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Document 01993L0109-20130127

Consolidated text: Richtlinie 93/109/EG des Rates vom 6. Dezember 1993 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen

ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/1993/109/2013-01-27

1993L0109 — DE — 27.01.2013 — 001.001


Dieses Dokument ist lediglich eine Dokumentationsquelle, für deren Richtigkeit die Organe der Gemeinschaften keine Gewähr übernehmen

►B

RICHTLINIE 93/109/EG DES RATES

vom 6. Dezember 1993

über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen

(ABl. L 329, 30.12.1993, p.34)

Geändert durch:

 

 

Amtsblatt

  No

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date

►M1

RICHTLINIE 2013/1/EU DES RATES vom 20. Dezember 2012

  L 26

27

26.1.2013




▼B

RICHTLINIE 93/109/EG DES RATES

vom 6. Dezember 1993

über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen



DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 8b Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments ( 1 ),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Der Vertrag über die Europäische Union stellt eine neue Stufe bei der Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas dar. Seine Aufgabe ist es insbesondere, die Beziehungen zwischen den Völkern der Mitgliedstaaten kohärent und solidarisch zu gestalten. Zu seinen Grundzielen gehört es, den Schutz der Rechte und Interessen der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch Einführung einer Unionsbürgerschaft zu stärken.

Zu diesem Zweck wird mit den Bestimmungen des Titels II des Vertrages über die Europäische Union, durch den der Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft im Hinblick auf die Gründung der Europäischen Gemeinschaft geändert wird, eine Unionsbürgerschaft für alle Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten eingeführt und ihnen daraus eine Reihe von Rechten zuerkannt.

Das in Artikel 8b Absatz 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorgesehene aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Wohnsitzmitgliedstaat stellt eine Anwendung des Grundsatzes der Nichtsdiskriminierung zwischen in- und ausländischen Gemeinschaftsbürgern sowie eine Ergänzung des in Artikel 8a des EG-Vertrags festgeschriebenen Rechts auf Freizügigkeit und freien Aufenthalt dar.

Artikel 8b Absatz 2 des EG-Vertrags betrifft nur die Möglichkeit der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament — unbeschadet der Durchführung von Artikel 138 Absatz 3 des EG-Vertrags, der die Einführung eines in allen Mitgliedstaaten einheitlichen Verfahrens für diese Wahlen vorsieht — und zielt vor allem darauf ab, die Bedingung der Staatsangehörigkeit, an die heute in den meisten Mitgliedstaaten die Ausübung dieser Rechte geknüpft ist, aufzuheben.

Die Anwendung von Artikel 8b Absatz 2 des EG-Vertrags setzt keine Harmonisierung der Wahlrechtsordnungen der Mitgliedstaaten voraus. Mit Rücksicht auf den in Artikel 3b Absatz 3 des EG-Vertrags festgeschriebenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf zudem der Inhalt der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften nicht über das für die Erreichung des Ziels von Artikel 8b Absatz 2 des EG-Vertrags erforderliche Maß hinausgehen.

Artikel 8b Absatz 2 des EG-Vertrags zielt darauf ab, daß alle Unionsbürger, gleich, ob sie Staatsangehörige des Mitgliedstaats ihres Wohnsitzes sind oder nicht, dort ihr aktives und passives Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament unter den gleichen Bedingungen ausüben können. Deshalb müssen für die Unionsbürger, die keine Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats sind, die gleichen Bedingungen, insbesondere bezüglich der Wohnsitzdauer und des Wohnsitznachweises, gelten, wie sie gegebenenfalls für die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats gelten.

Artikel 8b Absatz 2 des EG-Vertrags sieht das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Wohnsitzmitgliedstaat vor, ohne dieses an die Stelle des aktiven und passiven Wahlrechts im Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Unionsbürger besitzt, zu setzen. Es gilt, die freie Entscheidung des Unionsbürgers bezüglich des Mitgliedstaats, in dem er sich an der Europawahl beteiligen möchte, zu respektieren, wobei ein Mißbrauch dieser Freiheit durch eine doppelte Stimmabgabe oder eine doppelte Kandidatur auszuschließen ist.

Jede Ausnahme von den allgemeinen Regeln dieser Richtlinie muß nach Artikel 8b Absatz 2 des EG-Vertrags aufgrund besonderer Probleme eines Mitgliedstaats gerechtfertigt sein, wobei jede Ausnahmeregelung auf ihren Ausnahmecharakter hin überprüft werden muß.

