktsegments aufrechterhalten und dem Wettbewerb standhalten zu können; dadurch kamen die Gewinnspannen unter Druck bzw. wurden sogar in den negativen Bereich gedrückt. In der Hoffnung, dass die getätigten Investitionen sich langfristig auszahlen würden, waren Online-Einzelhändler bereit, kurzfristig auf Gewinne zu verzichten.“ (131) Der Bericht schließt mit der Feststellung, dass für eine erfolgreiche Tätigkeit im wettbewerbsgeprägten europäischen Einzelhandel die spezifischen lokalen Merkmale der jeweiligen Märkte berücksichtigt werden müssten (132). |
2.3.2. INFORMATIONEN ÜBER DAS GESCHÄFTSMODELL VON AMAZON
2.3.2.1. Die „drei Säulen“ des Geschäftsmodells von Amazon für den Einzelhandel
(164) |
Amazon zufolge (133) sind die wesentlichen Faktoren für sein Einzelhandelsgeschäft die Auswahl (Produkt-/Warenangebote) (134), der Preis und die Kundenfreundlichkeit (einfach zu handhabende Funktionen, rasche und zuverlässige Abwicklung, zeitnaher Kundendienst, verlässliche Inhalte mit vielfältigen Funktionen und eine sichere Transaktionsumgebung) (135), wobei an erster Stelle die Auswahl steht, gefolgt vom Preis und der Kundenfreundlichkeit (136). Diese wesentlichen Faktoren bezeichnet Amazon als die „drei Säulen“ (137), die auch im herkömmlichen Einzelhandel von Bedeutung seien (138). Nach Darstellung von Amazon ist die Ausgestaltung der drei Säulen entscheidend und setzt eine Einzigartigkeit sowie Innovationen im Hinblick auf die Präsentation der Produkte, die Technologie, das Geschäftsfeld, die räumlichen Ausdehnung usw. voraus (139), die wesentlich durch menschliche Unterstützung bestimmt werden. Die drei Säulen müssen an die jeweiligen lokalen Märkte angepasst werden, auf denen Amazon tätig ist (140). |
(165) |
Auswahl: Amazon zufolge ist die Auswahl einer der entscheidenden Faktoren für den angestrebten Erfolg. Mitarbeiter von Amazon erläutern, dass den Kunden alles angeboten werden soll, das sie möglicherweise kaufen möchten; dazu müssen die Vorlieben und die Einkaufspräferenzen von Kunden auf den jeweiligen Märkten ermittelt und geeignete Lieferanten hinzugezogen werden; außerdem muss sicherstellt werden, dass die betreffenden Waren vorrätig sind (141). Amazon zufolge besteht eine enge Korrelation zwischen der Auswahl und den Einnahmen (142). Amazon ist bestrebt, die größtmögliche Auswahl anzubieten und das Produktangebot ständig auszuweiten (143). Das Unternehmen erweitert seine Auswahl kontinuierlich, da die Kundenzufriedenheit mit zunehmender Auswahl steigt (144). |
(166) |
Da die Vorlieben lokal unterschiedlich sind und sich hinsichtlich der Kategorien und Anbieter auch je nach geografischem Gebiet unterscheiden (145), ist entsprechend den lokalen Präferenzen und kulturellen Gepflogenheiten auch die Auswahl je nach Gebiet unterschiedlich (146). Dies wird beispielsweise aus einem Vergleich der meistverkauften Artikel bei Amazon deutlich, die je nach Land unterschiedlich ist (147). Das Ziel und die wesentliche Aufgabe auf Länderebene bestehen im Aufbau einer Geschäftstätigkeit hauptsächlich konzentriert auf den herkömmlichen Einzelhandel und in der Entwicklung einer kundenbezogenen Auswahl (148). Die Entwicklung dieser kundenbezogenen Auswahl erfolgt durch persönliche Verhandlungen (zwischen Menschen) (149). |
(167) |
Bei Amazon wird die Auswahl durch drei Faktoren bestimmt: (i) die Übernahme von Unternehmen, (ii) Partnerschaften mit Lieferanten und (iii) Drittverkäuferprogramme wie z. B. Marketplace. In den Werkzeughandel in den USA beispielsweise stieg Amazon nach Übernahme eines Unternehmens ein, das bereits Werkzeuge verkaufte; durch diesen Schritt wollte Amazon sich Zugang zu den bestehenden Lieferantenbeziehungen und zu einer Auswahl verschaffen, die das Unternehmen in sein Einzelhandelsgeschäft aufzunehmen beabsichtigte (150). Partnerschaften mit Lieferanten erfordern spezifische Marktkenntnisse und den Aufbau einer Vertrauensbeziehung zu den Lieferanten (151). Wenn eine Partnerschaft mit einem Lieferanten hergestellt wurde, müssen lokale Führungskräfte diese Beziehung unter Achtung der von den Lieferanten vorgegebenen Bedingungen und unter Berücksichtigung der Marktkenntnisse dieser Lieferanten pflegen. Amazon Marketplaces ermöglichen anderen Einzelhändlern die Nutzung der Amazon-Plattform für ihren elektronischen Handel, selbst wenn sie unmittelbare Wettbewerber von Amazon sind. Als Anlaufstelle für technische Fragen von Verkäufern auf den Marketplaces nach Einstellung ihrer Produkte auf den Amazon-Websites hat Amazon die technische Kontoverwaltung (TAM = Technical Account Management) eingerichtet. Außerdem hat Amazon seine Technologie weiterentwickelt, damit sich potenzielle Verkäufer selbst an den Marketplaces anmelden können; bis 2010/2012 hat diese selbstständige Anmeldung auf den Marketplaces von Amazon an Bedeutung gewonnen (152). |
(168) |
Preis: Amazon zufolge ist der Preis der zweitwichtigste Faktor für die Geschäftstätigkeit. Amazon ist bestrebt, die Preise so niedrig wie möglich zu halten (153). Bis 2009 wurden die Preise bei Amazon vorwiegend „manuell“ festgesetzt (154), danach erfolgte die Preisbildung mithilfe eines Algorithmus. |
(169) |
Kundenfreundlichkeit: Der dritte Faktor für die Geschäftstätigkeit ist Amazon zufolge die Kundenfreundlichkeit. Die Kundenfreundlichkeit beinhaltet mehrere Ziele zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit, beispielsweise (i) die Unterstützung der Kunden bei ihrer Suche unter Bereitstellung umfassender Produktinformationen und (ii) die möglichst rasche und zuverlässige Lieferung der gekauften Produkte (155). |
2.3.2.2. Maßnahmen im Bereich des Online-Marketing
(170) |
Neben der Auswahl, den Preisen und der Kundenfreundlichkeit tragen die Maßnahmen von Amazon im Bereich des Online-Marketings erheblich dazu bei, Kunden zu Amazon-Websites zu bringen und die Einzelhandelsumsätze zu steigern (156). |
(171) |
Vor 2003 arbeitete Amazon im Marketingbereich mit internationalen Werbeagenturen zusammen. Dies änderte sich 2003, als Amazon sein eigenes Online-Marketing entwickelte. Eines der wichtigsten Instrumente im Online-Marketing von Amazon ist das „Partnerprogramm“ von Amazon (157); dies ist ein zentrales Instrument zur Lenkung des Benutzerverkehrs (158). Amazon entwickelte das Partnerprogramm zur Herstellung von Marketing-Partnerschaften mit sogenannten „Partner-Websites“, auf denen für Amazon bzw. für Amazon-Produkte geworben wird, um Amazon-Websites Internetverkehr zuzuführen (159). |
(172) |
Nachdem die Technologie für das Partnerprogramm entwickelt worden war, musste die Technologie in allen Ländern mit verbundenen lokalen Websites eingeführt werden. Daher musste die Umsetzung des Partnerprogramms auf lokaler Ebene erfolgen (160). Aus diesem Grund wurde das Partnerprogramm in ein „Software-Ream“ und ein „Recruitment-Team“ (d. h. ein mit der Geschäftsentwicklung beauftragtes Team) gegliedert. Das Software-Team war vollständig in Seattle angesiedelt; die Recruitment-Teams hingegen wurden auf lokaler Ebene in den Ländern eingerichtet, in denen Amazon eine Website betrieb (161) (u. a. in Deutschland, im Vereinigten Königreich und in Japan) (162). |
(173) |
Die Auswahl der relevantesten Websites lokaler Partner (d. h. die Auswahl von Websites, auf denen Amazon-Produkte beworben werden) für das Partnerprogramm (das anschließend den Verkehr auf den Amazon-Websites erhöhen sollte) setzt Kenntnisse über die jeweiligen lokalen Märkte voraus (163). Daher wurde von lokalen Amazon-Teams ein Netz verbundener Websites eingerichtet. In diesem Zusammenhang werden lokale Websites (u. a. die EU-Websites) für das Programm gewonnen, die Partnergebühren festgesetzt und Kontrollen auf etwaige Betrugsfälle durchgeführt. Dieser Prozess beginnt mit großen Marktteilnehmern wie Google und reicht bis zu Websites für spezielle Nutzergruppen mit nur wenigen Besuchern. Alle Vereinbarungen werden lokal ausgehandelt, da für die Suchmaschinen-Optimierung lokale Gegebenheiten beachtet werden müssen; dies gilt selbst für weltweit besuchte Websites (etwa von Google) (164). |
2.3.2.3. Technologie
(174) |
Amazon beschreibt sich selbst als Technologieunternehmen, das „den Einzelhandel als technische Aufgabe [betrachtet]“ (165). Insoweit ist festzustellen, dass Technologie ein wesentlicher Bestandteil der Geschäftstätigkeit von Amazon ist. Technologie ermöglicht Amazon die Festsetzung wettbewerbsfähiger Preise, die Übermittlung gezielter Kaufempfehlungen für bestimmte Kunden, die Abwicklung von Zahlungsprozessen, die Verwaltung von Beständen und den Versand von Produkten an die Kunden. Außerdem werden technische Lösungen für die Skalierung der Geschäftstätigkeit benötigt, da die Geschäftsstrategie von Amazon auf kontinuierlicher Expansion beruht (166). |
(175) |
Die Technologie von Amazon ist nicht statisch, sondern wird ständig weiterentwickelt und verbessert. Wenn Amazon seine Technologie nicht weiterentwickeln und erhalten würde, wäre es nicht in der Lage, „die seinem Geschäftserfolg zugrunde liegende e-Tail-Erfahrung [zu vermitteln]“ (167). Über die Erhaltung und Verbesserung seiner Technologie hinaus entwickeln die Teams von Amazon Software, die im Laufe der Jahre hinzukommende neue Funktionen unterstützt (168). Nach eigenen Angaben ist dies für die Geschäftstätigkeit von Amazon von entscheidender Bedeutung; dies wird wie folgt begründet: „… kontinuierliche Software-Entwicklung ist unverzichtbar, damit die Technologie von Amazon nicht veraltet und die Geschäftstätigkeit von Amazon nicht scheitert.“ (169) Amazon bemüht sich bei seiner Geschäftstätigkeit um Zuverlässigkeit, Schnelligkeit und Flexibilität (170). |
(176) |
Amazon setzt sowohl Software- als auch Hardware-Technologien ein (171). Die Software-Infrastruktur beruht auf einer sogenannten „diensteorientierten Architektur“, die im Wesentlichen aus einer Zusammenstellung von Funktionen („Diensten“) innerhalb der Software besteht, die untereinander kommunizieren können. Die einzelnen Dienste der diensteorientierten Architektur von Amazon greifen ineinander und bieten mehrere Arten von für den Einzelhandel relevanten Funktionen, sowohl in internen Prozessen als auch für die Kunden (172). Dies ermöglicht unter anderem eine einfachere Erhaltung der einzelnen Software-Komponenten sowie ausgeprägtere Innovationen. |
(177) |
Im Folgenden werden die wesentlichen Bestandteile der Software-Technologie von Amazon beschrieben:
|
2.3.3. ZUSÄTZLICHE INFORMATIONEN ÜBER LUXOPCO
2.3.3.1. Die Organisationsstruktur von LuxOpCo
(178) |
In seinen Vorbringen vom 18. Dezember 2015 und vom 15. Januar 2016 übermittelte Amazon eine Übersicht über die Organisationsstruktur von LuxOpCo Ende 2013 und beschrieb die Abteilungen des Unternehmens. |
(179) |
Die Organisationsstruktur von LuxOpCo ist dem Organigramm in Abbildung 3 zu entnehmen. Die Anzahl der in den einzelnen LuxOpCo-Teams beschäftigten Mitarbeiter (in VZÄ) (173) ist in Klammern angegeben. Die Anzahl der Mitarbeiter im Localisation and Translation Team, das später auf [ein anderes Amazon-Unternehmen] übertragen und dann „Software development and translation team“ genannt wurde, belief sich Ende 2013 auf [60-70] VZÄ. Abbildung 3 Organigramm LuxOpCo Ende 2013 (…) |
(180) |
Nach der im EU Policies and Procedures Manual (174) beschriebenen Personalpolitik in Luxemburg müssen sämtliche Mitarbeiterstellen mit gesamteuropäischer Zuständigkeit (d. h. mit Zuständigkeit für mehr als zwei europäische Länder) in Luxemburg angesiedelt sein; dies gilt insbesondere für Tätigkeiten ab einer bestimmten Führungsebene. Daher müssen die Direktoren aller in Luxemburg tätigen Unternehmen (LuxOpCo, ASE und AMEU) in Luxemburg beschäftigt sein; eine Beschäftigung dieser Direktoren in anderen Ländern Europas oder in den USA ist nicht zulässig. In Luxemburg ansässige Mitarbeiter mit Zuständigkeit für die Bereiche Einzelhandel, operatives Geschäft und Partner sowie mit Verantwortung für am Hauptsitz angesiedelte Funktionen (etwa in den Bereichen Recht, Finanzen, Rechnungslegung, Steuern, Personalwesen und Öffentlichkeitsarbeit) müssen bei LuxOpCo beschäftigt sein. ASE beschäftigt den Vice President of European Sales sowie sämtliche Mitarbeiter mit Zuständigkeit für die Bereiche Marketplace, Merchants@ und Enterprise Solutions (z. B. Technical Account Managers oder der Relationship Manager für den Geschäftsbereich Enterprise Solutions). Der Relationship Manager für den Geschäftsbereich Enterprise Solutions ist in Luxemburg tätig und für ganz Europa zuständig. Die Technical Account Managers mit Zuständigkeiten für ganz Europa sind in Luxemburg angesiedelt; die Technical Account Managers mit Zuständigkeit für Händler in einem einzelnen Land, sind im jeweiligen Land tätig. |
(181) |
Die genannte Politik spiegelt sich in der Verteilung von Positionen und Beschäftigungen in den europäischen Unternehmen von Amazon wider (siehe Liste der Beschäftigten von Amazon seit 1997) (175). Die Mitarbeiter von Amazon die die Funktionen eines Director oder eines Vice President mit Zuständigkeiten für ganz Europa ausüben, sind bei LuxOpCo […] oder ASE […] beschäftigt; Mitarbeiter mit Tätigkeiten auf niedrigeren Hierarchieebenen oder mit Zuständigkeit nur für ein Land sind bei den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU beschäftigt. |
2.3.3.2. Finanzinformationen zu LuxOpCo
(182) |
Die Gewinn- und Verlustrechnungen und die Bilanzen von LuxOpCo nach den Finanzaufstellungen des Unternehmens für die Jahre 2006-2013 sind Tabelle 3 zu entnehmen. Tabelle 3 Finanzinformationen LuxOpCo 2006-2013
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(183) |
LuxOpCo war für das Cash-Management der Gruppe in Europa zuständig (176). Zu den Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen zählt ein Darlehen, das LuxSCS LuxOpCo nach einer Vereinbarung über eine Kreditfazilität gewährt hat (177). Diese Vereinbarung über eine Kreditfazilität wurde von Amazon als „Back-to-back Activity“ beschrieben (178). Zwischen 2006 und 2016 setzte LuxOpCo die aus der Kreditfazilität erhaltenen Mittel für Übernahmen (z. B. [Übernahmen von Q, R, S und T]) ein oder verwendete sie, um seinerseits Darlehen zu gewähren oder Kapitalaufstockungen bei seinen Tochtergesellschaften zur Finanzierung der Kapitalausgaben dieser Tochtergesellschaften vorzunehmen ([Beispiele für die Verwendung von Darlehen durch Tochtergesellschaften von LuxOpCo]) (179). Der Betrag, den LuxOpCo LuxSCS schuldete, hatte sich von 387 Mio. EUR im Jahr 2006 auf [2 000-2 500] Mio. EUR im Jahr 2013 erhöht (180). |
(184) |
Nähere Informationen zu Wertberichtigungen und Rückstellungen im Zusammenhang mit dem Umlaufvermögen sind Tabelle 4 zu entnehmen. Tabelle 4 Wertberichtigungen und Rückstellungen im Zusammenhang mit dem Umlaufvermögen von LuxOpCo
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(185) |
Amazon legte eine detaillierte Übersicht über die wesentlichen Bestandteile des Umsatzes von LuxOpCo vor (siehe folgende Tabelle 5). Tabelle 5 Zusammensetzung des Umsatzes von LuxOpCo
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(186) |
Amazon legte eine detaillierte Aufschlüsselung der Betriebskosten von LuxOpCo vor (siehe folgende Tabelle 6). Tabelle 6 Detaillierte Aufschlüsselung der Betriebskosten von LuxOpCo
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(187) |
Auch hinsichtlich der Marketingkosten von LuxOpCo legte Amazon eine Aufschlüsselung vor (siehe folgende Tabelle 7). Tabelle 7 Detaillierte Aufschlüsselung der Marketingkosten von LuxOpCo
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(188) |
Ferner übermittelte Amazon eine Aufschlüsselung der konzernintern Kosten (siehe folgende Tabelle 8). Tabelle 8 Aufschlüsselung der konzerninternen Kosten
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2.3.3.3. Die Beziehung zwischen LuxOpCo und den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU
(189) |
Wie in den Erwägungsgründen 114 und 115 erläutert, erbringen die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU bestimmte konzerninterne Dienstleistungen für LuxOpCo gegen eine Vergütung, die die jeweils anrechenbaren Kosten zuzüglich eines Aufschlags umfasst. Bis auf einige Abweichungen hinsichtlich der Merkmale der von den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU zu erbringenden Dienste und bezüglich des anzuwendenden Aufschlags auf die anrechenbaren Kosten (181) sind die Dienstleistungsvereinbarungen weitgehend identisch (182). |
(190) |
Nach den Dienstleistungsvereinbarungen erbringen die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU auf Verlangen von LuxOpCo in größtmöglichem Umfang allgemeine Dienstleistungen für LuxOpCo. Die Dienstleistungen sind nach Maßgabe der Dienstleistungsstandards und der Leitlinien von LuxOpCo zu erbringen (183). Neben den allgemeinen Dienstleistungen erbringen die fünf verbundenen lokalen Unternehmen in der EU in Frankreich, Deutschland und im Vereinigten Königreich noch jeweils spezifische Dienstleistungen: Die Amazon.fr SARL (184) und die Amazon.de GmbH (185) Kunden- und Händler- sowie Unterstützungsleistungen, die Amazon.fr Logistique SAS (186) und die Amazon Logistik GmbH (187) Dienstleistungen im Bereich der Auftragsabwicklung und die Amazon.co.uk Ltd (188) Dienstleistungen im Bereich der Auftragsabwicklung sowie Kunden-, Händler- und Unterstützungsleistungen. Diese Dienstleistungen werden ebenfalls auf Verlangen von LuxOpCo erbracht. |
(191) |
Die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU handeln als unabhängige Auftragnehmer (189) und müssen zum einen eine Organisation mit qualifiziertem Personal, das geeignet ist, die geschäftlichen und technischen Anforderungen der Dienste zu erfüllen, und zum anderen die zur Erbringung dieser Dienstleistungen erforderlichen Anlagen und Einrichtungen unterhalten (190). Die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU sind weder für die Umsätze noch für die Bestände verantwortlich (191). Wie in den Erwägungsgründen 108 und 109 erläutert, trifft LuxOpCo die strategischen Entscheidungen über Merchandising und Preisgestaltung (die für den Erfolg der Geschäftstätigkeit von LuxOpCo entscheidend sind) (192), erfasst die entsprechenden Umsätze und Kosten (siehe Tabelle 3), ist Eigentümer der vorhandenen Bestände und übernimmt die mit den Beständen verbundenen Risiken. |
(192) |
Die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU enthalten unterschiedliche Aufschläge auf die anrechenbaren Kosten der erbrachten Dienstleistungen. Die Aufschläge werden in Anlage 1 der Dienstleistungsvereinbarungen als anwendbare Aufschläge festgelegt (193). |
