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Document 62007CJ0025

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

Steuerliche Vorschriften – Harmonisierung der Rechtsvorschriften – Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Vorsteuerabzug

(Richtlinie 77/388 des Rates, Art. 18 Abs. 4)

Leitsätze

Art. 18 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stehen einer nationalen Regelung entgegen, die – um die notwendigen Kontrollen zur Verhinderung von Steuerumgehung und ‑hinterziehungen zu ermöglichen – die ab der Abgabe der Mehrwertsteuererklärung durch den Steuerpflichtigen laufende Frist, über die die Finanzverwaltung für die Erstattung des Mehrwertsteuerüberschusses an eine bestimmte Kategorie von Steuerpflichtigen verfügt, von 60 Tagen auf 180 Tage verlängert, sofern die entsprechenden Steuerpflichtigen nicht eine auf einen hohen Betrag festgesetzte Kaution stellen.

Nationale Rechtsvorschriften, mit denen die Einzelheiten der Erstattung des Mehrwertsteuerüberschusses für eine bestimmte Kategorie von Steuerpflichtigen wegen einer vermuteten Hinterziehungsgefahr besonders belastend festgelegt werden, ohne dass der jeweilige Steuerpflichtige die Möglichkeit hätte, nachzuweisen, dass keine Steuerhinterziehung oder -umgehung vorliegt, um in den Genuss weniger strikter Bedingungen zu kommen, sind kein im angemessenen Verhältnis zum Ziel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und ‑umgehung stehendes Mittel und beeinträchtigen die Ziele und Grundsätze der Sechsten Richtlinie übermäßig.

Auch stehen solche Rechtsvorschriften nicht mit der Voraussetzung im Einklang, dass der Steuerüberschuss innerhalb angemessener Frist zu erstatten ist. Die bei neuen Steuerpflichtigen, d. h. Steuerpflichtigen, die ihre Tätigkeiten vor weniger als zwölf Monaten aufgenommen haben, vorgesehene Erstattungsfrist von 180 Tagen ist nämlich zum einen sechsmal so lang wie der für die Steuer geltende Erklärungszeitraum von einem Monat und zum anderen dreimal so lang wie die bei anderen Steuerpflichtigen angewandte Frist, ohne dass die Notwendigkeit nachgewiesen worden wäre, zur Bekämpfung von Steuerumgehung und ‑hinterziehung eine derart weitreichende Ungleichbehandlung einzuführen.

Die den neuen Steuerpflichtigen eröffnete Möglichkeit, eine Kaution zu stellen, um in den Genuss der normalen Frist von 60 Tagen zu gelangen, kann diese Erwägungen nicht in Frage stellen, da die entsprechende Kaution außer Verhältnis zum Betrag des zu erstattenden Steuerüberschusses sowie zur wirtschaftlichen Größe des Steuerpflichtigen steht. Insbesondere kann die Stellung einer solchen Kaution Unternehmen, die gerade erst mit ihren Tätigkeiten beginnen und deshalb nicht unbedingt über umfassende Ressourcen verfügen, ein nicht zu vernachlässigendes finanzielles Risiko aufbürden. In Wirklichkeit wirkt sich die Verpflichtung, die genannte Kaution zu stellen, um die normalerweise anwendbare Frist geltend machen zu können, nur so aus, dass die finanzielle Belastung im Zusammenhang mit der Blockierung des Betrags des Steuerüberschusses für 180 Tage durch die Belastung in Verbindung mit der Blockierung des Betrags der Kaution ersetzt wird.

(vgl. Randnrn. 24, 26-27, 29-33, Tenor 1)

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