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Document 32017D2112

    Beschluss (EU) 2017/2112 der Kommission vom 6. März 2017 über die von Ungarn geplante Maßnahme/Beihilferegelung/Staatliche Beihilfe SA.38454 — 2015/C (ex 2015/N) für den Bau von zwei Kernreaktoren im Atomkraftwerk Paks II (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2017) 1486) (Nur der englische Text ist verbindlich)Text von Bedeutung für den EWR.

    C/2017/1486

    ABl. L 317 vom 1.12.2017, p. 45–118 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2017/2112/oj

    1.12.2017   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 317/45


    BESCHLUSS (EU) 2017/2112 DER KOMMISSION

    vom 6. März 2017

    über die von Ungarn geplante Maßnahme/Beihilferegelung/Staatliche Beihilfe SA.38454 — 2015/C (ex 2015/N) für den Bau von zwei Kernreaktoren im Atomkraftwerk Paks II

    (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2017) 1486)

    (Nur der englische Text ist verbindlich)

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    EUROPÄISCHE KOMMISSION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2,

    gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

    nach Aufforderung aller Beteiligten zur Abgabe von Stellungnahmen und gestützt auf diese Stellungnahmen (1),

    in Erwägung folgender Gründe:

    1.   VERFAHREN

    (1)

    Auf der Grundlage von Presseartikeln und informellen Kontakten mit den ungarischen Behörden leitete die Kommission am 13. März 2014 unter der Nummer SA.38454 (2014/CP) eine erste Prüfung etwaiger staatlicher Beihilfen für den Bau des Atomkraftwerks Paks II ein.

    (2)

    Nach mehrfachem Informationsaustausch und förmlichen Zusammenkünften meldeten die ungarischen Behörden die Maßnahme aus Gründen der Rechtssicherheit am 22. Mai 2015 bei der Kommission zur Genehmigung an, wobei sie angaben, das Vorhaben beinhalte keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“).

    (3)

    Mit Schreiben vom 22. Mai 2015 meldete Ungarn bei der Kommission eine Maßnahme zur Gewährung eines finanziellen Beitrags zur Entwicklung von zwei neuen Kernreaktoren am Standort Paks an.

    (4)

    Mit Schreiben vom 23. November 2015 teilte die Kommission Ungarn mit, dass sie beschlossen hatte, hinsichtlich der Maßnahme das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV einzuleiten (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“). Dieser Beschluss der Kommission wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (2) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten zur Stellungnahme auf.

    (5)

    Ungarn nahm am 29. Januar 2016 zum Einleitungsbeschluss Stellung.

    (6)

    Bei der Kommission gingen Stellungnahmen von Beteiligten ein. Sie leitete die Stellungnahmen an Ungarn weiter und gewährte Ungarn Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Stellungnahme Ungarns ging mit Schreiben vom 7. April 2016 ein.

    (7)

    Weitere Informationen übermittelte Ungarn am 21. April, 27. Mai, 9. Juni, 16. Juni und 28. Juli 2016 sowie am 16. Januar und am 20. Februar 2017.

    (8)

    Am 12. September 2016 gaben die ungarischen Behörden hinsichtlich der Sprache eine Verzichtserklärung ab und erklärten sich mit Englisch als verbindlicher Sprache einverstanden.

    2.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

    2.1.   BESCHREIBUNG DES VORHABENS

    (9)

    Die Maßnahme besteht in der Entwicklung zweier neuer Kernreaktoren (Blöcke 5 und 6) in Ungarn, deren Bau zugunsten der Gesellschaft Paks II (MVM Paks II Nuclear Power Plant Development Private Company Limited by Shares), die auch Eigentümerin und Betreibergesellschaft der neuen Reaktoren sein wird, vollständig vom ungarischen Staat finanziert wird.

    (10)

    Die Russische Föderation und Ungarn schlossen am 14. Januar 2014 ein zwischenstaatliches Abkommen (im Folgenden „IGA“ [Intergovernmental Agreement]) über ein Kernenergieprogramm (3). Nach Maßgabe des IGA kooperieren beide Länder bei der Instandhaltung und der Weiterentwicklung des gegenwärtigen Atomkraftwerks Paks. Gegenstand der Kooperation sind u. a. die Planung, der Bau, die Inbetriebnahme und die Stilllegung der beiden neuen Kraftwerksblöcke 5 und 6 mit WWER (Wasser-Wasser-Energie-Reaktoren) mit einer installierten Kapazität von mindestens 1 000 MW pro Block (4) zusätzlich zu den vorhandenen Kraftwerksblöcken 1-4. Der Betrieb der Blöcke 5 und 6 soll den Kapazitätsverlust infolge der Stilllegung der Blöcke 1-4 (insgesamt 2 000 MW) ausgleichen. Nach Auskunft von Ungarn sollen die Blöcke 1-4 jeweils bis Ende 2032, 2034, 2036 bzw. 2037 betrieben werden, wobei eine weitere Laufzeitverlängerung nicht vorgesehen ist.

    (11)

    Nach dem IGA (5) sollen Russland und Ungarn jeweils eine erfahrene, in staatlichem Eigentum stehende und vom Staat kontrollierte Organisation benennen, die als Auftragnehmerin/Eigentümerin des Vorhabens finanziell und technisch für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen verantwortlich sein soll.

    (12)

    Russland benannte die Aktiengesellschaft Nizhny Novgorod Engineering Company Atomenergoproekt (im Folgenden „JSC NIAEP“) für den Bau der neuen Reaktoren (Blöcke 5 und 6); als Eigentümerin und Betreibergesellschaft der beiden Reaktoren benannte Ungarn die MVM Paks II Nuclear Power Plant Development Private Company Limited by Shares  (1) (im Folgenden „Paks II“).

    (13)

    Im IGA werden die allgemeinen Rechte und Pflichten für die Zusammenarbeit im Kernenergiebereich zwischen den beiden Ländern geregelt; im Einzelnen wird die Durchführung des IGA in getrennten Abkommen (den „Durchführungsabkommen“) (6) beschrieben:

    a)

    dem „EPC-Vertrag“ (EPC = Engineering, Procurement and Construction) über die Entwicklung, den Kauf und den Bau der beiden zu errichtenden neuen Blöcke 5 und 6 des Typs WWER 1200 (V491) am Standort Paks,

    b)

    dem „O&M-Vertrag“ (O&M = Operation and Maintenance) mit den Bedingungen für die Zusammenarbeit beim Betrieb und bei der Instandhaltung der neuen Reaktoren und

    c)

    dem Abkommen über die Lieferung von Brennelementen und über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente.

    (14)

    JSC NIAEP und Paks II schlossen am 9. Dezember 2014 den EPC-Vertrag, nach dem die beiden neuen Blöcke 5 und 6 im Jahr 2025 bzw. 2026 in Betrieb gehen sollen.

    (15)

    Außerdem verpflichtete sich Russland, Ungarn ein staatliches Darlehen zur Finanzierung der Entwicklung von Paks II zu gewähren. Dieses Darlehen unterliegt einem zwischenstaatlichen Finanzierungsabkommen (im Folgenden „Finanzierungsabkommen“) (7) und sieht eine revolvierende Kreditfazilität von 10 Mrd. EUR vor, die ausschließlich für die Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der Kraftwerksblöcke 5 und 6 in Paks II eingesetzt wird. Ungarn wird diese revolvierende Kreditfazilität unmittelbar zur Finanzierung der im Zusammenhang mit Paks II erforderlichen Investitionen für die Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der neuen Kraftwerksblöcke 5 und 6 verwenden, wie im Finanzierungsabkommen vorgesehen. Über das Finanzierungsabkommen hinaus wird Ungarn einen weiteren Betrag von bis zu 2,5 Mrd. EUR aus eigenen Mitteln zur Finanzierung der Investition in Paks II aufbringen.

    (16)

    Über die in Erwägungsgrund 15 genannte Investitionsförderung hinaus beabsichtigt Ungarn im Anschluss an den Bau der Kraftwerksblöcke 5 und 6 keine weitere finanzielle Unterstützung für Paks II. Die neuen Blöcke werden zu Marktbedingungen ohne festgelegte Erträge oder garantierte Preise betrieben. Ungarn geht in diesem Stadium davon aus, dass eine Beschaffung von Fremdkapital unmittelbar durch Paks II nicht erforderlich sein wird.

    2.2.   ZIEL DER BEIHILFEMASSNAHME

    (17)

    Wie im Einleitungsbeschluss erläutert, ist das Atomkraftwerk Paks in Ungarn das einzige in Betrieb befindliche Atomkraftwerk. Es steht zu 100 % im Eigentum der staatlichen Stromhandels- und -erzeugungsgesellschaft Magyar Villamos Művek Zártkörűen Működő Részvénytársaság (im Folgenden „MVM-Gruppe“) (8). Die installierte Kapazität der vier Blöcke des Kraftwerks beläuft sich insgesamt auf 2 000 MW; die Blöcke sind zurzeit alle mit russischer Technologie ausgerüstet (WWER-440/V213). Bis 2037 werden die Blöcke nacheinander stillgelegt (siehe Erwägungsgrund 10).

    (18)

    Die Stromerzeugung aus Kernenergie ist im Energiemix Ungarns von strategischer Bedeutung, da etwa 50 % des gesamten in Ungarn erzeugten Stroms aus den vier Reaktoren im Atomkraftwerk Paks stammen (9).

    (19)

    Angesichts der Ziele,

    einen angemessenen Anteil der nationalen Ressourcen aufrechtzuerhalten und

    die Abhängigkeit Ungarns von Importen zu verringern sowie und die Grundsätze der nationalen Klimapolitik einzuhalten,

    forderte die Regierung die MVM-Gruppe auf, Alternativen zur Ausweitung der Stromerzeugung in Atomkraftwerken zu prüfen. In einer Machbarkeitsstudie der MVM wurden der Bau und die Finanzierung eines neuen Atomkraftwerks untersucht, das in das Stromnetz eingebunden werden und wirtschaftlich, sicher und umweltfreundlich betrieben werden könnte. Aufgrund dieser im Jahr 2008 von der MVM-Gruppe vorgelegten Machbarkeitsstudie schlug die Regierung das Vorhaben dem ungarischen Parlament vor; dieses stimmte dem Beginn der vorbereitenden Arbeiten für die Entwicklung neuer Kraftwerksblöcke am Standort Paks zu (10). Ergänzende Berechnungen ergaben, dass infolge der Stilllegung veralteter Kraftwerke die installierte Bruttokapazität von 8 000-9 000 MW bis 2025 um 6 000 MW zurückgehen würde. Diese Kraftwerke sollten teilweise durch die Erweiterung des Atomkraftwerks Paks ersetzt werden.

    (20)

    Im Jahr 2011 wurde die Nationale Energiestrategie für den Zeitraum bis 2030 eingeleitet (11). Diese Strategie konzentriert sich auf ein Versorgungsszenario mit den Komponenten Kernenergie, Kohle und erneuerbare Energieträger. Der ungarische Übertragungsnetzbetreiber MAVIR geht von einem Bedarf von mindestens 5,3 GW neuer Erzeugungskapazität in Ungarn bis 2026 und etwas über 7 GW bis 2031 aus, da der Bedarf steigen werde und bestehende Erzeugungskapazitäten in Ungarn vom Netz genommen werden (12). Außerdem prognostiziert MAVIR, dass nahezu alle derzeit in Betrieb befindlichen Kohlekraftwerke zwischen 2025 und 2030 stillgelegt werden müssen und dass die installierte Kapazität der ungarischen Gaskraftwerke um etwa 1 GW zurückgehen wird (siehe am 16. Januar 2017 von Ungarn vorgelegte Tabelle 1). Ungarn erläuterte, dass in der Untersuchung von MAVIR bei der Prognose der benötigten 7 GW keine Importe und keine neu installierten Kapazitäten berücksichtigt wurden.

    Tabelle 1

    Erwartete Stilllegungen installierter Kapazitäten in Ungarn bis 2031

    (in MW)

     

    Existing

    Phase-out

    Nuclear

    2 000

     

    Coal

    1 292

    1 222

    Natural gas

    3 084

    960

    Oil

    410

     

    Intermittent renewables/weather-dependent

    455

    100

    Other renewables

    259

    123

    Other non-renewables

    844

    836

    Sum

    8 344

    3 241

    Quelle: Ungarische Behörden (MAVIR).

    (21)

    Ungarn und Russland unterzeichneten das IGA mit dem Ziel, am Standort Paks neue Kapazitäten zu schaffen. Ungarn erläuterte, durch die Beibehaltung der Kernenergie im Energiemix könne den folgenden Erfordernissen besser Rechnung getragen werden: dem Ausgleich vom Netz genommener Kapazitäten, der Entwicklung neuer Kapazitäten und der Erfüllung der ungarischen Zielvorgaben im Rahmen der Klimaschutzziele der Union (insbesondere hinsichtlich der vorgesehenen Reduzierung der CO2-Emissionen).

    2.3.   BESCHREIBUNG DER NEUEN BLÖCKE — EINGESETZTE TECHNOLOGIE

    (22)

    Die neuen Blöcke 5 und 6 im Atomkraftwerk Paks II werden mit Reaktoren des Typs WWER 1200 (V491) ausgerüstet; bei diesem Typ handelt es sich um modernere Reaktoren der Generation III+. Ungarn erläutert, die technischen Leistungsmerkmale der in Paks II einzurichtenden Blöcke seien gegenüber den gegenwärtigen Blöcken im Atomkraftwerk Paks mit erheblichen Vorteilen verbunden; dies gelte beispielsweise für den höheren Wirkungsgrad, aber auch für die verbesserte Wirtschaftlichkeit und für die besseren Sicherheitsfunktionen.

    (23)

    Abgesehen von der erheblich größeren installierten Kapazität der Reaktoren des Typs WWER 1200 (V491) bestünden auch deutliche Unterschiede hinsichtlich der vorgesehenen Laufzeit (60 Jahre bei WWER 1200 gegenüber nur 30 Jahren bei den bestehenden Blöcken im Atomkraftwerk Paks) und der Flexibilität beim Betrieb der Reaktoren, die bei den beiden neuen Reaktoren innerhalb einer bestimmten Spanne eine individuelle Anpassung der Kapazität an den Bedarf im Stromnetz ermögliche.

    (24)

    Der verringerte Brennstoffbedarf der neuen Blöcke sei auf technische Verbesserungen in den letzten Jahren zurückzuführen. Der derzeitige Brennstoffkreislauf von 12 Monaten verlängere sich bei den neuen Blöcken auf 18 Monate. Daher müssten die neuen Blöcke im Laufe eines Jahres weniger häufig zur Beschickung mit neuen Brennelementen heruntergefahren werden, die jährliche Betriebszeit der Anlagen verlängere sich, und das Kraftwerk verliere keine Produktionszeit.

    (25)

    Außerdem heißt es in den technischen Spezifikationen, die Leistungsdichte der neuen Brennelemente sei deutlich höher als die der gegenwärtig eingesetzten Brennelemente. Dies wiederum bedeute, dass eine höhere Leistung pro Masseeinheit der Brennelemente erreicht und die Wirtschaftlichkeit der Anlage verbessert werden könne.

    2.4.   DER BEGÜNSTIGTE

    (26)

    Wie in Abschnitt 2.3 des Einleitungsbeschlusses erläutert, ist der Begünstigte der Maßnahme die gegenwärtig im Eigentum des ungarischen Staates stehende Gesellschaft Paks II. Die Rechte der Anteilseigner werden vom Amt des Premierministers ausgeübt. Paks II wird Eigentümerin und Betreibergesellschaft der vom ungarischen Staat finanzierten Reaktorblöcke 5 und 6.

    (27)

    In Erwägungsgrund 19 des Einleitungsbeschlusses wird erläutert, wie die ursprünglich im Eigentum der MVM-Gruppe stehenden Anteile an Paks II auf den ungarischen Staat übertragen wurden (13). Nach den am 30. Januar 2016 von Ungarn vorgelegten Informationen belief sich das Volumen der Übertragung auf 10,156 Mrd. HUF bzw. etwa 33 Mio. EUR.

    2.5.   DIE FINANZIERUNGSSTRUKTUR DES VORHABENS UND DIE RECHTE UND PFLICHTEN NACH DEM EPC-VERTRAG

    2.5.1.   ZWISCHENSTAATLICHES FINANZIERUNGSABKOMMEN

    (28)

    Im Rahmen des zwischenstaatlichen Abkommens (14) gewährte Russland Ungarn ein staatliches Darlehen in Form einer revolvierenden Kreditfazilität von 10 Mrd. EUR zur Finanzierung des Baus der Reaktorblöcke 5 und 6 des Atomkraftwerks Paks. Der Zinssatz für dieses Darlehen liegt zwischen 3,95 % und 4,95 % (15). Das Darlehen ist für die Planung, den Bau und die Inbetriebnahme dieser neuen Reaktorblöcke vorgesehen.

    (29)

    Nach dem Finanzierungsabkommen muss das Darlehen von Ungarn zur Finanzierung von 80 % des Auftragswerts des EPC-Vertrags für die Ausführung von Arbeiten und für die Erbringung von Dienstleistungen sowie für die Lieferung von Anlagen und Ausrüstungen verwendet werden; die übrigen 20 % des EPC-Vertrags sind von Ungarn aufzubringen (siehe Erwägungsgrund 15). Ungarn muss das Darlehen bis 2025 abrufen.

    (30)

    Das Darlehen ist von Ungarn innerhalb von 21 Jahren ab dem 15. März bzw. dem 15. September nach dem Datum der Inbetriebnahme der beiden neuen Reaktorblöcke 5 und 6, spätestens jedoch ab dem 15. März 2026 zurückzuzahlen (16).

    (31)

    Zahlungen nach Maßgabe des Finanzierungsabkommens können ausschließlich auf Aufforderung des Ministeriums für Wirtschaft der Republik Ungarn und nach einer Genehmigungsmitteilung des russischen Finanzministeriums geleistet werden.

    2.5.2.   DER EPC-VERTRAG

    (32)

    Nach dem EPC-Vertrag liefert JXC NIAEP die beiden Reaktoren nach den detaillierten technischen Spezifikationen bis zu den vereinbarten Zeitpunkten und für den vereinbarten Pauschalpreis von ([…] (*1) Mrd. EUR). In diesem Preis sind alle zuvor noch nicht spezifizierten Kosten enthalten […] (17).

    (33)

    Im Vertrag ist unter bestimmten Bedingungen, […] die Zahlung einer Vertragsstrafe (18) vorgesehen.

    (34)

    […]

    (35)

    […]

    2.5.3.   BEZIEHUNG ZWISCHEN DEM STAAT UND DEM BEGÜNSTIGEN

    (36)

    Ursprünglich hatte Ungarn vorgesehen, dass Paks II eine 100 %ige Tochter der MVM Hungarian Electricity Ltd. bleiben würde, die ihrerseits im Eigentum des ungarischen Staates und ungarischer Kommunen steht. Seit November 2014 ist Paks II keine Tochter der MVM Hungarian Electricity Ltd. und kein Bestandteil der MVM-Gruppe mehr, sondern eine zu 100 % unmittelbar in staatlichem Eigentum stehende Gesellschaft, bei der gegenwärtig keine rechtliche Beziehung mehr zur MVM-Gruppe besteht.

    (37)

    Hinsichtlich der Tätigkeit von Paks II, insbesondere in Bezug auf den Verkauf von Strom, erklärt Ungarn, dass in diesem Stadium keine separate Vereinbarung über den Kauf von Energie bei einem anderen Lieferanten bestehe oder vorgesehen sei. Die ungarischen Behörden beabsichtigen einen Verkauf des von Paks II erzeugten Stroms auf dem Strommarkt und an Stromverbraucher nach Maßgabe typischer marktüblicher grundlastbezogener Stromliefervereinbarungen. Ungarn zufolge wäre Paks II als für eine längere Laufzeit ausgelegtes Grundlastkraftwerk ähnlich wie andere bereits in Betrieb befindliche Atomkraftwerke in Europa ein Preisnehmer.

    (38)

    Paks II wird Eigentümerin des Atomkraftwerks Paks II sein und während der Bauphase der beiden Reaktoren vollständig durch Beteiligungskapital des ungarischen Staates finanziert. Die ungarischen Behörden gehen in diesem Stadium davon aus, dass eine höhere Kreditaufnahme unmittelbar durch Paks II nicht erforderlich sein wird.

    (39)

    Ungarn wird die erforderlichen Mittel für die Übertragung des Kaufpreises für das Atomkraftwerk Paks II nicht auf die Konten von Paks II übertragen. Diese Mittel werden größtenteils von der russischen Bank für Außenwirtschaft (Vnesheconombank = Bank für Außenwirtschaft) gehalten. Für jeden als erfüllt betrachteten Meilenstein beantragt Paks II bei der Vnesheconombank die Auszahlung von 80 % des jeweils fälligen Betrags unmittelbar an JSC NIAEP. Außerdem beantragt die Gesellschaft bei der ungarischen Staatlichen Behörde für Schuldenverwaltung (ÁKK) die Zahlung der übrigen 20 %.

    (40)

    Der übrige Finanzbedarf von Paks II in der Bauphase wird durch Beteiligungskapital aus dem ungarischen Staatshaushalt gedeckt. Ursprünglich war für die Bauphase ein Betrag von bis zu […] Mrd. EUR (d. h. die Differenz zwischen dem im IGA für die Reaktorblöcke vorgesehenen Betrag von 12,5 Mrd. EUR und dem tatsächlichen Kaufpreis des Atomkraftwerks Paks II in Höhe von […] Mrd. EUR) vorgesehen. Ungarn betrachtet dies als Obergrenze für die staatlichen Mittel, die (zumindest ohne weitere Zuweisung) für den Bau des Atomkraftwerks Paks II verwendet werden können. Wenn der Kapitalbedarf diesen Betrag jedoch überschreiten sollte, wird Ungarn nach eigenen Angaben seine Investition erhöhen, wenn es nach einer Prüfung zum betreffenden Zeitpunkt zu dem Schluss gelangt, dass dies für Ungarn wirtschaftlich angemessen ist.

    (41)

    In einer Sensitivitätsanalyse im Hinblick auf mögliche zusätzliche Kosten für Paks II während der Bauphase wurde Ungarn zufolge festgestellt, dass sich die Kosten verzehnfachen müsste, damit der prognostizierte interne Zinsfußes um 1 % zurückginge. Daher erwartet Ungarn bei einem Anstieg der Kosten nur geringfügige Auswirkungen.

    2.6.   DER UNGARISCHE STROMMARKT

    2.6.1.   BESCHREIBUNG DES UNGARISCHEN STROMMARKTS

    (42)

    Die gegenwärtige Struktur des ungarischen Strommarkts ist um das Jahr 1995 entstanden, als die meisten großen Kraftwerke und öffentlichen Versorgungsunternehmen sowie die Stromversorger privatisiert wurden. Über den in staatlichem Eigentum stehenden vertikal integrierten Energieversorger (die MVM-Gruppe) behält der Staat eine beherrschende Stellung in der Branche.

    (43)

    In der in Erwägungsgrund 20 genannten Untersuchung von MAVIR wird festgestellt, dass sich der inländische Stromverbrauch seit 2014 insgesamt um 2,7 % erhöht hat und 2015 bei 43,75 TWh lag. Der Anteil der inländischen Produktion an diesem Verbrauch belief sich auf 30,06 TWh und entsprach damit 68,72 % des gesamten Stromverbrauchs (siehe Abbildung 1). Die Einfuhren lagen bei 13,69 TWh bzw. 31,28 % des Gesamtverbrauchs. Als Stromerzeuger verfügt die in staatlichem Eigentum stehende MVM-Gruppe dank ihres wichtigsten Kraftwerks, des Atomkraftwerks Paks, über einen beträchtlichen Marktanteil (52,67 % der gesamten Stromerzeugung in Ungarn im Jahr 2015) (siehe Abbildung 1). Das Kraftwerk Mátra ist ein Braunkohlekraftwerk, das hauptsächlich von der RWE Power AG (50,92 %) betrieben wird, an dem aber auch die MVM-Gruppe zu 26,15 % beteiligt ist. Die übrigen größeren (többi nagyerőmű) und kleineren (kiserőművek) Kraftwerke spielen in der Erzeugungsstruktur auf dem ungarischen Markt insgesamt eine bescheidene Rolle. Auf dem Stromgroßhandelsmarkt besitzt MVM Partner, eine mit dem Verkauf an Großkunden befasste vertikal integrierte Tochter der MVM-Gruppe, eine beherrschende Stellung (19).

    Abbildung 1

    Zusammensetzung des gesamten Stromverbrauchs in Ungarn im Jahr 2015

    Image

    Quelle:

    Mittel- und langfristige Entwicklung der Erzeugungskapazität im ungarischen Stromnetz (MAVIR, 2016) (20).

    Abbildung 2

    Inländische Bruttostromerzeugung in Ungarn im Jahr 2015

    Image

    Quelle:

    Mittel- und langfristige Entwicklung der Erzeugungskapazität im ungarischen Stromnetz (MAVIR, 2016).

    (44)

    In Ungarn werden Großhandelsgeschäfte meist in Form bilateraler Stromliefervereinbarungen getätigt, bei denen sich die Erzeuger verpflichten, eine vereinbarte Mindestmenge an Strom an Großhändler zu liefern, und bei denen Großhändler eine Verpflichtung zur Abnahme einer bestimmten Mindestmenge eingehen. Die Stromliefervereinbarungen werden in der Regel nach den Standards der EFET (European Federation of Energy Traders = Europäische Vereinigung der Energievertreiber) geschlossen.

    (45)

    Die ungarische Strombörse HUPX (Hungarian Power Exchange Company Ltd.) nahm im Juli 2010 ihren Betrieb als Tochtergesellschaft des Übertragungsnetzbetreibers MAVIR auf. Sie bietet Day-Ahead-Handelsdienstleistungen sowie physische Termingeschäfte an. Der Day-Ahead-Handel beginnt täglich um 11.00 Uhr mit Kauf- und Verkaufsangeboten für jede einzelne Stunde des Folgetags. Der Handel schließt spätestens um 11.40 Uhr. Physische Termingeschäfte können vier Wochen, drei Monate, vier Quartale und drei Jahre im Voraus getätigt werden. Für diese Geschäfte sind bestimmte Handelstage vorgesehen, an denen Kauf- und Verkaufsangebote in einer bestimmten Zeitspanne abgegeben werden müssen. Seit März 2016 können auf dem Intra-Day-Markt der HUPTSX Produkte mit einem Zeitfenster von 15 Minuten und von einer Stunde gehandelt werden. Zusätzlich zu den organisierten Day-Ahead- und Intra-Day-Märkten hat die HUPX Kooperationsvereinbarungen mit zwei Maklerunternehmen geschlossen, die gemeinsamen Kunden ein Clearing durch OTC-Geschäfte (OTC = Over the Counter) ermöglichen.

    (46)

    Über die nicht von der HUPX durchgeführten Day-Ahead-Auktionen hinaus wird Strom auch an Börsen in der EU oder auf OTC-Plattformen sowie in direkten bilateralen Geschäften verkauft (siehe Erwägungsgrund 44).

    (47)

    Wie aus Abbildung 1 in Erwägungsgrund 43 ersichtlich, ist Ungarn mit einem Importanteil von etwa 30 % des ungarischen Stromverbrauchs ein Nettoimporteur. Der Stromhandelspreis im Großhandel war innerhalb der Ungarn beinhaltenden verbundenen Region (mit Ausnahme von Polen und der Slowakei) in Ungarn am höchsten (siehe Abbildung 3).

    Abbildung 3

    Monatliche durchschnittliche Grundlastpreise auf dem Day-Ahead-Markt in der Region MOE (einschließlich Ungarn) und in Deutschland (2010-2016)

    Image

    Quelle:

    Europäische Kommission.

    (48)

    Bei der Kurzzeitprognose der Grundlastpreise in der Region ist der gleiche Trend erkennbar, d. h., in dieser Region sind die ungarischen Grundlastpreise am höchsten (siehe Abbildung 4).

    Abbildung 4

    Regionale Grundlastpreise auf dem Future-Markt Januar bis Juni 2017

    Image

    Quelle:

    Europäische Kommission (aufgrund von Daten der europäischen Strombörse EPEX SPOT SE) (https://www.pxe.cz/Kurzovni-Listek/Oficialni-KL/).

    (49)

    Ungarn ist gut an die Netze benachbarter Länder angebunden — die Verbindungskapazität lag 2014 um 30 % über dem Ziel für 2020 (21). Seit dem Jahr 2014 wird Strom innerhalb des gekoppelten tschechisch-slowakisch-ungarisch-rumänischen Strommarkts übertragen; dies führte zu einer Erhöhung der Liquidität an der HUPX und zu einer Verbesserung der Preisstabilität. Abbildung 5 bietet einen Überblick über den Stromaustausch mit Nachbarländern im Jahr 2014.

    Abbildung 5

    Stromaustausch zwischen Ungarn und Nachbarländern

    Image

    Quelle:

    Daten des ungarischen Stromnetzes (MAVIR, 2014).

    2.6.2.   BESCHREIBUNG DER ERWARTETEN ENTWICKLUNG DES UNGARISCHEN STROMMARKTS

    (50)

    Auf der Grundlage der in Erwägungsgrund 20 genannten Untersuchung von MAVIR (22) werden zwischen 2025 und 2030 nahezu alle Kohlekraftwerke vom Netz genommen sein, und die installierte Kapazität der ungarischen Gaskraftwerke wird um 1 GW geringer sein. Angesichts der prognostizierten Zunahme der Spitzennachfrage wird davon ausgegangen, dass die verfügbare Kapazität der inländischen Erzeuger ab 2021 nicht mehr hinreichend zur Deckung der Spitzenlast sein wird. Daher schätzt der Übertragungsnetzbetreiber, dass auf dem ungarischen Markt bis 2026 zusätzliche Kapazität zur Erzeugung von mindestens 5,3 GW Strom und bis Ende des Prognosezeitraums (2031) von mehr als 7 GW benötigt wird. Diese Entwicklung ist in der folgenden Abbildung 6 dargestellt; aus dieser Abbildung wird auch deutlich, dass die installierte Kapazität die zunehmende Spitzenlast noch beträchtlich überschreiten muss. In seinem Vorbringen vom 16. Januar 2017 erläuterte Ungarn, nach den Standardverfahren des Europäischen Verbunds der Übertragungsnetzbetreiber für Strom (ENTSO-E) für Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber (TSO) müsse eine bestimmte verbleibende Kapazität (remaining capacity) gewährleistet sein. Als verbleibende Kapazität wird die Differenz zwischen der zuverlässig verfügbaren inländischen Kapazität (reliable available capacity) zuzüglich der nationalen Erzeugungskapazität und der Reserve für Systemdienstleistungen (system services reserve) bezeichnet. Die verbleibende Kapazität ist Bestandteil der nationalen Erzeugungskapazität, die zu einem bestimmten Zeitpunkt im System zur Deckung vorgesehener Ausfuhren und unerwarteter Lastschwankungen sowie als Reserve für Systemdienstleistungen und zum Ausgleich von Ausfällen verbleibt.

    Abbildung 6

    Zusätzlich benötigte Erzeugungskapazität der ungarischen Stromwirtschaft

    Image

    Quelle:

    Mittel- und langfristige Entwicklung der Erzeugungskapazität im ungarischen Stromnetz (MAVIR, 2016). „Csúcsterhelés“ bedeutet „Spitzenlast“.

    (51)

    Ungarn erläutert, ungeachtet des zu erwartenden verhältnismäßig hohen Bedarfs an neuer Erzeugungskapazität zeigten die Daten von Platts PowerVision, dass tatsächlich nur verhältnismäßig geringe neue Kapazität geschaffen werde (siehe Tabelle 2). Außerdem sei den Daten von Platts zufolge eine 44-MW-Anlage zur Energiegewinnung aus Abfällen in Ungarn gegenwärtig das einzige im Bau befindliche Kraftwerk. Ein Anleger beabsichtige den Bau größerer (Gas-)Kraftwerke; keines dieser Vorhaben könne jedoch als gesichert betrachtet werden, da den Anlegern noch keine erheblichen unwiederbringliche Kosten (beispielsweise Baukosten) entstanden seien, die die Ernsthaftigkeit ihrer Vorhaben belegen würden.

    Tabelle 2

    Zu schaffende neue Kapazitäten in der ungarischen Stromwirtschaft

    Plant

    Plant Type

    Primary Fuel

    Nameplate MW

    Online Year

    Status

    Dunaujvaros Chp

    Waste

    Biomass

    44

    2016

    Under Constr

    Szeged Ccgt

    CC/Cogen

    Natural Gas

    460

    2017

    Advan Develop

    Szeged Ccgt

    CC/Cogen

    Natural Gas

    460

    2017

    Advan Develop

    Csepel III

    CC/Cogen

    Natural Gas

    430

    2018

    Advan Develop

    Tolna

    Wind

    Wind

    260

    2018

    Early Develop

    Gyor Region

    Wind

    Wind

    300

    2019

    Early Develop

    Szazhalombatta — Dunai Refinery

    CC

    Natural Gas

    860

    2020

    Advan Develop

    Almasfuzito

    Coal

    Coal Generic

    435

    2020

    Proposed

    Source: Platts Powervision, data accurate as of September 2015.

    2.7.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS

    (52)

    Aus Gründen der Rechtssicherheit meldete Ungarn im Mai 2015 beabsichtigte Investitionen in den Bau zweier neuer Kernreaktoren am Standort Paks bei der Kommission zur Genehmigung an und erläuterte, das Vorhaben sei nicht mit einer staatlichen Beihilfe verbunden, da der Staat als marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber auftrete und einen angemessenen Gewinn anstrebe. Im Einleitungsbeschluss brachte die Kommission aufgrund der damals verfügbaren Informationen Bedenken zum Ausdruck, dass die Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 AEUV beinhalten könne. Die Kommission hatte insbesondere Bedenken, dass die Maßnahme mit einem selektiven Vorteil für Paks II verbunden sein könnte, da Ungarn die übrigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe in der Anmeldungsphase nicht bestritten hatte.

    (53)

    Die Bedenken beruhten auf dem Ergebnis einer Prüfung unter Zugrundelegung des Verhaltens eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers (MEIP = Market Economy Investor Principle), bei der untersucht wird, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber zum Zeitpunkt des Beschlusses über die öffentliche Investition zu denselben Bedingungen wie der öffentliche Kapitalanleger in das Vorhaben investiert hätte (23). Dieser sogenannte „MEIP-Test“ wird auch in der Rechtsprechung anerkannt (24).

    (54)

    Mit dem MEIP-Test soll geprüft werden, ob bei einem Investitionsvorhaben der erwartete investierte interne Zinsfuß (IRR = Internal Rate of Return) einer Investition höher wäre als ein rein marktorientierter Richtwert der gewichteten, durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC = Weighted Average Cost of Capital) (25). Ungarn veranschlagte den IRR des Vorhabens als höher als die WACC als rein marktorientierten Richtwert; die Kommission hegte jedoch die Vermutung, dass möglicherweise die WACC tatsächlich als höher zu betrachten wären.

    (55)

    Aufgrund der Bedenken hinsichtlich des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe prüfte die Kommission, ob eine etwaige staatliche Beihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden könnte. Da nach Auffassung der ungarischen Behörden jedoch keine staatliche Beihilfe vorlag, hatte Ungarn während des vorläufigen Prüfverfahrens noch keine Gründe dafür genannt, warum die Maßnahme mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Außerdem brachte die Kommission Zweifel daran zum Ausdruck, dass die Maßnahme in den Anwendungsbereich ihrer Mitteilung „Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020“ (26) falle, da diese Leitlinien sich nicht auf Maßnahmen im Bereich Kernenergie und radioaktive Abfälle erstrecken. Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass keine sonstigen Leitlinien für die Beurteilung der angemeldeten Maßnahme anzuwenden seien; sie stellte aber auch fest, dass sie nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV eine Maßnahme unmittelbar für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären kann, wenn sie erforderlich und verhältnismäßig ist und wenn die positiven Wirkungen der Erreichung eines Ziels von gemeinsamem Interesse gegenüber den nachteiligen Wirkungen auf den Wettbewerb und den Handel überwiegen.

    (56)

    Die Kommission bezweifelte ferner, dass die Maßnahme als verhältnismäßig angesehen werden könne, d. h., sich die Maßnahme auf die für einen erfolgreichen Bau der zusätzlichen Kraftwerksblöcke erforderliche Mindestinvestition zur Erreichung des Ziels von gemeinsamem Interesse beschränke. Der Begünstigte würde Erzeugungskapazitäten erhalten, ohne jedoch das besondere Risiko in Verbindung mit Refinanzierungskosten tragen zu müssen, das für andere Marktteilnehmer bestehen würde. Auskünfte dazu, wie Ungarn eine derartige Überkompensation vermeiden würde, wurden der Kommission nicht vorgelegt.

    (57)

    Die Kommission betonte, dass der ungarische Stromerzeugungsmarkt durch eine verhältnismäßig hohe Marktkonzentration gekennzeichnet ist, da auf das Atomkraftwerk Paks etwa 50 % der inländischen Erzeugung entfallen. Ohne neue Kapazitäten würden das Atomkraftwerk Paks und auf Paks II wahrscheinlich sogar einen noch höheren Anteil am Versorgungsmarkt erreichen; dies könnte den Wettbewerb auf dem ungarischen Strommarkt verfälschen. Ungarn übermittelte der Kommission keine detaillierten Informationen dazu, wie es den kontinuierlichen unabhängigen Betrieb der vorhandenen und der neuen Erzeugungskapazitäten sicherstellen würde.

    (58)

    Und schließlich stellte die Kommission fest, dass aufgrund der Besonderheiten des ungarischen Strommarkts der Betrieb von Paks II auch mit einem Liquiditätsrisiko für den Großhandelsmarkt einhergehen könnte, da das Stromangebot verknappt werden könnten. Je nachdem, wie der in den neuen Reaktoren erzeugte Strom auf dem Markt verkauft wird, könnte es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Liquidität kommen; außerdem könnten die Hindernisse für einen Marktzugang erhöht werden, und der Wettbewerb könnte auf mehreren Ebenen des Marktes beeinträchtigt werden. Ungarn erklärte nicht näher, wie sich der Stromhandel durch Paks II gestalten würde und wie die Marktliquidität gesichert werden könne.

    (59)

    Daher äußerte die Kommission Bedenken, dass die Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV beinhalten könnte.

    (60)

    Ohne hinreichende Belege konnte die Kommission nicht feststellen, ob eine derartige Maßnahme nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c mit dem Binnenmarkt vereinbar wäre. Angesichts der im Einleitungsbeschluss geäußerten Bedenken sowie in Anbetracht der Tatsache, dass sich Ungarn zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Vereinbarkeit der Maßnahme geäußert hatte, prüfte die Kommission zudem mögliche Wettbewerbsverfälschungen sowie eine möglichen Überkompensation für Paks II.

    (61)

    Im Zusammenhang mit den in Erwägungsgrund 56 genannten Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit prüfte die Kommission, ob Paks II infolge der Beihilfe Gewinne, die nicht in Form von Dividenden an den Staat gezahlt würden, in die Schaffung oder den Kauf weiterer Erzeugungskapazitäten investieren und dadurch seine eigene Marktposition stärken könnte.

    (62)

    Aufgrund der in Erwägungsgrund 56 genannten Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit prüfte die Kommission ferner die von Ungarn vorgesehene Dividendenpolitik und untersuchte insbesondere, ob Ungarn die Auszahlung von Dividenden verlangen (je nach dem von Paks II erzielten Gewinn) oder die Gewinne eher Paks II überlassen würde. Die Kommission hatte Bedenken, dass Paks II seine Gewinne reinvestieren könnte, um zusätzliche Erzeugungskapazitäten zu schaffen oder zu kaufen und den Wettbewerb weiter zu verfälschen.

    (63)

    Wie in Erwägungsgrund 57 erläutert, hatte die Kommission angesichts der verhältnismäßig hohen Konzentration des ungarischen Stromerzeugungsmarkts sowie in Anbetracht der Tatsache, dass auf das Atomkraftwerk Paks (MVM-Gruppe) gegenwärtig etwa 50 % der inländischen Erzeugung entfallen, Zweifel daran, dass das Atomkraftwerk Paks und Paks II getrennt geführt würden und als unabhängige und nicht verbundene Anlagen betrachtet werden könnten. Dass Paks II gegenwärtig unabhängig von der MVM-Gruppe ist, war für die Kommission kein hinreichender Anhaltspunkt, da sie in der Anmeldungsphase keinerlei Auskunft dazu erhalten hatte, ob das Atomkraftwerk Paks und Paks II auch weiterhin rechtlich und strukturell vollständig voneinander getrennt geführt würden. Diese Klärung erschien jedoch erforderlich, um das Risiko einer weiteren Marktkonzentration zu minimieren.

    (64)

    Wie in Abschnitt 2.6 erläutert, werden Geschäfte auf dem ungarischen Stromgroßhandelsmarkt zudem gewöhnlich in Form bilateraler Stromliefervereinbarungen geschlossen, und an der ungarischen Strombörse (HUPX) wurde noch keine angemessene Liquidität erreicht. Da in der ungarischen Anmeldung nicht auf die vorgesehenen Methoden zum Verkauf von Strom aus Paks II eingegangen wurde, untersuchte die Kommission die Wirkung von Paks II auf die derzeitige ungarische Liquidität auf dem Stromgroßhandelsmarkt.

