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Document 32018L0131

Richtlinie (EU) 2018/131 des Rates vom 23. Januar 2018 zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) zur Änderung der Richtlinie 2009/13/EG im Einklang mit den Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens 2006 in ihrer von der Internationalen Arbeitskonferenz am 11. Juni 2014 gebilligten Form (Text von Bedeutung für den EWR. )

OJ L 22, 26.1.2018, p. 28–33 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2018/131/oj

26.1.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 22/28


RICHTLINIE (EU) 2018/131 DES RATES

vom 23. Januar 2018

zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) zur Änderung der Richtlinie 2009/13/EG im Einklang mit den Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens 2006 in ihrer von der Internationalen Arbeitskonferenz am 11. Juni 2014 gebilligten Form

(Text von Bedeutung für den EWR)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 155 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 153 Absatz 1 Buchstaben a, b und c,

auf Vorschlag der Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 155 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) können Arbeitgeber und Arbeitnehmer (im Folgenden „Sozialpartner“) gemeinsam beantragen, dass die von ihnen auf Unionsebene geschlossenen Vereinbarungen durch einen Beschluss des Rates auf Vorschlag der Kommission durchgeführt werden.

(2)

Mit der Richtlinie 2009/13/EG des Rates (1) wurde die vom Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) am 19. Mai 2008 geschlossene Vereinbarung zur Überführung der verbindlichen Bestimmungen des Seearbeitsübereinkommens 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in Unionsrecht umgesetzt, um die geltenden Rechtsvorschriften der Union durch Übernahme der Normen des Seearbeitsübereinkommens, die für Seeleute vorteilhafter sind, zu aktualisieren. Damit wurde das Ziel verfolgt, die Arbeitsbedingungen der Seeleute zu verbessern, insbesondere hinsichtlich der Beschäftigungsverträge, Arbeitszeiten, Heimschaffung, beruflichen Entwicklung und Qualifizierung, Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen, Verpflegung einschließlich Bedienung, des Schutzes von Gesundheit und Sicherheit, der medizinischen Betreuung und Beschwerdeverfahren.

(3)

Im Anschluss an internationale Fachtagungen leitete die IAO ein Verfahren zur Änderung des Seearbeitsübereinkommens ein, um auf Befürchtungen im Zusammenhang mit dem Im-Stich-Lassen von Seeleuten und der finanziellen Sicherheit zum einen und mit Ansprüchen aufgrund des Todes oder der Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten zum anderen einzugehen. Der im Rahmen des Seearbeitsübereinkommens eingerichtete Dreigliedrige Sonderausschuss hat auf seiner Sitzung vom 7. bis 11. April 2014 zwei Änderungen zu diesen Aspekten gebilligt. Die von den Änderungen betroffenen Regelungen fielen zum Teil in die Zuständigkeit der Union und betrafen Bereiche, in denen die Union Vorschriften erlassen hatte, insbesondere auf dem Gebiet der Sozialpolitik und des Verkehrswesens. Daher hat der Rat am 26. Mai 2014 den Beschluss 2014/346/EU (2) über den Standpunkt, der im Namen der Union auf der 103. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz (IAK) zu vertreten ist, angenommen. Nach dem Standpunkt der Union sollten die Änderungen des Codes des Seearbeitsübereinkommens (im Folgenden „2014 beschlossene Änderungen des Seearbeitsübereinkommens“) angenommen werden.

(4)

Die 2014 beschlossenen Änderungen des Seearbeitsübereinkommens wurden von der IAK im Rahmen ihrer 103. Tagung am 11. Juni 2014 in Genf gebilligt und sind am 18. Januar 2017 in Kraft getreten. Sie betreffen die Bereitstellung eines wirksamen Systems der finanziellen Sicherheit, um die Rechte der Seeleute im Falle ihres Im-Stich-Lassens zu schützen und eine Entschädigung bei vertraglichen Forderungen aufgrund des Todes oder der Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten infolge von Arbeitsunfällen, Krankheiten oder Gefährdungen zu gewährleisten. Sie verbessern und optimieren das bestehende System zum Schutz von Seeleuten, einschließlich der Verpflichtung, einen Nachweis des Systems der finanziellen Sicherheit an Bord der Schiffe mitzuführen und das System auf zwei neue Situationen des Im-Stich-Lassens auszuweiten. Bei diesen Situationen handelt es sich um Fälle, in denen Seeleute ohne Gewährleistung des nötigen Unterhalts und der nötigen Unterstützung zurückgelassen wurden, oder um Fälle, in denen der Reeder einseitig die Verbindung zu den Seeleuten beendet hat; darunter fällt auch die Nichtzahlung vertraglich vereinbarter Heuern für einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten.

