Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.
Dokument 61998CJ0247
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
1. Landwirtschaft - EAGFL - Rechnungsabschluss - Ablehnung der Übernahme von Ausgaben, die durch Unregelmäßigkeiten bei der Anwendung der Gemeinschaftsregelung veranlasst wurden - Beanstandung durch den betroffenen Mitgliedstaat - Beweislast - Verteilung zwischen der Kommission und dem Mitgliedstaat
2. Vertragsverletzungsverfahren - Gegenstand - Feststellung der Vertragsverletzung - Verzicht auf Fortführung des Verfahrens durch die Kommission - EAGFL-Rechnungsabschlussverfahren - Verteilung der finanziellen Lasten zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaft - Kein Ermessen der Kommission
(EG-Vertrag, Artikel 169 [jetzt Artikel 226 EG])
3. Landwirtschaft - Gemeinsame Agrarpolitik - Stützung von Erzeugern bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen - Gemeinsame Marktorganisation - Rindfleisch - Zahlungen zum Ausgleich der Einkommenseinbußen, die sich aus der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik ergeben - Verpflichtung zur ungeschmälerten Auszahlung dieser Beträge an die Begünstigten - Abzug von Verwaltungsgebühren - Verbot
(Verordnungen des Rates Nr. 805/68, Artikel 30a, und Nr. 1765/92, Artikel 15 Absatz 3)
$$1. Lehnt die Kommission die Übernahme bestimmter Ausgaben zu Lasten des EAGFL mit der Begründung ab, dass die Gemeinschaftsvorschriften im Rahmen der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte nicht beachtet worden seien, so muss sie ihre Entscheidung, mit der sie feststellt, dass der betroffene Mitgliedstaat keine oder mangelhafte Kontrollen durchgeführt hat, rechtfertigen. Die Kommission ist jedoch nicht verpflichtet, die Unzulänglichkeit der von den nationalen Verwaltungen durchgeführten Kontrollen oder die Unrichtigkeit der von diesen mitgeteilten Zahlen umfassend darzulegen, sondern sie braucht nur glaubhaft zu machen, dass bei ihr ernsthafte und berechtigte Zweifel an diesen Kontrollen oder diesen Zahlen bestehen. Diese Erleichterung der Beweislast der Kommission beruht darauf, dass der Mitgliedstaat am besten in der Lage ist, die für den Rechnungsabschluss des EAGFL erforderlichen Angaben beizubringen und nachzuprüfen, so dass es ihm obliegt, die Richtigkeit seiner Kontrollen und seiner Zahlen eingehend und vollständig nachzuweisen und so gegebenenfalls die Fehlerhaftigkeit der Behauptungen der Kommission darzutun.
( vgl. Randnrn. 7-9, 45 )
2. Das Verfahren des Artikels 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) und das Verfahren für den EAGFL-Rechnungsabschluss haben beide kontradiktorischen Charakter, wodurch die Beachtung der Verteidigungsrechte gewährleistet wird, und können zur Anrufung des Gerichtshofes führen. Diese beiden Verfahren sind jedoch unabhängig voneinander, denn sie verfolgen unterschiedliche Ziele und unterliegen unterschiedlichen Vorschriften. Im Vertragsverletzungsverfahren steht es der Kommission frei, von der Fortführung des Verfahrens Abstand zu nehmen, wenn der betroffene Mitgliedstaat in der Zwischenzeit die behauptete Vertragsverletzung beendet hat, während dies beim Verfahren für den EAGFL-Rechnungsabschluss nicht der Fall ist. Das Rechnungsabschlussverfahren hat nämlich den Zweck, nicht nur festzustellen, ob Ausgaben tatsächlich und ordnungsgemäß getätigt wurden, sondern auch die aus der gemeinsamen Agrarpolitik folgenden finanziellen Belastungen zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaft richtig aufzuteilen; insoweit steht der Kommission kein Beurteilungsspielraum zu, der es ihr erlauben würde, von den Vorschriften über die Aufteilung dieser Belastungen abzuweichen.
( vgl. Randnr. 13 )
3. Artikel 15 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1765/92 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen und Artikel 30a der Verordnung Nr. 805/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch, die vorschreiben, dass die in den betreffenden Verordnungen vorgesehenen Ausgleichszahlungen und Prämien, den Begünstigten ungeschmälert ausgezahlt werden, verbieten es den nationalen Behörden, die Zahlungen zu kürzen oder für die Bearbeitung der Anträge Verwaltungsgebühren zu erheben, die eine Verringerung des Beihilfebetrags bewirken.
( vgl. Randnrn. 24-27 )