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Document 62019CJ0176

    Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 27. Juni 2024.
    Europäische Kommission gegen Servier SAS u. a.
    Rechtsmittel – Wettbewerb – Pharmazeutische Erzeugnisse – Markt für Perindopril – Art. 101 AEUV – Kartelle – Aufteilung der Märkte – Potenzieller Wettbewerb – Bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs – Strategie zur Verzögerung des Markteintritts von Perindopril-Generika – Vergleich zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits – Patentlizenzvertrag – Vereinbarung über die Übertragung und Lizenzierung von Technologie – Art. 102 AEUV – Relevanter Markt – Missbrauch einer beherrschenden Stellung.
    Rechtssache C-176/19 P.

    Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2024:549

    Rechtssache C‑176/19 P

    Europäische Kommission

    gegen

    Servier SAS u. a.

    Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 27. Juni 2024

    „Rechtsmittel – Wettbewerb – Pharmazeutische Erzeugnisse – Markt für Perindopril – Art. 101 AEUV – Kartelle – Aufteilung der Märkte – Potenzieller Wettbewerb – Bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs – Strategie zur Verzögerung des Markteintritts von Perindopril-Generika – Vergleich zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits – Patentlizenzvertrag – Vereinbarung über die Übertragung und Lizenzierung von Technologie – Art. 102 AEUV – Relevanter Markt – Missbrauch einer beherrschenden Stellung“

    1. Rechtsmittel – Gründe – Fehlerhafte Tatsachen- und Beweiswürdigung – Unzulässigkeit – Überprüfung der Tatsachen- und Beweiswürdigung durch den Gerichtshof – Ausschluss außer bei Verfälschung – Überprüfung der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts durch den Gerichtshof – Zulässigkeit

      (Art. 256 Abs. 1 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1)

      (vgl. Rn. 69-75)

    2. Rechtsmittel – Gründe – Bloße Wiederholung der vor dem Gericht vorgetragenen Gründe und Argumente – Unzulässigkeit – Beanstandung der Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht – Zulässigkeit

      (Art. 256 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1; Verfahrensordnung des Gerichtshofs, Art. 168 Abs. 1 Buchst. d und Art. 169 Abs. 2)

      (vgl. Rn. 77-79)

    3. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Einstufung eines Unternehmens als potenzieller Wettbewerber – Konkrete, tatsächlich bestehende Möglichkeiten, in den Markt einzutreten – Kriterien – Unternehmen, das fest entschlossen ist, in den relevanten Markt einzutreten, und hierzu aus eigener Kraft in der Lage ist – Fehlen unüberwindlicher Schranken – Beurteilung – Bestehen von Patenten für das Originalpräparat oder ein Verfahren zu dessen Herstellung – Einstufung eines Generikaherstellers als potenzieller Wettbewerber des Herstellers des Originalpräparats und Inhabers der Patente

      (Art. 101 AEUV)

      (vgl. Rn. 91, 92, 100-103, 130-135, 425, 427-440)

    4. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Vergleich zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten und Patentlizenzvertrag – Vereinbarungen, die der Hersteller des Originalpräparats mit einem Generikahersteller geschlossen hat – Vereinbarungen mit Bestimmungen über die Nichtanfechtung von Patenten und das Nichtinverkehrbringen von Produkten durch den Generikahersteller auf bestimmten Märkten – Einstufung als bezweckte Beschränkung – Kriterien – Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf dem relevanten Markt durch die Vereinbarungen – Beurteilung anhand des Inhalts, der Entstehungsgeschichte und des rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs der Vereinbarungen – Erfordernis, die Auswirkungen des wettbewerbswidrigen Verhaltens auf den Wettbewerb zu prüfen – Fehlen – Beteiligte Unternehmen haben ohne die Absicht gehandelt, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen – Umstände, die nicht entscheidend sind

      (Art. 101 Abs. 1 AEUV)

      (vgl. Rn. 93-96, 104-108, 174-184, 196-200, 223-226, 236-244)

    5. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Wettbewerbswidriger Zweck – Vereinbarungen über die Aufteilung der Märkte – Bezweckte Zuwiderhandlung – Keine undurchlässige Aufteilung der Märkte – Unbeachtlichkeit

      (Art. 101 Abs. 1 AEUV)

      (vgl. Rn. 97, 215-219)

    6. Rechtsmittel – Gründe – Beanstandung von Punkten der Begründung, die sich nicht auf den Tenor des angefochtenen Urteils auswirken – Grund, der nicht ins Leere geht

      (Art. 256 Abs. 1 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1)

      (vgl. Rn. 111-120)

    7. Rechtsmittel – Gründe – Fehlerhafte Tatsachen- und Beweiswürdigung – Unzulässigkeit – Überprüfung der Tatsachen- und Beweiswürdigung durch den Gerichtshof – Ausschluss außer bei Verfälschung – Rechtsmittelgrund der Verfälschung von Beweismitteln – Gericht hat die Beweise in einer Weise ausgelegt, die offensichtlich deren Wortlaut widerspricht

