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Document 62003TJ0002

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Verfahren – Streithilfe – Antrag, der auf die Unterstützung der Anträge einer Partei gerichtet ist – Antrag, der zusätzliche Argumente enthält, die den Rahmen des Rechtsstreits ändern – Unzulässigkeit dieser Argumente

    (Satzung des Gerichtshofes, Artikel 40 Absatz 4, Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 116 § 3)

    2. Europäische Gemeinschaften – Organe – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Verpflichtung des Organs zu einer konkreten und individuellen Prüfung der Dokumente – Umfang – Ausschluss der Verpflichtung – Voraussetzungen

    (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Artikel 4)

    3. Europäische Gemeinschaften – Organe – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Verpflichtung des Organs zu einer konkreten und individuellen Prüfung der Dokumente – Nichterfüllung der Verpflichtung – Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Prüfung, die sich als besonders belastend und unangemessen erweist – Ausnahme von der Prüfungspflicht – Beweislast des Organs – Verpflichtung des Organs, sich mit dem Antragsteller zu beraten

    (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Artikel 4)

    Leitsätze

    1. Artikel 40 Absatz 4 der Satzung des Gerichtshofes, der nach Artikel 53 der Satzung auf das Gericht anwendbar ist, und Artikel 116 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts verwehren es einem Streithelfer zwar nicht, andere Argumente als die von ihm unterstützte Partei vorzubringen, dies gilt jedoch nur, soweit diese Argumente nicht den Rahmen des Rechtsstreits ändern und die Streithilfe weiterhin die Unterstützung der Anträge dieser Partei bezweckt. Diese Voraussetzung ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn die zusätzlichen Argumente des Streithelfers, falls sie stichhaltig wären, die Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Rechtsaktes ermöglichen würden, während der Antrag der Partei, die der Streithelfer angeblich unterstützt, nur auf Abweisung der Nichtigkeitsklage gerichtet ist. Da diese Argumente zu einer Änderung des durch die Klageschrift und die Klagebeantwortung festgelegten Rahmens des Rechtsstreits führen, sind sie als unzulässig zurückzuweisen.

    (vgl. Randnrn. 52-53, 55)

    2. Die im Rahmen der Bearbeitung eines auf die Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission gestützten Antrags auf Zugang zu Dokumenten erforderliche Prüfung muss konkret sein. Zum einen kann der bloße Umstand, dass ein Dokument ein durch eine Ausnahme geschütztes Interesse betrifft, nicht ausreichen, um die Anwendung der Ausnahme zu rechtfertigen. Eine solche Anwendung kann grundsätzlich nur dann gerechtfertigt sein, wenn das Organ zuvor geprüft hat, ob erstens der Zugang zu dem Dokument das geschützte Interesse tatsächlich konkret verletzt hätte, und ob zweitens – in den Fällen des Artikels 4 Absätze 2 und 3 der Verordnung – nicht ein höherrangiges öffentliches Interesse bestand, das die Verbreitung des betreffenden Dokuments rechtfertigte. Zum anderen muss die Gefahr einer Beeinträchtigung eines geschützten Interesses absehbar und darf nicht rein hypothetisch sein. Das betreffende Organ muss somit den Inhalt jedes der im Antrag bezeichneten Dokumente konkret und individuell prüfen und wenigstens für jede Dokumentenkategorie die Gründe angeben, derentwegen es meint, dass die in dem bei ihm gestellten Antrag erwähnten Dokumente mit einer von einer Ausnahme erfassten Kategorie von Informationen zusammenhängen.

    Diese Prüfung kann jedoch entbehrlich sein, wenn aufgrund der besonderen Umstände des betreffenden Falles offenkundig ist, dass der Zugang zu verweigern oder im Gegenteil zu gewähren ist. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn bestimmte Dokumente offenkundig in vollem Umfang von einer Ausnahme vom Zugangsrecht erfasst werden oder aber offenkundig in vollem Umfang einsehbar sind oder wenn sie von dem Organ unter ähnlichen Umständen bereits konkret und individuell geprüft worden sind.

    (vgl. Randnrn. 69, 72-73, 75)

    3. Die Weigerung eines Organs, die Dokumente, die Gegenstand eines Antrags auf Akteneinsicht sind, konkret und individuell zu prüfen, stellt grundsätzlich einen offenkundigen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dar, nach dem die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist.

    Das angerufene Organ muss jedoch die Möglichkeit behalten, in besonderen Fällen, in denen ihm durch die konkrete und individuelle Prüfung der Dokumente ein unangemessener Verwaltungsaufwand entstünde, die Bedeutung des Zugangs der Öffentlichkeit zu den Dokumenten und die sich daraus ergebende Arbeitsbelastung gegeneinander abzuwägen, um in diesen besonderen Fällen die Interessen einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu wahren. Eine solche Befreiung von der Prüfungspflicht kommt nur ausnahmsweise und nur dann in Betracht, wenn die Verwaltung durch die konkrete und individuelle Prüfung der Dokumente in besonderem Maße belastet würde, so dass damit die Grenzen dessen überschritten würden, was vernünftigerweise verlangt werden kann.

    Das Organ, das sich auf diese Ausnahme beruft, muss den Beweis für den Umfang eines solchen Verwaltungsaufwands erbringen. Es muss gegebenenfalls versuchen, sich mit dem Antragsteller zu beraten, um zum einen zu erfahren oder sich näher erläutern zu lassen, welches Interesse er am Zugang zu den betreffenden Dokumenten hat, und zum anderen konkret zu überlegen, welche Möglichkeiten es hat, eine weniger belastende Maßnahme als die konkrete und individuelle Prüfung der Dokumente zu treffen; dabei muss es der Lösung den Vorzug geben, die, ohne einen Aufwand zu verursachen, der die Grenzen dessen überschreiten würde, was vernünftigerweise verlangt werden kann, so günstig wie möglich für das Zugangsrecht des Antragstellers ist.

    (vgl. Randnrn. 99-100, 102, 112-114)

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