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Document 32015D2290

Delegierter Beschluss (EU) 2015/2290 der Kommission vom 12. Juni 2015 über die vorläufige Gleichwertigkeit der geltenden Solvabilitätssysteme in Australien, Bermuda, Brasilien, Kanada, Mexiko und den Vereinigten Staaten, die auf Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen mit Sitz in diesen Ländern anwendbar sind

OJ L 323, 9.12.2015, p. 22–26 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force: This act has been changed. Current consolidated version: 01/01/2016

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_del/2015/2290/oj

9.12.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 323/22


DELEGIERTER BESCHLUSS (EU) 2015/2290 DER KOMMISSION

vom 12. Juni 2015

über die vorläufige Gleichwertigkeit der geltenden Solvabilitätssysteme in Australien, Bermuda, Brasilien, Kanada, Mexiko und den Vereinigten Staaten, die auf Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen mit Sitz in diesen Ländern anwendbar sind

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (1), insbesondere Artikel 227 Absatz 5,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Richtlinie 2009/138/EG wird ein risikobasiertes Aufsichtssystem für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen in der EU eingeführt. Die Richtlinie 2009/138/EG wird ab dem 1. Januar 2016 für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen in der Union uneingeschränkt gelten. Wenngleich die Richtlinie 2009/138/EG erst ab dem 1. Januar 2016 uneingeschränkt anwendbar ist, kann die Kommission gemäß Artikel 311 derselben Richtlinie den vorliegenden delegierten Beschlusses schon jetzt erlassen.

(2)

Artikel 227 der Richtlinie 2009/138/EG bezieht sich auf die Gleichwertigkeit bei Drittlandsversicherungsunternehmen, die Teil einer Gruppe mit Sitz in der Union sind. Eine positive Gleichwertigkeitsfeststellung gemäß Artikel 227 der Richtlinie 2009/138/EG im Wege eines delegierten Rechtsakts der Kommission ermöglicht einer solchen Gruppe, wenn die Abzugs- und Aggregationsmethode als Konsolidierungsmethode für die Berichterstattung der Gruppe angewandt wird, die Kapitalanforderungen und das verfügbare Kapital (Eigenmittel) für die Zwecke der Berechnung der Solvenzkapitalanforderung der Gruppe und der anrechnungsfähigen Eigenmittel anstatt gemäß der Richtlinie 2009/138/EG nach den Regeln des Drittlands zu berechnen.

(3)

Artikel 227 Absatz 5 der Richtlinie 2009/138/EG sieht vor, dass die Solvabilitätssysteme von Drittländern, die bestimmte Kriterien erfüllen, für einen begrenzten Zeitraum als vorläufig gleichwertig erklärt werden können. Eine Feststellung der vorläufigen Gleichwertigkeit gilt für einen Zeitraum von zehn Jahren und kann verlängert werden.

(4)

Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung hat die Kommission gemäß Artikel 33 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) bei der Bewertung der Drittländer nach Artikel 227 Absatz 5 der Richtlinie 2009/138/EG beratend unterstützt (3). Im Falle der Vereinigten Staaten war der 2012 aufgenommene Versicherungsdialog, der auf ein besseres gegenseitiges Verständnis der jeweiligen Regulierungs- und Aufsichtssysteme im Versicherungssektor abzielt, ein wichtiger Rahmen für den gegenseitigen Informationsaustausch, der zur Schlussfolgerung des vorliegenden Beschlusses geführt hat.

(5)

