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Document 32010D0142

    2010/142/: Beschluss der Kommission vom 3. März 2010 zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Österreich von der Anwendung der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2010) 1120) (Text von Bedeutung für den EWR)

    ABl. L 56 vom 6.3.2010, p. 8–11 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2010/142/oj

    6.3.2010   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 56/8


    BESCHLUSS DER KOMMISSION

    vom 3. März 2010

    zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Österreich von der Anwendung der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

    (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2010) 1120)

    (Nur der deutsche Text ist verbindlich)

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    (2010/142/EU)

    DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

    gestützt auf die Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (1), insbesondere auf Artikel 30 Absätze 5 und 6,

    gestützt auf den per E-Mail vom 10. September 2009 von der Österreichischen Post AG (nachstehend „Post“) vorgelegten Antrag,

    nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für öffentliche Aufträge,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    I.   SACHLAGE

    (1)

    Am 10. September 2009 übermittelte die Post der Kommission per E-Mail einen Antrag gemäß Artikel 30 Absatz 5 der Richtlinie 2004/17/EG. Gemäß Artikel 30 Absatz 5 Unterabsatz 1 unterrichtete die Kommission die österreichischen Behörden mit Schreiben vom 15. September 2009 davon. Die österreichischen Behörden beantworteten dieses Schreiben per E-Mail vom 9. Oktober 2009. In ihrer E-Mail vom 22. Oktober 2009 forderte die Kommission weitere Informationen an, die die Post nach Fristverlängerung per E-Mail vom 13. November 2009 übermittelte.

    (2)

    Der von der Post vorgelegte Antrag betrifft bestimmte Postdienste sowie bestimmte andere Dienste als Postdienste in Österreich. Bei den im Antrag genannten Diensten handelt es sich um die folgenden:

    a)

    Privatkunden-Standardpaketdienste (Privatkunden an Privatkunden (C2C), Privatkunden an Geschäftskunden (C2B)), national und international,

    b)

    Geschäftskunden-Standardpaketdienste (B2B), national und international,

    c)

    Geschäftskunden-Standardpaketdienste an Privatkunden (B2C), national und international,

    d)

    nationale Expresspaketdienste,

    e)

    Kombifrachtdienste, d. h. Frachtdienste, die sich auf Sendungen von Einzelpaketen und palettierten Kleinpackstücken beziehen und

    f)

    Kontraktlogistik, bei der es sich um die Lagerung von Waren und die damit verbundene Verwaltung der Bestände, die Veredelung und/oder Kommissionierung, die Bereitstellung der Ware für den Versand sowie die Adressverwaltung für den Absender handelt.

    II.   RECHTLICHER RAHMEN

    (3)

    Gemäß Artikel 30 der Richtlinie 2004/17/EG fallen Aufträge, die die Ausübung einer von der Richtlinie 2004/17/EG erfassten Tätigkeit ermöglichen sollen, nicht unter diese Richtlinie, wenn die Tätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgeübt wird, auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Ob eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, wird anhand objektiver Kriterien unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des betreffenden Sektors ermittelt. Der Zugang zu einem Markt gilt als frei, wenn der betreffende Mitgliedstaat die einschlägigen Vorschriften des EU-Rechts, durch die ein bestimmter Sektor oder ein Teil davon für den Wettbewerb geöffnet wird, umgesetzt hat und anwendet. Diese Rechtsvorschriften sind in Anhang XI der Richtlinie 2004/17/EG aufgeführt, der bezüglich der Postdienste auf die Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (2), in der geänderten Fassung der Richtlinie 2002/39/EG (3) verweist.

