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Document 32000Y0311(03)

    Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften

    ABl. C 71 vom 11.3.2000, p. 14–18 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    Dieses Dokument wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht. (CS, ET, LV, LT, HU, MT, PL, SK, SL, BG, RO, HR)

    32000Y0311(03)

    Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften

    Amtsblatt Nr. C 071 vom 11/03/2000 S. 0014 - 0018


    Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften

    (2000/C 71/07)

    1. EINLEITUNG

    1.1 In dieser Mitteilung stellt die Kommission ihre Haltung gegenüber staatlichen Beihilfen dar, die in Form von Garantien (der im folgenden verwendete Ausdruck "Garantie" umfaßt sowohl Haftungsverpflichtungen als auch Bürgschaften) gewährt werden. Garantien werden in der Regel für einen Kredit oder eine andere finanzielle Verpflichtung übernommen, die ein Kreditnehmer gegenüber einem Kreditgeber eingehen will. Diese Mitteilung bezieht sich jedoch auf alle Formen von Garantien, unabhängig von ihrer Rechtsgrundlage und unabhängig davon, welches Rechtsgeschäft abgedeckt wird. Garantien können einzeln oder im Rahmen von Garantieregelungen gewährt werden. Liegt eine Beihilfe vor, so handelt es sich in der Regel um eine Beihilfe zugunsten des Kreditnehmers. Unter bestimmten Umständen kann aber auch eine Beihilfe zugunsten des Kreditgebers vorliegen.

    1.2 Diese Mitteilung gilt vorbehaltlich von Artikel 295 und läßt also die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten unberührt. Die Kommission verhält sich neutral gegenüber öffentlichem oder privatem Eigentum. Diese Mitteilung gilt nicht für Ausfuhrkreditbürgschaften.

    1.3 1989 richtete die Kommission zwei Schreiben über staatliche Bürgschaften an die Mitgliedstaaten. Im ersten Schreiben [1] wies sie darauf hin, daß ihrer Auffassung nach alle vom Staat übernommenen Bürgschaften in den Anwendungsbereich von Artikel 87 Absatz 1 fallen. Aus diesem Schreiben geht hervor, daß geplante Bürgschaften oder geplante Änderungen von Bürgschaften rechtzeitig bei der Kommission anzumelden sind, damit sich diese dazu äußern kann. In dem zweiten Schreiben [2] stellte die Kommission klar, daß sie beabsichtigte, die Festlegung von Regelungen für die Vergabe staatlicher Bürgschaften zu überprüfen, und daß im Rahmen einer genehmigten Regelung erteilte Bürgschaften nicht mitteilungspflichtig sind. 1993 nahm die Kommission eine Mitteilung [3] an, in der sie unter anderem zur Frage staatlicher Bürgschaften und Haftungen Stellung nahm.

    1.4 Die in der Zwischenzeit gewonnenen Erfahrungen lassen es geboten erscheinen, die Politik der Kommission in diesem Bereich neu zu definieren. Diese Mitteilung ersetzt die zwei Schreiben der Kommission von 1989 und Randnummer 38 der Mitteilung der Kommission von 1993. Die Kommission will hiermit den Mitgliedstaaten ausführlichere Erläuterungen über die Grundsätze an die Hand geben, auf die sie sich bei ihrer Auslegung der Artikel 87 und 88 und deren Anwendung auf staatliche Bürgschaften und Haftungsverpflichtungen stützt. Auf diese Weise möchte die Kommission ihre Politik in diesem Bereich so transparent wie möglich gestalten und damit die Voraussehbarkeit ihrer Entscheidungen und die Gleichbehandlung sicherstellen.