2.3.4. ZUSÄTZLICHE INFORMATIONEN ÜBER LUXSCS
2.3.4.1. Finanzinformationen zu LuxSCS
(193) |
Tabelle 9 sind die Bilanzen sowie die Gewinn- und Verlustrechnungen von LuxSCS für die Geschäftsjahre 2005-2013 zu entnehmen. Tabelle 9 Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen von LuxSCS
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(194) |
Tabelle 10 bietet einen Überblick über die „sonstigen Gebühren und die sonstigen Betriebskosten“ von LuxSCS im relevanten Zeitraum. Tabelle 10 Sonstige Gebühren und sonstige Betriebskosten von LuxSCS 2006-2013
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(195) |
Wie aus Tabelle 10 zu entnehmen, bestehen die externen Kosten von LuxSCS hauptsächlich aus konzerninternen Gebühren nach den Eintrittsvereinbarungen und der CSA. Neben den in Tabelle 11 genannten Eintrittsvereinbarungen und den Zahlungen im Rahmen der CSA (siehe Tabelle 12) musste LuxSCS infolge des Erwerbs von Rechten des geistigen Eigentums Dritter durch Amazon US, die anschließend nach Maßgabe der CSA an LuxSCS lizenziert wurden, später weitere Eintrittszahlungen leisten. Zusammen mit den Eintrittszahlungen und den Zahlungen nach Maßgabe der CSA werden diese Kosten im Folgenden „Eintritts- und CSA-Kosten“ genannt. Darüber hinaus entstanden LuxSCS Kosten für Veräußerungen aus Beständen innerhalb der Gruppe nach der Umstrukturierung des Europageschäfts von Amazon im Jahr 2006. Und schließlich musste LuxSCS für externe Kosten in Form von Gebühren für Domain-Lizenzen, Rechtskosten, Kosten von Rechnungslegungsleistungen und Bankgebühren aufkommen (194). |
(196) |
Wie ferner aus Tabelle 10 hervorgeht, umfassen die von LuxSCS zu tragenden Kosten nicht die Entwicklung, die Verbesserung oder die Verwaltung der immateriellen Wirtschaftsgüter oder die Inrechnungstellung von Kosten, für die LuxOpCo infolge der Durchführung des Online-Einzelhandels oder des Dienstleistungsgeschäfts in der EU aufgekommen ist (z. B. Forderungsausfälle, die Abschreibung von Beständen und Marketingkosten). LuxSCS sind zudem keine Kosten in Verbindung mit der Vergütung der Alleingeschäftsführerin entstanden. |
2.3.4.2. Weitere Informationen zur Eintrittsvereinbarung und zur CSA
(197) |
Als Gegenleistung für die nach der Eintrittsvereinbarung erlangten immateriellen Wirtschaftsgüter verpflichtete sich LuxSCS zu jährlichen Eintrittszahlungen an ATI. LuxSCS leistete im relevanten Zeitraum die folgenden Eintrittszahlungen an ATI (siehe folgende Tabelle 11) (195): Tabelle 11 Eintrittszahlungen
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(198) |
Als Gegenleistung für die nach der CSA erlangten Rechte an den immateriellen Wirtschaftsgütern verpflichtete sich LuxSCS zur Beteiligung an bestimmten in Verbindung mit dem Entwicklungsprogramm entstandenen FuE-Kosten (196) (im Folgenden „Entwicklungskosten“) (197), die u. a. die „Entwicklungskosten von Unterauftragnehmern umfassen (198). Nach Auskunft von Amazon beinhalten diese Kosten Ausgaben in Verbindung mit der Entwicklung von Produkten, Technologien, Maßnahmen zur Auftragsabwicklung und immaterielle Wirtschaftsgüter im Marketingbereich (199) sowie zugerechnete Gemeinkosten und Verwaltungskosten und Ausgaben für den Erwerb geistigen Eigentums, die A9 und ATI entstanden sind (200). |
(199) |
Der Anteil der von LuxSCS nach Maßgabe der CSA zu tragenden Entwicklungskosten richtete sich nach dem Anteil der in Europa generierten Einnahmen von Amazon an den weltweiten Einnahmen der Gruppe im betreffenden Jahr (201). Im Jahr 2012 beispielsweise erwirtschaftete Amazon 28,6 % seiner weltweiten Einnahmen in Europa. Daher wurden auch 28,6 % der Entwicklungskosten in Verbindung mit immateriellen Wirtschaftsgütern im Jahr 2012 LuxSCS zugerechnet (202). |
(200) |
Den CSA-Jahresberichten zufolge (203) entstanden LuxSCS unmittelbar keine Entwicklungskosten im relevanten Zeitraum. LuxSCS beteiligte sich durch seine jährlichen Zahlungen im Rahmen der Kostenteilung nur finanziell an der Entwicklung der der CSA unterliegenden immateriellen Wirtschaftsgüter. Aus Tabelle 12 gehen die finanziellen Beiträge von LuxSCS zum Kostenteilungspool nach Maßgabe der CSA (im Folgenden „CSA-Zahlungen“) hervor (204). Tabelle 12 Zahlungen von LuxSCS nach der CSA
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(201) |
Den CSA-Jahresberichten (205) sind auch die den Entwicklungszentren von Amazon entstanden Entwicklungskosten zu entnehmen, die weltweit (auch in Europa) aufgeteilt werden. Diese Entwicklungszentren führen Auftragsentwicklungen für A9 und ATI durch, für die sie von A9 und ATI eine Vergütung auf Kostenbasis zuzüglich eines Aufschlags von [5-10] % erhalten (206). |
(202) |
Die CASA galt für Nutzungsdauer der immateriellen Wirtschaftsgüter (207) und konnte nur bei einer Änderung der Kontrolle oder bei erheblichen Belastungen (208) sowie dann gekündigt werden, wenn eine der Parteien einen Mangel aufgrund einer Nichterfüllung ihrer Leistungen nach der CSA nicht heilen konnte (209). Daher hatte LuxSCS keine Möglichkeit, die CSA einseitig zu kündigen. |
(203) |
Im relevanten Zeitraum wurde die CSA zweimal geändert (210). Mit der ersten im Juli 2009 unterzeichneten und am 5. Januar 2009 in Kraft getretenen Änderung sollten die Vereinbarungen an die Bestimmungen der US-amerikanischen Abgabenordnung (Treasury Regulation) für qualifizierte Kostenteilungsvereinbarungen angepasst werden. Daher wurde in die Vereinbarung eine Liste der von den Parteien der CSA zu auszuübenden Funktionen und zu übernehmenden Risiken aufgenommen (211) (212). Diese Liste ist in Tabelle 13 dargestellt. Tabelle 13 Funktionen und Risiken von LuxSCS im Zusammenhang mit der CSA
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(204) |
Mit der zweiten, im Februar 2014 unterzeichneten und am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Änderung wurde die Methode zur Ermittlung des von LuxSCS nach der CSA zu übernehmenden Anteils der Entwicklungskosten modifiziert. Die prozentuale Kostenbeteiligung von LuxSCS wird nun nach dem Anteil des auf Europa entfallenden Bruttogewinns von Amazon Bruttogewinn ermittelt, den die Gruppe weltweit innerhalb eines Jahres erzielt hat. |
2.3.4.3. Sonstige LuxSCS entstandene Kosten in Verbindung mit den immateriellen Wirtschaftsgütern
(205) |
Die für den Marketingbereich relevanten immateriellen Wirtschaftsgüter, die LuxOpCo im Einzelhandelsgeschäft von Amazon in Europa genutzt hat, beinhalteten nach Auskunft von Amazon „Rechte an lokalen immateriellen Wirtschaftsgütern von Amazon im Marketingbereich in Europa sowie weltweit. LuxSCS sind Marketeingkosten auf zweierlei Weise entstanden. Erstens erstattete LuxSCS mittelbar oder unmittelbar die Marketingaufwendungen, die den europäischen aktiv tätigen Unternehmen in Europa entstanden. Zweitens beinhalteten die Zahlungen im Rahmen der Kostenteilung einen Anteil der Marketingausgaben in Verbindung mit der Entwicklung weltweiter immaterieller Wirtschaftsgüter im Marketingbereich, die LuxSCS in Europa zu verwerten berechtigt war. Hinsichtlich der erstgenannten Gruppe von Marketingkosten entschied LuxSCS nicht zwischen Ausgaben zur Finanzierung der weltweiten immateriellen Wirtschaftsgüter im Marketingbereich und den Ausgaben zur Finanzierung ausschließlich lokaler immaterieller Wirtschaftsgüter im Marketingbereich, da diese Ausgaben alle von LuxSCS getragen wurden.“ (215) |
(206) |
Nach einer Aufforderung der Kommission zur näheren Erläuterung erklärte Amazon: „Die Finanzaufstellungen [von LuxSCS] enthalten keine Position, die unmittelbar Aufschluss über die Erstattung von Marketingausgaben geben würde. Die Erstattung von Marketingausgaben … erfolgt vielmehr über Abzüge von den an LuxSCS zu zahlenden ganzjährigen Lizenzgebühren; diese Abzüge werden in den Finanzaufstellungen aber nicht separat ausgewiesen.“ (216) |
2.3.4.4. Informationen zum Verfahren vor dem US Tax Court
(207) |
Im November 2012 schickte die US-Bundesteuerbehörde (Internal Revenue Service, im Folgenden „IRS“) in den USA eine Statutory Notice of Deficiency (217) betreffend fällige Körperschaftsteuern von Amazon nach US-amerikanischem Bundesrecht in den Steuerjahren 2005 und 2006 an Amazon. Der IRS zog insbesondere den Wert in Zweifel, der für die Übertragung bereits bestehender immaterieller Wirtschaftsgüter (die Eintrittszahlungen von LuxSCS an ATI und die Höhe der nach Maßgabe der CSA von LuxSCS zahlbaren Entwicklungskosten) angegeben worden war (218). Später wurde ein Verfahren zwischen Amazon und dem IRS vor dem US Tax Court eingeleitet (219). Zusätzlich zu dem Verfahren vor dem US Tax Court verschickte der IRS Ladungen und vernahm zahlreiche Mitarbeiter von Amazon unter Eid (220). |
(208) |
In seinen Körperschaftsteuererklärungen in den USA gab Amazon die Eintrittszahlungen von LuxSCS nach Maßgabe der Eintrittsvereinbarung für das Recht nur Nutzung bestehenden geistigen Eigentums (im Folgenden „Eintritt“) mit etwa 217 Mio. USD und die Zahlungen von LuxSCS nach Maßgabe der CSA mit etwa 116 Mio. USD im Jahr 2005 und mit 77 Mio. USD im Jahr 2006 an. Der IRS bestritt sowohl den Betrag der Eintrittszahlungen als auch der CSA-Zahlungen. Nach einem Gutachten aus dem Jahr 2011 setzte der IRS einen Betrag von 3,6 Mrd. EUR für die Eintrittszahlungen für das geistige Eigentum an. Dieser Betrag wurde im Laufe des Gerichtsverfahrens vom IRS auf 3,468 Mrd. USD korrigiert. Der Experte des IRS ermittelte diesen Wert nach der DCF-Methode (DCF = Discounted-Cash-Flow) ausgehend von den erwarteten Cahsflows aufgrund der Geschäftstätigkeit in Europa. Die Annahmen, auf denen diese Bewertung beruhte, unterschieden sich erheblich von den Annahmen von Amazon. Insbesondere betrachteten die Experten des IRS die Nutzungsdauer des geistigen Eigentums als unbegrenzt, während Amazon von einer kurzen Nutzungsdauer ausging. Hinsichtlich der CSA-Zahlungen war der IRS der Auffassung, dass die Kostenposition „Technology and Content“ in vollem Umfang im Pool der nach der CSA aufzuteilenden Kosten hätte berücksichtigt werden müssen. |
(209) |
Am 23. März 2017 verkündete der US Tax Court seine Beurteilung, in der er die vom IRS vorgenommenen Anpassungen nahezu vollständig verwarf. Insbesondere wies der US Tax Court die Wertermittlung durch den IRS zurück und erkannte eine begrenzte Nutzungsdauer für die immateriellen Wirtschaftsgüter von Amazon an. Außerdem stellte der US Tax Court fest, dass der IRS gegen die Körperschaftsteuervorschriften verstoßen hatte, nach denen bei der Bewertung des geistigen Eigentums an den zum Zeitpunkt der Eintrittsvereinbarung bereits bestehenden Wirtschaftsgütern eine Begrenzung vorzunehmen ist und anerkannte Bewertungsmethoden anzuwenden sind. Der US Tax Court erkannte die von Amazon vorgetragene Begründung an, dass die intern unter der Kostenposition „Technology and Content“ verbuchten Kosten nicht vollständig als Entwicklungskosten anzusehen seien. Vielmehr handele es sich um gemischte Kosten, die auch erhebliche Kosten beinhalteten, die mit Tätigkeiten zur Entwicklung geistigen Eigentums nicht in Zusammenhang standen. Daher stellte der US Tax Court fest, dass die vom IRS geforderten Anpassungen der Zahlungen nach der Eintrittsvereinbarung und der CSA willkürlich und nicht angemessen waren und dass die vom IRS angewendeten Methoden zur Ermittlung dieser Anpassungen nicht geeignet waren. Gleichzeitig bestätigte der US Tax Court mit bestimmten Anpassungen die von Amazon angewendete Methode zur Bewertung der Eintrittskosten und zur Zuordnung der unter „Technology and Content“ verbuchten Kosten zum Pool der aufzuteilenden Kosten als angemessen (221). |
(210) |
Im Zusammenhang mit der Ermittlung der korrekten Höhe der Eintrittszahlungen stellte der US Tax Court fest, dass Amazon und der IRS übereingekommen waren, dass ein Vergleich nach der CUT-Methode (222) vorgenommen werden könne und dass die M.com-Vereinbarung, die Amazon mit [A] geschlossen hatte, die am ehesten mit der Lizenzierung bestehenden geistigen Eigentums von Amazon von Amazon US an LuxSCS vergleichbar sei. Allerdings stellte der US Tax Court auch fest, dass Amazon nach der Vereinbarung mit [A] verschiedene Nebendienstleistungen für [A] erbracht hatte, die Amazon US für LuxSCS nicht erbrachte. Außerdem stellte er fest, dass die Preise nach der Vereinbarung „umfassend“ festgesetzt wurden, ohne für die Erbringung jeder einzelnen Dienstleistung oder für die Überlassung bestimmten geistigen Eigentums jeweils eine spezifische Vergütung vorzusehen. Daher war der Vereinbarung mit [A] keine Angabe über eine Provision als Richtwert für den Prozentsatz der Lizenzgebühr für das LuxSCS von Amazon US bereitgestellte geistige Eigentum zu entnehmen. Eine eingehende wirtschaftliche Bewertung der Vereinbarung mit [A] lag nur für die Änderung dieser Vereinbarung vom Juli 2006 vor. Da die Vereinbarung mit [A] nicht vollständig dokumentiert war, wurden die übrigen 15 M.com-Vereinbarungen sowie — soweit vorhanden — die jeweiligen eingehenden wirtschaftlichen Analysen der Gebührenstruktur geprüft, und für die Technologie wurde ein Basissatz der Lizenzgebühr in Höhe von [3-3,5] % ermittelt. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass [Beschreibung der Korrelation zwischen der Provision und dem Umsatzvolumen] (223) nach einer Anpassung des Volumens nach unten ein Prozentsatz der Lizenzgebühr für die Technologie in Höhe von [3-3,5] % berechnet wurde. Der Satz der Lizenzgebühr für bereits bestehende immaterielle Wirtschaftsgüter von Amazon im Marketingbereich wurde ausgehend von einem Vergleich mit vier Lizenzvereinbarungen mit Dritten, die mit Amazon nicht verbunden waren, mit [1-1,5] % angesetzt. Die fremdvergleichskonforme Eintrittszahlung für die Kundendaten wurde mit [100-200] Mio. USD veranschlagt. |
(211) |
Um die Funktionen von LuxSCS und seinen Tochtergesellschaften in Europa in Bezug auf die Entwicklung, Verbesserung, Verwaltung und Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter besser verstehen zu können, ersuchte die Kommission um Informationen, die im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem US Tax Court bezüglich der Zahlungen von LuxSCS nach der Eintrittsvereinbarung und der CSA geleistet worden waren. Amazon übermittelte der Kommission sämtliche Informationen, die im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit vor dem US Tax Court verwendet und vorlegt worden waren. |
2.3.4.5. Eintrittszahlungen für weitere von LuxSCS erworbene Rechte des geistigen Eigentums
(212) |
Im relevanten Zeitraum erlangte LuxSCS mehrmals Rechte zur Nutzung geistigen Eigentums von verbundenen Unternehmen und von Dritten; LuxSCS erwarb diese Rechte aber nie aus eigener Initiative. |
(213) |
In einigen Fällen wurden Unternehmen, die Rechte des geistigen Eigentums innehatten (bzw. die Rechte des geistigen Eigentums an sich) von der Amazon.com, Inc. erworben, die das geistige Eigentum dann auf die Amazon Technologies, Inc. übertrug. Dieses geistige Eigentum war auch Gegenstand der CSA, die sämtliches geistiges Eigentum abdeckte, das ATI von einem Dritten übertragen oder abgetreten wurde (224), und die Kosten des Erwerbs der betreffenden Rechte wurden als Eintrittszahlungen in den Kostenpool einbezogen (225). Daher werden einige Eintrittszahlungen von LuxSCS für geistiges Eigentum nicht durch gesonderte Vereinbarungen geregelt, sondern als Zahlungen nach Maßgabe der CSA behandelt. Dies gilt etwa für Eintrittszahlungen für [die Übernahme von U und R] (226) und [die Übernahme von T]. |
(214) |
In anderen Fällen wurde ein Unternehmen als Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums von einem anderen Unternehmen der Amazon-Gruppe übernommen, um das geistige Eigentum dieses Unternehmens dann auf ATI zu übertragen. Dies war etwa der Fall, als LuxOpCo die [Q]-Gruppe übernahm, die Inhaberin geistigen Eigentums war, das aus Rechten nicht nur an digitalen Inhalten, sondern auch an bestimmten Technologien bestand. Die Technologiekomponente des [Erwerbs] des geistigen Eigentums [von Q] wurde an ATI verkauft, das dieses geistige Eigentum dann als Gegenleistung für eine Eintrittszahlung von LuxSCS in die CSA einbrachte. |
(215) |
Anfänglich wurden sämtliche Eintrittszahlungen in den Ausgaben des jeweiligen Geschäftsjahrs berücksichtigt. Im Jahr 2011 begann LuxSCS, einige Übernahmen zu aktivieren, indem diese entweder als immaterielle Wirtschaftsgüter (z. B. [Übernahme Q] (227), [Übernahme T] (228) im Jahr 2011, [Übernahme U] im Jahr 2012 (229)) oder als Anlagevermögen (z. B. [Übernahme V] (230) im Jahr 2013) (231) verbucht wurden. |
2.3.4.6. Schriftliche Beschlüsse der Alleingeschäftsführerin von LuxSCS und Protokoll der Hauptversammlungen von LuxSCS
(216) |
Amazon bestätigte, dass die an der Entwicklung und der Erhaltung der immateriellen Wirtschaftsgüter beteiligten Mitarbeiter der Amazon-Gruppe weder Beschäftigte von LuxSCS noch von an LuxSCS beteiligten Unternehmen waren (232). Um die Tätigkeiten von LuxSCS besser zu verstehen, forderte die Kommission Amazon auf, ihr die schriftlichen Beschlüsse des Managements von LuxSCS sowie Protokolle von Hauptversammlungen von LuxSCS zu übermitteln. Tabelle 14 bietet einen Überblick über die schriftlichen Beschlüsse der Alleingeschäftsführerin von LuxSCS (d. h. der Amazon Europe Holding, Inc.) und über die Protokolle von Hauptversammlungen unter Beteiligung der Partner von LuxSCS im Zeitraum 2004-2013. Tabelle 14 Protokolle von LuxSCS 2004 -2013
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(217) |
Wie aus Tabelle 14 ersichtlich, zeigen die schriftlichen Beschlüsse der Alleingeschäftsführerin und die Protokolle der Hauptversammlungen von LuxSCS von der Gründung des Unternehmens im Jahr 2004 bis zum Jahr 2013, dass die Alleingeschäftsführerin und die Partner von LuxSCS sich im Wesentlichen nur mit Themen im Zusammenhang mit der Überwachung ihrer Investitionen in ihrer Eigenschaft als Partner von LuxSCS befassten (z. B. Änderungen des Gesellschaftskapitals, Kapitaleinzahlungen, Gewährung von Darlehen für verbundene Unternehmen und sonstige Finanzentscheidungen in Verbindung mit LuxSCS und seinen Tochtergesellschaften). Die schriftlichen Beschlüsse und die in den Protokollen beschriebenen Entscheidungen betrafen ferner die Benennung von Führungskräften in den Tochtergesellschaften sowie deren Entlassung und Rücktritte der Führungskräfte; außerdem waren die Satzung und die Genehmigung von Abschlüssen Gegenstand der Entscheidungen und Beschlüsse. |
(218) |
Von den 46 schriftlichen Beschlüssen und Protokollen in Tabelle 14 beziehen sich nur die folgenden vier auf immaterielle Wirtschaftsgüter.