      (Art. 256 Abs. 1 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1)

      (vgl. Rn. 145-154, 230-232)

    8. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Beschluss der Kommission, mit dem eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Art des Nachweises – Indizienbündel – Bei jedem einzelnen Indiz erforderlicher Grad der Beweiskraft – Zulässigkeit der Gesamtbetrachtung eines Indizienbündels – Kommission verfügt über den Inhalt der wettbewerbswidrigen Vereinbarungen – Keine Auswirkung

      (Art. 101 Abs. 1 AEUV)

      (vgl. Rn. 271-276)

    9. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Unterscheidung zwischen bezweckten und bewirkten Beschränkungen – Bezweckte Beschränkung – Hinreichende Beeinträchtigung – Beurteilung – Wettbewerbsfördernde Wirkungen auf Märkten, auf die sich die Zuwiderhandlung räumlich nicht erstreckt, nicht relevant

      (Art. 101 Abs. 1 AEUV)

      (vgl. Rn. 288-290, 452, 453, 489)

    10. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Unterscheidung zwischen bezweckten und bewirkten Beschränkungen – Bewirkte Beschränkung – Prüfung der Wettbewerbssituation bei Wegdenken der streitigen Vereinbarung – Berücksichtigung des gegenwärtigen und des potenziellen Wettbewerbs – Zwischen dem Hersteller des Originalpräparats und einem Generikahersteller geschlossener Vergleich zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten – Verpflichtung der Kommission, zu ermitteln, wie sich die Wettbewerbssituation auf den Märkten für die betroffene Ware ohne die Vergleichsvereinbarung vermutlich gestaltet hätte – Erstellung eines kontrafaktischen Szenarios, das realistisch und plausibel ist – Zeitlicher Bezugspunkt muss bei der beobachteten Situation und beim kontrafaktischen Szenario derselbe sein – Kontrafaktisches Szenario kann nicht auf Ereignissen beruhen, die nach dem Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung eingetreten sind – Mit dem kontrafaktischen Szenario soll bestimmt werden, welche realistischen Verhaltensmöglichkeiten der Generikahersteller gehabt hätte

      (Art. 101 Abs. 1 AEUV)

      (vgl. Rn. 338-356, 482-486)

    11. Beherrschende Stellung – Relevanter Markt – Abgrenzung – Kriterien – Pharmazeutische Erzeugnisse – Austauschbarkeit – Beurteilungskriterien – Elastizität der Nachfrage nach dem pharmazeutischen Erzeugnis gegenüber Änderungen des Preises der übrigen Erzeugnisse mit derselben therapeutischen Indikation

      (Art. 102 AEUV)

      (vgl. Rn. 381-390)

    12. Rechtsmittel – Für begründet befundenes Rechtsmittel – Entscheidung des Rechtsstreits in der Sache durch das Rechtsmittelgericht – Voraussetzung – Entscheidungsreifer Rechtsstreit – Fehlen – Zurückverweisung der Sache an das Gericht – Verpflichtung zur Zurückverweisung der Sache an einen anders zusammengesetzten Spruchkörper – Fehlen

      (Art. 256 Abs. 1 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1; Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 216 Abs. 1)

      (vgl. Rn. 417)

    13. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Vergleich zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten und Patentlizenzvertrag – Vereinbarungen, die der Hersteller des Originalpräparats mit einem Generikahersteller geschlossen hat – Vereinbarungen mit Bestimmungen über die Nichtanfechtung von Patenten und das Nichtinverkehrbringen von Produkten durch den Generikahersteller auf bestimmten Märkten – Gegenleistung in Form der Erteilung einer Lizenz, mit der dem Generikahersteller gestattet wird, das betreffende Arzneimittel auf seinen Hauptmärkten in Verkehr zu bringen – Einstufung als Vereinbarungen über die Aufteilung der Märkte, mit denen eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckt wird – Kriterien – Erteilung der Lizenz an den Generikahersteller stellt für diesen einen Anreiz dar, davon abzusehen, sein Produkt auf den dem Hersteller des Originalpräparats vorbehaltenen Märkten in Verkehr zu bringen

      (Art. 101 Abs. 1 AEUV)

      (vgl. Rn. 447-473)

    Zusammenfassung

    Der Gerichtshof gibt den Rechtsmitteln statt, die von der Europäischen Kommission gegen zwei Urteile des Gerichts ( 1 ) eingelegt wurden, mit denen der Beschluss, mit dem die Kommission auf dem Markt für das Arzneimittel Perindopril Kartelle und den Missbrauch einer beherrschenden Stellung festgestellt und gegen die beteiligten Arzneimittelhersteller Geldbußen verhängt hatte ( 2 ), teilweise für nichtig erklärt wurde. Er grenzt dabei legitime Maßnahmen der Arzneimittelhersteller, mit denen echte Patentrechtsstreitigkeiten im Arzneimittelsektor gütlich beigelegt werden, von Vereinbarungen ab, mit denen unter dem Deckmantel einer gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten der Markt für ein Arzneimittel rechtswidrig aufgeteilt wird.