(5)

Am 5. Dezember 2016 schlossen die Sozialpartner im Seeverkehr — der ECSA und die ETF — eine Vereinbarung (im Folgenden „Vereinbarung der Sozialpartner“) zur Änderung der Richtlinie 2009/13/EG im Einklang mit den 2014 beschlossenen Änderungen des Seearbeitsübereinkommens. Sie forderten die Kommission am 12. Dezember 2016 auf, einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates gemäß Artikel 155 Absatz 2 AEUV zur Durchführung ihrer Vereinbarung vorzulegen.

(6)

Die Vereinbarung der Sozialpartner spiegelt den Inhalt der verbindlichen Bestimmungen der 2014 beschlossenen Änderungen des Seearbeitsübereinkommens wider. Die erste Änderung betreffend das System der finanziellen Sicherheit im Falle des Im-Stich-Lassens von Seeleuten bezieht sich sowohl auf den Arbeitsschutz als auch die Arbeitsbedingungen und fällt somit unter Artikel 153 Absatz 1 Buchstaben a und b AEUV. Die zweite Änderung betreffend die Anforderungen an das System der finanziellen Sicherheit zur Sicherstellung einer Entschädigung bei Tod oder Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten aufgrund von Arbeitsunfällen, Krankheiten oder Gefährdungen fällt unter Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe c AEUV über die soziale Sicherheit und den Sozialschutz von Arbeitnehmern. Die Vereinbarung der Sozialpartner bezieht sich daher auf Angelegenheiten, die in den Geltungsbereich von Artikel 153 AEUV fallen, und kann nach Artikel 155 Absatz 2 AEUV durch einen Beschluss des Rates auf Vorschlag der Kommission durchgeführt werden. Für die Zwecke des Artikels 288 AEUV ist eine Richtlinie das angemessene Instrument für die Durchführung der Vereinbarung der Sozialpartner.

(7)

In Übereinstimmung mit der Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 1998 über die Anpassung und Förderung des sozialen Dialogs auf Gemeinschaftsebene hat die Kommission die Repräsentativität der Vertragsparteien und die Rechtmäßigkeit der Klauseln der Vereinbarung der Sozialpartner geprüft.

(8)

Durch die Vereinbarung der Sozialpartner wird die zwischen ECSA und ETF am 19. Mai 2008 im Hinblick auf das Seearbeitsübereinkommen geschlossene Vereinbarung, die im Anhang der Richtlinie 2009/13/EG enthalten ist, geändert und werden die 2014 beschlossenen Änderungen des Seearbeitsübereinkommens in die Richtlinie übernommen, um die Arbeitsbedingungen, die Gesundheit und Sicherheit sowie den Sozialschutz der Seeleute an Bord von Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats zu verbessern.

(9)

Mit der Änderung der Richtlinie 2009/13/EG infolge der Vereinbarung der Sozialpartner fallen die verbindlichen Bestimmungen der 2014 beschlossenen Änderungen des Seearbeitsübereinkommens, die bereits unter das Kontrollsystem des Seearbeitsübereinkommen fallen, nunmehr in den Geltungsbereich der Richtlinie 2013/54/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (3) sowie unter das unionsrechtliche Aufsichts- und Kontrollsystem, einschließlich der Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union. Dies wird wahrscheinlich zu einer strikteren Einhaltung seitens der Mitgliedstaaten und Reeder führen.