    (65)

    Angesichts der in Erwägungsgrund 58 erläuterten Bedenken hinsichtlich der Marktliquidität war der Kommission insbesondere in Anbetracht der beherrschenden Stellung von MVM Partner auf dem Stromgroßhandelsmarkt daran gelegen, eine umfassende Palette an Versorgungsangeboten auf dem Markt sicherzustellen (27). Die Kommission hatte Bedenken, dass die Liquidität erheblich beeinträchtigt werden könnte und dass die Kosten nachgelagerter Wettbewerber in die Höhe getrieben werden könnten, wenn ein wettbewerbsfähiger Zugang zu einem wichtigen Input beschränkt wird (Marktabschottung auf Vorleistungsebene). Dies wäre etwa dann denkbar, wenn der von Paks II erzeugte Strom hauptsächlich nach Maßgabe langfristiger Liefervereinbarungen nur an bestimmte Versorger verkauft und auf diese Weise die Marktmacht von Paks II vom Erzeugungsmarkt auf den Endkundenmarkt übertragen würde.

    (66)

    Daher verlangte die Kommission weitere Auskünfte über die Stromhandelsstrategie von Paks II, wobei besonders darauf eingegangen werden sollte, ob diese Strategie sich an Marktbedingungen oder an einer sonstigen transparenten Handelsplattform orientiere.

    3.   DER STANDPUNKT DER UNGARISCHEN REGIERUNG

    3.1.   DER STANDPUNKT UNGARNS ZUM VORLIEGEN EINER BEIHILFE

    3.1.1.   WIRTSCHAFTLICHER VORTEIL

    (67)

    In der Anmeldung erklärt Ungarn, die Investition stelle keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 AEUV dar, da Paks II mit dieser Maßnahme kein wirtschaftlicher Vorteil gewährt werde. Ungarn begründet diese Darstellung mit dem Hinweis darauf, dass die Investition in Paks II die Anforderungen des MEIP-Tests erfülle (siehe Erwägungsgründe 53 und 54).

    (68)

    Nach Auffassung Ungarns sind die Kriterien des MEIP-Tests insbesondere in zweierlei Hinsicht erfüllt (28): Erstens seien die WACC des Vorhabens niedriger als der IRR. Zweitens seien die Gesamtgestehungskosten der erzeugten Energie (LCOE = Levelized Costs of Producing Energy) erheblich zu gering, um eine Konkurrenz der Kernenergie mit anderen Erzeugungstechnologien zu begründen und um bei den gegenwärtigen Strompreisen angemessene Erträge zu ermöglichen (29).

    (69)

    Zur Untermauerung seines Standpunkts übermittelte Ungarn die folgenden Untersuchungen und begleitenden Unterlagen:

    a)

    den MEIP-Test („MEIP-Untersuchung“ vom 18. Februar 2015),

    b)

    die wirtschaftliche Analyse des Vorhabens Atomkraftwerk Paks II („Wirtschaftsstudie“ vom 8. Oktober 2015) (30),

    c)

    Schreiben an den stellvertretenden Generaldirektor mit Zuständigkeit für staatliche Beihilfen betreffend die vorläufige Analyse der Kommission (erläuternde Schreiben)

    erstes Schreiben („erstes erläuterndes Schreiben“ vom 16. Oktober 2015),

    zweites Schreiben („zweites erläuterndes Schreiben“ vom 29. Oktober 2015),

    d)

    Vorbringen zum Einleitungsbeschluss (Antwort auf dem Einleitungsbeschluss)

    das Schreiben an den stellvertretenden Generaldirektor mit Zuständigkeit für staatliche Beihilfen im Anschluss an die Veröffentlichung des Einleitungsbeschlusses durch die Kommission am 3. Dezember 2015 („Schreiben mit der Anerkennung des Einleitungsbeschlusses“),

    das Vorbringen Ungarns gegenüber der Kommission vom 29. Januar 2016 („Vorbringen zum Einleitungsbeschluss“),

    e)

    die Antwort der Regierung Ungarns vom 7. April 2016 auf Stellungnahmen von Beteiligten zum Einleitungsbeschluss („Antwort auf Stellungnahmen von Beteiligten“),

    f)

    die Antwort vom 21. April 2016 auf das Auskunftsersuchen vom 18. März 2016 („Ergänzende Erläuterungen“).

    (70)

    Außerdem übermittelte die ungarische Regierung ein Finanzmodell, mit dem die IRR-Werte für das Vorhaben ermittelt wurden. Bei der Kommission gingen zwei Fassungen des Modells ein:

    a)

    die ursprüngliche Fassung vom 16. März 2015 („vorläufiges Finanzmodell“) und

    b)

    die endgültige Fassung vom 16. Oktober 2015 („Finanzmodell“).

    (71)

    Mit Ausnahme der „Ergänzenden Erläuterungen“ wird in allen in Erwägungsgrund 69 genannten Unterlagen die Berechnung der WACC und des IRR behandelt (wenn auch in unterschiedlicher Ausführlichkeit). Der IRR des Vorhabens wird mit dem Finanzmodell berechnet (31). Der von den LCOE ausgehende Ansatz wird in der Wirtschaftsstudie sowie in den „Ergänzenden Erläuterungen“ erörtert (siehe Erwägungsgrund 69).

    (72)

    Hinsichtlich der von Ungarn vorgenommenen Analysen ist festzustellen, dass die in der MEIP-Untersuchung und später in der Wirtschaftsstudie angegebenen Zahlen in den in den Erwägungsgrund 69c-69f genannten Unterlagen in mehreren Fällen angepasst wurden. Einige der Aktualisierungen datieren nach dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des EPC-Vertrags am 9. Dezember 2014, d. h. nach der ursprünglichen Investitionsentscheidung.

    (73)

    Der Einleitungsbeschluss enthält eine eingehende Bewertung des von Ungarn vertretenen Standpunkts zu allen wesentlichen Aspekten entsprechend den Vorbringen Ungarns bis zum Datum des Einleitungsbeschlusses (32). Die übrigen Randnummern dieses Abschnitts bieten einen Überblick über den Standpunkt Ungarns zu den wesentlichen Aspekten, auf die nach der Veröffentlichung des Einleitungsbeschlusses hingewiesen wurde. Insbesondere die Anwendung der WACC, des IRR und der LCOE werden getrennt behandelt.

    3.1.1.1.    Standpunkt Ungarns zu den WACC

    (74)

    In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss bestätigte Ungarn nochmals die bereits in seinen früheren Vorbringen angesetzte WACC-Spanne von 6,2-7,7 %. Außerdem bekräftigte Ungarn seine früheren Vorbringen in den erläuternden Schreiben und erklärte, die Kommission habe diese Vorbringen im Einleitungsbeschluss nicht berücksichtigt.

    3.1.1.2.    Standpunkt Ungarns zum IRR

    (75)

    In diesem Abschnitt wird der Standpunkt Ungarns zur Verwendung des Finanzmodells zur Berechnung künftiger freier Cashflows bei dem Vorhaben und zur Ermittlung des IRR bewertet. Die wesentlichen Bestandteile des Finanzmodells sind:

    1.

    mehrere langfristige Prognosen der Strompreisentwicklung und

    2.

    verschiedene Annahmen für den Betrieb des Atomkraftwerks.

    A)   Prognosen der Strompreisentwicklung

    (76)

    Die von der ungarischen Regierung angenommenen Preisprognosen wurden im Einleitungsbeschluss bewertet. In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss kritisierte Ungarn, dass die Kommission zur Berechnung des IRR für das Vorhaben nur eine einzige prognostizierte Preiskurve (beruhend auf dem World Energy Outlook 2014 (IEA WEO 2014) der Internationalen Energieagentur) berücksichtigt habe (33). Insbesondere bekräftigte Ungarn, dass zur Bewertung des IRR alle in der Wirtschaftsstudie übermittelten Preisprognosen einbezogen werden müssten.

    B)   Annahmen für den Betrieb des Atomkraftwerks

    (77)

    Die im Finanzmodell sowie bei den Berechnungen des IRR zugrunde gelegten Annahmen für den Betrieb des Atomkraftwerks wurden vom technischen Team von Paks II erstellt. Ursprünglich wurden keine Einzelheiten zur Begründung dieser operativen Annahmen vorgelegt; Ungarn übermittelte Hintergrundinformationen zu diesen Annahmen aber in seinen Antworten auf die Auskunftsersuchen der Kommission. Zentrale Vorbringen in diesem Zusammenhang sind die als Antwort auf ein Auskunftsersuchen im Anschluss an den Einleitungsbeschluss übermittelten Ergänzenden Erläuterungen und die Stellungnahmen von Beteiligten.

    C)   Der IRR des Vorhabens

    (78)

    In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss bekräftigte Ungarn die Ergebnisse seiner früheren Berechnungen eines IRR von 8,6-12,0 % für das Vorhaben.

    (79)

    In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss kritisierte Ungarn ferner die von der Kommission vorgenommene Bewertung der Auswirkungen einer Verzögerung auf den IRR des Vorhabens (ein Rückgang um 0,9 % bei einer Verzögerung um fünf Jahre). Diese Zahl wurde unter Annahme von Verzögerungen während der Betriebsphase ermittelt. Ungarn erklärte jedoch, eine Verzögerung in der Bauphase könne den IRR des Vorhabens sogar erhöhen, da dann auch die betreffenden Kosten erst später entstehen würden.

    3.1.1.3.    Standpunkt Ungarns zu den LCOE

    (80)

    In diesem Abschnitt wird der Standpunkt Ungarns zu den LCOE für Paks II gewürdigt (34).

    A)   Die Wirtschaftsstudie

    (81)

    In der Wirtschaftsstudie erklärte Ungarn, die LCOE von Paks II seien gering genug, um die Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Erzeugungstechnologien zu gewährleisten. Insbesondere wurden in der Studie drei Prognosen der LCOE für ein Vorhaben im Kernenergiebereich in Ungarn vorgelegt. Die erste Prognose von 70 EUR/MWh beruhte auf einem Diskontierungszinssatz von 7 % (als Obergrenze der in dieser Wirtschaftsstudie prognostizierten WACC) und wurde einer gemeinsamen Veröffentlichung der OECD/IEA/NEA von 2015 mit dem Titel „Projected Costs of Generating Electricity“ (im Folgenden „OECD/IEA/NEA-Studie von 2015“) entnommen (35). Die zweite LCOE-Prognose von 50-63 EUR/MWh beruht auf einer Studie von Aszodi u. a. (2014), bei der ein Diskontierungszinssatz im Bereich von 4-5 % beruhend auf dem Zinssatz des russischen Darlehens angenommen wurde (36). Die dritte LCOE-Prognose von 58-120 EUR/MWh (reale Preise von 2013) wurde mithilfe einer Benchmark-Analyse ausgehend von Zahlen mehrerer internationaler Agenturen als mögliche Spanne ermittelt (37). Die Studie gelangte zu dem Schluss, dass die LCOE eines ungarischen Atomkraftwerks im Bereich zwischen 50,5 und 57,4 EUR/MWh (reale Preise von 2013) liegt; die beiden Grenzwerte wurden unter Zugrundelegung einer Zinsspanne entsprechend den ebenfalls in dieser Wirtschaftsstudie genannten Grenzwerten der WACC-Spanne (6,2 % und 7,0 %) berechnet (38). Bezogen auf die in dieser Wirtschaftsstudie angegebenen künftigen Strompreise könne das geplante ungarische Atomkraftwerk als rentabel betrachtet werden; daher ist Ungarn der Auffassung, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die Durchführung dieses Vorhabens als vernünftig betrachten würde.

    B)   Ergänzende Erläuterungen

    (82)

    In der Antwort auf die Frage der Kommission, wie die LCOE-Spanne von 50,5-57,4 EUR/MWh in der endgültigen Schlussfolgerung der Wirtschaftsstudie mit der Spanne von 89-94 USD/MWh in der OECD/IEA/NEA-Studie zu vereinbaren sei, erklärte Ungarn in den „Ergänzenden Erläuterungen“, dieser Unterschied sei auf die sehr unterschiedlichen Annahmen in der Wirtschaftsstudie und in der OECD/IEA/NEA-Studie (beispielsweise auf die Differenz zwischen dem angenommenen Kapazitätsfaktor (85 % gegenüber 92 %) für Atomkraftwerke und auf die unterschiedlichen Annahmen für die Zeitpunkte der Inbetriebnahme (2020 gegenüber 2025) zurückzuführen.

    3.2.   STANDPUNKT UNGARNS ZUR MÖGLICHEN VEREINBARKEIT DER MASSNAHME MIT DEM BINNENMARKT

    (83)

    In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss betonte Ungarn, die Maßnahme stelle keine staatliche Beihilfe dar; trotzdem legte Ungarn für den Fall, dass die Kommission das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe feststelle, Stellungnahmen zu Bedenken vor, die die Kommission im Einleitungsbeschluss im Hinblick auf die mögliche Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt geäußert hatte.

    3.2.1.   STANDPUNKT HINSICHTLICH DES ZIELS VOM GEMEINSAMEN INTERESSE

    (84)

    In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss erläuterte Ungarn verschiedene politische Erwägungen, die Ungarn für eine Beschreibung des Ziels von gemeinsamem Interesse für relevant erachtet habe; dabei seien die folgenden Aspekte berücksichtigt worden:

    a)

    die ungarische Energiepolitik,

    b)

    die Zielsetzungen des Euratom-Vertrags (39),

    c)

    Defizite hinsichtlich der künftigen installierten Kapazität,

    d)

    die Diversifizierung von Energiequellen,

    e)

    die Dekarbonisierung,

    f)

    die Schaffung von Arbeitsplätzen und

    g)

    die Bezahlbarkeit.

    (85)

    Ungarn betonte, dass nach Artikel 194 Absatz 2 AEUV alle Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer souveränen Rechte selbst über ihren Energiemix entscheiden könnten und verwies auf seine Nationale Energiestrategie 2030 (siehe Erwägungsgrund 20), in dem eine auf Kernenergie, Kohle und erneuerbaren Energiequellen beruhende Struktur als mittelfristige Energiestrategie des Landes beschrieben werde.

    (86)

    Außerdem verweist Ungarn auf Artikel 2 Buchstabe c des Euratom-Vertrags, nach dem die Euratom-Gemeinschaft Investitionen erleichtert und die Schaffung der wesentlichen Anlagen sicherstellt, die für die Entwicklung der Kernenergie in der EU notwendig sind. Ungarn betont, dass die für alle Unterzeichner-Mitgliedstaaten bindenden Bestimmungen des Euratom-Vertrags als gemeinsames Ziel der Union zu betrachten seien.

    (87)

    Darüber hinaus erläutert Ungarn, dass der Übertragungsnetzbetreiber eine Zunahme des Strombedarfs um etwa 4 % bis zum Jahr 2030 erwartet — in erster Linie aufgrund der vorgesehenen Elektrifizierung in den Bereichen Verkehr, Industrie und Wärmeversorgung. Diese Studie des Übertragungsnetzbetreibers gelangt zu dem Schluss, dass viele der bestehenden älteren Kohle- und Gaskraftwerke in Ungarn nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen und voraussichtlich bis 2030 abgeschaltet werden. Außerdem wurde in der Studie festgestellt, dass neue installierte Kapazitäten im genannten Zeitraum voraussichtlich nur in sehr geringem Umfang hinzukommen werden. Dies wird dazu führen, dass die bestehende Kapazität um 32 % zurückgehen dürfte; der Bau von Paks II ist Ungarn zufolge eine sehr gezielte Reaktion auf das zu erwartende Defizit der künftigen Erzeugungskapazität.

    (88)

    Zudem betont Ungarn, dass die Abhängigkeit von Gaseinfuhren größer sei als im EU-Durchschnitt. Mehr als 95 % des in Ungarn verbrauchten Gases werden eingeführt, hauptsächlich aus Russland. Ohne Einbeziehung der Kernenergie in den Energiemix werde sich die Abhängigkeit Ungarns von Öl und Gas beträchtlich erhöhen. Dies gelte insbesondere für die Zeit nach der schrittweisen Abschaltung der bestehenden und in Betrieb befindlichen Blöcke des Atomkraftwerks Paks, wo weitere Kraftwerksblöcke benötigt würden, um die in Erwägungsgrund 50 erläuterten künftigen Defizite hinsichtlich der insgesamt installierten nationalen Kapazität auszugleichen. Daher ist Ungarn der Auffassung, dass die Maßnahme zur Diversifizierung der Energiequellen im Energiemix und zur Sicherheit der Energieversorgung des Landes beitragen würde.

    (89)

    Das Vorhaben trage dazu bei, dass die Ziele der Unionsstrategie 2020 in Bezug auf eine Verringerung der Treibhausgase erreicht würden, da die Kernspaltung als kohlenstoffarme Energiequelle betrachtet werde. Ungarn weist darauf hin, dass die topografischen Gegebenheiten und die geografische Lage des Landes dem Bau von Offshore-Windkraftanlagen oder von Wasserkraftwerken entgegenstehe. An erneuerbaren Energiequellen zur Stromerzeugung blieben die Windkraft an Land sowie Solarenergie und Biomasse; die Einführung dieser Technologien wäre aber nicht hinreichend, um die zu erwartende Kapazitätslücke (siehe Erwägungsgrund 50) ohne zusätzliche Kapazitäten aus der Nutzung von Kernenergie zu schließen. Daher diene das Vorhaben der angestrebten Dekarbonisierung.

    (90)

    Sowohl während als auch nach der Bauphase werde das Vorhaben zudem zur Entstehung einer beträchtlichen Anzahl an Arbeitsplätzen führen. Dies sei insbesondere angesichts der geografischen Lage des Atomkraftwerks Paks II in einer NUTS-II-Region mit einem BIP von unter 45 % des durchschnittlichen Pro-Kopf-BIP von Bedeutung. Insoweit ist Ungarn der Auffassung, dass die Durchführung des Vorhabens zur Wachstumsförderung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in mehreren Branchen beitragen würde.

    (91)

    Und schließlich werde die Investition in neue nukleare Erzeugungskapazität unmittelbar zu niedrigeren Strompreisen für die Industrie und die Verbraucher führen; diese Entwicklung stehe im Einklang mit dem EU-weiten Ziel einer bezahlbaren Versorgung. Der Aspekt der Bezahlbarkeit werde auch dadurch bestätigt, dass Paks II während der Betriebsphase keine Unterstützung gewährt werde.

    3.2.2.   STANDPUNKT ZUR NOTWENDIGKEIT DER MASSNAHME

    (92)

    Angesichts der wachsenden Erzeugungslücke in Ungarn sind nach Auffassung Ungarns beträchtliche Investitionen in Erzeugungskapazitäten erforderlich; die Höhe dieser erforderlichen Investitionen gehe über den Umfang hinaus, der für die gegenwärtig im Bau oder in Entwicklung befindlichen Vorhaben benötigt werde.

    (93)

    Daher habe Ungarn Nera Economic Consulting mit einer Analyse der Entwicklung des Strommarkts in Ungarn und in den Nachbarländern sowie mit der Entwicklung einer angemessenen Marktdefinition für das Vorhaben Paks II nach der Inbetriebnahme des Kraftwerks beauftragt (im Folgenden „NERA-Studie“). Diese Studie gelangt angesichts der Marktbedingungen in Ungarn zu dem Ergebnis, dass der Bau der neuen Blöcke 5 und 6 in Paks II wirtschaftlich vorteilhafter sein könne als Investitionen in andere Arten der Energieerzeugung (beispielsweise die Schaffung einer vergleichbaren Kapazität durch Gasturbinen im offenen Prozess (im Folgenden „OCGT“) oder durch Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke (im Folgenden „GuD“). Ungarn stellt fest, dass insoweit keine kontrafaktische Fallkonstellation existiere, mit der die politischen Ziele erreicht werden könnten.

    3.2.3.   STANDPUNKT ZUR VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT DER MASSNAHME

    (94)

    Ungarn erwartet einen vollständigen Ausgleich der Investition in das Atomkraftwerk Paks II durch Wertsteigerungen und Dividenden.

    (95)

    Im Vorbringen vom 28. Juli 2016 bekräftigte Ungarn, dass das Vorhaben eine keine staatliche Beihilfe darstelle und dass es dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers entspreche, und legte in der Antwort auf die in Abschnitt 3.3.6 des Einleitungsbeschlusses erläuterten Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit ergänzende Auskünfte für den Fall vor, dass die Kommission zu dem Schluss gelangen sollte, dass das angemeldete Vorhaben als staatliche Beihilfe anzusehen sei.

    (96)

    In seinem Vorbringen erklärte Ungarn, Paks II solle sämtliche Gewinne aufgrund des Betriebs der Blöcke 5 und 6 von Paks II ausschließlich für folgende Zwecke verwenden:

    a)

    das Vorhaben Paks II, d. h. die Entwicklung, die Finanzierung, den Bau, die Inbetriebnahme, den Betrieb und die Instandhaltung, Modernisierungen, die Entsorgung von Abfällen und die Stilllegung der beiden neuen WWER-Reaktorblöcke 5 und 6 in Paks, Ungarn; dabei werden Gewinne nicht zur Finanzierung von Investitionen in Tätigkeiten verwendet, die nicht dem oben beschriebenen Vorhaben zuzurechnen sind;

    b)

    zur Abführung an den ungarischen Staat (beispielsweise in Form von Dividenden).

    (97)

    Ungarn bestätigte zudem, dass Paks II keine (Re-)Investitionen für die Ausweitung der Kapazität oder der Laufzeit von Paks II bzw. für die Installation weiterer Erzeugungskapazitäten über die Kapazitäten der Reaktorblöcke 5 und 6 von Paks II hinaus vornehmen dürfe. Sollten sollte neuen Investitionen vorgenommen werden, werde Ungarn dies bei der Kommission anmelden, damit eine getrennte Beihilfemaßnahme genehmigt werden könne.

    3.2.4.   STANDPUNKT ZUR WIRKUNG DER MASSNAHME AUF DEN BINNENMARKT

    (98)

    Etwaige Verfälschungen würden sich nach Auffassung der ungarischen Behörden auf die zeitliche Überschneidung zwischen der schrittweisen Abschaltung der vorhandenen Reaktoren im Atomkraftwerk Paks und der bevorstehenden Inbetriebnahme der beiden neuen Reaktoren in Paks II beschränken. Die Annahme, dass die Laufzeit des Atomkraftwerks Paks mehr als 50 Jahre betragen könnte, betrachtet Ungarn als unangemessen; insoweit würde eine Überschneidung nur für sehr kurze Zeit bestehen.

    (99)

    Angesichts der Notwendigkeit einer Inbetriebnahme von Paks II in einem Zeitraum, in dem das Ende der Laufzeitverlängerung für das Atomkraftwerk Paks absehbar sei, und in Anbetracht der Tatsache, dass die Entwicklung und die Inbetriebnahme von Paks II sich infolge der technischen Komplexität der Inbetriebnahme eines neuen Atomkraftwerks sowie durch nicht der Kontrolle der Beteiligten unterliegende externe Faktoren (z. B. geänderte Rechtsvorschriften, Sicherheitsanforderungen oder Änderungen des Regelungsumfelds) verzögern könnte, sei die zeitliche Überschneidung außerdem erforderlich und vernünftig. Bei einigen WWER-Reaktoren der Generationen III und III+ hätten sich zudem Verzögerungen ergeben bzw. es seien Verzögerungen der ursprünglich vorgesehenen Bauzeit für Paks II absehbar (siehe folgende Tabelle 3):

    Tabelle 3

    Kumulierte Bauzeitverzögerungen bei WWER-Reaktoren der Generationen III und III+

    Standort (Land)

    Verzögerungen (in Jahren)

    Status

    Kudankulam — 1 (Indien)

    +5,8

    abgeschlossen

    Kudankulam — 2 (Indien)

    +7,0

    noch nicht abgeschlossen

    Novovoronezh II.-1 (Russland)

    +1,5

    abgeschlossen

    Novovoronezh II.-2 (Russland)

    +2,5

    noch nicht abgeschlossen

    Leningrad II.-1 (Russland)

    +2,0

    noch nicht abgeschlossen

    Leningrad II.-2 (Russland)

    +2,5

    noch nicht abgeschlossen

    Quelle:

    Ungarische Behörden.

    (100)

    Außerdem betont Ungarn, das Atomkraftwerk Paks und die beiden neuen Reaktoren in Paks II stünden im Eigentum getrennter Unternehmen und würden von getrennten Unternehmen betrieben, und bei der MVM-Gruppe bestünden in keiner Weise Verbindungen zum Vorhaben Paks II oder zu Paks II. Ein etwaiger Zusammenschluss von Paks II und der MVM-Gruppe würde zudem den Vorschriften zur Fusionskontrolle unterliegen.

    (101)

    Dass die beiden Unternehmen in staatlichem Eigentum stünden, sei kein Anlass, ohne weitere Prüfung deren wirtschaftliche Unabhängigkeit in Zweifel zu ziehen. Vielmehr könne nachgewiesen werden, dass die Unternehmen unabhängig voneinander seien und dass beide Unternehmen jeweils unabhängige Entscheidungsbefugnisse hätten.

    (102)

    Die MVM-Gruppe und Paks II seien aus folgenden Gründen als unabhängig voneinander und nicht miteinander verbunden zu betrachten:

    a)

    Sie würden von unterschiedlichen staatlichen Stellen geführt (die MVM-Gruppe vom Ministerium für nationale Entwicklung (über die Hungarian National Asset Management Inc.) und Paks II vom Amt des Premierministers);

    b)

    die Aufsichtsgremien der beiden Unternehmen hätten unterschiedliche Direktoren;

    c)

    bestehende Garantien gewährleisteten, dass zwischen den Unternehmen keine geschäftlich empfindlichen und vertraulichen Informationen ausgetauscht würden;

    d)

    in den Unternehmen bestünden jeweils getrennte Entscheidungsbefugnisse.

    (103)

    Ungarn zieht die von der Kommission im Einleitungsbeschluss vorgenommene Berechnung des Anteils der MVM-Gruppe am ungarischen Stromversorgungsmarkt in Zweifel. Der Marktanteil sei nicht im Vergleich mit anderen auf dem ungarischen Markt vertretenen Erzeugern geprüft worden, und die Berechnung sei ausschließlich aufgrund des in Ungarn erzeugten Stroms berechnet worden; Einfuhren seien nicht berücksichtigt worden.

    (104)

    Unter Berufung auf die NERA-Studie erklärt Ungarn, etwaige Verfälschungen des Wettbewerbs seien mit Blick auf einen Markt zu bewerten, der über den Markt des Staates Ungarn hinausgehe. In der Marktanalyse der NERA-Studie werden die folgenden Einflussgrößen berücksichtigt:

    a)

    bestehende Erzeugungskapazitäten und technische Möglichkeiten (Wirkungsgrade, Inbetriebnahmekosten usw.),

    b)

    verbindlich vorgesehene Ausweitungen der Erzeugungskapazität (im Bau befindliche Kraftwerke, Einbeziehung neuer erneuerbarer Energiequellen),

    c)

    verbindlich vorgesehene Stilllegungen bestehender Kraftwerke (z. B. nach Maßgabe der LCPD (Large Combustion Plant Directive = Großfeuerungsanlagenrichtlinie)),

    d)

    Verbindungskapazitäten,

    e)

    Brennelemente, CO2 und verschiedene Betriebs- und Instandhaltungskosten,

    f)

    Festkosten für Betrieb und Instandhaltung, die bei Abschaltung von Blöcken vermieden würden, und

    g)

    Einstiegskosten.

    (105)

    Die Auffassung, dass der zu bewertende Markt über den ungarischen Markt hinausgehe, wird damit begründet, dass der Anteil der Stromeinfuhren aus benachbarten Ländern im Jahr 2014 bei 31,4 % des ungarischen Stromverbrauchs gelegen habe. Außerdem erklärt Ungarn, dieser hohe Anteil der Verbindungen mit benachbarten Ländern werde infolge neuer Verbindungsleitungen zwischen der Slowakei (2 × 400 kV und 1 × 400 kV) und Slowenien (1 × 400 kV) im Zeitraum 2016-2021 nochmals zunehmen. Im Vorbringen vom 16. Januar 2017 teilte Ungarn Einzelheiten zu den geplanten grenzüberschreitenden Übertragungsleitungen mit und erläuterte, dass bis 2029 eine weitere Verbindungsleitung mit einer Kapazität von 2 × 400 kV mit der Slowakei und bis 2030 eine Verbindungsleitung mit einer Kapazität von 1 × 400 kV mit Rumänien verlegt werde. Die voraussichtliche Gesamtkapazität der Verbindungsleitungen für Einfuhren und Ausfuhren geht aus den Tabellen 4 und 5 hervor:

    Tabelle 4

    ENTSO-E-Prognosen der Kapazitäten installierter Verbindungsleitungen für Einfuhren nach Ungarn

     

    Austria

    Slovakia

    Romania

    Croatia

    Serbia

    Ukraine (*2)

    Slovenia (*3)

    Total

    2015

    600

    800

    1 000

    1 200

    1 000

    450

    0

    5 050

    2016

    720

    1 040

    1 080

    1 360

    920

    450

    400

    5 970

    2017

    840

    1 280

    1 160

    1 520

    840

    450

    800

    6 890

    2018

    960

    1 520

    1 240

    1 680

    760

    450

    1 200

    7 810

    2019

    1 080

    1 760

    1 320

    1 840

    680

    450

    1 600

    8 730

    2020

    1 200

    2 000

    1 400

    2 000

    600

    450

    2 000

    9 650

    2021

    1 200

    2 000

    1 400

    2 000

    600

    450

    2 000

    9 650

     

     

     

     

     

     

     

     

    2030

    1 200

    2 000

    1 400

    2 000

    600

    450

    2 000

    9 650

    Tabelle 5

    ENTSO-E-Prognosen der Kapazitäten installierter Verbindungsleitungen für Ausfuhren in Ungarn

     

    Austria

    Slovakia

    Romania

    Croatia

    Serbia

    Ukraine (*4)

    Slovenia (*5)

    Total

    2015

    600

    800

    1 000

    1 200

    1 000

    450

    0

    5 050

    2016

    640

    1 040

    1 060

    1 360

    920

    450

    340

    5 810

    2017

    680

    1 280

    1 120

    1 520

    840

    450

    680

    6 570

    2018

    720

    1 520

    1 180

    1 680

    760

    450

    1 020

    7 330

    2019

    760

    1 760

    1 240

    1 840

    680

    450

    1 360

    8 090

    2020

    800

    2 000

    1 300

    2 000

    600

    450

    1 700

    8 850

    2021

    800

    2 000

    1 300

    2 000

    600

    450

    1 700

    8 850

     

     

     

     

     

     

     

     

    2030

    800

    2 000

    1 300

    2 000

    600

    450

    1 700

    8 850

    (106)

    In der Studie wird eine erfolgreiche Kopplung des Energieversorgungsmarkts mit der Slowakei, der Tschechischen Republik und Rumänien konstatiert und auf die ENTSO-E-Vorschläge vom Oktober 2015 verwiesen, in denen Ungarn als Bestandteil einer einheitlichen Region Mittel- und Osteuropa mit koordinierter Kapazität beschrieben wurde; mit einigen Ländern in dieser Region (darunter Österreich, Deutschland und Polen) habe Ungarn noch keine Kopplungsvereinbarungen geschlossen (40). Mit Blick auf andere Mitgliedstaaten betrachtet Ungarn den eigenen Strommarkt innerhalb der Europäischen Union als hoch integriert; Verbindungskapazitäten beliefen sich auf etwa 75 % der gesamten installierten inländischen Erzeugungskapazität (d. h. etwa acht Mal mehr als in den von der EU für die Mitgliedstaaten vorgegebenen Zielen bis 2020 und fünfmal mehr als für die Mitgliedstaaten bis 2030 vorgesehen). Nach ungarischer Auffassung ist dies ein hinreichender Grund, etwaige Verfälschungen des Wettbewerbs vor einem umfassenderen Hintergrund zu bewerten.

    (107)

    Hinsichtlich der Einführung neuer Technologien werden in der NERA-Studie sowohl in der faktischen Fallkonstellation als auch in der Fallkonstellation ohne Paks II Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke bzw. OCGT als Einstiegstechnologien berücksichtigt, während die Einführung ebenso wie das Ausscheiden anderer Technologien (etwa die Nutzung erneuerbarer Energiequellen sowie der Einsatz von Kohle und von Kernkraft) aus rein wirtschaftlichen Erwägungen aus folgenden Gründen als unwahrscheinlich betrachtet wird:

    a)

    Die gegenwärtigen und die historischen Entscheidungen über die Einführung von Kraftwerken auf Basis erneuerbarer Energiequellen hängen weniger von den Marktpreisen als vielmehr entscheidend vom Bestehen staatlicher Subventionsprogramme ab. Daher kann mit Modellen zur Simulation grundlegender Marktparameter nicht festgestellt werden, ob Kraftwerke auf Basis erneuerbarer Energiequellen tatsächlich eingeführt würden oder aus dem Markt ausscheiden würden.

    b)

    Angesichts des drohenden Klimawandels ist der unverminderte Bau neuer Kohle- und Holzkohlekraftwerke in der EU inzwischen hoch umstritten, und viele Vorhaben werden von Behörden oder Gerichten geprüft. Daher ist unklar, in welchem Umfang neue Vorhaben in der EU überhaupt noch durchsetzbar sind.

    c)

    Die Entwicklung neuer Atomkraftwerke in der EU setzt zudem eine Energiestrategie voraus, die auch die Kernenergie einbezieht und in der Planungs- und Genehmigungsphase erhebliche Abstimmung mit staatlichen Stellen und mit Regulierungsbehörden erfordert. Bei Atomkraftwerken gestalten sich die Planung und die Entwicklung erheblich komplexer als bei Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerken und bei OCGT, und die Ergebnisse hängen deutlich stärker von der jeweiligen nationalen Politik und von Regulierungserwägungen ab. Daher wird davon ausgegangen, dass neue Atomkraftwerke nur in den Ländern gebaut werden, die ohnehin bereits eine auf die Nutzung der Kernenergie ausgerichtete Politik verfolgen, und dass nur bereits im Bau befindliche Kraftwerke fertiggestellt und/oder Kraftwerke gebaut werden, für die EPC-Verträge geschlossen wurden.

    (108)

    Der NERA-Studie zufolge können für die faktische Fallkonstellation (Bau von Paks II) die nachstehenden Schlussfolgerungen gezogen werden:

    a)

    Der Strombedarf in Ungarn dürfte bis 2040 erheblich zunehmen.

    b)

    In Ungarn besteht gegenwärtig eine Versorgungslücke, und Ungarn muss in erheblichem Umfang Strom importieren. Diese Lücke wird sich zwischen 2015 und 2025 noch weiter vergrößern.

    c)

    Auch wenn Paks II im Jahr 2025 ans Netz geht, bleibt Ungarn im gesamten Übergangszeitraum mit den derzeit in Betrieb befindlichen Blöcken des Atomkraftwerks Paks ein Nettoimporteur und wird auch anschließend in zunehmendem Maße auf Importe angewiesen sein.

    d)

    Der Anteil erneuerbarer Energiequellen in Ungarn wird nach den ENTSO-E-Prognosen in den ersten Jahren der faktischen Fallkonstellation zunehmen, und bis 2020 wird das im Nationalen Energieplan für erneuerbare Energiequellen vorgegebene Ziel erreicht sein, 10,9 % des Stromverbrauchs mit erneuerbaren Energiequellen zu decken.

    Abbildung 7

    Prognostizierte Leistung nach Technologien und nationaler Bedarf bis 2040 (faktische Fallkonstellation)

    Image

    Quelle:

    NERA-Studie.

    (109)

    Wie in Erwägungsgrund 93 erläutert, wird in der NERA-Studie bekräftigt, dass ohne den Bau von Paks II angesichts der Marktbedingungen in Ungarn eine vergleichbare Kapazität zu gegenüber anderen Erzeugungstechnologien wirtschaftlich vorteilhafteren Bedingungen mit OCGT sowie mit Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerken geschaffen würde. Der NERA-Studie zufolge würde Ungarn bei der kontrafaktischen Fallkonstellation der Energieerzeugung aus Gas auch bei einer Ersetzung der Kapazität von Paks II durch neue Gaskapazitäten in Ungarn im gesamten Modellrechnungszeitraum in hohem Maße von Stromimporten abhängig bleiben (siehe Abbildung 8).

    Abbildung 8

    Prognostizierte Leistung nach Technologien und nationaler Bedarf bis 2040 (kontrafaktische Fallkonstellation)

    Image

    Quelle:

    NERA-Studie.

    (110)

    Außerdem erklärt Ungarn, wegen der ausgeprägten Konvergenz der Marktpreise in benachbarten Ländern und in Ungarn sei davon auszugehen, dass Wettbewerber ihre Risiken durch den Verkauf von Strom auf benachbarten Märkten begrenzen könnten, da der ungarische Strom nicht unmittelbar verkauft werden müsse. Der Modellrechnung der NERA-Studie zufolge bliebe der Grundlast-Strompreis auf dem regionalen Markt auch bei der kontrafaktischen Fallkonstellation gleich (siehe Abbildung 9):

    Abbildung 9

    Differenz zwischen den ungarischen Grundlast-Strompreisen bei der faktischen und der kontrafaktischen Fallkonstellation

    Image

    Quelle:

    NERA-Studie.

    (111)

    Ungarn betont, dass es die möglichen Wirkungen von Paks II unter umfassender Berücksichtigung der Marktlage bewertet habe. Unter Berufung auf die NERA-Studie erklärt Ungarn, da die Slowakei der kleinste der gegenwärtig an Ungarn gekoppelten benachbarten Märkte sei, würden sich mögliche Wirkungen von Paks II in diesem Land am ehesten bemerkbar machen. Die Präsenz von Paks II auf diesem gekoppelten Markt werde sich bis 2040 auf einen Anteil von etwa 20 % beschränken.

    (112)

    In der NERA-Studie wird auch ein potenzieller umfangreicherer Markt (Ungarn + Slowakei + Rumänien) bewertet und erläutert, dass dies die unmittelbaren Nachbarmärkte seien, an die Ungarn zurzeit gekoppelt sei. In diesem Zusammenhang erklärt Ungarn, selbst die gemeinsamen Marktanteile von Paks II und der MVM-Gruppe (zwischen 10 und 20 %) auf dem gekoppelten Markt (Ungarn + Slowakei + Rumänien) lägen deutlich unter der Schwelle, bei der die Gefahr der Entwicklung einer beherrschenden Stellung bestehen könne (siehe Abbildung 10).

    Abbildung 10

    Gemeinsame Marktanteile von Paks II und der MVM-Gruppe nach Leistung (MWh) auf dem ungarischen, slowakischen und rumänischen Markt

    Image

    Quelle:

    NERA-Studie.

    (113)

    Außerdem betont Ungarn, dass die Preise im Sommer ebenso wie im Winter maßgeblich durch Kohle- und Braunkohlekraftwerke bestimmt würden, deren Grenzkosten höher seien als die von Paks II; daher gehe man davon aus, dass Paks II eher ein Preisnehmer als ein Preissetzer sein werde, da die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kernenergie zur preissetzenden Technologie entwickeln könnte, auch im Übergangszeitraum, in dem das Atomkraftwerk Paks gleichzeitig mit Paks II betrieben werde, immer deutlich unter 5 % liegen werde (siehe Abbildung 11).

    Abbildung 11

    Preissetzende Brennstoffe auf dem ungarischen Strommarkt

    Image

    Quelle:

    NERA-Studie.

    (114)

    Entgegen den Feststellungen der Kommission in Erwägungsgrund 144 des Einleitungsbeschlusses erklärt Ungarn zudem, mit dem Atomkraftwerk Paks II werde keinerlei Liquiditätsrisiko für den Großhandelsmarkt derart verbunden sein, dass die Versorgungsangebote verknappt würden. Als separate Anlage werde das neue Kraftwerk eher zu einer Erhöhung der Liquidität und der Diversität der Erzeugungskapazität beitragen. Außerdem weist Ungarn darauf hin, dass Paks II gegenwärtig keinen Kundenstamm habe, an den der Strom unter Umgehung des Großhandelsmarkts direkt vertrieben werden könne.

    (115)

    Ungarn schließt sich mehreren Vorbringen des Vereinigten Königreichs in der Sache Hinkley Point C (41) zu möglichen Wettbewerbsverfälschungen an und erklärt, die dort vorgetragenen Gründe seien auch für Paks II zutreffend. Dies gelte für die folgenden Begründungen:

    a)

    Auch mit der Maßnahme bliebe der Begünstigte den Marktkräften ausgesetzt; zudem biete die Maßnahme dem Begünstigten Anreize, auf dem Großhandelsmarkt als Wettbewerber aufzutreten. Ungarn erhält diese Darstellung aufrecht und weist darauf hin, dass es keine Betriebsbeihilfe durch Differenzkontrakte (CfD = Contracts for Difference) zugunsten von Paks II gewähren werde;

    b)

    die Maßnahme werde keine erheblichen Auswirkungen auf die Stromlieferungen durch Verbindungsleitungen haben und keine Anreize für Investitionen in diese Verbindungsleitungen mit Nachbarländern bieten. Ungarn bekräftigt, dass der ungarische Strommarkt bereits gut angebunden sei und dass sich vier Vorhaben zur Einrichtung von Verbindungsleitungen in der Entwicklungsphase befänden;

    c)

    die Maßnahme habe keinen Einfluss auf Preisunterschiede zwischen Ungarn und den gegenwärtig über Verbindungsleitungen mit Ungarn verflochtenen Nachbarmärkten.

    (116)

    Darüber hinaus erteilte Ungarn in seinem Vorbringen vom 28. Juli 2016 weitere Auskünfte im Zusammenhang mit den in Abschnitt 3.3.7 des Einleitungsbeschlusses erläuterten Bedenken der Kommission und erklärte für den Fall, dass die Kommission zu dem Schluss gelange, die Maßnahme beinhalte eine staatliche Beihilfe, wie durch die Maßnahme bewirkte etwaige Verfälschungen des Binnenmarkts insgesamt ausgeglichen würden.