    (4)

    Österreich hat bei der Umsetzung und Anwendung der Richtlinie 97/67/EG von der Möglichkeit nach Artikel 7 Gebrauch gemacht, bestimmte adressierte Briefe bis 50 g für den benannten Universaldienstanbieter (Post) zu reservieren (4). Die Dienste, auf die sich dieser Antrag bezieht, sind nicht reserviert. Da Österreich den Marktöffnungsgrad erreicht hat, der in den in Anhang XI der Richtlinie 2004/17/EG aufgeführten Rechtsvorschriften vorgesehen ist, gilt der Zugang zum Markt gemäß Artikel 30 Absatz 3 Unterabsatz 1 als frei. Ob eine Tätigkeit auf einem bestimmten Markt unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, sollte anhand verschiedener Kriterien beurteilt werden, von denen keines für sich genommen den Ausschlag gibt.

    (5)

    Hinsichtlich der Märkte, die dieser Beschluss betrifft, ist der Marktanteil der Hauptakteure auf einem bestimmten Markt ein Kriterium, das berücksichtigt werden sollte. Ein weiteres Kriterium ist der Konzentrationsgrad auf diesen Märkten. Da die Bedingungen für die verschiedenen Tätigkeiten, für die dieser Beschluss gilt, unterschiedlich sind, sollte die Prüfung der Wettbewerbslage die unterschiedlichen Situationen auf verschiedenen Märkten berücksichtigen.

    (6)

    Wenngleich in bestimmten Fällen engere Marktdefinitionen in Betracht kommen könnten, kann die genaue Definition des relevanten Marktes für die Zwecke dieses Beschlusses für eine Reihe von Diensten, die in dem Antrag der Post aufgeführt wurden, offen gelassen werden, da das Ergebnis der Analyse unabhängig davon, ob sie sich auf eine enge oder eine weiter gefasste Definition stützt, gleich bleibt.

    (7)

    Dieser Beschluss lässt die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften unberührt.

    III.   WÜRDIGUNG

    (8)

    Privatkunden-Standardpaketdienste müssen gesondert betrachtet werden, da sie eine andere Nachfrage decken (Universalpostdienstleistungen) als gewerbliche Paketdienste, bei denen sich die technischen Verfahren der Dienstleistungserbringung in der Regel erheblich unterscheiden. Bei diesen Dienstleistungen hat die Post eine relativ starke Marktposition, denn der Marktanteil lag im Zeitraum 2006-2008 mengenmäßig stabil bei geschätzten 91-93 % (5). Dies könnte sich zwar in den kommenden Jahren durch den für 2010 angekündigten Ausbau der Dienste eines Wettbewerbers der Post ändern, doch kann zu dem Schluss gelangt werden, dass die hier geprüfte Dienstekategorie in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Daher findet Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeiten in Österreich ermöglichen sollen, keine Anwendung.

    (9)

    Bei den B2B-Standardpaketdiensten erreichte der Marktanteil der Post im Jahr 2008 mengenmäßig 9 %, während der Marktanteil der zwei größten Wettbewerber bei 52-62 % lag. Diese Faktoren sollten daher als Indikator dafür gewertet werden, dass die B2B-Standardpaketdienste dem Wettbewerb unmittelbar ausgesetzt sind.

    (10)