(10)

Unbeschadet der Bestimmungen der Vereinbarung der Sozialpartner zur Weiterverfolgung und Überprüfung durch die Sozialpartner auf Unionsebene wird die Kommission die Durchführung dieser Richtlinie und der Vereinbarung der Sozialpartner beobachten.

(11)

Die Mitgliedstaaten können den Sozialpartnern die Durchführung dieser Richtlinie übertragen, sofern Letztere dies gemeinsam beantragen und sofern die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die mit dieser Richtlinie angestrebten Ergebnisse erzielt werden.

(12)

Gemäß Artikel 155 Absatz 2 AEUV hat die Kommission das Europäische Parlament unterrichtet, indem sie ihm den Wortlaut ihres Vorschlags für diese Richtlinie übermittelt hat.

(13)

Diese Richtlinie achtet die Grundrechte und wahrt die Grundsätze, wie sie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt werden, insbesondere in Artikel 31 der Charta.

(14)

Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Gesundheit und der Sicherheit sowie des Sozialschutzes der Arbeitnehmer im Seeverkehr, einem grenzüberschreitenden Sektor unter der Flagge verschiedener Mitgliedstaaten, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(15)

Die Richtlinie 2009/13/EG sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Mit dieser Richtlinie wird die Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) vom 5. Dezember 2016 zur Änderung der Richtlinie 2009/13/EG im Einklang mit den 2014 beschlossenen Änderungen des Seearbeitsübereinkommens durchgeführt.

Artikel 2

Infolge der Vereinbarung der Sozialpartner wird die Vereinbarung zwischen dem ECSA und der ETF über das Seearbeitsübereinkommen 2006 im Anhang der Richtlinie 2009/13/EG gemäß dem Anhang der vorliegenden Richtlinie geändert.

Artikel 3

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 16. Februar 2020 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

(3)   Die Mitgliedstaaten können den Sozialpartnern die Durchführung dieser Richtlinie übertragen, sofern die Sozialpartner dies gemeinsam beantragen und sofern die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die mit dieser Richtlinie angestrebten Ergebnisse erzielt werden.

Artikel 4

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 5

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 23. Januar 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

V. GORANOV


(1)  Richtlinie 2009/13/EG des Rates vom 16. Februar 2009 zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) über das Seearbeitsübereinkommen 2006 und zur Änderung der Richtlinie 1999/63/EG (ABl. L 124 vom 20.5.2009, S. 30).

(2)  Beschluss 2014/346/EU des Rates vom 26. Mai 2014 über den Standpunkt, der im Namen der Europäischen Union auf der 103. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz zu den Änderungen des Codes des Seearbeitsübereinkommens zu vertreten ist (ABl. L 172 vom 12.6.2014, S. 28).

(3)  Richtlinie 2013/54/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 über bestimmte Verantwortlichkeiten der Flaggenstaaten für die Einhaltung und Durchsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 (ABl. L 329 vom 10.12.2013, S. 1).


ANHANG

Im Anhang der Richtlinie 2009/13/EG wird die Vereinbarung zwischen dem ECSA und der ETF über das Seearbeitsübereinkommen 2006 wie folgt geändert:

1.

In der Überschrift „Norm A2.5 — Heimschaffung“ ist „A2.5“ durch „A2.5.1“ zu ersetzen.

2.

Die folgende Norm wird eingefügt:

„Norm A2.5.2 — Finanzielle Sicherheit

1.

Zur Umsetzung der Regel 2.5 Absatz 2 legt diese Norm Anforderungen zur Gewährleistung eines schnellen und wirksamen Systems der finanziellen Sicherheit fest, um Seeleute im Falle ihres Im-Stich-Lassens zu unterstützen.

2.

Für die Zwecke dieser Norm gelten Seeleute als im Stich gelassen, wenn der Reeder in Verletzung der Anforderungen dieser Vereinbarung oder der Bedingungen des Beschäftigungsvertrags für Seeleute

a)

die Kosten für die Heimschaffung der Seeleute nicht übernimmt; oder

b)

den Seeleuten nicht den notwendigen Unterhalt und die notwendige Unterstützung gewährt; oder

c)

auf andere Weise einseitig die Verbindung zu den Seeleuten beendet hat; darunter fällt auch die Nichtzahlung vertraglich vereinbarter Heuern für einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten.

