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Document 62022TJ0171

    Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 6. September 2023.
    OR und OS gegen Europäische Kommission.
    Öffentlicher Dienst – Beamte – Ruhegehalt – Vor dem Eintritt in den Dienst der Union erworbene Ruhegehaltsansprüche – Übertragung auf das System der Union – Dienstzeit von weniger als zehn Jahren – Tod – Ablehnung der Erstattung des Kapitalwerts der übertragenen nationalen Ruhegehaltsansprüche und der im VSOEU erworbenen Ruhegehaltsansprüche – Art. 11 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 Buchst. b des Anhangs VIII des Statuts – Ungerechtfertigte Bereicherung.
    Rechtssache T-171/22.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:T:2023:520

    Rechtssache T‑171/22

    OR
    und
    OS

    gegen

    Europäische Kommission

    Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 6. September 2023

    „Öffentlicher Dienst – Beamte – Ruhegehalt – Vor dem Eintritt in den Dienst der Union erworbene Ruhegehaltsansprüche – Übertragung auf das System der Union – Dienstzeit von weniger als zehn Jahren – Tod – Ablehnung der Erstattung des Kapitalwerts der übertragenen nationalen Ruhegehaltsansprüche und der im VSOEU erworbenen Ruhegehaltsansprüche – Art. 11 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 Buchst. b des Anhangs VIII des Statuts – Ungerechtfertigte Bereicherung“

    Beamte – Versorgungsbezüge – Vor dem Eintritt in den Dienst der Union erworbene Ruhegehaltsansprüche – Übertragung auf das System der Union – Entlassung und Tod des Beamten – Ablehnung der Erstattung des Kapitalwerts der übertragenen nationalen Ruhegehaltsansprüche und der im System der Union erworbenen Ruhegehaltsansprüche an seine Rechtsnachfolger – Verstorbener Beamter, der nach seiner Entlassung und vor seinem Tod nicht die Übertragung seiner Ruhegehaltsansprüche auf ein anderes Versorgungssystem beantragt hat – Vorliegen einer ungerechtfertigten Bereicherung der Union – Fehlen

    (Beamtenstatut, Anhang VIII, Art. 11 Abs. 1 und 2 und Art. 12 Abs. 1 Buchst. b)

    (Rn. 33, 46-52, 54-56)

    Zusammenfassung

    Die Kläger, OR und OS, sind die Kinder und einzigen Erben des verstorbenen Beamten A, der am 16. Juli 2003 in den Dienst der Europäischen Union trat.

    Im September 2005 ließ der Verstorbene den Kapitalwert der vor seinem Eintritt in den Dienst der Union erworbenen nationalen Ruhegehaltsansprüche auf das Versorgungssystem der Organe der Europäischen Union (im Folgenden: VSOEU) übertragen. Sodann erhielt er für die Zeit vom 17. September 2008 bis zu seiner Entlassung am 16. September 2020 Urlaub aus persönlichen Gründen.

    Am Tag, an dem er seine Entlassung beantragte, fragte der verstorbene Beamte das Amt für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche (PMO) der Europäischen Kommission nach dem Verfahren für die Übertragung seiner im VSOEU erworbenen Ruhegehaltsansprüche auf ein anderes Versorgungssystem. Er verstarb jedoch am 5. Januar 2021, ohne einen entsprechenden Antrag ausdrücklich gestellt zu haben.

    Am 18. März 2021 stellten die Kläger als Rechtsnachfolger einen Antrag zum einen auf Erstattung des Kapitalwerts der von dem verstorbenen Beamten vor seinem Eintritt in den Dienst der Union erworbenen und auf das VSOEU übertragenen nationalen Ruhegehaltsansprüche und zum anderen auf Erstattung des Kapitalwerts der von ihm vor seinem Tod im VSOEU erworbenen Ruhegehaltansprüche.

    Mit Entscheidung vom 12. Juli 2021 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) lehnte das PMO diesen Antrag unter Hinweis darauf ab, dass der verstorbene Beamte keinen Anspruch auf ein Ruhegehalt der Union habe, da er weniger als zehn Jahre im Dienst gestanden habe, und dass keine Bestimmung des Statuts die Erstattung des Kapitalwerts der im VSOEU erworbenen Ruhegehaltsansprüche einschließlich der von einem ehemaligen Beamten auf das VSOEU übertragenen Ansprüche ermögliche.

    Das von den Klägern angerufene Gericht weist ihre Klagen ab und erläutert die Verfahren zur Übertragung der vor dem Eintritt in den Dienst der Union erworbenen nationalen Ruhegehaltsansprüche auf das VSOEU sowie der beim VSOEU erworbenen Ruhegehaltsansprüche auf ein anderes Versorgungssystem im Zusammenhang mit dem Tod eines ehemaligen Beamten oder Bediensteten.

