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Document 32016R0052
Council Regulation (Euratom) 2016/52 of 15 January 2016 laying down maximum permitted levels of radioactive contamination of food and feed following a nuclear accident or any other case of radiological emergency, and repealing Regulation (Euratom) No 3954/87 and Commission Regulations (Euratom) No 944/89 and (Euratom) No 770/90
Verordnung (Euratom) 2016/52 des Rates vom 15. Januar 2016 zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Lebens- und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls und zur Aufhebung der Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates und der Verordnungen (Euratom) Nr. 944/89 und (Euratom) Nr. 770/90 der Kommission
Verordnung (Euratom) 2016/52 des Rates vom 15. Januar 2016 zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Lebens- und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls und zur Aufhebung der Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates und der Verordnungen (Euratom) Nr. 944/89 und (Euratom) Nr. 770/90 der Kommission
ABl. L 13 vom 20.1.2016, p. 2–11
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
In force
20.1.2016 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 13/2 |
VERORDNUNG (Euratom) 2016/52 DES RATES
vom 15. Januar 2016
zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Lebens- und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls und zur Aufhebung der Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates und der Verordnungen (Euratom) Nr. 944/89 und (Euratom) Nr. 770/90 der Kommission
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 31 und 32,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission, der nach Stellungnahme der Gruppe der vom Ausschuss für Wissenschaft und Technik bestellten wissenschaftlichen Sachverständigen der Mitgliedstaaten ausgearbeitet worden ist,
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
In der Richtlinie 2013/59/Euratom des Rates (3) sind grundlegende Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung festgelegt. |
(2) |
Nach dem Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl am 26. April 1986 wurden beträchtliche Mengen radioaktiver Stoffe in die Atmosphäre freigesetzt, was in mehreren europäischen Ländern zu einer aus gesundheitlicher Sicht erheblichen Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt hat. Es wurden Maßnahmen erlassen, mit denen sichergestellt werden sollte, dass bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse nur nach gemeinsamen Modalitäten in die Union eingeführt werden, die die Gesundheit der Bevölkerung schützen und gleichzeitig die Einheit des Marktes erhalten und Verkehrsverlagerungen verhindern. |
(3) |
In der Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates (4) sind Höchstwerte an Radioaktivität in Lebens- und Futtermitteln festgelegt, die im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls anzuwenden sind, der/die zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt hat oder wahrscheinlich führen wird. Diese Höchstwerte entsprechen noch immer den neuesten international verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Grundlage für die Festlegung der in der vorliegenden Verordnung enthaltenen Höchstwerte wurde überprüft und ist in der Veröffentlichung 105 der Kommission zum Strahlenschutz (nach einem Unfall anzuwendende EU-Kriterien für Einschränkungen bei Lebensmitteln) beschrieben. Diese Werte basieren im Besonderen auf einem Referenzwert von 1 mSv pro Jahr für die individuelle effektive Dosis durch Ingestion sowie auf der Annahme, dass 10 % der jährlich konsumierten Nahrung kontaminiert sind. Für Säuglinge unter einem Jahr gelten jedoch andere Annahmen. |
(4) |
Nach dem Unfall im Kernkraftwerk Fukushima am 11. März 2011 wurde die Kommission darüber unterrichtet, dass die Radionuklidgehalte bestimmter Lebensmittelerzeugnisse mit Ursprung in Japan die in Japan für Lebensmittel geltenden Grenzwerte überschreiten. Eine solche Kontamination könnte eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen und Tieren in der Union darstellen, weshalb im Einklang mit der Stellungnahme des mit der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) eingerichteten Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit Maßnahmen erlassen wurden, die besondere Bedingungen für die Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln mit dem Ursprungs- oder Herkunftsland Japan vorsehen. |
(5) |
Es sollte ein System eingerichtet werden, das es der Gemeinschaft ermöglicht, die zum Schutz der Bevölkerung erforderlichen Höchstwerte an Radioaktivität für Erzeugnisse, die in Verkehr gebracht werden sollen, festzulegen, wenn ein nuklearer Unfall oder ein anderer radiologischer Notfall zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt hat oder voraussichtlich führen wird. |
(6) |