3.

Jeder Mitgliedstaat hat sicherzustellen, dass für Schiffe unter seiner Flagge ein System der finanziellen Sicherheit existiert, das den Anforderungen dieser Norm genügt. Das System der finanziellen Sicherheit kann ein System der sozialen Sicherheit, eine Versicherung oder ein nationaler Fonds oder ein anderes ähnliches Instrument sein. Seine Form ist vom Mitgliedstaat nach Beratung mit den betreffenden Verbänden der Reeder und der Seeleute festzulegen.

4.

Das System der finanziellen Sicherheit hat im Einklang mit dieser Norm allen im Stich gelassenen Seeleuten auf einem Schiff unter der Flagge des Mitgliedstaats direkten Zugang, ausreichenden Schutz und rasche finanzielle Hilfe zu gewähren.

5.

Für die Zwecke von Absatz 2 Buchstabe b dieser Norm haben der notwendige Unterhalt und die notwendige Unterstützung der Seeleute Folgendes zu umfassen: angemessene Ernährung, Unterkunft, Trinkwasservorräte, für das Überleben an Bord des Schiffes ausreichender Treibstoff und notwendige medizinische Betreuung.

6.

Jeder Mitgliedstaat hat vorzuschreiben, dass Schiffe unter seiner Flagge, die nach innerstaatlichem Recht verpflichtet sind, ein Seearbeitszeugnis mit sich zu führen oder dies auf Verlangen des Reeders tun, ein Zertifikat oder einen anderen Nachweis der finanziellen Sicherheit, ausgestellt vom Anbieter der finanziellen Sicherheit, an Bord mit sich führen. Eine Kopie ist an einer deutlich sichtbaren Stelle an Bord auszuhängen, wo sie den Seeleuten zugänglich ist. Gibt es mehrere Anbieter finanzieller Sicherheiten, ist das Dokument eines jeden Anbieters an Bord mitzuführen.

7.

Das Zertifikat oder ein anderer schriftlicher Nachweis der finanziellen Sicherheit muss in Englisch abgefasst oder von einer englischen Übersetzung begleitet sein und hat folgende Angaben zu enthalten:

a)

Name des Schiffes;

b)

Heimathafen des Schiffes;

c)

Rufzeichen des Schiffes;

d)

IMO-Nummer des Schiffes;

e)

Name und Anschrift des Anbieters bzw. der Anbieter der finanziellen Sicherheit;

f)

Kontaktinformationen der Personen oder der Stelle, die für die Behandlung der Hilfeersuchen der Seeleute zuständig sind;

g)

Name des Reeders;

h)

Gültigkeitsdauer der finanziellen Sicherheit; und

i)

eine Bescheinigung des Anbieters der finanziellen Sicherheit, der zufolge die finanzielle Sicherheit den Anforderungen der Norm A2.5.2 genügt.

8.

Die vom System der finanziellen Sicherheit bereitgestellte Unterstützung muss auf Ersuchen der Seeleute oder ihrer benannten Vertreter auf Grundlage der notwendigen Anspruchsberechtigung gemäß dem Absatz 2 dieser Norm unverzüglich gewährt werden.

9.

Unter Hinweis auf die Regel 2.5 hat die vom System der finanziellen Sicherheit bereitgestellte Unterstützung ausreichend zu sein, um Folgendes zu decken:

a)

ungezahlte Heuern und andere den Seeleuten vom Reeder gemäß ihrem Beschäftigungsvertrag, dem einschlägigen Gesamtarbeitsvertrag oder den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Flaggenstaates zu gewährende Leistungen, beschränkt auf vier Monate solcher nicht gezahlter Heuern und vier Monate solcher nicht gewährter Leistungen;

b)

alle den Seeleuten entstandenen vertretbaren Aufwendungen, einschließlich der in Absatz 10 dieser Norm genannten Kosten der Heimschaffung; und

c)

die grundlegenden Bedürfnisse der Seeleute, wie z. B.: angemessene Verpflegung, Bekleidung sofern erforderlich, Unterkunft, Trinkwasserversorgung, für das Überleben an Bord des Schiffes ausreichender Treibstoff, notwendige medizinische Betreuung und andere vertretbare Kosten oder Aufwendungen, und zwar ab dem Zeitpunkt der Handlung oder Unterlassung, die das Im-Stich-Lassen begründet, bis zum Eintreffen der Seeleute an ihrem Wohnort.