    2. ANWENDBARKEIT VON ARTIKEL 87 ABSATZ 1

    2.1 Beihilfe für den Kreditnehmer

    2.1.1 Beihilfeempfänger ist gewöhnlich der Kreditnehmer. Die staatliche Garantie versetzt ihn in die Lage, Gelder zu günstigeren finanziellen Konditionen aufzunehmen, als normalerweise auf den Finanzmärkten verfügbar. Üblicherweise erhält der Kreditnehmer aufgrund der staatlichen Garantie einen niedrigeren Zinssatz, oder er braucht weniger Sicherheiten zu leisten. In gewissen Fällen würde der Kreditnehmer ohne eine staatliche Garantie überhaupt kein kreditwilliges Finanzinstitut finden. Staatliche Garantien können somit den Aufbau neuer Unternehmen erleichtern und bestimmte Unternehmen in die Lage versetzen, Gelder aufzunehmen, um ihren Geschäftsbereich auszuweiten oder überhaupt weiter im Geschäft zu bleiben, anstatt umstrukturiert oder aufgelöst zu werden; dies verzerrt den Wettbewerb. Staatliche Garantien fallen daher generell in den Anwendungsbereich von Artikel 87 Absatz 1, wenn keine marktgerechte Prämie gezahlt und der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird.

    2.1.2 Staatliche Garantien bieten den Vorteil, daß das Risiko, auf das sich die Garantie bezieht, vom Staat getragen wird. Diese Risikoträgerfunktion sollte normalerweise durch eine angemessene Prämie vergütet werden. Verzichtet der Staat auf eine solche Prämie, so ist dies ein Vorteil für das Unternehmen und ein Entzug von Ressourcen des Staates. Selbst wenn im Rahmen einer Garantie keinerlei Zahlungen des Staates erfolgen, kann also trotzdem eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 vorliegen. Die Beihilfe wird bei Übernahme der Garantie gewährt und nicht erst dann, wenn die Garantie in Anspruch genommen wird oder aufgrund der Garantie Zahlungen erfolgen. Ob eine Garantie eine staatliche Beihilfe darstellt oder nicht und, falls dies der Fall ist, auf welchen Betrag sie sich beläuft, muß zum Zeitpunkt der Garantieübernahme beurteilt werden.

    2.1.3 Als Beihilfe in Form einer Garantie betrachtet die Kommission auch die günstigeren Finanzierungsbedingungen für Unternehmen, deren Rechtsform einen Konkurs oder andere Zahlungsunfähigkeitsverfahren ausschließt oder dem Unternehmen eine ausdrückliche staatliche Garantie oder Verlustübernahme durch den Staat verschafft. Das gleiche gilt für den Erwerb einer Beteiligung an einem Unternehmen durch den Staat, wenn dabei anstatt der üblichen begrenzten Haftung eine unbegrenzte Haftung übernommen wird [4].

    2.1.4 Unter Artikel 87 Absatz 1 fallen sowohl staatliche als auch aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen. Sowohl vom Staat direkt, d. h. vom Zentralstaat oder regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften gewährte Garantien als auch von Unternehmen, auf die öffentliche Stellen einen beherrschenden Einfluß ausüben, gewährte Garantien können deshalb genau wie andere mögliche Beihilfeformen eine staatliche Beihilfe darstellen.

    2.2 Beihilfe für den Kreditgeber

    2.2.1 Auch wenn die Beihilfe gewöhnlich den Kreditnehmer begünstigt, ist nicht auszuschließen, daß unter bestimmten Umständen (auch) der Kreditgeber von der Beihilfe profitiert. In einer solchen Situation wird die Kommission auf jeden Fall die Angelegenheit entsprechend behandeln.

    2.2.2 Insbesondere wenn beispielsweise für einen bereits gewährten Kredit oder eine sonstige bereits eingegangene finanzielle Verpflichtung eine staatliche Garantie übernommen wird, ohne daß die Konditionen des Kredits oder der finanziellen Verpflichtung entsprechend angepaßt werden, oder wenn ein mit einer Garantie versehener Kredit dazu benutzt wird, um einen anderen, nicht mit einer Garantie ausgestatteten Kredit an dasselbe Kreditinstitut zurückzuzahlen, kann die Garantie auch eine Beihilfe für den Kreditgeber darstellen, da die Kredite stärker gesichert werden. Eine solche Beihilfe ist geeignet, den Kreditgeber zu begünstigen und den Wettbewerb zu verzerren; sie fällt im allgemeinen in den Anwendungsbereich von Artikel 87 Absatz 1, wenn der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird.