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2.3.5. INFORMATIONEN ÜBER VEREINBARUNGEN ZWISCHEN UNTERNEHMEN DER AMAZON-GRUPPE UND NICHT VERBUNDENEN UNTERNEHMEN ÜBER DIE LIZENZIERUNG VON GEISTIGEM EIGENTUM
2.3.5.1. Die M.com-Vereinbarungen
(219) |
Über die in Erwägungsgrund 142 genannten M.com-Vereinbarungen hinaus schloss Amazon zwischen 2004 und 2006 sieben weitere M.com-Vereinbarungen (mit der Bombay Company, DVF, Bebe, Marks & Spencer, Sears Canada, Hobby Hub, Benefit Cosmetic, Timex.com, Mothercare UK und Devanlay US) (233). |
(220) |
Amazon zufolge erhielten die M.com-Partner keinen Zugang zur eigentlichen Technologie von Amazon. Vielmehr nutzte Amazon seine Technologie zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen IT und elektronischer Handel für diese Partner (234). Zu den M.com-Vereinbarungen erläuterte Amazon: „Amazon verpflichtete sich zur Bereitstellung von Technologien im Bereich des elektronischen Handels, damit Dritte ihre eigenen Einzelhandels-Websites betreiben konnten. Die M.com-Kunden (beispielsweise [A]) erhielten nur die Technologie; sie nutzten jedoch keine Rechte an den Marken, Handelsnamen, Kundendaten oder sonstigen immateriellen Wirtschaftsgütern von Amazon und erhielten diesbezüglich auch keine Rechte.“ (235) Außerdem erklärte Amazon, dass es die einzelnen Elemente aus dem Angebot nicht separat bepreiste, sondern bei den M.com-Vereinbarungen vielmehr einen umfassenden Ansatz zur Preisbildung verfolgte (236). Die M.com-Vereinbarungen nach dem angefochtenen Steuervorbescheid enthalten Bestimmungen, nach denen jede Partei nur eine beschränkte, nicht ausschließliche Lizenz für das geistige Eigentum ihrer Partner erhält und die Lizenz zur Durchführung der Vereinbarung erteilt wird. |
(221) |
Amazon betonte, dass es wichtige Unterschiede zwischen den M.com-Vereinbarungen und der Lizenzvereinbarung zwischen LuxSCS und LuxOpCo gebe: „[N]ach der Vereinbarung zwischen LuxOpCo und LuxSCS bekam LuxOpCo [nämlich] umfassenden Zugang zu den Daten von Millionen von Kunden. Ein derartiger Zugang zu Daten ist in keiner sonstigen M.com-Vereinbarung vorgesehen. Zweitens beinhaltet die Vereinbarung zwischen LuxSCS und LuxOpCo Marken und Domänen, die bei den übrigen M.com-Vereinbarungen nicht abgedeckt sind.“ (237) Amazon erläuterte, dass es grundsätzlich keine Lizenzen für Kundendaten an Dritte erteile (238). |
(222) |
Die im Verrechnungspreisbericht genannten M.com-Vereinbarungen werden in den Erwägungsgründen 223-229 eingehender beschrieben. |
(223) |
Nach der Vereinbarung mit [A] verpflichtete sich Amazon zur Einrichtung und Entwicklung sowie zum Hosting und zur Unterhaltung einer neuen Website für [A] und eines Shops für [A] auf Amazon-Websites, die an die Stelle der bestehenden Website von [A] für den elektronischen Handel treten sollten. [A] setzte den Preis der zum Verkauf angebotenen Produkte sowohl für die Website von [A] als auch für den Shop von [A] fest und handelte als Verkäufer (seller of record) (239). Amazon war für die Handhabung der Pakete und für den Versand an die Endkunden sowie für die Erbringung von Kundendienstleistungen zuständig. Zwischen [A] und Amazon erfolgte kein Austausch von Eigentum oder Rechten an geistigem Eigentum, wenn in der Vereinbarung nicht ausdrücklich vorgesehen. Im für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Parteien als erforderlich betrachteten Umfang wurden die Rechte zur Nutzung des geistigen Eigentums von Amazon von Amazon nach Maßgabe einer nicht ausschließlichen, beschränkten und nicht übertragbaren Lizenz an [A] lizenziert (240). Ähnliche Lizenzen erteilte [A] Amazon für die Verwertung von geistigem Eigentum von [A] (241). Ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme standen über die beiden Webshops erlangte Kundendaten im gemeinsamen Eigentum der Parteien. Die von den Parteien vor der Inbetriebnahme gesammelten Daten bleiben ausschließliches Eigentum der jeweiligen Partei (242). |
(224) |
Nach der vereinbarten Vergütungsstruktur zahlte [A] eine Einrichtungsgebühr (15 Mio. USD) sowie Grundgebühren (zwischen 7 und 35 Mio. USD in den Jahren 2001-2006). Darüber hinaus hatte [A] variable einheitsbezogene Gebühren (siehe Tabelle 15) und als Nebengebühren bezeichnete zusätzliche Gebühren (zwischen 0,05 und 13,75 USD pro verkaufte Einheit) für Verpackungsleistungen und für verkaufte Artikel mit Übergrößen zu zahlen. Und schließlich war [A] verpflichtet, Amazon eine prozentuale Provision für die in Tabelle 16 angegebenen Umsätze zu zahlen. Tabelle 15 Von [A] gezahlte variable Gebühren (243)
Tabelle 16 Von [A] gezahlte Umsatzprovisionen
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(225) |
Amazon zahlte [A] eine Weiterleitungsgebühr für Amazon-Produkte, die auf der Website von [A] zum Verkauf angeboten wurden. Diese Gebühr belief sich auf 5 % des Umsatzes in den Jahren 2001 und 2002, 4,5 % der Umsätze in 2003 und 4 % der Umsätze in den Jahren 2004-2006. |
(226) |
Die ursprünglich auf fünf Jahre geschlossene Vereinbarung mit [A] wurde später bis zum 31. August 2011 verlängert (d. h. bis zur Beendigung der Geschäftsbeziehung von Amazon mit [A]) (244). |
(227) |
Die Vereinbarung mit [G] betraf u. a. die Entwicklung, das Hosting und die Erhaltung des Co-Branding-Bereichs der Amazon-Website, über den von [G] ausgewählte und gelieferte Produkte verkauft werden sollten. Nach Inbetriebnahme des Co-Branding-Shops verpflichtete sich [G], den Betrieb seiner eigenen Website einzustellen und den gesamten Verkehr seiner Website auf den Co-Branding-Shop umzuleiten. Amazon setzte die Preise der über den Co-Branding-Shop verkauften Produkte fest. Die Produkte wurden von [G] gekauft und an die Endkunden verkauft (245). [G] war Eigentümer aller in den Vertriebszentren von Amazon gelagerten Einheiten und übernahm das mit diesen Lagerbeständen verbundene Verlustrisiko. Zwischen [G] und Amazon erfolgte kein Austausch von Eigentum oder Rechten an geistigem Eigentum, wenn in der Vereinbarung nicht ausdrücklich vorgesehen. Im für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Parteien als erforderlich betrachteten Umfang erteilten Amazon [G] und [G] Amazon die Rechte zur Nutzung von geistigem Eigentum nach Maßgabe einer nicht ausschließlichen, beschränkten und nicht übertragbaren Lizenz (246). [G] zahlte (247) eine Einrichtungsgebühr von 19,5 Mio. USD im ersten Jahr, eine jährliche Grundgebühr von bis zu 70 Mio. USD im Jahr 2004, eine Erfüllungsgebühr zwischen 1,7 und 4,5 USD pro Einheit und eine Umsatzprovision von anfänglich 4 %, die im Laufe der Jahre auf 6 % steigen sollte. |
(228) |
Nach den Vereinbarungen mit [H] und [B] verpflichtete sich Amazon zur Einrichtung neuer Websites für den elektronischen Handel (Spiegel-Server), die an die Stelle der bestehenden Websites von [H] und [B] treten sollten. Amazon war für die Einrichtung, das Hosting und die Erhaltung der Website für den elektronischen Handel zuständig (248). Außerdem verpflichtete sich Amazon, sicherzustellen, dass die verfügbaren Informationen und die Leistungsfähigkeit der Spiegel-Server im Wesentlichen den Informationen und der Leistungsfähigkeit der Amazon-Website vergleichbar waren. Als Gegenleistung erhielt Amazon die vorhandenen Kundendaten von [B] und [H] sowie die Möglichkeit, Amazon-Produkte auf den Spiegel-Servern zu führen. Amazon zahlte den beiden Vertragspartnern Weiterleitungsgebühren in Höhe von 5-6 % der Umsätze. [H] und [B] gaben vor der Inbetriebnahme der Spiegel-Server alle bereits vorhandenen Kundendaten an Amazon weiter (249). Ab diesem Zeitpunkt waren beide Parteien gemeinsam Eigentümer der über die Spiegel-Server erlangten Kundendaten. Nach den Vereinbarungen sollten sich die Parteien wechselseitig eine gebührenfreie, nicht ausschließliche und nicht übertragbare Lizenz für die Nutzung ihres geistigen Eigentums erteilen, das für die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen als erforderlich ermittelt worden war (250). |
(229) |
Nach der Vereinbarung mit [I] betrieb Amazon für [I] keine Plattform für den elektronischen Handel, erklärte sich aber bereit, Produkte von [I] zum Verkauf anzubieten und in den Suchfunktionen der Amazon-Website zu berücksichtigen. [I] sollte eine Vergütung in Höhe von 8-9 % der über die Amazon-Website generierten Umsätze zahlen. |
2.3.5.2. Weitere zwischen der Amazon-Gruppe und nicht verbundenen Unternehmen getroffene Lizenzvereinbarungen über geistiges Eigentum
(230) |
Amazon übermittelte sämtliche Vereinbarungen über die Lizenzierung geistigen Eigentums, die Amazon seit 2000 mit Dritten geschlossen hatte. Keine dieser Vereinbarungen betraf eine Übertragung geistigen Eigentums, die mit der Übertragung nach Maßgabe der Lizenzvereinbarung vergleichbar wäre. Die übermittelten Vereinbarungen betreffen weder die Übertragung der Marke Amazon noch die Übertragung von Technologie für die elektronische Plattform oder die Übertragung der Kundendatenbank. Gegenstand dieser Vereinbarungen sind ausschließlich entweder eine Patenteintragung oder der jeweilige digitale Inhalt. |
(231) |
Amazon zufolge haben diese Vereinbarungen „keine Bedeutung für die Bewertung der staatlichen Beihilfe nach Maßgabe der verbindlichen Steuerauskunft von 2003: [a)] Diese Vereinbarungen konnten nur für eine Analyse nach der CUP-Methode verwendet werden; bei der Analyse der verbindlichen Steuerauskunft von 2003 wurde hingegen von der Methode der Restgewinnaufteilung ausgegangen. [b)] In jedem Fall beinhalten die meisten der im Zeitraum der Anwendung der verbindlichen Steuerauskunft von 2003 (2006 bis Mitte 2014) geschlossenen Vereinbarungen nicht alle Elemente des geistigen Eigentums, die Gegenstand der Lizenzvereinbarung zwischen LuxSCS und LuxOpCo („immaterielle Wirtschaftsgüter“) waren. [c)] Zudem wurden die einzigen Vereinbarungen mit gewissen Ähnlichkeiten zur Vereinbarung zwischen LuxOpCo und LuxSCS nach der Erteilung der verbindlichen Steuerauskunft 2003 geschlossen und sind insoweit für die beihilferechtliche Würdigung der verbindlichen Steuerauskunft von 2003 nicht von Bedeutung, da sie damals für die Verrechnungspreisanalyse nicht herangezogen werden konnten.“ (251) |
2.3.6. BESCHREIBUNG DER IM STEUERVORBESCHEID VON 2014 BESTÄTIGTEN NEUEN GESELLSCHAFTS- UND STEUERRECHTLICHEN STRUKTUR VON AMAZON IN LUXEMBURG
(232) |
Im Mai 2014 ging Amazon ein neuer Steuervorbescheid der Luxemburger Steuerbehörde bezüglich der vorgenommenen Änderungen an der gesellschafts- und steuerrechtlichen Struktur des Unternehmens in Luxemburg zu. Nach der neuen gesellschaftsrechtlichen Struktur (Unternehmensstruktur) hatte LuxSCS folgende Aufgabe […]. Die wesentliche Änderung dieser Struktur bestand in der Gründung eines neuen […] Unternehmens […], das in der bestehenden Struktur zwischen […] stand. |
(233) |
Nach der neuen Unternehmensstruktur war die bestehende Plattform-Organisation bei LuxOpCo […] (252). Daher wurden [60-70] zuvor im Localisation and Translation Team von LuxOpCo tätige Mitarbeiter in das Software Development and Translation Team […] übernommen (253). Bezüglich der Lizenzvereinbarung ist festzustellen, dass […] nun als Gegenleistung für die Nutzung der immateriellen Wirtschaftsgüter zum Betrieb einer Plattform für den elektronischen Handel in Europa eine Lizenzgebühr an LuxSCS (254) zahlt (255). |
(234) |
Die Haupttätigkeit von […] besteht in […]. Die wichtigste von […] erbrachte Dienstleistung ist […]. […] übernimmt auch die Verwaltung von […]. Und schließlich erbringt […] […] und ist zuständig für […]. […] erhält als Gegenleistung von […] […], (256) […], (257) und […]gebühren (258) von […]. |
(235) |
Im Antrag vom 14. Mai 2014 auf einen Steuervorbescheid wurde die von LuxOpCo zahlbare Listungsgebühr im Vergleich zur Dritten berechneten durchschnittlichen Listungsgebühr als zu gering betrachtet (259). Dass […] bereit war, LuxOpCo einen Nachlass auf die Listungsgebühr zu gewähren, wurde wie folgt begründet:
|
(236) |
Die neue gesellschaftsrechtliche Struktur hat keine Auswirkungen auf die Funktion von ASE. ASE wird weiterhin das Marketplace-Geschäft in Europa betreiben und leiten. Anstelle einer Lizenzgebühr an LuxOpCo für alle immateriellen Wirtschaftsgüter, für die ASE eine Unterlizenz erteilt wurde, zahlt ASE nun eine […]gebühr […]. |
(237) |
Auch die Funktion der verbundenen lokalen Unternehmen in der EU ändert sich nicht in der neuen Unternehmensstruktur. |
2.4. DER RELEVANTE NATIONALE RECHTSRAHMEN
(238) |
Die Standardvorschriften der Unternehmensbesteuerung in Luxemburg sind dem Luxemburger Einkommensteuergesetz (loi modifiée du 4 décembre 1967 concernant l'impôt sur le revenue, im Folgenden „LIR“) zu entnehmen. |
(239) |
In Artikel 18 Absatz 1 LIR wird die Methode zur Ermittlung des Jahresgewinnes eines der Körperschaftsteuer unterliegenden Steuerpflichtigen beschrieben: „Der Gewinn wird als Differenz zwischen den Nettovermögenswerten zum Ende und der Nettovermögenswerte zum Beginn des Berichtzeitraums, um die Barmittel oder sonstigen Vermögenswerte erhöht, die der Steuerpflichtige zu seiner persönlichen Verwendung oder zu sonstigen nicht im Interesse des Unternehmens vorgesehenen Verwendungen aus dem Unternehmensvermögen entnommen hat, und reduziert um zusätzliche Beiträge im Berichtszeitraum ermittelt.“ |
(240) |
Nach Artikel 159 LIR ist der gesamte Gewinn von in Luxemburg ansässigen Unternehmen zu versteuern (262). Nicht in Luxemburg ansässige Unternehmen unterliegen nach Artikel 160 LIR nur der Quellensteuer (263) (nach Maßgabe von Artikel 156 LIR) (264). Seit 2011 müssen sämtliche in Luxemburg steuerpflichtigen Unternehmen ihren steuerpflichtigen Gewinn zum Standardsatz von 28,80 % versteuern (265). |
(241) |
Vor Inkrafttreten von Artikel 56bis LIR im Januar 2017 wurde Artikel 164 Absatz 3 LIR als Verankerung des Fremdvergleichsgrundsatzes im Luxemburger Steuerrecht betrachtet. In Artikel 164 Absatz 3 LIR heißt es: „Das steuerpflichtige Einkommen umfasst verdeckte Gewinnausschüttungen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung entsteht insbesondere, wenn ein Aktionär oder eine interessierte Partei entweder direkt oder indirekt Gewinne von einem Unternehmen oder einem Verein bezieht, die er bzw. sie ohne die Eigenschaft eines Aktionärs oder einer interessierten Partei normalerweise nicht erhalten hätte.“ (266) Nach der vorherrschenden Auslegung der Vorschrift in Artikel 164 Absatz 3 LIR, die seit 1967 gilt, sollten Geschäftsvorfälle zwischen Unternehmen ein und derselben Gruppe so vergütet werden sollen, wie es bei unabhängigen Unternehmen der Fall wäre, die Geschäfte unter vergleichbaren Umständen zu Marktbedingungen tätigen. Dies wurde durch die Erläuterung Luxemburgs in Randnummer 64 seiner Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss bestätigt: „Der Fremdvergleichsgrundsatz für körperschaftsteuerpflichtige Steuerpflichtige mit Sitz im Großherzogtum Luxemburg ist in Artikel 164 Absatz 3 und in Artikel 18 des geänderten Gesetzes vom 4. Dezember 1967 über die Einkommensteuer (Loi concernant l'impôt sur le revenue — ‚LIR‘) verankert, auch wenn der Begriff des ‚Fremdvergleichsgrundsatzes‘ dort nicht ausdrücklich verwendet wird. Dieser Grundsatz liegt diesen Vorschriften jedoch mit Sicherheit zugrunde.“ Luxemburg erläuterte ferner, dass weder in Artikel 18 noch in Artikel 164 Absatz 3 LIR zwischen internationalen und nationalen Geschäftsvorfällen oder zwischen multinationalen und inländischen Gruppen unterschieden wird. Somit ist festzustellen, dass die Luxemburger Verrechnungspreisvorschriften den OECD-Verrechnungspreisleitlinien entsprechen, auch wenn Artikel 164 Absatz 3 LIR nicht ausdrücklich auf diese Leitlinien Bezug nimmt (267). |
(242) |
Diese seit Langem bestehende Auslegung von Artikel 164 Absatz 3 LIR wurde von der Luxemburger Steuerbehörde in mehreren Rundschreiben bestätigt, insbesondere durch LIR Nr. 164/2 vom 28. Januar 2011 und Nr. 164/2bis vom 8. April 2011 (im Folgenden „Rundschreiben“) zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei Finanzierungsgeschäften innerhalb von Unternehmensgruppen. Über die spezifischen Leitlinien zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei solchen Geschäftsvorfällen hinaus enthielten die Rundschreiben eine allgemeine Beschreibung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach den OECD-Verrechnungspreisleitlinien, die mit den Rundschreiben in nationales Recht übernommen wurden. Insbesondere enthielten die Rundschreiben die folgenden allgemeine Vorgabe für die konzerninterne Erbringung von Dienstleistungen: „Eine konzerninterne Dienstleistung … wurde erbracht, wenn unter vergleichbaren Umständen ein unabhängiges Unternehmen bereit gewesen wäre, ein anderes unabhängiges Unternehmen für die Erbringung dieser Tätigkeit zu bezahlen oder wenn es diese Tätigkeit selbst übernommen hätte.“ (268) Im Rundschreiben wurde ferner festgestellt, dass ein Steuervorbescheid im Allgemeinen für höchstens fünf Jahre gilt, wenn keine Änderungen der Sachverhalte oder Umstände eintreten bzw. wenn die Rechtsvorschriften, auf denen der Steuervorbescheid beruhte, geändert wurden, oder wenn sich ein wesentliches Merkmal des betroffenen Geschäftsvorfalls ändert. |
(243) |
Seit dem 1. Januar 2017 ist die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes im Luxemburger Steuerrecht in einem neuen Artikel 56bis LIR ausdrücklich vorgesehen. Mit Wirkung zum selben Datum wurden die genannten Rundschreiben durch das Circulaire du directeur des contributions LIR no 56/1-56bis/1 du 27 décembre 2016 ersetzt. |
