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Document 31999R2157

Verordnung (EG) Nr. 2157/1999 der Europäischen Zentralbank vom 23. September 1999 über das Recht der Europäischen Zentralbank, Sanktionen zu verhängen (EZB/1999/4)

OJ L 264, 12.10.1999, p. 21–26 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)
Special edition in Czech: Chapter 01 Volume 003 P. 139 - 144
Special edition in Estonian: Chapter 01 Volume 003 P. 139 - 144
Special edition in Latvian: Chapter 01 Volume 003 P. 139 - 144
Special edition in Lithuanian: Chapter 01 Volume 003 P. 139 - 144
Special edition in Hungarian Chapter 01 Volume 003 P. 139 - 144
Special edition in Maltese: Chapter 01 Volume 003 P. 139 - 144
Special edition in Polish: Chapter 01 Volume 003 P. 139 - 144
Special edition in Slovak: Chapter 01 Volume 003 P. 139 - 144
Special edition in Slovene: Chapter 01 Volume 003 P. 139 - 144
Special edition in Bulgarian: Chapter 10 Volume 005 P. 5 - 10
Special edition in Romanian: Chapter 10 Volume 005 P. 5 - 10
Special edition in Croatian: Chapter 01 Volume 008 P. 3 - 8

Legal status of the document In force: This act has been changed. Current consolidated version: 26/06/2023

ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/1999/2157/oj

31999R2157

Verordnung (EG) Nr. 2157/1999 der Europäischen Zentralbank vom 23. September 1999 über das Recht der Europäischen Zentralbank, Sanktionen zu verhängen (EZB/1999/4)

Amtsblatt Nr. L 264 vom 12/10/1999 S. 0021 - 0026


VERORDNUNG (EG) Nr. 2157/1999 DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 23. September 1999

über das Recht der Europäischen Zentralbank, Sanktionen zu verhängen

(EZB/1999/4)

DER EZB-RAT -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (nachfolgend als "EG-Vertrag" bezeichnet), insbesondere auf Artikel 110 Absatz 3, die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (nachfolgend als "Satzung" bezeichnet), insbesondere auf Artikel 34.3 und Artikel 19.1, und die Verordnung (EG) Nr. 2532/98 des Rates vom 23. November 1998 über das Recht der Europäischen Zentralbank, Sanktionen zu verhängen(1) (nachfolgend als "Ratsverordnung" bezeichnet), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 2;

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Nach Artikel 34.3 in Verbindung mit Artikel 43.1 der Satzung, Nummer 8 des Protokolls Nr. 25 über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland und Nummer 2 des Protokolls Nr. 26 über einige Bestimmungen betreffend Dänemark räumt diese Verordnung den nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten keinerlei Rechte ein und erlegt ihnen keinerlei Pflichten auf.

(2) Die Ratsverordnung legt die Grenzen und Bedingungen fest, nach denen die Europäische Zentralbank (EZB) befugt ist, Unternehmen bei Nichteinhaltung der Verpflichtungen, die sich aus ihren Verordnungen und Entscheidungen ergeben, mit Geldbußen oder in regelmäßigen Abständen zu zahlenden Strafgeldern zu belegen.

(3) In Artikel 6 Absatz 2 der Ratsverordnung wird die EZB mit der Regelungsbefugnis zur Festlegung der Verfahren ausgestattet, nach denen gemäß den Bestimmungen der Ratsverordnung Sanktionen verhängt werden können.

(4) Andere Verordnungen des Rates oder der EZB können für einzelne Bereiche bestimmte Sanktionen vorsehen und sich hinsichtlich der Grundsätze und Verfahren in bezug auf die Verhängung von Sanktionen auf die vorliegende Verordnung beziehen.