In Australien sind Versicherungsunternehmen gemäß den „Life and General Insurance Capital Standards“ (LAGIC) („General Insurance Prudential Standard (GPS) 110: Capital Adequacy“, „Life Insurance Prudential Standards (LPS) 110: Capital Adequacy“) verpflichtet, die Kapitalanforderungen für das Versicherungsrisiko, das Versicherungskonzentrationsrisiko, das mit Vermögenswerten verbundene Risiko, das mit der Vermögenswertkonzentration verbundene Risiko, das operationelle Risiko und den so genannten Aggregationsvorteil („aggregation benefit“) zu berechnen. Dabei wird ein Gesamtbilanzansatz verwendet. Es gilt eine Mindestkapitalanforderung („Prudential Capital Requirement“, PCR); zudem sind Versicherungsunternehmen verpflichtet, ein Verfahren zur Beurteilung der Angemessenheit des internen Kapitals („Internal Capital Adequacy Assessment Process“, ICAAP) zu schaffen, in dem die Maßnahmen zur Korrektur eines Kapitalrückgangs unter Berücksichtigung von Schwellenwerten über der PCR festgelegt sind. Nichtlebensversicherer sind vorbehaltlich der Genehmigung durch die australische Aufsichtsbehörde (APRA) befugt, interne Modelle anzuwenden. Die Normen GPS 220 und LP 220 (Risikomanagement) verpflichten zur Schaffung eines Rahmens für das Risikomanagement, der zumindest eine Risikomanagementstrategie im Hinblick auf die Grundsätze, Verfahren, Managementaufgaben und internen Kontrollmechanismen im Bereich Risikomanagement zu beinhalten hat. Versicherungsunternehmen müssen der APRA im Hinblick auf ihre Solvabilität, Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, angemessene Eigenkapitalausstattung, Investitionen, Vermögenswerte und Vermögenswertkonzentrationen Bericht erstatten und Daten über Prämien und Forderungen, Verbindlichkeiten aus Policen und außerbilanzielle Risikopositionen übermitteln. Nach dem „Corporations Act“ von 2001 sind Unternehmen verpflichtet, Jahresabschlüsse zu erstellen und bei der australischen Börsenaufsicht („Australian Securities and Investments Commission“) einzureichen. Für Lebensversicherer, Nichtlebensversicherer und Versicherungsgruppen bestehen zusätzliche Offenlegungspflichten in Bezug auf das Kapitalmanagement und die angemessene Eigenkapitalausstattung. Die APRA kann Informationen mit anderen Aufsichtsbehörden austauschen; sie ist Mitunterzeichner der multilateralen Grundsatzvereinbarung über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch der internationalen Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden (IAIS) und hat Grundsatzvereinbarungen mit ausländischen Aufsichtsbehörden geschlossen (einschließlich einer Reihe von Aufsichtsbehörden in der Union). Die APRA ist eigenverantwortlich für die Regulierung und Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen zuständig; nur die APRA kann einem Unternehmen die Ausübung einer Versicherungstätigkeit in Australien genehmigen. Die APRA ist befugt, aufsichtsrechtliche Normen mit Rechtskraft herauszugeben. Derzeitigen und ehemaligen APRA-Bediensteten ist es bei Strafe verboten, vertrauliche Informationen, die sie im Verlauf ihrer Tätigkeit oder aufgrund ihrer Funktion erhalten haben, offenzulegen. Die Weitergabe von Informationen an ein Gericht unterliegt strengen Auflagen.

(6)

Das Versicherungsgesetz von Bermuda enthält zwei Kapitalanforderungen für Versicherungsunternehmen, die keine firmeneigenen Versicherungsunternehmen sind (4): die Mindestsolvabilitätsspanne („Minimum Solvency Margin“, MSM) und die erhöhte Kapitalanforderung („Enhanced Capital Requirement“, ECR), die sowohl für gewerbliche Lebens- als auch Nichtlebensversicherer gelten. Die erhöhte Kapitalanforderung wird auf der Grundlage der einschlägigen Basissolvenzkapitalanforderung (BSCR) nach einer Standardformel oder nach dem genehmigten internen Modell des Versicherers zur Berechnung des ökonomischen Kapitals bestimmt, sofern die erhöhte Kapitalanforderung mindestens so hoch ist wie die Mindestsolvabilitätsspanne des Versicherers. Die Basissolvenzkapitalanforderung deckt die folgenden Risiken ab: Kreditrisiko, Spread-Risiko, Marktrisiko, Prämienrisiko, Reserverisiko, Zinsrisiko, Katastrophenrisiko und operationelles Risiko. Ein Zielkapitalniveau von 120 % der erhöhten Kapitalanforderung dient als Solvabilitätsschwellenwert, dessen Unterschreitung ein erstes Warnsignal darstellt. Die Bestimmungen über das anrechenbare Kapital unterscheiden sich je nach Kategorie der Versicherer. Das Versicherungsgesetz enthält auch Bestimmungen über die Berichterstattungspflichten der Unternehmen in Bezug auf ihre Solvabilität. Die „Bermuda Monetary Authority“ (BMA) ist die unabhängige Regulierungs- und Aufsichtsbehörde. Die Mehrheit der Versicherungsunternehmen von Bermuda ist verpflichtet, Zwischenabschlüsse nach den Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) vorzulegen; ansonsten können die Versicherer alle allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätze, die von der BMA akzeptiert werden, anwenden. Versicherer sind zur Veröffentlichung ihrer Abschlüsse, die quantitative und qualitative Angaben enthalten, verpflichtet. Die BMA kann Vereinbarungen mit ausländischen Aufsichtsbehörden treffen und Informationen austauschen; sie ist Mitunterzeichner der Grundsatzvereinbarung der IAIS. Die BMA ist an die Geheimhaltungsvorschriften gebunden, wonach die Bediensteten der BMA jegliche vertrauliche Informationen, die sie über die Geschäftstätigkeiten oder Angelegenheiten von beaufsichtigten Finanzinstituten oder über Personen, die mit diesen zu tun haben, erhalten, vertraulich zu behandeln haben.