Solche besonderen Probleme können sich insbesondere in einem Mitgliedstaat ergeben, in dem der Anteil von Unionsbürgern im Wahlalter, die in diesem Mitgliedstaat ihren Wohnsitz haben, ohne dessen Staatsangehörigkeit zu besitzen, ganz erheblich über dem Durchschnitt liegt. Ein Anteil von 20 v. H. solcher Unionsbürger an der gesamten Wählerschaft rechtfertigt eine Ausnahmeregelung, die sich auf das Kriterium der Wohnsitzdauer stützt.

Die Unionsbürgerschaft zielt darauf ab, die Unionsbürger in ihrem Aufnahmeland besser zu integrieren; in diesem Zusammenhang entspricht es den Absichten der Verfasser des Vertrages, jede Polarisierung zwischen den Listen von in- und ausländischen Kandidaten zu vermeiden.

Dieses Risiko der Polarisierung betrifft vornehmlich einen Mitgliedstaat, in dem der Anteil der Unionsbürger im Wahlalter, die nicht seine Staatsangehörigkeit besitzen, 20 v. H. aller Unionsbürger im Wahlalter mit Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat übersteigt; von daher ist es wichtig, daß dieser Mitgliedstaat unter Beachtung von Artikel 8b des EG-Vertrags besondere Bestimmungen hinsichtlich der Zusammensetzung der Kandidatenlisten vorsehen kann.

Es ist zu berücksichtigen, daß in einigen Mitgliedstaaten die dort wohnenden Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten zur Wahl des nationalen Parlaments berechtigt sind. Bestimmte Vorschriften dieser Richtlinie brauchen infolgedessen auf sie nicht angewendet zu werden —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:



KAPITEL I

ALLGEMEINES

Artikel 1

(1)  In dieser Richtlinie werden die Einzelheiten festgelegt, nach denen die Unionsbürger, die ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, dort das aktive und das passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament ausüben können.

(2)  Die Bestimmungen dieser Richtlinie berühren nicht die einzelstaatlichen Bestimmungen über das aktive und passive Wahlrecht der Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats, die ihren Wohnsitz außerhalb des Wahlgebiets dieses Mitgliedstaats haben.

Artikel 2

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1. „Wahlen zum Europäischen Parlament“ die allgemeinen unmittelbaren Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments entsprechend dem Akt vom 20. September 1976 ( 2 );

2. „Wahlgebiet“ das Gebiet eines Mitgliedstaats, in dem gemäß dem unter Nummer 1 genannten Akt und — in dessen Rahmen — gemäß der Wahlrechtsordnung dieses Mitgliedstaats dessen Volk die Abgeordneten des Europäischen Parlaments wählt;

3. „Wohnsitzmitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, in dem der Unionsbürger seinen Wohnsitz hat, ohne dessen Staatsangehörigkeit zu besitzen;

4. „Herkunftsmitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Unionsbürger besitzt;

5. „aktiv Wahlberechtigter der Gemeinschaft“ einen Unionsbürger, der gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie im Wohnsitzmitgliedstaat das aktive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament hat;

6. „passiv Wahlberechtigter der Gemeinschaft“ einen Unionsbürger, der gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie im Wohnsitzmitgliedstaat das passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament hat;

7. „Wählerverzeichnis“ das von der zuständigen Behörde nach der Wahlrechtsordnung des Wohnsitzmitgliedstaats erstellte und fortgeschriebene amtliche Verzeichnis aller Wähler, die das Recht haben, in einem bestimmten Wahlkreis oder einer bestimmten Gebietskörperschaft zu wählen, oder das Melderegister, wenn die Wahlberechtigung dort ausgewiesen ist;

8. „maßgeblicher Tag“ den Tag oder die Tage, an denen die Unionsbürger gemäß dem Recht des Wohnsitzmitgliedstaats die Voraussetzungen erfüllen müssen, um dort wählen oder gewählt werden zu können;

9. „förmliche Erklärung“ die Erklärung des Betreffenden, deren falsche Abgabe nach den geltenden nationalen Rechtsvorschriften strafbar ist.