(5) Bei der Durchführung des Verfahrens zur Festlegung der entsprechenden Sanktion muß die EZB gewährleisten, daß die Verteidigungsrechte Dritter gemäß den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere gemäß der bestehenden Rechtsprechung hinsichtlich der Untersuchungsbefugnisse der Europäischen Kommission im Bereich Wettbewerb, soweit wie möglich berücksichtigt werden.

(6) Dem Austausch von Informationen innerhalb des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) hinsichtlich der Feststellung eines Verstoßes gegen Verordnungen oder Entscheidungen der EZB stehen keine rechtlichen Hindernisse entgegen.

(7) Bei der Einleitung eines Übertretungsverfahrens ist der Grundsatz "ne bis in idem" zu beachten.

(8) Die Regelungen hinsichtlich der Befugnisse der EZB und der zuständigen nationalen Zentralbank im Rahmen des Übertretungsverfahrens müssen die effektive Durchführung einer sorgfältigen Untersuchung der zur Last gelegten Übertretung sowie gleichzeitig ein hohes Maß an Schutz der Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens und die Wahrung der Vertraulichkeit des Übertretungsverfahrens gewährleisten.

(9) Um die effektive Ausübung der Befugnisse der EZB und der zuständigen nationalen Zentralbank zur Durchführung des Übertretungsverfahrens zu gewährleisten, können die Behörden der Mitgliedstaaten um Unterstützung ersucht werden.

(10) Das betroffene Unternehmen hat das Recht, nach Abschluß der Untersuchungsphase, falls zutreffend, des Übertretungsverfahrens und nach Erhalt der faktischen Ergebnisse der Untersuchung sowie nach Mitteilung der Beschwerdepunkte angehört zu werden.

(11) Für die Durchführung eines Übertretungsverfahrens gelten die Grundsätze der Vertraulichkeit und der Geheimhaltung. Die Vertraulichkeit und die Geheimhaltung beeinträchtigen nicht die Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens.

(12) Eine Entscheidung über eine Übertretung kann der weiteren Überprüfung durch den EZB-Rat unterliegen. Die verfahrensrechtlichen Bedingungen, unter denen eine solche Überprüfung stattfindet, sind festzulegen.

(13) Die EZB kann entscheiden, ihre endgültigen Entscheidungen über Sanktionen oder jegliche damit zusammenhängenden Informationen zu veröffentlichen, um die Transparenz und die Effektivität ihres Rechts zur Verhängung von Sanktionen zu verbessern. Angesichts der besonderen Merkmale der Finanzmärkte ist die Veröffentlichung einer Entscheidung über die Verhängung einer Sanktion eine außergewöhnliche Maßnahme, die von der EZB nur nach angemessener Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Falls, der voraussichtlichen Auswirkungen einer solchen Entscheidung auf den Ruf des betroffenen Unternehmens und der legitimen Geschäftsinteressen dieses Unternehmens getroffen wird. Eine solche Entscheidung zur Veröffentlichung muß den Grundsatz der Nichtdiskriminierung wahren und gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherstellen. In diesem Zusammenhang ist die Anhörung der zuständigen Aufsichtsbehörden vor einer Entscheidung zur Veröffentlichung wünschenswert. Die Veröffentlichung einer Entscheidung über die Verhängung einer Sanktion legt in keinem Fall vertrauliche Informationen offen.

(14) Eine Entscheidung, die eine Zahlung auferlegt, ist gemäß Artikel 256 des EG-Vertrags zu vollstrecken. Die nationalen Zentralbanken können beauftragt werden, sämtliche diesbezüglich erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

(15) Im Interesse einer sicheren und effizienten administrativen Abwicklung erscheint es angebracht, für die Ahndung von geringfügigen Übertretungen ein vereinfachtes Übertretungsverfahren vorzusehen.