10.

Die Heimschaffungskosten umfassen die Kosten für die Reise mit geeigneten und zügigen Transportmitteln, in der Regel auf dem Luftweg, und sie beinhalten die Verpflegung und Unterkunft der Seeleute in der Zeit vom Verlassen des Schiffs bis zur Ankunft an ihrem Heimatort, notwendige medizinische Betreuung, die Überführung und Beförderung der persönlichen Habe sowie alle anderen vertretbaren Kosten oder Aufwendungen, die sich aus dem Im-Stich-Lassen ergeben.

11.

Die finanzielle Sicherheit darf nicht vor dem Ablauf ihrer Gültigkeitsdauer enden, es sei denn, der Anbieter der finanziellen Sicherheit hat dies der zuständigen Stelle des Flaggenstaates mindestens 30 Tage vorher mitgeteilt.

12.

Hat der Anbieter der Versicherung oder einer anderen finanziellen Sicherheit Seeleuten gemäß dieser Norm eine Zahlung geleistet, so erwirbt dieser Anbieter bis zur Höhe des gezahlten Betrags im Einklang mit dem geltenden Recht im Wege der Abtretung, dem Forderungsübergang oder auf andere Weise die Rechte, auf die die Seeleute Anspruch gehabt hätten.

13.

Durch diese Norm wird in keiner Weise das Regressrecht des Versicherers oder des Anbieters der finanziellen Sicherheit gegenüber dritten Parteien eingeschränkt.

14.

Die Bestimmungen dieser Norm zielen nicht auf Ausschließlichkeit ab; andere Rechte, Ansprüche oder Rechtsmittel, die ebenfalls zur Entschädigung im Stich gelassener Seeleute dienen, bleiben unberührt. Innerstaatliche Rechtsvorschriften können vorsehen, dass die nach dieser Norm zu zahlenden Beträge mit Beträgen verrechnet werden können, die aus anderen Quellen stammen und auf Rechten, Ansprüchen oder Rechtsmitteln beruhen, die Gegenstand von Entschädigungen im Sinne der vorliegenden Norm sein können.“

3.

„Norm A4.2 — Verpflichtungen der Reeder“ wird wie folgt geändert:

a)

In der Überschrift wird „A4.2“ durch „A4.2.1“ ersetzt;

b)

Die folgenden Absätze werden angefügt:

„8.

Die innerstaatlichen Rechtvorschriften haben vorzuschreiben, dass das System der finanziellen Sicherheit zur Sicherstellung einer Entschädigung gemäß Absatz 1 Buchstabe b dieser Norm in Bezug auf vertragliche Forderungen, wie sie in der Norm A4.2.2 definiert werden, die folgenden Mindestanforderungen erfüllt:

a)

die vertragliche Entschädigung ist, sofern sie im Beschäftigungsvertrag der Seeleute festgelegt ist und unbeschadet von Buchstabe c dieses Absatzes, vollständig und unverzüglich zu zahlen;

b)

es darf kein Druck ausgeübt werden, eine Zahlung unterhalb des vertraglich vereinbarten Betrags zu akzeptieren;

c)

wo es aufgrund der Art der Erwerbsunfähigkeit der Seeleute schwierig ist, die vollständige Entschädigung festzulegen, auf die die Seeleute Anspruch haben können, haben Seeleute eine Interimszahlung oder -zahlungen zu erhalten, um unbillige Härten zu vermeiden;

d)

im Einklang mit der Regel 4.2 Absatz 2 erhalten Seeleute Zahlungen unbeschadet anderer rechtlicher Ansprüche, diese Zahlungen können vom Reeder jedoch mit Entschädigungen für andere Forderungen der Seeleute gegenüber dem Reeder, die auf demselben Vorfall beruhen, verrechnet werden; und

e)

die Forderung nach vertraglicher Entschädigung kann unmittelbar von den betroffenen Seeleuten, von ihren nächsten Angehörigen, einem Vertreter der Seeleute oder von einem benannten Begünstigten geltend gemacht werden.