Artikel 3

Das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Wohnsitzmitgliedstaat hat, wer am maßgeblichen Tag

a) Unionsbürger im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Unterabsatz 2 des EG-Vertrags ist und

b) — ohne die Staatsangehörigkeit des Wohnsitzmitgliedstaats zu besitzen — im übrigen die Bedingungen erfüllt, an die das Recht des Wohnsitzmitgliedstaats das aktive und das passive Wahlrecht seiner Staatsangehörigen knüpft,

und nicht gemäß Artikel 6 oder 7 des aktiven und passiven Wahlrechts verlustig gegangen ist.

Wenn die Staatsangehörigen des Wohnsitzmitgliedstaats nur unter der Voraussetzung wählbar sind, daß sie ihre Staatsangehörigkeit seit einer Mindestzeit erworben haben, so gilt diese Voraussetzung als von den Unionsbürgern erfüllt, wenn sie die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats seit derselben Zeit erworben haben.

Artikel 4

(1)  Jeder aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft kann sein aktives Wahlrecht entweder im Wohnsitzmitgliedstaat oder im Herkunftsmitgliedstaat ausüben. Niemand kann bei einer Wahl mehr als eine Stimme abgeben.

(2)  Niemand kann bei einer Wahl in mehr als einem Mitgliedstaat als Kandidat aufgestellt werden.

Artikel 5

Wenn die Staatsangehörigen des Wohnsitzmitgliedstaats das aktive oder passive Wahlrecht nur unter der Voraussetzung besitzen, daß sie ihren Wohnsitz seit einer Mindestzeit im Wahlgebiet haben, so gilt diese Bedingung als von den aktiv und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft erfüllt, wenn sie in anderen Mitgliedstaaten für die gleiche Dauer einen Wohnsitz hatten. Diese Bestimmung findet unbeschadet spezifischer Bedingungen im Zusammenhang mit der Dauer des Wohnsitzes in einem bestimmten Wahlkreis oder einer bestimmten Gebietskörperschaft Anwendung.

Artikel 6

▼M1

(1)  Jeder Unionsbürger, der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, ohne dessen Staatsangehörigkeit zu besitzen, und der nach dem Recht des Wohnsitzmitgliedstaats oder nach dem Recht seines Herkunftsmitgliedstaats infolge einer Einzelfallentscheidung einer Justizbehörde oder einer Einzelfallentscheidung einer Verwaltungsbehörde, die vor Gericht angefochten werden kann, des passiven Wahlrechts verlustig gegangen ist, ist von der Ausübung dieses Rechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Wohnsitzmitgliedstaat ausgeschlossen.

(2)  Der Wohnsitzmitgliedstaat überzeugt sich davon, dass der Unionsbürger, der den Wunsch zum Ausdruck gebracht hat, sein passives Wahlrecht in diesem Mitgliedstaat auszuüben, dieses Rechts im Herkunftsmitgliedstaat nicht infolge einer Einzelfallentscheidung einer Justizbehörde oder einer Einzelfallentscheidung einer Verwaltungsbehörde, die vor Gericht angefochten werden kann, verlustig gegangen ist.

▼M1

(3)  Zur Durchführung von Absatz 2 übermittelt der Wohnsitzmitgliedstaat dem Herkunftsmitgliedstaat die in Artikel 10 Absatz 1 vorgesehene Erklärung. Zu diesem Zweck werden die verfügbaren zweckdienlichen Informationen aus dem Herkunftsmitgliedstaat binnen fünf Arbeitstagen nach Eingang der Notifikation oder auf Ersuchen des Wohnsitzmitgliedstaats, wenn möglich, noch rascher in angemessener Form übermittelt. Diese Informationen dürfen nur die Angaben enthalten, die für die Durchführung dieses Artikels unbedingt notwendig sind, und dürfen nur zu diesem Zweck verwendet werden.

Gehen innerhalb der frist keine Informationen beim Wohnsitzmitgliedstaat ein, so ist der Kandidat dennoch zuzulassen.

(4)  Widerlegen die bereitgestellten Informationen die Erklärung inhaltlich, so trifft der Wohnsitzmitgliedstaat unabhängig davon, ob diese Informationen fristgerecht oder zu einem späteren Zeitpunkt eingegangen sind, die geeigneten Maßnahmen im Einklang mit dem nationalen Recht, um die Kandidatur der betreffenden Person zu verhindern oder, wenn dies nicht möglich ist, um zu verhindern, dass die betreffende Person gewählt wird oder dass sie das Mandat ausübt.