    Der Servier-Konzern, dessen Muttergesellschaft, die Servier SAS, in Frankreich ansässig ist (im Folgenden einzeln oder zusammen: Servier), entwickelte Perindopril, ein Herz-Kreislauf-Medikament aus der Gruppe der Hemmer des Angiotensin-konvertierenden Enzyms (im Folgenden: ACE‑Hemmer), das hauptsächlich zur Behandlung von arterieller Hypertonie und Herzinsuffizienz eingesetzt wird. Das 1981 beim Europäischen Patentamt (EPA) für das Perindopril-Molekül angemeldete Patent lief in den 2000er Jahren in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ab.

    Der Wirkstoff von Perindopril liegt in Form eines Salzes (Erbumin) vor. 1988 meldete Servier beim EPA mehrere Patente für Verfahren zur Herstellung des Wirkstoffs von Perindopril an, die am 16. September 2008 abliefen.

    2001 meldete Servier beim EPA für Perindopril und das Verfahren zu dessen Herstellung ein neues Patent an, das 2004 erteilt wurde (im Folgenden: Patent EP1296947). In mehreren Mitgliedstaaten, die seinerzeit noch nicht dem Europäischen Patentübereinkommen beigetreten waren, wurden Servier dem Patent EP1296947 entsprechende nationale Patente erteilt.

    Ab 2003 kam es zwischen Servier und Generikaherstellern, die sich anschickten, ein Perindopril-Generikum in Verkehr zu bringen, zu verschiedenen Rechtsstreitigkeiten. So legten zehn Generikahersteller beim EPA Einspruch gegen das Patent EP1296947 ein, das von deren Technischer Beschwerdekammer schließlich im Mai 2009 widerrufen wurde. Bei bestimmten nationalen Gerichten erhoben mehrere Generikahersteller Klagen auf Erklärung der Nichtigkeit des Patents EP1296947. Servier wiederum erhob gegen die betreffenden Generikahersteller, u. a. gegen die slowenische Gesellschaft KRKA, tovarna zdravil, d.d. (im Folgenden: Krka), Klagen wegen Patentverletzung und beantragte den Erlass einstweiliger Verfügungen.

    Zur Beilegung dieser Rechtsstreitigkeiten schloss Servier von 2005 bis 2007 mit mehreren Generikaherstellern Vergleiche. Mit Krka etwa schloss Servier einen Vergleich über das Patent EP1296947 und die vergleichbaren nationalen Patente, eine Lizenzvereinbarung und eine Übertragungs- und Lizenzvereinbarung (im Folgenden: Vereinbarungen Servier/Krka). Die Vereinbarungen Servier/Krka galten für alle Staaten, die seinerzeit Mitgliedstaaten der Europäischen Union waren, außerdem für die Staaten, die die Hauptmärkte von Krka waren.

    Die Kommission nahm an, dass Servier und Krka diese Vereinbarungen mit dem rechtswidrigen Ziel geschlossen hätten, das Gebiet der Länder, für die die Vereinbarungen gegolten hätten, in zwei die eigenen Hauptmärkte mit umfassende Einflusssphären aufzuteilen, innerhalb deren sie hätten mit der Gewissheit tätig sein können, keinem über die dem Vergleich und der Vereinbarung Servier/Krka festgelegten Grenzen hinausgehenden Wettbewerbsdruck (Servier) bzw. nicht der Gefahr ausgesetzt zu sein, von Servier wegen Patentverletzung verklagt zu werden (Krka).

    Mit Beschluss vom 9. Juli 2014 ( 3 ) stellte die Kommission fest, dass die Vereinbarungen, die Servier mit Krka und den übrigen Generikaherstellern geschlossen habe, durch Art. 101 AEUV verbotene Einschränkungen des Wettbewerbs darstellten und dass Servier dadurch, dass sie eine Ausschlussstrategie für den Markt für Perindopril und den Markt für die Technologie zur Herstellung des Wirkstoffs dieses Arzneimittels in Frankreich, in den Niederlanden, in Polen und im Vereinigten Königreich entwickelt und umgesetzt habe, gegen Art. 102 AEUV verstoßen habe.

    Die Kommission verhängte gegen Servier deshalb wegen der Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV Geldbußen in Höhe von insgesamt 289727200 Euro, wovon 37661800 Euro auf die Beteiligungen an den Vereinbarungen Servier/Krka entfallen, und wegen der Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV eine Geldbuße in Höhe von 41270000 Euro. Gegen Krka wurde wegen Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV eine Geldbuße in Höhe von 10 Mio. Euro verhängt.