2.5. LEITLINIEN ZUR VERRECHNUNGSPREISGESTALTUNG
2.5.1. DER RAHMEN DER OECD FÜR DIE GESTALTUNG VON VERRECHNUNGSPREISEN
(244) |
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (im Folgenden „OECD“) hat mehrere nicht verbindliche Leitfäden zur internationalen Steuerpraxis veröffentlicht. Da diese Leitfäden nicht verbindlich sind, werden die Steuerbehörden von OECD-Mitgliedstaaten (darunter auch Luxemburg) (269) nur angehalten, sich am Rahmen der OECD zu orientieren (270). Der OECD-Rahmen ist jedoch richtungsweisend und hat offenkundig Einfluss auf die Steuerpraktiken der OECD-Mitgliedstaaten (und sogar einiger Nichtmitgliedstaaten). Darüber hinaus haben Leitfäden, die Bestandteil dieses Rahmens sind, in mehreren OECD-Staaten Gesetzeskraft erlangt oder dienen als Referenz für die Auslegung des nationalen Steuerrechts. Wenn die Kommission in diesem Beschluss auf den OECD-Rahmen verweist, geschieht dies daher, weil dieser Rahmen auf Diskussionen unter Fachleuten in der OECD beruht und weil er Verfahren beschreibt, mit denen gemeinsame Herausforderungen bewältigt werden können. |
2.5.2. DER FREMDVERGLEICHSGRUNDSATZ FÜR ZWECKE DER INTERNATIONALEN BESTEUERUNG
(245) |
Wenn unabhängige Unternehmen miteinander Geschäfte tätigen, werden die Bedingungen dieser Geschäfte einschließlich der Preise der übertragenen Waren bzw. der erbrachten Dienstleistungen in der Regel durch externe Marktkräfte bestimmt. Wenn in einen multinationalen Konzern integrierte Gesellschaften mit Gesellschaften dieses Konzerns (im Folgenden „verbundene Konzernunternehmen“) Geschäfte tätigen, können deren geschäftliche und finanzielle Beziehungen nicht durch externe Marktkräfte geregelt werden; vielmehr werden sie manchmal durch das gemeinsame Interesse an einer Minimierung der Steuerverbindlichkeiten der Gruppe bestimmt. |
(246) |
Das OECD-Musterabkommen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen (im Folgenden „OECD-Musterabkommen“) (271), das die Grundlage vieler bilateraler Steuerabkommen zwischen OECD-Mitgliedstaaten und einer zunehmenden Anzahl von Nichtmitgliedstaaten bildet, enthält Vorschriften über eine angemessene Gewinnaufteilung zwischen Gesellschaften innerhalb eines multinationalen Konzerns. Diesbezüglich heißt es in Artikel 9 Absatz 1 des OECD-Musterabkommens: „[Wenn] die beiden Unternehmen in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden sind, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so dürfen die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet und entsprechend besteuert werden.“ Diese Bestimmung gilt als maßgebliche Formulierung für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes für Zwecke der internationalen Besteuerung. |
(247) |
Nach dem Fremdvergleichsgrundsatz sollten nationale Steuerbehörden die Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen einer Gruppe bei konzerninternen Geschäftsvorfällen nur dann annehmen (272), wenn diese den Preisen entsprechen, die auch bei Fremdvergleichsgeschäftsvorfällen (d. h. bei Geschäftsvorfällen zwischen unabhängigen Unternehmen, die unter vergleichbaren Umständen zu Marktbedingungen verhandeln) vereinbart worden wären, In den OECD-Verrechnungspreisleitlinien heißt es dazu: „Der Fremdvergleichsgrundsatz ist in seinem theoretischen Ansatz fundiert, da er beim Austausch von Wirtschaftsgütern … oder der Erbringung von Dienstleistungen zwischen verbundenen Unternehmen der Funktionsweise des freien Marktes am nächsten kommt. Mag er auch in der Praxis nicht immer einfach anzuwenden sein, führt er doch im Allgemeinen zu angemessenen Gewinnverhältnissen zwischen Unternehmen von multinationalen Konzernen, die auch für Steuerverwaltungen akzeptabel sind. Er spiegelt die wirtschaftliche Realität der jeweiligen Tatsachen und Umstände des verbundenen Unternehmens wider und übernimmt als Maßstab das normale Marktgeschehen.“ (273) Dies ist der Grundgedanke des Fremdvergleichsgrundsatzes. Daher haben OECD-Mitgliedstaaten vereinbart, dass die Gewinne verbundener Unternehmen für steuerliche Zwecke erforderlichenfalls angepasst werden können, um die Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes sicherzustellen. Die OECD-Mitgliedstaaten können also eine Anpassung von Transferpreisen als angemessen betrachten, wenn die Bedingungen der geschäftlichen und finanziellen Beziehungen bei einem konzerninternen Geschäftsvorfall sich von den Bedingungen unterscheiden, die bei Fremdvergleichsgeschäftsvorfällen zu erwarten wären. |
(248) |
Durch das Bestreben, Gewinne unter Berücksichtigung der geschäftlichen und finanziellen Bedingungen anzupassen, die bei Fremdvergleichsgeschäftsvorfällen erzielt worden wären, gewährleistet der Fremdvergleichsgrundsatz die Anwendung des von der OECD bevorzugten Ansatzes für die Behandlung der Mitglieder einer Unternehmensgruppe für steuerliche Zwecke als unabhängig tätige Unternehmen (im Folgenden „Grundsatz des selbstständigen Unternehmens“ (separate entity approach)) und nicht als untrennbare Bestandteile eines einzigen vereinten Unternehmens (274). |
(249) |
Die OECD gibt Steuerbehörden und multinationalen Konzernen mit ihren Verrechnungspreisleitlinien Hinweise zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes an die Hand; diese Leitlinien wurden zuletzt im Jahr 2017 geändert (im Folgenden „OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 2017“) (275). Frühere Fassungen der Leitlinien wurden vom Rat der OECD am 22. Juli 2010 (im Folgenden „OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 2010“) (276) und am 13. Juli 1995 (im Folgenden „OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 1995“) angenommen (277). Die letzten Änderungen und Erläuterungen der OECD-Verrechnungspreisleitlinien in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 2017 beruhen u. a. (278) auf dem Abschlussbericht der OECD zu den Aktionspunkten 8-10, Anpassung der anhand der Wertschöpfung berechneten Verrechnungspreise (im Folgenden „BEPS-Abschlussbericht über die Aktionspunkte 8-10“) (279) in der im Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (im Folgenden „BEPS-Projekt“) veröffentlichten Fassung. Der BEPS-Abschlussbericht über die Aktionspunkte 8-10 enthält Änderungen und Erläuterungen zu den OECD-Verrechnungspreisleitlinien sowie in Bezug auf immaterielle Wirtschaftsgüter (280) im Allgemeinen und zu Kostenteilungsvereinbarungen (281) im Besonderen. |
2.5.3. DIE VERRECHNUNGSPREISMETHODEN DER OECD
(250) |
In den OECD-Verrechnungspreisleitlinien werden fünf Methoden zur Ermittlung eines Fremdvergleichspreises für konzerninterne Geschäftsvorfälle beschrieben: (i) die Preisvergleichsmethode (CUP-Methode), (ii) die Kostenaufschlagsmethode („Cost-plus-Methode“), (iii) die Wiederverkaufspreis-Methode, (iv) die TNMM (Transactional Net Margin Method = geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode) und (v) die geschäftsvorfallbezogene Gewinnmethode. Im Allgemeinen muss nach den Gegebenheiten im Einzelfall die am besten geeignete Verrechnungspreismethode angewendet werden (282). In schwierigen Fällen, bei denen keine dieser Methoden zielführend wäre, können in einem flexiblen Ansatz auch mehrere Methoden gemeinsam zur Anwendung kommen (283). Es steht multinationalen Konzernen frei, Methoden zur Festlegung von Verrechnungspreisen anzuwenden, die in diesen Leitlinien nicht beschrieben werden, vorausgesetzt, dass die ermittelten Preise dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen (284). |
(251) |
Dabei wird zwischen geschäftsvorfallbezogenen Standardmethoden (den ersten drei Methoden) und geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden (den beiden letzten Methoden) unterschieden (285). Die geschäftsvorfallbezogenen Standardmethoden werden als der Ansatz betrachtet, mit dem am unmittelbarsten festgestellt werden kann, ob die geschäftlichen oder finanziellen Bedingungen eines Geschäftsvorfalls zwischen verbundenen Unternehmen fremdvergleichskonform sind. Davon ausgehend werden die geschäftsvorfallbezogenen Standardmethoden der OECD-Verrechnungspreisleitlinien (beispielsweise die Preisvergleichsmethode) gegenüber den geschäftsvorfallbezogenen Methoden (z. B. der TNMM und der geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethode ausdrücklich bevorzugt (286). |
(252) |
Für diesen Beschluss sind die Preisvergleichsmethode, die TNMM und die geschäftsvorfallbezogene Gewinnmethode relevant; diese drei Methoden werden daher in den Erwägungsgründen 253-256 näher erläutert. |
(253) |
Die Preisvergleichsmethode wird als unmittelbare Verrechnungspreismethode bezeichnet (287). Bei dieser Methode werden der Preis und die übrigen für die Übertragung von Waren oder Dienstleistungen in einem konzerninternen Geschäftsvorfall vereinbarten Bedingungen mit dem Preis und den sonstigen für die Übertragung von Waren oder Dienstleistungen bei Fremdvergleichsgeschäftsvorfällen (d. h. bei Geschäftsvorfällen zwischen nicht verbundenen Unternehmen) verglichen, die unter vergleichbaren Umständen erfolgt sind (288). |
(254) |
Die TNMM und die Gewinnaufteilungsmethode werden häufig als „indirekte Methoden“ beschrieben. Mit diesen Methoden werden die Preise konzerninterner Geschäftsvorfälle ermittelt, indem für eine bestimmte Tätigkeit ein potenzieller Nettogewinn (d. h. ein Betriebsergebnis) zu Fremdvergleichsbedingungen bestimmt wird; dazu wird der Nettogewinn abgeschätzt, der bei einem nicht integrierten Unternehmen, das dieselbe oder eine ähnliche Tätigkeit ausübt, aufgrund dieser Tätigkeit erwartet werden könnte (289). |
(255) |
Mit der TNMM wird das Verhältnis des Nettogewinns (290) zu einem angemessenen Referenzwert (beispielsweise den Kosten, dem Umsatz und Vermögenswerten) untersucht (291); dieses Verhältnis wird als „Nettogewinnindikator“ oder „Gewinnindikator“ bezeichnet und auf einen zu prüfenden konzerninternen Geschäftsvorfall (oder auf für eine Aggregation geeignete Geschäftsvorfälle) bezogen. Der Nettogewinnindikator sollte anhand des Nettogewinnindikators ermittelt werden, der sich für unabhängige Parteien bei Fremdvergleichsgeschäftsvorfällen ergeben würde. Bei Anwendung der TNMM muss ermittelt werden, welche Partei die (anhand des Gewinnindikators) zu untersuchende Partei des Geschäftsvorfalls zwischen verbundenen Unternehmen ist („untersuchte Partei“). Diese Ermittlung muss im Einklang mit der durchgeführten Funktionsanalyse (einschließlich des angenommenen Risikos und der verwendeten Vermögenswerte) für beide Parteien der zu prüfenden konzerninternen Geschäftsvorgänge stehen. Bei Anwendung der TNMM ist die untersuchte Partei im Allgemeinen die Partei, bei der die Methode am zuverlässigsten angewendet werden kann und für die die verlässlichsten Vergleichswerte gefunden werden können. Häufig wird im Zusammenhang mit der TNMM Ziffer 3.18 der OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 2010 berücksichtigt, nach der die „untersuchte Partei“ grundsätzlich das Unternehmen sein sollte, dem bezogen auf den zu untersuchenden konzerninternen Geschäftsvorfall die am wenigsten komplexe Funktion zukommt. (292) Daher wird die TNMM als gut geeignete Methode zur Überprüfung einer fremdvergleichskonformen Vergütung der Partei betrachtet, die keine einzigartigen und wertvollen Beiträge zu den zu untersuchenden konzerninternen Geschäftsvorfällen leistet (293). |
(256) |
Die Gewinnaufteilungsmethode ist die andere „indirekte Methode“ zur Abschätzung der Fremdvergleichspreise konzerninterner Geschäftsvorfälle. Nach dieser Methode wird der Gesamtgewinn (oder -verlust) zwischen den verbundenen Unternehmen aufgeteilt, die an den konzerninternen Geschäftsvorfällen beteiligt waren, für die die Preise ermittelt werden sollen; anschließend werden diese Gewinne unter diesen Unternehmen auf einer wirtschaftlich annehmbaren Grundlage aufgeteilt, die bei einer fremdvergleichskonformen Vereinbarung für die Aufteilung von Gewinnen zu erwarten sein dürfte (294). In den OECD-Leitlinien werden zwei Ansätze zur Aufteilung des Gesamtgewinns auf die verbundenen Unternehmen beschrieben: die Beitragsanalyse (contribution analysis) und die Restgewinnanalyse. Bei der Beitragsanalyse wird der Gesamtgewinn (unter Berücksichtigung von eingesetzten Vermögenswerten und übernommen Risiken) nach dem relativen Wert der von den einzelnen Beteiligten der zu bepreisenden konzerninternen Geschäftsvorfälle durchgeführten Funktionen aufgeteilt. Bei der Restgewinnanalyse hingegen werden die Gewinne in zwei Schritten aufgeteilt. In einem ersten Schritt wird jedem Unternehmen ein Grundgewinn (oder regelmäßiger Gewinn) entsprechend seinen Funktionen, den jeweils genutzten Vermögenswerten und den übernommenen Risiken anhand eines Vergleichs der marktüblichen Erträge ähnlicher Geschäftsvorfälle unabhängiger Unternehmen zugerechnet. Der erste Schritt entspricht somit im Wesentlichen der Anwendung der TNMM. In einem zweiten Schritt wird der nach Abschluss des ersten Schritts verbliebene Restgewinn auf die Beteiligten etwa so aufgeteilt, wie unabhängige Beteiligte dies zu Fremdvergleichsbedingungen getan hätten. Die Gewinnaufteilungsmethode wird gewöhnlich als geeignete Methode betrachtet, wenn beide Beteiligte eines konzerninternen Geschäftsvorfalls jeweils einzigartige und wertvolle Beiträge zu diesem Geschäftsvorfall leisten, weil davon auszugehen wäre, dass in einem solchen Fall auch unabhängige Beteiligte die Gewinne des Geschäftsvorfalls im Verhältnis zu ihren jeweiligen Beteiligungen aufteilen würden (295). |
2.5.3.1. Die fremdvergleichskonforme Bandbreite
(257) |
In den OECD-Verrechnungspreisleitlinien wird weniger ein spezifisches Ergebnis als vielmehr eine Bandbreite an Ergebnissen als annehmbares fremdvergleichskonformes Ergebnis einer vergleichenden Analyse betrachtet (296). In der Praxis handelt es sich bei der „Bandbreite“ um den Interquartilbereich (297). |
(258) |
In den OECD-Verrechnungspreisleitlinien wird jedoch betont, dass dies nur dann möglich ist, wenn die Bandbreite Ergebnisse mit verhältnismäßig einheitlicher und hoher Zuverlässigkeit beinhaltet; bei eingeschränkter Vergleichbarkeit kann es hingegen zweckmäßig sein, auf zentralen Tendenzen (beispielsweise auf dem Median, dem Mittelwert, den gewichteten Durchschnitten usw.) beruhende Maßnahmen zur Ermittlung des am besten angemessenen Punkts in der jeweiligen Bandbreite zu verwenden (298). |
2.5.3.2. Besondere Erwägungen bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei immateriellen Wirtschaftsgütern
(259) |
Kapitel VI der OECD-Verrechnungspreisleitlinien enthält spezifische Hinweise zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei immateriellen Wirtschaftsgütern. Dieses Kapitel wurde mit den OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 1995 eingeführt und zuletzt in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 2017 auf der Grundlage des BEPS-Abschlussberichts über die Aktionspunkte 8-10 aktualisiert (299). |
(260) |
Nach diesem Kapitel ist bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf einen immateriellen Vermögenswert sowohl die Sichtweise des Verkäufers als auch die Sichtweise des Käufers zu berücksichtigen. Aus der Sichtweise des Verkäufers sollte der Preis überprüft werden, zu dem ein vergleichbares unabhängiges Unternehmen bereit wäre, den Vermögenswert unter vergleichbaren Bedingungen zu übertragen. Aus der Perspektive des Käufers ist zu prüfen, ob ein vergleichbares unabhängiges Unternehmen bereit wäre, den betreffenden Preis zu zahlen (300). |
(261) |
Ein unabhängiger Käufer würde den in Rede stehenden Preis nur dann akzeptieren, wenn er aufgrund der Nutzung des immateriellen Vermögenswerts angesichts anderer realistisch verfügbarer Möglichkeiten vernünftigerweise zufriedenstellende Vorteile erwarten könnte. Die Ermittlung mindestens eines an konzerninternen Geschäftsvorfällen im Zusammenhang mit immateriellen Wirtschaftsgütern beteiligten Unternehmens, das ein Anrecht auf (teilweise oder vollständige) Einbehaltung der aus diesen Wirtschaftsgütern hervorgegangenen Nebenprodukte hat, ist entscheidend für ein fremdvergleichskonformes Ergebnis. Das rechtliche Eigentum an dem immateriellen Wirtschaftsgut hingegen ist für die Analyse der Fremdvergleichskonformität der jeweiligen Vergütung nicht maßgeblich (301). |
2.5.3.3. Besondere Erwägungen zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf die Tätigkeiten von Anteilseignern und auf konzerninterne Dienstleistungen mit niedriger Wertschöpfung
(262) |
Kapitel VI der OECD-Verrechnungspreisleitlinien enthält spezifische Hinweise zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei konzerninternen Dienstleistungen. Dieses Kapitel wurde mit den OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 1995 eingeführt und zuletzt in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 2017 auf der Grundlage des BEPS-Abschlussberichts über die Aktionspunkte 8-10 aktualisiert (302). |
(263) |