(16) Die vorliegende Verordnung findet Anwendung bei Nichteinhaltung der Mindestreservepflicht gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2531/98 des Rates vom 23. November 1998 über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht durch die Europäische Zentralbank(2) (nachfolgend als "Ratsverordnung über Mindestreserven" bezeichnet) innerhalb der in besagtem Artikel 7 Absatz 2 festgelegten Grenzen und Bedingungen. Die besonderen Merkmale der Fälle von Nichteinhaltung der Mindestreservepflicht gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Ratsverordnung I über Mindestreserven rechtfertigen die Verabschiedung eines speziellen rechtlichen Rahmens, der eine zügige Durchführung des Verfahrens für die Verhängung von Sanktionen vorsieht, während gleichzeitig die Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens nicht verletzt werden.

(17) Bei Ausübung der in Artikel 7 der Verordnung (EG). Nr. 2533/98 des Rates vom 23. November 1998 über die Erfassung statistischer Daten durch die Europäische Zentralbank(3) niedergelegten Befugnisse handelt die EZB in Übereinstimmung mit der Ratsverordnung und der vorliegenden Verordnung -

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff "zuständige nationale Zentralbank" die nationale Zentralbank des Mitgliedstaats, in dessen Zuständigkeitsbereich die zur Last gelegte Übertretung erfolgt ist. Sonstige verwendete Begriffe sind gemäß ihrer in Artikel 1 der Ratsverordnung festgelegten Definition zu verstehen.

Artikel 2

Einleitung eines Übertretungsverfahrens

(1) Gegen das gleiche Unternehmen wird aufgrund des gleichen Sachverhalts nicht mehr als ein Übertretungsverfahren eingeleitet. Keine Entscheidung des Direktoriums der EZB oder der zuständigen nationalen Zentralbank darüber, ob ein Übertretungsverfahren eingeleitet wird oder nicht, wird getroffen, solange sich diese nicht gegenseitig informiert und konsultiert haben.

(2) Vor einer Entscheidung über die Einleitung eines Übertretungsverfahrens kann die EZB und/oder die zuständige nationale Zentralbank sämtliche Informationen in bezug auf die zur Last gelegte Übertretung vom betroffenen Unternehmen verlangen.

(3) Das Direktorium der EZB oder, falls zutreffend, die zuständige nationale Zentralbank sind auf Anfrage berechtigt, sich gegenseitig bei der Durchführung des Übertretungsverfahrens zu unterstützen und zusammenzuarbeiten, insbesondere durch Übermittlung von sämtlichen Informationen, die als relevant erachtet werden.

(4) Sofern zwischen den betroffenen Parteien nichts anderes vereinbart ist, geschieht jegliche Kommunikation zwischen der EZB oder, falls zutreffend, der zuständigen nationalen Zentralbank und dem betroffenen Unternehmen in der Amtssprache der Gemeinschaft, die zugleich Amtssprache (oder eine der Amtssprachen) des Mitgliedstaats ist, in dessen Zuständigkeitsbereich die zur Last gelegte Übertretung erfolgt ist.

Artikel 3

Befugnisse der EZB und der zuständigen nationalen Zentralbank

(1) Um sämtlilche Informationen hinsichtlich der zur Last gelegten Übertretung zu erhalten, umfassen die der EZB und der zuständigen nationalen Zentralbank durch die Ratsverordnung übertragenen Befugnisse zur Durchführung der Untersuchung das Recht, nach sämtlichen Informationen zu suchen, und das Recht, ohne vorherige Unterrichtung des betroffenen Unternehmens Durchsuchungen vorzunehmen.

(2) Die Bediensteten der EZB oder, falls zutreffend, der zuständigen nationalen Zentralbank, die gemäß den entsprechenden internen Regelungen befugt sind, in den Räumlichkeiten des betroffenen Unternehmens nach Informationen zu suchen, üben ihre Befugnisse nach Vorlage einer offiziellen, gemäß den entsprechenden internen Regelungen ausgestellten schriftlichen Vollmacht aus.