    3. BEIHILFEHÖHE

    3.1 Bei einer einzelnen Staatsgarantie muß das Beihilfeelement unter Bezugnahme auf die Einzelheiten der Garantie und des Kredites (oder der sonstigen finanziellen Verpflichtung) beurteilt werden. Ausschlaggebend sind dabei insbesondere Laufzeit und Höhe der Garantie und des Kredits, das Risiko eines Ausfalls des Kreditnehmers, der vom Kreditnehmer für die Garantie entrichtete Preis, die Beschaffenheit einer etwa gestellten Sicherheit, Modalitäten und Zeitpunkt einer etwaigen Inanspruchnahme des Staates zur Zahlung einer Verbindlichkeit und die dem Staat zur Verfügung stehenden Mittel zur Beitreibung des Betrages vom Kreditnehmer nach Inanspruchnahme der Garantie (z. B. Konkurserklärung).

    3.2 Das Barzuschußäquivalent einer Kreditgarantie in einem bestimmten Jahr läßt sich auf verschiedene Weise berechnen:

    - genauso wie das Zuschußäquivalent eines zinsvergünstigten Darlehens; der Zinszuschuß macht dabei die Differenz zwischen dem Marktzins und dem Zins aus, der dank der staatlichen Garantie angewandt wird, nach Abzug etwaiger Prämienzahlungen;

    - als Differenz zwischen a) dem ausstehenden garantierten Betrag, multipliziert mit dem Risikofaktor (Ausfallwahrscheinlichkeit), und b) allen gezahlten Garantieprämien, d. h. (garantierter Betrag × Risiko) - Prämie;

    - mit Hilfe anderer sachlich gerechtfertigter und allgemein akzeptierter Verfahren.

    Für einzelne Garantien sollte grundsätzlich die erste Methode die Standardvariante der Berechnung darstellen, für Garantieregelungen die zweite.

    Der Risikofaktor sollte auf den Erfahrungen mit Kreditausfällen unter ähnlichen Umständen beruhen (Branche, Unternehmensgröße, Konjunkturlage). Die Jahreszuschußäquivalente sind mit Hilfe des Referenzsatzes auf ihren Barwert abzuzinsen und dann zum Gesamtzuschußäquivalent zu addieren.

    Ist es bei Übernahme der Garantie sehr wahrscheinlich, daß der Kreditnehmer seinen Verpflichtungen nicht wird nachkommen können, z. B. weil er in finanziellen Schwierigkeiten ist, so kann der Wert der Garantie genauso hoch sein wie der Betrag, der durch die Garantie effektiv gedeckt ist.

    3.3 Ist eine finanzielle Verpflichtung zur Gänze durch eine staatliche Garantie gedeckt, so ist der Anreiz für den Kreditgeber geringer, das mit der Kreditvergabe verbundene Risiko nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu bewerten, abzusichern und gering zu halten und insbesondere die Bonität des Kreditnehmers angemessen zu prüfen. Diese Risikobewertung könnte unter Umständen, mangels entsprechender Mittel, auch vom Garantiegeber nicht vorgenommen werden. Da Kreditgeber nicht hinreichend veranlaßt sind, das Risiko einer Nichtrückzahlung des Kredits so gering wie möglich zu halten, sind sie unter Umständen eher dazu bereit, Kredite mit einem höheren als dem marktüblichen Risiko zu vergeben, was dazu führen kann, daß der Betrag der mit einem höheren Risiko verbundenen laufenden Garantien des Staates steigt.

    3.4 Die Kommission sieht einen Mindestanteil von 20 % der Kreditsumme [5], der nicht durch staatliche Garantien gedeckt ist, als ausreichend an, um den Kreditgeber zu veranlassen, die Bonität des Kreditnehmers ordnungsgemäß zu bewerten, seine Kredite auf geeignete Weise abzusichern und das mit dem Vorgang verbundene Risiko so niedrig wie möglich zu halten [6]. Die Kommission wird daher, allgemein, Garantien kritisch untersuchen, durch die eine finanzielle Verpflichtung zur Gänze (oder fast zur Gänze) gedeckt wird.