    Servier und Krka erhoben beim Gericht Klage. Das Gericht stellte fest, dass die Kommission die Vereinbarungen Servier/Krka rechtsfehlerhaft als Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV eingestuft habe. Die Kommission habe weder eine bezweckte noch eine bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs nachgewiesen. Was die Servier zur Last gelegte Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV angeht, nahm das Gericht an, dass der Kommission bei der Abgrenzung des Marktes für Perindopril Beurteilungsfehler unterlaufen seien, wegen deren die Feststellungen, die die Kommission zur beherrschenden Stellung von Servier auf dem relevanten Markt getroffen habe, rechtswidrig seien.

    Entsprechend hob das Gericht den streitigen Beschluss mit zwei Urteilen, die am 12. Dezember 2018 verkündet wurden ( 4 ), insoweit auf, als mit ihm eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV durch die Vereinbarungen Servier/Krka und eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV festgestellt wurden und gegen Servier bzw. Krka wegen dieser Zuwiderhandlungen Geldbußen verhängt wurden.

    Gegen diese Urteile hat die Kommission beim Gerichtshof zwei Rechtsmittel eingelegt.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV

    A. Potenzieller Wettbewerb zwischen Servier und Krka

    Der Gerichtshof prüft als Erstes die Rügen, mit denen die Kommission geltend macht, dass das Gericht den Begriff des potenziellen Wettbewerbs nicht richtig ausgelegt und nicht richtig angewandt habe.

    Der Gerichtshof weist eingangs darauf hin, dass bei der Prüfung von abgestimmten Verhaltensweisen in Form von Vereinbarungen über die horizontale Zusammenarbeit zwischen Unternehmen – wie den Vereinbarungen Servier/Krka – nach Art. 101 Abs. 1 AEUV in einem ersten Schritt zu prüfen ist, ob sie als Einschränkung des Wettbewerbs durch Unternehmen, die zumindest potenziell Wettbewerber sind, einzustufen sind. Wenn ja, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sie im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen Merkmale als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs einzustufen sind. Steht nicht fest, dass sie einen wettbewerbswidrigen Zweck hatten, muss geprüft werden, welche Wirkungen sie gehabt haben.

    Sodann stellt der Gerichtshof fest, dass die Rügen, mit denen die Kommission geltend macht, dass das Gericht den Begriff des potenziellen Wettbewerbs nicht richtig ausgelegt und nicht richtig angewandt habe, nicht ins Leere gehen, da das Gericht mehrere Erwägungsgründe des streitigen Beschlusses, in denen es um die Frage geht, ob Krka und Servier potenzielle Wettbewerber waren, und bestimmte Rügen, die Servier insoweit erhoben hat, geprüft hat.

    Zur Begründetheit stellt der Gerichtshof fest, dass das Gericht, indem es festgestellt hat, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka übereinstimmende Indizien vorgelegen hätten, aufgrund deren Servier und Krka hätten annehmen können, dass das Patent EP1296947 gültig gewesen sei, aus diesen Indizien abgeleitet hat, dass ein Wettbewerb zwischen Servier und Krka auf den nationalen Märkten in der Union nun ausgeschlossen sei und zwischen diesen Unternehmen deshalb kein potenzieller Wettbewerb mehr bestehe.

    Um dies festzustellen zu können, hätte das Gericht aber prüfen müssen, ob die Kommission nicht nachgewiesen hat, dass Krka zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen Servier/Krka aufgrund ausreichender Vorbereitungsmaßnahmen und wegen des Fehlens unüberwindlicher Marktzutrittsschranken wirkliche und konkrete Möglichkeiten hatte, in den relevanten Markt einzutreten und mit Servier in Wettbewerb zu treten.

    Das Gericht hat die insoweit erforderlichen Überprüfungen nicht vorgenommen, sondern sich auf die Feststellung beschränkt, dass Servier und Krka von der Gültigkeit des Patents EP1296947 überzeugt gewesen seien und dass sich das Verhalten von Krka, den Wettbewerbsdruck auf Servier aufrechtzuerhalten, mit dem Bestreben von Krka erklären lasse, ihre Position in den Verhandlungen zu stärken, in die sie mit Servier treten könnte, um einen Vergleich mit einer damit verknüpften Lizenzvereinbarung abzuschließen. Damit hat das Gericht die rechtliche Erheblichkeit der auf den betreffenden Märkten festgestellten Patentsituation und der Absichten der Vertragsparteien nicht richtig eingeschätzt. Außerdem hat es nicht begründet, warum es implizit festgestellt hat, dass Servier und Krka keine potenziellen Wettbewerber mehr gewesen seien, und dies trotz der im streitigen Beschluss angeführten Umstände, mit denen das Gegenteil nachgewiesen werden sollte.

    Der Gerichtshof stellt weiter fest, dass das Gericht bei der Prüfung des Kontexts, in dem der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka geschlossen wurden, nicht nur den eindeutigen und bestimmten Wortlaut einer Entscheidung eines Gerichts des Vereinigten Königreichs betreffend eine von Krka erhobene Widerklage auf Nichtigerklärung des Patents EP1296947, sondern, was die Auswirkungen einer Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA angeht, mit der dieses Patent aufrechterhalten wurde, auch den Sinn und die Tragweite des streitigen Beschlusses verfälscht hat.