(7)

In Brasilien legt das Gesetzesdekret Nr. 73/1966 fest, dass Versicherer, um all ihre Verpflichtungen zu garantieren, versicherungstechnische Rückstellungen, Sondervermögen und Rückstellungen im Einklang mit den Kriterien des nationalen Rates für Privatversicherungen (CNSP) schaffen. Gemäß der Entschließung CNSP 316 entspricht das vorgeschriebene Mindestkapital (CMR) entweder dem Grundkapital oder dem Risikokapital, je nachdem, welches höher ist. Das Grundkapital ist ein fester Betrag, der von der Unternehmensform und den Regionen, in denen das Unternehmen zur Ausübung seiner Tätigkeit befugt ist, sowie vom Risikokapital abhängt, das die Summe der Kapitalanforderungen für das versicherungstechnische Risiko, das Kreditrisiko, das operationelle Risiko und das Marktrisiko darstellt. Die meisten Versicherer halten mehr Risikokapital als Grundkapital, weshalb das CMR üblicherweise dem Risikokapital entspricht. In der Entschließung CNSP 3162/2014 sind die Regeln für die Anwendung eines internen Modells als Alternative zu einer Standardformel zur Berechnung des CMR festgelegt. Es gelten Mindestanforderungen an die Unternehmensführung. Versicherer müssen über interne Kontrollmechanismen in Bezug auf ihre Tätigkeiten, Informationssysteme und die Einhaltung der rechtlichen Anforderungen verfügen. Die „Superintendência de Seguros Privados“ (SUSEP) ist für die Beaufsichtigung der brasilianischen Versicherungswirtschaft zuständig. Die SUSEP ist dem Finanzministerium unterstellt und sorgt als Exekutivorgan für die Umsetzung der vom CNSP festgelegten Bestimmungen. Ihr Verwaltungsrat ist eigenständig befugt, die allgemeinen Grundsätze der SUSEP für die Regulierung und Einhaltung der Entschließungen des CNSP innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs festzulegen. Versicherungsunternehmen sind verpflichtet, der SUSEP monatlich über ihr Kapital sowie ihre Vermögenswerte, Verbindlichkeiten, Einnahmen und Ausgaben und vierteljährlich über Einzelheiten ihrer Geschäftstätigkeiten, ihre Bilanz und ihre Gewinn- und Verlustrechnung zu berichten; Versicherungsunternehmen müssen ihre Abschlüsse, die quantitative und qualitative Angaben enthalten, veröffentlichen. Die SUSEP kann Vereinbarungen mit ausländischen Aufsichtsbehörden treffen und Informationen austauschen; sie ist Mitunterzeichner der Grundsatzvereinbarung der IAIS. Informationen dürfen nur für Aufsichtszwecke im Rahmen der Aufsichtsaufgaben der SUSEP verwendet werden. Informationen, die von einer anderen Behörde übermittelt werden, werden nur für die Zwecke des jeweiligen Antrags verwendet. Die Bediensteten und ehemaligen Bediensteten der SUSEP sind gesetzlich zur Geheimhaltung verpflichtet.