9.

Innerstaatliche Rechtsvorschriften haben zu gewährleisten, dass Seeleute im Voraus informiert werden, wenn die finanzielle Sicherheit eines Reeders annulliert oder gekündigt werden soll.

10.

Innerstaatliche Rechtsvorschriften haben zu gewährleisten, dass die zuständige Stelle des Flaggenstaates vom Anbieter der finanziellen Sicherheit unterrichtet wird, wenn die finanzielle Sicherheit eines Reeders annulliert oder gekündigt wird.

11.

Jeder Mitgliedstaat hat vorzuschreiben, dass Schiffe unter seiner Flagge ein Zertifikat oder einen anderen Nachweis der finanziellen Sicherheit an Bord mitführen, ausgestellt vom Anbieter der finanziellen Sicherheit. Eine Kopie muss an einer deutlich sichtbaren Stelle an Bord ausgehängt werden, wo sie den Seeleuten zugänglich ist. Gibt es mehrere Anbieter finanzieller Sicherheiten, ist das Dokument eines jeden Anbieters an Bord mitzuführen.

12.

Die finanzielle Sicherheit darf nicht vor dem Ablauf ihrer Gültigkeitsdauer erlöschen, es sei denn, der Anbieter der finanziellen Sicherheit hat die zuständige Stelle des Flaggenstaates mindestens 30 Tage zuvor davon in Kenntnis gesetzt.

13.

Die finanzielle Sicherheit hat die Zahlung aller von ihr abgedeckten vertraglichen Ansprüche zu gewährleisten, die während der Gültigkeit des Dokuments entstehen.

14.

Das Zertifikat oder ein anderer schriftlicher Nachweis der finanziellen Sicherheit muss in Englisch abgefasst oder von einer englischen Übersetzung begleitet sein und hat folgende Angaben zu enthalten:

a)

Name des Schiffes;

b)

Heimathafen des Schiffes;

c)

Rufzeichen des Schiffes;

d)

IMO-Nummer des Schiffes;

e)

Name und Anschrift des Anbieters bzw. der Anbieter der finanziellen Sicherheit;

f)

Kontaktinformationen der Personen oder der Stelle, die für die Behandlung der vertraglichen Forderungen der Seeleute zuständig sind;

g)

Name des Reeders;

h)

Gültigkeitsdauer der finanziellen Sicherheit; und

i)

eine Bescheinigung des Anbieters der finanziellen Sicherheit, der zufolge die finanzielle Sicherheit den Anforderungen der Norm A4.2.1 genügt.“

4.

Die folgende Norm wird eingefügt:

„Norm A4.2.2 — Behandlung vertraglicher Forderungen

1.

Für die Zwecke der Norm A4.2.1 Absatz 8 und der vorliegenden Norm bezeichnet der Ausdruck 'vertragliche Forderung' jede Forderung im Zusammenhang mit dem Tod oder der Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer berufsbedingten Erkrankung oder Gefahr, gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften, dem Beschäftigungsvertrag der Seeleute oder dem Gesamtarbeitsvertrag.

2.

Das System der finanziellen Sicherheit gemäß der Norm A4.2.1 Absatz 1 Buchstabe b kann ein System der sozialen Sicherheit, eine Versicherung, ein Fonds oder ein anderes ähnliches Instrument sein. Seine Form ist von dem Mitgliedstaat nach Beratung mit den betreffenden Verbänden der Reeder und der Seeleute festzulegen.

3.

Innerstaatliche Rechtsvorschriften haben sicherzustellen, dass wirksame Mechanismen vorhanden sind, um vertragliche Ansprüche, die Entschädigungen gemäß der Norm A4.2.1 Absatz 8 betreffen, im Rahmen zügiger und fairer Verfahren entgegenzunehmen, zu behandeln und unparteiisch zu regeln.“


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