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Document 62009CJ0266

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Umwelt – Freier Zugang zu Informationen – Richtlinie 2003/4 – Umweltinformation – Begriff

    (Richtlinie 2003/4 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 2)

    2. Landwirtschaft – Rechtsangleichung – Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln – Richtlinie 91/414 – Grundsatz der Vertraulichkeit von Angaben, die ein Betriebs‑ oder Geschäftsgeheimnis darstellen

    (Richtlinie 2003/4 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 2; Richtlinie 91/414 des Rates, Art. 14 Abs. 1 und 2)

    3. Umwelt – Freier Zugang zu Informationen – Richtlinie 2003/4 – Verpflichtung, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe einer Umweltinformation gegen das besondere Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abzuwägen

    (Richtlinie 2003/4 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4; Richtlinie 91/414 des Rates, Art. 14)

    Leitsätze

    1. Der Begriff „Umweltinformationen“ in Art. 2 der Richtlinie 2003/4 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313 ist dahin auszulegen, dass auch Informationen darunter fallen, die im Rahmen eines nationalen Verfahrens zur (Ausdehnung der) Zulassung eines Pflanzenschutzmittels im Hinblick auf die Festsetzung der in Ess‑ oder Trinkwaren zulässigen Höchstmenge eines Schädlingsbekämpfungsmittels, eines Bestandteils hiervon oder von Abbauprodukten übermittelt werden.

    Da mit der Herausgabe von Informationen über das Vorliegen von Rückständen von Pflanzenschutzmitteln in oder auf einem Erzeugnis das Risiko von Auswirkungen auf einen der Bestandteile der Artenvielfalt sowie das Risiko der Verbreitung von Rückständen von Pflanzenschutzmitteln insbesondere auf dem Boden oder im Grundwasser begrenzt werden soll, betreffen solche Informationen, auch wenn sie selbst nicht unmittelbar eine Beurteilung der Folgen dieser Rückstände auf die menschliche Gesundheit enthalten, Umweltbestandteile, die sich bei übermäßigem Vorliegen dieser Rückstände auf die menschliche Gesundheit auswirken können, was anhand dieser Informationen gerade überprüft werden soll.

    (vgl. Randnrn. 42-43, Tenor 1)

    2. Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln ist vorbehaltlich der Anwendbarkeit des zweiten Absatzes dieser Bestimmung auf die Fälle, in denen ein Sachverhalt zu den in diesem Abs. 2 aufgeführten Sachverhalten gehört, dahin auszulegen, dass er nur dann angewendet werden kann, wenn dadurch die Verpflichtungen nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2003/4 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313 nicht beeinträchtigt werden.

    Art. 14 ist nämlich dahin zu verstehen, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission unbeschadet der Richtlinie 2003/4 dafür sorgen, dass Informationen, die von Personen, die eine Zulassung für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln beantragt haben, vorgelegt worden sind und Betriebs‑ oder Geschäftsgeheimnisse beinhalten, vertraulich behandelt werden, sofern die Antragsteller dies beantragen und der Mitgliedstaat bzw. die Kommission ihre Begründung akzeptiert. Nach diesen Bestimmungen können die Mitgliedstaaten zwar vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen – außer, wenn es sich um Informationen über Emissionen in die Umwelt handelt – abgelehnt wird, wenn die Bekanntgabe der Informationen negative Auswirkungen auf Geschäfts‑ oder Betriebsgeheimnisse hätte, sofern diese durch einzelstaatliches Recht oder Unionsrecht geschützt sind, diese Bestimmungen sehen jedoch auch vor, dass ein solcher Ablehnungsgrund eng auszulegen ist, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist, und dass in jedem Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen wird.

    Wird bei den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen eingereicht, die von einer Person, die eine Zulassung für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln beantragt hat, vorgelegt worden sind und in Bezug auf die der Antrag, sie als Betriebs‑ oder Geschäftsgeheimnis im Sinne von Art. 14 der Richtlinie 91/414 zu schützen, gerechtfertigt erscheint, müssen diese Behörden somit gleichwohl dem Antrag auf Zugang zu diesen Informationen stattgeben, wenn es sich um Informationen über Emissionen in die Umwelt handelt oder wenn, in den übrigen Fällen, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe größer erscheint als das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe.

    (vgl. Randnrn. 50, 52-54, Tenor 2)

    3. Art. 4 der Richtlinie 2003/4 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313 ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung angeordnete Abwägung des öffentlichen Interesses an der Bekanntgabe von Umweltinformationen gegen das besondere Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe in jedem den zuständigen Behörden vorgelegten Einzelfall erfolgen muss, wobei der nationale Gesetzgeber in einer allgemeinen Vorschrift Kriterien festlegen kann, die diese vergleichende Prüfung der bestehenden Interessen erleichtern können.

    Weder Art. 14 der Richtlinie 91/414 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln noch eine andere Bestimmung der Richtlinie 2003/4 lässt nämlich die Annahme zu, dass die in Art. 4 der letztgenannten Richtlinie vorgeschriebene Abwägung der bestehenden Interessen durch eine andere Maßnahme als die Prüfung dieser Interessen in jedem Einzelfall ersetzt werden könnte. Dieser Umstand hindert den nationalen Gesetzgeber daher nicht daran, in einer allgemeinen Vorschrift Kriterien festzulegen, die diese vergleichende Prüfung der bestehenden Interessen erleichtern können, sofern diese Vorschrift die zuständigen Behörden nicht davon entbindet, tatsächlich jeden Fall, der ihnen im Rahmen eines auf der Grundlage der Richtlinie 2003/4 gestellten Antrags auf Zugang zu Umweltinformationen vorgelegt wird, gesondert zu prüfen.

    (vgl. Randnrn. 57-59, Tenor 3)

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