Ein multinationaler Konzern kann vereinbaren, dass bestimmte konzerninterne Dienstleistungen für alle Mitglieder des Konzerns verfügbar sind (beispielsweise Finanz- oder Verwaltungsdienstleistungen). Diese Dienstleistungen können von der Muttergesellschaft oder von anderen Mitgliedern der Gruppe erbracht werden, die zunächst auch für die mit der Erbringung der Dienstleistungen verbundenen Kosten aufkommen. Wenn davon ausgegangen wird, dass konzerninterne Dienstleistungen erbracht wurden, muss festgestellt werden, ob die von den Unternehmen, für die die Dienstleistungen erbracht wurden, ggf. zu zahlende Vergütung fremdvergleichskonform war (303). In den OECD-Verrechnungspreisleitlinien wird dazu erläutert: „Für die Bestimmung des Fremdvergleichspreises für konzerninterne Dienstleistungen ist sowohl die Sichtweise des Erbringers als auch die Sichtweise des Empfängers der Dienstleistung zu beachten. Entsprechend zu berücksichtigen sind dabei auch der Wert der Dienstleistung für den Empfänger, die Frage, inwieweit ein vergleichbares unabhängiges Unternehmen bereit wäre, für diese Dienstleistung unter vergleichbaren Verhältnissen zu zahlen, sowie die Kosten für den Erbringer der Dienstleistung.“ (304) |
(264) |
Nicht alle konzerninternen Tätigkeiten rechtfertigen jedoch die Zahlung einer Vergütung durch den Empfänger. Eine konzerninterne Tätigkeit, die ein Unternehmen in seiner Eigenschaft als Anteilseigner und ausschließlich aufgrund des Beteiligungsinteresses dieses Unternehmens an einem oder mehreren anderen Mitgliedern der Gruppe erbringt, (im Folgenden „Tätigkeit eines Anteilseigners“) sollte den Tochtergesellschaften nicht in Rechnung gestellt werden (305). |
(265) |
Das Gemeinsame EU-Verrechnungspreisforum (JTPF = Joint Transfer Pricing Forum) ist eine von der Kommission im Oktober 2002 eingesetzte Sachverständigengruppe, die die Kommission bei Angelegenheiten im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen unterstützt und berät. Das JTPF ist mit staatlichen und nicht staatlichen Sachverständigen für den Bereich Verrechnungspreise besetzt. Im Februar 2010 wurde ein Bericht über die vom JTPF durchgeführte Überprüfung der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach den OECD-Verrechnungspreisleitlinien auf eine bestimmte Kategorie von Dienstleistungen veröffentlicht, die zwischen verbundenen Unternehmen erbracht und als „konzerninterne Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung“ bezeichnet werden (im Folgenden „JTPF-Bericht von 2010“) (306). |
(266) |
Wie in Anhang 1 des JTPF-Berichts von 2010 erläutert, umfassen Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung u. a. Rechts- und Rechnungslegungsdienstleistungen. Wenn solche Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung als erbracht gelten, betrachtet der JTPF-Bericht von 2010 die Preisvergleichsmethode als die am besten geeignete Methode zur Ermittlung eines Fremdvergleichspreises für diese Dienstleistungen. Ohne geeignete Fremdvergleichsgeschäftsvorfälle wird der Fremdvergleichspreis solcher Dienstleistungen meist anhand einer kostenbezogenen Verrechnungspreismethode ermittelt (307). |
(267) |
Bei der Anwendung einer kostenbezogenen Methode muss die jeweils angemessene Kostenbasis der betreffenden Dienstleistung bestimmt werden. Anschließend sollte geprüft werden, welcher Aufschlag gegebenenfalls zu diesen Kosten hinzukommt. In diesem Zusammenhang wird im JTPF-Bericht von 2010 in erster Linie auf die Ziffern 7.33 und 7.36 der OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 1995 verwiesen, in denen es heißt, dass nicht grundsätzlich ein Aufschlag auf die Kostenbasis angewendet werden sollte (308). |
(268) |
Im JTPF-Bericht von 2010 wurde ferner festgestellt, dass den Erfahrungen internationaler Steuerbehörden zufolge ein angemessener Aufschlag für Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung sich in der Regel in einer Bandbreite von 3-10 % bewegen und häufig bei 5 % liegen würde. Wenn die Sachverhalte und Umstände des jeweiligen Geschäftsvorfalls jedoch einen anderen Aufschlag rechtfertigen, sollte dies berücksichtigt werden. |
2.6. ERLÄUTERUNG DER WICHTIGSTEN IN DEM BESCHLUSS VERWENDETEN BUCHFÜHRUNGS- UND FINANZBEGRIFFE
(269) |
Im Folgenden werden in diesem Beschluss häufig verwendete Finanzindikatoren und Buchführungskonzepte erläutert. |
(270) |
Bei einer typischen Gewinn- und Verlustrechnung werden zunächst die Einkünfte eines Unternehmens aus seinen regulären Geschäftstätigkeiten — in der Regel aus dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen an Kunden — erfasst. Die betreffende Rechnungslegungsposition wird als „Ertrag“, „Umsatz“ oder „Einnahmen“ bezeichnet. |
(271) |
Die Selbstkosten („Cost of goods sold“, „COGS“) bezeichnen im Wesentlichen den Wert des bei der Herstellung von Waren verwendeten Materials (Rohstoffe) oder den Einkaufspreis von weiterverkauften Waren, wenn das Unternehmen die verkauften Waren nicht verarbeitet. Die Selbstkosten werden vom Ertrag abgezogen, um den Bruttogewinn zu ermitteln. |
(272) |
Unter den Betriebskosten werden insbesondere die Lohn- und Gehaltskosten (309), Energiekosten und andere Verwaltungs- und Vertriebskosten zusammengefasst. Im Falle von LuxOpCo werden die an LuxSCS gezahlten Lizenzgebühren als „sonstige Betriebskosten“ eingestuft, bei der Berechnung des steuerpflichtigen Betriebsergebnisses werden sie jedoch von den Betriebskosten nach dem angefochtenen Steuervorbescheid ausgeschlossen (310). |
(273) |
Tabelle 17 vermittelt einen vereinfachten Überblick über die Gewinn- und Verlustrechnung (311). Tabelle 17 Vereinfachte Gewinn- und Verlustrechnung Ertrag (oder Umsatz oder Einnahmen)
Bruttogewinn
Betriebsgewinn (EBITDA) Ergebnis vor Zinsaufwand und Steuern (EBIT) oder Betriebsergebnis
Steuerpflichtiges Einkommen
Nettogewinn |
(274) |
Leistung und Rentabilität werden häufig mithilfe von Quoten gemessen und als „Margen“ oder „Aufschläge“ dargestellt. Margen werden auch bei Branchenvergleichen von Verrechnungspreisen verwendet. |
(275) |
Bei der Berechnung von Verrechnungspreisen können Bruttomargen als Bruttogewinne geteilt durch die Umsätze (oder Selbstkosten) und Nettomargen als Betriebsgewinn geteilt durch die Umsätze (oder Gesamtkosten, d. h. Summe der Selbstkosten und der Betriebskosten) ermittelt werden, insbesondere wenn von der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode ausgegangen wird. Bei Anwendung der „Nettomargenmethode“ steht im Zähler des Gewinnindikators daher der Betriebsgewinn. |
3. GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS
(276) |
In ihrem Einleitungsbeschluss (312) hat die Kommission erklärt, dass sie ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit des angefochtenen Steuervorbescheids mit dem Binnenmarkt hatte. Insbesondere äußerte sie ernsthafte Zweifel daran, dass die durch den angefochtenen Steuervorbescheid gebilligte Verrechnungspreisvereinbarung zu einer fremdvergleichskonformen Lizenzgebühr für LuxSCS und zu einer fremdvergleichskonformen Vergütung für LuxOpCo führte. |
(277) |
Erstens beanstandete die Kommission, dass der angefochtene Steuervorbescheid offenbar erteilt worden war, ohne dass ein Verrechnungspreisbericht vorlag. Ferner stellte die Kommission fest, dass der Vorbescheid innerhalb von elf Arbeitstagen nach Eingang des ersten Schreibens erteilt wurde, mit dem der Vorbescheid beantragt wurde. |
(278) |
Zweitens beanstandete die Kommission, dass die im Steuervorbescheid gebilligte Verrechnungspreisvereinbarung offenbar nicht auf einer der in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien beschriebenen und allgemein anerkannten Verrechnungspreismethoden beruhte. |
(279) |
Drittens beanstandete die Kommission, dass die im angefochtenen Steuervorbescheid gebilligte Lizenzgebühr entgegen der Empfehlungen in Ziffer 6.16 der OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 1995 und 2010 nicht auf der Produktion, dem Umsatz oder dem Gewinn beruhte. Vielmehr war die Lizenzgebühr als Restgewinn aus konzerninternen Geschäftsvorfällen von LuxOpCo berechnet worden; dieser Restgewinn wurde ermittelt, indem ein den Funktionen von LuxOpCo zuzuschreibender regelmäßiger Ertrag vom tatsächlich verbuchten Gewinn von LuxOpCo abgezogen wurde. |
(280) |
Viertens hatte die Kommission Zweifel daran, ob zutreffenderweise angenommen werden könne, dass LuxOpCo weniger komplexe Funktionen als LuxSCS ausübte. Nach der Beschreibung der von LuxOpCo übernommenen Funktionen und Risiken schienen diese Funktionen und Risiken sogar komplexer zu sein als bei LuxSCS. Die spezifischen Funktionen in Verbindung mit den immateriellen Wirtschaftsgütern, für die LuxSCS angeblich eine Vergütung erhält, wurden weder im Antrag auf einen Steuervorbescheid noch im angefochtenen Steuervorbescheid der Luxemburger Steuerbehörde erläutert. Zudem wurde im Antrag auf einen Steuervorbescheid erklärt, dass LuxSCS sämtliche Risiken in Verbindung mit dem Eigentum an diesem geistigen Eigentum trage; die von LuxSCS als Inhaber der immateriellen Wirtschaftsgüter zu übernehmenden Risiken wurden jedoch nicht spezifiziert; dies gilt insbesondere angesichts der von LuxOpCo übernommenen unternehmerischen Risiken. |
(281) |
Fünftens betrachtete die Kommission die mit dem angefochtenen Steuervorbescheid gebilligte Vergütung der von LuxOpCo ausgeübten Funktionen mit einem Aufschlag von [4-6] % als verhältnismäßig gering, insbesondere angesichts der Tatsache, dass als Funktionen von LuxOpCo u. a. zentrale und strategische unternehmerische Entscheidungen beschrieben wurden, während das Geschäftsrisiko des gesamten europäischen Markts auf LuxOpCo konzentriert wurde. Außerdem wurde die Anwendung einer Unter- und einer Obergrenze (313) für die Ermittlung einer fremdvergleichskonformen Vergütung für LuxOpCo nicht erläutert, mit der die auf den Betriebskosten beruhende Verrechnungspreisvereinbarung faktisch übergangen wurde. Und schließlich zweifelte die Kommission daran, ob die Wahl einer indirekten Verrechnungspreismethode zur Ermittlung der Vergütung von LuxOpCo gerechtfertigt war. |
(282) |
Sechstens stellte die Kommission fest, dass der angefochtene Steuervorbescheid im Jahr 2003 erteilt wurde und offenbar auch 2014 noch galt. Die Kommission brachte Zweifel daran zum Ausdruck, ob es angemessen sei, die im Vorbescheid anerkannte Vergütung mehr als zehn Jahre später ohne jegliche Überprüfung oder Meldepflicht gegenüber der Behörde im Falle einer zwischenzeitlichen Änderung wesentlicher Sachverhalte immer noch als fremdvergleichskonform zu betrachten. |
(283) |
Angesichts dieser Bedenken gelangte die Kommission zu dem vorläufigen Schluss, dass der angefochtene Steuervorbescheid Amazon einen selektiven Vorteil insoweit verlieh, als er zu einer Lizenzgebühr für LuxSCS und einer Vergütung für LuxOpCo führte, die mit dem Fremdvergleichsgrundsatz nicht vereinbar waren. Da alle übrigen Bedingungen von Artikel 107 Absatz 1 AEUV offenbar erfüllt waren und da offenbar keine Grundlage für eine Vereinbarkeit nach Artikel 107 Absätze 2 oder 3 AEUV gegeben war, gelangte die Kommission zu dem vorläufigen Ergebnis, dass der angefochtene Steuervorbescheid als mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe anzusehen sei. |
4. STELLUNGNAHMEN VON LUXEMBURG
(284) |
Luxemburg nahm hinsichtlich des Einleitungsbeschlusses erstens zu mutmaßlichen Verfahrensmängeln bei der vorläufigen Untersuchung der Kommission, zweitens zu mutmaßlichen Rechtsfehlern im Einleitungsbeschluss und drittens zu den Bedenken Stellung, die die Kommission im Einleitungsbeschluss zum Ausdruck gebracht hatte. |
4.1. STELLUNGNAHME LUXEMBURGS ZU MUTMAẞLICHEN VERFAHRENSMÄNGELN
(285) |
Luxemburg zufolge wurde der Einleitungsbeschluss äußerst kurzfristig und auf der Grundlage unzureichender Informationen getroffen. Die Kommission habe ihre Möglichkeiten zur Sammlung der zur Bewertung der Maßnahme in der vorläufigen Untersuchung erforderlichen Informationen nicht ausgeschöpft. |
(286) |
Erstens argumentierte Luxemburg, die Kommission habe gegen die Grundsätze der loyalen Zusammenarbeit und der Unparteilichkeit verstoßen, insbesondere, als sie nicht auf die von Luxemburg mehrfach bekundete Bereitschaft zu einem Treffen reagiert habe, in dem Luxemburg sich zu den vorgelegten Informationen hätte äußern können, bevor die Kommission die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens beschloss. |
(287) |
Zweitens erklärte Luxemburg, die Kommission habe Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/1589 (314) weder dem Buchstaben noch dem Geist nach angewendet, nach dem die Kommission verpflichtet sei, ihr Auskunftsersuchen zu erneuern oder sogar eine Anordnung zur Auskunftserteilung zu erlassen, wenn sie die Antworten auf ihre Auskunftsersuchen als ungeeignet oder unvollständig bewerte. |
(288) |
Ferner verwies Luxemburg auf Artikel 5 Absatz 2 und Artikel 12 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2015/1589. Luxemburg erklärte, in dieser Sache seien kein Erinnerungsschreiben und keine Anordnung zur Auskunftserteilung an Luxemburg geschickt worden. |
4.2. STELLUNGNAHME LUXEMBURGS ZU MUTMAẞLICHEN RECHTSFEHLERN IM EINLEITUNGSBESCHLUSS
(289) |
Nach Auffassung Luxemburgs ist der Einleitungsbeschluss mit einigen Rechtsfehlern behaftet. |
(290) |
Erstens stelle der Beschluss einen Verstoß gegen die hoheitlichen Befugnisse Luxemburgs im Bereich der direkten Besteuerung dar. Insbesondere habe die Kommission ihre Befugnisse im Beihilfebereich überschritten, indem sie ihre eigene Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes entwickelt und zugrunde gelegt habe. Dadurch versuche die Kommission, unter Verstoß gegen die Artikel 113 und 115 AEUV latent, Vorschriften zur direkten Besteuerung zu harmonisieren; die Union könne materielles Steuerrecht jedoch nur durch einmütig angenommene legislative Maßnahmen harmonisieren. |
(291) |
Insbesondere verwies Luxemburg auf die besondere Art und die Komplexität von Verrechnungspreisen. Nach den OECD-Verrechnungspreisleitlinien benötigten die nationalen Steuerbehörden einen bestimmten Beurteilungsspielraum, um die Steuervorschriften im Einzelfall prüfen und entscheiden zu können, ob mit der angewendeten Verrechnungspreismethode ein angemessener Verrechnungspreis ermittelt werden könne. Damit nationale Steuerbehörden durch Steuervorschriften Rechtssicherheit gewährleisten könnten, benötigten sie den Beurteilungsspielraum, ohne sofort Gefahr zu laufen, dass ihre Einschätzung anschließend als mit unvereinbar mit den Beihilfevorschriften erklärt werde. Luxemburg sei bestätigt worden, dass seine Steuervorbescheidpraxis angemessen und mit dem Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung (315) und mit den OECD-Verrechnungspreisleitlinien (316) vereinbar sei. |
(292) |
Zweitens erklärte Luxemburg, die Präzedenzfälle, auf die sich die Kommission im Einleitungsbeschluss berufen habe, seien insoweit anders zu beurteilen als der angefochtene Steuervorbescheid, als sie Regelungen mit Elementen beträfen, die unabhängig von den individuellen Gegebenheiten der einzelnen Steuerpflichtigen mit Vorteilen verbunden wären. Die Vorteile aufgrund dieser Regelungen stünden nur einer beschränkten Gruppe von Unternehmen offen, der angefochtene Steuervorbescheid hingegen betreffe nicht das gesamte Steuersystem, sondern nur seine Anwendung auf den Einzelfall Amazon. |
(293) |
Drittens erläuterte Luxemburg, im Einleitungsbeschluss fehle eine Selektivitätsanalyse und insbesondere seien das Referenzsteuersystem bzw. die Referenzgruppe von Steuerpflichtigen nicht bestimmt worden, mit denen die steuerliche Behandlung von Amazon verglichen werden sollte. Daher sei für Amazon keine abweichende Regelung von dem Referenzsteuersystem getroffen worden und kein Vorteil festzustellen. |
(294) |
Als richtigen Referenzrahmen betrachtete Luxemburg das nationale Steuerrecht, insbesondere Artikel 164 Absatz 3 und Artikel 18 LIR. In Artikel 164 Absatz 3 LIR werde nicht ausdrücklich auf die OECD-Verrechnungspreisleitlinien verwiesen; die Luxemburger Verrechnungspreisvorschriften und -praktiken entsprächen jedoch diesen Leitlinien. Luxemburg zufolge sollen nationale Verrechnungspreisvorschriften gewährleisten, dass Unternehmensgruppen und unabhängige Unternehmen gleich behandelt werden. Luxemburg erläuterte ferner, dass weder in Artikel 18 noch in Artikel 164 Absatz 3 LIR zwischen internationalen und nationalen Geschäftsvorfällen oder zwischen multinationalen und inländischen Konzernen unterschieden werde. Der angefochtene Steuervorbescheid sei vor dem Hintergrund des geltenden einschlägigen Rechtsrahmens und in Anbetracht der vorherrschenden wirtschaftlichen Gegebenheiten bei Erteilung des Steuervorbescheids (d. h. im Jahr 2003) zu bewerten (317). Im Jahr 2003 habe es die OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 2010 noch nicht gegeben, und im Luxemburger Recht sei nicht auf die OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 1995 verwiesen worden. |
(295) |
Viertens habe die Kommission keine Kategorie von Unternehmen benannt, denen die Maßnahme zugutegekommen wäre. Unter Bezugnahme auf die Sache Autogrill (318) erklärte Luxemburg, dass zur Feststellung einer Selektivität eine Kategorie von Unternehmen bestimmt werden müsse, die als einzige durch die in Rede stehende Maßnahme begünstigt würden. Hinsichtlich der Referenzgruppe von Steuerpflichtigen vertrat Luxemburg die Auffassung, dass sich ausschließlich Steuerpflichtige, die den Verrechnungspreisvorschriften und der luxemburgischen Steuervorbescheidpraxis unterlägen, in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befänden. |
4.3. STELLUNGNAHME LUXEMBURGS ZU DEN IM EINLEITUNGSBESCHLUSS GEÄUẞERTEN ZWEIFELN
(296) |