    Der Gerichtshof gibt den Rügen, mit denen die Kommission geltend macht, dass das Gericht den Begriff des potenziellen Wettbewerbs nicht richtig ausgelegt und nicht richtig angewandt habe, deshalb statt.

    B. Einstufung der Vereinbarungen Servier/Krka als bezweckte Einschränkungen des Wettbewerbs

    Als Zweites stellt der Gerichtshof fest, dass das Gericht rechtsfehlerhaft angenommen habe, dass keine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs vorliege.

    In den angefochtenen Urteilen hat das Gericht angenommen, dass im Fall eines wirklichen Patentrechtsstreits ein Vergleich zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits mit den Wettbewerb einschränkenden Bestimmungen, mit dem eine Lizenzvereinbarung betreffend das Patent verknüpft sei, nur dann als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs angesehen werden könne, wenn die Kommission dartue, dass die Lizenzvereinbarung keine zu normalen Marktbedingungen abgeschlossene Transaktion darstelle und daher eine umgekehrte Zahlung verschleiere.

    Der Gerichtshof stellt fest, dass das Gericht dabei das Wesen der betreffenden Vereinbarungen außer Acht gelassen hat, die nicht lediglich in einem Vergleich über die gütliche Beilegung eines Patentrechtsstreits gegen eine umgekehrte Zahlung bestanden, sondern in einer Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte in zwei Zonen, wobei sich die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV auf eine dieser beiden Zonen überhaupt nicht erstreckt hat.

    Aufgrund dieses Fehlers hat das Gericht die Einstufung der Servier und Krka zur Last gelegten Zuwiderhandlung als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs anhand der Form und der rechtlichen Merkmale der Vereinbarungen zur Durchführung dieser Verhaltensweise überprüft. Es hatte aber zu bestimmen, inwieweit die Vereinbarungen den Wettbewerb beeinträchtigten, und dabei eingehend die Merkmale, die Ziele und den wirtschaftlichen und rechtlichen Kontext der Vereinbarungen zu untersuchen.

    Außerdem hat das Gericht mit der Annahme, dass Krka aufgrund des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka kein Teil des Marktes vorbehalten gewesen sei und daher nicht auf das Vorliegen einer Marktaufteilung geschlossen werden könne, auch Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht richtig ausgelegt. Das mit dieser Vorschrift aufgestellte Verbot von Vereinbarungen, mit denen die Märkte aufgeteilt werden, gilt nämlich nicht nur für Vereinbarungen, mit denen die Märkte „undurchlässig“ aufgeteilt werden.

    Ferner hat das Gericht im Rahmen seiner Ausführungen zum Fehlen einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs rechtsfehlerhaft Erwägungen dazu angestellt, dass die potenziellen Wirkungen der in Rede stehenden Vereinbarungen hypothetisch gewesen seien. Bei als bezweckte Einschränkungen des Wettbewerbs eingestuften Verhaltensweisen ist nämlich nicht zu prüfen und schon gar nicht nachzuweisen, welche Wirkungen sie auf den Wettbewerb haben, und zwar auch nicht im Rahmen einer etwaigen Prüfung der Frage, ob das Verhalten den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt, um als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft werden zu können.

    Weiter hat das Gericht rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Kommission zu Unrecht nicht nachgewiesen habe, dass Servier oder Krka die Absicht gehabt hätte, den Wettbewerb zwischen ihnen einzuschränken. Dies war für die Feststellung einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs nämlich nicht erforderlich.

    Mit der Feststellung, dass, was die Berücksichtigung lückenhafter und vereinzelter Belege bei der Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung angehe, rechtlich danach zu unterscheiden sei, ob die Kommission über den Inhalt wettbewerbswidriger Vereinbarungen verfüge oder nicht, hat das Gericht zudem gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung verstoßen. Das Gericht hat auch rechtsfehlerhaft festgestellt, dass Ableitungen aus Auszügen aus Schreiben oder anderen Dokumenten zum Nachweis der Absichten der Parteien nicht ohne Weiteres eine Schlussfolgerung in Frage stellen könnten, die auf den Inhalt dieser Vereinbarungen selbst gestützt sei.

    Schließlich weist der Gerichtshof noch darauf hin, dass es für die Frage, ob die Erteilung einer Lizenz an einem Patent als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV einzustufen ist, völlig unerheblich ist, ob die Erteilung der Lizenz auf bestimmten räumlichen Märkten möglicherweise wettbewerbsfördernde Wirkungen hat. Indem es die positiven Wirkungen der Lizenzvereinbarung Servier/Krka auf den Hauptmärkten von Krka berücksichtigt hat, hat das Gericht also Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht richtig ausgelegt und nicht richtig angewandt, zumal sich die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV räumlich überhaupt nicht auf die Hauptmärkte von Krka erstreckte.

