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Document 61992TJ0077
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
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1. Wettbewerb ° Kartelle ° Beeinträchtigung des Wettbewerbs ° Weiterverkaufs- und Ausfuhrverbot
(EWG-Vertrag, Artikel 85 Absatz 1)
2. Wettbewerb ° Kartelle ° Vereinbarungen zwischen Unternehmen ° Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten ° Kriterien ° Unbedeutende Beeinträchtigung des Marktes ° Nicht verbotene Vereinbarung
(EWG-Vertrag, Artikel 85 Absatz 1)
3. Wettbewerb ° Kartelle ° Beeinträchtigung des Wettbewerbs ° Beurteilungskriterien ° Wettbewerbswidriger Zweck ° Feststellung ausreichend
(EWG-Vertrag, Artikel 85 Absatz 1)
4. Wettbewerb ° Verwaltungsverfahren ° Prüfung von Beschwerden ° Berücksichtigung des Gemeinschaftsinteresses an der Untersuchung einer Sache ° Beurteilungskriterien
(EWG-Vertrag, Artikel 89 Absatz 1 und 155)
5. Wettbewerb ° Verwaltungsverfahren ° Anhörungen ° Niederschrift ° Mitteilung an die Parteien ° Zweck ° Verwendete Sprache
(Verordnung Nr. 99/63 der Kommission, Artikel 9 Absatz 4)
6. Wettbewerb ° Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften ° Zuwiderhandlungen ° Vorsätzliche Begehung ° Begriff
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 15 Absatz 2)
7. Wettbewerb ° Geldbussen ° Beurteilung nach dem individuellen Verhalten des Unternehmens ° Fehlen einer Sanktion gegen einen anderen Wirtschaftsteilnehmer ° Unbeachtlich
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 15 Absatz 2)
8. Wettbewerb ° Geldbussen ° Höhe ° Bestimmung ° Kriterien ° Gesamtumsatz des betroffenen Unternehmens ° Umsatz, der mit den Waren erzielt wurde, die Gegenstand der Zuwiderhandlung sind ° Jeweilige Berücksichtigung ° Grenzen
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Artikel 15 Absatz 2)
1. Eine Exportverbotsklausel stellt schon ihrem Wesen nach eine Beschränkung des Wettbewerbs dar, ob sie nun auf Veranlassung des Lieferanten oder auf Veranlassung seines Abnehmers eingeführt wird, denn das Ziel, über das sich die Vertragschließenden geeinigt haben, ist der Versuch, einen Teil des Marktes zu isolieren.
2. Ein Beschluß, eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise können den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, daß sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell den Handel zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflussen können, die die Verwirklichung eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten behindern kann. Ausserdem darf dieser Einfluß nicht geringfügig sein, was bedeutet, daß eine Vereinbarung selbst bei absolutem Gebietsschutz nicht unter das Verbot des Artikels 85 des Vertrages fällt, sofern die Beteiligten auf dem Markt der fraglichen Erzeugnisse nur eine schwache Stellung haben.
3. Eine Klausel einer Vereinbarung zwischen Unternehmen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, ist nicht allein deshalb dem Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag entzogen, weil die Vertragspartner sie nicht angewandt haben.
4. Wie weit die Verpflichtungen der Kommission im Wettbewerbsrecht reichen, ist anhand des Artikels 89 Absatz 1 des Vertrages zu prüfen, der in diesem Gebiet besonderer Ausdruck des allgemeinen Überwachungsauftrags ist, der der Kommission in Artikel 155 EWG-Vertrag anvertraut ist. Insoweit muß die Kommission bei der Beurteilung des Gemeinschaftsinteresses an der Nachprüfung einer Sache die Umstände des Einzelfalls und die sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte würdigen, die ihr in einer Beschwerde vorgelegt werden.
5. Nach Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung Nr. 99/63, wonach über die wesentlichen Erklärungen jeder angehörten Person eine Niederschrift angefertigt wird, die verlesen und genehmigt wird, hat die Kommission den Parteien eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen, um ihnen die Feststellung zu erlauben, ob ihre eigenen Erklärungen richtig wiedergegeben worden sind; die Kommission ist aber, wenn ° in Anbetracht dessen, daß die verschiedenen Wortmeldungen in verschiedenen Sprachen erfolgten ° die Niederschrift selbst in mehreren Sprachen verfasst ist, zur Übersetzung der Erklärungen der anderen Parteien nicht verpflichtet.
6. Die Einstufung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrages als vorsätzlich setzt nicht voraus, daß sich das Unternehmen eines Verstosses gegen ein durch diese Regeln festgelegtes Verbot bewusst gewesen ist; es genügt vielmehr, daß es sich nicht in Unkenntnis darüber befinden konnte, daß das ihm zur Last gelegte Verhalten eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckte.
7. Hat ein Unternehmen durch sein Verhalten Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zuwidergehandelt, so kann es sich einer Sanktion nicht mit der Begründung entziehen, daß einem anderen Wirtschaftsunternehmen keine Geldbusse auferlegt worden sei, wenn der Gemeinschaftsrichter mit dessen Lage nicht befasst ist.
8. Die wegen eines Verstosses gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrages verhängte Geldbusse muß den Umständen und der Schwere der Zuwiderhandlung angepasst sein, wobei bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung insbesondere die Art der Wettbewerbsbeschränkungen zu berücksichtigen ist. Was die Berücksichtigung des Umsatzes des zuwiderhandelnden Unternehmens bei der Festsetzung der Geldbusse angeht, so können sowohl der Gesamtumsatz dieses Unternehmens, der ° wenn auch nur näherungsweise und ungenau ° Auskunft über die Grösse des Unternehmens und seine Wirtschaftskraft gibt, wie der Umsatz mit den von der Zuwiderhandlung betroffenen Erzeugnissen berücksichtigt werden, der einen Hinweis auf den Umfang der Zuwiderhandlung gibt. Keiner dieser beiden Zahlen darf somit zu Lasten der anderen Gesichtspunkte eine unverhältnismässige Bedeutung eingeräumt werden; die Festsetzung der angemessenen Geldbusse kann somit nicht das Ergebnis einer schlichten Rechenoperation auf der Grundlage des Gesamtumsatzes sein.