    (117)

    In seinem Vorbringen erklärt Ungarn, Paks II sowie die Rechtsnachfolger und verbundene Gesellschaften würden rechtlich und strukturell vollständig voneinander getrennt sein; sie unterlägen voneinander unabhängigen Entscheidungsbefugnissen im Sinne der Randnummern 52 und 53 der Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Fusionskontrollverordnung (42) und würden unabhängig von der MVM-Gruppe und ihren Geschäftsbereichen, Rechtsnachfolgern und Gesellschaften sowie von anderen staatlich kontrollierten und im Bereich der Erzeugung und des Stromhandels auf dem Großhandels- und dem Endverbrauchermarkt tätigen Unternehmen verwaltet und geleitet.

    (118)

    Bezüglich des Verkaufs von Strom aus Paks II erläutert Ungarn in dem genannten Vorbringen zudem, dass die von Paks II verfolgte Strategie zum Verkauf des erzeugten Stroms eine marktübliche, auf Gewinnmaximierung gerichtete Handelsstrategie mit kommerziellen Handelsvereinbarungen aufgrund von Geboten auf einer transparenten Handelsplattform oder Börse sei. Außerdem sei die Strategie zum Handel mit dem in Paks II erzeugten Strom (ausgenommen den Eigenverbrauch von Paks II) wie folgt ausgelegt:

    a)

    Ebene 1: Paks II verkauft mindestens 30 % des insgesamt erzeugten Stroms auf dem Day-Ahead-Markt, dem Intraday-Markt und dem Future-Markt der HUPX (Hungarian Power Exchange = ungarische Strombörse). Vorbehaltlich der Zustimmung der Kommissionsdienststellen innerhalb von zwei Wochen nach Stellung eines entsprechenden Antrags der ungarischen Behörden könne auch an anderen vergleichbaren Strombörsen gehandelt werden.

    b)

    Ebene 2 Den übrigen in Paks II erzeugten Strom verkauft Paks II in Auktionen zu objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen. Die Bedingungen für diese Auktionen werden von der ungarischen Regulierungsbehörde für die Energiewirtschaft festgelegt — ähnlich den Auktionsvorschriften, die für MVM Partner verfügt wurden [(Beschluss 741/2011 der ungarischen Regulierungsbehörde)]. Ungarn bestätigt, dass die ungarische Regulierungsbehörde auch die Durchführung dieser Auktionen überwache. Außerdem bestätigte Ungarn, dass die Auktionsplattform für diese Ebene 2 von Paks II betrieben werde und dass sichergestellt werde, dass für Kauf- und Verkaufsangebote bei allen zugelassenen oder eingetragenen Händlern die gleichen Marktbedingungen gelten. Ungarn verpflichtet sich, dafür Sorge zu tragen, dass das Clearing-System überprüfbar und transparent sei und dass keine Auflagen für die Endverwendung des gekauften Stroms verfügt würden.

    3.3.   WEITERE STELLUNGNAHMEN UNGARNS ZUM EINLEITUNGSBESCHLUSS

    (119)

    Soweit das Vorhaben dem Euratom-Vertrag unterliege (z. B. Artikel 41 sowie Anhang II Artikel 52 bis 66 und Artikel 103), ist die Regierung Ungarns nicht der Auffassung, dass der AEUV und insbesondere die Beihilfevorschriften der Artikel 107 und 108 AEUV auf das Vorhaben anwendbar seien. Der Euratom-Vertrag sei eine Lex specialis zum AEUV. Wenn die Wahrnehmung der Befugnisse nach Maßgabe des Euratom-Vertrags daher durch die Wahrnehmung der Befugnisse aufgrund des AEUV behindert würde, hätten die Bestimmungen des Euratom-Vertrags Vorrang. Zur Untermauerung dieser Darstellung beruft Ungarn sich auf die Entscheidung der Kommission in der Sache Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH (43).

    (120)

    Ungarn weist darauf hin, dass mit dem Euratom-Vertrag kein bestimmter Regelkatalog zu staatlichen Beihilfen festgelegt werde; Artikel 6 Buchstabe d und Artikel 70 des Euratom-Vertrags zeigten jedoch, dass es kein allgemeines Verbot staatlicher Beihilfe gebe und das in besonderen Fällen Beihilfen seitens der Mitgliedstaaten sogar begrüßt würden.

    (121)

    Die Finanzierung des Vorhabens in der Kernindustrie müsse jedoch einer Anzeigepflicht im Sinne von Artikel 43 des Euratom-Vertrags unterliegen. Nach der Verordnung (EG) Nr. 1209/2000 der Kommission (44) sollte ein Mitgliedstaat bei jedem neuen Vorhaben Angaben zu den Finanzierungsmodalitäten machen. Ungarn habe alle erforderlichen Angaben nach den Artikeln 41 und 43 Euratom-Vertrag vorgelegt, und da das Abkommen über die Lieferung von Brennelementen (45) im April 2015 von der Euratom-Versorgungsagentur genehmigt worden sei, vertritt Ungarn die Auffassung, die Kommission könne die Finanzierung des Vorhabens nun nicht als rechtswidrig einstufen.

    (122)

    Ungarn vergleicht den Euratom-Vertrag mit dem EG-Vertrag, da beide Verträge sektorbezogen seien; der EGKS-Vertrag enthalte ein weit gefasstes Verbot staatlicher Beihilfe, das nach Maßgabe der Artikel 67 und 95 EGKS-Vertrag praktisch in Artikel 107 AEUV übernommen worden sei. Bei der Anwendung der Beihilfevorschriften des AEUV verkenne die Kommission das Regulierungsziel der Verfasser des Euratom-Vertrags; dieser enthalte keine besonderen Beihilfevorschriften.

    (123)

    Außerdem weist Ungarn darauf hin, dass ansonsten keinerlei Kapitalbeteiligungen am Bau eines Atomkraftwerks in der Union jemals einer Beihilfeprüfung durch die Kommission unterzogen worden seien — auch nicht die Beteiligungen in Flamanville oder Hanhikivi. Die Investition in Hinkley Point C sei nur deshalb auf das Vorliegen einer Beihilfe geprüft worden, weil sie bestimmte Finanzierungsmerkmale aufwies (etwa eine staatliche Kreditbürgschaft und die Vereinbarung eines CfD), durch die sie sich von anderen Investitionen in Europa unterschied.

    4.   STELLUNGNAHMEN BETEILIGTER

    4.1.   STELLUNGNAHME ZUM VORLIEGEN EINER STAATLICHEN BEIHILFE

    (124)

    Die bei der Kommission eingegangenen Stellungnahmen der folgenden Beteiligten enthielten quantitative Angaben und Analysen zum Vorliegen von Beihilfemaßnahmen:

    Vorbringen des ungarischen MEP (Mitglied des Europäischen Parlaments) Benedek Jávor (im Folgenden „Vorbringen von Herrn Jávor“),

    Vorbringen von Greenpeace (im Folgenden „Vorbringen von GP“) einschließlich einer von der Wirtschaftsberatung von Greenpeace (Candole Partners) erstellten Studie (im Folgenden „Candole-Studie“) (46),

    Vorbringen von EnergiaKlub (im Folgenden „Vorbringen von EK“) einschließlich einer Studie von Herrn Balazs Felsmann („Felsmann-Studie“) (47).

    Das Vorbringen von Herrn Jávor

    (125)

    Das Vorbringen von Herrn Jávor konzentriert sich auf die im EPC-Vertrag nicht enthaltenen Eigentümerkosten (siehe in diesem Beschluss Abschnitt 2.5.2) und weist darauf hin, dass diese Kosten erheblich unterschätzt werden können. Insbesondere wird in dem Vorbringen auf die folgenden Punkte abgestellt:

    a)

    Da der EPC-Vertrag für Paks II ausgehend vom „Atomkraftwerk Leningrad“ (48) geschlossen wurde, ist vernünftigerweise davon auszugehen, dass das Sicherheitssystem eine zusätzliche Investition im Umfang von mindestens 1 Mrd. EUR erfordern wird.

    b)

    Das System zur Frischwasser-Direktkühlung ist an heißen Sommertagen bei gleichzeitigem Betrieb des Atomkraftwerks Paks und von Paks II nicht hinreichend. Insoweit würde eine zusätzliche Umweltbelastung entstehen; zur Vermeidung dieser zusätzlichen Belastung wäre eine Investition in ein leistungsstärkeres Kühlsystem mit einem Kühlturm erforderlich, das allerdings um etwa 40 % mehr kosten würde als ein System zur Direktkühlung.

    c)

    Der als Einlage im Zentralen Kernenergiefonds (Central Nuclear Fund) vorgesehene Betrag dürfte für die Lagerung radioaktiver Abfälle und für die Stilllegung nicht hinreichend sein. Die Kosten für die Zwischenlagerung und die Endlagerung radioaktiver Abfälle würden sich auf mindestens 150 Mio. EUR bzw. 1,54 Mrd. EUR belaufen, und für die Stilllegung des Kraftwerks wurden mindestens 1,734 Mrd. EUR veranschlagt.

    d)

    Die erforderliche Modernisierung des Netzes für die Einbindung der neuen Reaktorblöcke einschließlich der Investitionen sowohl in das 400-kV-Leitungssystem als auch in die zusätzliche 120-kV-Hochspannungsleitung könne bis zu 1,6 Mrd. EUR kosten.

    e)

    Zur Erfüllung der geltenden Vorschriften zur Netzregulierung sowohl mithilfe eines Pumpspeicherkraftwerks als auch mit zusätzlichen Kraftwerksblöcken zur Bereitstellung der gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsreserven im Umfang des größten ungarischen Kraftwerksblocks wären Investitionen im Umfang von 1,2 Mrd. EUR erforderlich.

    f)

    Die finanziellen Verluste infolge eines eingeschränkten Betriebs einer der beiden benachbarten Atomkraftwerke zur Herstellung des Netzausgleichs würden sich auf insgesamt 1,2 Mrd. EUR belaufen.

    g)

    Im EPC-Vertrag nicht enthaltene Steuern und Abgaben könnten Kosten von weiteren 1,8 Mrd. EUR verursachen.

    (126)

    Im Vorbringen wird erläutert, dass die in Erwägungsgrund 125 genannten Kostenpositionen zu den Kosten des Vorhabens hinzuzurechnen seien; dadurch würde sich der interne Zinsfuß (IRR) des Vorhabens drastisch verschlechtern. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass auch Verzögerungen und eine kürzere Laufzeit des Kraftwerks den IRR beeinträchtigen würden.

    Die Candole-Studie

    (127)

    In der Candole-Studie wird die Rentabilität des Vorhabens Paks II ausgehend von den Annahmen und den Angaben der Wirtschaftsstudie geprüft. Insbesondere wird festgestellt, dass die Preisprognosen der Wirtschaftsstudie zu optimistisch sein könnten und dass sich bei realistischeren Prognosen selbst unter Zugrundelegung der operativen Annahmen der Wirtschaftsstudie eher Verluste für das Vorhaben ergeben könnten.

    (128)

    Um diese Argumentation zu verdeutlichen, wird in der Candole-Studie eine eigene langfristige Prognose des Strompreises entwickelt. Die künftige langfristige Strompreisentwicklung wird unter Berücksichtigung der Kohle-, Öl- und Gaspreisprognosen des World Energy Outlook der Internationalen Energieagentur aus dem Jahr 2015 (IEA WEO 2015) prognostiziert; zudem werden die Grenzkosten der Stromerzeugung mit verschiedenen Kraftwerkstypen berechnet (49). Außerdem wird eine eigene Prognose für mehrere Zukunftsszenarien des IEA WEO 2015 erstellt: i) das „New-Policies-Szenario“, das die für die Energiemärkte relevanten politischen Ansätze und die einige Monate vor Drucklegung des IEA WEO 2015 angenommenen Umsetzungsmaßnahmen sowie politische Absichtserklärungen berücksichtigt, ii) das „Current-Policies-Szenario“, das die politischen Maßnahmen beschreibt, die innerhalb der letzten Monate vor Drucklegung der Candole-Studie angenommen wurden, und iii) das „Low-Oil-Price-Szenario“, in dem die Auswirkungen anhaltend niedrigerer Preise (infolge niedrigerer Ölpreise) auf das Energiesystem untersucht werden (50). Die folgende Abbildung veranschaulicht die entsprechenden Prognosen für die langfristige Entwicklung der Strompreise bei den drei Szenarien.

    Abbildung 12

    Langfristige Prognose der Strompreisentwicklung (EUR/MWh)

    Image

    Quelle:

    Candole Partners.

    (129)

    Die Abbildung zeigt, dass beim Current-Policies-Szenario etwas höhere Strompreise zu erwarten sind; beim Low-Oil-Price-Szenario hingegen ist mit deutlich stärker sinkenden Strompreisen zu rechnen als bei dem in den Vorbringen von Ungarn zugrunde gelegten mittleren New-Policies-Szenario.

    (130)

    Zusätzlich zu den Prognosen in Abbildung 12 wird in der Candole-Studie auch die Prognose des IEA WEO 2015 bezüglich der Entwicklung der Strompreise beim Low-Oil-Price-Szenario für Termingeschäfte (Stand: Februar 2016) an der deutschen und der ungarischen Strombörse verglichen. Die betreffenden Entwicklungen sind Abbildung 13 zu entnehmen:

    Abbildung 13

    Langfristige Prognose der Strompreisentwicklung (EUR/MWh)

    Image

    Quelle:

    Candole Partners.

    (131)

    Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass bis 2022, wenn Verträge mit Deutschland und Österreich vereinbart werden können, die Preise für Termingeschäfte auf dem deutschen Markt unter der Preisprognose des IEA WEO 2015 für das Low-Oil-Price-Szenario liegen. Dies gilt auch für Termingeschäfte an der ungarischen Börse bis zum Jahr 2019 (51).

    (132)

    Ausgehend von diesen Erwägungen wird in der Candole-Studie festgestellt, dass das Vorhaben Paks II nach den Prognosen der Wirtschaftsstudie für die langfristige Entwicklung der Strompreise selbst dann defizitär wäre, wenn die operativen Annahmen der Wirtschaftsstudie zugrunde gelegt würden (52).

    Das Vorbringen von EK

    (133)

    Im Vorbringen von EK werden potenzielle Mängel des Einleitungsbeschlusses der Kommission sowie problematische Punkte in der Wirtschaftsstudie Ungarns hervorgehoben. Außerdem wird auf einige mögliche Risiken des Vorhabens hingewiesen. Und schließlich wurde mit dem Vorbringen von EK die Felsmann-Studie als quantitative Analyse der Wirtschaftlichkeit von Paks II vorgelegt. In der Studie wird der Kapitalwert des Vorhabens Paks II ausgehend von den operativen Kosten des bestehenden Atomkraftwerks Paks ermittelt und festgestellt, dass das Vorhaben bei den meisten berücksichtigten Szenarien defizitär wäre.

    (134)

    Bezüglich des Einleitungsbeschlusses wird im Vorbringen von EK betont, dass einige Kostenpositionen bei der Bewertung im Einleitungsbeschluss nicht oder nicht vollständig berücksichtigt wurden. Beispielsweise sei nicht klar, in welchem Umfang die potenziellen Zusatzkosten der nuklearen Sicherheit, die durch die Einbindung der beiden neuen Reaktoren von Paks II in das Stromnetz anfallenden Kosten des Netzausbaus oder die Kosten der Einrichtung eines geeigneten Kühlsystems in dem im EPC-Vertrag genannten Betrag enthalten seien. Außerdem werden Zweifel daran geäußert, dass die Kosten vorläufiger Untersuchungen sowie die Kosten in Verbindung mit der Beschaffung von Genehmigungen und mit Kommunikationsmaßnahmen angemessen einbezogen worden seien.

    (135)

    Die Kosten in Höhe von 2,1-2,7 EUR/MWh für die Entsorgung von Abfällen und für die Stilllegung könnten zudem zu gering angesetzt sein, da sich die Kosten beim bestehenden Atomkraftwerk Paks bereits auf 4,5 EUR/MWh belaufen. Darüber hinaus wird auf die Belastung künftiger Haushalte der Zentralregierung durch das Vorhaben hingewiesen, aus der sich Konflikte mit dem statistischen Rechnungslegungssystem und mit der Schuldengrenze der Union ergeben würden (53). Abschließend wird in dem Vorbringen das Korruptionsrisiko in erster Linie aufgrund des Umfangs des Vorhabens und des Informationsvorteils für den Lieferanten und die Eigentümerin verwiesen (54).

    (136)

    Hinsichtlich der von Ungarn erstellten Wirtschaftsstudie wird in diesem Vorbringen die in den Berechnungen zugrunde gelegte hohe Auslastung (92 %) in Zweifel gezogen, insbesondere während des Zeitraums des gleichzeitigen Betriebs von Paks II und des Atomkraftwerks Paks und in nachfrageschwachen Zeiten; außerdem wird die Richtigkeit der Preisprognosen der Studie in Frage gestellt.

    (137)

    Für die verschiedenen Risikotypen des Vorhabens werden im Vorbringen von EK die potenziellen Auswirkungen von Verzögerungen des Vorhabens und von Kostensteigerungen sowie die Notwendigkeit weiterer staatlicher Unterstützung während der Laufzeit des Vorhabens betont.

    (138)

    Zur Begründung der Bedenken bezüglich der Wirtschaftlichkeit von Paks II wird im Vorbringen von EK auf die Felsmann-Studie verwiesen. In dieser Studie wird der Kapitalwert von Paks II ausgehend von den operativen Kosten des bestehenden Atomkraftwerks Paks (einschließlich einer umfangreichen Halbzeit-Überholung des Kraftwerks), einigen alternativen Annahmen für die Auslastung (75 %, 85 % und 92 %) und verschiedenen Strompreisprognosen ermittelt, die öffentlich zugänglichen Quellen entnommen wurden (z. B. Energy Information Administration (USA) und National Grid (Vereinigtes Königreich)). Die Studie gelangt zu dem Schluss, dass das Vorhaben bei den meisten berücksichtigten Szenarien Verluste erwirtschaften würde und dass insoweit eine staatliche Beihilfe vorläge.

    Die Regierung Österreichs

    (139)

    Österreich betrachtet den Bau und den Betrieb von Atomkraftwerken als unwirtschaftlich, wenn nach dem Verursacherprinzip alle verbundenen Kosten berücksichtigt würden. Die Investitionen Ungarns in Paks II seien mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers nicht vereinbar. Es gebe keine Belege dafür, dass die Wirtschaftsstudien, die Ungarn der Kommission vorgelegt habe, mit gebührender Sorgfalt erstellt worden seien oder dass die bei den Berechnungen zugrunde gelegten Kosten tatsächlich alle potenziellen Kosten unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips beinhalteten.

    (140)

    Zudem seien auch die übrigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe erfüllt.

    Weitere Vorbringen zum Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

    (141)

    Paks II erklärte, im Einleitungsbeschluss sei fälschlicherweise von einer einzigen Preisprognose ausgegangen worden, insbesondere hinsichtlich der langfristigen Entwicklung des Vorhabens. Außerdem habe die Kommission die Betriebs- und Instandhaltungskosten des bestehenden Atomkraftwerks Paks fälschlicherweise mit den Betriebs- und Instandhaltungskosten der Reaktorblöcke 5 und 6 der neuen Generation III+ gleichgesetzt. Darüber hinaus betont Paks II, die ursprüngliche Investitionsentscheidung sei bei Unterzeichnung des EPC-Vertrags getroffen worden und die entsprechende Verpflichtung sei nur mit Blick auf die Entwicklungsphase der Investition eingegangen worden, da sich Paks II zur Übernahme der in der Bauphase anfallenden Kosten ab einem festgelegten künftigen Zeitpunkt verpflichtet hatte. Paks II zufolge kann die Gesellschaft je nach Entwicklung der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens infolge externer Änderungen der Marktbedingungen bis zu diesem künftigen Zeitpunkt entscheiden, das Vorhaben nicht weiterzuverfolgen; diese Möglichkeit sei jedoch eher unwahrscheinlich. Darüber hinaus verweist Paks II auf den von Rothschild & Co im Auftrag der ungarischen Regierung erstellten Bericht (im Folgenden die „Rothschild-Studie“) (55), der zu dem Schluss gelangt, dass die IRR-Spanne bis zu 12 % betragen könne und damit erheblich über der im Einleitungsbeschluss der Kommission genannten Spanne von 6,7-9 % liege. Abschließend erklärt Paks II, die von der Kommission errechneten WACC- und die IRR-Spannen überschnitten sich; daher sei von dem Vorhaben ein angemessener Ertrag zu erwarten.

    (142)

    Die Enersense Group ist der Auffassung, dass die von der Kommission verwendete WACC-Formel insoweit nicht exakt sei, als die Kommission diese Formel mit übermäßig konservativen Faktoren entwickelt habe. Die angemessenen Fremdkapitalkosten für die Ermittlung der WACC bei der Prüfung unter Zugrundelegung des Verhaltens eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers (MEIP) lägen bei 4,5 % vor Steuern bzw. 3,6 % nach Steuern mit geringfügigen planmäßigen Anpassungen während des berücksichtigten Zeitraums. Da der russische Lieferant Finanzmittel im Umfang von etwa 80 % des Auftragspreises bereitstelle, müsse entsprechend der Herkunft der Finanzmittel auch bei der Ermittlung der Eigenkapitalrendite von einer Quote von 80 % ausgegangen werden; dies werde auch bei anderen Atomkraftwerken so gehandhabt. Bei angenommenen Eigenkapitalkosten von 11 %, Fremdkapitalkosten von 3,6 % nach Steuern und einer Reduzierung um 80 % infolge der Hebelfinanzierung müssten die WACC mit 5,1 % angesetzt werden. Die WACC würden sich damit auf 6,2 % erhöhen, wenn eine Reduzierung aufgrund einer Hebelfinanzierung von 65 % angenommen würde. Als Schlussfolgerung wird festgestellt, dass sich die Eigenkapitalrendite bei Zugrundelegung marktbezogener Fremdkapitalkosten und nach dem Faktor der Hebelfinanzierung deutlich verbessern würde.

    (143)

    Die Beteiligten sind zudem der Auffassung, dass die WACC nach dem Anschluss des Kraftwerks an das Stromnetz erheblich zurückgehen würden und dass der Wert des Unternehmens steigen würde. Daher könnte das Kraftwerk teilweise oder vollständig zu einem mit anderen derzeit in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken vergleichbaren Preis veräußert werden. In den Berechnungen der Kommission im Einleitungsbeschluss werde diese Anlageflexibilität nicht berücksichtigt.

    (144)

    Außerdem gingen bei der Kommission Stellungnahmen zur Bedeutung einer umfassenden Bewertung und Berücksichtigung der Opportunitätskosten eines Ausschlusses der Kernenergie aus dem nationalen Energiemix vor dem Hintergrund erheblicher Änderungen des Portfolios der bestehenden Erzeugungskapazitäten ein. Diesen Stellungnahmen zufolge müsse neben den Modellen zur Eigenkapitalrendite oder zum diskontierten Cashflow auch berücksichtigt werden, dass das Vorhaben Paks II eine erhebliche Investition in einem bestehenden Sektor darstelle, in dem eine Wertschöpfung erfolge; insoweit sei das Vorhaben nicht mit einer bloßen „Wertpapieranlage“ oder einem kurzfristigen Spekulationsgeschäft gleichzusetzen. Diese Aspekte müssten in die Berechnungen der Kommission zur Wirtschaftlichkeit des Vorhabens einbezogen werden.

    (145)

    Mehrere Stellungnahmen beziehen sich auf die Schlussfolgerung der Rothschild-Studie, dass das Vorhaben zu Marktbedingungen wirtschaftlich sein könne, selbst wenn von sehr pessimistischen Annahmen ausgegangen würde. Einige Beteiligte erklären, die entscheidenden Annahmen hinsichtlich der künftigen Strompreise seien verhältnismäßig moderat, und die Preise dürften nach 2025 anziehen. Insoweit sei davon auszugehen, dass Paks II keinen Vorteil erlange.

    (146)

    In einigen Stellungnahmen wurde darauf hingewiesen, dass das Vorhaben in einer schlüsselfertigen Lieferung nach Maßgabe eines EPC-Vertrags bestehe, die das Vorhaben für jeden marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers attraktiv mache; insoweit investiere Ungarn zu Marktbedingungen.

    4.2.   STELLUNGNAHMEN ZUR MÖGLICHEN VEREINBARKEIT DER MASSNAHME MIT DEM BINNENMARKT

    4.2.1.   STELLUNGNAHMEN ZUM ZIEL VON GEMEINSAMEM INTERESSE

    (147)

    Österreich, die IG Windkraft, die Oekostrom AG und andere Beteiligte erklären, die Subventionierung des Baus und des Betriebs neuer Atomkraftwerke sei nach den Grundsätzen in Artikel 107 Absatz 3 AEUV mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar. Kernenergie sei keine neue, innovative oder nachhaltige Technologie zur Stromerzeugung, die zur Erreichung des Unionsziels der Steigerung des Anteils der Energiegewinnung aus erneuerbaren Energiequellen beitragen würde. Daher dürfe für das Vorhaben auch keine befristete Unterstützung bis zum Erlangen der Marktreife gewährt werden.

    (148)

    Österreich ist der Auffassung, dass Artikel 2 Buchstabe c und Artikel 40 des Euratom-Vertrags die Bewertung der Förderung neuer Investitionen im Bereich der Kernenergie als Ziel von gemeinsamem Interesse nicht zuließen, da aus dem Euratom-Vertrag in keiner Weise auf das Vorliegen eines gemeinsamen Interesses im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 AEUV geschlossen werden könne. Außerdem stünde ein solches Ziel im Widerspruch zu anderen Zielen der Union nach Maßgabe des AEUV, nämlich zum Vorsorgeprinzip nach Artikel 191 und zum Grundsatz der Nachhaltigkeit nach dem Programm „Horizont 2020“ (56).

    (149)

    Mehreren Vorbringen zufolge würde das Vorhaben zu europaweiten Zielen der Einrichtung von Kernanlagen und der Weiterentwicklung der Nuklearforschung beitragen, die auch im Euratom-Vertrag als solche anerkannt würden.

    (150)

    In vielen Stellungnahmen wird betont, dass die Kernenergie eine saubere, kohlenstoffarme Energiequelle sei; die Kommission müsse anerkennen, dass dieses gemeinsame Ziel der Union diese Investition rechtfertige.

    (151)

    Einige Stellungnahmen verweisen auf Artikel 194 Absatz 2 AEUV, nach dem die Mitgliedstaaten selbst über ihren Energiemix entscheiden können. In den Stellungnahmen wird betont, dass der von Ungarn angestrebte Energiemix Bestandteil der nationalen Energiestrategie sei und die Nutzung der Kernenergie gemeinsam mit Kohle und mit nachwachsenden Rohstoffen vorsehe. Insoweit könne die Investition zu rechtfertigen sein.

    (152)

    Darüber hinaus gingen bei der Kommission Stellungnahmen ein, in denen unterstrichen wird, dass die Kernenergie eine sehr langfristige, sichere und zuverlässige Energiequelle im ungarischen Energiemix sei. Diesen Stellungnahmen zufolge könnte aus Kernenergie erzeugter Strom, in der Regel mit hoher Kapazität (zwischen 85 und 90 %), erheblich zur langfristigen Versorgungssicherheit beitragen. Andere Beteiligte erklärten, wegen der bis 2030 zu erwartenden erheblichen Lücke der installierten Kapazität infolge der schrittweisen Abschaltung der bestehenden Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Paks sowie aufgrund der Abhängigkeit von Stromimporten könnte das Vorhaben in idealer Weise dazu beitragen, die Versorgungssicherheit Ungarns zu gewährleisten und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern.

    (153)

    Gegenüber der Kommission wurde erläutert, die Durchführung des Vorhabens würde zum Wachstum innerhalb der Region beitragen, hauptsächlich durch die Schaffung von Arbeitsplätzen. In einigen Stellungnahmen wird außerdem darauf hingewiesen, dass das Vorhaben Unternehmen unterschiedlichen Umfangs in der Union beträchtliche Möglichkeiten zur Beteiligung biete und somit die Lieferkette stärke. Diesen Stellungnahmen zufolge wäre das erwartete Wachstum von gemeinsamem Interesse und könnte die Durchführung des Vorhabens rechtfertigen.

    4.2.2.   STELLUNGNAHMEN HINSICHTLICH DER GEEIGNETHEIT DER MASSNAHME

    (154)

    Die IG Windkraft und Energiaklub betrachten die Maßnahme angesichts der Kosten des Vorhabens im Vergleich zu alternativen Möglichkeiten zur Schließung der Lücke der künftigen installierten Kapazität als ungeeignet. Mit einer Beihilfe in ähnlichem Umfang könne jährlich erheblich mehr Strom erzeugt werden, wenn in andere Energiequellen (beispielsweise in Strom aus erneuerbaren Energiequellen) investiert würde.

    4.2.3.   STELLUNGNAHMEN ZUR ERFORDERLICHKEIT UND ZUR ANREIZWIRKUNG DER MASSNAHME

    (155)

    Österreich ist der Auffassung, die Kommission habe bei der Prüfung auf das Vorliegen eines Marktversagens den relevanten Marktes (d. h. den Markt für Kernenergie in Ungarn) nicht zutreffend definiert. Eigentlich sei der liberalisierte Strombinnenmarkt der EU als relevanter Markt anzusehen. Darüber hinaus erläutert Österreich, hinsichtlich der Stromerzeugung und der Lieferung auf dem Strombinnenmarkt liege kein Marktversagen vor. Die Strompreise würden vielmehr zurückgehen, teilweise infolge hinreichender Erzeugungskapazitäten. Außerdem sei Ungarn sehr gut an die Netze benachbarter Mitgliedstaaten angebunden.

    (156)

    Österreich und der IG Windkraft zufolge sind Atomkraftwerke möglicherweise kein geeignetes Mittel zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Umweltfreundlichere, flexiblere und billigere Energiequellen in kleinen, dezentralen Anlagen seien unter Umständen besser geeignet. Zudem seien bei Atomkraftwerken wegen der Kühlanforderungen Hitzewellen problematisch, und die Mitgliedstaaten seien zu nahezu 100 % auf einzuführendes Uranerz angewiesen.

    (157)

    Beteiligte erklärten ferner, im Stromsektor würden neue Erzeugungskapazitäten allein infolge der Marktkräfte entstehen. Die Abhängigkeit Ungarns von Stromimporten sei kein Marktversagen und insbesondere nicht Ausdruck eines Marktversagens, dem durch ein neues Atomkraftwerk begegnet werden könne. Den übermittelten Stellungnahmen zufolge sind Einfuhren billigeren Stroms aus anderen Mitgliedstaaten eine normale und annehmbare Wirkung eines funktionierenden Marktes und nicht als Marktversagen zu betrachten. Vielmehr zeige dies einfach, dass Produkte zum niedrigsten Marktpreis gekauft werden. Die Strompreise seien von vielen Faktoren abhängig, darunter die Rohstoffpreise sowie Angebot und Nachfrage. Insbesondere in Europa seien rückläufige Strompreise eine Reaktion auf die anhaltenden Überkapazitäten bei der Stromerzeugung. Da dies als Reaktion auf einen wirksam funktionierenden Markt betrachtet werden könne, könnten sinkende Energiepreise infolge von Einfuhren nicht als Marktversagen und als Rechtfertigung für die Schaffung neuer nuklearer Kapazität angesehen werden.

    (158)

    Selbst wenn im Stromerzeugungssektor ein Marktversagen vorgelegen haben sollte, müsse Ungarn weitere Optionen in transparenter und diskriminierungsfreier Weise prüfen.

    (159)

    In anderen Stellungnahmen wird erklärt, die Herausforderungen für Anlagen im Kernenergiebereich einschließlich des erheblichen Kapitaleinsatzes im Vorfeld und der Notwendigkeit, die Unterstützung der Öffentlichkeit und der Politik zu gewinnen, seien hinlänglich bekannt; angesichts dieser Schwierigkeiten sei es nicht angemessen, in Verbindung mit der Schaffung neuer Kernenergiekapazitäten ein Marktversagen festzustellen. Die Kommission sei in der Sache Hinkley Point C zu dem Schluss gelangt, dass ein Marktversagen vorliege; es könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass alle Investitionen im Kernenergiebereich nur mit Subventionen verwirklicht werden könnten oder dass Gründe für ein allgemeines Marktversagen im Kernenergiebereich gegeben wären.

    4.2.4.   STELLUNGNAHMEN HINSICHTLICH DER ANGEMESSENHEIT DER MASSNAHME

    (160)

    Österreich ist der Auffassung, staatliche Beihilfe müsse immer auf den erforderlichen Mindestbetrag beschränkt sein. Die Durchführung des angemeldeten Vorhabens erfolge ohne Ausschreibung; daher habe nicht festgestellt werden können, ob sich die Gesamtkosten des Vorhabens tatsächlich auf den erforderlichen Mindestbetrag beschränkten.

    (161)

    Energiaklub erklärt, die ungarischen Behörden hätten den Mindestumfang der erforderlichen finanziellen Unterstützung zur Umsetzung des Vorhabens nicht geprüft. Vielmehr hätten die ungarischen Behörden versucht, das Vorhaben vollständig zu finanzieren, möglicherweise sogar einschließlich der operativen Kosten. Außerdem beschränke sich die staatliche Beihilfe den von Ungarn vorgelegten Berechnungen zufolge nicht auf die Durchführung des Vorhabens, sondern werde auch für den Betrieb der zu bauenden Reaktorblöcke gewährt und könne damit zu einer Überkompensation von Paks II führen.

    4.2.5.   STELLUNGNAHMEN BEZÜGLICH DER WIRKUNG DER MASSNAHME AUF DEN BINNENMARKT

    (162)

    Österreich ist der Auffassung, dass staatliche Beihilfe für eine Technologie, die auf dem liberalisierten Strombinnenmarkt an sich nicht rentabel wäre, zu übermäßigen Wettbewerbsverfälschungen führe. Zudem könnten neue, nachhaltig und kostenwirksamer ausgerichtete Marktteilnehmer von einem Markteintritt abgehalten oder aus dem Markt verdrängt werden. Atomkraftwerke würden eingesetzt, um hohe Grundlastkapazitäten zu schaffen, und diesen Kapazitäten werde bei der Netzanbindung Vorrang eingeräumt, da Atomkraftwerke zu Kapazitätsanpassungen kaum in der Lage seien. Hohen Bau- und Stilllegungskosten stünden geringe operative Kosten gegenüber; dies führe zu einem Merit-Order-Effekt.

    (163)

    Österreich und die IG Windkraft erklären, mit dem Bau der neuen Atomkraftwerke erhielten die Betreiber der Kraftwerkblöcke am Standort Paks durch die höhere Marktkonzentration eine erhebliche Marktmacht; dies könne zur missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung im Sinne von Artikel 102 AEUV führen.

    (164)

    Die MVM-Gruppe und Paks II weisen darauf hin, dass nach der vollständigen Veräußerung ihrer Beteiligung an den Staat keinerlei Verbindung mehr zwischen den beiden Gesellschaften bestehe. Die MVM-Gruppe übe keinerlei direkte oder anderweitige Kontrolle auf die Verwaltung und die Leitung von Paks II aus. Außerdem seien die MVM-Gruppe und Paks II zwei getrennte Stromerzeuger und insoweit Wettbewerber wie alle anderen Unternehmen; daher bestehe kein Grund für die Annahme, dass Maßnahmen abgestimmt oder dass die beiden Unternehmen zusammengeführt würden. Die Strategie der MVM-Gruppe beinhalte zudem mögliche Investitionen, mit denen die MVM-Gruppe künftig im Wettbewerb mit Paks II stehen könnte.

    (165)

    Paks II erklärt, mit dem Vorhaben solle Ersatzkapazität für die gegenwärtigen vier Blöcke des Atomkraftwerks Paks geschaffen werden. Diese bestehenden Blöcke sollen bis Mitte der 2030er-Jahre vom Netz genommen werden, und die neuen Blöcke 5 und 6 (Paks II) wären erst Mitte der 2020er-Jahre betriebsbereit. Daher sei für eine Bewertung von Marktanteilen und für Feststellungen hinsichtlich einer beherrschenden Stellung zu diesem Zeitpunkt keine Grundlage gegeben, und eine diesbezügliche Bewertung könne nicht vorgenommen werden.

    (166)

    Mehrere Beteiligte betonten, dass der zu berücksichtigende Energiemarkt über das nationale Territorium hinausgehe und dass es dort angesichts des erheblichen Umfangs der ungarischen Stromimporte und der sehr guten Anbindung des Landes an Nachbarländer mehrere internationale Wettbewerber gebe.

    (167)

    Einige Beteiligte erklären ausdrücklich, das Vorhaben könnte sich nachteilig auf regionale Strommärkte auswirken, beispielsweise in Deutschland, wo der jährliche Grundstrompreis bis 2025 um bis zu 0,6 % fallen, bis 2030 um bis zu 1,1 % steigen und sich dann bis 2040 nochmals um bis zu 1,2 % erhöhen könne. Andere Beteiligte hingegen erläutern, dass mit erneuerbaren Energiequellen betriebene Anlagen in Deutschland wegen der neuen Reaktorblöcke in Paks II geringere Erträge erwirtschaften würden und dass die Belastung der Steuerzahler zur Finanzierung der deutschen Programme zur Förderung erneuerbarer Energiequellen zunehmen werde, während Anbieter „grauen Stroms“ bis 2030 Einsparungen von bis zu 1,02 % jährlich erzielen könnten.

    4.3.   WEITERE STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN

    (168)

    In einigen Stellungnahmen wird betont, dass die Einzelheiten des Vorhabens in Ungarn nicht in vollem Umfang veröffentlicht wurden. Außerdem sei der Beschluss über Paks II technisch nicht gerechtfertigt, da es keine vorbereitenden Untersuchungen dazu gegeben habe, wie eine Investition in Maßnahmen zur Energieeinsparung und in erneuerbare Energiequellen in gleichem Umfang zur Verbesserung der Versorgungssicherheit hätte beitragen können. Da weder die breite Öffentlichkeit noch Fachleute einbezogen worden seien, dürfe dieses Vorhaben nicht umgesetzt werden.

    (169)

    In manchen Vorbringen wurde auf die mit Atomkraftwerken verbundene Gefahr hingewiesen. In anderen Stellungnahmen wurden Bedenken hinsichtlich des Umgangs von Ungarn und Paks II mit Störfällen sowie mit der sicheren Entsorgung nuklearer Abfälle geäußert.

    (170)

    In weiteren Stellungnahmen wurde das Fehlen eines Ausschreibungsverfahrens bei der Benennung des mit dem Bau der neuen Reaktorblöcke zu beauftragenden Unternehmens unterstrichen; dies stehe im Widerspruch zu Vorschriften des Unionsrechts. MEP Jávor betrachtet den mutmaßlichen Verstoß gegen Unionsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge als inhärent und untrennbar mit der Maßnahme verbunden, da Russland Ungarn seines Erachtens für das Vorhaben Paks II kein Darlehen gewährt hätte, ohne sich die Investition für Rosatom zu sichern; dadurch seien die Unionsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge umgangen worden. Die Prüfung, ob die Inanspruchnahme des russischen Darlehens eine rechtswidrige staatliche Beihilfe darstelle, sei nicht von der Tatsache der Umgehung der Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge zu trennen; zwischen beidem bestünden intrinsische Zusammenhänge, und die Wirkung müsse gemeinsam bewertet werden.

    (171)

    In mehreren Stellungnahmen wurde Beschwerde dagegen erhoben, dass das Vorhaben mithilfe eines russischen Darlehens durchgeführt werde. Dadurch werde die Abhängigkeit von Brennstoffen sowie die finanzielle Abhängigkeit erhöht und gleichzeitig die EU-Strategie zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit konterkariert, indem Marktteilnehmer aus der Union vom Aufbau eines unionsweiten Netzes und einer unionsweiten Infrastruktur abgehalten würden.

    (172)

    Einige Beteiligte sind der Auffassung, dass Ungarn die Vorschriften von Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (57) hätte einhalten müssen, als Ungarn den Beschluss über die Erfordernis neuer Stromkapazitäten traf. In diesem Fall sei keine Ausschreibung und kein hinsichtlich der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit gleichwertiges Verfahren zur Beschaffung neuer Kapazitäten durchgeführt worden. Daher könnte die Investition in Paks II gegen Unionsrecht verstoßen.

    (173)

    Einige Beteiligte sind der Auffassung, eine staatliche Beihilfe dürfe dann nicht gewährt werden, wenn der Verursacher einer Verschmutzung entgegen dem Geist der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen (58) nicht für die Kosten der Verschmutzung aufkommen müsse.

    4.4.   ANTWORT UNGARNS AUF DIE STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN

    (174)

    Ungarn übermittelte seine Antwort auf Stellungnahmen von Beteiligten zum Einleitungsbeschluss (im Folgenden „Antwort auf Stellungnahmen von Beteiligten“) am 8. April 2016.

    (175)

    Darin widerspricht Ungarn nachdrücklich den Stellungnahmen Österreichs sowie von Greenpeace Energy und Energiaklub und von MEP Benedek Jávor, in denen die Beteiligten erklärten, die Kosten aufgrund von Sicherheits- und Umweltschutzvorschriften sowie die Kosten der Fremdfinanzierung, der erforderlichen Versicherungen, der Sicherheitsmaßnahmen, der Entsorgung von Abfällen, der Stilllegung, der Einrichtung von Verbindungsleitungen und erforderlicher Nachrüstungen seien in der Analyse Ungarns nicht berücksichtigt worden; Ungarn betrachtet diese Beteiligten als falsch informiert und ihre Vorbringen als unbegründet.