    Der Gerichtshof gelangt wegen all dieser Fehler zu dem Schluss, dass die gesamten Ausführungen des Gerichts zum Fehlen einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs durch die Vereinbarungen Servier/Krka rechtswidrig sind.

    C. Einstufung der Vereinbarungen Servier/Krka als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs

    Als Drittes stellt der Gerichtshof fest, dass das Gericht zu Unrecht angenommen habe, dass die Kommission im streitigen Beschluss, da sie nicht nachgewiesen habe, dass Krka, wenn die Vereinbarungen Servier/Krka nicht geschlossen worden wären, in die Hauptmärkte von Servier eingetreten wäre, nicht den Nachweis erbracht habe, dass diese Vereinbarungen eine Einschränkung des Wettbewerbs bewirkt hätten.

    In diesem Zusammenhang weist der Gerichtshof darauf hin, dass bei der Feststellung wettbewerbswidriger Wirkungen einer Vereinbarung zwischen Unternehmen die durch die Vereinbarung entstandene Wettbewerbssituation mit derjenigen zu vergleichen ist, die ohne die Vereinbarung bestehen würde. Diese sogenannte „kontrafaktische“ Methode erfordert eine Berücksichtigung des jeweiligen konkreten Rahmens, in den sich die Vereinbarung einfügt. Das kontrafaktische Szenario, bei dem die Vereinbarung weggedacht wird, muss also realistisch und plausibel sein.

    Vor diesem Hintergrund stellt der Gerichtshof fest, dass das Gericht im Rahmen der Anwendung von Art. 101 AEUV drei Hauptmerkmale der kontrafaktischen Methode verkannt hat.

    Erstens hat das Gericht entschieden, dass die Beurteilung der wettbewerbswidrigen Wirkungen des Vergleichs Servier/Krka, da die Kommission den tatsächlichen Ablauf der nach der Vereinbarung eingetretenen Ereignisse nicht in das kontrafaktische Szenario einbezogen habe, auf einem hypothetischen Ansatz und einer unvollständigen Prüfung dieser Wirkungen beruhe. Das Gericht hat dabei nicht berücksichtigt, dass ein kontrafaktisches Szenario, das begriffsnotwendig insoweit hypothetisch ist, als es sich nicht verwirklicht hat, nicht auf Umständen beruhen kann, die nach dem Abschluss der Vereinbarung eingetreten sind.

    Zweitens hat das Gericht rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Rechtsprechung, wonach eine Vereinbarung zwischen Unternehmen aufgrund ihrer potenziellen Wirkungen als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft werden könne, wenn die Vereinbarung durchgeführt worden sei, nicht mehr anwendbar sei, weil die tatsächlichen Wirkungen der Vereinbarung auf den Wettbewerb festgestellt werden könnten. In Fällen, in denen eine Vereinbarung, indem der Eintritt eines neuen Wettbewerbers in den Markt verhindert oder verzögert wird – wie im vorliegenden Fall –, dazu führt, dass die Zahl oder das Verhalten bereits auf dem Markt vertretener Wettbewerber nicht verändert wird, sondern unverändert bestehen bleibt, würde ein bloßer Vergleich zwischen den vor und nach der Durchführung der Vereinbarung auf dem Markt festgestellten Situationen nämlich nicht genügen, um auf das Fehlen wettbewerbswidriger Wirkungen schließen zu können. Die wettbewerbswidrige Wirkung besteht nämlich darin, dass durch die Vereinbarung mit Gewissheit eine Quelle von Wettbewerb beseitigt wird, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung potenziell bleibt.

    Drittens ist die Kommission bei der Erstellung des kontrafaktischen Szenarios zur Prüfung eines Vergleichs zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits zwischen dem Hersteller des Originalpräparats und einem Generikahersteller nach der Rechtsprechung nicht verpflichtet, verbindliche Feststellungen zu den Erfolgsaussichten des Generikaherstellers in dem Patentrechtsstreit oder der Wahrscheinlichkeit des Abschlusses einer den Wettbewerb weniger einschränkenden Vereinbarung zu treffen. Indem es angenommen hat, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass Krka ohne den Vergleich Servier/Krka wahrscheinlich in die betreffenden Märkte eingetreten wäre und dass es die Fortsetzung der Verfahren, mit denen die Gültigkeit des Patents EP1296947 angefochten worden sei, wahrscheinlich oder gar in plausibler Weise erlaubt hätte, dieses Patent schneller oder umfassender für ungültig erklären zu lassen, hat das Gericht mithin Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht richtig ausgelegt und angewandt.

    Der Gerichtshof gelangt zu dem Schluss, dass die Ausführungen, mit denen das Gericht die Einstufung der Vereinbarungen Servier/Krka als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs abgelehnt hat, wegen dieser Rechtsfehler insgesamt rechtswidrig sind.

    Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV

    Als Viertes stellt der Gerichtshof fest, dass das Gericht zu Unrecht angenommen hat, dass die Abgrenzung des relevanten Produktmarkts, die die Kommission bei der Prüfung der Frage, ob Servier eine beherrschende Stellung missbraucht hat, zugrunde gelegt hat, unter Fehlern leide, wegen deren diese Prüfung rechtswidrig sei. Das Gericht hatte insoweit insbesondere angenommen, dass die Kommission den relevanten Markt zu Unrecht unter Ausschluss der übrigen Arzneimittel der Klasse der ACE‑Hemmer auf Perindopril begrenzt habe.

    Der Gerichtshof weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Abgrenzung des relevanten Marktes eine Voraussetzung für die Beurteilung des möglichen Bestehens einer beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV ist und der relevante Markt als Erstes in sachlicher Hinsicht und als Zweites in räumlicher Hinsicht abzugrenzen ist.

    Weiter ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Begriff des relevanten Marktes einen hinreichenden Grad an Austauschbarkeit zwischen den zum relevanten Markt gehörenden Erzeugnissen oder Dienstleistungen voraussetzt. Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Substituierbarkeit von Arzneimitteln ist darauf abzustellen, ob es bei Arzneimitteln mit derselben therapeutischen Indikation bei Änderungen der Preise zu Übertragungen von Verkäufen kommt. Die Feststellung des Fehlens einer solchen Substituierbarkeit offenbart das Vorliegen eines gesonderten Marktes, und zwar unabhängig davon, was die Gründe dafür sind.

    Die Kommission ist aufgrund der von Servier nicht angegriffenen Feststellung einer fehlenden relativen Elastizität der Nachfrage nach Perindopril gegenüber einem starken Rückgang der Preise der übrigen ACE‑Hemmer davon ausgegangen, dass Perindopril und die übrigen ACE‑Hemmer nicht austauschbar seien. Das Gericht hat deshalb rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Kommission den relevanten Markt zu Unrecht auf Perindopril begrenzt habe.

    Da das Gericht dann angenommen hat, dass die Kommission ihre Feststellung, dass Servier auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril eine beherrschende Stellung gehabt habe, auf die fehlerhafte Abgrenzung des relevanten Marktes gestützt habe, stellt der Gerichtshof fest, dass diese Ausführungen des Gerichts auf einer unzutreffenden Annahme beruhen und daher ebenfalls rechtswidrig sind.

    Der Gerichtshof hebt die angefochtenen Urteile, da den Rechtsmittelgründen der Kommission betreffend die genannten Fehler stattgegeben wird, teilweise auf.

    Nichtigkeitsklagen von Servier und Krka

    Als Fünftes ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die Sache, was die Klagegründe angeht, mit denen sich Servier und Krka gegen die im streitigen Beschluss vorgenommene Einstufung des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs und des Vergleichs und der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs wenden, zur Entscheidung reif ist.

    Was zum einen die Einstufung des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs angeht, prüft der Gerichtshof in einem ersten Schritt, ob die Kommission diese Vereinbarungen zu Recht als Einschränkung des von Krka gegenüber Servier ausgeübten potenziellen Wettbewerbsdrucks eingestuft hat, und geht dabei der Frage nach, ob es für Krka zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung wirkliche und konkrete Möglichkeiten gab, in den Markt für Perindopril einzutreten und mit Servier in Wettbewerb zu treten.

    Der Gerichtshof stellt insoweit fest, dass ein Patent für ein Verfahren zur Herstellung eines gemeinfreien Wirkstoffs für sich genommen keine unüberwindliche Schranke für den Markteintritt entsprechender Generika darstellt. Ist ein Generikahersteller tatsächlich fest entschlossen und aus eigener Kraft in der Lage, in den Markt einzutreten, und, wie seine Maßnahmen zeigen, bereit, das Patent anzufechten und sich beim Eintritt in den Markt einer Verletzungsklage des Patentinhabers auszusetzen, steht das Verfahrenspatent der Einstufung des Generikaherstellers als potenzieller Wettbewerber des Herstellers des Originalpräparats nicht entgegen.

    Zu der festen Entschlossenheit von Krka, ihre Anstrengungen zum Inverkehrbringen ihres Perindoprils trotz der Niederlagen, die sie 2006 vor Gericht in Patentrechtsstreitigkeiten mit Servier hat einstecken müssen, fortzusetzen, stellt der Gerichtshof fest, dass aus den von der Kommission im streitigen Beschluss angeführten Beweisen hervorgeht, dass Krka ihre Anstrengungen, in die Hauptmärkte von Servier einzutreten, nicht eingestellt hat.

    Dass Krka mit Servier mit dem Ziel verhandelt hat, den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka zu schließen, heißt noch nicht, dass sie nicht mehr fest entschlossen gewesen wäre, mit Servier in Wettbewerb zu treten.

    Der Gerichtshof gelangt deshalb zu dem Schluss, dass Krka zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka ein potenzieller Wettbewerber von Servier war.