Außerdem nahm Luxemburg speziell zu den Zweifeln Stellung, die die Kommission im Einleitungsbeschluss hinsichtlich der Fremdvergleichskonformität des angefochtenen Steuervorbescheids geäußert hatte. |
(297) |
Zu den Bedenken der Kommission, dass der angefochtene Steuervorbescheid innerhalb eines Zeitraums von nur elf Arbeitstagen erteilt worden sei, erklärte Luxemburg, der Prozess habe erheblich länger gedauert und sei mit Treffen mit Vertretern von Amazon am 9. und 11. September 2003 sowie mit einer gründlichen Prüfung der angewandten Methode, der Schreiben von Amazon vom 23. und 31. Oktober 2003 und des von der Steuerberatungsgesellschaft von Amazon übermittelten Verrechnungspreisberichts einhergegangen. |
(298) |
Zweitens bezeichnete Luxemburg die Bedenken der Kommission, dass der angefochtene Steuervorbescheid ohne die erforderliche wirtschaftliche Analyse erteilt worden sei, als unbegründet. Zur Untermauerung der im Antrag auf einen Steuervorbescheid beschriebenen Verrechnungspreisvereinbarung sei ein Verrechnungspreisbericht erstellt worden. Dieser Bericht enthalte Standardelemente wie eine Funktionsanalyse beider Parteien des Geschäftsvorfalls (LuxOpCo und LuxSCS), eine Beschreibung des zugrunde liegenden Geschäftsvorfalls und des relevanten geistigen Eigentums, Angaben zur Auswahl der Verrechnungspreismethoden und eine Bewertung des Fremdvergleichspreises. |
(299) |
Zum Zeitpunkt der Genehmigung des angefochtenen Steuervorbescheids im Jahr 2003 seien die Tätigkeiten von Amazon neu gewesen und hätten sich rasch ausgeweitet; langfristige Investitionen seien dabei eindeutig als wichtiger bewertet worden als die kurzfristige Rentabilität. Im Jahr 2003 habe Amazon einen Verlust verzeichnet, und für die unmittelbare Zukunft seien weiterhin umfangreiche Investitionen von Amazon im Technologiebereich vorgesehen gewesen. Da der Online-Einzelhandel eine Tätigkeit mit geringen Margen und heftigem Wettbewerb sei, habe die Strategie von Amazon darin bestanden, sich durch technische Innovationen abzusetzen. Daher seien die immateriellen Wirtschaftsgüter als wesentliche wertvolle Ressource für die Tätigkeiten von Amazon betrachtet worden. Die für die Prozesse erforderliche Technologie sei hoch entwickelt und werde unter erheblichen Investitionen von LuxSCS ständig verbessert. |
(300) |
Nach der Funktionsanalyse im Verrechnungspreisbericht ist LuxSCS für die Erhaltung und die kontinuierliche Weiterentwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter zuständig. LuxOpCo verwaltet, betreibt und entwickelt das Einzelhandels- und das Dienstleistungsgeschäft über die EU-Websites unter Nutzung der von LuxSCS lizenzierten immateriellen Wirtschaftsgüter. Luxemburg zufolge war die wirtschaftliche Nutzungsdauer der immateriellen Wirtschaftsgüter begrenzt und erforderte ständige Verbesserungen und erhebliche Investitionen. LuxOpCo sei selbst nie Eigentümer immaterieller Wirtschaftsgüter gewesen und sei dies auch weiterhin nicht. Nach den Bestimmungen der Lizenzvereinbarung über Rechte des geistigen Eigentums werden von LuxOpCo abgeleitete immaterielle Wirtschaftsgüter rechtlich LuxSCS zugeschrieben und sind Eigentum von LuxSCS. |
(301) |
Luxemburg erklärte ferner, der angefochtene Steuervorbescheid billige eine Verrechnungspreisvereinbarung, bei der die Höhe der von LuxOpCo an LuxSCS zu zahlenden fremdvergleichskonformen Lizenzgebühr nach der TNMM ermittelt wurde. Die TNMM sei eine Verrechnungspreismethode, die den Luxemburger Verrechnungspreisvorschriften und der Luxemburger Verwaltungspraxis entspreche. Sie werde in Steuervorbescheiden in Luxemburg häufig angewendet und sei nach den OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 1995 angenommen worden. Dass die Luxemburger Steuerbehörde die TNMM angewendet habe, sei aus der im Verrechnungspreisbericht enthaltenen Funktionsanalyse ersichtlich: Die wichtigsten strategischen Elemente des Unternehmens, nämlich die schwer zu bewertenden immateriellen Wirtschaftsgüter, stünden im Eigentum von LuxSCS, das diese Elemente auch erhalte und entwickele. Außerdem erläutert Luxemburg, LuxOpCo habe nach der Lizenzvereinbarung nur beschränkte Rechte und Zuständigkeiten hinsichtlich der immateriellen Wirtschaftsgüter, und keinerlei Rechte des geistigen Eigentums stünden im Eigentum von LuxOpCo. Daher böten sich für LuxSCS wirtschaftliche Alternativen zur Nutzung der immateriellen Wirtschaftsgüter zur Schaffung eines florierenden Unternehmens; solche Alternativen bestünden für LuxOpCo nicht. Daher werde LuxOpCo als weniger komplexes Unternehmen als LuxSCS angesehen und sei berechtigterweise als untersuchte Partei ausgewählt worden. Darüber hinaus erklärte Luxemburg, da im Online-Einzelhandel nur geringe Margen erwirtschaftet würden, wäre die Entscheidung für andere Methoden für LuxOpCo möglicherweise mit einem hohen Verlustrisiko verbunden gewesen. Mit der gewählten TNMM sei für die Zukunft eine stabilere und dem Profil von LuxOpCo entsprechende Ertragssituation sichergestellt worden. Außerdem habe die Methode gewährleistet, dass sich die Ergebnisse von LuxOpCo entsprechend der Ausweitung seiner Tätigkeiten in Luxemburg und in der EU verbesserten; und schließlich habe die Methode die Berechenbarkeit der Vergütung von LuxOpCo sichergestellt. Mit anderen Methoden wären weniger verlässliche Ergebnisse ermittelt worden. Angesichts dieser Erwägungen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der angefochtene Steuervorbescheid eine Annahme des „niedrigstmöglichen Ergebnisses“ für LuxOpCo bedeutete. |
(302) |
Auf die von der Kommission im Einleitungsbeschluss geäußerten Zweifel, dass die von LuxOpCo an LuxSCS gezahlte Lizenzgebühr nicht auf die Produktion, die Umsätze oder den Gewinn bezogen sei, bekräftigte Luxemburg drittens, dass die Lizenzgebühr als Restgewinn berechnet worden sei. Luxemburg betrachtete ein solches Ergebnis jedoch als inhärent mit der Anwendung der TNMM verbunden und als konform mit der Funktions- und der Risikoanalyse. |
(303) |
Viertens erklärte Luxemburg, der tatsächliche Finanzertrag von LuxOpCo in jedem einzelnen Jahr des relevanten Zeitraums sei uneingeschränkt fremdvergleichskonform. Als fremdvergleichskonforme Vergütung für LuxOpCo sei der Interquartilbereich zwischen [2-2,5] % und [5-10] % mit einem Median von [4-4,5] % angesehen worden (wie in der vergleichenden Analyse im Verrechnungspreisbericht angegeben). |
(304) |
Fünftens bemerkte Luxemburg in Bezug auf die Relevanz der Ober- und der Untergrenze für die Vergütung von LuxOpCo, da Amazon im Jahr 2003 einen Verlust erwirtschaftet hätte und auch Unternehmen in der vergleichenden Analyse Verluste erzielten, habe der Mindestwert eine positive Vergütung gewährleistet, die sich mit der Ausweitung der Geschäftstätigkeit erhöhen würde. Die Ober- und die Untergrenze hätten LuxOpCo zudem zu einer effizienten Handhabung seiner Tätigkeiten motiviert. Ohne diese Ober- und Untergrenze hätte LuxOpCo zur Steigerung seines Ergebnisses nur die Kosten erhöhen können. Da die von LuxOpCo im Zeitraum 2006-2013 erwirtschaftete Marge durchschnittlich bei [3,5-4] % lag und sich in jedem Jahr innerhalb der Grenzen des Interquartilbereichs bewegte, war Luxemburg der Auffassung, dass die Unter- und die Obergrenze tatsächlich und praktisch keine Auswirkungen hätten. |
(305) |
Darüber hinaus erklärte Luxemburg, die Steuerbemessungsgrundlage sei nicht begrenzt worden und habe sich entsprechend der Expansion und den Investitionen von Amazon in der EU erhöht. Die Vergütungsmarge sei nicht nur für die Betriebskosten von LuxOpCo in Luxemburg, sondern für sämtliche Betriebskosten von LuxOpCo angenommen worden. Insoweit sei die Anwendung der Marge nicht auf die von LuxOpCo zu tragenden Betriebskosten in Luxemburg beschränkt gewesen; vielmehr seien auch die Betriebskosten anderer Tochtergesellschaften in der EU berücksichtigt worden, die LuxOpCo später in Rechnung gestellt wurden. Wenn die LuxOpCo zugeflossene Vergütung ausschließlich bezogen auf die Betriebskosten des Unternehmens in Luxemburg berechnet worden wären, hätte sich eine durchschnittliche Marge von [10-15] % ergeben. Tabelle 18 enthält die von Luxemburg zur Untermauerung dieser Begründung übermittelten Zahlen. Tabelle 18 Zu versteuernder Gewinn von LuxOpCo bezogen (a) auf die Betriebskosten von LuxOpCo in Luxemburg (ohne Kosten, die LuxOpCo von den Tochtergesellschaften in der EU in Rechnung gestellt wurden) und (b) auf die Betriebskosten von LuxOpCo einschließlich der von Tochtergesellschaften in der EU in Rechnung gestellten Kosten
|
(306) |
Sechstens teilte Luxemburg hinsichtlich der Dauer der Gültigkeit des angefochtenen Steuervorbescheids mit, dass der Vorbescheid ursprünglich für fünf Rechnungslegungsperioden ab der Aufnahme der Tätigkeiten von Amazon in Luxemburg gelten sollte (die tatsächliche Aufnahme der Geschäftstätigkeit erfolgte im Jahr 2006) (319). Daher habe der angefochtene Steuervorbescheid anfänglich bis 2011 gegolten. Nach der damaligen luxemburgischen Verwaltungspraxis seien Bescheide im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen im Allgemeinen nur bei erheblichen Änderungen des Tätigkeitsmodells oder der Marktbedingungen geändert worden. Bis 2011 seien die Geschäftstätigkeiten und das Tätigkeitsmodell gleich geblieben; daher sei die Verrechnungspreisvereinbarung noch als angemessen angesehen und der angefochtene Steuervorbescheid 2011 um weitere fünf Jahre verlängert worden. Außerdem sei die Vergütung für vergleichbare Tätigkeiten (Online-Einzelhandel) nach der Wirtschaftskrise von 2008 erheblich unter Druck geraten und die Margen von Amazon seien weiter zurückgegangen. In diesem Zusammenhang sei Luxemburg der Auffassung gewesen, dass eine Änderung der Verrechnungspreisvereinbarung eine Verringerung der Vergütung für LuxOpCo zur Folge hätte haben können. |
4.4. STELLUNGNAHMEN LUXEMBURGS ZU DEN M.COM-VEREINBARUNGEN, DEN KONZERNINTERNEN LIZENZVEREINBARUNGEN, DEN LIZENZVEREINBARUNGEN ÜBER RECHTE DES GEISTIGEN EIGENTUMS UND ZU SONSTIGEN ANGABEN
(307) |
Luxemburg übermittelte seine Stellungnahmen zu den M.com-Vereinbarungen, den konzerninternen Lizenzvereinbarungen, den Lizenzvereinbarungen zwischen Unternehmen der Amazon-Gruppe und Dritten über Rechte des geistigen Eigentums und zu sonstigen internen Angaben zu finanziellen und rechtlichen Aspekten von LuxOpCo, LuxSCS, AMEU und ASE (beispielsweise externe Bewertungsberichte oder Verrechnungspreisberichte über Geschäftsvorfälle zum Erwerb geistigen Eigentums und Protokolle von Vorstandssitzungen und Hauptversammlungen der Anteilseigner von LuxOpCo). |
(308) |
Die Verrechnungspreisvorschriften Luxemburgs gelten nach Auskunft von Luxemburg für alle Unternehmensgruppen (nationale und internationale); daher sei Amazon nicht vorteilhafter behandelt worden als andere Gruppen, denn Luxemburg wende seine Verrechnungspreisvorschriften einheitlich an. |
(309) |
Luxemburg zog die Relevanz der M.com-Vereinbarungen für die in Rede stehende Sache in Zweifel. Mit Ausnahme der Zielvereinbarung seien diese Vereinbarungen nach der Erteilung des Luxemburger Steuervorbescheids getroffen worden. Nach der Überprüfung der M.com-Vereinbarungen erklärte Luxemburg, es teile die Auffassung von Amazon, dass die M.com-Vereinbarungen ein Geschäftsmodell widerspiegelten, das sich von dem für die Beziehung zwischen LuxSCS und LuxOpCo eingerichteten Modell unterscheide. Daher könnten diese Vereinbarungen einschließlich der Vereinbarungen zwischen Amazon und Borders, Circuit City, Target, ToysRUs und Waterstones für die Zwecke einer Analyse nach der CUP-Methode nicht herangezogen werden. |
(310) |
Außerdem erläuterte Luxemburg, dass auch die konzerninternen Vereinbarungen von Amazon für eine Analyse nach der CUP-Methode nicht geeignet seien, da diese Vereinbarungen per definitionem keine Fremdgeschäftsvorfälle seien. |
4.5. STELLUNGNAHME LUXEMBURGS ZU DEN VON AMAZON VORGELEGTEN UNTERLAGEN ZUM VERFAHREN VOR DEM US TAX COURT
(311) |
Am 6. Juli 2017 übermittelte Luxemburg seine Stellungnahme zu den Vorbringen, die Amazon der Kommission in Bezug auf Unterlagen übermittelt hatte, die für die Rechtsstreitigkeit vor dem US Tax Court erstellt und dort verwendet worden waren. |
(312) |
In seiner Stellungnahme schloss sich Luxemburg den Darlegungen und Schlussfolgerungen von Amazon an und betonte, dass sich der Eintritt in die Nutzung der Vermögenswerte von LuxSCS ausschließlich auf die eigentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter beziehe und alle sonstigen Vermögenswerte, Funktionen und Risiken in Verbindung mit der Geschäftstätigkeit von Amazon nicht betreffe. |
(313) |
Luxemburg zufolge ergab die Analyse des US Tax Court, dass ein Anteil von [4,5-5] % des Bruttowarenverkaufs als angemessener fremdvergleichskonformer Prozentsatz der Lizenzgebühr für die zur Durchführung des Europageschäfts von Amazon genutzten immateriellen Wirtschaftsgüter zu betrachten sei und dass dieser Prozentsatz auf den Richtwerten mit der höchsten Relevanz beruhe. |
(314) |
LuxSCS habe Lizenzgebühren von LuxOpCo im Umfang von [3-3,5] % des Bruttowarenverkaufs erhalten; diese Lizenzgebühren hätten somit unter der vom US Tax Court ermittelten fremdvergleichskonformen Lizenzgebühr gelegen. Bei Annahme der Lizenzgebühr des US Tax Court würde LuxOpCo LuxSCS daher Lizenzgebühren schulden und damit sein steuerpflichtiges Einkommen in Luxemburg verringern. |
(315) |
Daher vertritt Luxemburg die Auffassung, dass entgegen der Darstellung der Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss die Steuerbemessungsgrundlage von LuxOpCo nicht ungerechtfertigt verringert wurde; aus diesem Grund sei LuxOpCo mit dem angefochtenen Steuervorbescheid kein selektiver Vorteil gewährt worden. |
5. STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN
5.1. STELLUNGNAHMEN VON AMAZON
5.1.1. STELLUNGNAHME VON AMAZON ZU MUTMAẞLICHEN RECHTSFEHLERN
(316) |
Amazon erklärte, die Kommission habe im Einleitungsbeschluss den Referenzrahmen nicht ordnungsgemäß ermittelt und die Selektivität der Maßnahme nicht nachgewiesen. Der angefochtene Steuervorbescheid hätte anhand einer spezifischen nationalen Rechtsvorschrift und/oder Verwaltungspraxis und nicht einfach anhand des Steuersystems insgesamt geprüft werden müssen (320). Ein angemessener Referenzrahmen für die Bewertung des angefochtenen Steuervorbescheids sei daher der Fremdvergleichsgrundsatz nach Artikel 164 Absatz 3 und Artikel 18 LIR in Verbindung mit der einschlägigen Verwaltungspraxis bei der Anwendung der in Rede stehenden Vorschriften (321). |
(317) |
Amazon zufolge wären beihilferechtliche Bedenken nur dann angebracht, wenn der angefochtene Steuervorbescheid von der normalen Auslegung und Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes in Luxemburg abweichen würde. Aufgrund der Datenbank LuxLeaks habe das Internationale Netzwerk investigativer Journalisten (International Consortium of Investigative Journalists, im Folgenden „ICIJ“) festgestellt, dass die Anwendung der Methode der Restgewinnaufteilung weithin üblich sei; dies zeige, dass der angefochtene Steuervorbescheid nicht als Abweichung von der Verwaltungspraxis der Luxemburger Steuerbehörde zu betrachten sei (322). |
(318) |
Außerdem erklärte Amazon, die Kommission habe die Selektivität der Maßnahme nicht angewiesen, und verwies auf die Fälle, bei denen Merkmale nicht selektiver Maßnahmen beschrieben worden seien (323). |
5.1.2. STELLUNGNAHME VON AMAZON ZU DEN IM EINLEITUNGSBESCHLUSS GEÄUẞERTEN ZWEIFELN
(319) |
Die Stellungnahme von Amazon zu den im Einleitungsbeschluss geäußerten Zweifeln decken sich weitgehend mit der Stellungnahme Luxemburgs insoweit, als auch Amazon erklärte, dem Antrag auf einen Steuervorbescheid sei ein Verrechnungspreisbericht beigefügt gewesen, und dieser Antrag sei gründlich geprüft worden. |
(320) |
Außerdem trug Amazon vor, dass die ausgewählte Verrechnungspreismethode (die Methode der Restgewinnaufteilung) nicht nur mit den OECD-Verrechnungspreisleitlinien, sondern auch mit den Verrechnungspreisvorschriften und der Verwaltungspraxis Luxemburgs in Einklang stehe (324). Die immateriellen Wirtschaftsgüter, die LuxSCS LuxOpCo nach der Lizenzvereinbarung zur Verfügung stelle, umfassten das gesamte geistige Eigentum sowie die Eigentumsrechte und alle sonstigen immateriellen Wirtschaftsgüter, die nach Maßgabe einer Vereinbarung mit Unternehmen, die mit Amazon verbunden waren, im Eigentum von LuxSCS standen oder von LuxSCS entwickelt wurden, oder für die mit Amazon verbundene Unternehmen oder in sonstiger Weise mit LuxSCS in Verbindung stehende Unternehmen Lizenzen erteilt hatten (325). Amazon erläuterte die Rolle von LuxSCS im Vergleich zur Rolle von LuxOpCo und erklärte, da LuxOpCo ein aktiv tätiges Unternehmen sei, in dessen Eigentum keine einzigartigen Ressourcen stünden (während LuxSCS Eigentümer einzigartiger und schwer zu bewertender wichtiger Wertschöpfungsfaktoren sei und diese erhalte und entwickele), sei LuxOpCo in dieser Beziehung das am wenigsten komplexe Unternehmen. Nach der Methode der Restgewinnaufteilung werde daher anhand der TNMM in einem ersten Schritt der Ertrag der nicht einzigartigen Beiträge von LuxOpCo ermittelt, das als „untersuchte Partei“ ausgewählt worden sei. Der Restgewinn werde anschließend entsprechend der Tatsache, dass dieser Beitrag wesentlich für das Europageschäft sei, vollständig LuxSCS zugerechnet (326). |