(3) In sämtlichen auf der Basis der der EZB oder, falls zutreffend, der zuständigen nationalen Zentralbank übertragenen Befugnisse an das betroffene Unternehmen gerichteten Anfragen ist der Gegenstand und Zweck der Nachprüfung anzugeben.

Artikel 4

Unterstützung durch die Behörden der Mitgliedstaaten

(1) Die EZB oder, falls zutreffend, die zuständige nationale Zentralbank kann vorbeugend um die Unterstützung der Behörden der Mitgliedstaaten ersuchen.

(2) Keine Behörde eines Mitgliedstaats kann in der Beurteilung der Notwendigkeit der Durchführung einer Untersuchung anstelle der EZB oder, falls zutreffend, der zuständigen nationalen Zentralbank handeln.

Artikel 5

Mitteilung von Beschwerdepunkten

(1) Die EZB oder, falls zutreffend, die zuständige nationale Zentralbank teilt dem betroffenen Unternehmen vor einer Entscheidung über die Verhängung einer Sanktion die taktischen Ergebnisse jeder durchgeführten Untersuchung und die gegen das betroffene Unternehmen erhobenen Beschwerdepunkte schriftlich mit.

(2) Die EZB oder, falls zutreffend, die zuständige nationale Zentralbank setzt in ihrer Mitteilung über Beschwerdepunkte eine Frist, innerhalb derer das betroffene Unternehmen gegenüber der EZB oder, falls zutreffend, der zuständigen nationalen Zentralbank schriftlich Stellung zu den erhobenen Beschwerdepunkten nehmen kann, unbeschadet der Möglichkeit der Stellungnahme im Rahmen einer mündlichen Anhörung, falls das betroffene Unternehmen in seiner schriftlichen Äußerung eine solche Anhörung verlangt hat. Diese Frist darf nicht weniger als 30 Werktage betragen und beginnt mit dem Zugang der in Absatz 1 oben genannten Mitteilung.

(3) Nach Eingang der Antwort des betroffenen Unternehmens entscheidet die EZB oder, falls zutreffend, die zuständige nationale Zentralbank, ob weitere Untersuchungen zur Klärung noch offener Fragen durchzuführen sind. Eine Ergänzung der Mitteilung der Beschwerdepunkte gemäß Absatz 1 oben wird dem betroffenen Unternehmen nur übersandt, wenn die weiteren von der EZB oder, falls zutreffend, der zuständigen nationalen Zentralbank durchgeführten Ermittlungen dazu führen, daß dem betroffenen Unternehmen neue Tatsachen zur Last gelegt werden oder der Nachweis bestrittener Übertretungen auf eine geänderte Grundlage gestellt wird.

(4) Die EZB berücksichtigt bei ihrer Entscheidung über die Verhängung einer Sanktion nur diejenigen Beschwerdepunkte, die dem betroffenen Unternehmen in der in Absatz 1 oben festgelegten Art und Weise mitgeteilt wurden und in bezug auf welche das betroffene Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hat.

Artikel 6

Rechte und Pflichten des betroffenen Unternehmens

(1) Das betroffene Unternehmen arbeitet in der Untersuchungsphase des Übertretungsverfahrens mit der EZB oder, falls zutreffend, der zuständigen nationalen Zentralbank zusammen. Das betroffene Unternehmen hat namentlich das Recht, Dokumente, Bücher oder Unterlagen bzw. Kopien oder Auszüge hieraus vorzulegen und sämtliche schriftlichen oder mündlichen Auskünfte zu erteilen.

(2) Die Weigerung des betroffenen Unternehmens, den ihm von der EZB oder, falls zutreffend, der zuständigen nationalen Zentralbank in Ausübung ihrer Befugnisse gemäß dem Übertretungsverfahren auferlegten Pflichten nachzukommen, bzw. deren Nichteinhaltung oder Nichterfuellung kann einen ausreichenden Grund darstellen, ein Übertretungsverfahren gemäß den Bestimmungen der vorliegenden Verordnung einzuleiten, und die Verhängung von in regelmäßigen Abständen zu zahlenden Strafgeldern nach sich ziehen.