(5)  Die Mitgliedstaaten benennen eine Kontaktstelle, die die für die Anwendung des Absatzes 3 erforderlichen Informationen entgegennimmt und weiterleitet. Sie teilen der Kommission die Bezeichnung und die Kontaktladen der Kontaktstelle mit und unterrichten sie über diesbezügliche Änderungen. Die Kommission führt ein Verzeichnis der Kontaktstellen und stellt dieses den Mitgliedstaaten zur Verfügung.

▼B

Artikel 7

(1)  Der Wohnsitzmitgliedstaat kann sich davon überzeugen, daß der Unionsbürger, der den Wunsch zum Ausdruck gebracht hat, sein aktives Wahlrecht dort auszuüben, dieses Rechts nicht infolge einer zivil- oder strafrechtlichen Einzelfallentscheidung im Herkunftsmitgliedstaat verlustig gegangen ist.

(2)  Zur Durchführung von Absatz 1 kann der Wohnsitzmitgliedstaat die in Artikel 9 Absatz 2 vorgesehene Erklärung dem Herkunftsmitgliedstaat übermitteln. Zu diesem Zweck werden die zweckdienlichen und im Regelfall verfügbaren Mitteilungen aus dem Herkunftsmitgliedstaat in angemessener Form und Frist übermittelt; diese Mitteilungen dürfen nur die Angaben enthalten, die für die Durchführung dieses Artikels unbedingt notwendig sind, und dürfen nur zu diesem Zweck verwendet werden. Wenn die Mitteilungen den Inhalt der Erklärung in Abrede stellen, trifft der Wohnsitzmitgliedstaat die geeigneten Maßnahmen, um die Teilnahme des Betreffenden an der Wahl zu verhindern.

(3)  Außerdem kann der Herkunftsmitgliedstaat dem Wohnsitzmitgliedstaat in angemessener Form und Frist alle für die Durchführung dieses Artikels erforderlichen Informationen übermitteln.

Artikel 8

(1)  Ein aktiv Wahlberechtigter der Gemeinschaft übt das aktive Wahlrecht auf seinen Wunsch hin im Wohnsitzmitgliedstaat aus.

(2)  Besteht im Wohnsitzmitgliedstaat Wahlpflicht, so gilt diese Pflicht auch für die aktiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft, die den Wunsch geäußert haben, das aktive Wahlrecht dort auszuüben.



KAPITEL II

AUSÜBUNG DES AKTIVEN UND DES PASSIVEN WAHLRECHTS

Artikel 9

(1)  Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit die aktiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft, die dies wünschen, rechtzeitig vor den Wahlen in das Wählerverzeichnis eingetragen werden können.

(2)  Um in das Wählerverzeichnis eingetragen zu werden, hat der aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft die gleichen Nachweise wie ein nationaler aktiv Wahlberechtigter beizubringen. Außerdem hat er eine förmliche Erklärung vorzulegen, aus der folgendes hervorgeht:

a) seine Staatsangehörigkeit und seine Anschrift im Wahlgebiet des Wohnsitzmitgliedstaats;

b) im Wählerverzeichnis welcher Gebietskörperschaft oder welchen Wahlkreises des Herkunftsmitgliedstaats er gegebenenfalls zuletzt eingetragen gewesen ist und

c) daß er sein aktives Wahlrecht nur im Wohnsitzmitgliedstaat ausüben wird.

(3)  Ferner kann der Wohnsitzmitgliedstaat verlangen, daß der aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft

a) in seiner Erklärung gemäß Absatz 2 angibt, daß er im Herkunftsmitgliedstaat seines aktiven Wahlrechts nicht verlustig gegangen ist;

b) einen gültigen Identitätsausweis vorlegt;

c) den Zeitpunkt angibt, seit dem er seinen Wohnsitz in diesem Staat oder in einem anderen Mitgliedstaat hat.

(4)  Aktiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft, die in das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind, bleiben unter den gleichen Bedingungen wie nationale aktiv Wahlberechtigte so lange eingetragen, bis sie die Streichung aus diesem Wählerverzeichnis beantragen oder von Amts wegen gestrichen werden, weil sie die Bedingungen für die Ausübung des aktiven Wahlrechts nicht mehr erfüllen.