    3.5 Bei Staatsgarantieregelungen ist unter Umständen zu dem Zeitpunkt, zu dem die Regelung bewertet werden soll, nicht bekannt, wie die einzelnen Garantien jeweils ausgestaltet sein werden. In diesen Fällen ist das Beihilfeelement unter Bezugnahme auf die Bestimmungen der Garantieregelung zu beurteilen, die u. a. folgendes betreffen: Höchstbetrag und Laufzeit der Kredite, Kategorie des Unternehmens und Art des in Frage kommenden Projekts, vom Kreditnehmer zu verlangende Sicherheiten, zu entrichtende Prämie und Zinssätze.

    4. UMSTÄNDE, DIE DAS VORLIEGEN EINER BEIHILFE AUSSCHLIESSEN

    4.1 Eine einzelne staatliche Garantie oder eine vom Staat erlassene Garantieregelung fällt nicht unter Artikel 87 Absatz 1, wenn keine Beihilfe vorliegt, durch die bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigt werden. In derlei Fällen ist eine Anmeldung durch den Mitgliedstaat nicht erforderlich. Auch dann, wenn eine Garantie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt, bildet sie keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1.

    4.2 Nach Auffassung der Kommission stellt eine einzelne staatliche Garantie dann keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 dar, wenn die folgenden Voraussetzungen sämtlich erfüllt sind:

    a) Der Kreditnehmer ist nicht in finanziellen Schwierigkeiten;

    b) der Kreditnehmer wäre grundsätzlich in der Lage, ohne Eingreifen des Staates auf den Finanzmärkten Gelder zu Marktbedingungen aufzunehmen;

    c) die Garantie ist an eine bestimmte Finanztransaktion geknüpft und auf einen festen Höchstbetrag beschränkt, deckt höchstens 80 % des ausstehenden Kreditbetrages oder der sonstigen finanziellen Verpflichtungen (ausgenommen Schuldverschreibungen und ähnliche Instrumente) und ist von begrenzter Laufzeit;

    d) es wird eine marktübliche Prämie für die Garantie gezahlt (diese berücksichtigt u. a. die folgenden Faktoren: Betrag und Laufzeit der Garantie, vom Kreditnehmer gestellte Sicherheiten, Finanzlage des Kreditnehmers, Wirtschaftszweig und Perspektiven, Ausfallquoten und sonstige wirtschaftliche Gegebenheiten).

    4.3 Nach Auffassung der Kommission bildet eine Staatsgarantieregelung dann keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1, wenn die folgenden Voraussetzungen sämtlich erfüllt sind:

    a) Die Regelung läßt nicht zu, daß Kreditnehmern, die in finanziellen Schwierigkeiten sind, Garantien gewährt werden;

    b) die Kreditnehmer wären grundsätzlich in der Lage, ohne Eingreifen des Staates auf den Finanzmärkten Gelder zu Marktbedingungen aufzunehmen;

    c) die Garantien sind an eine bestimmte Finanztransaktion geknüpft und auf einen festen Höchstbetrag beschränkt, decken höchstens 80 % des ausstehenden Kreditbetrages oder der sonstigen finanziellen Verpflichtungen (ausgenommen Schuldverschreibungen und ähnliche Instrumente) und sind von begrenzter Laufzeit;

    d) die Vergabebedingungen beruhen auf einer realistischen Risikobewertung, so daß sich die Garantieregelung aufgrund der von den begünstigten Unternehmen gezahlten Prämien aller Wahrscheinlichkeit nach finanziell selbst trägt;

    e) die Regelung sieht vor, daß die Bedingungen künftiger Garantien und die Gesamtfinanzierung der Regelung mindestens einmal jährlich überprüft werden;

    f) die Prämien decken sowohl die mit der Garantiegewährung verbundenen normalen Risiken als auch die Verwaltungskosten der Regelung ab; stattet der Staat diese bei ihrem Anlaufen mit Startkapital aus, so umfassen diese Kosten auch eine marktübliche Kapitalrendite.