    (176)

    In der Antwort wird detailliert auf die Stellungnahme von MEP Benedek Jávor eingegangen. Im Einzelnen erläutert Ungarn Folgendes:

    Die Kosten aller erforderlichen sicherheitsbezogenen Investitionen seien im EPC-Vertrag berücksichtigt worden;

    die Entscheidung für das direkte Kühlsystem beruhe auf der Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens;

    die Kosten der Abfallentsorgung und der Stilllegung seien von der Behörde für die Entsorgung radioaktiver Abfälle nach Maßgabe des Gesetzes CXVI von 1996 über die Kernenergie ermittelt worden;

    die Kosten in Verbindung mit dem Netzanschluss von Paks II seien in der Finanzanalyse des Vorhabens berücksichtigt worden;

    hinsichtlich der Erzeugungsleistung werde es in nachfrageschwachen Zeiten weder beim Atomkraftwerk Paks noch bei Paks II Reduzierungen geben, da Paks II ältere bestehende Erzeugungskapazitäten ersetzen solle, die schrittweise vom Netz genommen würden;

    bei einer modernen Technologie der Generation III+ könne über die gesamte Laufzeit von Paks II mit Sicherheit eine verhältnismäßig hohe Auslastung (≥ 90 %) angenommen werden;

    die Annahme einer Laufzeit von 60 Jahren sei selbst bei den weniger zuverlässigen Kraftwerken der Generation III international als Standard anerkannt;

    das Vorhaben sei umsatzsteuerneutral, und da ein erheblicher Teil der erforderlichen Leistungen von Anbietern mit Sitz in der EU erbracht werde, seien die Zölle nicht genau geschätzt/berechnet worden.

    (177)

    Ungarn habe umfangreiche Sensitivitätsanalysen durchgeführt, um die Auswirkungen von Annahmen und Variablen wie etwa der Laufzeit eines Kraftwerks, der Betriebs- und Instandhaltungskosten, der Abfallentsorgung und der Stilllegung sowie makroökonomische Faktoren zu berücksichtigen (Wechselkurse und Inflation, unterschiedliche Szenarien für die Entwicklung der Marktpreise, Verzögerungen usw.), und die Sensitivitätsanalyse belege uneingeschränkt die Schlussfolgerung, dass die Maßnahme nicht als staatliche Beihilfe anzusehen sei.

    (178)

    Hinsichtlich der eingegangenen Stellungnahmen zur möglichen Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt bekräftigt Ungarn mehrere bereits früher vorgetragene Begründungen in Bezug auf die freie Wahl und die Diversifizierung des Erzeugungsmix, die Notwendigkeit der Schaffung von Ersatzkapazitäten, die Dekarbonisierung, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Bezahlbarkeit und erwartete Multiplikatorwirkungen.

    (179)

    Ungarn widerspricht der Darstellung Österreichs, dass das Ziel des Euratom-Vertrags hinsichtlich der „Entwicklung der Kernenergie in der Gemeinschaft“ bereits erreicht sei und in Anbetracht der technischen Entwicklung und der großen Anzahl der in Europa gebauten Atomkraftwerke nicht zur Begründung eines gemeinsamen Interesses im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 AEUV herangezogen werden könne. Ungarn zufolge wird bei dieser Darstellung das Ziel der Entwicklung nuklearer Erzeugungskapazität mit dem Begriff der Technologie vermischt, der allerdings kein feststehender Begriff sei. Der Euratom-Vertrag sei weiterhin Bestandteil der verfassungsrechtlichen Bestimmungen der Union und unverändert gültig. Und schließlich betont Ungarn, dass Österreich und Greenpeace keine Rechtsprechung zitiert hätten, nach der Ziele von gemeinsamem Interesse zwangsläufig befristet oder in sonstiger Weise begrenzt seien.

    (180)

    Zur Diversifizierung des Energiemixes weist Ungarn die Darstellungen Österreichs und des österreichischen Windenergieverbandes bezüglich einer unionsweiten Abhängigkeit von Uranimporten zurück und betont, dass eine beträchtliche Vielfalt und ein großes Angebot an Uran aus beträchtlichen noch ungenutzten Vorkommen bestehe. Ungarn erklärt, die bloße Tatsache der Endlichkeit einer Ressource bedeute nicht, dass die Verwendung dieser Ressource nicht nachhaltig sei, und bezieht sich auf eine Stellungnahme der Energiewirtschaftlerin Loreta Sankeviciute im Auftrag der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) (59), nach der „Kernenergie gemessen an zahlreichen Nachhaltigkeitsindikatoren im Vergleich positiv zu bewerten ist“.

    (181)

    Ungarn betont, dass einige Sachvorträge in Bezug auf die Notwendigkeit einer Dekarbonisierung durch die Nutzung nuklearer Energiequellen zutreffend seien, da Technologien unter Nutzung erneuerbarer Energiequellen mit hohen Kosten verbunden und zur kontinuierlichen Stromerzeugung nicht geeignet seien. Subventionierte Festpreise für Energie aus erneuerbaren Energiequellen seien mit einem freien Markt nicht vereinbar; Greenpeace habe erläutert, dass Vereinbarungen über Stromlieferungen zu Festpreisen bei niedrigeren Marktpreisen weniger vorteilhaft seien, wenngleich Paks II nicht beabsichtige, den erzeugten Strom auf der Grundlage von Festpreisverträgen zu verkaufen.

    (182)

    Ungarn zitiert mehrere Quellen, denen zufolge die Maßnahme den Wettbewerb nicht unzumutbar verfälsche, und betont, dass die Kommission keine Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt hatte (wie von Greenpeace vermutet), sondern sich eher auf die Frage des Vorliegens einer Beihilfe konzentrierte.

    (183)

    In diesem Zusammenhang (mögliche Wettbewerbsverfälschungen) weist Ungarn die Darstellung von Greenpeace zurück, dass es einen Festtarif (ähnlich wie in der Sache Hinkley Point C) festsetzen werde, um den langfristigen Betrieb von Paks II zu unterstützen.

    (184)

    Ungarn bestreitet Feststellungen, nach denen für das Vorhaben Investitionen in erneuerbare Energiequellen in Ungarn und in Nachbarländern verhindert würden. Die nationale Energiestrategie sehe erneuerbare Energiequellen parallel zur Nutzung der Kernenergie vor, und die künftige Lücke der installierten Kapazität könne allein mithilfe der Kernenergie nicht geschlossen werden. Die zusätzlichen nuklearen Kapazitäten würden daher einem Ausbau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen nicht entgegenstehen. Die im Vorbringen von Greenpeace enthaltene Marktanalyse von Energy Brainpool gehe von einem Einsatz erneuerbarer Energiequellen entsprechend der nationalen Zielvorgabe Ungarns für erneuerbare Energiequellen aus.

    (185)

    Ungarn bekräftigt erneut die Darstellung der MVM-Gruppe, dass ein Zusammenschluss der MVM-Gruppe mit Paks II nicht beabsichtigt und daher auch keine Konzentration des Marktes zu erwarten sei. Außerdem schließt Ungarn sich der Erklärung der MVM-Gruppe an, dass deren Strategie die Möglichkeit von Investitionen vorsehe, mit denen die MVM-Gruppe künftig im Wettbewerb mit Paks II stehen könnte.

    (186)

    Ferner betont Ungarn nochmals, dass sich der zu prüfende Markt angesichts der ausgeprägten Anbindungen des ungarischen Stromnetzes nicht auf den ungarischen Staat beschränken dürfe. In diesem Zusammenhang sei die Wirkung der Maßnahme vernachlässigbar. Darüber hinaus zieht Ungarn die Methode der von Energy Brainpool im Auftrag von Greenpeace durchgeführten Analyse der potenziellen Wirkung des Vorhabens auf regionale Strommärkte (beispielsweise in Deutschland) in Zweifel. Der zugrunde liegende Ansatz beinhalte eine Bewertung der Wirkung des Vorhabens ausschließlich vor nationalem Hintergrund ohne Berücksichtigung der Bedeutung von Energieimporten nach Ungarn und übertrage diese Bewertung auf Deutschland in der impliziten Annahme, dass auf dem deutschen Strommarkt die gleichen Auswirkungen zu erwarten seien wie in Ungarn. Die Analyse weise Mängel insoweit auf, als sie von der bestehenden Verbindungskapazität ausgehe und künftige zusätzliche Verbindungen außer Acht lasse, die Bestandteil der Zielsetzungen der Union seien.

    (187)

    Hinsichtlich der sicherheitsbezogenen Erwägungen erläutert Ungarn, das Land habe mit den vier bestehenden Reaktorblöcken beträchtliches Wissen und erhebliche Erfahrung erworben. Die ungarische Kernenergiebehörde (die Lizenzen für Nuklearanlagen erteilt) sei bereits in hohem Maße mit der WWER-Technologie vertraut und habe ein zweijähriges internes Ausbildungsprogramm im Zusammenhang mit dieser Technologie entwickelt. In das Programm seien auch Mitglieder der Regulierungsbehörde mit erheblicher einschlägiger akademischer und praktischer Erfahrung einbezogen, und das Programm beinhalte die Aus- und Weiterbildung neuer Mitarbeiter für die ihnen innerhalb der Regulierungsbehörde obliegenden Aufgaben und Verpflichtungen.

    (188)

    Außerdem betont Ungarn, dass die Umweltschutzbehörde und die Regulierungsbehörde unabhängig voneinander seien; dies gewährleiste einen verlässlichen und objektiven Sicherheitsrahmen. Die technischen Anforderungen des Vorhabens hinsichtlich der nuklearen Sicherheit seien unter Kombination ungarischer Rechtsvorschriften mit den Vorschriften für europäische Versorgungsunternehmen und mit den Sicherheitsempfehlungen der IAEO und der WENRA (Western European Nuclear Regulators Association) sowie unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus dem Reaktorunglück in Fukushima entwickelt worden.

    (189)

    Zu den Stellungnahmen betreffend den scheinbaren Mangel an Transparenz bei der Vorbereitung des Vorhabens erläuterte Ungarn, die nötige Transparenz sei durch den parlamentarischen Entscheidungsprozess gegeben. Der parlamentarische Prozess gewährleiste allen Beteiligten sowie den Behörden einschließlich der Kommission den Zugang zu allen relevanten Informationen. Im Rahmen dieses Prozesses seien alle Berichte unabhängiger Sachverständiger einschließlich der Wirtschaftsanalysen des Vorhabens veröffentlicht worden, und alle Materialien im Zusammenhang mit Umweltverträglichkeitsprüfungen seien in mehreren Sprachen bereitgestellt worden.

    (190)

    Zudem verweist Ungarn auf öffentliche Konsultationen, die der für das Vorhaben zuständige Regierungskommissar zwischen dem 17. März und dem 4. Mai 2015 durchgeführt habe und in denen die potenziellen Umweltauswirkungen des Baus und des Betriebs von Paks II erörtert worden seien. Ungarn habe ferner alle benachbarten Drittländer (EU-Länder und Nicht-EU-Länder) über das Vorhaben unterrichtet und in mehreren Ländern insgesamt neun öffentliche Konsultationen zu dem Vorhaben durchgeführt.

    (191)

    Im Zusammenhang mit Stellungnahmen, nach denen die Durchführung des Vorhabens gegen Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (60) und gegen Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (61) verstoße, erläutert Ungarn, dass das IGA und die Durchführungsabkommen weder unter den AEUV noch unter die Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU fielen. Selbst wenn der AEUV zur Anwendung kommen sollte, gelte für das IGA und die Durchführungsabkommen die spezifische Ausnahme für internationale Abkommen nach Artikel 22 der Richtlinie 2014/25/EU bzw. die technische Ausnahme nach Artikel 50 Buchstabe c dieser Richtlinie; daher seien die Unionsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge auf diese Abkommen nicht anwendbar. Im IGA seien klare Verfahren für den Abschluss von Durchführungsabkommen vorgegeben, einschließlich spezifischer Vorschriften für die Benennung von Unternehmen und für die Vergabe von Unteraufträgen.

    (192)

    Ungarn weist ferner die Stellungnahmen zurück, denen zufolge Ungarn gegen Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG verstoße. Diese Richtlinie sei auf das Vorhaben nicht anwendbar, weil für das Vorhaben ausschließlich der Euratom-Vertrag gelte, der Vorrang vor den Bestimmungen des AEUV sowie vor allen daraus abgeleiteten sekundären Rechtsvorschriften habe. Die ungarischen Behörden betonen zudem, da das Vorhaben ihrer Auffassung nach keine staatliche Beihilfe beinhalte, seien die Vorschriften der Richtlinie 2009/72/EG für Ausschreibungen zur Beschaffung von Versorgungskapazitäten nicht anwendbar.

    (193)

    Und schließlich verweist Ungarn auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (62), nach der im Zusammenhang mit einer Beihilfeprüfung nicht zu berücksichtigen ist, ob gegen eine Vorschrift des Unionsrechts verstoßen wurde. Daher ist Ungarn der Auffassung, dass etwaige Verstöße gegen die Stromrichtlinie nicht im Rahmen der förmlichen Beihilfeprüfung untersucht werden könnten. Außerdem verweist Ungarn auf den Beihilfebeschluss der Kommission in der Sache Hinkley Point C und erklärt, dass nach Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG anstelle der vorgesehenen Ausschreibungen hinsichtlich der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit gleichwertige Verfahren zur Anwendung kommen könnten. Die Vergabe von Unteraufträgen erfolge nach den Grundsätzen der Diskriminierungsfreiheit und der Transparenz.

    4.5.   WEITERE STELLUNGNAHMEN UNGARNS IN DER ANTWORT AUF DIE AN DIE KOMMISSION ÜBERMITTELTEN STELLUNGNAHMEN

    (194)

    In seiner Antwort auf die an die Kommission übermittelten Stellungnahmen erläutert Ungarn, dass in der Mitteilung der Kommission über ein Hinweisendes Nuklearprogramm (PINC) (63) festgestellt werde, dass zwischen 2015 und 2050 Investitionen in Milliardenhöhe (geschätzt zwischen 650 und 760 Mrd. EUR) in Kernenergie erforderlich seien, um künftig die unionsweite Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten.

    5.   WÜRDIGUNG DER MASSNAHME

    5.1.   VORLIEGEN EINER BEIHILFE

    (195)

    Eine Maßnahme stellt dann eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar, wenn sie vier kumulative Voraussetzungen erfüllt. Erstens muss die Beihilfemaßnahme vom Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährt werden. Zweitens muss einem Begünstigen durch die Maßnahme ein Vorteil gewährt werden. Drittens muss die Maßnahme bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigen (d. h., die Maßnahme muss in gewissem Umfang selektiv sein). Und viertens muss die Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb im Binnenmarkt zu verfälschen.

    (196)

    In Abschnitt 3.1 des Einleitungsbeschlusses hat die Kommission vorläufig festgestellt, dass Paks II mit der Maßnahme ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt werden könnte, dass die Maßnahme eine staatliche Beihilfe beinhaltet, da sie aus dem ungarischen Staat zuzurechnenden staatlichen Mitteln gewährt wurde, dass die Maßnahme selektiv ist und dass sie geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb im Binnenmarkt zu verfälschen. Die Kommission hat während der förmlichen Prüfung keine Gründe gefunden, von dieser Bewertung der betreffenden Aspekte abzuweichen.

    5.1.1.   WIRTSCHAFTLICHER VORTEIL

    (197)

    Die Kommission hat geprüft, ob mit der Maßnahme ein wirtschaftlicher Vorteil für Paks II dadurch verbunden wäre, dass Paks II Eigentümerin und Betreibergesellschaft der beiden vollständig vom ungarischen Staat finanzierten neuen Kernreaktoren wäre. Ferner hat die Kommission geprüft, ob das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils für Paks II ausgeschlossen werden könnte, sofern die Investition des ungarischen Staates als marktübliche Entscheidung aufgrund gewinnorientierter Erwägungen zu bewerten wäre.

    (198)

    In ihrer Würdigung folgt die Kommission der Auffassung Ungarns, dass mit Hilfe des MEIP-Tests festzustellen sei, ob eine Investition marktüblich ist. Bei diesem Test wird untersucht, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber zu dem Zeitpunkt, als die öffentliche Investition beschlossen wurde, unter denselben Bedingungen wie der öffentliche Kapitalgeber in das Vorhaben investiert hätte (siehe auch Erwägungsgründe 53 und 54).

    (199)

    In der Prüfung wird das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils und somit das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe festgestellt, wenn der erwartete IRR der Investition bei dem betreffenden Vorhaben einen als Richtwert betrachteten marktüblichen WACC-Satz unterschreitet und damit Anlass für einen vernünftig handelnden privaten Kapitalgeber wäre, von der Investition abzusehen.

    (200)

    Der MEIP-Test setzt voraus, dass die bei der Ermittlung des IRR und der WACC berücksichtigten Sachverhalte im Zeitraum der Investitionsentscheidung liegen, damit die Informationslage der Kapitalgeber zum betreffenden Zeitpunkt nachempfunden werden kann. Für den Prozess der Entscheidung über das Vorhaben Paks II hat die Kommission einen Zeitplan erstellt, um zu ermitteln, welche Informationen Kapitalgebern zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Fortsetzung des Vorhabens zur Verfügung standen bzw. zur Verfügung hätten stehen können (64).

    (201)

    Auch nach dieser Entscheidung hat Paks II die Arbeiten für den Bau der beiden neuen Reaktoren noch nicht verbindlich in Auftrag gegeben (65) […] Daher stellt die Kommission fest, dass die im Februar 2017 vorliegenden Daten (im Folgenden „Daten von 2017“) für den MEIP-Test am ehesten relevant sind und als Grundfall-Szenario angenommen werden können.

    (202)

    Die Verhandlungen über Paks II wurden jedoch bereits zwei Jahre früher aufgenommen. Um die Robustheit der Ergebnisse des MEIP-Tests zu bewerten, hat die Kommission zudem eine getrennte Bewertung zum Zeitpunkt der ursprünglichen Investitionsentscheidung vorgenommen, d. h. zum 9. Dezember 2014 als dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des EPC-Vertrags (im Folgenden „Daten von 2014“). Die Kommission stellt fest, dass sich das Ergebnis der gleichen Prüfung für einen früheren Zeitpunkt (d. h. den Zeitpunkt der ursprünglichen Investition) mit dem Ergebnis aufgrund der Daten von 2017 deckt.

    (203)

    Um zu prüfen, ob die Kriterien des MEIP-Tests erfüllt sind, schätzte die Kommission die theoretischen WACC für eine Investition mit einem ähnlichen Risikoprofil wie bei Paks II. Anschließend verglich die Kommission diese geschätzten marktüblichen WACC mit den WACC des Vorhabens, zunächst im Grundfall-Szenario mit den Daten von 2017 und anschließend im Rahmen einer Überprüfung der Robustheit mit den für die ursprüngliche Investitionsentscheidung maßgeblichen Daten von 2014.

    5.1.1.1.    Die Bewertung der WACC durch die Kommission

    (204)

    Die Kommission schätzte die WACC mittels der beiden auch von Ungarn verwendeten Methoden, d. h. mit dem Bottom-up-Standardansatz zur Ermittlung eines theoretischen WACC-Satzes unter Schätzung aller Bestandteile und mit einer Benchmark-Analyse unter Heranziehung von Richtwerten, die als relevant und mit Paks II vergleichbar anzusehen sind. Ungeachtet der Verwendung identischer Methoden weicht das Ergebnis der Kommission von den Schlussfolgerungen Ungarns ab; dies ist darauf zurückzuführen, dass die Kommission die von Ungarn angenommenen Werte für bestimmte Parameter und bestimmte ungarische Richtwerte in Zweifel zog und als nicht maßgeblich bewerten musste. Weitere von Ungarn vorgeschlagene Parameter und Richtwerte wurden ohne weitere Prüfung übernommen. In ihrer Bewertung legt die Kommission Belege für alle Werte vor, bei denen sich Abweichungen von den ungarischen Angaben ergaben.

    (205)

    Beide in der Bewertung der Kommission verwendeten Methoden gehen von den Daten von 2017 aus und beziehen die Daten von 2014 für die Überprüfung der Robustheit ein.

    (206)

    Angesichts der relativ großen Unwägbarkeiten bei Kostenschätzungen gibt die Kommission eine Spanne für die als Richtwert anzunehmenden und im MEIP-Test zu verwendenden theoretischen marktüblichen WACC an.

    (207)

    Bei beiden Methoden übernahm die Kommission ohne weitere Prüfung den von Ungarn in der MEIP-Untersuchung und in der Wirtschaftsstudie angegebenen Verschuldungsgrad von 40-50 %, da dieser im Bereich zuverlässiger Referenzwerte liegt. Für diesen Beschluss wird als Verschuldungsgrad das Verhältnis zwischen der Verschuldung und der Summe des Eigenkapitals für das Vorhaben bezeichnet. Außerdem übernahm die Kommission den von Ungarn genannten Körperschaftsteuersatz von 19 %.

    (208)

    Bevor sie ihre eigene Bewertung vornahm, stellte die Kommission hinsichtlich des von Ungarn als endgültigen Richtwert genannten WACC-Satzes folgende Schwächen fest:

    a)

    Die Spannen aufgrund der beiden von Ungarn vorgeschlagenen Methoden stehen nicht vollständig miteinander im Einklang. Die im Rahmen der Wirtschaftsstudie in der Prüfung aufgrund von Referenzwerten (Benchmark-Analyse) ermittelte Spanne [5,9-8,4 %] ist größer als die in derselben Wirtschaftsstudie mit dem Bottom-up-Ansatz errechnete Spanne [6,2-7,0 %] (u. a. mit erheblich höheren Werten). Ungarn erklärt nicht, warum der genaueste Teilbereich der WACC-Spanne bei [6,2-7,0 %] liegen sollte, obwohl diese Spanne gerade noch im unteren Bereich der Richtwertspanne liegt.

    b)

    Zudem stehen die Werte der verschiedenen Variablen der ungarischen Benchmark-Analyse der MEIP-Untersuchung und der Wirtschaftsstudie nicht im Einklang mit den Werten der entsprechenden Variable beim Bottom-up-Ansatz dieser Studie (66).

    c)

    Hinsichtlich des Bottom-up-Ansatzes weist die Kommission vor allem drei der von Ungarn verwendeten Parameter zurück: die Eigenkapitalrisikoprämie, den risikofreien Zinssatz und die Fremdkapitalrisikoprämie. Erstens gibt es keinen Grund dafür, dass die Entwicklung des Kapitalmarkts in den letzten zehn Jahren ein geeigneter Richtwert für die ungarische Eigenkapitalrisikoprämie sein sollte (wie sowohl in der MEIP-Untersuchung als auch in der Wirtschaftsstudie angenommen). Gegen die Zugrundelegung der historischen Risikoprämie spricht die Marktentwicklung nach der Krise des Jahres 2008, die ganz anders verlief als in den Zeiten vor der Krise (67). Zweitens wurde der von Ungarn im zweiten erläuternden Schreiben (vor dem Einleitungsbeschluss) genannte zweite risikofreie Zinssatz mit dem mit 3,8 % angesetzten und als Richtwert behandelten Ertrag 15-jähriger ungarischer Staatsanleihen in HUF vom November/Dezember 2014 verglichen. Die Kommission stellt jedoch fest, dass es infolge der erheblichen Ertragsschwankungen ungarischer Staatsanleihen eher angemessen ist, einen durchschnittlichen Ertrag ausgehend von den monatlichen Erträgen während eines ganzen Kalenderjahres vor der Investitionsentscheidung zu berechnen. Drittens legt Ungarn bei einem auf 18 Jahre angelegten Vorhaben den auf Euro bezogenen kommerziellen Referenzzinssatz (CIRR = Commercial Interest Reference Rate) der OECD als Näherungswert für die Fremdkapitalrisikoprämie bei Paks II zugrunde. Wie Ungarn in der MEIP-Untersuchung betont, wird der CIRR der OECD jedoch aufgrund von Regeln berechnet, nach denen Ausfuhrkredite und handelsbezogene Entwicklungshilfe zur Finanzierung von Vorhaben im Kernenergiebereich verwendet werden können. Eine mit Ausfuhrkrediten verbundene potenzielle staatliche Beihilfe kann die als Richtwert angenommene marktbezogene Fremdkapitalrisikoprämie verfälschen.

    d)

    Und schließlich wird auch die Robustheit der Schätzungen von Ungarn nicht näher erörtert. Das zusätzliche Risiko von Atomkraftwerken wird weder explizit in die Schätzungen einbezogen noch in der Sensitivitätsanalyse berücksichtigt. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die Erzeugung von Strom aus Kernenergie mit verschiedenen potenziell größeren Risiken verbunden sein kann als die Erzeugung mit anderen Technologien (68)  (69).

    Erste Methode — der Bottom-up-Ansatz

    (209)

    Die Bottom-up-Methode beruht auf der (auch von Ungarn verwendeten) Standardformel zur Berechnung der WACC und auf Schätzungen der entsprechenden Parameter:

    Image

    wobei D und E = Verschuldung bzw. Eigenkapital, Rd und Re = Fremd- bzw. Eigenkapitalkosten und t = Körperschaftsteuersatz (in Ungarn 19 %). Diese Formel geht von den für die jeweiligen Parameter erwarteten Werten aus. Rd und Re sind die Fremd- bzw. Eigenkapitalkosten zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidungen und nicht als historische Kosten zu verstehen.

    (210)

    Die Fremdkapitalkosten werden mit folgender (ebenfalls auch von Ungarn verwendeten) Formel ermittelt:

    Image

    wobei Rf = marktüblicher risikofreier Zinssatz und (Rd  – R f ) = marktübliches Anleiheemissionsagio.

    (211)

    Die Eigenkapitalkosten hingegen werden nach der (gleichfalls auch von Ungarn verwendeten) CAPM-Standardformel berechnet (70):

    Image

    wobei Rf = marktüblicher risikofreier Zinssatz, = Risikoprämie auf dem Kapitalmarkt und β (Beta) = Maß für das spezifische, nicht diversifizierbare Risiko des Vorhabens.

    (212)

    Die Kommission betrachtet die folgenden Werte für die zur Berechnung der WACC zu verwendenden Parameter als angemessen:

    Als Näherungswert für den risikofreien Zinssatz nimmt die Kommission den Zinssatz der auf HUF lautenden 15-jährigen ungarischen Staatsanleihen an, da dies die ungarischen Anleihen mit der längsten Laufzeit waren. Der monatliche Zinssatz schwankte im Zeitraum der ursprünglichen Investitionsentscheidung für Paks II beträchtlich. Daher führt die Beschränkung auf den Wert nur eines einzigen Monats unter Umständen nicht zu einem hinreichend robusten Ergebnis. Dieser Wert würde der Realität und der Komplexität einer Entscheidung von derartiger Tragweite nicht gerecht, bei der den Anlegern an einem umfassenderen Informationsportfolio gelegen ist. Daher nimmt die Kommission im Gegensatz zu Ungarn, das sich auf den Zinssatz des Monats unmittelbar vor der Investitionsentscheidung beschränkte, einen Durchschnittswert der zwölf Kalendermonate vor dem betreffenden Zeitpunkt an (71).

    Aus den in Erwägungsgrund 208 Buchstabe c genannten Gründen hinsichtlich der Unangemessenheit der von Ungarn herangezogenen historischen marktüblichen (Eigenkapital-)Risikoprämien berechnete die Kommission die Eigenkapitalrisikoprämie als arithmetischen Durchschnitt der Eigenkapitalrisikoprämien aus zwei in der Finanz- und Geschäftswelt allgemein anerkannten Quellen.

    Die wichtigste Datenquelle ist die Datenbank internationaler Eigenkapitalrisikoprämien von Professor Aswath Damodaran von der New York University (im Folgenden „Damodaran-Risikoprämien-Datenbank“) (72).

    Außerdem wurde die Datenbank der marktüblichen Risikoprämien von Professor Fernández von der IESE Business School der Universität Navarra herangezogen (73).

    Die Ergebnisse werden in der folgenden Tabelle 6 zusammengefasst:

    Tabelle 6

    Eigenkapitalrisikoprämie — Ungarn

     

    Dezember 2014

    Februar 2017

    Eigenkapitalrisikoprämie — Damodoran

    8,84

    8,05

    Eigenkapitalrisikoprämie Fernández

    8,30

    8,10

    Durchschnittliche Eigenkapitalrisikoprämie

    8,57

    8,08

    Zur Schätzung des Beta-Werts übernahm die Kommission ohne weitere Prüfung den Vorschlag Ungarns im MEIP-Test (0,92) (74).

    Die Fremdkapitalkosten vor Steuern wären der risikofreie Zinssatz in Ungarn (der Durchschnittswert während der zwölf Kalendermonate vor dem betrachteten Zeitpunkt) zuzüglich einer kommerziellen Verschuldungsrisikoprämie als Aufschlag auf die Prämie von 2,26 % bei Staatsanleihen als Anhaltspunkt für die Verschuldungsrisikoprämie des Landes (75).

    Für den Verschuldungsgrad des Vorhabens wurden wie von Ungarn sowohl in der MEIP-Untersuchung als auch in der Wirtschaftsstudie vorgeschlagen zwei Werte angenommen (50 % und 40 %).

    (213)

    Die in Erwägungsgrund 212 genannten Eingangsgrößen für die WACC-Berechnung und die damit ermittelten WACC-Spannen wurden in Tabelle 7 zusammengestellt. Für jeden für die Bewertung maßgeblichen Zeitraum wird eine eigene Spalte verwendet.

    Tabelle 7

    WACC-Berechnung mit dem Bottom-up-Ansatz

    EINGANGSGRÖßEN

    Dezember 2014

    Februar 2017

    Risikofreier Zinssatz Ungarn

    5,30  %

    3,45  %

    Eigenkapitalrisikoprämie Ungarn

    8,57  %

    8,08  %

    Beta

    0,92

    0,92

    Eigenkapitalrendite

    13,19  %

    10,88  %

    Kommerzielle Verschuldungsrisikoprämie auf die Renditen ungarischer Staatsanleihen

    2,26  %

    2,26  %

    Erträge aus Anleihen vor Steuern

    7,56  %

    5,71  %

    Körperschaftsteuersatz

    19 %

    19 %

    Erträge aus Anleihen nach Steuern

    6,12  %

    4,63  %

    Verschuldungsgrad (Fremdkapital/(Fremdkapital + Eigenkapital)) — Szenario I

    50 %

    50 %

    Verschuldungsgrad (Fremdkapital/(Fremdkapital + Eigenkapital)) — Szenario II

    40 %

    40 %

    WACC mit Verschuldungsgrad I

    9,66  %

    7,75  %

    WACC mit Verschuldungsgrad II

    10,36  %

    8,38  %

    WACC-Spanne

    9,66 -10,36  %

    7,75 -8,38  %

    (214)

    Aus den in Tabelle 7 behandelten WACC-Elementen ergibt sich eine WACC-Spanne von [9,66-10,36 %] für Dezember 2014 und von [7,75-8,38 %] für Februar 2017 (76). Allerdings ist die einzige sektorspezifische Eingangsgröße bei diesen Berechnungen der Beta-Wert der Branche (0,92). Daher ist eher nicht davon auszugehen, dass die vollständige Prämie für das höhere Risiko bei Vorhaben im Kernenergiebereich (siehe Fußnote 68) berücksichtigt wird, und insoweit ist dieser Wert als Untergrenze für das tatsächliche Risiko anzusehen.

    Zweite Methode — Verwendung von Richtwerten

    (215)

    Die Kommission akzeptiert die Darstellung Ungarns, dass ein alternativer Ansatz zur Ermittlung einer relevanten Spanne für einen marktüblichen WACC-Satz in der Gegenüberstellung mit Richtwerten bestehen könnte, die dem Vorhaben Paks II vergleichbar sind. Aus den in Erwägungsgrund 208 Buchstabe a genannten Gründen bewertete die Kommission die von Ungarn genannten Richtwerte und Spannen jedoch nicht als hinreichend robust. Daher hat die Kommission ihre eigene Benchmark-Analyse entwickelt, bei der ein sektor- und länderspezifischer WACC-Richtwert mithilfe der Damodaran-Datenbank (77)  (78) unter Verwendung der Daten sowohl von 2017 als auch von 2014 berechnet wurde.

    (216)

    Dieser Ansatz beruht auf den folgenden drei Schritten (Zahlen für alle drei Schritte für Dezember 2014 und Februar 2017 getrennt berechnet):

    a)

    Im ersten Schritt werden ausgehend von den branchenbezogenen WACC-Daten der Damodaran-Datenbank für Westeuropa die Fremd- und Eigenkapitalkosten für Wirtschaftszweige ermittelt, die als gute Analogien zur Kernindustrie betrachtet werden könnten (79).

    Zu den der Kernindustrie vergleichbaren Wirtschaftszweigen werden bei der Datenbank für 2017 die Sektoren „Ökologisch und erneuerbare Energiequellen“, „Strom“ und „Versorgungsunternehmen (allgemein)“ und bei der Datenbank für 2014 die Sektoren „Strom“ und „Versorgungsunternehmen (allgemein)“ gezählt (80). Alle ausgehend von diesen Sektoren ermittelten Eigen- und Fremdkapitalkosten können aus zwei Gründen als konservative Schätzungen für das Atomkraftwerk Paks betrachtet werden. Erstens wird in der Damodaran-Datenbank nicht danach unterschieden, ob die betreffenden Sektoren einer Aufsicht unterliegen. Paks II zählt zum nicht beaufsichtigten Segment; bei dem entsprechend höheren Risiko ergeben sich höhere Eigen- und Fremdkapitalkosten als bei beaufsichtigen Unternehmen desselben Wirtschaftszweigs. Atomkraftwerke sind größer als andere Kraftwerke und daher riskanter als durchschnittliche Kraftwerke oder Versorgungsunternehmen (81).

    Tabelle 8 enthält die unmittelbar aus der Damodaran-Datenbank der WACC-Daten entnommene Verschuldung vor Steuern und die Kapitalkosten für Westeuropa sowie die sektorbezogenen Beta-Werte (82). Außerdem werden in der Tabelle die branchenübergreifenden Werte für diese Wirtschaftszweige genannt (83).

    Tabelle 8

    Fremdkapitalkosten (vor Steuern) und Eigenkapitalkosten für Westeuropa auf Branchenebene

    Jahr

    Kosten

    Ökologisch und erneuerbare Energie quellen

    Strom

    Versorgungs unternehmen (allgemein)

    Erzeugung und Versorgungs unternehmen (allgemein)

    2014

    Verschuldung

    5,90  %

    5,40  %

    5,65  %

    Eigenka pital

    9,92  %

    9,84  %

    9,88  %

    β

    1,09

    1,08

     

    2017

    Verschuldung

    4,41  %

    3,96  %

    3,96  %

    4,11  %

    Eigenka pital

    9,31  %

    9,82  %

    9,82  %

    9,65  %

    β

    1,01

    1,08

    1,08

     

    b)

    Im zweiten Schritt werden ausgehend von den in der Damodaran-Datenbank erfassten Risikoprämien die durchschnittlichen Fremd- und Eigenkapitalrisikoprämien für Ungarn im Vergleich zu den in Tabelle 9 genannten übrigen westeuropäischen Ländern der Untergruppe „Entwickeltes Europa“ (siehe Fußnote 77, „Developed Europe“) ermittelt, die die in den in Tabelle 8 genannten und in der branchenbezogenen WACC-Datenbank enthaltenen Unternehmen umfasst (84). Diese Prämie wird zu den im ersten Schritt (a) beschriebenen Zahlen für die Fremd- und Eigenkapitalkosten hinzugerechnet.

    Tabelle 9

    Risikoprämie für Ungarn

    (in %)

    Jahr

    Risikoprämie

    Entwickeltes Europa

    Ungarn

    Differenz

    2014

    Länderbezogene Risikoprämie (Staatsanleihen)

    0,99

    2,56

    1,57

    Länderbezogene Risikoprämie (Eigenkapital)

    1,48

    3,84

    2,36

    2017

    Länderbezogene Risikoprämie (Staatsanleihen)

    1,06

    1,92

    0,86

    Länderbezogene Risikoprämie (Eigenkapital)

    1,30

    2,36

    1,06

    c)

    Im dritten Schritt wird die jeweils im zweiten Schritt (b) ermittelte Differenz der länderspezifischen Risikoprämie für Ungarn zu den in Schritt (a) berechneten Fremd- und Eigenkapitalkosten hinzugerechnet, um die Fremd- und Eigenkapitalkosten für Ungarn zu ermitteln (85). Anschließend werden die WACC für die beiden von Ungarn genannten Verschuldungsgrade berechnet. Tabelle 10 bietet einen Überblick über die Ergebnisse dieser Berechnungen.

    Tabelle 10

    Fremdkapitalkosten, Eigenkapitalkosten und WACC (*6) für Ungarn

    (in %)

    Jahr

    Kosten

    Fremdkapital/

    Fremdkapital + Eigen kapital)

    Ökologisch und erneuerbare Energie quellen

    Strom

    Versor gungs unternehmen (allge mein)

    Erzeugung und Versorgungs unternehmen (allgemein)

    2014

    Verschuldung vor Steuern

     

     

    7,47

    6,97

    7,22

    Verschuldung nach Steuern

     

     

    6,05

    5,65

    5,85

    Eigenkapital

     

     

    12,50

    12,40

    12,45

    WACC

    50

     

    9,28

    9,02

    9,15

    WACC

    40

     

    9,92

    9,70

    9,81

    2017

    Verschuldung vor Steuern

     

    5,27

    4,82

    4,82

    4,97

    Verschuldung nach Steuern

     

    4,27

    3,91

    3,91

    4,03

    Eigenkapital

     

    10,38

    10,97

    10,97

    10,77

    WACC

    50

    7,32

    7,44

    7,44

    7,40

    WACC

    40

    7,93

    8,15

    8,14

    8,07

    (217)

    Aufgrund dieser Methode ergibt sich für das Vorhaben Paks II ein WACC-Satz von 9,15-9,81 % für die ursprüngliche Investitionsentscheidung im Dezember 2014 und eine Spanne von 7,40-8,07 % für Februar 2017. Diese Spanne beruht auf den in der MEIP-Untersuchung genannten Verschuldungsgraden von 40-50 %. Außerdem hätte die untere Grenze von 9,15 % für den WACC-Satz im Jahr 2014 wahrscheinlich nach oben korrigiert werden müssen, wenn für das Segment „Ökologisch und erneuerbare Energiequellen“ Zahlen für das Jahr 2014 verfügbar gewesen wären. Auch durch die explizite Einbeziehung einer zusätzlichen Risikoprämie für Atomkraftwerke (siehe Fußnote 68) hätten sich beide Spannen nochmals erhöht.

    Schlussfolgerung zu den WACC

    (218)

    Die beiden Methoden zur Schätzung eines marktüblichen WACC-Richtwerts führen zu sich überschneidenden Spannen. Insgesamt sind die Werte für 2017 durchschnittlich niedriger als für 2014; dies ist hauptsächlich auf die Bewertung des risikofreien Zinssatzes für Ungarn durch die Märkte zurückzuführen. Die ermittelten Spannen sind Tabelle 11 zu entnehmen.

    Tabelle 11

    WACC — Zusammenfassung

    (in %)

     

    Dezember 2014

    Februar 2017

    Bottom-up-Ansatz

    9,66 -10,36

    7,75 -8,38

    Richtwert-Ansatz

    9,15 -9,81

    7,40 -8,07

    Spanne insgesamt

    9,15 -10,36

    7,40 -8,38

    Mittelwert

    9,76

    7,89

    (219)

    Nach Tabelle 11 liegt die WACC-Spanne für die ursprüngliche Investitionsentscheidung im Dezember 2014 bei 9,15-10,36 % und für Februar 2017 bei 7,40-8,38 %. Diese WACC-Werte sind alle als konservative Schätzungen zu betrachten, weil die bei Atomkraftwerken erforderliche potenzielle Risikoprämie nicht berücksichtigt wurde (86).

    5.1.1.2.    Bewertung des IRR durch die Kommission

    (220)

    Bei ihrer Bewertung des IRR ging die Kommission von dem von Ungarn übermittelten Finanzmodell aus. Sie übernahm sowohl die im Finanzmodell verwendete Methode als auch die Eingangsgrößen des Modells mit Ausnahme der Prognose der Strompreise für das berücksichtigte mittlere Szenario. Allerdings weist die Kommission auf Folgendes hin:

    a)

    Der IRR reagiert sehr empfindlich auf die Auswahl der für die Berechnung verwendeten Preisprognose. Wenn statt des (von Ungarn angenommenen) Wechselkurses von Oktober 2015 beispielsweise der EUR/USD-Wechselkurs für November 2014 (87) angenommen würde, um die auf EUR bezogene Preisprognose der IEA von 2014 (nach Prognosen des IEA WEO 2014) zu ermitteln, würde sich der IRR des Vorhabens um mehr als 0,8 % verringern. Insoweit muss die der IRR-Berechnung des Vorhabens zugrunde liegende Preisprognose neu bewertet werden.

    b)

    Außerdem reagiert der IRR empfindlich auf i) die Auslastung der Reaktorblöcke, ii) die verschiedenen Kostenpositionen des Vorhabens (u. a. Eigentümerkosten während der Bauphase sowie die anschließend mit dem Betrieb und der Instandhaltung der Anlage verbundenen Kosten während der Laufzeit und iii) etwaige Bauverzögerungen. Die Auswirkungen von Änderungen dieser Faktoren müssen in einer Sensitivitätsanalyse mit einer Überprüfung der Robustheit der wesentlichen Ergebnisse sorgfältig berücksichtigt werden und somit über die Berücksichtigung der geringen im Finanzmodell von Ungarn untersuchten Abweichungen hinausgehen.

    (221)

    Um genauere Schätzungen des IRR und zuverlässigere Ergebnisse der begleitenden Sensitivitätsanalyse und der Überprüfungen der Robustheit zu gewährleisten, hat die Kommission daher bestimmte Anpassungen der für die Ermittlung des IRR verwendeten Parameter vorgenommen. Insbesondere hat die Kommission die von Ungarn vorgelegten Preisprognosen überprüft und ergänzt. Zusätzlich zu den von Ungarn für das mittlere Szenario des Finanzmodells angegebenen Werten für die Kosten und die Auslastung hat die Kommission zudem auch von Beteiligten übermittelte Informationen berücksichtigt, um zu genaueren Ergebnissen zu gelangen. Und schließlich hat die Kommission die Ergebnisse einer eingehenden Sensitivitätsprüfung unterzogen, indem für alle relevanten Parameter des Modells Änderungen simuliert wurden.