Trinkwasser wird wie andere Lebensmittel direkt oder indirekt aufgenommen und spielt daher eine Rolle bei der Gesamtexposition der Verbraucher gegenüber radioaktiven Stoffen. Die Kontrolle der Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch hinsichtlich radioaktiver Stoffe, mit Ausnahme von Mineralwässern und Wässern, die Arzneimittel sind, ist bereits in der Richtlinie 2013/51/Euratom des Rates (6) geregelt. Die vorliegende Verordnung sollte für Lebensmittel, Lebensmittel von geringerer Bedeutung und Futtermittel, die nach einem nuklearen Unfall oder einem anderen radiologischen Notfall in Verkehr gebracht werden können, gelten und nicht für Wasser für den menschlichen Gebrauch, für das die Richtlinie 2013/51/Euratom gilt. Die Mitgliedstaaten können jedoch in einem radiologischen Notfall beschließen, sich auf die in dieser Verordnung festgelegten Höchstwerte für flüssige Lebensmittel zu beziehen, um die Nutzung von Wasser für den menschlichen Gebrauch zu verwalten. |
(7) |
Die Höchstwerte der Radioaktivität sollten für Lebens- und Futtermittel gelten, die aus der Union stammen oder aus Drittländern eingeführt werden, wobei Ort und Umstände des nuklearen Unfalls oder anderen radiologischen Notfalls zu berücksichtigen sind. |
(8) |
Die Kommission ist bei einem nuklearen Unfall oder bei außerordentlich hohen Strahlungswerten gemäß der Entscheidung 87/600/Euratom des Rates (7) oder im Rahmen des Übereinkommens der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) vom 26. September 1986 über die schnelle Unterrichtung bei nuklearen Unfällen zu unterrichten. |
(9) |
Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Ernährungsweise von Säuglingen sich in ihren ersten sechs Lebensmonaten stark unterscheiden kann und Unsicherheiten hinsichtlich des Stoffwechsels von Säuglingen in den zweiten sechs Lebensmonaten bestehen, ist es angezeigt, die für Säuglingsnahrung geltenden niedrigeren Höchstwerte auf die ersten zwölf Lebensmonate auszuweiten. |
(10) |
Um eine Anpassung der geltenden Höchstwerte insbesondere an die Umstände eines nuklearen Unfalls oder anderen radiologischen Notfalls zu erleichtern, sollten die Verfahren zur Überprüfung der Durchführungsverordnungen auch eine Konsultation der Sachverständigengruppe gemäß Artikel 31 des Vertrags durch die Kommission umfassen. |
(11) |
Um sicherzustellen, dass Lebens- und Futtermittel, die die geltenden Höchstwerte überschreiten, in der Gemeinschaft nicht in Verkehr gebracht werden, sollte die Einhaltung dieser Höchstwerte angemessen überprüft werden. |
(12) |
Um einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung hinsichtlich der Verfahren zu gewährleisten, mit denen die Höchstwerte Gültigkeit erlangen, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) ausgeübt werden, die für die Zwecke der vorliegenden Verordnung anzuwenden ist, ungeachtet der Tatsache, dass darin nicht ausdrücklich Bezug auf Artikel 106a des Vertrags genommen wird. |
(13) |
Die Kommission sollte durch den Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel unterstützt werden. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass ihre Vertreter über angemessene Fachkenntnisse zu Strahlenschutz verfügen oder darauf zurückgreifen können, wenn in diesem Ausschuss über Entwürfe von Durchführungsrechtsakten auf Grundlage der vorliegenden Verordnung beraten wird. |
(14) |
Für die Annahme von Rechtsakten, mit denen Höchstwerte der radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln Gültigkeit erlangen, sollte das Prüfverfahren angewandt werden. |
(15) |
Die Kommission sollte sofort geltende Durchführungsrechtsakte erlassen, wenn in angemessen begründeten Fällen im Zusammenhang mit bestimmten radiologischen Notfällen, die zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt haben oder wahrscheinlich führen werden, Gründe äußerster Dringlichkeit dies zwingend erforderlich machen. |
(16) |
Diese Verordnung sollte eine „lex specialis“ für das Verfahren zur Annahme und späteren Änderung von Durchführungsverordnungen zur Festlegung von geltenden Höchstwerten an Radioaktivität im Falle eines radiologischen Notfalls darstellen. Ist davon auszugehen, dass Lebens- oder Futtermittel, die aus der Union stammen oder aus Drittländern eingeführt werden, wahrscheinlich eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit von Menschen oder Tieren oder für die Umwelt darstellen und dass dieser Gefahr durch Maßnahmen des betroffenen Mitgliedstaats bzw. der betroffenen Mitgliedstaaten nicht auf zufriedenstellende Weise begegnet werden kann, so kann die Kommission zusätzliche Notfallmaßnahmen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erlassen. Die Kommission sollte sicherstellen, dass die vorliegende Verordnung und die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 harmonisiert durchgeführt werden. Soweit möglich, sollten geltende Höchstwerte und zusätzliche Notfallmaßnahmen in einer einzigen Durchführungsverordnung auf Grundlage der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zusammengefasst werden. |