    Am internationalen Markt (Outbound (6)) für B2C-Pakete fiel der Markanteil der Post von mengenmäßig 83 % im Jahr 2006 auf mengenmäßig 79 % im Jahr 2008. Mit diesem Beschluss soll festgestellt werden, ob die Dienstleistungen, auf die sich der Antrag bezieht, auf Märkten mit freiem Zugang bis zu einem Grad dem Wettbewerb ausgesetzt sind, der gewährleistet, dass die Auftragsvergabe im Rahmen der hier betroffenen Tätigkeiten transparent und diskriminierungsfrei auf der Grundlage von Kriterien durchgeführt wird, anhand deren die Auftraggeber die wirtschaftlich günstigste Lösung ermitteln können, auch ohne die Disziplin, die durch die in der Richtlinie 2004/17/EG festgelegten detaillierten Vorschriften für die Auftragsvergabe bewirkt wird. In diesem Zusammenhang sollte der internationale Markt nicht isoliert, sondern im Rahmen des Gesamtmarktes für B2C-Standardpaketdienste betrachtet werden, da der internationale Markt für B2C-Paketdienste mengenmäßig nur 3 % des Gesamtmarktes für B2C-Paketdienste ausmacht. Am letztgenannten Markt fiel der mengenmäßige Marktanteil der Post von 79 % im Jahr 2006 auf 57 % im Jahr 2008. Mit 23-33 % (mengenmäßig) bei den nationalen Diensten im Jahr 2008 beträgt jedoch der aggregierte Marktanteil der beiden größten Mitbewerber etwa die Hälfte des Marktanteils der Post; angesichts dieses Anteils kann davon ausgegangen werden, dass sie in der Lage sind, einen erheblichen Wettbewerbsdruck auf die Post auszuüben, zumal der größere der beiden Wettbewerber sein Netz ausbauen möchte. Diese Faktoren sollten daher als Indikator dafür gewertet werden, dass diese Tätigkeit dem Wettbewerb unmittelbar ausgesetzt ist.

    (11)

    Der Marktanteil der Post bei nationalen Expresspaketdiensten (einschließlich Expresspaketdiensten im Bereich „Inbound“ (7) sank im Zeitraum 2006 bis 2008 stetig von wertmäßig knapp 47 % (8) im Jahr 2006 über rund 46 % im Jahr 2007 auf etwa 43 % im Jahr 2008 (9). Die aggregierten Marktanteile der beiden größten Wettbewerber lagen 2008 wertmäßig bei etwas über 28 %, d. h. bei fast zwei Dritteln des Marktanteils der Post, so dass sie in der Lage sind, erheblichen Wettbewerbsdruck auf die Post auszuüben (10). Diese Faktoren sollten daher als Indikator dafür gewertet werden, dass diese Tätigkeit dem Wettbewerb unmittelbar ausgesetzt ist.

    (12)

    Die Post bietet die in Erwägungsgrund 2 Buchstabe e definierten Kombifrachtdienste erst seit Ende 2007 an. Angesichts des Wettbewerbs von Seiten großer Logistikunternehmen wie DACHSER Austria GmbH, Kühne & Nagel Ges.m.b.H., LOGWIN-Gruppe, Schachinger Paketdienst Gesellschaft m.b.H., Schenker & Co AG und Gebrüder Weiss GmbH konnte die Post bislang nur einen vernachlässigbaren Marktanteil von laut ihrer Einschätzung „deutlich unter 1 %“ erlangen. Diese Faktoren sollten daher als Indikator dafür gewertet werden, dass diese Tätigkeit dem Wettbewerb unmittelbar ausgesetzt ist.

    (13)

    Die Post bietet die in Erwägungsgrund 2 Buchstabe f definierten Kontraktlogistikdienste erst seit 2008 an. Auf diesem Markt ist sie nicht nur dem Wettbewerb von Seiten großer Logistikunternehmen wie Gebrüder Weiss GmbH, Schachinger Paketdienst Gesellschaft m.b.H., Lagermax Internationale Spedition Ges.m.b.H. CEVA Logistics Austria GmbH, LOGWIN-Gruppe, sondern auch von Seiten der ÖBB (11) sowie der Häfen Linz und Wien (12) ausgesetzt. Auch hier ist der Marktanteil der Post bislang vernachlässigbar (er wird auf „deutlich unter 1 %“ geschätzt). Diese Faktoren sollten daher als Indikator dafür gewertet werden, dass diese Tätigkeit dem Wettbewerb unmittelbar ausgesetzt ist.

    IV.   FAZIT

    (14)

    Angesichts der in den Erwägungsgründen 2 bis 13 untersuchten Faktoren sollte davon ausgegangen werden, dass die in Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG festgelegte Bedingung, dass eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, in Österreich für folgende Dienste erfüllt wird:

    a)

    B2B-Standardpaketdienste, national und international,

    g)

    B2C-Standardpaketdienste, national und international,

    h)

    nationale Expresspaketdienste,

    i)

    Kombifrachtdienste und

    j)

    Kontraktlogistik.