    4.4 Werden die unter den Randnummern 4.2 und 4.3 genannten Voraussetzungen nicht voll erfüllt, so ist die entsprechende Garantie oder Garantieregelung nicht automatisch als staatliche Beihilfe zu betrachten. Bestehen Zweifel, ob eine geplante Garantie oder Regelung eine staatliche Beihilfe darstellt, so sollte eine Anmeldung vorgenommen werden.

    4.5 Unter bestimmten Umständen kann es geplant sein, Unternehmen — und zwar insbesondere KMU —, die andernfalls auf dem Markt keinen Kredit erlangen könnten, mit Hilfe staatlicher Garantien dazu in die Lage zu versetzen. Es kann sich hierbei um Unternehmen handeln, die sich in der Startphase befinden, rasch expandieren oder aber sehr klein und deswegen unfähig sind, die zum Erhalten eines Kredits oder einer Garantie erforderlichen Sicherheiten zu stellen. Sie können in die Kategorie der Unternehmen mit sehr hohem Risiko fallen (bei denen davon auszugehen ist, daß sie erst längerfristig die Gewinnzone erreichen, und/oder die eine besonders hohe Ausfallquote haben). Beispielsweise kann dies bei Projekten, die neue, innovative Produkte oder Verfahren betreffen, der Fall sein. Nach Auffassung der Kommission sind staatliche Garantien aufgrund derartiger Umstände im allgemeinen nicht dem Anwendungsbereich von Artikel 87 Absatz 1 entzogen. Unter derartigen Umständen zu vergebende staatliche Garantien sind daher bei der Kommission rechtzeitig anzumelden, genauso wie unter anderen Umständen vergebene staatliche Garantien.

    5. VEREINBARKEIT IN FORM VON GARANTIEN VERGEBENER STAATLICHER BEIHILFEN MIT DEM GEMEINSAMEN MARKT

    5.1 Staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 sind von der Kommission darauf zu untersuchen, ob sie mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind oder nicht. Bevor diese Prüfung erfolgen kann, muß der Beihilfeempfänger bekannt sein. Wie in Randnummer 2 dargelegt wurde, können dies sowohl der Kreditnehmer als auch der Kreditgeber als auch beide sein.

    5.2 In den meisten Fällen enthält die Garantie eine Beihilfe zugunsten des Kreditnehmers (Randnr. 2.1). Ob diese Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist oder nicht, wird von der Kommission anhand derselben Regeln geprüft, die sie bei andersartigen Beihilfemaßnahmen anwendet. Welche konkreten Kriterien bei der Prüfung der Vereinbarkeit zugrundegelegt werden, hat die Kommission in Gemeinschaftsrahmen und Leitlinien zu horizontalen, regionalen und sektoralen Beihilfen im einzelnen erläutert [7]. Bei der Prüfung werden insbesondere die Beihilfeintensität, die besonderen Merkmale der Begünstigten und die verfolgten Ziele berücksichtigt.

    5.3 Die Kommission wird nur solchen Garantien zustimmen, deren Inanspruchnahme an bestimmte vertragliche Vorgaben geknüpft ist, die bis zu einem Vergleichsverfahren/Konkursverfahren des begünstigten Unternehmens reichen können. Die Zustimmung zu diesen Vorgaben erfolgt anläßlich der erstmaligen Überprüfung der vorgesehenen Garantie durch die Kommission im Rahmen des normalen Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 3. Sollte ein Mitgliedstaat beabsichtigen, die Garantie unter anderen als den ursprünglich im Gewährungsstadium vereinbarten Bedingungen freizugeben, wird die Kommission die Freigabe dieser Garantie der Gewährung einer neuen Beihilfe gleichstellen, die gemäß Artikel 88 Absatz 3 anzumelden ist.