(17) |
Darüber hinaus sind allgemeine Regeln für die Ausübung amtlicher Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung von Bestimmungen, die unter anderem zum Ziel haben, Gefahren für die Gesundheit von Menschen und Tieren zu verhüten, zu beseitigen oder auf ein akzeptables Maß zu senken, in der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 (9) festgelegt. |
(18) |
Beim Erstellen oder Überprüfen der Durchführungsverordnungen sollte die Kommission unter anderem den folgenden Umständen Rechnung tragen: Ort, Art und Ausmaß des nuklearen Unfalls oder anderen radiologischen Notfalls innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft; Art, Umfang und Verbreitung der festgestellten oder voraussichtlichen Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Luft, das Wasser und den Boden sowie in Lebens- und Futtermittel innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft; Strahlenrisiken der festgestellten oder potenziellen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln und die daraus resultierenden Strahlendosen; Art und Menge der kontaminierten Lebens- und Futtermittel, die in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden könnten; in Drittländern für kontaminierte Lebens- und Futtermittel festgelegte Höchstwerte; die Bedeutung dieser Lebens- und Futtermittel für eine angemessene Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln; die Erwartungen der Verbraucher im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit und mögliche Änderungen der Essgewohnheiten der Verbraucher als Folge eines radiologischen Notfalls. |
(19) |
In hinreichend begründeten Fällen sollte jeder Mitgliedstaat die Erlaubnis beantragen können, in Bezug auf bestimmte Lebens- oder Futtermittel, die in seinem Hoheitsgebiet konsumiert werden, von den Höchstwerten radioaktiver Kontamination von Lebens- und Futtermitteln vorübergehend abzuweichen. In Durchführungsverordnungen sollten die Lebens- und Futtermittel, für die die Ausnahmen gelten, die betroffenen Arten von Radionukliden sowie der räumliche Geltungsbereich und die Dauer der Ausnahmen bestimmt werden — |
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Artikel 1
Gegenstand
Diese Verordnung enthält Höchstwerte für die radioaktive Kontamination von:
a) |
Lebensmitteln gemäß Anhang I, |
b) |
Lebensmitteln von geringerer Bedeutung gemäß Anhang II und |
c) |
Futtermitteln gemäß Anhang III, |
die nach einem nuklearen Unfall oder einem anderen radiologischen Notfall, der/die zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt hat oder wahrscheinlich führen wird, in Verkehr gebracht werden dürfen.
Diese Verordnung legt auch das Verfahren zur Annahme und späteren Änderung von Durchführungsverordnungen zur Festlegung anwendbarer Höchstwerte fest.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1. |
„Lebensmittel“ bezeichnet alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Zu „Lebensmitteln“ zählen auch Getränke, Kaugummi sowie alle Stoffe, die dem Lebensmittel bei seiner Herstellung, Verarbeitung oder Bearbeitung absichtlich zugesetzt werden. Zu den „Lebensmitteln“ zählen nicht:
|
2. |
„Lebensmittel von geringerer Bedeutung“ bezeichnet Lebensmittel von geringerer diätetischer Bedeutung, auf die nur ein geringfügiger Anteil des Lebensmittelverbrauchs der Bevölkerung entfällt; |
3. |
„Futtermittel“ bezeichnet Stoffe oder Erzeugnisse einschließlich Zusatzstoffen in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand, die zur oralen Tierfütterung bestimmt sind; |
4. |
„Inverkehrbringen“ bezeichnet das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Zwecke des Verkaufs, einschließlich des Anbietens zum Verkauf und jeder anderen Form der entgeltlichen oder unentgeltlichen Weitergabe, sowie den Verkauf, den Vertrieb und andere Formen der Weitergabe an sich; |
5. |
„radiologischer Notfall“ bezeichnet eine nicht routinemäßige Situation oder ein nicht routinemäßiges Ereignis, bei der/dem eine Strahlungsquelle vorhanden ist und die/das unverzügliche Maßnahmen erfordert, um schwerwiegende nachteilige Folgen für Gesundheit, Sicherheit, Lebensqualität und Eigentum von Menschen sowie für die Umwelt zu mindern, oder eine Gefahr, die solche schwerwiegenden nachteiligen Folgen nach sich ziehen könnte. |
Artikel 3
Geltende Höchstwerte
(1) Erhält die Kommission — insbesondere gemäß dem Gemeinschaftssystem für den beschleunigten Informationsaustausch im Falle einer radiologischen Notstandssituation oder gemäß dem IAEO-Übereinkommen über die schnelle Unterrichtung bei nuklearen Unfällen vom 26. September 1986 — eine offizielle Mitteilung über einen nuklearen Unfall oder einen anderen radiologischen Notfall, der zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt hat oder wahrscheinlich führen wird, so erlässt sie eine Durchführungsverordnung, mit der Höchstwerte für die potenziell kontaminierten Lebens- oder Futtermittel, die in Verkehr gebracht werden könnten, Gültigkeit erlangen.