(321) |
Die Beiträge von LuxSCS, für die LuxSCS nach der durch den angefochtenen Steuervorbescheid gebilligten Verrechnungspreisvereinbarung eine Vergütung erhalte, erschöpften sich nicht in der Erteilung der Unterlizenz für immaterielle Wirtschaftsgüter, sondern umfassten auch die Übernahme von Risiken in Verbindung mit der Geschäftstätigkeit von LuxOpCo (327). Durch das Eigentum an den immateriellen Wirtschaftsgütern und durch die Finanzierung ihrer Entwicklung habe LuxSCS erhebliche Risiken übernommen, da es nach der CSA zu Zahlungen verpflichtet gewesen sei. Das Risiko von LuxSCS habe auf der inhärent mit der Finanzierung von FuE-Maßnahmen verbundenen Unsicherheit beruht. Wenn die FuE-Maßnahmen nicht zur erfolgreichen Verwertung immaterieller Wirtschaftsgüter geführt hätten, wären den Parteien der CSA erhebliche Verluste entstanden. LuxSCS könne die mit den immateriellen Wirtschaftsgütern verbundenen Geschäftsrisiken kontrollieren, da LuxSCS seine Kontrolle über die immateriellen Wirtschaftsgüter und deren Entwicklung über seine Beteiligung an der CSA ausübe bzw. vorantreibe. Daher brauche LuxSCS keine eigenen Mitarbeiter zu beschäftigen. Wenn LuxOpCo Verluste entstehen würden, könnten einem anderen Unternehmen Lizenzen für die immateriellen Wirtschaftsgüter erteilt werden; insoweit liege die Kontrolle über die Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter tatsächlich bei LuxSCS. Und schließlich verfüge LuxSCS als Eigentümer immaterieller Wirtschaftsgüter von hohem Wert über die finanziellen Möglichkeiten, gegebenenfalls auch eintretende Risiken zu bewältigen. Zudem könne sich LuxSCS auf den Cashflow der zu erwartenden Lizenzeinnahmen zur Finanzierung künftiger Investitionen zur Erhaltung und Weiterentwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter stützen. |
(322) |
Außerdem erläuterte Amazon, die Anwendung der CUP-Methode zur Ermittlung einer festen Lizenzgebühr hätte zu eher volatilen Ergebnissen geführt und das Verlustrisiko für LuxOpCo erhöht; daher sei von der Anwendung dieser Methode abgesehen worden. Auf jeden Fall müsse die Luxemburger Steuerbehörde die Verrechnungspreisanalyse aufgrund der vom Steuerpflichtigen gewählten Methode beginnen. |
(323) |
Amazon wies darauf hin, dass jede beliebige Verrechnungspreismethode zu einer ganzen Reihe von Zahlen führe, die alle gleich verlässlich seien. Die Ermittlung von Verrechnungspreisen sei keine exakte Wissenschaft, und jede Verrechnungspreisanalyse werde zwangsläufig eine fremdvergleichskonforme Bandbreite an Ergebnissen und eine Schlussfolgerung bezüglich eines Fremdvergleichspreises, nicht aber den Fremdvergleichspreis ergeben. Zudem erklärte Amazon im Zusammenhang mit den OECD-Verrechnungspreisleitlinien, dass bei der Ermittlung eines Verrechnungspreises eine Beurteilung vorgenommen werden müsse. Daher sei ein bestimmter Beurteilungsspielraum wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren des Körperschaftsteuersystems. |
(324) |
Amazon übermittelte eine im Jahr 2014 von Amazon in Auftrag gegebene Ex-post-Untersuchung zu Managementdienstleistungen, in der europäische Unternehmen verglichen werden, die dem konzerninternen Managementdienst von Amazon vergleichbare Tätigkeiten ausüben (im Folgenden „Untersuchung von 2014“) (328). In der Untersuchung von 2014 wurde nach vergleichbaren Unternehmen gesucht, bei denen allgemein festgestellt wurde, dass sie Tätigkeiten von Unternehmenszentralen sowie Beratungsleistungen im Managementbereich ausüben. Eine Suche nach vergleichbaren Unternehmen in der Amadeus-Datenbank gefiltert nach geografischen Regionen (329), Unabhängigkeit der Unternehmen, unangemessenen Finanzdaten und Suchbegriffen zur Unternehmensbeschreibung (330) führte zu elf Unternehmen (331), die die Steuerberatungsgesellschaft als LuxOpCo hinreichend vergleichbar betrachtete. Die Analyse der Finanzdaten der ausgewählten Unternehmen in den Jahren 2010-2012 ergab für den Gewinnindikator (definiert als Betriebsergebnis (332) geteilt durch die Gesamtkosten) den Interquartilbereich 1,8-12,0 % bei einem Median von 7,0 %. Nach Auffassung von Amazon bestätigt die Untersuchung von 2014 die Fremdvergleichskonformität der im angefochtenen Steuervorbescheid gebilligten Vergütung von LuxOpCo, da der Aufschlag für LuxOpCo als Prozentanteil der ausschließlich in Luxemburg entstandenen Betriebskosten während des gesamten relevanten Zeitraums in diesem Bereich gelegen habe (333). |
(325) |
Amazon verteidigte auch die Gültigkeitsdauer des angefochtenen Steuervorbescheids. Um die Begründung zu untermauern, dass die Überprüfung des Vorbescheids nach der Finanzkrise von 2008 wahrscheinlich zu einer Senkung der Vergütung für LuxOpCo geführt hätte, übermittelte Amazon einen nachträglichen Verrechnungspreisbericht, den es 2012 in Auftrag gegeben hatte (im Folgenden „nachträglicher Verrechnungspreisbericht von 2012“) (334) und in dem die Finanzergebnisse von Unternehmen dargestellt wurden, die bei der im Verrechnungspreisbericht beschriebenen Suche nach vergleichbaren Unternehmen zugrunde gelegt wurden. Von der im Verrechnungspreisbericht berücksichtigten ursprünglichen Gruppe vergleichbarer Unternehmen bestanden drei Unternehmen später nicht mehr, und weitere drei Unternehmen wurden nicht als vergleichbar betrachtet bzw. für diese Unternehmen lagen keine hinreichenden Daten vor. Zwei neue Gruppen von Unternehmen wurden zusammengestellt: eine aufgrund von Daten aus dem Zeitraum 2004-2006 und eine weitere anhand von Daten aus dem Zeitraum 2008-2010. Die für die einzelnen Finanzjahre durchgeführte Analyse ergab für das untere Quartil der Kostenrendite (definiert als Betriebsgewinn bezogen auf die Gesamtkosten) den Bereich von 1,1-4,2 %, einen Median zwischen 3,1 und 5,5 % und ein oberes Quartil zwischen 4,6 und 8,5 %. Aufgrund dieser Ergebnisse betrachtete Amazon die Vergütung von LuxOpCo während des gesamten relevanten Zeitraums als innerhalb der fremdvergleichskonformen Bandbreite liegend. |
(326) |
Und schließlich erklärte Amazon, selbst wenn die Kommission zu dem Schluss gelangen würde, dass der angefochtene Steuervorbescheid als Beihilfe anzusehen sei, bestünde keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung der mutmaßlichen Beihilfe von Amazon. Erstens würde eine Rückforderung Amazon zufolge eine Ungleichbehandlung bedeuten, da Amazon das einzige Unternehmen wäre, das eine mutmaßlich illegale Beihilfe zurückzahlen würde, obwohl nach den Luxemburger Steuervorschriften zahlreiche Steuerpflichtige dann in gleicher Weise behandelt werden müssten. Zweitens habe Amazon berechtigterweise von der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuervorbescheids ausgehen und sich darauf stützen können. Insbesondere habe Amazon nicht vorhersehen können, dass die Kommission den angefochtenen Steuervorbescheid nach einem bislang noch nicht angewendeten neuen Ansatz (335) als staatliche Beihilfe ansehen würde. Und schließlich stellt Amazon fest, dass die zehnjährige Verjährungsfrist seit Gewährung der mutmaßlichen Beihilfe inzwischen verstrichen sei. Der angefochtene Steuervorbescheid sei eine Einzelmaßnahme. Daher sei der Zeitpunkt der Annahme des rechtsverbindlichen Akts, mit dem sich die nationalen Behörden zur Gewährung der Beihilfe verpflichteten, maßgeblich für die Ermittlung des Zeitpunkts der Gewährung. Nach Auffassung von Amazon wurde der angefochtene Steuervorbescheid am 6. November 2003 erteilt, und da zwischen dem Datum der Erteilung und dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission ihr erstes Auskunftsversuchen verschickt habe, (am 24. Juni 2014) mehr als zehn Jahre lägen, könne die Kommission keine Rückforderung mehr anordnen. |
5.2. EPICENTER
(327) |
EPICENTER (336) vertrat die Auffassung, dass der bei der Verrechnungspreisgestaltung inhärent bestehende angemessene Beurteilungsspielraum im Einleitungsbeschluss nicht berücksichtigt wurde. Die Kommission habe ihre rechtlichen Befugnisse in direkten Steuerangelegenheiten überschritten und sei unter Anwendung der Beihilfevorschriften gegen schädlichen Steuerwettbewerb vorgegangen. Insoweit untergrabe sie die dringend benötigte rechtliche und regulatorische Sicherheit. EPICENTER zufolge sollte die Funktion der Kommission weniger darin bestehen, einen bevorzugten Ansatz vorzuschreiben, als vielmehr, sicherzustellen, dass einzelne Steuervorbescheide im Einklang mit den maßgeblichen Leitlinien der OECD oder mit nationalen Leitlinien stehen. Maßstab für die Bewertung des Umfangs der Selektivität einer Vereinbarung seien daher die in den jeweiligen Mitgliedstaaten anzuwendenden allgemeinen Rechtsvorschriften. |
5.3. COMPUTER AND COMMUNICATIONS INDUSTRY ASSOCIATION
(328) |
Die CCIA (Computer and Communications Industry Association) setzt sich für eine wirksame Beihilfenkontrolle ein; bei den laufenden Untersuchungen sieht sie jedoch einen Schwerpunkt auf angestrebten politischen Zielen. Die Anwendung von Beihilfevorschriften in dieser Sache führe zu rechtlicher und wirtschaftlicher Unsicherheit in Europa. Die CCIA brachte ihre Besorgnis über die Anwendung der Prüfung nach dem Grundsatz des umsichtigen unabhängigen Wirtschaftsteilnehmers zum Ausdruck und forderte nachdrücklich die strikte Anwendung der nationalen Verrechnungspreisvorschriften als Maßstab für die Bewertung einer Selektivität. Außerdem führe die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes üblicherweise zu einer fremdvergleichskonformen Bandbreite und nicht zu einem einzelnen fremdvergleichskonformen Preis. |
5.4. ATOZ
(329) |
Das Hauptargument von ATOZ bezieht sich auf die Rechtsgrundlage der Bewertung durch die Kommission. Das luxemburgische Steuerrecht habe keine Bestimmung enthalten, nach der bei Genehmigung des Steuervorbescheids die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes vorgeschrieben gewesen sei. Daher sei die Annahme nicht angemessen, dass die OECD-Verrechnungspreisleitlinien damals Bestandteil der Luxemburger Rechtsvorschriften gewesen wären. Der Ansatz der Kommission werde unter anderem zu Rechtsunsicherheit bei multinationalen Konzernen führen. |
5.5. FEDIL
(330) |
Nach Auffassung von Fedil können Beihilfeprüfungen die Rechtssicherheit untergraben, die Steuervorschriften den Steuerpflichtigen bieten sollen. Die Bewertung der Maßnahme sollte auf den damals geltenden Luxemburger Rechtsvorschriften und der damaligen Verwaltungspraxis beruhen, und weder in den Luxemburger Rechtsvorschriften noch in der Verwaltungspraxis sei damals Bezug auf die OECD-Verrechnungspreisleitlinien genommen worden. Die Kommission gehe davon aus, dass es bei der Ermittlung von Verrechnungspreisen nur eine einzige Wahrheit gebe; dies mache es Unternehmen unmöglich, sich im Vorfeld Rechtssicherheit zu verschaffen. |
5.6. OXFAM
(331) |
Oxfam befürwortete die Ermittlungen der Kommission und sprach sich auch angesichts der Tatsache, dass die Kommission wohl eher als nationale Stellen in der Lage sei, die Steuervorbescheidpraxis der Mitgliedstaaten strukturell zu bewerten, für eine Ausweitung der Ermittlungskapazität der Kommission aus. Die Organisation ersuchte die Kommission, sicherzustellen, dass bei Feststellung der Gewährung selektiver geeignete Sanktionen auferlegt und sichergestellt wird, dass schädliche Steuerpraktiken schnell unterbunden werden. |
5.7. BOOKSELLERS ASSOCIATION OF THE UNITED KINGDOM & IRELAND LTD.
(332) |
Der Booksellers Association of the United Kingdom & Ireland Ltd. (BA) zufolge begründen die steuerlichen Vereinbarungen zwischen Amazon und Luxemburg einen unlauteren Vorteil, der unabhängigen Buchhändlern im Vereinigten Königreich nicht gewährt werde. Indem der gesamte in Europa erzielte Umsatz über den Unternehmenssitz in Luxemburg geleitet werde, habe Amazon sowohl hinsichtlich der Umsatzsteuer als auch bezüglich der Körperschaftsteuer eine erheblich geringere Belastung. Daher ersucht BA die Kommission nachdrücklich, gegen derartige steuerliche Vereinbarungen vorzugehen, die den Wettbewerb verfälschten. |
5.8. EUROPEAN AND INTERNATIONAL BOOKSELLER FEDERATION, SYNDICAT DE LA LIBRAIRIE FRANÇAISE, FEDERATION OF EUROPEAN PUBLISHERS UND SYNDICAT DES DISTRIBUTEURS DE LOISIRS CULTURELS
(333) |
Die European and International Bookseller Federation (EIBF) spricht sich für gleiche Marktbedingungen für alle Buch-Einzelhändler aus und begrüßt daher die Untersuchung der steuerlichen Praktiken von Amazon durch die Kommission. Der Verband stehe für einen freien und offenen Markt im Interesse der Verbraucher. |
(334) |
Das Syndicat de la librairie française (SLF), die Federation of European Publishers (FEP) und das Syndicat des Distributeurs de Loisirs Culturels (SDLC) schlossen sich der Stellungnahme der EIBF zum Einleitungsbeschluss an. |
5.9. BUNDESARBEITSKAMMER
(335) |
Die österreichische Bundesarbeitskammer (BAK) unterstützt die Argumente des Einleitungsbeschlusses der Kommission und argumentiert, dass im Allgemeinen diese Arten von Vereinbarungen und Rechtsstrukturen das weltweite Steueraufkommen beeinträchtigten. |
6. VON UNTERNEHMEN X ÜBERMITTELTE INFORMATIONEN
(336) |
Unternehmen X ist ein Wettbewerber von Amazon im Online-Einzelhandel auf einem EU-Markt; das Unternehmen möchte anonym bleiben und übermittelte der Kommission Marktinformationen im Zusammenhang mit der Untersuchung. |
(337) |
Unternehmen X schätzt die relative Bedeutung der einzelnen Kostenpositionen im Online-Einzelhandel wie folgt ein: Kundenzufriedenheit 50 %, Technologie 30 % und physische Struktur und Logistik 20 %. Eine leistungsfähige IT-Plattform sei in der ersten Phase der Einführung einer elektronischen Handelstätigkeit wichtig; die wesentlichen Faktoren für ein erfolgreiches und nachhaltiges Online-Einzelhandelsgeschäft seien jedoch Kunden und Marketing. Entscheidende Wachstumsfaktoren auf diesem Markt seien daher eine solide Kundendatenbank und die finanzielle Kapazität für erhebliche Investitionen im Marketingbereich. Die Kombination dieser Faktoren ermögliche die Nutzung von Größenvorteilen, mit denen die für den Online-Einzelhandel unumgänglichen erheblichen Festkosten kompensiert werden könnten. |
(338) |
Nach Auffassung von Unternehmen X belaufen sich Technologieinvestitionen bei einem Online-Einzelhändler in einer Erhaltungsphase auf etwa 4-5 % des Umsatzes und in einer Innovationsphase auf 5-8 %. Amazon komme seine vorhandene Technologie zugute; diese Technologie verleihe Amazon einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern in Europa. Die Technologie werde ständig verbessert und an Anforderungen der Kunden angepasst. Amazon habe sehr aggressiv in Technologie investiert. Aufgrund seiner umfangreichen Investitionen habe Amazon seine Plattform entwickeln können; diese Plattform stelle einen Wettbewerbsvorteil dar, mit dem Wettbewerber schwer gleichziehen könnten. Unternehmen X habe bislang insgesamt 30-35 Mio. EUR in die Entwicklung seiner Plattform investiert. Das Unternehmen sei auf seinem nationalen Markt jedoch erheblich kleiner als Amazon; die Größenrelation liege etwa bei 1 zu 6. |
(339) |
Die Investitionen von Amazon im Logistikbereich auf dem nationalen Markt von Unternehmen X seien erheblich; erheblich wichtiger für den Erfolg von Amazon seien jedoch die Möglichkeit, sehr erhebliche Marketinginvestitionen aufzubringen (beispielsweise durch den Verzicht auf die Berechnung von Versandkosten), sowie die Möglichkeit, Produktpreise zu unterbieten. |
(340) |
Wenn Unternehmen sich um die Erschließung von Größenvorteilen bemühten und im elektronischen Handel konkurrieren wollten, müssten sie einen direkten Vertriebsweg entwickeln, um das Eigentum an dem für den Aufbau eines maßgeblichen Marktanteils und für die Wettbewerbsfähigkeit in diesem Geschäft erforderlichen eigenen Kundenstamm zu erlangen. Sich ausschließlich auf Amazon zu stützen, sei mit der Strategie eines Unternehmens, das die Marktführerschaft im elektronischen Handel anstrebe, nicht vereinbar. Um mit Amazon konkurrieren zu können, seien jedoch erhebliche Investitionen in den Aufbau des Kundenstamms sowie meist auch in die betreffenden Technologien und Prozesse erforderlich. |
(341) |
Kleine Einzelhändler (Händler), die Produkte auf der Amazon-Plattform für Dritthändler (Marketplace) anböten, erlangten wegen der Vertragsgestaltung durch Amazon kein Eigentum an den personenbezogenen Daten ihrer Kunden und an ihren Geschäftsvorfalldaten. Amazon sei Eigentümer der Kundendaten und sammle die Daten. Insbesondere sei es Händlern verboten, mit neuen Angeboten oder Werbung (z. B. mit Newslettern) an Kunden heranzutreten. |
(342) |
Auch wenn dies nicht immer erforderlich sei, müssten die meisten Einzelhändler, denen daran gelegen sei, eine gewisse Relevanz zu erlangen und Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln, erhebliche Investitionen in Technologien und in die Durchführung ihrer Geschäftstätigkeit aufbringen. Sie könnten natürlich die Amazon-Plattform nutzen; dann erlangten sie aber kein Eigentum an einem wichtigen Element der Wertschöpfungskette und seien von einem direkten Wettbewerber abhängig. |
(343) |