    (222)

    Ähnlich wie bei den WACC wurden auch die relevanten IRR-Spannen sowohl aufgrund von im Februar 2017 verfügbaren Informationen (Daten von 2017) als auch anhand von Daten berechnet, die zum Zeitpunkt der ursprünglichen Investitionsentscheidung am 9. Dezember 2014 vorlagen (Daten von 2014).

    Preisprognosen

    (223)

    Die Ausgangspunkte für die Bewertung der Preisprognosen durch die Kommission sind die in der von Ungarn vorgelegten Wirtschaftsstudie in Abbildung 16 dargestellten Kurven sowie die auf dem IEA WEO 2014 beruhenden Preisprognosen, auf die sich die Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss stützte. Um die gesamten voraussichtliche Laufzeit der Reaktorblöcke von Paks II abzudecken, erweiterte die Kommission diese Abbildungen, berücksichtigte jedoch nur die Abbildungen, in denen ausschließlich die Zeiträume bis 2030 bzw. bis 2040 behandelt wurden; dabei wurden die jeweils prognostizierten Preisniveaus bis zum Ende der Zeiträume (d. h. bis 2030 bzw. bis 2040) beibehalten. Diese Preisprognosen werden in Abbildung 14 dargestellt.

    Abbildung 14

    Langfristige Prognose der Strompreisentwicklung (EUR/MWh) (88)

    Image

    Quelle:

    Wirtschaftsstudie und Finanzmodell (siehe Erwägungsgrund 69).

    (224)

    Im Einleitungsbeschluss hat die Kommission den IRR des Vorhabens anhand von Kurve D in Abbildung 14 berechnet. Kurve H steht für die Prognose einer Marktstudie des BMW (deutsches Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) aus dem Jahr 2014, Kurve I entspricht der Prognose eines Referenzszenarios des BMW aus dem Jahr 2014, und Kurve J zeigt die Prognose der Strompreisentwicklung nach dem IEA WEO 2014; die Umrechnung von USD in EUR erfolgte mit dem durchschnittlichen Wechselkursverhältnis von EUR zu USD vom September 2015 (0,9) (89). Die von Ungarn übermittelten IRR-Werte beruhten hauptsächlich auf diesen Kurven H, I und J.

    (225)

    Die Kommission nahm an den Kurven in Abbildung 14 die folgenden Anpassungen vor. Kurve J wurde anhand des durchschnittlichen EUR/USD-Wechselkurses zum Zeitpunkt der im November 2014 veröffentlichten und in USD ausgedrückten Prognosen des IEA WEO 2014 korrigiert. Damals lag das durchschnittliche Wechselkursverhältnis von EUR zu USD in den drei Vormonaten bei 0,79. Eine entsprechende Anpassung wurden auch in Kurve L (Abbildung 15) vorgenommen (90).

    (226)

    Um einen genauen IRR für Februar 2017 abzuschätzen, hat die Kommission die am 16. November 2016 veröffentlichten Preisprognosen des World Energy Outlook 2016 der Internationalen Energieagentur (IEA WEO 2016) (91) grafisch dargestellt. Da sich die ursprünglichen Zahlen auf USD bezogen, ermittelte die Kommission mit dem durchschnittlichen Wechselkursverhältnis von 0,9 (EUR zu USD) für den für das Datum dieser Veröffentlichung relevanten Zeitraum von drei Monaten (Mitte August 2016 bis Mitte November 2016) die Werte in EUR (92)  (93). Diese Preisprognose ist in Abbildung 15 in Kurve M dargestellt.

    Abbildung 15

    Langfristige Prognose der Strompreisentwicklung (EUR/MWh) (94)

    Image

    Quelle:

    Wirtschaftsstudie und Finanzmodell (siehe Erwägungsgrund 69) sowie Berechnungen der Kommission.

    (227)

    Die Abbildung vermittelt vor allem zweierlei Erkenntnisse. Erstens verringert sich die Preisprognose des IEA WEO 2014 für Europa nach Anwendung des richtigen Wechselkurses für die Umrechnung der Angaben in USD in EUR um etwa 12 % (Kurve L verläuft unterhalb von Kurve J). Und zweitens liegt die im November 2016 veröffentlichte Preisprognose des IEA WEO durchschnittlich um etwas mehr als 20 % unter der Preisprognose in der entsprechenden Veröffentlichung zwei Jahre vorher (Kurve L und Kurve M). Dies kann den fallenden Strompreisen in den Jahren 2014 und 2016 sowie den erforderlichen Anpassungen der Prognosen zugeschrieben werden (95). Daher sollte dieser Rückgang der Preisprognosen bei allen Bewertungen im Zusammenhang mit der Prognose von 2016 und mit allen entsprechenden IRR-Berechnungen berücksichtigt werden, und die Bewertungen sollten sich auf Kurve M in Abbildung 15 konzentrieren (96).

    (228)

    Hinsichtlich der Preisprognosen des IEA WEO ist festzustellen, dass diese Prognosen auf dem „New-Policies-Szenario“ (97) beruhten. Bei einer umfassenden Bewertung sollten zudem auch die übrigen im IEA WEO berücksichtigten Szenarien einbezogen werden — beispielsweise das „Current-Policies-Szenario“ und das „Low-Oil-Price-Szenario“ wie in der Candole-Studie im Hinblick auf die Preisprognosen des IEA WEO 2015 (98). Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die Entscheidung für eine andere politische Option zu anderen Preisprognosen führt (siehe Abbildung 12 und Abbildung 16).

    Abbildung 16

    Langfristige Prognose der Strompreisentwicklung (EUR/MWh)

    Image

    Quelle:

    Candole Partners.

    (229)

    Die Kurven in Abbildung 16 (Grundfall, Hoch und Niedrig) entsprechen dem New-Policies-Szenario, dem Current-Policies-Szenario und dem Low-Oil-Price-Szenario des IEA WEO 2015 (siehe auch Erwägungsgrund 128). Aus Abbildung 16 ist ersichtlich, dass für das Current-Policies-Szenario etwas höhere Strompreise erwartet werden als beim New-Policies-Szenario, während für das Low-Oil-Price-Szenario deutlich niedrigere Strompreise prognostiziert werden als beim mittleren New-Policies-Szenario (Prognosen aus dem Jahr 2015). Bei einer umfassenden Sensitivitätsanalyse zur Berechnung des IRR für das Vorhaben Paks II muss dies berücksichtigt werden (99).

    (230)

    Für eine genaue Auswertung der langfristigen Preisprognosen der verschiedenen Einrichtungen sollten diese Zahlen außerdem in Beziehung zu den an Strombörsen vereinbarten künftigen Strompreisen gesetzt werden, selbst wenn letztere für deutlich kürzere Zeithorizonte gelten (siehe Abbildung 12). Die Preiskurven in Abbildung 13 zum Vergleich der Preise von Termingeschäften in Deutschland und in Ungarn mit den niedrigsten Preisprognosen des IEA WEO (des WEO für das Low-Oil-Price-Szenario) deuten darauf hin, dass selbst die neuesten Preisprognosen des IEA WEO 2015 noch zu optimistisch sein könnten und die künftigen Strompreise überschätzt werden könnten. Dies muss auch bei der Ermittlung des IRR für Paks II sowie bei begleitenden Sensitivitätsanalysen berücksichtigt werden.

    Auslastung, verschiedene Kostenpositionen und Verzögerungen

    (231)

    Aufgrund ihrer Größe, der Komplexität der Bauarbeiten und der langen Laufzeiten bestehen bei Atomkraftwerken Unwägbarkeiten u. a. hinsichtlich der Auslastung, der Bauzeit und verschiedener Kostenpositionen. Diese Unwägbarkeiten haben erhebliche Auswirkungen auf den IRR des Vorhabens.

    (232)

    Die genannten Parameter sind deshalb zu schwer abzuschätzen, weil Paks II ein Atomkraftwerk der Generation III+ ist und Kraftwerke dieser Generation gegenwärtig noch nicht in Betrieb sind (100). Insoweit sind Benchmark-Analysen grundsätzlich hypothetisch. Angesichts der erheblichen technischen Unterschiede zwischen Atomkraftwerken der Generationen III und III+ kann festgestellt werden, dass die in Erwägungsgrund 231 genannten Unwägbarkeiten für Paks II nicht von Bedeutung sind.

    Auslastung

    (233)

    Die ungarischen Schätzungen des IRR beruhen auf einer angenommenen durchschnittlichen Auslastung von [90-95] % (*7) für Paks II. Diese Auslastung liegt erheblich über der im „World Nuclear Industry — Status Report 2015“ (WNISR2015) (101) genannten durchschnittlichen jährlichen Auslastung von 72 % bei allen übrigen weltweit in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken. Im IEA WEO 2014 wird in der Prognose für die Entwicklung der Kernenergie allerdings festgestellt: „Zwischen 1980 und 2010 erhöhte sich der weltweite Kapazitätsfaktor der Reaktoren von 56 auf 79 %. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Ausfallzeiten für geplante Instandsetzungsmaßnahmen und zur Beschickung mit neuen Brennelementen durch besseres Management deutlich reduziert wurden. Die besten Reaktoren erzielen Auslastungen von etwa 95 %. Mit zunehmendem Alter der Anlagen sind derartige Auslastungen unter Umständen schwer zu erreichen, da häufiger Inspektionen durchgeführt und Bauteile überprüft werden müssen“ (102).

    (234)

    Während der Laufzeit der Kraftwerke können solch hohe Auslastungen jedoch leicht durch Störfälle gefährdet werden. Durch den Störfall in Reaktorblock 2 des Atomkraftwerks Paks im Jahr 2003 beispielsweise reduzierte sich die durchschnittliche Auslastung für den Zeitraum 1990-2015 um fast fünf Prozentpunkte (von 85,3 auf 80,7 %).

    (235)

    Im Hinblick auf die Aufrechterhaltung einer Auslastung von über 90 % in den beiden neuen Reaktorblöcken von Paks II könnte sich auch als problematisch erweisen, dass die Reaktorblöcke gleichzeitig mit einigen Blöcken des Atomkraftwerks Paks betrieben werden sollen. An heißen Sommertagen könnten die Umweltauswirkungen der in enger Nachbarschaft zueinander betriebenen beiden Atomkraftwerke auf die Donau eine zeitweise Drosselung der Leistung eines der beiden Kraftwerke erforderlich machen. Da davon ausgegangen wird, dass die beiden neuen Reaktorblöcke von Paks II ständig mit einer hohen Auslastung betrieben werden, würde dies zu einem Rückgang der Produktionsleistung und zu geringeren Einnahmen für das Atomkraftwerk Paks führen; dieser wirtschaftliche Verlust muss bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens Paks II berücksichtigt werden.

    Kosten

    (236)

    Die während der Dauer eines langfristigen Vorhabens anfallenden Kosten können erheblich von den Langzeitprognosen des ursprünglichen Geschäftsplans abweichen. Dies ist typischerweise darauf zurückzuführen, dass nicht alle relevanten Kostenpositionen im Geschäftsplan berücksichtigt oder dass von übertrieben optimistischen Annahmen und Kostenschätzungen ausgegangen wurde.

    (237)

    Infolge der Komplexität dieser Vorhaben liegen die tatsächlichen Baukosten bei Atomkraftwerken häufig deutlich über den ursprünglich veranschlagten Kosten. Die im Bauvertrag angegebenen Kosten für den Bau der EPR-Reaktoren der Generation III+ von AREVA in Frankreich und in Finnland beispielsweise haben sich nahezu verdreifacht (103). Auch bei den in China und in den USA gebauten Westinghouse-Reaktoren des Typs AP1000 waren Kostensteigerungen von mindestens etwa 20 % zu verzeichnen, und die Kosten des Rosatom-Atomkraftwerks (AES-2006) in Belarus haben sich gemessen an den ursprünglich angesetzten Baukosten fast verdoppelt (104).

    (238)

    Grundsätzlich kann die Vereinbarung schlüsselfertiger Lieferungen zu Festpreisen Eigentümer zwar vor steigenden Baukosten schützen; häufig decken diese Verträge aber nicht die gesamten Kosten neuer Reaktoren ab. Die Eigentümerkosten einschließlich der mit der Beschaffung der erforderlichen Genehmigungen verbundenen Kosten sowie der Kosten für den Anschluss an das Stromnetz, der mit der Entsorgung von Abfällen und mit der Stilllegung der Kraftwerke verbundenen Kosten und der Umweltkosten liegen nicht fest und können sich erhöhen. Außerdem kann der Lieferant sich weigern, für Zusatzkosten aufzukommen, die einen gewissen Umfang überschreiten, und sich darauf berufen, dass die Kostensteigerungen auf Änderungswünsche des Eigentümers zurückzuführen seien. Die daraus resultierenden Streitigkeiten können zu Schlichtungs- und Gerichtsverfahren führen und die Kosten zusätzlich in die Höhe treiben.

    (239)

    Der Geschäftsplan für das Atomkraftwerk Paks II scheint zudem bestimmte möglicherweise optimistische Kostenschätzungen zu enthalten. Vorbringen von Beteiligten zufolge könnten sich die vorläufigen Zahlen für folgende Kostenpositionen als zu optimistisch erweisen:

    Kühlung des Atomkraftwerks: Das Finanzmodell geht von einem (auch von Ungarn befürworteten) Frischwasser-Kühlsystem aus; nach Auffassung von MEP Jávor wird jedoch ein teureres System mit Kühltürmen benötigt; die Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens enthält keine detaillierte quantitative Kosten-/Nutzen-Analyse der beiden Systeme. Unter Umständen muss für den gleichzeitigen Betrieb beider Kraftwerke ein teurerer Kühlturm gebaut werden (105);

    Anschluss an das Stromnetz: Im Finanzmodell wird ein Betrag von insgesamt [43 000-51 000] (*8) Mio. HUF bzw. [124-155] Mio. (*8) EUR genannt; dieser Betrag liegt unter der von MEP Jávor genannten Zahl von 1,6 Mrd. EUR; keiner der Beteiligten hat nähere Informationen zum Zustandekommen dieser Zahlen vorgelegt;

    Vorhaltung von Reserven: Das Finanzmodell enthält keinen Posten, der den Kosten der Auswirkungen des Atomkraftwerks Paks II auf das ungarische Stromsystem zugerechnet werden könnte (beispielsweise Anforderungen an die Vorhaltung von Reserven); aufgrund der Größe der einzelnen Reaktorblöcke von Paks II ist MEP Jávor zufolge jedoch anzunehmen, dass zusätzliche Reserven gesetzlich vorgeschrieben werden;

    Versicherungen: Versicherungen zur Deckung der umfangreichen Schäden, die durch Atomkraftwerke verursacht werden können, auslegungsüberschreitende Ereignisse (BDBA = Beyond Design Basis Accidents) können Kosten verursachen, die die im Finanzmodell genannten Kosten von [15 000-20 000] (*8) Mio. HUF bzw. [45-60] (*8) Mio. EUR überschreiten (106);

    Instandhaltungs: Während der Laufzeit des Atomkraftwerks werden keine umfangreicheren Kosten für Überholungsarbeiten erwartet; solche Kosten könnten jedoch infolge einer vorzeitigen Alterung von Bestandteilen des Atomkraftwerks oder aufgrund von Störfällen oder Ereignissen während der Laufzeit des Kraftwerks anfallen (107).

    (240)

    Die Kommission stellt fest, dass aus den in Erwägungsgrund 239 genannten Gründen denkbare Änderungen der von Ungarn im Geschäftsplan (und im Finanzmodell) für Paks II vorgelegten Zahlen zu einer Reduzierung des IRR für das Vorhaben führen würden (108).

    Potenzielle Verzögerungen

    (241)

    Beim Bau von Atomkraftwerken kommt es häufig zu Verzögerungen und damit zu längeren Bauzeiten (109). Hauptgründe für die Bauverzögerungen sind Auslegungsprobleme, der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, der Verlust von Sachkompetenz, Schwierigkeiten in der Lieferkette, schlechte Planung und das Auftreten neuartiger Probleme (110)  (111).

    (242)

    Hinsichtlich der Verzögerungen in der Bauphase ist festzustellen, dass bei den ersten beiden Kraftwerken der Generation III+, die tatsächlich in Auftrag gegeben und gebaut wurden (das Kraftwerk Oikiluoto-3 in Finnland, Baubeginn 2005, und das Kraftwerk Flamanville in Frankreich, Baubeginn 2007), Verzögerungen von jeweils mehr als fünf Jahren zu verzeichnen waren (112). Beide Kraftwerke sind EPR-Modelle von AREVA.

    (243)

    Auch bei den vier Rosatom-Kraftwerken der Generation III+ (Typ AES-2006) in Russland, mit deren Bau zwischen 2008 und 2010 begonnen wurde, kam es zu Verzögerungen (siehe Tabelle 3 in Erwägungsgrund 99). Beispielsweise verzögerte sich der Bau eines der beiden Reaktorblöcke des (auch für Paks II vorgesehenen) Typs V-491 des Kraftwerks Leningrad II (St. Petersburg) (das ursprünglich im Oktober 2013 ans Netz gehen sollte), als am 17. Juli 2011 die Stahlkonstruktion eines Behälters zusammenbrach (113); inzwischen ist eine Inbetriebnahme Mitte 2017 vorgesehen; der andere Reaktorblock sollte 2016 ans Netz gehen; inzwischen wird die Inbetriebnahme erst im Laufe des Jahres 2018 erwartet (114). Der Bau eines weiteren Reaktorblocks in Niemen (Kaliningrad) wurde im Jahr 2013 ausgesetzt (115).

    (244)

    Die jüngsten Entwicklungen beim Bau von Atomkraftwerken der Generation III+ zeigen also, dass Verzögerungen in der Bauphase nicht ungewöhnlich sind (116). Dies wiederum wirkt sich auf den IRR aus. Die Auswirkungen können durch die Vereinbarung von Konventionalstrafen bei bestimmten Verstößen nur in beschränktem Umfang gemindert werden.

    Berechnung des IRR

    (245)

    Anhand des von Ungarn vorgelegten Finanzmodells hat die Kommission für Dezember 2014 und Februar 2017 Spannen für angemessene IRR berechnet. Dabei ist die Kommission wie folgt verfahren:

    Sie hat die im Finanzmodell der ungarischen Regierung genannten Kosten zugrunde gelegt;

    sie hat die Preisprognosen des Finanzmodells wie im Unterabschnitt zu den Preisprognosen erläutert angepasst (siehe Erwägungsgründe 223-230); der IRR für Dezember 2014 wurde mithilfe der Preiskurven H, I und L und der IRR für Februar 2017 mit der Preiskurve M ermittelt;

    die Kommission hat eine Sensitivitätsanalyse nach der Monte-Carlo-Methode durchgeführt, um zu relevanten IRR-Spannen für die beiden Zeitpunkte (Dezember 2014 und Februar 2017) zu gelangen (117).

    (246)

    Mithilfe der Monte-Carlo-Sensitivitätsanalyse wurde untersucht, in welchem Umfang der IRR infolge kleinerer Änderungen der Werte verschiedener Eingangsgrößen des Modells vom Mittelwert abweicht. Für die von Ungarn verwendeten Eingangsgrößen wurden folgende Abweichungen angenommen:

    kleine symmetrische Abweichungen für die künftige Inflation, Wechselkursänderungen, die operativen Kosten, Brennstoffkosten, Kapitalkosten der Instandhaltung, die Kosten der Abfallentsorgung und der Stilllegung des Kraftwerks, die erwartete Laufzeit und die Preisprognose (118);

    kleinere asymmetrische Abweichungen für künftige Ausfallquoten: Abweichungen nach unten sind durch die maximale (100 %ige) Kapazitätsauslastung beschränkt und werden als geringer angenommen als Abweichungen vom Basiswert nach oben um [5-10] % (**) (d. h. Kapazitätsauslastung [90-95] % (**)) (119);

    Verzögerungen des Vorhabens wurden in der Monte-Carlo-Analyse nicht berücksichtigt, weil Verzögerungen im Finanzmodell nur unvollständig behandelt wurden (siehe Erwägungsgrund 249).

    Aus Abbildung 17 und Abbildung 18 ist die Verteilung der IRR für die beiden Bewertungszeiträume ersichtlich. Das Ergebnis beruht jeweils auf 10 000 Simulationen (120).

    (247)

    Für Dezember 2014 konzentriert sich die Verteilung der geschätzten IRR-Werte im Bereich von 8,79 %; dabei liegen 90 % der berechneten IRR-Werte innerhalb des Intervalls [8,20 %; 9,36 %].

    Abbildung 17

    IRR-Werte für Dezember 2014

    Image

    Quelle:

    Berechnungen der Kommission.

    (248)

    Für Februar 2017 ist eine Konzentration der Verteilung der geschätzten IRR-Werte bei etwa 7,35 % festzustellen, und 90 % der berechneten IRR-Werte liegen innerhalb des Intervalls [6,79 %; 7,90 %] (121).

    Abbildung 18

    IRR-Werte für Februar 2017

    Image

    Quelle:

    Berechnungen der Kommission.

    (249)

    Bei den IRR-Berechnungen, die Abbildung 17 und Abbildung 18 zugrunde liegen, wurden die Wirkungen etwaiger Verzögerungen nicht berücksichtigt. Von einer Berücksichtigung dieser Wirkungen wurde hauptsächlich deshalb abgesehen, weil Verzögerungen im Finanzmodell nicht hinreichend behandelt wurden. Das Finanzmodell berücksichtigt die folgenden Arten von Verzögerungen:

    bereits vor Beginn der Bauarbeiten aufgetretene Verzögerungen (im Finanzmodell als „während des Baus“ bezeichnet);

    nach Abschluss der Bauarbeiten aufgetretene Verzögerungen (im Finanzmodell als „über den Vertragspreis hinausgehende Aufwendungen“ bezeichnet).

    (250)

    Die Kommission stellt fest, dass diese beiden im Finanzmodell abgedeckten Verzögerungsszenarien Basisszenarien sind, die für eine angemessene Modellierung der tatsächlichen Wirkung der häufigsten Arten von Verzögerungen nicht verwendet werden können (beispielsweise für Verzögerungen unterschiedlicher Dauer in einzelnen Abschnitten der Bauphase) (122).

    (251)

    Die IRR-Werte für die beiden bewertungsrelevanten Zeiträume sind Tabelle 12 zu entnehmen. Aufgrund der prognostizierten geringeren Strompreise zwischen 2014 und 2017 fällt auch der geschätzte IRR für Februar 2017 niedriger aus. Angesichts bestimmter qualitativer Elemente (siehe Erwägungsgründe 238 und 239) sind beide Schätzungen jedoch als konservativ zu betrachten, und bestimmte Mängel bei den Schätzungen der ungarischen Behörden konnten im Finanzmodell quantitativ nicht berücksichtigt werden.

    Tabelle 12

    IRR — Übersicht

    (in %)

     

    Dezember 2014

    Februar 2017

    Spanne

    8,20 -9,36

    6,79 -7,90

    Mittelwert

    8,79

    7,35

    5.1.1.3.    Bewertung der LCOE durch die Kommission

    (252)

    Aus Gründen der Vollständigkeit sowie zur Berücksichtigung sämtlicher von Ungarn übermittelter Informationen (siehe Erwägungsgründe 69, 81 und 82) hat die Kommission auch die Wirtschaftlichkeit von Paks II anhand der Gesamtgestehungskosten der erzeugten Energie (LCOE = Levelized Costs of Producing Energy) einer kurzen Prüfung unterzogen (siehe Abschnitt 3.1.1.3).

    (253)

    Bei der Bewertung der LCOE eines ungarischen Atomkraftwerks wie Paks II ging die Kommission von der OECD/IEA/NEA-Studie von 2015 (siehe Erwägungsgrund 81) aus. In dieser Studie werden die LCOE eines ungarischen Atomkraftwerks bei einem Zinssatz von 7 % auf 80,95 EUR/MWh und bei einem Zinssatz von 10 % auf 112,45 EUR/MWh geschätzt (jeweils bei einer Auslastung von 85 %) (123). Da diese Zahlen im August 2015 veröffentlicht wurden, können sie nur für die Bewertung der LCOE im Jahr 2017, nicht aber für die LCOE im Jahr 2014 herangezogen werden.

    (254)

    Die Kommission stellt fest, dass sich bei einer Erhöhung der Auslastung auf [90-95] % (*9)(d. h. bei der mittleren Angabe bezüglich der Auslastung im Vorbringen Ungarns) die in Erwägungsgrund 253 genannten LCEO-Werte auf 74 EUR/MWh bzw. 103 EUR/MWh erhöhen würden (124).

    (255)

    Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die LCOE eines ungarischen Atomkraftwerks mehr als 74 EUR/MWh betragen; dies wiederum ist mehr als die für 2015 berechnete Preisprognose von 73 EUR/MWh oder die Prognose von 68 EUR/MWh für das Jahr 2016 (125).

    5.1.1.4.    Schlussfolgerung zum Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils

    (256)

    Anhand der Schätzungen der WACC und des IRR in den Abschnitten 5.1.1.1 und 5.1.1.2 prüft die Kommission, ob die Kriterien des MEIP-Tests erfüllt sind. In Tabelle 13 sind die relevanten Informationen für beide Zeitpunkte zusammengefasst:

    Tabelle 13

    Gegenüberstellung WACC und IRR

    (in %)

     

    Dezember 2014

    Februar 2017

    WACC-Spanne

    9,15 -10,36

    7,40 -8,35

    IRR-Spanne

    8,20 -9,36

    6,79 -7,90

    WACC-Mittelwert

    9,76

    7,88

    IRR-Mittelwert

    8,79

    7,35

    Prozentanteil der IRR-Simulationen für IRR<min(WACC)

    85

    55

    (257)

    Tabelle 13 ist im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen:

    Der mittlere IRR-Wert liegt in beiden Zeiträumen deutlich unter dem Mittelwert der WACC-Spanne (8,79 % vs. 9,66 % bzw. 7,35 % vs. 7,88 %).

    Der mittlere IRR-Wert unterschreitet in beiden Zeiträumen sogar noch die untere Grenze der WACC-Spanne (8,79 % vs. 9,15 % bzw. 7,35 % vs. 7,40 %).

    Der IRR liegt meist unter der relevanten WACC-Spanne, d. h. die geschätzten IRR-Werte der Monte-Carlo-Simulation liegen meist unter dem unteren Grenzwert der WACC-Spanne (85 % für Dezember 2014 und 55 % für Februar 2017) (126)  (127).

    (258)

    Die Kommission betrachtet diese Ergebnisse aus folgenden Gründen als konservativ:

    Sie verfügt nicht über die Mittel, die Wahrscheinlichkeit zusätzlicher Kosten genau zu beziffern; dies gilt insbesondere hinsichtlich der Größenordnung, die in den nach dem Einleitungsbeschluss eingegangenen Stellungnahmen Beteiligter genannt wurden; zudem hatten die Kostenänderungen in den Monte-Carlo-Simulationen einen erheblich geringeren Umfang als in den Stellungnahmen dargestellt;

    die Preisprognosen für die Szenarien mit niedrigen Ölpreisen in den bei der Kommission eingegangenen Stellungnahmen wurden in der Sensitivitätsanalyse nicht berücksichtigt; außerdem wurden keine Korrekturen zur Berücksichtigung der Abweichung der an den Strombörsen vereinbarten künftigen Preise von den angenommenen Preisprognosen vorgenommen;

    die zusätzliche Risikoprämie bei Atomkraftwerken über die Standard-Risikoprämie bei sonstigen Kraftwerken und Versorgungsunternehmen wurde berücksichtigt;

    für 2014 waren der WACC-Benchmark-Analyse keine WACC für den Sektor „Ökologisch und erneuerbare Energiequellen“ zu entnehmen.

    Dies deutet darauf hin, dass der potenzielle Unterschied zwischen den IRR-Werten und den WACC-Werten für die einzelnen Zeitpunkte wahrscheinlich sogar noch größer ist.

    (259)

    Außerdem können die der Schätzung des IRR für das Vorhaben zugrunde liegenden Berechnungen kombiniert mit den geschätzten WACC-Werten auch zur Quantifizierung des Kapitalwerts (NPV) der insgesamt erwarteten Verluste während der Laufzeit des Vorhabens für den Fall der Finanzierung durch einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber verwendet werden. Insbesondere wird davon ausgegangen, dass das Vorhaben beim Grundfall-Szenario eines marktüblichen WACC-Wertes von 7,88 % und eines IRR-Wertes von 7,35 % als Mittelwerten der Daten für 2017 zu Verlusten von 600 Mio. EUR führen wird (128).

    (260)

    Neben dem Vergleich der WACC- und der IRR-Werte hat auch die kurze Analyse der LCOE bestätigt, dass die mittleren Stromgestehungskosten des in Paks II erzeugten Stroms durch die prognostizierten Preise nicht gedeckt würden.

    (261)

    Aufgrund dieser Ergebnisse gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass mit dem Vorhaben keine hinreichenden Erträge zur Deckung der Kosten eines privaten Kapitalgebers erwirtschaftet würden, der eine Finanzierung nur zu Marktbedingungen erhalten würde. Die Daten von Februar 2017 haben für die Durchführung des MEIP-Tests die größte Relevanz; selbst wenn die Analyse mit den zum Zeitpunkt der ursprünglichen Investitionsentscheidung im Dezember 2014 verfügbaren Daten vorgenommen wird, können die aus der Analyse dieser Daten abgeleiteten Ergebnisse jedoch als zutreffend betrachtet werden.

    (262)

    Aufgrund der diesbezüglichen Bewertung stellt die Kommission fest, dass ein privater Kapitalgeber unter den genannten Bedingungen nicht in das Vorhaben investiert hätte. Da Paks II durch einen neuen wirtschaftlich relevanten Vermögenswert begünstigt wird, ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass die Maßnahme mit einem wirtschaftlichen Vorteil für Paks II verbunden ist.

    5.1.2.   ÜBERTRAGUNG STAATLICHER MITTEL UND ZURECHENBARKEIT

    (263)

    Wie im Eröffnungsbeschluss erläutert, würde Ungarn die Durchführung des Vorhabens mit staatlichen Mitteln unterstützen; von den erforderlichen Mitteln würden 80 % in Form eines Darlehens der Russischen Föderation und 20 % aus Mitteln des ungarischen Staates bereitgestellt. Wie im Finanzierungsabkommen vereinbart, würde Ungarn sämtliche erforderlichen Investitionen für die Auftragsvergabe sowie für die Planung und den Bau der Reaktorblöcke 5 und 6 unmittelbar übernehmen. Daher stellt die Kommission fest, dass die Maßnahme eine Übertragung von Mitteln durch den ungarischen Staat beinhalten würde.

    (264)

    Außerdem weist die Kommission darauf hin, dass die Maßnahme dem ungarischen Staat zuzurechnen ist, da Ungarn entschieden hat, in das Vorhaben zu investieren und da Ungarn die Auszahlung der erforderlichen Mittel für die Zahlung des Kaufpreises nach Maßgabe des EPC-Vertrags sowie die Finanzierung der beiden neuen Reaktorblöcke von Paks II durch Fremdkapital beschließen wird.

    5.1.3.   SELEKTIVITÄT

    (265)

    Eine Maßnahme wird als selektiv betrachtet, wenn sie nur bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigt. Die Kommission bekräftigt erneut, dass die Maßnahme selektiv ist, weil die Maßnahme nur ein Unternehmen betrifft, da Ungarn mit Regierungsbeschluss 1429/2014 (VII. 31.) Paks II als befugtes ungarisches Unternehmen benannt hat, das gleichzeitig als Eigentümerin und als Betreibergesellschaft der neuen Reaktorblöcke fungieren wird. Daher wird der Vorteil als selektiv angesehen.

    5.1.4.   BEEINTRÄCHTIGUNG DES HANDELS UND VERZERRUNG DES WETTBEWERBS

    (266)

    Wie von der Kommission im Einleitungsbeschluss erläutert, wurde der Strommarkt der Union liberalisiert, und die Stromerzeuger betreiben Handel zwischen den Mitgliedstaaten. Außerdem ist die Infrastruktur des ungarischen Stromnetzes mit robusten Verbindungsleitungen (zur Übertragung von 30 % der installierten inländischen Kapazität) an die benachbarten Mitgliedstaaten verhältnismäßig gut ausgeprägt. Ungarn ist ein Nettoimporteur; aus Abbildung 5 in Erwägungsgrund 49 ist jedoch ersichtlich, dass Ungarn auch Strom exportiert, nicht nur auf den (seit 2014 bestehenden) gekoppelten tschechisch-slowakisch-ungarisch-rumänischen Day-ahead-Markt, sondern auch nach Österreich und nach Kroatien.

    (267)

    Die angemeldete Maßnahme würde die Entwicklung einer beträchtlichen Kapazität ermöglichen, die ansonsten durch private Investitionen anderer Marktteilnehmer mit alternativen Technologien entweder aus Ungarn oder aus anderen Mitgliedstaaten hätte finanziert werden müssen. Da Strom grenzüberschreitend gehandelt wird, ist jeder selektive Vorteil für ein Unternehmen zudem geeignet, den Handel innerhalb der Union zu beeinträchtigen.

    (268)

    Daher betont die Kommission nochmals, dass die Maßnahme den Wettbewerb zu verfälschen droht.

    5.1.5.   SCHLUSSFOLGERUNG ZUM VORLIEGEN EINER STAATLICHEN BEIHILFE

    (269)

    Da die Kommission zu dem Schluss gelangt ist, dass Paks II mit der Maßnahme ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt wird und dass auch die übrigen Merkmale für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe gegeben sind, stellt die Kommission fest, dass der ungarische Staat bei diesem Vorhaben Paks II eine Beihilfe gewährt, die als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV anzusehen ist.

    5.2.   RECHTMÄSSIGKEIT DER BEIHILFE

    (270)

    Wie im Einleitungsbeschluss (Erwägungsgrund 116) festgestellt, erhält die Kommission ihren Standpunkt aufrecht, dass zwar mehrere Abkommen bereits unterzeichnet wurden und die ursprüngliche Investitionsentscheidung bereits getroffen wurde; die Investitionsentscheidung, mit der Paks II die Arbeiten zum Bau der beiden neuen Reaktorblöcke endgültig in Auftrag gibt, steht jedoch noch aus, und bislang wurden noch keine Zahlungen nach Maßgabe des EPC-Vertrags geleistet. Durch die Anmeldung der Maßnahme vor ihrer Durchführung hat Ungarn gewährleistet, dass nicht gegen das Durchführungsverbot in Artikel 108 Absatz 3 AEUV verstoßen wurde.

    5.3.   VEREINBARKEIT MIT DEM BINNENMARKT

    (271)

    Da festgestellt wurde, dass die Maßnahme eine staatliche Beihilfe beinhaltet, hat die Kommission geprüft, ob die Maßnahme als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden könnte.

    (272)

    Die Kommission weist darauf hin, dass Ungarn die Maßnahme nicht als staatliche Beihilfe einstuft; nach dem Einleitungsbeschluss und den Stellungnahmen von Beteiligten, die nach der Veröffentlichung des Einleitungsbeschlusses bei der Kommission eingingen, hat Ungarn sich jedoch zur Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt geäußert hat (siehe Abschnitt 3.2).

    5.3.1.   RECHTSGRUNDLAGE FÜR DIE WÜRDIGUNG

    (273)

    Wie im Einleitungsbeschluss in Abschnitt 3.3.1 erläutert, kann die Kommission eine Maßnahme unmittelbar nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären, wenn die Maßnahme zur Erreichung eines Ziels von gemeinsamem Interesse beiträgt, für die Verwirklichung dieses Ziels erforderlich und verhältnismäßig ist und den Handel nicht in einem dem Ziel von gemeinsamem Interesse zuwiderlaufenden Maß beeinträchtigt.

    (274)

    Die Maßnahme muss folgende Voraussetzungen erfüllen: i) sie muss nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete beitragen; ii) sie muss auf die Herbeiführung einer wesentlichen Verbesserung abzielen, die der Markt aus eigenen Kräften nicht bewirken kann (beispielsweise die Behebung eines Marktversagens); iii) die angemeldete Maßnahme muss ein geeignetes politisches Instrument zur Verwirklichung des Ziels von gemeinsamem Interesse sein; iv) sie muss mit einer Anreizwirkung verbunden sein; v) sie muss den Erfordernissen, für die sie eingesetzt wird, angemessen sein, und vi) sie geht nicht mit einer unangemessenen Verfälschung des Wettbewerbs und des Handels zwischen Mitgliedstaaten einher.

    (275)

    In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss erklärten die ungarischen Behörden, dass die Beihilfevorschriften und insbesondere das allgemeine Verbot der Gewährung staatlicher Beihilfe für unter den Euratom-Vertrag fallende Maßnahmen nicht gelte.

    (276)

    Die Kommission räumt ein, dass die in Rede stehende Investition eine industrielle Tätigkeit betrifft, die unter den Euratom-Vertrag fällt (siehe Anhang II des Euratom-Vertrags); allein diese Tatsache ändert jedoch nichts an der Anwendbarkeit der Artikel 107 und 108 AEUV bei der Würdigung der Methode zur Finanzierung dieser Tätigkeit.

    (277)

    Artikel 2 Buchstabe c Euratom-Vertrag begründet die Verpflichtung der Union, Investitionen im Bereich der Kernenergie zu erleichtern, und Artikel 40 Euratom-Vertrag verpflichtet die Union zur Veröffentlichung hinweisender Programme, um Investitionen im Kernenergiebereich zu fördern; der Euratom-Vertrag sieht jedoch keine spezifischen Vorschriften zur Kontrolle der Maßnahmen vor, die ein Mitgliedstaat zur Finanzierung dieser Investitionen durchführt. Nach Artikel 106a Absatz 3 Euratom-Vertrag weichen die Vorschriften des AEUV nicht von den Vorschriften des Euratom-Vertrags ab.

    (278)

    Tatsächlich stellen die Artikel 107 und 108 AEUV keine Abweichung von den Vorschriften des Euratom-Vertrags dar, da der Euratom-Vertrag keine anderslautenden Vorschriften für staatliche Beihilfen enthält und da die Beihilfenkontrolle durch die Kommission nach den Artikeln 107 und 108 AEUV einer Verwirklichung des im Euratom-Vertrag verankerten Ziels der Förderung von Investitionen im Kernenergiebereich nicht entgegensteht.

    5.3.2.   VEREINBARKEIT MIT ANDEREN VORSCHRIFTEN DES UNIONSRECHTS ALS DEN BEIHILFEVORSCHRIFTEN

    (279)

    Zahlreiche Beteiligte haben sich zur Vereinbarkeit der Maßnahme mit den Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU (insbesondere mit der Richtlinie 2014/25/EU. da diese sektorbezogene Vorschriften enthält) und mit Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG (der Stromrichtlinie) geäußert; daher hat die Kommission geprüft, in welchem Umfang eine (etwaige) Unvereinbarkeit mit den Vorschriften der Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU und mit Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG im Zusammenhang mit der direkten Vergabe des Auftrags für den Bau der beiden neuen Reaktorblöcke von Paks II die Würdigung hinsichtlich des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV beeinträchtigen könnte.

    (280)

    „Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission nämlich verpflichtet, bei der Anwendung des Verfahrens auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen entsprechend dem Sinn und Zweck des Vertrags den Zusammenhang zwischen den Regelungen über die staatlichen Beihilfen und besonderen anderen als die staatlichen Beihilfen betreffenden Vorschriften zu beachten, und somit die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit den besonderen Vorschriften zu beurteilen … Eine solche Pflicht trifft die Kommission jedoch ausschließlich dann, wenn es sich um Modalitäten einer Beihilfe handelt, die derart untrennbar mit dem Zweck der Beihilfe verknüpft sind, dass sie nicht für sich allein beurteilt werden können … Eine Verpflichtung der Kommission, im Rahmen eines Verfahrens auf dem Gebiet der Beihilfen endgültig einen Verstoß gegen andere Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts als die Art. 107 AEUV und 108 AEUV … zu bejahen oder zu verneinen, verstieße nämlich zum einen gegen die teilweise stark divergierenden und mit unterschiedlichen Rechtswirkungen ausgestatteten Verfahrensvorschriften und -garantien, die für die speziell zur Kontrolle der Anwendung dieser Vorschriften vorgesehenen Verfahren gelten, und zum anderen gegen den Grundsatz der Autonomie der Verwaltungsverfahren und Rechtsbehelfe … Wenn die fragliche Modalität der Beihilfe untrennbar mit dem Gegenstand der Beihilfe verbunden ist, ist ihre Vereinbarkeit mit anderen als die staatlichen Beihilfen regelnden Vorschriften somit im Rahmen des in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens zu beurteilen, und diese Beurteilung kann dazu führen, dass die betreffende Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird. Kann hingegen die fragliche Modalität vom Gegenstand der Beihilfe losgelöst werden, ist die Kommission nicht verpflichtet, diese im Rahmen des nach Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens auf ihre Vereinbarkeit mit anderen als die staatliche Beihilfen betreffenden Vorschriften zu prüfen …“ (129).

    (281)

    Die Bewertung der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme könnte insoweit durch eine mögliche Unvereinbarkeit mit der Richtlinie 2014/25/EU beeinträchtigt werden, wenn eine zusätzliche Verfälschung des Wettbewerbs und eine Beeinträchtigung des Handels auf dem Strommarkt (dem Markt, auf dem Paks II als durch die Beihilfe begünstigtes Unternehmen tätig ist) festgestellt würde.