    5.4 Enthält die Garantie eine Beihilfe zugunsten des Kreditgebers (Randnr. 2.2), so wird dieselbe Prüfung vorgenommen. Allerdings sei darauf hingewiesen, daß die Beihilfe in derlei Fällen häufig eine Betriebsbeihilfe darstellen dürfte, die die Kommission grundsätzlich nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ansieht.

    6. FOLGEN DER VERLETZUNG VON ARTIKEL 88 ABSATZ 3

    6.1 Kommt ein Mitgliedstaat seinen Unterrichtungs- und Stillhalteverpflichtungen aus Artikel 88 Absatz 3 nicht nach, so wird das Beihilfeelement der Garantie als rechtswidrig im Sinne von Artikel 1 Buchstabe f) der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags [8] betrachtet. In bezug auf die Folgen einer Verletzung von Artikel 88 Absatz 3 Satz 3 sind verschiedene Situationen zu unterscheiden. Im folgenden werden sukzessive die Stellung des Beihilfeempfängers und die Stellung von Kreditgebern, die keine Beihilfeempfänger sind, erörtert.

    6.2 Wird erstens eine Beihilfe rechtswidrig gewährt, so gehen die Empfänger der in der Garantie enthaltenen Beihilfe ein Risiko ein. Die Kommission kann, solange die Untersuchung der Vereinbarkeit der Beihilfe noch nicht abgeschlossen ist, vorläufige Maßnahmen gemäß Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 erlassen. Gelangt die Kommission nach Abschluß dieser Prüfung zu der Auffassung, daß die staatliche Beihilfe nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, so ist diese gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 vom Empfänger zurückzufordern, auch wenn dies bedeutet, daß das Unternehmen Konkurs anmelden muß.

    6.3 Darüber hinaus gehen Beihilfeempfänger auch auf nationaler Ebene ein Risiko ein, da Artikel 88 Absatz 3 Satz 3 unmittelbare Wirkung hat. Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wiederholt bestätigt hat, sind die nationalen Gerichte verpflichtet, die Rechte der betroffenen Personen, wie zum Beispiel der Konkurrenten von Unternehmen, die rechtswidrige Beihilfen empfangen, gegenüber Verletzungen von Artikel 88 Absatz 3 Satz 3 zu schützen. Nationale Gerichte haben sämtliche Konsequenzen aus der Rechtswidrigkeit von Beihilfen, die in Verletzung der Verfahrensregeln des EG-Vertrages gewährt werden, zu ziehen. Wird bei einem nationalen Gericht beantragt, die Erstattung einer rechtswidrigen Beihilfe anzuordnen, so muß das Gericht dem normalerweise stattgeben [9].

    6.4 Zweitens unterscheidet sich die Gewährung von Garantien insofern von anderen staatlichen Beihilfen wie Zuschüssen und Steuerbefreiungen, als der Staat bei einer Garantie auch mit dem Kreditgeber in ein Rechtsverhältnis tritt. Es ist daher zu prüfen, ob die unrechtmäßige Gewährung einer Beihilfe auch Folgen für Dritte hat. Bei staatlichen Kreditgarantien betrifft dies hauptsächlich die kreditgewährenden Finanzinstitute. Bei Garantien für Schuldverschreibungen, die zur Unternehmensfinanzierung emittiert werden, betrifft dies die an der Emission beteiligten Finanzinstitute.

    6.5 Ob die Rechtswidrigkeit der Beihilfe das Rechtsverhältnis zwischen dem Staat und Dritten berührt, ist nach innerstaatlichem Recht zu prüfen. Nationale Gerichte müssen unter Umständen prüfen, ob innerstaatliche Rechtsvorschriften der Einhaltung der Garantieverträge entgegenstehen; bei der Prüfung dieser Frage sollten sie die Verletzung des Gemeinschaftsrechts berücksichtigen. Das bedeutet, daß Kreditgeber ein Interesse daran haben können, sich grundsätzlich zur Vorsicht zu vergewissern, daß bei der Gewährung von Garantien die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen beachtet werden. Der Mitgliedstaat sollte in der Lage sein, eine für eine Einzelgarantie oder eine Garantieregelung von der Kommission erteilte Nummer und schließlich auch eine nicht vertrauliche Abschrift der Entscheidung der Kommission zusammen mit der Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften zu übermitteln. Die Kommission wird ihrerseits alles unternehmen, um auf transparente Weise Informationen über von ihr genehmigte Einzelgarantien und Garantieregelungen verfügbar zu machen.