(8)

In Kanada verpflichtet der „Insurance Companies Act“ Versicherungsunternehmen, ein angemessenes Eigenkapital zu halten. Die genauen Standards sind in den vom „Office of the Superintendent of Financial Institutions“ (OSFI) veröffentlichten Leitlinien festgelegt. Die für Versicherungsunternehmen geltenden Kapitalanforderungen sind die „Minimum Continuing Capital and Surplus Requirement“ (MCCSR-Leitlinie) für Lebensversicherer und der „Minimum Capital Test“ (MCT-Leitlinie) für Nichtlebensversicherer. Sowohl in der MCCSR als auch im MCT werden Risiken im Zusammenhang mit Vermögenswerten und Verbindlichkeiten in und außerhalb der Bilanz berücksichtigt. Nichtlebensversicherer sind verpflichtet, Eigenkapital in Höhe von mehr als 100 % des MCT zu halten; Lebensversicherer sind verpflichtet, über Eigenkapital von mehr als 120 % der MCCSR zu verfügen. Unter diesen Grenzwerten ist Versicherungsunternehmen die Tätigkeit untersagt. Zusätzlich zu diesen Anforderungen kommt ein aufsichtliches Zielkapitalniveau („Supervisory Target Capital Level“) von 150 % des MCT für Nichtlebensversicherer bzw. 150 % der MCCSR für Lebensversicherer zur Anwendung. Die Kapitalanforderungen werden nach einer Standardformel berechnet; die Anwendung interner Modelle ist nur in sehr wenigen Fällen zulässig. Versicherer müssen zudem eine interne Zielkapitalquote auf der Grundlage einer unternehmenseigenen Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung („Own Risk and Solvency Assessment“, ORSA) festlegen und dabei nicht vorgeschriebene Stresstests durchführen, die den Besonderheiten des Versicherungsunternehmens Rechnung tragen. Das „Office of the Superintendent of Financial Institutions“ (OSFI), die kanadische Versicherungsaufsichtsbehörde, ist eine unabhängige, sich selbst finanzierende Bundesagentur. Jedes beaufsichtigte Versicherungsunternehmen ist verpflichtet, dem OSFI geprüfte Jahresabschlüsse und ergänzende Informationen, mit einem Bestätigungsvermerk, einem Bericht des verantwortlichen Versicherungsmathematikers, einem Bericht über die dynamische Prüfung der Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse der verschiedenen Stresstests sowie vierteljährliche Meldungen zur Kapitalausstattung zu übermitteln. Die Versicherungsunternehmen haben darüber hinaus eine jährliche unternehmenseigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung, bei der die interne Zielkapitalquote festgelegt wird, durchzuführen und auf Anfrage weiterzugeben. Das OSFI kann Vereinbarungen mit ausländischen Aufsichtsbehörden treffen und Informationen austauschen; es ist der Grundsatzvereinbarung der IAIS im Juli 2012 beigetreten. Das OSFI ist an die Geheimhaltungsvorschriften gebunden, wonach die Bediensteten des OSFI jegliche vertrauliche Informationen, die sie über die Geschäftstätigkeiten oder Angelegenheiten von beaufsichtigten Finanzinstituten oder über Personen, die mit diesen zu tun haben, erhalten, vertraulich zu behandeln haben.

(9)