    (282)

    Diesbezüglich ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass hinsichtlich der unmittelbaren Beauftragung eines bestimmten Unternehmens mit dem Bau der neuen Reaktorblöcke die Richtlinie 2014/25/EU von Bedeutung ist. In dieser Sache wurde JSC NIAEP, ein mit dem Bau von Atomkraftwerken befasstes Unternehmen, nach Maßgabe des IGA unmittelbar mit dem Bau der beiden Reaktorblöcke beauftragt; JSC NIAEP ist aber nicht Begünstigter der Beihilfe. Begünstigter der Beihilfe ist Paks II, eine Marktteilnehmerin auf dem Strommarkt, die später Eigentümerin und Betreibergesellschaft der beiden Kernreaktoren sein wird. Wie bereits im Einleitungsbeschluss festgestellt, wird JSC NIAEP nicht als potenzieller Begünstigter der in Rede stehenden Maßnahme angesehen.

    (283)

    Insoweit könnte eine mögliche Nichtbeachtung der Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge in dieser Sache Verfälschungen auf dem Markt für den Bau von Atomkraftwerken bewirken. Zweck der Investitionsbeihilfe für Paks II ist jedoch, dazu beizutragen, dass dieses Kraftwerk Strom erzeugen kann, ohne für die Investitionen für den Bau der Kernanlage aufkommen zu müssen. Daher wurde keine zusätzliche verfälschende Wirkung auf den Wettbewerb und auf den Handel auf dem Strommarkt festgestellt, die auf einen Verstoß gegen die Vorschriften der Richtlinie 2014/25/EU im Zusammenhang mit der unmittelbaren Beauftragung von JSC NIAEP mit den Bauarbeiten zurückzuführen wäre.

    (284)

    Ohne eine „untrennbare Verbindung“ zwischen dem etwaigen Verstoß gegen Richtlinie 2014/25/EU und in Anbetracht des Zwecks der Beihilfe kann dieser etwaige Verstoß keine Auswirkungen auf die Bewertung der Vereinbarkeit der Beihilfe haben.

    (285)

    In jedem Fall hat die Kommission in einem eigenen Verfahren geprüft, ob Ungarn die Vorschriften der Richtlinie 2014/25/EU eingehalten hat; in dieser Prüfung ist die Kommission aufgrund der verfügbaren Informationen zu dem vorläufigen Schluss gelangt, dass die in Richtlinie 2014/25/EU beschriebenen Verfahren nach Artikel 50 Buchstabe c dieser Richtlinie auf die Beauftragung mit dem Bau der beiden Reaktorblöcke nicht anwendbar sind.

    (286)

    Hinsichtlich eines etwaigen Verstoßes gegen Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG stellt die Kommission fest, dass die Anforderung der Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens oder eines hinsichtlich der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit gleichwertigen Verfahrens für die Schaffung neuer Kapazitäten nicht absolut zu verstehen ist. Nach Artikel 8 Absatz 1 Satz 1 sind Mitgliedstaaten verpflichtet, in ihrem nationalen Recht die Möglichkeit der Durchführung von Ausschreibungen für die Beschaffung neuer Kapazitäten vorzusehen. Ungarn hat diese Anforderung durch die Umsetzung dieser Vorschrift im ungarischen Stromgesetz erfüllt (130). Und nach Artikel 8 Absatz 1 Satz 2 ist ein Ausschreibungsverfahren nicht erforderlich, wenn die Versorgungssicherheit durch die im Wege des Genehmigungsverfahrens geschaffenen Erzeugungskapazitäten bzw. die getroffenen Energieeffizienz-/Nachfragesteuerungsmaßnahmen allein nicht gewährleistet ist. Dies ist in dieser Sache der Fall: Das Vorhaben wurde (nach dem in Artikel 7 beschriebenen Genehmigungsverfahren) eben dafür genehmigt, u. a. die Lücke der zu erwartenden insgesamt installierten inländischen Kapazität zu schließen, und die Kommission hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die installierte Kapazität nicht hinreichend wäre. Daher ist die in Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG enthaltene Vorschrift zur Durchführung einer Ausschreibung bzw. eines gleichwertigen Verfahrens auf das Vorhaben in dieser Sache offenbar nicht anwendbar. Aus diesem Grund ist festzustellen, dass die Kommission keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine mögliche Anwendbarkeit von Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG hat.

    (287)

    Insoweit stellt die Kommission fest, dass die Bewertung der nach den Beihilfevorschriften angemeldeten Maßnahme von anderen Vorschriften des Unionsrechts nicht berührt wird.

    5.3.3.   ZIEL VON GEMEINSAMEM INTERESSE

    (288)

    Wie in Abschnitt 3.3.2 des Einleitungsbeschlusses erläutert, muss die Maßnahme der Erreichung eines klar beschriebenen Ziels von gemeinsamem Interesse dienen. Wenn die Union ein Ziel als dem gemeinsamen Interesse der Mitgliedstaaten dienend anerkannt hat, ist dieses Ziel als Ziel von gemeinsamem Interesse anzusehen.

    (289)

    Die Kommission hat festgestellt, dass die Maßnahme eine spezifische Unterstützung der Kerntechnologie beinhaltet. In diesem Zusammenhang wies die Kommission darauf hin, dass die Union nach Artikel 2 Buchstabe c des Euratom-Vertrags verpflichtet ist, „die Investitionen zu erleichtern und, insbesondere durch Förderung der Initiative der Unternehmen, die Schaffung der wesentlichen Anlagen sicherzustellen, die für die Entwicklung der Kernenergie in der Gemeinschaft notwendig sind“.

    (290)

    Die Kommission hat festgestellt, dass die von Ungarn vorgesehene Investitionsbeihilfe für Paks II auf die Förderung der Kernenergie abzielt und daher angesichts der Förderung von Investitionen im Bereich der Kernenergie als einem Ziel von gemeinsamem Interesse dienend angesehen werden kann.

    (291)

    Mehrere Beteiligte haben Stellungnahmen übermittelt und erklärt, dass die ungarischen Investitionen im Bereich der Kernenergie nach dem Euroatom-Vertrag nicht als Ziel von gemeinsamem Interesse betrachtet werden könnten.

    (292)

    Die Kommission stellt jedoch fest, dass die Vorschriften des Euratom-Vertrags durch den Vertrag von Lissabon ausdrücklich bestätigt wurden und dass der Euratom-Vertrag daher nicht als überholter oder veralteter und nicht mehr anwendbarer Vertrag angesehen werden kann. Die Parteien des Vertrags von Lissabon hielten die weitere uneingeschränkte Anwendbarkeit der Vorschriften des Euratom-Vertrags für erforderlich (131). In der Präambel des Euratom-Vertrags wird anerkannt, dass die erforderlichen Voraussetzungen für die Entwicklung einer leistungsfähigen Kernindustrie geschaffen werden müssen. Wie auch in früheren Beschlüssen und Entscheidungen der Kommission (132), gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Förderung der Kernenergie ein wesentliches Ziel des Euratom-Vertrags und damit auch der Union ist. Wie in der Präambel des Euratom-Vertrags erläutert, ist die Kommission eine Einrichtung der Euratom-Gemeinschaft und verpflichtet, „die Voraussetzungen für die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen, welche die Energieerzeugung erweitert, die Technik modernisiert und auf zahlreichen anderen Gebieten zum Wohlstand ihrer Völker beiträgt“. Diese Verpflichtung muss bei der Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums der Kommission bei der Genehmigung der staatlichen Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c und nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV berücksichtigt werden.

    (293)

    Wenngleich die Entwicklung der Kernenergie für die Mitgliedstaaten nicht verpflichtend ist und einige Mitglieder entschieden haben, keine Atomkraftwerke mehr zu bauen und zu entwickeln, kann die Förderung von Investitionen im Kernenergiebereich für die Zwecke der Beihilfenkontrolle als Ziel von gemeinsamem Interesse betrachtet werden. Tatsächlich sind viele nach den Beihilfevorschriften annehmbare und anerkannte Ziele (etwa im Bereich der Regionalentwicklung) nur für einen einzigen oder für wenige Mitgliedstaaten von Bedeutung.

    (294)

    Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die von Ungarn vorgesehene Maßnahme dem im Euratom-Vertrag verankerten Ziel der Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich dient.

    (295)

    Nach dem Einleitungsbeschluss übermittelten die ungarischen Behörden neue Informationen aus Studien des Übertragungsnetzbetreibers, in denen auch Importe und die Entwicklung der Nachfrage berücksichtigt werden. Nach der in Erwägungsgrund 50 genannten Studie von MAVIR wird auf dem ungarischen Markt bis 2026 zusätzliche Kapazität zur Erzeugung von mindestens 5,3 GW Strom und bis Ende des Prognosezeitraums (2031) von mehr als 7 GW benötigt. Daher stellt die Kommission fest, dass die auf die Förderung der Kernenergie abzielende Maßnahme einem im Euratom-Vertrag verankerten Ziel von gemeinsamem Interesse dient und zudem zur Sicherheit der Stromversorgung beiträgt.

    5.3.4.   NOTWENDIGKEIT DER BEIHILFE UND MARKTVERSAGEN

    (296)

    Im Einleitungsbeschluss hat die Kommission anerkannt, dass die Nutzung der Kernenergie durch äußerst hohe feste verlorene Kosten gekennzeichnet ist, die über sehr lange Zeiträume amortisiert werden müssen. Insoweit ist anzunehmen, dass Kapitalgeber, die eine Beteiligung im Kernenergiesektor in Betracht ziehen, mit Finanzrisiken in beträchtlicher Höhe konfrontiert sind.

    (297)

    Die Kommission hat Auskünfte über potenzielle neue Investitionen im Kernenergiebereich (ohne staatliche Unterstützung) sowie über die Zeitpläne (angesichts der Besonderheiten des ungarischen Strommarkts), die voraussichtliche Entwicklung und diesbezügliche Marktmodelle verlangt, um bewerten zu können, ob ein Marktversagen vorliegt, das sich auf neue Investitionen in Vorhaben im Kernenergiebereich in Ungarn auswirken könnte, und um welche Vorhaben es sich dabei handeln würde.

    (298)

    Um festzustellen, ob eine staatliche Beihilfe erforderlich ist, muss die Kommission, wie in Erwägungsgrund 129 des Einleitungsbeschlusses erläutert, prüfen, ob die Maßnahme eine Situation betrifft, in der sie eine wesentliche Verbesserung zur Folge haben könnte, die der Markt aus eigenen Kräften nicht bewirken könnte (beispielsweise durch Behebung eines klar beschriebenen Marktversagens).

    (299)

    Die Prüfung auf das Vorliegen eines Marktversagens ist Bestandteil der Prüfung, ob eine staatliche Beihilfe zur Erreichung des verfolgten Ziels von gemeinsamem Interesse erforderlich ist. In dieser Sache beabsichtigt Ungarn die Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich nach Maßgabe des Euratom-Vertrags, um die in nächster Zeit zu erwartende Lücke der insgesamt installierten nationalen Kapazität zu decken. Daher muss die Kommission prüfen, ob die staatliche Beihilfe zur Erreichung des Ziels der Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich erforderlich ist.

    (300)

    In diesem Zusammenhang erinnert die Kommission an die Stellungnahmen von Beteiligten bezüglich der Frage, ob die Kommission prüfen sollte, ob Investitionen in die Stromerzeugung im Allgemeinen Ausdruck eines Marktversagens sind. Einige Beteiligte stellen fest, dass bei derartigen Investitionen kein Marktversagen gegeben und dass der gegenwärtige niedrige Stromgroßhandelspreis nur eine Reaktion auf das normale Funktionieren des Marktes sei. Andere Beteiligte erläutern, die Kommission müsse den liberalisierten Strombinnenmarkt als den relevanten Markt definieren, der auf ein Marktversagen zu prüfen sei. Wenn auf diesem relevanten Markt ein Marktversagen konstatiert werde, sei diesem Marktversagen nicht unbedingt durch ein Atomkraftwerk zu begegnen.

    (301)

    In ihrer Würdigung der Erforderlichkeit der Beihilfe untersucht die Kommission jedoch, ob das Ziel von gemeinsamem Interesse ohne ein staatliches Eingreifen erreicht werden könnte oder ob ein Marktversagen der Erreichung dieses Ziels entgegensteht. Dabei braucht die Kommission nicht zunächst einen relevanten Markt zu definieren. Um festzustellen, ob ein Marktversagen vorliegt, muss die Kommission zunächst prüfen, welches Ziel von gemeinsamem Interesse der betreffende Mitgliedstaat verfolgt. Das mit dieser Maßnahme verfolgte Ziel von gemeinsamem Interesse betrifft weder den Strombinnenmarkt im Allgemeinen noch Investitionen in die Stromerzeugung im Allgemeinen, sondern ist eher im Sinne des Euratom-Vertrags für die Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich von Bedeutung; diese neuen Investitionen im Kernenergiebereich sind unbestreitbar Bestandteil des Strommarkts und werden zur Schließung der zu erwartenden Lücke der installierten Gesamtkapazität Ungarns beitragen. Außerdem muss die Kommission prüfen, ob das freie Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage auf dem Strommarkt im Allgemeinen gewährleistet, dass das Ziel neuer Entwicklungen im Kernenergiebereich ohne staatlichen Eingriff erreicht werden kann. Dazu muss kein besonderer Markt definiert werden.

    (302)

    Daher hat die Kommission geprüft, ob im Zusammenhang mit dem Ziel der Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich in Ungarn ein Marktversagen vorliegt und ob dies ein allgemeines Merkmal des ungarischen Markts oder ein besonderes Merkmal ausschließlich des Kernenergiesektors ist.

    (303)

    In Abschnitt 5.1.1.4 dieses Beschlusses gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass die mit diesem Vorhaben erwirtschafteten Erträge nicht hinreichend wären, um die Kosten eines privaten Kapitalgebers zu decken, der eine Finanzierung nur zu marktüblichen Preisen erhalten würde; eine Deckung wäre deshalb nicht möglich, weil der erwartete IRR der Investition unter dem marktbezogenen WACC-Richtwert für das Vorhaben liegt. Daher hätte ein vernünftiger privater Kapitalgeber unter diesen Bedingungen ohne zusätzliche staatliche Unterstützung nicht in dieses Vorhaben investiert.

    (304)

    Hinsichtlich der Investitionen im Kernenergiebereich räumt Ungarn ein, dass diese Technologie durch äußerst hohe Investitionskosten im Vorfeld und durch sehr lange Amortisationszeiten gekennzeichnet ist.

    (305)

    Der ungarische Strommarkt und die Beweggründe für die Entscheidung Ungarns für den Bau eines neuen Atomkraftwerks (insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die vorhandenen Kraftwerke bald vom Netz genommen werden) wurden bereits im Einleitungsbeschluss beschrieben. Wie in Erwägungsgrund 14 des Einleitungsbeschlusses erläutert, beruhte die Machbarkeitsstudie der MVM-Gruppe zur Untersuchung der Durchführung und der Finanzierung eines neuen Atomkraftwerks auf der Annahme, dass in Ungarn infolge der Abschaltung veralteter Kraftwerke 6 000 MW der installierten Bruttokapazität von insgesamt 8 000-9 000 MW bis 2025 wegfallen.

    (306)

    Und wie in den Erwägungsgründen 15 und 45 des Einleitungsbeschlusses erläutert, erwartet der ungarische Übertragungsnetzbetreiber MAVIR eine erhebliche Lücke in der künftigen installierten Gesamtkapazität in Ungarn (133). Den neuesten verfügbaren Informationen zufolge (siehe Erwägungsgrund 50 dieses Beschlusses) wird der Kapazitätsbedarf bis 2031 nun auf über 7 GW geschätzt. Nach Einschätzung der ungarischen Behörden wird der wachsende Energiebedarf durch die derzeit verfügbare lokale Erzeugungskapazität immer weniger gedeckt werden können; daher werden für Ungarn zwangsläufig eine Lücke zwischen dem Strombedarf und dem Angebot und eine zunehmende Abhängigkeit von Stromimporten entstehen; außerdem werden die Strompreise für die Endverbraucher steigen, wenn keine neuen Investitionen in Kraftwerke vorgenommen werden. Paks II wird mit einer Leistung von 2,4 GW zur Deckung dieses Bedarfs beitragen.

    (307)

    Außerdem verwies Ungarn auf die Feststellung von MAVIR, dass ungeachtet des ermittelten hohen Kapazitätsdefizits verhältnismäßig wenig neue Kapazität in Ungarn geschaffen werde (siehe Erwägungsgrund 46 des Einleitungsbeschlusses. und Tabelle 2 in Erwägungsgrund 51 dieses Beschlusses). Daher zweifelt die Kommission daran, dass ein Marktversagen in Verbindung mit neuen Investitionen im Kernenergiebereich in Ungarn spezifisch für derartige Investitionen ist.

    (308)

    Sie stellt fest, dass neue Investitionen im Kernenergiebereich in Europa durch Unwägbarkeiten gekennzeichnet sind und dass in manchen Fällen staatliche Beihilfemaßnahmen geplant werden könnten. Die Kommission hat die von Ungarn übermittelten Informationen bezüglich neuer Vorhaben im Kernenergiebereich in Finnland, Frankreich und der Slowakei geprüft, bei denen eine Finanzierung zu Marktbedingungen erfolge. Nach Auffassung Ungarns ist angesichts der Finanzierung dieser Vorhaben durch den Markt ein Marktversagen bei Vorhaben im Kernenergiebereich (zumindest in einigen Mitgliedstaaten) auszuschließen. Die Kommission stellt jedoch fest, dass die Entscheidungen über die Investition in die betreffenden Vorhaben in der Slowakei, in Frankreich und in Finnland (im Falle von Olkiluoto 3) vor der Wirtschaftskrise des Jahres 2008 und vor der Katastrophe von Fukushima getroffen wurde und dass sich beide Ereignisse erheblich auf die für die Investition relevanten Parameter hätten auswirken können. Zudem beruhen die Investitionen in Finnland auf dem Mankala-Geschäftsmodell (134), nach dem die finnischen Kapitalgeber für den gesamten erzeugten Strom einen bestimmten Preis erhalten. Das Mankala-Modell ermöglicht den zahlreichen an der investierenden Genossenschaft beteiligten Anteilseignern eine Verteilung der bestehenden Risiken, statt das mit dem Bau eines Atomkraftwerks verbundene Risiko vollständig auf einen einzigen oder wenige größere Anteilseigner zu übertragen.

    (309)

    Ungarn war der Auffassung, Paks II müsse mit dem von Fennovoima gebauten Kraftwerk Hanhikivi-1 in Finnland verglichen werden. Die Kommission stellt fest, dass das Vorhaben Hanhikivi-1 nicht nur auf einem Mankala-Modell beruht, sondern dass an diesem Vorhaben auch das mit dem Bau befasste Unternehmen Rosatom zu 34 % beteiligt ist. Die Kommission kann die beiden Vorhaben mit offenbar zumindest hinsichtlich der Beteiligungsstruktur unterschiedlichem Risikoprofil nicht vergleichen. Ungarn würde als Kapitalgeber das mit dem Vorhaben Paks II verbundene Risiko vollständig übernehmen; bei Mankala-Modellen tragen die Kapitalgeber das Risiko gemeinsam. Zudem kann sich das mit dem Bau des Kraftwerks befasste Unternehmen als unmittelbarer Anteilseigner des Vorhabens Hanhikivi-1 anders verhalten als beim Vorhaben Paks II, bei dem es ausschließlich nach Maßgabe des EPC-Vertrags, nicht aber als Kapitalgeber oder als Anteilseigner haftbar gemacht werden kann.

    (310)

    Daher dürften bereits umgesetzte Vorhaben im Kernenergiebereich keine gute Vergleichsgrundlage für die Bewertung darstellen, ob bei neuen Investitionen im Kernenergiebereich ein Marktversagen vorliegt.

    (311)

    Darüber hinaus legte Ungarn Informationen über Planungen in anderen Mitgliedstaaten zum Bau neuer Atomkraftwerke vor (Litauen, Rumänien, Bulgarien und Tschechische Republik). Diese Planungen sind jedoch entweder noch unsicher, werden hinsichtlich der erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen und der Finanzierungsstruktur noch verhandelt (135) oder sehen eine Absicherung des Preisrisikos durch Differenzkontrakte (CfD = Contracts for Difference) vor (136). Da sich diese Planungen aber offenbar noch nicht konkretisiert haben, scheinen sie keinen verlässlichen Anhaltspunkt für die Prüfung auf das Vorliegen eines Marktversagens zu bieten.

    (312)

    In einer Studie von ICF Consulting Services im Auftrag der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen zur Untersuchung von Auswirkungen auf die Euratom-Darlehensfazilität (137) (im Folgenden „ICF-Studie“) wurde festgestellt, dass Vorhaben im Kernenergiebereich bestimmte besondere Merkmale aufweisen, durch die eine Finanzierung eine besondere Herausforderung darstellen kann. Zu diesen Merkmalen zählen die hohen Kapitalkosten und die technische Komplexität von Kernreaktoren und die entsprechenden verhältnismäßig hohen Risiken im Hinblick auf die Beschaffung von Genehmigungen, den Bau und den Betrieb, die langen Amortisationszeiten, die häufigen Kontroversen um Vorhaben im Kernenergiebereich und die damit verbundenen zusätzlichen politischen, öffentlichkeitsbezogenen und rechtlichen Risiken und die Notwendigkeit klarer Konzepte und Finanzierungsregelungen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle und für die Stilllegung der Anlagen. Über die üblichen Herausforderungen bei der Finanzierung hinaus wird in der ICF-Studie festgestellt, dass mit der Entwicklung von Atomkraftwerken befasste Unternehmen von Geldgebern aufgrund der derzeitigen Marktbedingungen (d. h. der anhaltenden Folgen der weltweiten Finanzkrise des Jahres 2008, des Reaktorunglücks in Fukushima, der Schwierigkeiten der Eurozone und Basel III) verstärkt überwacht werden und dass ihnen mit größeren Bedenken begegnet wird. Infolge der Herausforderungen bei der Finanzierung sind auch die mit den Vorhaben verbundenen Risiken stärker ins Blickfeld gerückt (138). Aufgrund der Stellungnahmen von in der Studie befragten Interessenträgern gelangt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Herausforderungen bei der Finanzierung weniger auf die mangelnde Verfügbarkeit von Finanzmitteln aus der Privatwirtschaft als vielmehr darauf zurückzuführen sind, dass die mit diesen Investitionen verbundenen Risiken im Vergleich zu alternativen Investitionsmöglichkeiten (in Infrastrukturen mit konventionellen Kraftwerken und mit erneuerbaren Energiequellen) als zu hoch empfunden werden. Die Finanzierung von Kerntechnologie sei entsprechend unattraktiv; dies habe zu einer Lücke zwischen der Höhe der erforderlichen Investitionen und der Höhe der Investitionen geführt, die der Markt zu leisten bereit sei.

    (313)

    Zu den finanziellen Risiken bei der Entwicklung neuer Vorhaben im Kernenergiebereich zählen Entwicklungsrisiken und Risiken bei der Vorbereitung von Vorhaben sowie Baurisiken, Markt- und Ertragsrisiken, politische Risiken und rechtliche Risiken. In der ICF-Studie wurde festgestellt, dass die spezifischen Risiken der Kernenergie im Vergleich zu anderen Technologien zur Stromerzeugung im Zusammenhang mit den vorgeschriebenen Sicherheitsstandards und daher höheren Baukosten und höheren operativen Kosten als bei anderen Energieträgern sowie in der Tatsache bestehen, dass der durchschnittliche Lebenszyklus eines Atomkraftwerks beträchtlich über den Zeitrahmen von Investitionen in vergleichbare Infrastrukturvorhaben hinausgeht und dass entsprechend höhere Finanzrisiken bestehen. Diese Feststellung deckt sich mit den Feststellungen der Kommission bei der Würdigung der staatlichen Beihilfe für Hinkley Point C (139).

    (314)

    Nach Auffassung der für die Studie konsultierten Interessenträger sind Marktrisiken das Haupthindernis für Investitionen im Kernenergiebereich. Hinsichtlich der Marktrisiken wird in der ICF-Studie festgestellt, dass der Bau und die Inbetriebnahme zur Erzielung von Erträgen bei Atomkraftwerken mehr Zeit in Anspruch nehmen als der Bau von Kraftwerken mit konventionellen Energieträgern, die bereits nach einer Bauzeit von drei Jahren in Betrieb genommen werden und Erträge erwirtschaften können. Eine längere Laufzeit der Anlagen bedeutet auch, dass — anders als bei kurz- bis mittelfristigen Investitionen in Kraftwerke mit konventionellen Energieträgern — die Erträge über längere Zeiträume erwirtschaftet werden. Da die Energiepreise langfristig nur schwer genau zu prognostizieren sind, gehen Kapitalgeber von Prognosen künftiger Preise für fossile Brennstoffe, vom Anteil erneuerbarer Energiequellen auf dem Markt, von der Anbindung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen an das Stromnetz und vom künftigen CO2-Preis aus (140). Die Preise fossiler Brennstoffe werden von Markt geregelt und sind inhärent ungewiss; der CO2-Preis hingegen wird in gewissem Umfang von der Politik festgesetzt. In der ICF-Studie wird auf Unwägbarkeiten dahingehend verwiesen, ob der CO2-Preis in Zukunft hinreichend hoch sein wird, um die Wettbewerbsfähigkeit nicht fossiler Technologien einschließlich der Kerntechnologie sicherzustellen.

    (315)

    Außerdem nimmt die Kommission zur Kenntnis, dass allgemein erhebliche Unsicherheit über die langfristige Entwicklung der Strompreise auf den vorgelagerten Märkten für Gas, Kohle und Öl sowie hinsichtlich der künftigen Politik in Bezug auf erneuerbare Energiequellen, Kernenergie und Emissionshandel besteht und dass sich all diese Faktoren auf die künftigen Strompreise auswirken werden und nur schwer zu prognostizieren sind. Diese Schlussfolgerung wird auch durch den Stand ähnlicher Vorhaben in der Union bestätigt, bei denen die Unsicherheit der Ertragsentwicklung und die Gewährleistung der Erzeugungsleistung entscheidende Faktoren für Investitionsentscheidungen waren. Zur Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Ertragsentwicklung von Atomkraftwerken mit unflexibler Grundlast kommen der gegenwärtige Trend sinkender Strompreise in Europa und der zunehmende Bedarf der Strommärkte an flexibler Erzeugungskapazität hinzu.

    (316)

    In der ICF-Studie wird zudem ein weiteres Marktrisiko hinsichtlich der Kreditwürdigkeit der mit einem Vorhaben befassten Entwickler-/Versorgungsgesellschaft und des in die Finanzierung eines Vorhabens eingebundenen Mitgliedstaats beschrieben. Die Kreditwürdigkeit wirkt sich auf die Finanzierungskosten aus, die für private Investitionen unter Umständen nicht mehr tragbar sind.

    (317)

    Außerdem wird in der ICF-Studie festgestellt, dass infolge der langen Zeiträume der Finanzierung und der ursprünglichen Planung bei Atomkraftwerken ein erhöhtes Risiko besteht, dass sich die Unterstützung durch die Politik und die Öffentlichkeit ändert; auch dies wirkt sich auf die kommerzielle und die finanzielle Tragfähigkeit von Vorhaben im Kernenergiebereich aus. Daher bemühen sich Kapitalgeber um Rückversicherungen und Gewissheit darüber, dass die Lieferverträge bzw. die vereinbarten Laufzeiten der Kraftwerke auch tatsächlich eingehalten werden. Unsicherheiten für Kapitalgeber bestehen auch im Hinblick auf rechtliche Standards, die sich während der Laufzeit eines Atomkraftwerks ändern können und die zusätzlichen Kapitalaufwand oder eine Erhöhung der operativen Kosten mit sich bringen können. Kapitalgeber sind bei der Finanzierung derartiger Vorhaben skeptisch, wenn keine hinreichenden Reserven für sicherheitsbezogene Nachrüstungen vorgesehen werden. Besonders wichtig ist dies, wenn gegen Ende der vorgesehenen Laufzeit eines Atomkraftwerks eine Laufzeitverlängerung vereinbart werden soll und eine neue Genehmigung benötigt wird, für die zusätzliche Anforderungen erfüllt werden müssen (141). Konsultierte Interessenträger bezeichneten das politische und rechtliche Risiko als drittgrößtes Hindernis für Investitionen in Atomkraftwerke.

    (318)

    Anders als bei Kraftwerken mit anderen Energieträgern kann sich der Studie zufolge bei Atomkraftwerken angesichts der erforderlichen größeren Investitionen auch die Marktliberalisierung nachteilig auf den Umfang der Investitionen auswirken. Der Rechtsrahmen in den einzelnen Mitgliedstaaten ist insoweit von Bedeutung, als er die Möglichkeiten der Versorgungsunternehmen zur Erwirtschaftung von Gewinnen und damit auch den Wert der Unternehmen und ihre Möglichkeiten zur Finanzierung der Entwicklung von Atomkraftwerken aus eigenen Mitteln oder durch langfristige Darlehen von Finanzinstituten beeinträchtigen kann. Ein weiteres Hindernis, das der Finanzierung neuer Investitionen im Kernenergiebereich entgegensteht, sind die neuen vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) festgelegten Vorschriften für Kapitalmärkte (Basel III), nach denen Banken zur Absicherung langfristiger Darlehen (z. B. Darlehen zum Bau von Atomkraftwerken) höhere Kapitaldeckungen nachweisen müssen (142).

    (319)

    Diese Ergebnisse würden sich mit den Vorbringen der ungarischen Behörden decken, in denen erläutert wird, dass Unternehmen aus der Privatwirtschaft ebenso wie staatlichen Haushalten hinsichtlich der möglichen finanziellen Belastung durch einzelne Vorhaben mit hohem Finanzierungsbedarf, langen Bauzeiten und Risiken in Bezug auf die Übergabe und die Inbetriebnahme Grenzen gesetzt seien, da kein Schutz vor Bauverzögerungen oder Kostenüberschreitungen bestehe. Im Öl- und Gassektor wird mehr investiert als bei Versorgungsunternehmen, insbesondere angesichts der in letzter Zeit gesunkenen Börsennotierungen dieser Unternehmen. Wenn überhaupt investiert wird, richten sich Versorgungsunternehmen nach dem Verhalten der Unternehmen im Öl- und Gassektor, um eine Teilung der Risiken sicherzustellen.

    (320)

    Modellrechnungen für die ICF-Studie zeigen, dass Investitionen in Atomkraftwerke bis 2030 nicht konkurrenzfähig sind; die Konkurrenzfähigkeit wird allerdings ab 2040 deutlich zunehmen. Im Worst-Case-Szenario einer rückläufigen Konjunktur wird es jedoch im gesamten Zeitraum kaum zu neuen Investitionen kommen (143). Außerdem wird in der ICF-Studie festgestellt, dass sich nach 2030 ein stärkerer Wettbewerb einstellen wird, da die CO2-Preise und die Energiepreise nach 2030 weiter steigen werden. Mithilfe von Sensitivitätsmodellen werden in der Studie die Entwicklung des CO2-Preises und der Einfluss dieses Preises auf Investitionen in Atomkraftwerke geprüft. Die Studie gelangt zu dem Ergebnis, dass Kernenergie im Zeitraum 2020-2025 bei keinem der Szenarien für den CO2-Preis rentabel sein wird.

    (321)

    Veröffentlichte Informationen von Rating-Agenturen (144) zeigen, dass der Bau neuer Atomkraftwerke allgemein nachteilig für das Rating ist, während sich das Rating von Unternehmen, die aus der Kernenergie ausgestiegen sind, positiv entwickelt hat.

    (322)

    Das Modell und die Ergebnisse der ICF-Studie sind uneingeschränkt auch auf den ungarischen Markt übertragbar, wo (wie in den Erwägungsgründen 305 und 306 erläutert) eine erhebliche Lücke in der künftigen installierten Gesamtkapazität erwartet wird. Angesichts der in Abschnitt 5.3.4 erläuterten Faktoren stellt die Kommission daher fest, dass ein Versagen des Finanzierungsmarkts vorliegt, das neue Investitionen im Kernenergiebereich beeinträchtigt, und dass dies auch für derartige Investitionen in Ungarn gilt.

    (323)

    Natürlich könnte erklärt werden, dass bei diesem Beschluss die Hauptrisiken in Verbindung mit der Entwicklung, der Vorbereitung und dem Bau des Kraftwerks durch die Vereinbarung einer schlüsselfertigen Lieferung nach Maßgabe des EPC-Vertrags zumindest in gewissem Umfang abgeschwächt wurden. Die Markt- und Ertragsrisiken sowie die politischen und die rechtlichen Risiken für das Vorhaben Paks II werden dadurch jedoch nicht verringert. Insoweit scheint die Maßnahme erforderlich zu sein, um das Ziel der Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich in Ungarn zu erreichen.

    5.3.5.   GEEIGNETES INSTRUMENT

    (324)

    Die Kommission muss in ihrer Würdigung feststellen, ob die angemeldete Maßnahme ein geeignetes politisches Instrument zur Erreichung des in der Förderung der Kernenergie bestehenden Ziels von gemeinsamem Interesse ist.

    (325)

    Die Maßnahme besteht in einer Investition, die der ungarische Staat Paks II für die Entwicklung des Vorhabens gewährt. Ungarn bestätigte, dass es nicht beabsichtige, Paks II während des Betriebs eine Betriebsbeihilfe zu gewähren und dass sich die staatliche Beihilfe auf die Investition für die Durchführung des Vorhabens beschränkt.

    (326)

    Nach dem Einleitungsbeschluss hat Ungarn keine Informationen zu möglichen alternativen Instrumenten übermittelt, die einen Anreiz für neue Investitionen in die Kernenergie bieten könnten.

    (327)

    Angesichts der Besonderheiten des Vorhabens und der Größenordnung der erforderlichen finanziellen und sonstigen Ressourcen sowie des festgestellten potenziellen Marktversagens wären andere politische Instrumente und Regelungen wie etwa Vorzugsdarlehen oder Steuerermäßigungen nach Ansicht der Kommission nicht hinreichend, um dasselbe Ergebnis zu bewirken.

    (328)

    Daher stellt die Kommission fest, dass die Maßnahme ein geeignetes Instrument zur Unterstützung des Baus der beiden neuen Reaktorblöcke von Paks II darstellt.

    5.3.6.   ANREIZWIRKUNG

    (329)

    Damit von der Maßnahme eine Anreizwirkung ausgehen kann, muss sie dazu führen, dass die betreffenden Unternehmen ihr Verhalten ändern und zusätzliche Tätigkeiten aufnehmen, die sie ohne die Beihilfe nicht, nur in geringerem Umfang oder auf andere Weise ausüben würden.

    (330)

    Die Kommission stellt fest, dass Paks II ein Unternehmen ist, das vom Staat mit dem einzigen Zweck der Entwicklung und des Betriebs der Reaktorblöcke 5 und 6 des Atomkraftwerks gegründet wurde. Wie in den Erwägungsgründen 12, 26 und 27 erläutert, beschloss der ungarische Staat die Beteiligung an der Finanzierung von Paks II, um diesen Zweck zu erreichen.

    (331)

    In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest, dass das Vorhaben nicht durchgeführt würde, weil die erforderlichen finanziellen und sonstigen Ressourcen für den Begünstigten weder verfügbar noch zugänglich wären, weil der Begünstigte keine sonstigen Tätigkeiten ausübt, mit denen Einnahmen erwirtschaftet werden könnten, und weil die Kapitalstruktur des Begünstigten vollständig vom Staat bereitgestellt und gestaltet wurde. Dies wurde in der förmlichen Untersuchung bestätigt, in der die Kommission zu dem Schluss gelangte, dass das Vorhaben ohne die Unterstützung des ungarischen Staates keine hinreichenden Erträge erwirtschaften würde (siehe Analyse in Abschnitt 5.1.1 dieses Beschlusses).

    (332)

    Aus diesem Grund bietet die staatliche Beihilfe einen Anreiz für die Erreichung des Ziels von gemeinsamem Interesse durch den Bau des Atomkraftwerks.

    5.3.7.   VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT

    (333)

    Um die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme zu beurteilen, muss die Kommission sicherstellen, dass sich eine Maßnahme auf das Mindestmaß beschränkt, das eine erfolgreiche Durchführung des Vorhabens zur Erreichung des verfolgten Ziels von gemeinsamem Interesse ermöglicht.

    (334)

    In dieser Sache würde dem Begünstigten eine Finanzierungsbeteiligung zum Bau von Erzeugungskapazitäten gewährt, ohne den Begünstigten mit Risiken durch Refinanzierungskosten zu belasten, die andere Marktteilnehmer zu tragen hätten.

    (335)

    In mehreren bei der Kommission eingegangenen Stellungnahmen wird erklärt, da das Vorhaben ohne Ausschreibung durchgeführt werde, könne nicht festgestellt werden, ob sich die Maßnahme zur Deckung der gesamten Kosten auf das erforderliche Mindestmaß zur Durchführung des Vorhabens beschränke.

    (336)

    Die Kommission weist darauf hin, dass nach den Beihilfevorschriften die Durchführung einer Ausschreibung zur Abschätzung von Kosten und Einnahmen nicht erforderlich ist. Eine Ausschreibung ist nur eine von mehreren Möglichkeiten zur Vornahme einer Schätzung. Dass Ungarn Paks II nicht aufgrund eines Ausschreibungsverfahrens als Begünstigten der Maßnahmen ausgewählt hat, bedeutet an sich noch nicht, dass eine Überkompensation gegeben wäre.

    (337)

    Hinsichtlich der Behauptungen, dass die ungarischen Behörden nicht ermittelt hätten, welche Unterstützung für die Durchführung des Vorhabens mindestens erforderlich sein würde, sondern sich statt dessen zur vollständigen Finanzierung des Vorhabens entschlossen habe, ist die Kommission tatsächlich zu dem Schluss gelangt, dass infolge des vorliegenden Marktversagens die Finanzierung des Baus der beiden neuen Reaktorblöcke von Paks II als staatliche Beihilfe anzusehen ist (siehe Abschnitt 5.1 in diesem Beschluss).

    (338)

    Bezüglich einer etwaigen Überkompensation des Begünstigten infolge der Maßnahme erinnert die Kommission an ihre wirtschaftliche Analyse in Abschnitt 5.1, nach der das Vorhaben ohne Unterstützung nicht wirtschaftlich wäre; da die erwirtschafteten Einnahmen die anfänglichen Kosten und die Folgekosten des Vorhabens selbst bei verhältnismäßig optimistischen Szenarien nicht decken würden, wäre nämlich davon auszugehen, dass der erwartete IRR unter dem marktüblichen WACC-Wert liegen würde. In ihrer Würdigung schätzte die Kommission den IRR auf der Grundlage von Prognosen des Marktpreises und anderer als marktüblich betrachteter Parameter. Bei der Ermittlung dieser Differenz zwischen den Kapitalkosten und den Erträgen hat die Kommission daher in vollem Umfang den voraussichtlichen Beitrag der Einnahmen aufgrund der Geschäftstätigkeit (Verkauf des Stroms) zur Wirtschaftlichkeit des Vorhabens berücksichtigt. Die erwarteten Kosten des Vorhabens wurden mit den voraussichtlichen Erträgen verglichen; Ungarn hat diesbezüglich keine zusätzlichen staatlichen Mittel vorgesehen.

    (339)

    Da die Kapitalkosten des Vorhabens höher sind als die erwarteten Erträge, ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass die von Ungarn gewährte staatliche Beihilfe in vollem Umfang erforderlich und verhältnismäßig für die Durchführung des Vorhabens ist und dass eine Überkompensation in diesem Zusammenhang ausgeschlossen ist. Wie von Ungarn bestätigt, wird während des Betriebs keine weitere Unterstützung gewährt.

    (340)

    Wie in den Erwägungsgründen 96 und 97 erläutert, hat Ungarn zugesichert, dass für Paks II staatliche Mittel ausschließlich für das Vorhaben verwendet werden und dass etwaige Überschüsse wieder an den Staat fließen würden. Nach Ansicht der Kommission schließt diese Verpflichtung die Verwendung staatlicher Mittel aus, die zu zusätzlichen Gewinnen für Paks II über den Umfang hinaus führen würden, der zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit des Begünstigten erforderlich ist; außerdem wird durch diese Verpflichtung die Beschränkung der Beihilfe auf das erforderliche Mindestmaß gewährleistet.

    (341)

    In anderen Stellungnahmen wird betont, dass sich die staatliche Beihilfe nicht nur auf die Durchführung der Investition beschränken, sondern auch während der Phase des Betriebs gewährt würde; dies könne zu einer Überkompensation von Paks II führen. Diesbezüglich erinnert die Kommission daran, dass Ungarn erklärt hat, es werde für die angemeldete Maßnahme keine weitere staatliche Unterstützung bereitstellen. Außerdem weist die Kommission darauf hin, dass nach den von Ungarn am 28. Juli 2016 übermittelten zusätzlichen Informationen jegliche weitere Unterstützung für Paks II in jedem Fall einer Genehmigung als staatliche Beihilfe bedürfte.

    (342)

    Die Kommission hat geprüft, ob es zu einer Überkompensation kommen könnte, wenn der Begünstigte der Maßnahme während des Betriebs der Reaktorblöcke Erträge erwirtschaften würde, die höher wären als von der Kommission bei ihren Berechnungen der IRR-Werte veranschlagt (siehe Abschnitt 5.1). Insbesondere hat die Kommission untersucht, was geschehen würde, wenn Paks II infolge der Beihilfe Gewinne, die nicht in Form von Dividenden an den Staat gezahlt würden, in die Schaffung oder den Kauf weiterer Erzeugungskapazitäten investieren und dadurch seine eigene Marktposition stärken würde. In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest, dass der Begünstigte nach den von Ungarn am 28. Juli 2016 übermittelten zusätzlichen Informationen (siehe Erwägungsgrund 96) Gewinne nicht in die Erweiterung der Kapazität oder eine Verlängerung der Laufzeit von Paks II oder in die Einrichtung zusätzlicher Erzeugungskapazitäten über die der in diesem Beschluss behandelten Reaktorblöcke 5 und 6 hinaus reinvestieren kann.