(3) Das betroffene Unternehmen hat während des Übertretungsverfahrens das Recht auf Hinzuziehung eines rechtlichen Beistands.

(4) Sobald dem betroffenen Unternehmen eine Mitteilung gemäß Artikel 5 Absatz 1 zugegangen ist, ist dieses berechtigt, die von der EZB oder, falls zutreffend, der zuständigen nationalen Zentralbank zusammengestellten Dokumente und sonstigen Materialien einzusehen, die als Beweis für die zur Last gelegte Übertretung dienen.

(5) Sollte das betroffene Unternehmen in seiner schriftlichen Äußerung verlangen, auch im Rahmen einer mündlichen Anhörung angehört zu werden, wird diese zum festgesetzten Termin von zu diesem Zweck von der EZB oder, falls zutreffend, der zuständigen nationalen Zentralbank bestellten Personen durchgeführt. Mündliche Anhörungen finden in den Räumlichkeiten der EZB oder der zuständigen nationalen Zentralbank statt. Mündliche Anhörungen sind nicht öffentlich. Anzuhörende Personen werden getrennt oder in Anwesenheit anderer, zur Sitzung geladener Personen angehört. Das betroffene Unternehmen kann innerhalb angemessener Grenzen vorschlagen, daß die EZB oder, falls zutreffend, die zuständige nationale Zentralbank Personen anhört, die einzelne Aspekte der schriftlichen Äußerung bestätigen könnten.

(6) Der wesentliche Inhalt der Aussagen jeder angehörten Person wird zu Protokoll genommen, das von der betreffenden Person ausschließlich im Zusammenhang mit ihrer Aussage zu lesen und zu genehmigen ist.

(7) Informationen und Aufforderungen seitens der EZB oder, falls zutreffend, der zuständigen nationalen Zentralbank, an einer mündlichen Anhörung teilzunehmen, werden den jeweiligen Empfängern per Einschreiben mit Rückschein oder persönlich gegen Empfangsbestätigung zugestellt.

Artikel 7

Vertraulichkeit des Übertretungsverfahrens

(1) Die Durchführung eines Übertretungsverfahrens unterliegt den Grundsätzen der Vertraulichkeit und der Geheimhaltung.

(2) Unbeschadet des Artikels 6 Absatz 4 erhält das betroffene Unternehmen keinen Zugang zu Dokumenten oder sonstigen Materialien im Besitz der EZB oder, falls zutreffend, der zuständigen nationalen Zentralbank, die mit Rücksicht auf Dritte oder die EZB oder, falls zutreffend, die zuständige nationale Zentralbank als vertraulich gelten. Hierunter fallen insbesondere Dokumente oder sonstige Materialien, die Informationen im Hinblick auf Geschäftsinteressen anderer Unternehmen enthalten, oder interne Dokumente der EZB, der zuständigen nationalen Zentralbank, anderer Institutionen bzw. Einrichtungen der Gemeinschaft oder anderer nationaler Zentralbanken, wie zum Beispiel Aktennotizen, Entwürfe und sonstige Arbeitsunterlagen.

Artikel 8

Überprüfung der Entscheidung durch den EZB-Rat

(1) Der EZB-Rat kann das betroffene Unternehmen, das Direktorium der EZB und/oder die zuständige nationale Zentralbank auffordern, zusätzliche Informationen zur Überprüfung der Entscheidung des Direktoriums der EZB zur Verfügung zu stellen.

(2) Der EZB-Rat bestimmt eine Frist, innerhalb derer die Informationen zur Verfügung zu stellen sind. Diese beträgt jedoch nicht weniger als zehn Wektage.