    Würdigung durch das Gericht

    Das Gericht weist den einzigen Aufhebungsgrund, mit dem eine ungerechtfertigte Bereicherung der Union geltend gemacht wird, zurück und weist zunächst darauf hin, dass einer auf ungerechtfertigte Bereicherung der Union gegründeten Erstattungsklage nur stattgegeben werden kann, wenn zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich der Nachweis erbracht wurde, dass zum einen die Union ohne wirksame Rechtsgrundlage bereichert und zum anderen der Kläger im Zusammenhang mit dieser Bereicherung entreichert ist.

    Zur ersten Voraussetzung stellt das Gericht fest, dass die Bestimmungen des Statuts für Beamte oder Bedienstete, die in den Dienst der Union treten, die Möglichkeit vorsehen, die Ruhegehaltsansprüche, die sie aufgrund ihrer vorherigen beruflichen Tätigkeiten erworben haben, auf das VSOEU zu übertragen (im Folgenden: Übertragung „auf die Union“) ( 1 ), sowie für jene, die aus dem Dienst der Union ausscheiden, die Möglichkeit, die im VSOEU erworbenen Ruhegehaltsansprüche auf einen anderen Pensionsfonds oder auf eine Privatversicherung zu übertragen, der oder die bestimmte besondere Garantien bietet (im Folgenden: Übertragung „aus der Union“) ( 2 ). Die Beiträge der Beamten und Bediensteten an das VSOEU, sowohl die Beiträge aus der Tätigkeit im Dienst der Union als auch die Beiträge, die sich aus einer Übertragung „auf die Union“ ergeben, haben die Finanzierung des VSOEU im Hinblick auf eine künftige Feststellung eines Ruhegehalts zum Ziel und stellen folglich kein Kapital dar, über das sie verfügen könnten.

    Außerdem sieht keine Bestimmung des Statuts, seiner Anhänge oder der allgemeinen Durchführungsbestimmungen ( 3 ) die Möglichkeit oder Verpflichtung vor, einem vor Ableistung von zehn Dienstjahren entlassenen Beamten oder Bediensteten oder im Todesfall seinen Rechtsnachfolgern sämtliche oder einen Teil der Beiträge zu erstatten, die den im VSOEU erworbenen Ruhegehaltsansprüchen entsprechen, einschließlich der Beiträge, die sich aus der Übertragung „auf die Union“ ergeben, da eine solche Übertragung ihrem Wesen nach unwiderruflich ist ( 4 ). Die einzige Verpflichtung, die die Verwaltung unter solchen Umständen hat, besteht darin, dem Beamten oder Bediensteten zu dem Zeitpunkt, zu dem er endgültig aus dem Dienst ausscheidet, den Betrag des versicherungsmathematischen Gegenwerts mitzuteilen, der den gesamten im VSOEU erworbenen Ruhegehaltsansprüchen entspricht ( 5 ). Nur ein Antrag auf Übertragung „aus der Union“ ermöglicht es dem Beamten oder Bediensteten, den versicherungsmathematischen Gegenwert seiner im VSOEU erworbenen Ruhegehaltsansprüche auf ein anderes Versorgungssystem zu übertragen.

    Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass der verstorbene Beamte weder zehn Dienstjahre vor seiner Entlassung abgeleistet noch das 66. Lebensjahr vollendet hat, Voraussetzungen, die jedoch für den Anspruch auf ein Ruhegehalt erfüllt sein müssen, und dass er keinen Antrag auf Übertragung des versicherungsmathematischen Gegenwerts seiner vor seinem Tod im VSOEU erworbenen Ruhegehaltsansprüche „aus der Union“ gestellt hat.

    Demnach kann, da das Ruhegehalt des verstorbenen Beamten nicht festgestellt und von ihm kein Antrag auf Übertragung „aus der Union“ gestellt worden ist, nicht davon ausgegangen werden, dass der Bereicherung der Union, die sich daraus ergibt, dass sie die von ihm an das VSOEU geleisteten Beiträge nach seinem Tod behält, eine wirksame Rechtsgrundlage fehlt.

    Da nicht nachgewiesen ist, dass eine Bereicherung ohne Rechtsgrundlage vorliegt, weist das Gericht die Klage insgesamt ab, ohne dass zu prüfen ist, ob die zweite Voraussetzung, von der die Feststellung des Vorliegens einer ungerechtfertigten Bereicherung abhängt, erfüllt ist.


    ( 1 ) Art. 11 Abs. 2 des Anhangs VIII des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut).

    ( 2 ) Art. 11 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 Buchst. b des Anhangs VIII des Statuts.

    ( 3 ) Beschluss C(2011) 1278 der Kommission vom 3. März 2011 über die allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu den Artikeln 11 und 12 des Anhangs VIII des Statuts betreffend die Übertragung von Ruhegehaltsansprüchen, veröffentlicht in den Verwaltungsmitteilungen Nr. 17-2011 vom 28. März 2011 (im Folgenden: ADB).

    ( 4 ) Art. 8 Abs. 5 der ADB.

    ( 5 ) Art. 3 Abs. 1 der ADB.

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