Das Marketing im elektronischen Handel erfordere erhebliche Investitionen. Unternehmen im Bereich des elektronischen Handels investierten gewöhnlich etwa 30-35 % ihrer Bruttogewinne in Marketingmaßnahmen; maßgeblich sei dabei, in welchem Umfang sie den Markt erreichen könnten (je größer man werde, desto weniger müsse offenbar für Marketing aufgewendet werden). Für eine aggressive Marketingstrategie müsse bis zu 2- bis 3-mal mehr als ansonsten investiert werden; angesichts der dadurch bedingten beträchtlichen Verluste werde ein erheblicher finanzieller Rückhalt benötigt. Amazon Prime sei eines der wichtigsten Marketinginstrumente von Amazon; im Rahmen dieses Programms werde bei den meisten über Amazon gekauften Produkten die Möglichkeit eines kostenlosen Versands angeboten. |
7. STELLUNGNAHME LUXEMBURGS ZU BEMERKUNGEN DRITTER UND ZU DEN INFORMATIONEN VON UNTERNEHMEN X
7.1. STELLUNGNAHME LUXEMBURGS ZU DEN BEMERKUNGEN DRITTER
(344) |
Mit Schreiben vom 20. April 2015 schloss sich Luxemburg den Stellungnahmen von Amazon, FEDIL, CCIA, ATOZ und EPICENTER an; die übrigen als Reaktion auf den Einleitungsbeschluss übermittelten Stellungnahmen bewertete Luxemburg für diese Sache nicht als relevant. |
(345) |
Insbesondere erklärte Luxemburg, die Stellungnahme von Oxfam beziehe sich nicht speziell auf den Fall Amazon, sondern sei allgemein gehalten. Luxemburg vertrat die Auffassung, die BA habe sich nicht zu den Informationen im Einleitungsbeschluss, sondern zu Aspekten geäußert, die nicht Gegenstand dieser Untersuchung seien. Die Stellungnahme der EIBF und ihrer Mitglieder enthalte keine neuen für diese Sache relevanten Informationen. Und schließlich sei die Stellungnahme der Bundesarbeitskammer nicht fundiert und ungenau. |
7.2. STELLUNGNAHME LUXEMBURGS ZUM VORBRINGEN VON UNTERNEHMEN X
(346) |
Am 2. Mai 2016 übermittelte Luxemburg seine Stellungnahme zum Vorbringen von Unternehmen X. In dieser Stellungnahme erklärte Luxemburg, Amazon sei als Marktteilnehmer besser in der Lage, sich zum Vorbringen von Unternehmen X zu äußern. Daher habe Luxemburg eine nicht vertrauliche Fassung des Vorbringens von Unternehmen X an Amazon weitergeleitet und gehe davon aus, dass Amazon eine eigene Stellungnahme übermitteln werde. |
8. WEITERE VORBRINGEN VON AMAZON
8.1. VORBRINGEN ZUR FREMDVERGLEICHSKONFORMITÄT DER VERGÜTUNG FÜR LUXSCS UND LUXOPCO
(347) |
In seinem Vorbringen vom 18. Januar 2016 übermittelte Amazon ergänzende Informationen, um die Fremdvergleichskonformität der im angefochtenen Steuervorbescheid gebilligten Vergütung für LuxSCS und LuxOpCo zu begründen. |
(348) |
Erstens erläuterte Amazon zur angewendeten Verrechnungspreismethode zur Ermittlung der Vergütung von LuxSCS und LuxOpCo, dass die Methode der Restgewinnaufteilung ausgewählt worden sei, da man keine hinreichend verlässlichen vergleichbaren Fremdgeschäftsvorfälle für eine Anwendung der CUP-Methode habe ausfindig machen können. Wenn die weniger verlässliche CUP-Methode angewendet worden wäre, hätten sich höhere jährliche Lizenzgebühren ergeben. Amazon erläuterte ferner, dass im Verrechnungspreisbericht im ersten Schritt bei der Ermittlung mit der Methode der Restgewinnaufteilung die TNMM angewendet worden sei, um eine fremdvergleichskonforme Vergütung für LuxOpCo als untersuchte Partei zu bestimmen. LuxOpCo sei als untersuchte Partei ausgewählt worden, weil LuxOpCo nicht einzigartige Funktionen in Bezug auf LuxSCS übernehme, das Eigentümer der einzigen wesentlichen Wertschöpfungsfaktoren des Europageschäfts sei. Im zweiten Schritt der Methode der Restgewinnaufteilung werde ein verbliebener Restgewinn oder -verlust nach den jeweiligen Funktionen und Risiken auf die Parteien aufgeteilt. Je spezifischer die Funktionen und Risiken einer Partei, desto höher sei natürlich auch die Vergütung, die diese Partei nach der Methode der Restgewinnaufteilung beanspruchen könne. Im Verrechnungspreisbericht sei der Restgewinn angesichts seiner einzigartigen Funktionen und der im Vergleich zu LuxOpCo erheblichen Risiken LuxSCS zugerechnet worden. |
(349) |
Zu den wirtschaftlichen Erwägungen, auf denen die Verrechnungspreismethode beruhe, erläuterte Amazon, LuxSCS wolle seinen Auftragnehmern einen Anreiz bieten, sich so zu verhalten, dass sie zum Erfolg der globalen Strategie von Amazon beitrügen. Wenn Amazon also eine Lizenzvereinbarung mit einem Dritten geschlossen habe, sei es vernünftig und erforderlich gewesen, dem Lizenznehmer die Möglichkeit sowie Anreize zu bieten, alle erforderlichen Investitionen zu tätigen; außerdem habe sichergestellt werden müssen, dass die richtigen Anreize gesetzt wurden, damit die Lizenznehmer der von Amazon verfolgten Strategie der Maximierung der Auswahl und der Preisführerschaft folgten. |
(350) |
Die Methode für die Festsetzung der Lizenzgebühr gewährleiste, dass LuxOpCo wirtschaftlich betrieben werde und bei seiner Geschäftstätigkeit kein Verlustrisiko bestehe. Dieses Risiko habe tatsächlich bestanden, da zum Zeitpunkt der Beantragung des angefochtenen Steuervorbescheids der Online-Einzelhandel noch nicht entwickelt gewesen sei, Online-Einzelhändler noch Verluste erzielt hätten und LuxOpCo in einem Markt mit intensivem Wettbewerb und geringen Margen tätig gewesen sei. In diesem Zusammenhang habe ein Ertrag für den Lizenznehmer bezogen auf die dem Lizenznehmer entstandenen Kosten einen stärkeren Anreiz dargestellt als ein kurzfristiger Gewinn. |
(351) |
Die Vergütungsstruktur von LuxSCS sei in Anbetracht der erwarteten Volatilität des Europageschäfts angenommen worden. Wenn eine Lizenzgebühr als fester Prozentanteil des Umsatzes vereinbart worden wäre, hätte LuxOpCo über mehrere Jahre Verluste verbuchen müssen (337). In diesem Zusammenhang verwies Amazon auf die geschätzte Höhe der Lizenzgebühr im Verrechnungspreisbericht (338). Amazon zufolge hätte dies die Möglichkeiten von LuxOpCo gefährdet, langfristig Gewinne zu erzielen. Außerdem hätte LuxOpCo nicht über die nötige finanzielle Leistungsfähigkeit verfügt, diese Verluste zu tragen (339). |
(352) |
Hinsichtlich der Auswahl des Gewinnindikators forderte die Kommission nach der Untersuchung des von Luxemburg als Reaktion auf den Einleitungsbeschluss vorgelegten Verrechnungspreisberichts drittens Luxemburg und Amazon auf, zu erläutern, ob der angewendete Aufschlag zur Ermittlung einer fremdvergleichskonformen Vergütung von LuxOpCo ausgehend von den Warenkosten und den Betriebskosten, wie im Verrechnungspreisbericht in der Beschreibung der Finanzanalyse angegeben, oder auf der Grundlage der „jährlichen Nettoumsätze“ berechnet wurde (340). Amazon zufolge beruhte der von LuxOpCo erzielte Ertrag auf einem Aufschlag in Höhe von [4-6] % auf die Betriebskosten ohne Selbstkosten (341). Amazon bestätigte, dass die im Verrechnungspreisbericht genannte Bandbreite von 2,3-6,7 % bei einem Median von 4,3 % die Selbstkosten der vergleichbaren Unternehmen beinhaltete. Der Hinweis auf den Prozentanteil des jährlichen Nettoertrags in der Tabelle mit den Ergebnissen des Peer-Review wurde eingefügt, um zu betonen, dass es sich bei den Beträgen um gewichtete Durchschnitte handelte, die von den jährlichen Umsätzen im Bezugsjahr abhingen. |
(353) |
Bezüglich der Ausnahme der Selbstkosten aus der Kostenbasis von LuxOpCo erläuterte Amazon, die vergleichbaren Unternehmen hätten nur begrenzte Selbstkosten; bei LuxOpCo seien jedoch erhebliche Selbstkosten erwartet worden. Eine Berücksichtigung dieser Kosten beim Aufschlag hätte das Ergebnis verfälscht (342). Wenn die Selbstkosten aus der Berechnung des im Verrechnungspreisbericht genannten Gewinnindikators der vergleichbaren Unternehmen ausgenommen worden wären, hätten sich eine Bandbreite von 3,7-7,6 % und ein Median von 4,9 % ergeben. Amazon übermittelte eine Tabelle mit den sieben im Verrechnungspreisbericht berücksichtigten Unternehmen, bei denen der Aufschlag auf die Betriebskosten zusätzlich ohne Berücksichtigung der Selbstkosten berechnet wurde. Daten wurden nur für fünf der sieben Unternehmen vorgelegt. Bei vier der fünf Unternehmen, für die Daten vorgelegt wurden, war der Aufschlag auf die Betriebskosten nicht erheblich höher als der Aufschlag auf die Gesamtkosten (343), und bei einem Unternehmen war der Aufschlag auf die Betriebskosten etwa fünfmal höher als der Aufschlag auf die Gesamtkosten (344). Auf dieser Grundlage wurde im Verrechnungspreisbericht ein Aufschlag von [4-6] % auf die von Amazon vorlegten Finanzprognosen angenommen, um die betreffenden regelmäßigen Erträge von LuxOpCo zu ermitteln. Der Ertrag von LuxOpCo wurde durch Multiplikation der Summe der Betriebskosten von LuxOpCo und der für die europäischen verbundenen Unternehmen erwarteten Kosten berechnet; die Selbstkosten wurden nicht in die Berechnungsgrundlage einbezogen (siehe Tabelle 2 dieses Beschlusses mit den Angaben aus der Berechnung des Verrechnungspreisberichts) (345). |
(354) |
Schließlich stellte die Kommission fest, dass im Verrechnungspreisbericht nicht auf den im Antrag auf einen Steuervorbescheid beschriebenen Mechanismus der Ober- und Untergrenze verwiesen wurde. In einem Treffen mit der Kommission am 28. Oktober 2015 darauf angesprochen, erläuterte Amazon, die Ober- und die Untergrenze hätten nicht dazu geführt, dass die Vergütung für LuxOpCo außerhalb der fremdvergleichskonformen Bandbreite gelegen hätte. Der von LuxOpCo während des Zeitraums verdiente Aufschlag habe bei [3,5-4] % bei einem jährlichen Interquartilbereich von 2,3-6,7 % gelegen (346). Bei diesem Treffen betonte Amazon ferner, dass die CUP-Methode bei Nutzung einer einzigen Technologie zu verzerrten und instabilen Ergebnissen geführt hätte. |
8.2. VORBRINGEN ZU DEN VON UNTERNEHMEN X ÜBERMITTELTEN INFORMATIONEN
(355) |
Amazon zog in Zweifel, dass Unternehmen X tatsächlich mit LuxOpCo vergleichbar sei. Zudem dürften die von Unternehmen X übermittelten Informationen bei der Bewertung des angefochtenen Steuervorbescheids nicht berücksichtigt werden, da diese Informationen bei Einreichung des Antrags auf Erteilung des Steuervorbescheids im Jahr 2003 und bei der Entscheidung über die Verlängerung des Steuervorbescheids im Jahr 2011 weder Amazon noch den Luxemburger Behörden vorgelegen hätten. |
(356) |
In jedem Fall war Amazon der Auffassung, dass die von Unternehmen X vorgelegten Informationen nicht für die Feststellung sprächen, dass der angefochtene Steuervorbescheid die Gewährung einer Beihilfe für LuxOpCo zur Folge gehabt habe. LuxOpCo pflichtete jedoch der Darstellung von Unternehmen X bei, dass der elektronische Handel durch geringe Margen gekennzeichnet sei. Ohne die von LuxSCS lizenzierten immateriellen Wirtschaftsgüter hätte LuxOpCo sich nicht halten oder gar expandieren können. |
(357) |
Amazon erklärte, Grundlage seines Geschäftsmodells seien technologische Innovationen beispielsweise in den Bereichen Suche und Recherche, Auftragsverarbeitung und -entwicklung, Kundendienst, Datenverwaltung und Datenanalyse. |
(358) |
Die Kundendaten, für die LuxSCS LuxOpCo eine Lizenz erteilt hatte, seien wesentlich für das Marketing, und das Programm Amazon Prime gehe insofern weit über den reinen Versand hinaus, als es vielfältige Dienstleistungen beinhalte und eine komplexe Technologie voraussetze. |
(359) |
Die Kundenzufriedenheit hänge hauptsächlich von der Technologie und von den Kundendaten ab, die LuxOpCo als Bestandteil der immateriellen Wirtschaftsgüter zur Verfügung gestellt würden. |
(360) |
Die Konsolidierung und die Weiterentwicklung des Kundenstamms und der Marke erfolgten im Wesentlichen unter Nutzung der immateriellen Wirtschaftsgüter. Unternehmen X habe bestätigt, dass die ständig weiterentwickelten und verbesserten immateriellen Wirtschaftsgüter entscheidend für einen erfolgreichen elektronischen Handel (etwa bei LuxOpCo) seien; dies spreche dafür, LuxOpCo als untersuchte Partei zu betrachten, da der Beitrag von LuxSCS wichtiger sei. |
(361) |
Amazon zufolge gewährleistet die im angefochtenen Steuervorbescheid gebilligte Methode zur Berechnung der Lizenzgebühr die langfristige Wirtschaftlichkeit von LuxOpCo, da die Lizenzgebühr nicht übermäßig hoch sei und LuxOpCo eine Kostenrendite ermögliche. Außerdem biete die Methode LuxOpCo einen Anreiz zur Wertschöpfung durch die Nutzung der immateriellen Wirtschaftsgüter unter größtmöglicher Expansion der Geschäftstätigkeit, Maximierung der Auswahl und Erhaltung der Preisführerschaft; zudem werde LuxSCS mit dieser Methode zur Berechnung der Lizenzgebühr motiviert, seine Investitionen in die immateriellen Wirtschaftsgüter langfristig aufrechtzuerhalten. |
(362) |
Und schließlich stellte Amazon fest, dass die Erklärungen von Unternehmen X bezüglich des Umsatzanteils von 4-8 %, den im elektronischen Handel tätige Unternehmen im Technologiebereich investieren sollten, die Fremdvergleichskonformität der von LuxOpCo an LuxSCS gezahlten Lizenzgebühr von durchschnittlich [5-10] % des Umsatzes von LuxOpCo in den Jahren 2006 bis 2014 oder von [3-3,5] % des Bruttowarenverkaufs für ein umfassendes Paket an immateriellen Wirtschaftsgütern bestätigten und zeigten, dass die von LuxOpCo gezahlte Lizenzgebühr nicht als erhebliche Abweichung von einem verlässlichen Näherungswert für ein marktbezogenes Ergebnis zu betrachten sei. |
8.3. VORBRINGEN ZUM TECHNOLOGIEZENTRIERTEN E-TAILING-GESCHÄFT VON AMAZON
(363) |
Amazon beschreibt sein Selbstverständnis wie folgt: „Ziel von Amazon ist …, das kundenorientierteste Unternehmen der Welt zu sein, bei dem Kunden praktisch alles finden, was sie online kaufen wollen“ (347); außerdem sollten den Kunden die niedrigstmöglichen Preise angeboten werden. Das Bestreben, die umfangreichste Produktauswahl zu den niedrigsten Preisen möglichst bequem anzubieten, ist die Grundlage der Geschäftstätigkeit von Amazon; für die Umsetzung dieses Bestrebens sind Technologien von entscheidender Bedeutung. |
(364) |
Amazon sei ein „Technologieunternehmen, das den Einzelhandel als technische Aufgabe [betrachte]“ (348); dabei fungiere Technologie nicht nur als Schnittstelle zwischen Amazon und seinen Kunden, sondern liege auch sämtlichen Geschäftsprozessen zugrunde. Dank seiner Technologie könne Amazon wettbewerbsfähige Preise anbieten, potenziellen Kunden interessante Artikel empfehlen, Zahlungen verarbeiten, den Lagerbestand verwalten und Produkte an die Kunden versenden. Aufgrund des Umfangs der Geschäftstätigkeit von Amazon müsse das Unternehmen mit einem hohen Grad an Automatisierung in den Bereichen Lagerverwaltung, Preisgestaltung und Auftragsabwicklung geführt werden. Amazon sei nicht in der Lage, eine hinreichende Anzahl an Mitarbeitern zur Festlegung von Preisen oder zur Verwaltung von Beständen mit Millionen unterschiedlicher Produkte zu beschäftigen. |
(365) |
Die Angebote im elektronischen Handel von Amazon müssten jederzeit mit kurzen Reaktionszeiten verfügbar sein, um die Kundenzufriedenheit zu erhalten. In Anbetracht der ständigen Expansion müsse seine Technologieinfrastruktur skalierbar und flexibel sein. Daher beruhe die Amazon-Software auf einer serviceorientierten Architektur. Die für die Geschäftstätigkeit von Amazon erforderlichen Funktionen würden als Modulbausteine entwickelt, die für Interaktions- und Kooperationszwecke kombiniert werden könnten. Eine solche Architektur habe viele Vorteile, beispielsweise die Möglichkeit der individuellen Optimierung oder die Möglichkeit der Erhaltung bestimmter Software-Komponenten. Außerdem erleichtere diese Architektur die Einführung von Verbesserungen und neuen Diensten. Wenn Amazon auf die Erhaltung und Modernisierung der zugrunde liegenden Technologie verzichtete, würden die Kunden dies bemerken, da die Einkaufserfahrung im elektronischen Handel, auf der der Geschäftserfolg von Amazon beruhe, beeinträchtigt werde und die Geschäftstätigkeit von Amazon scheitern würde. |
(366) |
Die Websites und die mobilen Anwendungen von Amazon beinhalteten vielfältige Funktionen (beispielsweise die Feststellung und die Verwaltung von Informationen über die Identität der Kunden, die Entwicklung und die Pflege eines Katalogs, die Schaffung und die Darstellung von Seiten im Web und in mobilen Apps, Suchfunktionen, die Erstellung und Übermittlung von Bestellungen, die Zahlungsabwicklung, Interaktionen mit den Fulfilment Centres, Kundenbewertungen, Personalisierungen und Community-Funktionen). |
(367) |
Hinzu kämen Tools zur Verwaltung von Websites, die Konfigurationsdatenbank, Tools für den Betrieb und die Analyse der Website, Software zur Verwaltung von Anbietern und Käufern, Software zur Bestandsverwaltung, Katalog-Software und Preisbildungs-Software. Zu Letzterer erklärt Amazon, 99 % der Preise würden in einem automatisierten Prozess festgelegt; nur in Ausnahmefällen würden Preise manuell definiert. Alle manuellen Preisänderungen in Europa müssten bei LuxOpCo vom European Price Manager genehmigt werden. |
(368) |
Amazon verfügt über eine Marketing-Software, die Nutzerverkehr auf seine Websites umleiten soll, sowie über Verfahren zum internen und externen Marketing (beispielsweise Marketing unter Nutzung von Suchfunktionen (in Zusammenarbeit mit Suchmaschinenbetreibern wie Google), Tools zur Suchmaschinenoptimierung, Tools zur Darstellung kostenpflichtiger Werbung bei Suchen und Tools zum E-Mail-Marketing). |
(369) |
Weitere Technologien sind etwa die Software zur Auftragsabwicklung (beispielsweise im Rahmen des EFN (European Fulfilment Network)), die Software zur Produktauswahl und -verpackung und die Kundendienst-Software. |
(370) |
Die wesentliche Software für sein E-Tailing-Geschäft entwickelt Amazon im eigenen Unternehmen. Die Aufsicht für die Technologieentwicklung liegt Amazon zufolge bei |