    (343)

    Angesichts der in diesem Abschnitt 5.3.7 erläuterten Sachverhalte und insbesondere in Anbetracht der zusätzlichen Informationen der Anmeldung (siehe Erwägungsgründe 96 und 97) ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass der Begünstigte den Staat für die Bereitstellung des Kraftwerks entschädigen und keine Gewinne einbehalten sollte, die über den Umfang hinausgehen, der zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit und des wirtschaftlichen Betriebs des Kraftwerks unbedingt erforderlich ist. Daher ist die Maßnahme als verhältnismäßig anzusehen.

    5.3.8.   MÖGLICHE VERFÄLSCHUNGEN DES WETTBEWERBS UND AUSWIRKUNGEN AUF DEN HANDEL UND ALLGEMEINE ABWÄGUNGSPRÜFUNG

    (344)

    Die Maßnahme kann dann als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden, wenn die negativen Auswirkungen — beihilfebedingte Wettbewerbsverfälschungen und Beeinträchtigungen des Handels zwischen Mitgliedstaaten — begrenzt sind und die positiven Auswirkungen — in Form des Beitrags zu dem Ziel von gemeinsamem Interesse — überwiegen. Nach der Feststellung des Zwecks der Maßnahme müssen insbesondere etwaige negative Wirkungen der Maßnahme auf den Wettbewerb und den Handel minimiert werden.

    (345)

    Im Einleitungsbeschluss hat die Kommission beschrieben, wie der Wettbewerb auf dreierlei Weise beeinträchtigt werden könnte. Erstens durch eine Verstärkung einer möglichen Marktkonzentration, da das bestehende Atomkraftwerk Paks und Paks II im Eigentum derselben Eigentümerin und Betreibergesellschaft stehen würden. Zweitens hatte die Kommission Bedenken, dass die durch eine hohe Auslastung gekennzeichneten neuen Grundlastkapazitäten dem Markteintritt neuer Marktteilnehmer entgegenstehen und in der Merit Order nachrangige vorhandene teurere Erzeugungskapazitäten in gewissem Umfang verdrängen könnten. In diesem Zusammenhang hat die Kommission die folgenden Parameter untersucht: i) die potenziellen Auswirkungen der Maßnahme auf den ungarischen Markt, ii) die potenziellen grenzüberschreitenden Wirkungen, iii) die potenziellen Wirkungen des gleichzeitigen Betriebs von Paks II und des Atomkraftwerks Paks. Und schließlich wurde eine potenzielle Verfälschung insoweit festgestellt, als die Kommission zu dem Schluss gelangt war, dass Paks II zu gewissen Liquiditätsrisiken auf dem Großhandelsmarkt führen könnte, indem die Anzahl der Versorgungsangebote auf dem Markt begrenzt würde.

    5.3.8.1.    Verstärkung einer möglichen Marktkonzentration

    (346)

    Nachdem die Kommission im Einleitungsbeschluss Bedenken im Hinblick auf eine mögliche Marktkonzentration geäußert hatte, wurde in einigen Bemerkungen von Beteiligten ebenfalls auf einen möglichen Zusammenschluss von Paks II mit der Betreibergesellschaft der derzeit in Betrieb befindlichen vier Blöcke des Atomkraftwerks Paks hingewiesen. Diese Möglichkeit eines Zusammenschlusses wurde von der MVM-Gruppe und von Paks II jedoch ebenso verneint wie vom ungarischen Staat.

    (347)

    Die Kommission stellt fest, dass der ungarische Stromerzeugungsmarkt durch eine verhältnismäßig hohe Marktkonzentration gekennzeichnet ist, da auf das Atomkraftwerk Paks (MVM-Gruppe) etwa 50 % der inländischen Erzeugung entfallen. Diese Marktkonzentration könnte nachteilig für einen wirksamen Wettbewerb sein, da sie dem Markteintritt neuer Marktteilnehmer entgegenstehen und zu einem Liquiditätsrisiko führen könnte, indem sie die Anzahl der verfügbaren Versorgungsangebote beschränkt.

    (348)

    Die beiden neuen Kernreaktoren von Paks II sollen zu einem Zeitpunkt in Betrieb genommen werden, zu dem die vorhandenen vier Reaktorblöcke noch am Netz sein werden. Im Einleitungsbeschluss hat die Kommission darauf hingewiesen, dass dies eine verfälschende Wirkung auf den ungarischen Markt haben könnte, wenn die Betreibergesellschaften von Paks II und des Atomkraftwerks Paks nicht vollständig getrennt bleiben und als voneinander unabhängig und nicht miteinander verbunden betrachtet werden können.

    (349)

    Die Kommission erkennt an, dass Paks II von der MVM-Gruppe zurzeit rechtlich unabhängig ist. Allerdings hatte die Kommission Bedenken, dass diese rechtliche Trennung nicht hinreichend sein könnte oder dass sie ohne zusätzliche diesbezügliche Garantien nicht aufrechterhalten werden könnte. Außerdem hatte die Kommission Bedenken hinsichtlich möglicher künftiger Verbindungen von Paks II mit staatlich kontrollierten Gesellschaften im Energiesektor, die ihren Einfluss auf den ungarischen Energiemarkt hätten erhöhen können.

    (350)

    Erstens stellt die Kommission fest, dass der Zweck der ungarischen Maßnahme in der schrittweisen Ersetzung vorhandener nuklearer Kapazität im Atomkraftwerk Paks zwischen 2025 und 2037 besteht. Es wird davon ausgegangen, dass alle derzeit in Betrieb befindlichen Reaktorblöcke über einen bestimmten Zeitraum parallel zu den Reaktorblöcken von Paks II betrieben werden; dieser Zeitraum beschränkt sich jedoch auf die Jahre 2026-2032, und mit der vollständigen Abschaltung dieser nuklearen Kapazität bis 2037 würde der Marktanteil der MVM-Gruppe erheblich zurückgehen.

    (351)

    Zweitens erinnert die Kommission an das Vorbringen Ungarns (siehe Erwägungsgrund 102), dass die MVM-Gruppe und Paks II aus folgenden Gründen unabhängig voneinander und nicht miteinander verbunden seien:

    a)

    Sie würden von unterschiedlichen staatlichen Stellen geführt (die MVM-Gruppe vom Ministerium für nationale Entwicklung (über die Hungarian National Asset Management Inc.) und Paks II vom Amt des Premierministers);

    b)

    die Aufsichtsgremien der beiden Unternehmen hätten unterschiedliche Direktoren;

    c)

    bestehende Garantien gewährleisten, dass zwischen den Unternehmen keine geschäftlich empfindlichen und vertraulichen Informationen ausgetauscht werden;

    d)

    in den Unternehmen bestünden jeweils getrennte Entscheidungsbefugnisse.

    (352)

    Außerdem bekräftigte die MVM-Gruppe erneut, dass die MVM-Gruppe und Paks II zwei getrennte Stromerzeuger und insoweit Wettbewerber wie alle anderen Unternehmen seien; daher bestehe kein Grund für die Annahme, dass Maßnahmen abgestimmt oder dass die beiden Unternehmen zusammengeführt würden. Die Strategie der MVM-Gruppe beinhalte zudem mögliche Investitionen, mit denen die MVM-Gruppe künftig im Wettbewerb mit Paks II stehen könnte.

    (353)

    Drittens erinnert die Kommission an die zusätzlichen Informationen von Ungarn (siehe Erwägungsgrund 117), nach denen Paks II sowie die Rechtsnachfolger und verbundene Gesellschaften im Sinne der Randnummern 52 und 53 der Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Fusionskontrollverordnung rechtlich und strukturell vollständig voneinander getrennt sein werden; sie würden unabhängig von der MVM-Gruppe und ihren Geschäftsbereichen, Rechtsnachfolgern und Gesellschaften sowie von anderen staatlich kontrollierten und im Bereich der Erzeugung und des Stromhandels auf dem Großkunden- und dem Endverbrauchermarkt tätigen Unternehmen verwaltet und geleitet.

    (354)

    Die Kommission stellt fest, dass mit diesen zusätzlichen Informationen ihre Bedenken hinsichtlich etwaiger künftiger Konzentrationen und Verbindungen zwischen marktbeherrschenden Verteilerunternehmen auf dem ungarischen Strommarkt vollständig ausgeräumt werden. Paks II kann nun weder mit der MVM-Gruppe noch mit anderen staatlich kontrollierten Energieversorgungsunternehmen verbunden werden, und insoweit ist ausgeschlossen, dass die MVM-Gruppe ihren Markteinfluss während der Laufzeit der derzeit in Betrieb befindlichen vier Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Paks und darüber hinaus verstärken könnte.

    5.3.8.2.    Markteintrittshindernis für neue Marktteilnehmer

    (355)

    Hinsichtlich der Bedenken der Kommission, dass die neuen Kapazitäten ein Hindernis für den Markteintritt neuer Marktteilnehmer darstellen könnten, wurde in einigen Stellungnahmen betont, dass Atomkraftwerke gebaut würden, um eine hohe Grundlastkapazität zu schaffen; diese werde bei der Versorgung des Stromnetzes vorrangig berücksichtigt; außerdem seien sie auf dem Markt wegen ihrer niedrigen operativen Kosten als Anbieter besser aufgestellt.

    (356)

    Die Kommission hat die wettbewerbsbezogenen Auswirkungen der Maßnahme auf andere Marktteilnehmer auf dem ungarischen Markt und auf benachbarten Märkten geprüft. Insbesondere hat sie den Zeitraum des gleichzeitigen Betriebs der derzeit in Betrieb befindlichen vier Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Paks und von Paks II (voraussichtlich zwischen 2026 und 2032) untersucht.

    a)   Die potenziellen Auswirkungen der Maßnahme auf den ungarischen Markt

    (357)

    Die Kommission ruft in Erinnerung, dass der Betrieb der Reaktorblöcke 5 und 6 in Paks II den Kapazitätsverlust infolge der schrittweisen Abschaltung der Reaktorblöcke 1-4 des Atomkraftwerks Paks bis Ende 2032 bzw. 2034, 2036 und 2037 ausgleichen soll, wobei eine weitere Laufzeitverlängerung nicht vorgesehen ist (siehe Erwägungsgrund 10). Die beiden neuen Reaktorblöcke 5 und 6 in Paks II sollen in den Jahren 2025 und 2026 ans Netz gehen. Von dieser Entwicklung nuklearer Kapazitäten wird auch in der Studie von MAVIR aus dem Jahr 2016 ausgegangen (siehe Erwägungsgrund 20).

    (358)

    Die Kommission erinnert daran, dass der derzeit im Atomkraftwerk Paks erzeugte Strom 36 % des gesamten Stromverbrauchs in Ungarn deckt; dieser Deckungsgrad wird angesichts der erwarteten Zunahme der Nachfrage (siehe Erwägungsgrund 50) abnehmen; nach dem Abschalten des Atomkraftwerks Paks wird davon ausgegangen, dass in Paks II in ähnlichem Umfang Strom erzeugt wird.

    (359)

    Da mit dem Vorhaben Paks II ein Kapazitätsausgleich geschaffen werden soll, stellt die Kommission fest, dass — wenn im Jahr 2037 alle vier Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Paks abgeschaltet sein werden — die prognostizierte Lücke der vom Übertragungsnetzbetreiber erwarteten installierten Gesamtkapazität in Ungarn (siehe Erwägungsgrund 50) wieder den früheren Umfang erreichen würde (siehe auch Abbildung 7 in Erwägungsgrund 108), d. h., die Kapazität von Paks II (2,4 GW) wird langfristig nicht zu einer Erhöhung der installierten nuklearen Gesamtkapazität in Ungarn führen.

    (360)

    Die Kommission stellt ferner fest, dass die Liste der bereits in der Durchführungsphase befindlichen Investitionen sowie der genehmigten neuen Investitionen in Kraftwerksanlagen eher kurz ist (siehe Tabelle 2 in Erwägungsgrund 51). Angesichts dieser Daten ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass Ungarn nach dem Abschalten der vier Reaktorblöcke des derzeit in Betrieb befindlichen Atomkraftwerks Paks weiterhin ein Nettoimporteur mit erheblichem Importbedarf bleiben wird.

    (361)

    Wie in Erwägungsgrund 93 erläutert, hat Ungarn vorgetragen, dass der NERA-Studie zufolge ohne die angemeldete Maßnahme die für Paks II vorgesehene Leistung von 2,4 GW von kommerziellen OCGT und GuD erzeugt würde. Selbst mit Paks II bestünde auf dem Markt noch Bedarf an weiteren mit Gas oder sonstigen Energieträgern betriebenen Kraftwerken. Der NERA-Studie zufolge würde Ungarn bei der kontrafaktischen Fallkonstellation der Energieerzeugung aus Gas auch bei einer Ersetzung der Kapazität von Paks II durch neue Gaskapazitäten in Ungarn in hohem Maße von Stromimporten abhängig bleiben.

    (362)

    Hinsichtlich des Baus von auf anderen denkbaren Technologien beruhenden Kraftwerken ergänzend zu Paks II erinnert die Kommission an die Erklärung Ungarns, dass die gegenwärtigen und die historischen Entscheidungen über die Einführung von Kraftwerken auf Basis erneuerbarer Energiequellen weniger von den Marktpreisen als vielmehr entscheidend vom Bestehen staatlicher Subventionsprogramme abhängen (siehe Erwägungsgrund 107 Buchstabe a). Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass die nationale Energiestrategie Ungarns (145) nach dem Klima- und Energiepaket 2020 der Kommission (146), den nationalen Zielvorgaben der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (147) und den Schlüsselzielen des Rahmens für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 (148) die Nutzung erneuerbarer Energiequellen vorsieht. Außerdem stellt die Kommission fest, dass die variablen Kosten (149) von auf erneuerbaren Energiequellen beruhenden Technologien traditionell geringer sind als die variablen Kosten der Kerntechnologie, da diese Technologien nicht von Brennstoffen abhängen. Angesichts der genannten europäischen und nationalen Ziele im Hinblick auf erneuerbare Energiequellen ist zudem festzustellen, dass Ungarn bezüglich der Einrichtung von Mechanismen, mit denen die Einbindung neuer, mit erneuerbaren Energiequellen betriebener Kraftwerke in das Stromnetz gefördert werden soll, keine Sonderstellung einnimmt. Teile des ungarischen Programms zur Förderung erneuerbarer Energiequellen (METÁR) werden seit Januar 2017 durchgeführt (150); andere Teile des Programms, die für größere Unternehmen von Bedeutung sind, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen, werden derzeit von der Kommission noch auf das Vorliegen staatlicher Beihilfen geprüft.

    (363)

    Die Kommission erinnert daran, dass die derzeit in Betrieb befindlichen Kohle-(Braunkohle-)Kraftwerke (siehe Abbildungen 1 und 2 in Erwägungsgrund 43) der Untersuchung von MAVIR von 2016 zufolge (siehe Erwägungsgrund 20) zwischen 2025 und 2030 schrittweise vom Netz genommen werden; infolge der Abschaltungen könnten weitere Anlagen ans Netz gehen, insbesondere da die in Erwägungsgrund 362 genannten und zur kontinuierlichen Stromerzeugung nicht geeigneten Technologien die Verfügbarkeit ergänzender flexibler Kapazitäten voraussetzen würden.

    (364)

    Die ungarische Maßnahme ist als Investitionsbeihilfe ausgelegt, und eine Betriebsbeihilfe nach dem Anfahren der Reaktorblöcke wird für Paks II nicht gewährt; daher werden für das Kraftwerk die üblichen Marktrisiken bestehen.

    (365)

    Die Strompreise werden hauptsächlich durch die Grenzkosten der auf einem bestimmten Markt tätigen Erzeuger bestimmt. Technologien aufgrund erneuerbarer Energiequellen sind durch geringe Grenzkosten gekennzeichnet, da für den Betrieb meist keine Brennstoffkosten anfallen. Auch in der Kerntechnologie sind die Betriebskosten gering, und Atomkraftwerke folgen in der so genannten Merit Order nach den mit erneuerbaren Energiequellen betriebenen Anlagen. Bei Kohlekraftwerken sind die Grenzkosten wegen der Brennstoffkosten in der Regel höher als bei Atomkraftwerken; wegen der geringen Preise von Emissionszertifikaten liegen die Betriebskosten eines Kohlekraftwerks jedoch typischerweise unter denen eines GuD. Technologien mit höheren operativen Kosten können also zu Preissteigerungen führen; daher wird davon ausgegangen, dass die Nutzung der Kernenergie im Energiemix an sich nicht zu höheren Strompreisen in Ungarn führen wird und dass die Kerntechnologie eher ein Preisnehmer als ein Preissetzer sein wird.

    b)   Potenzielle grenzüberschreitende Auswirkungen der Maßnahme

    (366)

    Ungarn und mehrere Beteiligte haben darauf hingewiesen, dass der zu bewertende Energiemarkt sich hauptsächlich wegen der guten Anbindung an andere Stromnetze nicht auf das Territorium eines einzelnen Staates beschränkt und dass die Maßnahme mit Wettbewerbsverfälschungen einhergehen würde, die zumindest Mitgliedstaaten in der Nähe Ungarns betreffen würden.

    (367)

    Die Kommission stellt fest, dass die Ein- und Ausfuhrbilanz Ungarns im Bereich des Stromhandels gegenüber fast allen benachbarten Mitgliedstaaten negativ ist (siehe Abbildung 5 in Erwägungsgrund 49 dieses Beschlusses). Außerdem stellt die Kommission fest, dass Ungarn insgesamt ein Nettoimporteur ist; nach Abbildung 1 in Erwägungsgrund 43 wurden 2015 fast 30 % bzw. 13 TWh der ungarischen Nachfrage durch Importe gedeckt. Die Kommission erinnert daran, dass 2014 im gleichen Umfang importiert wurde (siehe Abbildung 2 in Erwägungsgrund 43 des Einleitungsbeschlusses).

    (368)

    Die Kommission stellt ferner fest, dass der ungarische Strommarkt innerhalb der europäischen Union hoch integriert ist und dass die Verbindungskapazität bei etwa 75 % der gesamten in Ungarn installierten Erzeugungskapazität liegt. Wie aus den Tabellen 4 und 5 in Erwägungsgrund 105 ersichtlich, werden sich die Verbindungskapazitäten bis 2030 beträchtlich erhöhen; daher werden die Handelsströme auch weiterhin den ungarischen Preisraum erreichen.

    (369)

    Dies wurde in Erwägungsgrund 365 auch im grenzüberschreitenden Zusammenhang erläutert. Durch den Bau von Paks II wird künftig Preisdruck auf den ungarischen Markt ausgeübt, da die Grenzkosten der mit Paks II erzeugten Energie im Vergleich zu alternativen OCGT- oder GuD-Kapazitäten, die nach Auffassung von NERA ansonsten geschaffen werden müssten, vergleichsweise gering sind. Die NERA-Studie hat allerdings gezeigt, dass Paks II weiterhin ein Preisnehmer sein wird, und die Preise in Ungarn werden bedingt durch andere Kraftwerke auch weiterhin auf eher hohem Niveau liegen. Daher werden Importe nach Ungarn auch in Zukunft rentabel sein.

    (370)

    Die Kommission hat die Vorbringen Ungarns bezüglich möglicher Wirkungen von Paks II auf den Markt in einem umfassenderen Zusammenhang berücksichtigt. Wie in Erwägungsgrund 112 erläutert, zeigt die von NERA vorgenommene Bewertung der unmittelbar benachbarten Märkte, an die Ungarn zurzeit gekoppelt ist (Ungarn, Slowakei und Rumänien), dass die gemeinsamen Marktanteile der MVM-Gruppe und von Paks II auf dem gekoppelten Markt Ungarns, der Slowakei und Rumäniens, nicht mehr als 20 % betragen würden (siehe Abbildung 10 in Erwägungsgrund 112).

    (371)

    Die Wirkungen der neuen Reaktorblöcke in Paks II auf andere benachbarte Märkte dürften weniger erheblich sein, da mit den betreffenden Preiszonen keine Marktkopplung besteht und da die (bestehenden und geplanten) Verbindungskapazitäten mit diesen Mitgliedstaaten einen begrenzteren Umfang haben (siehe Tabellen 3 und 4).

    c)   Die potenziellen Wirkungen eines gleichzeitigen Betriebs des Atomkraftwerks Paks und von Paks II

    (372)

    Wie in den Erwägungsgründen 98-99 und in den Erwägungsgründen 241-244 erläutert, kommt es beim Bau von Atomkraftwerken aus mehreren Gründen leicht zu Bauverzögerungen und damit zu längeren Bauzeiten. Die Kommission erkennt an, dass bei der Durchführung des Vorhabens gemessen am ursprünglichen Zeitplan bereits eine erhebliche Verzögerung eingetreten ist, […] Wie aus Tabelle 3 in Erwägungsgrund 99 hervorgeht, kam es bei der von JSC NIAEP angebotenen Technologie in Russland (dem Stammmarkt des Auftragnehmers, auf dem das Unternehmen die meisten Kraftwerke gebaut hat) bereits zu einer durchschnittlichen Verzögerung von zwei Jahren. Diese Verzögerungen sind deutlich größer, wenn ein Vorhaben außerhalb Russlands durchgeführt wird (in Indien beispielsweise bis zu sieben Jahre). Ungarn erklärt, Paks II solle in der EU das erste Atomkraftwerk mit WWER-III+-Technologie sein; bei diesem Kraftwerkstyp würden die höchsten Anforderungen an die nukleare Sicherheit erfüllt, und die Teile des Vorhabens, die nicht aus technischen Gründen ausgenommen sind, würden nach Maßgabe der Vorschriften für die Auftragsvergabe in der EU beschafft. Vernünftigerweise wird davon ausgegangen, dass dies zu weiteren Verzögerungen führen könne. Daher dürfte sich nach Auffassung der Kommission der ursprünglich vorgesehene Zeitraum von sechs Jahren des gleichzeitigen Betriebs aller vier Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Paks mit den beiden Reaktorblöcken in Paks II erheblich verkürzen. Angesichts der Ziele der Versorgungssicherheit und der Notwendigkeit einer sorgfältigen Vorbereitung der Stilllegung der Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Paks und in Anbetracht der Tatsache, dass mehr als 50 % des in Ungarn erzeugten Stroms mit Kernenergie erzeugt werden, könnte eine bestimmte Überschneidung des Betriebs der vorhandenen und der neuen Reaktorblöcke — realistisch betrachtet aus den oben genannten Gründen zeitlich eher beschränkt — als verhältnismäßig bewertet werden.

    (373)

    In jedem Fall erinnert die Kommission an die Ergebnisse der NERA-Studie (siehe insbesondere Abbildung 7 in Erwägungsgrund 108), nach denen selbst bei gleichzeitigem Betrieb des Atomkraftwerks Paks und von Paks II (zwischen 2025 und 2037) die erwartete Zunahme der nationalen Spitzennachfrage nicht allein durch Kraftwerke in Ungarn gedeckt werden, da auch die Gesamtleistung der zusätzlichen mit erneuerbaren Energiequellen und mit Gas betriebenen Kraftwerke zusammen mit der Erzeugung aus Kernenergie unterhalb der prognostizierten Nachfrage in Ungarn liegen würde (in Abbildung 7 mit einer schwarzen Kurve dargestellt). Der Studie zufolge ist dies im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass in Ungarn gegenwärtig eine Versorgungslücke besteht und Ungarn in erheblichem Umfang Strom importieren muss. NERA erläutert, dass dieses Defizit sich zwischen 2015 und 2025 noch erhöhen werde, da der Strombedarf in Ungarn bis 2040 noch erheblich zunehmen dürfte und da das zweitgrößte kontinuierlich in Betrieb befindliche ungarische Kraftwerk (Mátra — siehe Abbildungen 1 und 2 in Erwägungsgrund 43) der Studie des Netzbetreibers zufolge zwischen 2025 und 2030 vom Netz genommen werden soll (siehe Erwägungsgrund 20).

    (374)

    Aus diesem Grund sowie um die Stabilität des Systems bei den erwarteten Kapazitätsdefiziten sicherzustellen, wird das System ungarische oder importierte Kapazitäten zusätzlich zu den genannten Kapazitäten aus mit Kernenergie, erneuerbaren Energiequellen und Gas betriebenen Kraftwerken benötigen. Zusätzliche Kapazitäten sind auch für die Bildung der von ENTSO-E vorgeschriebenen Reserve (siehe Erwägungsgrund 50) erforderlich.

    (375)

    Darüber hinaus erinnert die Kommission daran, dass die derzeit bereits ausgeprägten Verbindungen Ungarns mit benachbarten Ländern wie in Erwägungsgrund 105 erläutert, durch neue Verbindungsleitungen mit der Slowakei (2 × 400 kV und 1 × 400 kV) und mit Slowenien (1 × 400 kV) weiter ausgebaut werden; diese Verbindungsleitungen sollen zwischen 2016 und 2021, d. h. deutlich bevor Paks II ans Netz geht, in Betrieb genommen werden. Die Kommission stellt fest, dass diese von Ungarn genannten neuen Verbindungsleitungen grenzüberschreitende Handelsströme verbessern und insbesondere Importe erleichtern dürften.

    (376)

    Wie in Erwägungsgrund 369 erläutert, berücksichtigte die Kommission auch die Ergebnisse der NERA-Studie, nach denen die Kerntechnologie selbst während der sich überschneidenden Laufzeiten des Atomkraftwerks Paks und von Paks II weiterhin eher ein Preisnehmer als ein Preissetzer sein dürfte; die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kerntechnologie zu einer preissetzenden Technologie entwickeln könnte, wird immer unter 5 % liegen (siehe Abbildung 11 in Erwägungsgrund 113).

    5.3.8.3.    Liquiditätsrisiko für den Großhandelsmarkt

    (377)

    Wie in Abschnitt 2.6 erläutert, werden Geschäfte auf dem ungarischen Stromgroßhandelsmarkt meist in Form bilateraler Stromliefervereinbarungen getätigt, und an der HUPX wurde noch keine angemessene Liquidität erreicht. Die Kommission hatte anfänglich Bedenken, dass die Märkte bei einem Szenario, bei dem ein marktbeherrschender Anbieter (MVM Partner) und neue Erzeugungskapazität in beträchtlichem Umfang (Paks II) von einem einzigen Eigentümer kontrolliert würden (nämlich dem ungarischen Staat), an Liquidität verlieren könnten, da die beteiligten Marktteilnehmer die Lieferangebote verknappen könnten.

    (378)

    Außerdem stellt die Kommission fest, dass je nachdem, wie der in den neuen Reaktoren erzeugte Strom auf dem Markt verkauft wird, die Liquidität erheblich beeinträchtigt werden könnte und die Kosten für nachgelagerte Wettbewerber erhöht werden könnten, da deren Zugang zu einem wichtigen Input beschränkt werden könnte (Marktabschottung auf Vorleistungsebene). Dies wäre etwa dann denkbar, wenn der von Paks II erzeugte Strom hauptsächlich nach Maßgabe langfristiger Liefervereinbarungen nur an bestimmte Versorger verkauft und auf diese Weise die Marktmacht von Paks II vom Erzeugungsmarkt auf den Endkundenmarkt übertragen würde.

    (379)

    Der Ausschluss von Verbindungen von Paks II zu in staatlichem Eigentum stehenden Marktteilnehmern auf dem Endverbrauchermarkt hat dazu beigetragen, die Bedenken der Kommission in gewissem Umfang zu zerstreuen (siehe Erwägungsgrund 353).

    (380)

    Die Kommission stellt fest, dass Ungarn bezüglich des Verkaufs von Strom aus Paks II erläutert (siehe Erwägungsgrund 118), dass die von Paks II verfolgte Strategie zum Verkauf des erzeugten Stroms eine marktübliche, auf Gewinnmaximierung gerichtete Handelsstrategie sei, die mit kommerziellen Handelsvereinbarungen aufgrund von Geboten auf einer transparenten Handelsplattform oder Börse betrieben werde.

    (381)

    Insbesondere hat Ungarn bestätigt, dass sich eine derartige Handelsstrategie (unter Ausschluss des Eigenverbrauchs in Paks II) wie folgt gestalten würde:

    a)

    Paks II würde mindestens 30 % des insgesamt erzeugten Stroms auf dem Day-Ahead-Markt, dem Intraday-Markt und dem Future-Markt der ungarischen Strombörse (HUPX) verkaufen. Vorbehaltlich der Zustimmung der Kommissionsdienststellen innerhalb von zwei Wochen nach Stellung eines entsprechenden Antrags der ungarischen Behörden, kann auch auf anderen vergleichbaren Strombörsen gehandelt werden.

    b)

    Den übrigen in Paks II erzeugten Strom verkauft Paks II in Auktionen zu objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen. Die Bedingungen für diese Auktionen werden von der ungarischen Regulierungsbehörde für die Energiewirtschaft festgelegt — ähnlich den Auktionsvorschriften, die für MVM Partner verfügt wurden. Die ungarische Regulierungsbehörde überwacht auch die Durchführung dieser Auktionen.

    (382)

    Die Kommission stellt zudem fest, dass Ungarn gewährleisten würde, dass Kauf- und Verkaufsangebote für alle zugelassenen oder registrierten Händler zu denselben Marktbedingungen auf der von Paks II zu betreibenden Auktionsplattform zugänglich sind und dass das Clearing-System auf dieser Plattform überprüfbar und transparent ist. Bezüglich der Endverwendung des gekauften Stroms würden keinerlei Auflagen verfügt.

    (383)

    Insoweit wurde sichergestellt, dass der in Paks II erzeugte Strom auf dem Großhandelsmarkt für alle Marktteilnehmer in transparenter Weise verfügbar ist und dass keine Gefahr besteht, dass der von Paks II erzeugte Strom langfristigen Monopolvereinbarungen unterworfen würde und somit ein Risiko für die Marktliquidität bestehen würde.

    (384)

    Daher stellt die Kommission fest, dass die Maßnahme so wie sie gegenwärtig ausgelegt ist, nur untergeordnete Risiken für die Marktliquidität mit sich bringen würde.

    5.3.8.4.    Schlussfolgerung zur Verfälschung des Wettbewerbs und zur allgemeinen Abwägungsprüfung

    (385)

    Nach einer sorgfältigen Würdigung in Abschnitt 5.3 dieses Beschlusses erkennt die Kommission an, dass die Maßnahme auf die Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich abzielt; insoweit verfolgt sie ein im Euratom-Vertrag verankertes Ziel von gemeinsamem Interesse; gleichzeitig trägt sie zur Versorgungssicherheit bei.

    (386)

    Bei der Gewährung der Beihilfe wird die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Ungarn stellt sicher, dass Paks II den Staat für die neuen Kraftwerksblöcke entschädigt und dass Paks II keine zusätzlichen Gewinne einbehält, die über den Umfang hinausgehen, der zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit und des wirtschaftlichen Betriebs des Kraftwerks unbedingt erforderlich ist. Außerdem stellt die Kommission fest, dass die vom Begünstigten erwirtschafteten Gewinne nicht reinvestiert werden, um ohne beihilferechtliche Genehmigung die Kapazität von Paks II zu erweitern oder um neue Erzeugungskapazitäten zu kaufen oder zu schaffen.

    (387)

    Darüber hinaus hat die Kommission geprüft, ob die Maßnahme insbesondere im begrenzten Zeitraum des gleichzeitigen Betriebs von Paks II und des Atomkraftwerks Paks einem Markteintritt von Erzeugungskapazitäten entgegenstehen könnte, die auf anderen Technologien beruhen. Die Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass ein etwaiges Markteintrittshindernis dadurch begrenzt wäre, dass die Lücke der vom Netzbetreiber ermittelten künftigen installierten Gesamtkapazität die Durchdringung des Marktes mit anderen Erzeugungstechnologien (sowohl unter Nutzung sowohl erneuerbarer Energiequellen als auch CO2-intensiver Energieträger) unabhängig vom Bau von Paks II ermöglichen würde.

    (388)

    Die Kommission hat auch mögliche grenzüberschreitende Wirkungen der Maßnahme geprüft; da Paks II jedoch einen ähnlichen Umfang hat wie die vier derzeit in Betrieb befindlichen Blöcke des Atomkraftwerks Paks, werden größere grenzüberschreitende Wirkungen selbst angesichts der guten Verbindungen Ungarns zu benachbarten Netzen nicht erwartet, da Ungarn weiterhin ein Nettoimporteur und einer der teuersten Anbieter bleiben wird. Über den auch in Zukunft zu erwartenden Importüberschuss Ungarns hinaus stellt die Kommission fest, dass Paks II wegen der Entfernungen und wegen netzbedingter Sachzwänge, die in Ungarn erzeugten Strom für weiter entfernte Regionen nochmals verteuern würden, nur begrenzte Wirkungen auf den Strompreis in Regionen außerhalb der unmittelbar an Ungarn angrenzenden Regionen hätte.

    (389)

    Die Kommission nahm ferner die Feststellung zur Kenntnis, dass während des Zeitraums des gleichzeitigen Betriebs von Paks II und des Atomkraftwerks Paks, der kürzer sein dürfte als ursprünglich vorgesehen, die zunehmende nationale Spitzennachfrage allein durch ungarische Kraftwerke nicht gedeckt werden kann.

    (390)

    Die Kommission bekräftigt erneut, dass andere mögliche Verfälschungen des Marktes, beispielsweise infolge einer möglichen Marktkonzentration sowie durch die mangelnde Liquidität des Marktes durch die Bestätigungen Ungarns vom 28. Juli 2016 minimiert wurden.

    (391)

    Daher ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass grundsätzlich nur begrenzte Wettbewerbsverfälschungen in Betracht kommen und dass diese Verfälschungen durch das ermittelte Ziel von gemeinsamem Interesse ausgeglichen werden; dieses Ziel wird insbesondere angesichts der Zusagen Ungarns vom 28. Juli 2016 in verhältnismäßiger Weise erreicht.

    6.   SCHLUSSFOLGERUNG

    (392)

    In Anbetracht dieser Erwägungen stellt die Kommission fest, dass die von Ungarn angemeldete Maßnahme eine staatliche Beihilfe beinhaltet, die in der von Ungarn am 28. Juli 2016 geänderten Form nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ist —

    HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

    Artikel 1

    Die Maßnahme, die Ungarn zur finanziellen Unterstützung des Baus der beiden neuen Kernreaktoren zugunsten des Unternehmens MVM Paks II Nuclear Power Plant Development Private Company Limited by Shares („Paks II“) durchzuführen beabsichtigt, das auch Eigentümerin und Betreibergesellschaft dieser Kernreaktoren wäre, wird vollständig vom ungarischen Staat finanziert und ist als staatliche Beihilfe einzustufen.

    Artikel 2

    Die Maßnahme ist vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 3 mit dem Binnenmarkt vereinbar.

    Artikel 3

    Ungarn gewährleistet, dass Paks II sämtliche Gewinne aufgrund des Betriebs der Blöcke 5 und 6 von Paks II ausschließlich für folgende Zwecke verwendet:

    a)

    für das Vorhaben Paks II („Vorhaben“), d. h. für die Entwicklung, die Finanzierung, den Bau, die Inbetriebnahme, den Betrieb und die Instandhaltung, Modernisierungen, die Entsorgung von Abfällen und die Stilllegung der beiden neuen WWER-Reaktorblöcke 5 und 6 im Atomkraftwerk Paks II in Ungarn, wobei Gewinne nicht zur Finanzierung von Investitionen in Tätigkeiten verwendet werden, die nicht dem oben beschriebenen Vorhaben zuzurechnen sind, und

    b)

    zur Abführung an den ungarischen Staat (beispielsweise in Form von Dividenden).

    Ungarn stellt zudem sicher, dass Paks II keine (Re-)Investitionen für die Ausweitung der Kapazität oder der Laufzeit von Paks II bzw. für die Installation weiterer Erzeugungskapazitäten über die Kapazitäten der Reaktorblöcke 5 und 6 von Paks II hinaus vornimmt. Derartige neue Investitionen bedürften gegebenenfalls einer eigenen beihilferechtlichen Genehmigung.

    Bezüglich des Verkaufs von Strom aus Paks II gewährleistet Ungarn, dass die von Paks II verfolgte Strategie zum Verkauf des erzeugten Stroms eine marktübliche, auf Gewinnmaximierung gerichtete Handelsstrategie ist, die mit kommerziellen Handelsvereinbarungen aufgrund von Geboten auf einer transparenten Handelsplattform oder Börse betrieben wird. Die Strategie zum Handel mit dem in Paks II erzeugten Strom (ausgenommen den Eigenverbrauch von Paks II) gestaltet sich wie folgt:

     

    Ebene 1: Paks II verkauft mindestens 30 % des insgesamt erzeugten Stroms auf dem Day-Ahead-Markt, dem Intraday-Markt und dem Future-Markt der ungarischen Strombörse (HUPX). Vorbehaltlich der Zustimmung der Kommissionsdienststellen innerhalb von zwei Wochen nach Stellung eines entsprechenden Antrags der ungarischen Behörden kann auch an anderen vergleichbaren Strombörsen gehandelt werden.

     

    Ebene 2 Den übrigen in Paks II erzeugten Strom verkauft Paks II in Auktionen zu objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen. Die Bedingungen für diese Auktionen werden von der ungarischen Regulierungsbehörde für die Energiewirtschaft festgelegt — ähnlich den Auktionsvorschriften, die für MVM Partner verfügt wurden [(Beschluss 741/2011 der ungarischen Regulierungsbehörde)]. Die ungarische Regulierungsbehörde überwacht auch die Durchführung dieser Auktionen.

    Ungarn gewährleistet, dass die Auktionsplattform für diese Ebene 2 von Paks II betrieben wird und sichergestellt ist, dass für Kauf- und Verkaufsangebote bei allen zugelassenen oder eingetragenen Händlern die gleichen Marktbedingungen gelten. Das Clearing-System auf dieser Plattform ist überprüfbar und transparent. Bezüglich der Endverwendung des gekauften Stroms wird es keinerlei Auflagen geben.

    Ungarn verpflichtet sich zu gewährleisten, dass Paks II sowie die Rechtsnachfolger und verbundene Gesellschaften rechtlich und strukturell vollständig voneinander getrennt sind, dass sie autonome Entscheidungsbefugnisse im Sinne der Nummern 52 und 53 der Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Fusionskontrollverordnung (151) besitzen und unabhängig von der MVM-Gruppe und ihren Geschäftsbereichen, Rechtsnachfolgern und Gesellschaften sowie von anderen staatlich kontrollierten und im Bereich der Erzeugung und des Stromhandels auf dem Großkunden- und dem Endverbrauchermarkt tätigen Unternehmen verwaltet und geleitet werden.

    Artikel 4

    Ungarn übermittelt der Kommission Jahresberichte über die Erfüllung der in Artikel 3 genannten Verpflichtungen. Der erste Bericht wird einen Monat nach dem Stichtag des ersten Finanzjahres des Geschäftsbetriebs von Paks II vorgelegt.

    Brüssel, den 6. März 2017

    Für die Kommission

    Margrethe VESTAGER

    Mitglied der Kommission


    (1)  ABl. C 8 vom 12.1.2016, S. 2.

    (2)  Siehe Fußnote 1.

    (3)  Abkommen zwischen der Russischen Föderation und der Regierung Ungarns über die Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung von Kernenergie, geschlossen am 14. Januar 2014 und ratifiziert in Ungarn durch Gesetz II (2014) des ungarischen Parlaments (2014. évi II. törvény a Magyarország Kormánya és az Oroszországi Föderáció Kormánya közötti nukleáris energia békés célú felhasználása terén folytatandó együttműködésről szóló Egyezmény kihirdetéséről).

    (4)  Ungarn geht von einer Nettokapazität von 1 180 MW pro Reaktorblock aus.

    (5)  Artikel 3 des IGA.

    (1)  Regierungsbeschluss 1429/2014. (VII. 31.) [A Kormány 1429/2014. (VII. 31.) Korm. Határozata a Magyarország Kormánya és az Oroszországi Föderáció Kormánya közötti nukleáris energia békés célú felhasználása terén folytatandó együttműködésről szóló Egyezmény kihirdetéséről szóló 2014. évi II. törvény szerinti Magyar Kijelölt Szervezet kijelölése érdekében szükséges intézkedésről].

    (6)  Artikel 8 des IGA.

    (7)  Abkommen zwischen der Regierung der Regierung der Russischen Föderation und der Regierung Ungarns über die Verlängerung des staatlichen Kredits für die Regierung Ungarns zur Finanzierung des Baus eines Atomkraftwerks in Ungarn, geschlossen am 28. März 2014.

    (8)  Nähere Informationen zur MVM-Gruppe sind Erwägungsgrund 18 des Einleitungsbeschlusses zu entnehmen.

    (9)  Data of the Hungarian Electricity System (Daten zum ungarischen Stromnetz) (Mavir, 2014): https://www.mavir.hu/documents/10262/160379/VER_2014.pdf/a0d9fe66-e8a0-4d17-abc2-3506612f83df, Zugriff am 26. Oktober 2015.

    (10)  25/2009. (IV.4.) OGY Határozat a paksi bővítés előkészítéséről.

    (11)  Nationale Energiestrategie (Ministerium für nationale Entwicklung, Ungarn, 2011):

    http://2010-2014.kormany.hu/download/7/d7/70000/Hungarian%20Energy%20Strategy%202030.pdf.

    (12)  A magyar villamosenergia-rendszer közép- és hosszú távú forrásoldali kapacitásfejlesztése (Mittel- und langfristige Entwicklung der Erzeugungskapazität im ungarischen Stromnetz):

    https://www.mavir.hu/documents/10258/15461/Forr%C3%A1selemz%C3%A9s_2016.pdf/462e9f51-cd6b-45be-b673-6f6afea6f84a (MAVIR, 2016).