Unbeschadet des Artikels 3 Absatz 4 dürfen die in einer solchen Durchführungsverordnung festgelegten geltenden Höchstwerte die in den Anhängen I, II und III festgelegten Höchstwerte nicht übersteigen. Diese Durchführungsverordnung wird nach dem in Artikel 5 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Die Kommission erlässt nach dem Verfahren des Artikels 5 Absatz 3 eine sofort geltende Durchführungsverordnung, wenn dies in angemessen begründeten Fällen äußerster Dringlichkeit im Zusammenhang mit den Umständen des nuklearen Unfalls oder sonstigen radiologischen Notfalls zwingend erforderlich ist.
(2) Die Gültigkeitsdauer der gemäß Absatz 1 erlassenen Durchführungsverordnungen ist so kurz wie möglich. Die Dauer der ersten Durchführungsverordnung im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls darf drei Monate nicht überschreiten.
Die Durchführungsverordnungen werden von der Kommission regelmäßig überprüft und auf Grundlage von Art und Ort des Unfalls sowie der Entwicklung der tatsächlich gemessenen Werte der radioaktiven Kontamination gegebenenfalls geändert.
(3) Beim Erstellen oder Überprüfen der Durchführungsverordnungen trägt die Kommission den gemäß den Artikeln 30 und 31 des Vertrags festgelegten grundlegenden Normen Rechnung, einschließlich des Grundsatzes der Rechtfertigung und des Grundsatzes der Optimierung, um die Höhe der Individualdosen, die Wahrscheinlichkeit einer Exposition sowie die Anzahl der exponierten Personen unter Berücksichtigung des jeweils gegenwärtigen technischen Erkenntnisstandes sowie wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Faktoren so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar zu halten.
Beim Überprüfen der Durchführungsverordnungen konsultiert die Kommission die in Artikel 31 des Vertrags genannte Sachverständigengruppe, im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls, der eine so umfassende Kontamination von in der Gemeinschaft konsumierten Lebens- oder Futtermitteln verursacht, dass die Überlegungen und Annahmen, die hinter den Höchstwerten gemäß den Anhängen I, II und III der vorliegenden Verordnung stehen, nicht mehr gültig sind. Die Kommission kann in jedem anderen Fall einer Kontamination von in der Gemeinschaft konsumierten Lebens- oder Futtermitteln eine Stellungnahme dieser Sachverständigengruppe einholen.
(4) Unbeschadet des mit dieser Verordnung verfolgten Ziels des Gesundheitsschutzes kann die Kommission einem Mitgliedstaat auf dessen Antrag hin und angesichts der in diesem Mitgliedstaat herrschenden außergewöhnlichen Umstände mittels Durchführungsverordnungen erlauben, von den Höchstwerten für bestimmte Lebens- und Futtermittel, die in seinem Hoheitsgebiet konsumiert werden, vorübergehend abzuweichen. Diese Ausnahmen müssen auf wissenschaftlichen Nachweisen beruhen und durch die in dem betreffenden Mitgliedstaat herrschenden Umstände, insbesondere gesellschaftliche Faktoren, hinreichend begründet sein.
Artikel 4
Restriktive Maßnahmen
(1) Wenn die Kommission eine Durchführungsverordnung erlässt, mit der Höchstwerte Gültigkeit erlangen, dürfen Lebens- und Futtermittel, die diese Höchstwerte überschreiten, ab dem in dieser Durchführungsverordnung bestimmten Tag nicht mehr in Verkehr gebracht werden.
Für die Anwendung der vorliegenden Verordnung gelten aus Drittländern eingeführte Lebens- oder Futtermittel als in Verkehr gebracht, wenn sie im Zollgebiet der Union in ein anderes Zollverfahren als dem Versandverfahren überführt werden.