    (15)

    Da die Bedingung des freien Zugangs zum Markt als erfüllt gilt, sollte die Richtlinie 2004/17/EG weder gelten, wenn Auftraggeber Aufträge vergeben, die die Erbringung der in Erwägungsgrund 14 Buchstaben a bis e aufgeführten Dienste in Österreich ermöglichen sollen, noch wenn ein Wettbewerb für die Ausübung einer solchen Tätigkeit in Österreich durchgeführt wird.

    (16)

    Dieser Beschluss beruht auf der Rechts- und Sachlage vom Mai bis November 2009, wie sie sich aus den von der Post und der Republik Österreich vorgelegten Informationen darstellt. Er kann geändert werden, falls signifikante Änderungen der Rechts- oder der Sachlage dazu führen, dass die Bedingungen für die Anwendbarkeit von Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17/EG nicht mehr erfüllt sind —

    HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

    Artikel 1

    Die Richtlinie 2004/17/EG gilt nicht für Aufträge, die von Auftraggebern vergeben werden und die die Ausführung folgender Dienste in Österreich ermöglichen sollen:

    a)

    Geschäftskunden-Standardpaketdienste an Geschäftskunden, national und international,

    b)

    Geschäftskunden-Standardpaketdienste an Privatkunden, national und international,

    c)

    nationale Expresspaketdienste,

    d)

    Kombifrachtdienste und

    e)

    Kontraktlogistik.

    Artikel 2

    Dieser Beschluss ist an die Republik Österreich gerichtet.

    Brüssel, den 3. März 2010

    Für die Kommission

    Michel BARNIER

    Mitglied der Kommission


    (1)  ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 1.

    (2)  ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14.

    (3)  ABl. L 176 vom 5.7.2002, S. 21.

    (4)  Österreich hat ferner kürzlich Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft erlassen (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3). Damit werden ab 1. Januar 2011 die vorstehend genannten Reservierungen aufgehoben.

    (5)  Zwischen C2C- und C2B-Paketdiensten könnte unterschieden werden; aufgrund dieser Austauschbarkeit auf der Angebotsseite können diese Dienstleistungen jedoch als ein C2X-Dienst behandelt werden. Dies steht auch in Einklang mit der Analyse in den Kommissionsentscheidungen 2007/564/EG zu Finnland bzw. 2009/46/EG zu Schweden.

    (6)  Von der Post definiert als „Paketbeförderungen, bei denen die Paketübernahme vom Kunden in Österreich zur Weiterbeförderung ins Ausland erfolgt“.

    (7)  Der Bereich umfasst nach Angaben der Post „Paketbeförderungen, bei denen die Paketübernahme vom Kunden im Ausland erfolgt oder bei denen die Pakete zur Beförderung innerhalb von Österreich von ausländischen Paketdienstleistern — z. B. aufgrund bilateraler Vereinbarungen und/oder aufgrund der Bestimmungen des Weltpostvertrages — übernommen werden“.

    (8)  Mengenmäßig lag der Marktanteil der Post 2006 bei knapp 23 %.

    (9)  Bei den Prozentsätzen für 2007 und 2008 handelt es sich ebenfalls um wertmäßige Angaben.

    (10)  Dieser Argumentation wurde bereits in früheren Entscheidungen gefolgt, siehe z. B. Erwägungsgrund 17 der Entscheidung 2009/46/EG der Kommission vom 19. Dezember 2008 zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Schweden von der Anwendung der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. L 19 vom 23.1.2009, S. 50).

    (11)  Österreichische Bundesbahnen.

    (12)  Linz AG bzw. Wiener Hafen GmbH & Co KG/Wien Holding GmbH.


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