    In einem zweiten Schritt prüft der Gerichtshof, ob die Kommission zu Unrecht angenommen hat, dass mit dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka eine Aufteilung der Märkte für Perindopril bezweckt worden sei.

    Er stellt insoweit fest, dass der Umstand, dass Vergleiche zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits und mit ihnen verknüpfte Lizenzvereinbarungen mit einem Ziel geschlossen werden können, das durchaus legitim sein kann, nicht bedeutet, dass deshalb, wenn sich herausstellt, dass mit ihnen eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckt wird, Art. 101 AEUV nicht anwendbar wäre. Im vorliegenden Fall geht außerdem aus dem Wortlaut des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka und den Umständen, unter denen diese Vereinbarungen geschlossen wurden, hervor, dass sie wirtschaftlich miteinander verknüpft waren und nicht getrennt geprüft werden können.

    Das Zusammenwirken der Lizenzvereinbarung Servier/Krka, mit der Servier darauf verzichtet hat, dem Inverkehrbringen eines Generikums von Perindopril durch Krka auf deren Hauptmärkten entgegenzutreten, und des Vergleichs, nach dem Krka verpflichtet war, auf den Hauptmärkten von Servier keine Patente zu verletzen, entspricht wirtschaftlich einem quid pro quo, durch das Servier und Krka auf ihren Hauptmärkten jeweils eine günstigere Position beibehalten konnten. Eine solche Gesamtheit von Vereinbarungen bedingt grundsätzlich eine Aufteilung der betreffenden Märkte und damit eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs, die nicht durch etwaige positive oder wettbewerbsfördernde Wirkungen auf welchem Markt auch immer relativiert oder ausgeglichen werden kann.

    Der Gerichtshof gelangt deshalb zu dem Schluss, dass die im streitigen Beschluss angeführten Beweise beweisen, dass die Verhaltensweise, mit der Servier und Krka das Ziel verfolgten, den Markt für Perindopril mit dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka untereinander aufzuteilen, vorlag, und genügen, um die Einstufung dieser Verhaltensweise als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs zu rechtfertigen.

    Was zum anderen die Einstufung des Vergleichs Servier/Krka und der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs angeht, weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Kommission die durch diese Vereinbarungen entstandene Wettbewerbssituation mit der Wettbewerbssituation gemäß einem realistischen und plausiblen kontrafaktischen Szenario zu vergleichen hatte. Da die betreffende Einschränkung des Wettbewerbs im vorliegenden Fall aber dadurch erfolgte, dass eine Quelle von potenziellem Wettbewerbsdruck beseitigt wurde, den Krka auf Servier ausgeübt hat, entsprach die Prüfung des kontrafaktischen Szenarios im Wesentlichen der Prüfung der Frage, ob es einen solchen potenziellen Wettbewerb gab.

    Der Gerichtshof gelangt deshalb zu dem Schluss, dass die Feststellung der Kommission, dass Krka, weil sie über tatsächliche und konkrete Möglichkeiten verfügt habe, in die Märkte in Frankreich, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich einzutreten, für Servier eine der unmittelbarsten Bedrohungen dargestellt habe, nicht zu beanstanden ist. Wären die Vereinbarungen Servier/Krka nicht geschlossen worden, wäre diese Möglichkeit von Krka, mit ihrem Perindopril in den Markt einzutreten, nicht ausgeschaltet worden. Folglich hat die Kommission nachgewiesen, dass die Ausschaltung dieser Quelle potenziellen Wettbewerbs durch die Durchführung der Vereinbarungen Servier/Krka eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs bewirkt hat. Diese Wirkung, die weder hypothetisch noch potenziell, sondern durchaus real ist, ist geeignet, die im streitigen Beschluss vorgenommene Einstufung als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs zu rechtfertigen.

    Nachdem der Gerichtshof so über bestimmte Klagegründe von Servier und Krka befunden hat, stellt er fest, dass der Rechtsstreit nicht in vollem Umfang zur Entscheidung reif ist. Er verweist die Sache deshalb zur Entscheidung über die Einstufung der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs und, in der Rechtssache Kommission/Servier u. a. (C‑176/19 P), über die übrigen Klagegründe betreffend die Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV und die hilfsweise geltend gemachten Klagegründe, mit denen die Höhe der Geldbuße beanstandet wird, an das Gericht zurück.


    ( 1 ) Urteile vom 12. Dezember 2018, Servier u. a./Kommission (T‑691/14, EU:T:2018:922) und Krka/Kommission (T‑684/14, EU:T:2018:918) (im Folgenden zusammen: angefochtene Urteile).

    ( 2 ) Beschluss C(2014) 4955 final der Kommission vom 9. Juli 2014 in einem Verfahren zur Anwendung der Artikel 101 [AEUV] und 102 [AEUV] (Sache AT.39612 – Perindopril [Servier]) (im Folgenden: streitiger Beschluss).

    ( 3 ) Siehe Fn. 2.

    ( 4 ) Siehe Fn. 1.

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