(2) Jeder Mitgliedstaat übermittelt der Kommission alle Informationen über die Anwendung dieser Verordnung. Die Kommission übermittelt diese Informationen den anderen Mitgliedstaaten. Jeder Fall, in dem die geltenden Höchstwerte nicht eingehalten worden sind, wird über das Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) mitgeteilt.
Artikel 5
Ausschussverfahren
(1) Die Kommission wird von dem mit Artikel 58 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 eingesetzten Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
(3) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 in Verbindung mit deren Artikel 5.
Artikel 6
Berichterstattung
Im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls, der zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt hat oder wahrscheinlich führen wird, legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor. Dieser Bericht umfasst die Durchführung der gemäß dieser Verordnung ergriffenen und der Kommission nach Artikel 4 Absatz 2 mitgeteilten Maßnahmen.
Artikel 7
Aufhebung
Die Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates, die Verordnungen (Euratom) Nr. 944/89 (13) und (Euratom) Nr. 770/90 (14) der Kommission werden aufgehoben.
Bezugnahmen auf die aufgehobenen Verordnungen gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang IV zu lesen.
Artikel 8
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Brüssel am 15. Januar 2016.
Im Namen des Rates
Der Präsident
J.R.V.A. DIJSSELBLOEM
(1) Stellungnahme vom 9. Juli 2015 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(2) ABl. C 226 vom 16.7.2014, S. 68.
(3) Richtlinie 2013/59/Euratom des Rates vom 5. Dezember 2013 zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung und zur Aufhebung der Richtlinien 89/618/Euratom, 90/641/Euratom, 96/29/Euratom, 97/43/Euratom und 2003/122/Euratom (ABl. L 13 vom 17.1.2014, S. 1).
(4) Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates vom 22. Dezember 1987 zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Nahrungsmitteln und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls oder einer anderen radiologischen Notstandssituation (ABl. L 371 vom 30.12.1987, S. 11).
(5) Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31, 1.2.2002, S. 1).
(6) Richtlinie 2013/51/Euratom des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Festlegung von Anforderungen an den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung hinsichtlich radioaktiver Stoffe in Wasser für den menschlichen Gebrauch (ABl. L 296 vom 7.11.2013, S. 12).
(7) Entscheidung 87/600/Euratom des Rates vom 14. Dezember 1987 über Gemeinschaftsvereinbarungen für den beschleunigten Informationsaustausch im Fall einer radiologischen Notstandssituation (ABl. L 371 vom 30.12.1987, S. 76).
(8) Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).
(9) Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1).
(10) Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001, zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67).
(11) Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59).
(12) Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG (ABl. L 127 vom 29.4.2014, S. 1).
(13) Verordnung (Euratom) Nr. 944/89 der Kommission vom 12. April 1989 zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Nahrungsmitteln von geringerer Bedeutung im Falle eines nuklearen Unfalls oder einer anderen radiologischen Notstandssituation (ABl. L 101 vom 13.4.1989, S. 17).
(14) Verordnung (Euratom) Nr. 770/90 der Kommission vom 29. März 1990 zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Futtermitteln im Fall eines nuklearen Unfalls oder einer anderen radiologischen Notstandssituation (ABl. L 83 vom 30.3.1990, S. 78).
ANHANG I
HÖCHSTWERTE RADIOAKTIVER KONTAMINATION VON LEBENSMITTELN
Die für Lebensmittel verbindlich festzulegenden Höchstwerte dürfen folgende Werte nicht überschreiten:
Isotopengruppe/Lebensmittelgruppe |
Lebensmittel (Bq/kg) (1) |
|||
Lebensmittel für Säuglinge (2) |
Milcherzeugnisse (3) |
Sonstige Lebensmittel (sofern nicht von geringerer Bedeutung) (4) |
Flüssige Lebensmittel (5) |
|
Summe der Strontium-Isotope, insbesondere Sr-90 |
75 |
125 |
750 |
125 |
Summe der Jod-Isotope, insbesondere I-131 |
150 |
500 |
2 000 |
500 |
Summe der Alpha-teilchen emittierenden Plutonium-Isotope und Transplutonium-elemente, insbesondere Pu-239 und Am-241 |
1 |
20 |
80 |
20 |
Summe aller übrigen Nuklide mit einer Halbwertzeit von mehr als 10 Tagen, insbesondere Cs-134 und Cs-137 (6) |
400 |
1 000 |
1 250 |
1 000 |
(1) Der Wert für konzentrierte Erzeugnisse und Trockenerzeugnisse wird auf der Grundlage des für den unmittelbaren Verbrauch rekonstituierten Erzeugnisses berechnet. Die Mitgliedstaaten können Empfehlungen hinsichtlich der Verdünnungsbedingungen abgeben, um die Einhaltung der in dieser Verordnung festgelegten Höchstwerte zu gewährleisten.