Artikel 9

Vollstreckung der Entscheidung

(1) Ist die Entscheidung über die Verhängung einer Sanktion endgültig, kann der EZB-Rat nach Anhörung der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden beschließen, die Entscheidung oder damit zusammenhängende Informationen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften zu veröffentlichen. Ein solcher Beschluß zur Veröffentlichung trägt dem legitimen Interesse des betroffenen Unternehmens auf Wahrung seiner Geschäftsinteressen sowie darüber hinaus sonstigen Interessen einzelner Rechnung.

(2) In der Entscheidung der EZB wird die Art und Weise festgelegt, in der die Zahlung der Sanktion erfolgen soll.

(3) Die EZB kann die nationale Zentralbank des Mitgliedstaats, in dessen Zuständigkeitsbereich die Vollstreckung der Sanktion fällt, auffordern, sämtliche diesbezüglich erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

(4) Die nationalen Zentralbanken berichten der EZB über die Vollstreckung der Sanktion.

(5) Die EZB erfaßt sämtliche für die Festlegung und die Vollstreckung der Sanktion relevanten Informationen in einer Akte, die für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren ab dem Zeitpunkt, an dem die Entscheidung über die Verhängung der Sanktion endgültig wird, aufzubewahren ist. Damit die EZB dieser Verpflichtung nachkommen kann, übergibt die zuständige nationale Zentralbank der EZB sämtliche in ihrem Besitz befindlichen, mit dem Übertretungsverfahren zusammenhängenden Originaldokumente und -unterlagen.

Artikel 10

Vereinfachtes Verfahren bei geringfügigen Übertretungen

(1) Im Fall einer geringfügigen Übertretung kann das Direktorium der EZB entscheiden, ein vereinfachtes Übertretungsverfahren anzuwenden. Die Sanktionen, die nach diesem Verfahren verhängt werden, überschreiten den Betrag von 25000 EUR nicht.

(2) Das vereinfachte Verfahren umfaßt folgende Schritte:

a) Das Direktorium der EZB teilt dem betroffenen Unternehmen die zur Last gelegte Übertretung mit.

b) In der Mitteilung sind sämtliche Tatsachen, auf die sich der Nachweis der zur Last gelegten Übertretung stützt, sowie die entsprechende Sanktion enthalten.

c) Das betroffene Unternehmen wird in der Mitteilung über die Tatsache, daß das vereinfachte Verfahren zur Anwendung kommt, sowie über sein Recht, diesem Verfahren innerhalb von zehn Werktagen nach Erhalt der Mitteilung zu widersprechen, in Kenntnis gesetzt.

d) Widerspricht das betroffene Unternehmen vor Ablauf der in Buchstabe c) festgesetzten Frist, wird das Übertretungsverfahren als eingeleitet betrachtet, und die Frist von 30 Werktagen, innerhalb derer das Recht auf Anhörung auszuüben ist, beginnt mit Ablauf der in Buchstabe c) festgesetzten Frist zu laufen. Wird vor Ablauf der in Buchstabe c) festgesetzten Frist kein Widerspruch erhoben, wird die Entscheidung des Direktoriums der EZB über die Verhängung einer Sanktion endgültig.

(3) Dieser Artikel gilt unbeschadet des Verfahrens, das im Fall der Nichteinhaltung der Mindestreservepflicht gemäß Artikel 11 dieser Verordnung anzuwenden ist.

Artikel 11

Verfahren bei Nichteinhaltung der Mindestreservepflicht

(1) Für den Fall der Nichteinhaltung der Mindestreservepflicht gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Ratsverordnung über Mindestreserven finden Artikel 2 Absätze 1 und 3, Artikel 3, 4 und 5 sowie Artikel 6 mit Ausnahme des Absatzes 3 dieser Verordnung keine Anwendung. Die in Artikel 8 Absatz 2 festgelegte Frist verringert sich auf fünf Werktage.