    (13)  Dekret des Ministers für nationale Entwicklung Nr. 45/2014. (XI.14.) [45/2014. (XI.14.) NFM rendelet az MVM Paks II. Atomerőmű Fejlesztő Zártkörűen Működő Részvénytársaság felett az államot megillető tulajdonosi jogok és kötelezettségek összességét gyakorló szervezet kijelöléséről].

    (14)  Artikel 9 des zwischenstaatlichen Abkommens.

    (15)  3,95 % bis zum ersten Tag der Rückzahlung und anschließend über die nächsten 21 Jahre zwischen 4,50 % und 4,95 %.

    (16)  In Zeitspannen von jeweils sieben Jahren: 25 %, 35 % bzw. 40 % des tatsächlich in Anspruch genommenen Teilbetrags des Darlehens.

    (*1)  Verschlusssache/Geschäftsgeheimnis.

    (17)  […]

    (18)  Als Vertragsstrafe wird eine von den Parteien eines Vertrags vereinbarte Strafzahlung bezeichnet, die bei Verletzung bestimmter im Vertrag vereinbarter Pflichten als Entschädigung zu zahlen ist.

    (19)  Siehe Beschluss Nr. 747/2011 der Ungarischen Energiebehörde vom 14. Oktober 2011.

    (20)  „Többi nagyerőmű“ bedeutet „Andere große Kraftwerke“ und „kiserőművek“„Kleine Kraftwerke“.

    (21)  Länderbericht zur Energieversorgung Ungarns (Europäische Kommission — 2014): https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/2014_countryreports_hungary.pdf, Zugriff am 26. Oktober 2015.

    (22)  A magyar villamosenergia-rendszer közép- és hosszú távú forrásoldali kapacitásfejlesztése (Mittel- und langfristige Entwicklung der Erzeugungskapazität im ungarischen Stromnetz): https://www.mavir.hu/documents/10258/15461/Forr%C3%A1selemz%C3%A9s_2016.pdf/462e9f51-cd6b-45be-b673-6f6afea6f84a (Mavir, 2016).

    (23)  Der MEIP-Test ist ein Standardtest auf das Vorliegen staatlicher Beihilfen und wurde auch von Ungarn bei den im Vorfeld und im Anschluss an die Anmeldung in dieser Sache übermittelten wirtschaftlichen Analysen angewendet. Die Kommission hat eine sorgfältige Prüfung vorgenommen und den von Ungarn übermittelten MEIP-Test ergänzt, um zu einer eigenen Beurteilung hinsichtlich des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe zu gelangen.

    (24)  Urteil des Gerichts vom 3. Juli 2014, Spanien und Ciudad de la Luz/Kommission, T-319/12 und T-321/12, ECLI:EU:T:2014:604, Rn. 40, Urteil des Gerichts vom 6. März 2003, Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, T-233/99 und T-228/99, ECLI:EU:T:2003:57, Rn. 245.

    (25)  Im Regelfall gibt es zwei wesentliche Kapitalquellen: Eigenkapital und (finanzielles) Fremdkapital. Die Gesamtkapitalkosten werden als gewichtete durchschnittliche Kapitalkosten (WACC) ausgedrückt. Dabei werden die Eigen- und Fremdkapitalanteile berücksichtigt.

    (26)  ABl. C 200 vom 28.6.2014, S. 1.

    (27)  Siehe Fußnote 9.

    (28)  Der erste Ansatz ist ein üblicher Ansatz beim MEIP-Test unter Einbeziehung mehrerer Branchen; der zweite Ansatz wurde speziell für die Stromwirtschaft entwickelt.

    (29)  Die LCOE sind die Gesamtkosten der Installation und des Betriebs eines Kraftwerksvorhabens ausgedrückt in einem einheitlichen Strompreis während der Laufzeit des Vorhabens; die Berechnung erfolgt mit dieser Formel:

    LCOE = [Sumt (Costst × (1+r)-t)] / [Sumt (MWh × (1+r)-t)],

    wobei r = Diskontierungszinssatz und t = Jahr t. Entsprechend hängt dieser Wert vom angewendeten Diskontierungszinssatz ab. Üblicherweise wird der gewichtete Kapitalkostensatz (WACC) als Diskontierungszinssatz angenommen.

    (30)  Dieses Dokument ist öffentlich zugänglich unter http://www.kormany.hu/download/6/74/90000/2015_Economic%20analysis%20of%20Paks%20II%20-%20for%20publication.pdf

    (31)  Das Finanzmodell ist eine aktualisierte Fassung des vorläufigen Finanzmodells. Die Aktualisierungen betreffen u. a. die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Paks II und JSC NIAEP als Anbieterin des Atomkraftwerks.

    (32)  Siehe Erwägungsgründe 52-81 des Einleitungsbeschlusses.

    (33)  Siehe http://www.worldenergyoutlook.org/weo2014/.

    (34)  Aufgrund unzureichender Informationen und wegen bestehender Unklarheiten wurden die auf dieser Methode beruhenden Schätzungen im Einleitungsbeschluss nicht bewertet. Daher werden in die folgende Übersicht auch Unterlagen aus der Zeit vor dem Einleitungsbeschluss einbezogen.

    (35)  In der OECD/IEA/NEA-Studie werden die LCOE mit 89,94 USD/MWh angesetzt (siehe Tabelle 4.7); wie der Wert von 70 EUR/MWh aus der Wirtschaftsstudie (Abbildung 3) und die Spanne von 50,5-57,4 EUR/MWh aus dem erstgenannten Wert abgeleitet wurde, ist nicht klar. Die OECD/IEA/NEA-Studie von 2015 ist verfügbar unter https://www.oecd-nea.org/ndd/egc/2015/.

    (36)  Siehe Aszódi, A., Boros, I.,. und Kovacs, A., (2014) „A paksi atomerőmű bővítésének energiapolitikai, műszaki és gazdasági kérdései“, in Magyar Energetika, Mai 2014. Eine Übersetzung ins Englische mit dem Titel „Extension of the Paks II NPP — energy political, technical and economical evaluations“ wurde der Kommission im Februar 2016 vorgelegt. In dieser Studie werden Berechnungen in HUF vorgenommen und für die Laufzeit des Vorhabens durchschnittliche LCOE von 16,01-16,38 HUF/kWh ermittelt. Allerdings wurden keine näheren Angaben dazu gemacht, wie diese in HUF ausgedrückten Zahlen in die in Erwägungsgrund 81 genannte Spanne in EUR/MWh umgerechnet wurden.

    (37)  Siehe Abbildung 15 der Wirtschaftsstudie.

    (38)  Siehe S. 77 der Wirtschaftsstudie.

    (39)  Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom)

    (*2)  No data provided in forecast

    (*3)  Assumption: Slovenia starting from zero.

    Quelle: NERA-Studie.

    (*4)  No data provided in forecast

    (*5)  Assumption: Slovenia starting from zero.

    Quelle: NERA-Studie.

    (40)  ENTSO-E (2015), All TSOs’ proposal for Capacity Calculation Regions (CCRs) in accordance with Article 15(1) of the Commission Regulation (EU) 2015/1222 of 24 July 2015 establishing a Guideline on Capacity Allocation and Congestion Management, 29. Oktober 2015, S. 9, Artikel 9.

    (41)  Beschluss (EU) 2015/658 der Kommission vom 8. Oktober 2014 über die vom Vereinigten Königreich geplante staatliche Beihilfe SA.34947 (2013/C) (ex 2013/N) zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C (ABl. L 109 vom 28.4.2015, S. 44).

    (42)  Konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. C 95 vom 16.4.2008, S. 1).

    (43)  Entscheidung 94/285/Euratom der Kommission vom 21. Februar 1994 zur Anwendung von Artikel 53 Absatz 2 EAG-Vertrag, (ABl. L 122 vom 17.5.1994, S. 30), Randnummer 22.

    (44)  Verordnung (EG) Nr. 1209/2000 der Kommission vom 8. Juni 2000 über die Durchführungsbestimmungen für die in Artikel 41 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft vorgeschriebenen Anzeigen (ABl. L 138 vom 9.6.2000, S. 12).

    (45)  Siehe Erwägungsgrund 13 Buchstabe c.

    (46)  Siehe Candole Partners — NPP Paks II, Economic Feasibility Assessment, Februar 2016, http://www.greenpeace.org/hungary/Global/hungary/kampanyok/atomenergia/paks2/NPP%20Paks%20II%20Candole.pdf.

    (47)  Siehe Felsmann Balázs, „Működhet-e Paks II állami támogatások nélkül? Az erőműtársaság vállalatgazdasági közelítésben“, https://energiaklub.hu/sites/default/files/paks2_allami_tamogatas_2015jun.pdf.

    (48)  Eine Beschreibung des Atomkraftwerks Leningrad (Leningrad NPP) ist folgender Website zu entnehmen: http://atomproekt.com/en/activity/generation/vver/leningr_npp/, Zugriff am 24. Februar 2017.

    (49)  Zum IEA WEO 2015 siehe http://www.worldenergyoutlook.org/weo2015/.

    (50)  Darüber hinaus wird im IEA WEO 2015 ein viertes Szenario einbezogen: das „450-Szenario“, das einen Weg beschreibt, mit dem das angestrebte Zwei-Grad-Klimaziel durch Technologien erreicht werden kann, die kurz vor der Marktreife stehen.

    (51)  Die Preisunterschiede bei deutschen und ungarischen Termingeschäften werden mit der unzureichenden Kopplung der Märkte begründet.

    (52)  In einem weiteren Abschnitt der Candole-Studie werden die Kosten von Paks II mit den im Jahr 2002 vom französischen Rechnungshof geschätzten operativen Kosten von EPR-Reaktoren verglichen (Boccard, N., „The Costs of Nuclear Electricity: France after Fukushima“: http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2353305.).

    (53)  Romhányi Balázs, „A Paks II beruházási költségvetés-politikai következnényei“: https://energiaklub.hu/sites/default/files/a_paks_ii_beruhazas_koltsegvetes-politikai_kovetkezmenyei.pdf.

    (54)  Studie von Fazekas, M., u. a., The Corruption Risks of Nuclear Power Plants: What Can We Expect in Case of Paks2?: http://www.pakskontroll.hu/sites/default/files/documents/corruption_risks_paks2.pdf.

    (55)  http://www.kormany.hu/download/a/84/90000/2015%20Economic%20analysis%20of%20Paks%20II.pdf.

    (56)  https://ec.europa.eu/programmes/horizon2020/en/what-horizon-2020.

    (57)  Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlament und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 55).

    (58)  Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen (ABl. C 82 vom 1.4.2008, S. 1).

    (59)  https://www.oecd-nea.org/ndd/climate-change/cop21/presentations/stankeviciute.pdf.

    (60)  Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65).

    (61)  Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243).

    (62)  Urteil des Gerichts vom 12. Februar 2008, BUPA, T-289/03, Randnummer 313.

    (63)  http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2016/EN/1-2016-177-EN-F1-1.PDF.

    (64)  In seinen Vorbringen hat Ungarn keinen Zeitplan aufgenommen und sich in uneinheitlicher Weise auf die Verwendung verfügbarer Zahlen zu verschiedenen Zeitpunkten beschränkt. Der Schwerpunkt der ungarischen Vorbringen lag auf einer Investitionsentscheidung vom Dezember 2014, und im zweiten erläuternden Schreiben berücksichtigte Ungarn auch Eigenkapitalrisikoprämien von Juli 2015.

    (65)  Nach dem EPC-Vertrag wird der Bau der beiden neuen Reaktoren in zwei Phasen aufgeteilt, die erste ausschließlich […] und die zweite […].

    (66)  Die Eigenkapitalrisikoprämie beispielsweise wird in den Benchmark-Analysen Ungarns in den genannten Studien mit 9,0 % angesetzt, während in derselben Studie beim Bottom-up-Ansatz von einer geschätzten Eigenkapitalrisikoprämie von 4,0 % ausgegangen wird.

    (67)  Siehe Damodaran, A. „Equity risk premium (ERP): Determinants, estimation and implications — The 2016 Edition“ (2016), Abschnitt „Estimation Approaches — Historical Premiums“, S. 29-34: http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2742186. Angesichts des historischen Index der ungarischen Börse mit einem Schlusswert von 24 561,80 am 2. Mai 2006 und einem Schlusswert von 26 869,01 am 2. Mai 2016 (Daten von https://www.bet.hu/oldalak/piac_most) scheinen diese Zweifel berechtigt zu sein.

    (68)  Nach der Studie von Moody’s aus dem Jahr 2009 impliziert die Ankündigung des Baus eines Atomkraftwerks bei amerikanischen Unternehmen eine Herabstufung um durchschnittlich vier Stufen. Damodaran geht in seinen Datenbanken wiederum davon aus, dass ein Unterschied der Kreditwürdigkeit von vier Stufen (z. B. A3 und Ba1) zu einer Eigenkapitalrisikoprämie von 2,0 % führt (Damodaran-Datenbank, Werte im Juli 2016).

    (69)  Der Umfang dieses Risikos ist bei Paks II allerdings geringer, da bei diesem Kraftwerk nur ein begrenztes Baurisiko besteht.

    (70)  CAPM steht für „Capital Asset Pricing Model“, das Standard-Finanzmodell zur Schätzung des Ertrags eines Vermögenswerts: http://www.investopedia.com/terms/c/capm.asp.

    (71)  Die Kommission prüfte auch die Zinssätze für Staatsanleihen in EUR und in USD; diese Staatsanleihen hatten jedoch kürzere Laufzeiten und wurden zuletzt im Mai 2011 (EUR) bzw. im März 2014 (USD) ausgegeben. In Zeiten derart schwankender Zinssätze bei Staatsanleihen beschloss die Kommission, diese Anleihen in der Untersuchung nicht zu berücksichtigen. Außerdem hätte die Einbeziehung dieser Anleihen zu einer Erhöhung der geschätzten WACC geführt; daher mussten sie aus Gründen einer konservativen Betrachtung aus der Untersuchung ausgeschlossen werden.

    (72)  Zu den für Dezember 2014 relevanten Zahlen siehe Registerkarten Risk Premiums for Other Markets > 1/14 auf der Seite http://people.stern.nyu.edu/adamodar/New_Home_Page/dataarchived.html. Die für Februar 2017 maßgeblichen Zahlen sind den Registerkarten Risk Premiums for Other Markets > Download auf der folgenden Seite zu entnehmen: http://pages.stern.nyu.edu/~adamodar/New_Home_Page/datacurrent.html. Die Datenbanken von Herrn Damodaran werden in der Finanzwelt allgemein verwendet und zitiert.

    (73)  Zum Jahr 2014 siehe Fernández, P., Linares P. und Acin, I. F., „Market Risk Premium used in 88 countries in 2014: a survey with 8,228 answers“, 20. Juni 2014: http://www.valuewalk.com/wp-content/uploads/2015/07/SSRN-id2450452.pdf. Zu 2016 siehe Fernández, P., Ortiz, A. und Acin, I. F. „Market Risk Premium used in 71 countries in 2016: a survey with 6,932 answers“, 9. Mai 2016: https://papers.ssrn.com/sol3/papers2.cfm?abstract_id=2776636&download=yes.

    (74)  Die übrigen Beta-Werte, die Ungarn in der MEIP-Untersuchung und im anschließenden zweiten erläuternden Schreiben nannte, sowie die Beta-Werte für Versorgungsunternehmen, erneuerbare Energiequellen und den Stromsektor in der Damodaran-Datenbank liegen deutlich über 1. Daher ist ein Beta-Wert von 0,92 als konservativer Ansatz zu bewerten, da sich mit diesem Wert ein niedrigerer WACC-Satz ergibt als mit den anderen, höheren Beta-Werten.

    (75)  Siehe http://www.mnb.hu/statisztika/statisztikai-adatok-informaciok/adatok-idosorok, „XI. Deviza, penz es tokepiac“ > „Allampapir piaci referenciahozamok“ für Erstere und https://www.quandl.com/data/WORLDBANK/HUN_FR_INR_RISK-Hungary-Risk-premium-on-lending-lending-rate-minus-treasury-bill-rate für Letztere. Der letztgenannte Wert ist angesichts des geringen Umfangs des ungarischen Marktes für Unternehmensanleihen mit Vorsicht zu betrachten. Die Daten beziehen sich auf den 31. Dezember 2014. Für weniger weit zurückliegende Zeiträume sind keine Daten verfügbar.

    (76)  Die Zahlen sind höher als die von Ungarn ermittelten Werte; dies ist in erster Linie darauf den zurückzuführen, dass die Kommission von einem höheren risikofreien Zinssatz und einer höheren Eigenkapitalrisikoprämie ausgegangen ist (siehe Kritik an den Annahmen Ungarns in Erwägungsgrund 208).

    (77)  Zu den für Dezember 2014 relevanten länderspezifischen WACC-Zahlen siehe „Data“ > „Archived data“ > „Cost of capital by industry“ > „Europe“ > „1/14“ auf der Seite http://pages.stern.nyu.edu/~adamodar/. Zu den für Februar 2017 maßgeblichen länderspezifischen WACC-Zahlen siehe „Data“ > „Current data“ > „Cost of capital by industry“ > „Europe“ auf der Seite http://pages.stern.nyu.edu/~adamodar/. Zu den Risikoprämien siehe Fußnote 72. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass diese Datenbank Bestandteil einer weltweiten Datenbank ist und auch europäische Länder abdeckt (Bereich „Western Europe“). Darüber hinaus werden die Länder nach weiteren Gruppierungen zusammengefasst, und Ungarn wird zu einer Teilgruppe „Developed Europe“ gezählt (siehe Arbeitsblatt „Europe“ oder „Industries sorted global“ in der Excel-Datei http://www.stern.nyu.edu/~adamodar/pc/datasets/indname.xls.

    (78)  Im zweiten erläuternden Schreiben hat auch Ungarn eine kurze Benchmark-Analyse aufgrund der Daten der Damodaran-Datenbank entwickelt (in Anhang 2). Diese Analyse ist jedoch insofern nicht relevant, als sie eine Investition im Jahr 2014 mit Informationen aus einem späteren Zeitraum begründet.

    (79)  Die Zahlen in diesen Tabellen werden unter Annahme der ungarischen Körperschaftsteuer von 19 % für die Verschuldung angepasst.

    (80)  In der Datenbank für 2014 waren keine Daten zum Sektor „Ökologisch und erneuerbare Energiequellen“ verfügbar. Im Jahr 2016 lagen die WACC in diesem Sektor über dem Durchschnitt der beiden anderen berücksichtigten Sektoren; selbst wenn Daten verfügbar gewesen wäre, hätte die Einbeziehung dieses Sektors daher den geschätzten Wert für die WACC im Jahr 2014 erhöht.

    (81)  Siehe Fußnote 68.

    (82)  Die Zahlen in dieser Tabelle beruhen auf Beta-Werten aus der branchenbezogenen Damodaran-Datenbank der WACC-Daten.

    (83)  In diesem Fall wird nicht der gewogene, sondern der einfache Durchschnitt der je Segment berücksichtigten Unternehmen angenommen, da als Analogie eher die Segmente als die Unternehmen an sich betrachtet werden sollen. Die Zugrundelegung des gewogenen Durchschnitts würde das Ergebnis für 2016 nicht beeinflussen; für 2014 würden sich leicht höhere Werte und damit allerdings auch höhere WACC-Werte ergeben. Daher ist die Entscheidung für den einfachen Durchschnitt anstelle des gewogenen Durchschnitts in diesem Zusammenhang als konservativer Ansatz zu bewerten.

    (84)  Ein entscheidendes Element der Schätzung ist, dass in der Damodaran-Dastenbank die länderbezogene Eigenkapitalrisikoprämie als Summe einer Prämie auf einem reifen Markt und einer weiteren länderspezifischen Risikoprämie definiert wird, die auf einer länderspezifischen Standardspanne beruht und entsprechend dem auf dem Markt bestehenden höheren Eigenkapitalrisiko erhöht wird (für das Jahr 2014 um 1,5 und für das Jahr 2016 um 1,39). Nähere Informationen sind dem Arbeitsblatt „Explanation and FAQ“ der länderbezogenen Eigenkapitalrisikoprämie in der Damodaran-Datenbank zu entnehmen: http://www.stern.nyu.edu/~adamodar/pc/datasets/ctryprem.xls.

    (85)  Die in Ziffer ii berechnete länderspezifische zusätzliche Eigenkapitalrisikoprämie für Ungarn muss mit den Beta-Werten in Tabelle 8: multipliziert werden, damit sie in die in Ziffer iii ermittelten Eigenkapitalkosten eingerechnet werden kann.

    (*6)  In der WACC-Formel werden die Fremdkapitalkosten nach Steuern verwendet.

    (86)  Außerdem hätte die untere Grenze von 9,15 % für das Jahr 2014 wahrscheinlich nach oben korrigiert werden müssen, wenn für das Segment „Ökologisch und erneuerbare Energiequellen“ Zahlen für das Jahr 2014 verfügbar gewesen wären.

    (87)  Zeitpunkt der Veröffentlichung der Preisprognose der IEA im Jahr 2014.

    (88)  Kurve D wird als vertrauliche Information/Geschäftsgeheimnis betrachtet.

    (89)  Ungarn machte keine näheren Angaben zu den verwendeten Wechselkursen. Der angenommene Wert von 0,9 kann in der Berechnung des Finanzmodells abgezogen werden. Das durchschnittliche monatliche Wechselkursverhältnis lag im September 2015 bei 0,89. Dieses Wechselkursverhältnis von EUR zu USD (sowie die übrigen in diesem Dokument verwendeten Kurse) wurden der Website der EZB entnommen: http://sdw.ecb.europa.eu/quickview.do;jsessionid=B13D3D3075AF28A4265A4DF53BE1ABC0?SERIES_KEY=120.EXR.D.USD.EUR.SP00.A&start=01-07-2014&end=15-11-2016&trans=MF&submitOptions.x=46&submitOptions.y=5.

    (90)  Aufgrund der erheblichen Schwankung des EUR/USD-Wechselkurses wählte die Kommission einen durchschnittlichen Wechselkurs in den drei Monaten vor der ursprünglichen Investitionsentscheidung vom 9. Dezember 2014; in diesen Zeitraum fällt auch die Veröffentlichung des IEA WEO 2014. Alternativ könnten durchschnittliche jährliche Wechselkurse verwendet werden. Das durchschnittliche jährliche Wechselkursverhältnis im Zeitraum vor Dezember 2014 betrug 0,75; dies würde einen etwas niedrigeren IRR ergeben, und insoweit ist die Entscheidung für einen durchschnittlichen Wechselkurs in einem Zeitraum von drei Monaten bei dieser Analyse eher als konservativer Ansatz zu bewerten.

    (91)  Siehe http://www.worldenergyoutlook.org/publications/weo-2016/.

    (92)  Zum Großhandelsstrompreis siehe Zahlen in Tabelle 6.13 auf Seite 267 des IEA WEO 2016.

    (93)  Auch in diesem Fall beträgt das maßgebliche durchschnittliche jährliche Wechselkursverhältnis 0,89; somit ist die Entscheidung der Kommission für die Annahme eines Wechselkurses über einen Zeitraum von drei Monaten bei dieser Analyse als konservativerer Ansatz zu bewerten.

    (94)  Kurve D wird als vertrauliche Information/Geschäftsgeheimnis betrachtet.

    (95)  Ähnliche Korrekturen nach unten wurden auch bei den von National Grid (UK) erstellten Prognosen der Strompreise zwischen 2014 und 2015 vorgenommen (siehe z. B. Seite 46 der Veröffentlichung „UK Future Energy Scenarios“ (2014) von National Grid: http://www2.nationalgrid.com/UK/Industry-information/Future-of-Energy/FES/Documents-archive/ und Seite 36 der „UK Future Energy Scenarios“ (2015) von National Grid: http://www2.nationalgrid.com/UK/Industry-information/Future-of-Energy/FES/Documents-archive/, nach denen ein durchschnittlicher Rückgang der Strompreise um 12 % im Prognosezeitraum 2016-2035 erwartet wird. In den Daten des BMWi wurden keine entsprechenden Vergleiche angestellt.

    (96)  In ihrer quantitativen Analyse übernimmt die Kommission die Annahmen Ungarns bezüglich eines Anstiegs der Strompreise bis 2040 auf ein anschließend anhaltend hohes Niveau. Dies ist ein konservativer Ansatz. Alternativ könnten Preisprognose-Szenarien unter expliziterer Berücksichtigung des umfangreichen Ausbaus erneuerbarer Energiequellen und der Auswirkungen auf die Großhandelsstrompreise entwickelt werden, bei denen Preise auf dem derzeit niedrigen Niveau der Normalfall wären und Spitzenpreise nur bei witterungsbedingter Verknappung zu erzielen wären. Dieses Szenario würde in der Zukunft zu Preisen führen, die eher im Bereich der gegenwärtigen Preise liegen würden; für diesen Fall ergäbe sich eine niedrigere Kapitalrendite als in den folgenden Abschnitten dargestellt.

    (97)  Zu einer Definition des Begriffs „New-Policies-Szenario“ siehe Erwägungsgrund (128).

    (98)  Siehe Erwägungsgrund 128 und Fußnote 51: Im Current-Policies-Szenario werden nur politische Maßnahmen berücksichtigt, die erst wenige Monate vor der Drucklegung der Veröffentlichung angenommen wurden. Im 450-Szenario wird ein Weg beschrieben, mit dem das angestrebte Zwei-Grad-Klimaziel durch Technologien erreicht werden kann, die kurz vor der Marktreife stehen. Im Low-Oil-Price-Szenario werden die Auswirkungen von (infolge niedriger Ölpreise) anhaltend niedrigen Preisen auf das Energiesystem untersucht.

    (99)  Da keine hochwertigen relevanten Daten verfügbar waren, hat die Kommission von einer derartigen umfassenden quantitativen Analyse abgesehen. Allerdings ist der Abbildung zu entnehmen, dass die Preiskurve für das Low-Oil-Price-Szenario zu einem erheblich geringeren IRR führen würde als die Preiskurve für das New-Policies-Szenario.

    (100)  Siehe Abschnitt 2.3.

    (*7)  Die Auslastung wird als Geschäftsgeheimnis betrachtet, und die tatsächlichen Werte wurden durch eine größere Spanne ersetzt.

    (101)  Siehe S. 25 des WNISR 2015.

    (102)  Siehe S. 350 des IEA WEO 2014.

    (103)  Siehe http://www.world-nuclear-news.org/NN-Flamanville-EPR-timetable-and-costs-revised-0309154.html und http://www.theecologist.org/News/news_analysis/2859924/finland_cancels_olkiluoto_4_nuclear_reactor_is_the_epr_finished.html.

    (104)  Siehe S. 66 des WNISR 2015.

    (105)  Siehe Abschnitt 6.3 der Umweltverträglichkeitsprüfung: http://www.mvmpaks2.hu/hu/Dokumentumtarolo/Simplified%20public%20summary.pdf-

    (*8)  Die Zahlen des Finanzmodells werden als Geschäftsgeheimnis betrachtet und wurden durch größere Spannen ersetzt.

    (106)  Die Kosten von BDBA können leicht mehr als 100 Mrd. EUR betragen und auf viele Hunderte oder gar Tausende von Mrd. EUR ansteigen (siehe S. 20-24 der Veröffentlichung „The true costs of nuclear power“ der Wiener Umwelt Anwaltshaft und Össterreichisce Ökologie Institut: http://wua-wien.at/images/stories/publikationen/true-costs-nucelar-power.pdf). Wenn alle 25 Jahre ein BDBA eintritt (1986 Tschernobyl und 2011 Fukushima) und weltweit nahezu 400 Kernreaktoren betrieben werden, liegt die Wahrscheinlichkeit eines BDBA in einem der beiden Reaktorblöcke von Paks II in den ersten 25 Jahren ihrer Laufzeit bei 2 × (1/400) = 0,5 %. Die Kosten der Versicherung eines derartigen Schadens sind in der Regel erheblich höher als der voraussichtliche Umfang des mit einem derartigen Ereignis verbundenen Schadens und liegen in diesem Fall bei 0,5 % × 100 Mrd. EUR = 500 Mio. EUR (bei konservativerer Schätzung des durch ein tatsächliches BDBA verursachten Schadens).

    (107)  In der Felshmann-Studie wird eine solche grundlegende Überholung für Paks I beschrieben. Die ungarische Regierung schließt die Notwendigkeit ähnlicher Überholungsmaßnahmen für Paks II aus, ohne dies allerdings zu begründen.

    (108)  Die Kommission hat keine detaillierte quantitative Analyse der Wirkung solcher Abweichungen vorgenommen, weil keine hochwertigen relevanten Daten verfügbar sind. Stattdessen wurden einige der Angaben in Erwägungsgrund 239 für die der Ermittlung des IRR zugrunde liegende Sensitivitätsanalyse herangezogen (siehe Erwägungsgründe 245 und 246).

    (109)  Siehe S. 33 des WNISR 2015.

    (110)  Siehe S. 58-60 des WNISR 2015.

    (111)  Auch im IEA WEO 2014 wird festgestellt, dass es aufgrund der mangelnden Erfahrung und fehlender Lerneffekte bei neuartigen Konstruktionen zu erheblich längeren Bauzeiten und deutlich höheren Kosten kommen kann als bei ausgereifteren Konstruktionen (siehe S. 366).

    (112)  Zu den Verzögerungen beim Kraftwerk Olkiluoto-3 siehe http://www.world-nuclear-news.org/C-Olkiluoto-EPR-supplier-revises-compensation-claim-1002164.html; bezüglich der Abweichungen von den von Ungarn im Geschäftsplan (und im Finanzmodell) für Paks II vorgelegten Zahlen siehe http://www.world-nuclear-news.org/NN-Flamanville-EPR-timetable-and-costs-revised-0309154.html.

    (113)  Siehe S. 64 des WNISR 2015.

    (114)  Siehe ht tp://www.world-nuclear.org/information-library/country-profiles/countries-o-s/russia-nuclear-power.aspx

    (115)  Siehe S. 63 des WNISR 2015 sowie Presseartikel http://www.osw.waw.pl/en/publikacje/analyses/2013-06-12/russia-freezes-construction-nuclear-power-plant-kaliningrad und http://www.bsrrw.org/nuclear-plants/kaliningrad/.

    (116)  Ungarn rechnet sogar selbst mit Verzögerungen (siehe Erwägungsgrund 99).

    (117)  Dies ist eine robustere Sensitivitätsanalyse als die Sensitivitätsanalysen im ungarischen Finanzmodell (siehe Erwägungsgrund 177), bei dem nur die Wirkungen auf die WACC und den IRR und Änderungen ausschließlich einer einzigen Variable untersucht werden. Mit der Monte-Carlo-Analyse hingegen werden die Auswirkungen von Änderungen der Werte mehrerer Variablen geprüft.

    (118)  Diese Abweichungen wurden den Normalverteilungen mit dem Mittelwert gleich den Basiswerten des Finanzmodells und mit einer Standardabweichung gleich den Abweichungen in der Sensitivitätsanalyse des Finanzmodells entnommen; 95 % der aus diesen Normalverteilungen entnommenen Werte liegen im Bereich des Doppelten der angenommenen Standardabweichung der Verteilung. Die gewählten Paare für die mittlere Standardabweichung waren: i) Inflation ([0-2] % *; 0,25 %), ii) Wechselkursverhältnis (HUF/EUR) [300-310] *; 10 %), iii) Preisempfindlichkeit (jede einzelne Kurve; 2,5 EUR/MWh) und iv) Laufzeit des Kraftwerks (60; 5). Für die verschiedenen regelmäßigen Kostenpositionen i) operative Kosten, ii) Kosten der Brennelemente, iii) Kapitalkosten der Instandhaltung und iv) Kosten der Stilllegung und der Entsorgung von Abfällen wurde eine Standardabweichung von 10 % vom jeweiligen periodischen Wert angenommen.

    *

    Die Zahlen des Finanzmodells werden als Geschäftsgeheimnis betrachtet und wurden durch größere Spannen ersetzt.

    (**)  Der Basiswert und die Kapazitätsauslastung werden als Geschäftsgeheimnis betrachtet und wurden durch größere Spannen ersetzt.

    (119)  Da der Basiswert für die Ausfallquoten gering ist [5-10] *** %, können Abweichungen nach oben (d. h. höhere Ausfallquoten) größer ausfallen als Abweichungen nach unten (d. h. kleinere Ausfallquoten). Es wurde eine Dreiecksverteilung mit Endpunkten bei 5 % und 12 % (entsprechend den Auslastungen von 88 % und 95 %) und einer mittleren Spitze bei [5-10] *** % (dem Basiswert) gewählt.

    ***

    In dieser Fußnote wird der Basiswert als Geschäftsgeheimnis betrachtet und durch eine größere Spanne ersetzt.

    (120)  Bei den Berechnungen mit den einzelnen Variablen wurde keine Korrelation angenommen.

    (121)  Für beide Jahre liegen die von der Kommission geschätzten IRR-Werte unter den von Ungarn angegebenen Werten, hauptsächlich wegen der niedrigeren Preisprognosen und aufgrund der allgemeiner gehaltenen Sensitivitätsanalyse (siehe Erwägungsgrund 246).

    (122)  Außerdem wären diese Verzögerungen wahrscheinlich mit Kostenüberschreitungen verbunden. Kostenüberschreitungen wären ungeachtet der Vereinbarung eines Festpreises und der schlüsselfertigen Lieferung nach Maßgabe des EPC-Vertrags aus zwei Gründen denkbar: i) Der Festpreis gilt nur für die Kosten des Lieferanten, nicht aber für die Eigentümerkosten, und ii) wenn der Lieferant die Verantwortung für Kostensteigerungen bestreitet, erhöhen die Kosten eines möglichen Rechtsstreits letztlich auch die Kosten des Vorhabens.

    (123)  Die Angaben in EUR/MWh wurden mit dem durchschnittlichen monatlichen Wechselkursverhältnis von 0,9 (EUR zu USD) für August 2015 (den Monat der Veröffentlichung der OECD/IEA/NEA-Studie) anhand der Angaben in USD/MWh in der Studie ermittelt.

    (*9)  Die Auslastung wird als Geschäftsgeheimnis betrachtet, und die tatsächlichen Werte wurden durch eine größere Spanne ersetzt.

    (124)  Diese Anpassung der LCOE-Werte beruhen auf einer Multiplikation der einzelnen Nenner der LCOE-Formel LCOE =(Sumt(Costst × (1 + r) – t))/(Sumt(MWht × (1 + r) – t)) (siehe Fußnote 32) mit 93/85.

    (125)  Die Preisprognose von 73 EUR/MWh wurde durch Multiplikation des Stromgroßhandelspreises von 81 EUR/MWh für das Jahr 2040 in Abbildung 8.11 auf S. 327 des IEA WEO 2015 mit einem durchschnittlichen monatlichen Wechselkursverhältnis von 0,9 (EUR zu USD) für September bis November 2015 (dem Zeitraum der Veröffentlichung des IEA WEO 2015) berechnet. Ähnlich wurde die Preisprognose von 68 EUR/MWh durch Multiplikation des Stromgroßhandelspreises von 75 EUR/MWh für das Jahr 2040 in Abbildung 6.13 auf S. 267 des IEA WEO 2016 mit dem durchschnittlichen monatlichen Wechselkursverhältnis von 0,9 (EUR zu USD) für September bis November 2016 (den Zeitraum der Veröffentlichung des IEA WEO 2016) ermittelt.

    (126)  Es muss auch berücksichtigt werden, dass die WACC-Werte in der angegebenen Spanne sehr wahrscheinlich nicht gleichmäßig verteilt sind. Sie dürften sich vielmehr etwa um den Mittelwert der Spanne konzentrieren, d. h. wahrscheinlich eher in der Nähe des Mittelwerts der Spanne und weniger wahrscheinlich im Bereich der Endpunkte der Spanne; insoweit wäre festzustellen, dass die Überschneidung zwischen den IRR-Werten und den WACC-Werten sogar noch geringer ist als aufgrund der Werte in der letzten Zeile in Tabelle 13 anzunehmen.

    (127)  Diese Überschneidung wurde jedoch nur zu statistischen Zwecken berechnet. Ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber würde in der Regel die mittleren Werte (oder Bereiche) der WACC- und der IRR-Spannen vergleichen. Die Überschneidung der beiden Bereiche deckt nämlich den etwas extremen Fall ab, dass ein sehr hoher IRR bei einem sehr niedrigen WACC-Wert gegeben ist. Da bei beiden Maßnahmen dieselben Marktbedingungen bestehen und beide dasselbe Vorhaben (d. h. Paks II) betreffen, sind tendenziell gemeinsame Entwicklungen zu erwarten (d. h. ein hoher IRR-Wert innerhalb der IRR-Spanne fällt sehr wahrscheinlich mit einem hohen WACC-Wert in der WACC-Spanne zusammen); insoweit ist ein niedriger WACC-Wert bei einem hohen IRR-Wert wenig wahrscheinlich.

    (128)  Diese Schätzungen des Kapitalwerts sind als konservativ anzusehen, da die Auswirkungen bestimmter Arten von Verzögerungen (siehe Erwägungsgründe 99, 246 und 0) und die in den Erwägungsgründen 239 und 258 genannten Faktoren, die zu erheblichen Kostensteigerungen und Einnahmeeinbußen führen könnten, nicht berücksichtigt wurden; insoweit werden die endgültigen Verluste eher noch erheblich unterschätzt. Jegliche Abweichungen von diesen Faktoren würden die Nettoverluste des Vorhabens weiter erhöhen.

    (129)  Urteil des Gerichts vom 3. Dezember 2014, Castelnou Energía/Europäische Kommission, T-57/11, ECLI:EU:T:2014:1021, Rn. 181-184.

    (130)  Siehe Absatz 8 des Gesetzes LXXXVI. von 2007 über das Stromgesetz.

    (131)  Protokoll Nr. 2 des Vertrags von Lissabon.

    (132)  Siehe Entscheidung 2005/407/EG der Kommission vom 22. September 2004 über die staatliche Beihilfe des Vereinigten Königreichs zugunsten von British Energy plc (ABl. L 142 vom 6.6.2005, S. 26) und Beschluss (EU) 2015/658 der Kommission vom 8. Oktober 2014 über die vom Vereinigten Königreich geplante staatliche Beihilfe SA.34947 (2013/C) (ex 2013/N) zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C (ABl. L 109 vom 28.4.2015, S. 44).

    (133)  A magyar villamosenergia-rendszer közép- és hosszú távú forrásoldali kapacitásfejlesztése (Mittel- und langfristige Entwicklung der Erzeugungskapazität im ungarischen Stromnetz): https://www.mavir.hu/documents/10258/15461/Forr%C3%A1selemz%C3%A9s_2016.pdf/462e9f51-cd6b-45be-b673-6f6afea6f84a (Mavir, 2016).

    (134)  Das Mankala-Modell ist ein im finnischen Stromsektor allgemein verwendetes Geschäftsmodell, bei dem ein Unternehmen mit beschränkter Haftung zum Vorteil seiner Anteilseigner wie eine Genossenschaft behandelt wird, die keine Gewinne erwirtschaftet, siehe http://www.ben.ee/public/Tuumakonverentsi%20ettekanded%202009/Peter%20S.%20Treialt%20-%20Mankala%20principles.pdf, Zugriff am 26. Oktober 2015.

    (135)  Zur Tschechischen Republik siehe http://www.world-nuclear.org/info/country-profiles/countries-a-f/czech-republic/, Zugriff am 26. Oktober 2015, zu Litauen siehe http://www.world-nuclear.org/info/Country-Profiles/Countries-G-N/Lithuania /, Zugriff am 26. Oktober 2015, und zu Bulgarien siehe http://www.world-nuclear.org/info/Country-Profiles/Countries-A-F/Bulgaria/, Zugriff am 21. Juni 2016.

    (136)  Zu Rumänien siehe http://economie.hotnews.ro/stiri-companii-20436128-nuclearelectrica-solicita-actionarilor-aprobarea-memorandumului-intelegere-care-semna-companie-chineza-pentru-construirea-unitatilor-3-4-cernavoda.htm, Zugriff am 21. Juni 2016.

    (137)  Studie vom 2. November 2015, noch nicht veröffentlicht, S. 35.

    (138)  Studie vom 2. November 2015, noch nicht veröffentlicht, S. 35.

    (139)  SA.34947 (2013/C) (ex 2013/N) — Vereinigtes Königreich — Beihilfe zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C.

    (140)  Studie vom 2. November 2015, noch nicht veröffentlicht, S. 37.

    (141)  Studie vom 2. November 2015, noch nicht veröffentlicht, S. 38.

    (142)  Studie vom 2. November 2015, noch nicht veröffentlicht, S. 39.

    (143)  Studie vom 2. November 2015, noch nicht veröffentlicht, S. 60.

    (144)  Moody’s Investor Service, Nuclear Generation’s Effect on Credit Quality: https://www.oecd-nea.org/ndd/workshops/wpne/presentations/docs/2_2_LUND_OECD_Sept%2019_Lund_Moodys_Nuclear_Generations_effect_on_Credit_Quality.pdf, Zugriff am 13. Juli 2016.

    (145)  Siehe Erwägungsgrund 20.

    (146)  http://ec.europa.eu/clima/policies/strategies/2020/index_de.htm.

    (147)  Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16).

    (148)  http://ec.europa.eu/clima/policies/strategies/2030/index_de.htm.

    (149)  Als variable Kosten eines Kraftwerks werden die Kosten bezeichnet, die typischerweise in den Endpreis einer Einheit des erzeugten Stroms einfließen.

    (150)  Mitteilung an die Kommission im Rahmen der Sache SA.47331 (2017/X) nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1)).

    (151)  Konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. C 95 vom 16.4.2008, S. 1).


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