Artikel 10

(1)  Bei der Einreichung seiner Kandidaturerklärung hat der passiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft die gleichen Nachweise wie ein nationaler passiv Wahlberechtigter beizubringen. Außerdem hat er eine förmliche Erklärung vorzulegen, aus der folgendes hervorgeht:

▼M1

a) seine Staatsangehörigkeit, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort, seine letzte Anschrift im Herkunftsmitgliedstaat sowie seine Anschrift im Wahlgebiet des Wohnsitzmitgliedstaats;

▼B

b) daß er nicht gleichzeitig in einem anderen Mitgliedstaat bei den Wahlen zum Europäischen Parlament kandidiert;

c) im Wählerverzeichnis welcher Gebietskörperschaft oder welchen Wahlkreises des Herkunftsmitgliedstaats er gegebenenfalls zuletzt eingetragen gewesen ist;

▼M1

d) dass er in seinem Herkunftsmitgliedstaat nicht infolge einer Einzelfallentscheidung einer Justizbehörde oder einer Einzelfallentscheidung einer Verwaltungsbehörde, die vor Gericht angefochten werden kann, des passiven Wahlrechts verlustig gegangen ist.

▼M1 —————

▼B

(3)  Ferner kann der Wohnsitzmitgliedstaat verlangen, daß der passiv Wahlberechtigte der Gemeinschaft einen gültigen Identitätsausweis vorlegt; er kann außerdem verlangen, daß der passiv Wahlberechtigte den Zeitpunkt angibt, seit dem er Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist.

Artikel 11

(1)  Der Wohnsitzmitgliedstaat unterrichtet den Betreffenden darüber, wie sein Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis oder die Frage der Zulässigkeit seiner Kandidatur beschieden wurde.

(2)  Bei Ablehnung des Antrags auf Eintragung in das Wählerverzeichnis oder bei Ablehnung der Kandidatur kann der Betreffende den Rechtsbehelf einlegen, den die Rechtsvorschriften des Wohnsitzmitgliedstaats in gleichen Fällen für die nationalen aktiv und passiv Wahlberechtigten vorsehen.

Artikel 12

Der Wohnsitzmitgliedstaat unterrichtet die aktiv und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft rechtzeitig und in geeigneter Form über die Bedingungen und die Einzelheiten für die Ausübung des aktiven und des passiven Wahlrechts in diesem Mitgliedstaat.

Artikel 13

Die Mitgliedstaaten tauschen untereinander die Informationen aus, die für die Durchführung des Artikels 4 notwendig sind. Hierfür übermittelt der Wohnsitzmitgliedstaat auf der Grundlage der förmlichen Erklärung nach den Artikeln 9 und 10 dem Herkunftsmitgliedstaat rechtzeitig vor jeder Wahl die Informationen über dessen Staatsangehörige, die in das Wählerverzeichnis eingetragen wurden oder die eine Kandidatur eingereicht haben. Der Herkunftsmitgliedstaat trifft gemäß seinen Rechtsvorschriften die geeigneten Maßnahmen, um die doppelte Stimmabgabe und die doppelte Kandidatur seiner Staatsangehörigen zu verhindern.



KAPITEL III

AUSNAHME- UND ÜBERGANGSREGELUNGEN

Artikel 14

(1)  Überschreitet in einem Mitgliedstaat am 1. Januar 1993 der Anteil der Unionsbürger im Wahlalter, die ihren Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat haben, ohne dessen Staatsangehörigkeit zu besitzen, 20 v. H. aller Unionsbürger im Wahlalter mit Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat, so kann dieser Mitgliedstaat in Abweichung von den Artikeln 3, 9 und 10

a) das aktive Wahlrecht denjenigen aktiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft vorbehalten, die in diesem Mitgliedstaat seit einer Mindestzeit, die auf höchstens fünf Jahre festgesetzt werden darf, ihren Wohnsitz haben;

b) das passive Wahlrecht denjenigen passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft vorbehalten, die in diesem Mitgliedstaat seit einer Mindestzeit, die auf höchstens zehn Jahre festgesetzt werden darf, ihren Wohnsitz haben.

Diese Bestimmungen berühren nicht die angemessenen Maßnahmen, die dieser Mitgliedstaat hinsichtlich der Zusammensetzung der Kandidatenlisten erlassen kann und die insbesondere darauf abzielen, die Integration von Unionsbürgern, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats sind, zu erleichtern.