(2) Das Direktorium der EZB kann die Kriterien, nach denen die in Artikel 7 Absatz 1 der Ratsverordnung über Mindestreserven vorgesehenen Sanktionen verhängt werden, präzisieren und veröffentlichen. Diese Kriterien können in Form einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht werden.

(3) Vor der Verhängung einer Sanktion gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Ratsverordnung über Mindestreserven unterrichtet das Direktorium der EZB oder, in seinem Namen, die zuständige nationale Zentralbank das betroffene Unternehmen über die ihm zur Last gelegte Nichteinhaltung der Mindestreservepflicht und die entsprechende Sanktion. In der Mitteilung sind sämtliche relevanten Tatsachen der zur Last gelegten Nichteinhaltung enthalten, und das betroffene Unternehmen ist auch darüber zu unterrichten, daß, sofern es keine Einwände vorbringt, die Sanktion als durch eine Entscheidung des Direktoriums der EZB verhängt gilt.

(4) Ab Zugang der Mitteilung hat das betroffene Unternehmen fünf Werktage Zeit, um entweder

- die zur Last gelegte Nichteinhaltung der Mindestreservepflicht anzuerkennen und der Zahlung der festgelegten Sanktion zuzustimmen, worauf das Übertretungsverfahren als beendet gilt,

oder

- schriftliche Informationen, Erläuterungen oder Einwände darzulegen, die in bezug auf eine Entscheidung, ob die Sanktion verhängt wird oder nicht, als relevant gelten können. Das betroffene Unternehmen kann darüber hinaus sämtliche relevanten Unterlagen beifügen, die den Inhalt seiner Erwiderung belegen. Die zuständige nationale Zentralbank leitet die Akte ohne unnötige Verzögerung an das Direktorium der EZB weiter, das daraufhin entscheidet, ob eine Sanktion verhängt wird oder nicht.

(5) Trägt das betroffene Unternehmen innerhalb der festgelegten Frist keine schriftlichen Einwände vor, gilt die Sanktion als durch eine Entscheidung des Direktoriums der EZB verhängt. Nachdem die Entscheidung gemäß den Bestimmungen der Ratsverordnung endgültig geworden ist, wird dem betroffenen Unternehmen der in der Mitteilung bestimmte Sanktionsbetrag belastet.

(6) Sind die in Absatz 4 erster Gedankenstrich und in Absatz 5 oben vorgesehenen Bedingungen gegeben, unterrichtet die EZB oder, falls zutreffend, die zuständige nationale Zentralbank im Namen der EZB die zuständigen Aufsichtsbehörden schriftlich.

Artikel 12

Fristen

(1) Unbeschadet des Artikels 4 der Ratsverordnung beginnen die in der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Fristen am auf den Zugang einer Mitteilung oder deren persönliche Zustellung folgenden Tag. Sämtliche Mitteilungen seitens des betroffenen Unternehmens müssen vor Ablauf der entsprechenden Frist beim Empfänger eingehen oder per Einschreiben an diesen versandt werden.

(2) Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder einen Feiertag, verlängert sich diese bis zum Ende des folgenden Werktags.

(3) Im Sinne der vorliegenden Verordnung gelten für die EZB als Feiertag die im Anhang zur vorliegenden Verordnung aufgeführten Feiertage, während für nationale Zentralbanken diejenigen gelten, die im jeweiligen Gebiet des Mitgliedstaats, in dem das betroffene Unternehmen seinen Sitz hat, als Feiertage gesetzlich festgelegt sind. Der Begriff "Werktag" ist entsprechend aufzufassen. Der Anhang zur vorliegenden Verordnung wird erforderlichenfalls von der EZB aktualisiert.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 23. September 1999.

Im Auftrag des EZB-Rates

Willem F. DUISENBERG

Präsident

(1) ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 4.

(2) ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 1.

(3) ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 8.

ANHANG (Indikativ)

Liste der Feiertage (gemäß Artikel 12 Absatz 3)

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

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