    7. VON DEN MITGLIEDSTAATEN DER KOMMISSION VORZULEGENDE BERICHTE

    7.1 Da sich auf den Finanzmärkten neue Entwicklungen ergeben können und der Wert staatlicher Garantien schwierig zu beurteilen ist, ist es besonders wichtig, daß von der Kommission gebilligte Staatsgarantieregelungen einer fortlaufenden Überprüfung gemäß Artikel 88 Absatz 1 unterzogen werden. Zusätzlich zu den üblichen Angaben über die Aufwendungen sollten die der Kommission jährlich vorzulegenden Berichte auch (sowohl für Garantieregelungen als auch für Einzelgarantien) Angaben über den Gesamtbetrag der ausstehenden staatlichen Garantien, den Gesamtbetrag der im Vorjahre vom Staat an nichtzahlende Schuldner geleisteten Zahlungen (abzüglich erstatteter Beträge) und die im gleichen Jahr für staatliche Garantien gezahlten Prämien aufweisen. Diese Informationen werden zur Berechnung der Ausfallquote beitragen und werden dazu eingesetzt, den Wert künftiger Garantien und gegebenenfalls zukünftig zu zahlender Prämien neu zu bewerten.

    7.2 Die Kommission hat nicht vor, Informationen, die in den gesamten Berichten enthalten sind und die beim Erlaß der betreffenden Entscheidung noch nicht bekannt oder vorhersehbar waren, dazu zu benutzen, ihre ursprünglichen Schlußfolgerungen über das Vorliegen oder das Ausmaß von Beihilfen in Staatsgarantieregelungen zu ändern. Jedoch kann die Kommission derartige Informationen dazu benutzen, einem Mitgliedstaat gemäß Artikel 88 Absatz 1 zweckdienliche Maßnahmen vorzuschlagen, um eine bestehende Staatsgarantieregelung abzuändern.

    [1] Schreiben der Kommission an die Mitgliedstaaten SG(89) D/4328 vom 5. April 1989.

    [2] Schreiben der Kommission an die Mitgliedstaaten SG(89) D/12772 vom 12. Oktober 1989.

    [3] Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten — Anwendung der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag und des Artikels 5 der Richtlinie 80/723/EWG der Kommission über öffentliche Unternehmen in der verarbeitenden Industrie (ABl. C 307 vom 13.11.1993, S. 3).

    [4] Siehe Fußnote 3, Randnrn. 38.1 und 38.2.

    [5] Dies steht unter der Annahme, daß vom Unternehmen dem Staat und dem Kreditinstitut dasselbe Niveau an Sicherheiten angeboten wird.

    [6] Den Antworten auf einen Fragebogen über staatliche Bürgschaften ist zu entnehmen, daß mehrere Mitgliedstaaten bereits nach diesem Prinzip verfahren. Beim Anteil des gedeckten Betrages besteht eine breite Spanne von 20 % bis 100 %. Bei sehr vielen Bürgschaften ist allerdings die betreffende finanzielle Verpflichtung in voller Höhe gedeckt, was das geldgebende Institut der Notwendigkeit enthebt, in seinem eigenen Interesse die Bonität des Kreditempfängers angemessen zu würdigen.

    [7] Siehe "Wettbewerbsrecht in den Europäischen Gemeinschaften, Band IIA, Wettbewerbsregeln für staatliche Beihilfen", veröffentlicht durch das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften. Einige Texte sind auch im Amtsblatt veröffentlicht und über das Internet abrufbar.

    [8] ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

    [9] Urteil vom 11. Juli 1996 in der Rechtssache C-39/94, SFEI u. a., Slg. 1996, S. I-3547.

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