In Mexiko trat das für Versicherungen maßgebliche Gesetz über den überarbeiteten aufsichtsrechtlichen Rahmen, das „Ley de Instituciones de Seguros y de Fianzas“ (LISF), am 4. April 2015 in Kraft. Im Rahmen des LISF kommt die Solvenzkapitalanforderung (SCR) zur Anwendung, die versicherungstechnische Risiken sowie finanzielle Risiken und Gegenparteirisiken abdeckt. Stresstests finden zumindest einmal jährlich statt (dynamische Solvabilitätsprüfung). Das mexikanische System erlaubt die Anwendung einer Standardformel oder eines internen Modells zur Berechnung der SCR. Die „Comisión Nacional de Seguros y Fianzas“ (CNSF) ist für die Beaufsichtigung der Lebens- und Nichtlebensversicherer in Mexiko zuständig; sie ist eigenständig befugt, Zulassungen von Versicherungsunternehmen zu erteilen und zu entziehen, und führt mindestens einmal jährlich Stresstests durch. Versicherungsunternehmen müssen zumindest vierteljährlich Daten über ihre Organisation, Geschäftstätigkeiten, Buchführung und Investitionen sowie ihr Kapital an die CNSF übermitteln; ferner sind sie verpflichtet, ihre Ziele, Grundsätze und Verfahren im Bereich des Selbstbehalts, der Übertragung und der Minderung von Risiken offenzulegen und quantitative und qualitative Informationen über ihre Geschäftstätigkeiten, ihre versicherungstechnische und finanzielle Situation und ihre Risiken zu veröffentlichen. Die CNSF kann mit ausländischen Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten und Informationen austauschen, sofern eine Vereinbarung über den Informationsaustausch besteht; eine Reihe solcher Vereinbarungen wurden geschlossen, und die CNSF beantragte im Jahr 2010 den Beitritt zur Grundsatzvereinbarung der IAIS. Besteht zwischen der CNSF und einer ausländischen Aufsichtsbehörde eine Vereinbarung über den Informationsaustausch, so muss die CNSF vor der Offenlegung von Informationen die vorherige Zustimmung der Aufsichtsbehörde, von der die Informationen stammen, einholen. Die derzeitigen und ehemaligen Bediensteten der CNSF dürfen keinerlei vertrauliche Informationen offenlegen; die nationalen Rechtsvorschriften sehen entsprechende Geheimhaltungspflichten vor und jeglicher Verstoß gegen das Berufsgeheimnis wird bestraft.

(10)

In den Vereinigten Staaten ist die Regulierung und Beaufsichtigung des Versicherungs- und Rückversicherungsgewerbes im Wesentlichen auf bundesstaatlicher Ebene geregelt. Versicherungsunternehmen müssen im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften jedes Staates, in dem sie Verträge abschließen, handeln, und die Versicherungsaufsicht ist Sache unabhängiger bundesstaatlicher Aufsichtsbehörden, die den „Insurance Commissioners“ unterstehen. Die staatlichen Anforderungen an die angemessene Eigenkapitalausstattung basieren auf dem „Risk-Based Capital (RBC) Model Law“ der „National Association of Insurance Commissioners“ (NAIC), das von allen Bundesstaaten angenommen wurde. Die RBC-Standardformel umfasst die wesentlichsten Risiken für jede der gängigen Versicherungsformen (Lebens-, Schaden- und Unfall- sowie Krankenversicherung), wobei die Anwendung interner Modelle für bestimmte Produkte und Risikomodule erlaubt ist. Das RBC wird durch die Anwendung von Faktoren auf diverse Vermögenswerte, Prämien-, Forderungs-, Ausgaben- und Rückstellungspositionen berechnet. Bei den quantitativen Kapitalanforderungen sind vier Stufen definiert, die jeweils unterschiedliche Aufsichtsmaßnahmen nach sich ziehen: „Company Action Level“ (Maßnahmen auf Unternehmensebene), „Regulatory Action Level“ (Maßnahmen auf Aufsichtsebene), „Authorized Control Level“ (mögliche Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde), „Mandatory Control Level“ (verpflichtende Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde). Im System der Vereinigten Staaten ist eine unternehmenseigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung vorgesehen, die mit der Beurteilung gemäß der Richtlinie „Solvabilität II“ vergleichbar ist. Hinsichtlich Berichterstattung und Transparenz gibt es standardisierte Berichterstattungspflichten, die insbesondere Folgendes umfassen: Geschäftstätigkeit und Leistung, Risikoprofil, zugrunde liegende Bewertungsmethoden und Annahmen, Kapitalanforderungen und Management. Die Abschlüsse werden gemeinsam mit einem versicherungsmathematischem Gutachten und einer Erklärung des Abschlussprüfers veröffentlicht. Die „Insurance Commissioners“ der Bundesstaaten können vertrauliche Informationen mit ausländischen Aufsichtsbehörden austauschen, sofern der Empfänger einwilligt, die Vertraulichkeit der Informationen zu wahren. Sie können auch Vereinbarungen über den Austausch und die Verwendung vertraulicher Informationen treffen. Zwischen Aufsichtsbehörden der Union und Versicherungsaufsichtsbehörden in US-Bundesstaaten bestehen eine Reihe von Grundsatzvereinbarungen über den Informationsaustausch; einige Versicherungsaufsichtsbehörden sind Mitunterzeichner der Grundsatzvereinbarung der IAIS und weitere haben kürzlich den Beitritt beantragt. Die Vertraulichkeitsverpflichtungen, die auf der Grundlage von Mustergesetzen der NAIC in bundesstaatliche Rechtsvorschriften eingebunden wurden, gewährleisten, dass die von Aufsichtsbehörden gesammelten Informationen vertraulich sind und die Vertraulichkeit von Informationen ausländischer Aufsichtsbehörden gewahrt wird. Die Bediensteten der Aufsichtsbehörden der Bundesstaaten sind nach den jeweiligen bundesstaatlichen Gesetzen zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verpflichtet.