Jedoch können aktiv und passiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft, die aufgrund der Tatsache, daß sie ihren Wohnsitz außerhalb ihres Herkunftsmitgliedstaats haben, oder aufgrund der Dauer dieses Wohnsitzes dort das aktive oder passive Wahlrecht nicht haben, die in Unterabsatz 1 genannten Bedingungen der Wohnsitzdauer nicht engegengehalten werden.

(2)  Wenn in den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nach dem Stand vom 1. Februar 1994 vorgesehen ist, daß Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats, die im erstgenannten Mitgliedstaat ihren Wohnsitz haben, das Wahlrecht für die Wahlen zum nationalen Parlament dieses Mitgliedstaats besitzen und hierzu in die Wählerverzeichnisse dieses Mitgliedstaats unter völlig gleichen Bedingungen wie die nationalen aktiv Wahlberechtigten eingetragen werden können, so braucht der erstgenannte Mitgliedstaat abweichend von dieser Richtlinie die Artikel 6 bis 13 nicht auf diese Staatsangehörigen anzuwenden.

(3)  Die Kommission legt dem Europäischen Parlement und dem Rat bis zum 31. Dezember 1997 und danach jeweils 18 Monate vor jeder Wahl zum Europäischen Parlament einen Bericht vor, in dem sie prüft, ob die Gründe, die die Gewährung einer Ausnahme nach Artikel 8b Absatz 2 des EG-Vertrags für die betreffenden Mitgliedstaaten gerechtfertigt haben, fortbestehen, und schlägt gegebenenfalls vor, daß entsprechende Anpassungen vorgenommen werden.

Die Mitgliedstaaten, die Ausnahmeregelungen nach Absatz 1 anwenden, übermitteln der Kommission die erforderlichen Begründungen.

Artikel 15

Für die vierten Direktwahlen zum Europäischen Parlament gelten die folgenden Sonderbestimmungen:

a) Die Unionsbürger, die am 15. Februar 1994 bereits das aktive Wahlrecht im Wohnsitzmitgliedstaat haben und in diesem Mitgliedstaat in einem Wählerverzeichnis geführt werden, brauchen die in Artikel 9 vorgesehenen Formalitäten nicht zu erfüllen.

b) Die Mitgliedstaaten, in denen die Wählerverzeichnisse vor dem 15. Februar 1994 festgestellt worden sind, treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit die aktiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft, die dort ihr aktives Wahlrecht ausüben möchten, rechtzeitig vor dem Wahltag in die Wählerverzeichnisse eingetragen werden können.

c) Die Mitgliedstaaten, die kein spezielles Wählerverzeichnis erstellen, die aktiv Wahlberechtigten jedoch im Melderegister führen, und in denen keine Wahlpflicht besteht, können diese Regelung auch auf diejenigen aktiv Wahlberechtigten der Gemeinschaft anwenden, die in diesem Register geführt werden und die, nachdem sie persönlich von ihren Rechten in Kenntnis gesetzt worden sind, nicht erklärt haben, daß sie ihr Wahlrecht im Herkunftsmitgliedstaat ausüben wollen. Sie übermitteln den Behörden des Herkunftsmitgliedstaats das Dokument mit der Erklärung dieser aktiv Wahlberechtigten, daß sie ihr Wahlrecht im Wohnsitzmitgliedstaat ausüben wollen.

d) Die Mitgliedstaaten, in denen das Verfahren der Kandidatenaufstellung innerhalb der politischen Parteien oder Wählervereinigungen gesetzlich geregelt ist, können bestimmen, daß die Verfahren, die entsprechend diesen gesetzlichen Bestimmungen vor dem 1. Februar 1994 eingeleitet worden sind, und die auf dieser Grundlage getroffenen Entscheidungen gültig bleiben.



KAPITEL IV

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 16

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat vor dem 31. Dezember 1995 Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 1994. Auf der Grundlage dieses Berichts kann der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig Bestimmungen zur Änderung dieser Richtlinie erlassen.

Artikel 17

Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechtsund Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens zum 1. Februar 1994 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Wenn die Mitgliedstaaten Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

Artikel 18

Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Artikel 19

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.



( 1 ) ABl. Nr. C 329 vom 6. 12. 1993.

( 2 ) ABl. Nr. L 278 vom 8. 10. 1976, S. 5.

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