(2) Lebensmittel für Säuglinge sind Lebensmittel für die Ernährung von Säuglingen während der ersten zwölf Lebensmonate, die für sich genommen deren Nahrungsbedarf decken und in Packungen für den Einzelhandel dargeboten werden, die eindeutig als ein derartiges Lebensmittel gekennzeichnet und etikettiert sind.
(3) Milcherzeugnisse sind die Erzeugnisse folgender KN-Codes einschließlich späterer Anpassungen: 0401 und 0402 (außer 0402 29 11).
(4) Lebensmittel von geringerer Bedeutung und die für diese Lebensmittel jeweils geltenden Höchstwerte sind in Anhang II aufgeführt.
(5) Flüssige Lebensmittel sind Erzeugnisse gemäß Code 2009 und Kapitel 22 der Kombinierten Nomenklatur. Die Werte werden unter Berücksichtigung des Verbrauchs von Leitungswasser berechnet; für die Trinkwasserversorgungssysteme könnten nach dem Ermessen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten identische Werte gelten.
(6) Diese Gruppe umfasst nicht Kohlenstoff-14, Tritium und Kalium-40.
ANHANG II
HÖCHSTWERTE RADIOAKTIVER KONTAMINATION VON LEBENSMITTELN VON GERINGERER BEDEUTUNG
1. |
Lebensmittel von geringerer Bedeutung
|
2. |
Die für die in Nummer 1 genannten Lebensmittel von geringerer Bedeutung verbindlich festzulegenden Höchstwerte dürfen folgende Werte nicht überschreiten:
|
(1) Diese Gruppe umfasst nicht Kohlenstoff-14, Tritium und Kalium-40.
ANHANG III
HÖCHSTWERTE RADIOAKTIVER KONTAMINATION VON FUTTERMITTELN
Die für die Summe von Cäsium-134 und Cäsium-137 verbindlich festzulegenden Höchstwerte dürfen folgende Werte nicht überschreiten:
Futtermittel für |
|
Schweine |
1 250 |
Geflügel, Lamm, Kalb |
2 500 |
Sonstige |
5 000 |
(1) Mit diesen Werten soll zur Einhaltung der zulässigen Höchstwerte für Lebensmittel beigetragen werden; sie allein gewährleisten jedoch nicht unter allen Umständen eine Einhaltung der Höchstwerte und schmälern auch nicht die Verpflichtung, die Radioaktivitätswerte in Erzeugnissen tierischen Ursprungs, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, zu kontrollieren.
(2) Diese Werte gelten für zum unmittelbaren Verbrauch bestimmte Futtermittel.
ANHANG IV
ENTSPRECHUNGSTABELLE
Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 |
Verordnung (Euratom) Nr. 944/89 |
Verordnung (Euratom) Nr. 770/90 |
Vorliegende Verordnung |
Artikel 1 Absatz 1 |
Artikel 1 |
Artikel 1 |
Artikel 1 |
Artikel 1 Absatz 2 |
|
|
Artikel 2 |
Artikel 2 Absatz 1 |
|
|
Artikel 3 Absatz 1 |
Artikel 2 Absatz 2 |
|
|
Artikel 3 Absatz 2 |
Artikel 3 Absatz 1 |
|
|
— |
Artikel 3 Absatz 2 |
|
|
Artikel 3 Absatz 3 |
Artikel 3 Absätze 3 und 4 |
|
|
— |
Artikel 4 |
|
|
— |
Artikel 5 |
|
|
— |
Artikel 6 Absatz 1 |
|
|
Artikel 4 Absatz 1 |
Artikel 6 Absatz 2 |
|
|
Artikel 4 Absatz 2 |
|
Artikel 2 |
|
Anhang II Nummer 2 |
— |
— |
— |
Artikel 5 |
Artikel 7 |
|
|
— |
— |
— |
— |
Artikel 7 |
Artikel 8 |
Artikel 3 |
Artikel 2 |
Artikel 8 |
Anhang |
|
|
Anhang I |
|
Anhang |
|
Anhang II Nummer 1 |
|
|
Anhang |
Anhang III |
— |
— |
— |
Anhang IV |