(11)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertungen sollte davon ausgegangen werden, dass die in diesem Beschluss behandelten Solvabilitätssysteme von Drittländern die in Artikel 227 Absatz 5 der Richtlinie 2009/138/EG genannten Kriterien für die Anerkennung der vorläufigen Gleichwertigkeit erfüllen, mit Ausnahme der Vorschriften für firmeneigene Versicherungsunternehmen in Bermuda, die anderen Regelungen unterliegen.

(12)

Die Geltungsdauer der mit diesem Beschluss festgestellten vorläufigen Gleichwertigkeit sollte zunächst zehn Jahre betragen. Die Kommission kann jedoch jederzeit eine eingehende Überprüfung eines einzelnes Drittland oder Gebiets außerhalb der allgemeinen Überprüfung vornehmen, wenn relevante Entwicklungen erfordern, dass die Kommission die mit diesem Beschluss festgestellte Gleichwertigkeit erneut beurteilt. Die Kommission sollte daher mit technischer Unterstützung durch die EIOPA die Entwicklung der geltenden Systeme in den Drittländern, die unter diesen Beschluss fallen, und die Erfüllung der Bedingungen, auf deren Grundlage dieser Beschluss gefasst wurde, weiter beobachten.

(13)

Die Richtlinie 2009/138/EG gilt ab dem 1. Januar 2016. Die vorläufige Gleichwertigkeit sollte mit dem vorliegenden Beschluss daher ab demselben Datum anerkannt werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Solvabilitätssysteme in Australien, Bermuda (mit Ausnahme der Vorschriften für firmeneigene Versicherungsunternehmen), Brasilien, Kanada, Mexiko und den Vereinigten Staaten, die auf Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen mit Sitz in diesen Ländern anwendbar sind, werden als dem in Titel I Kapitel VI der Richtlinie 2009/138/EG beschriebenen System vorläufig gleichwertig betrachtet.

Artikel 2

Die vorläufige Gleichwertigkeit wird für einen Zeitraum von zehn Jahren ab dem 1. Januar 2016 anerkannt.

Artikel 3

Dieser Beschluss tritt am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Brüssel, den 12. Juni 2015

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 48).

(3)  EIOPA Gleichwertigkeitsanalyse von Brasilien, 10. März 2015

EIOPA Gleichwertigkeitsanalyse von Bermuda, 9. März 2015

EIOPA Gleichwertigkeitsanalyse von Kanada, 28. Januar 2015

EIOPA Gleichwertigkeitsanalyse von Australien, 16. Juli 2013

EIOPA Gleichwertigkeitsanalyse von Mexiko, 16. Juli 2013

(4)  Das Versicherungsgesetz unterscheidet zwischen verschiedenen Kategorien von Versicherern, für die unterschiedliche Regelungen gelten. Firmeneigene Versicherungsunternehmen sind eine Kategorie von Versicherern, die von der Bewertung der EIOPA nicht erfasst wurde und nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsakts ist.


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